180 Kap. 26. Innere Zustände unter d. Hohcnst. (Gertchtspflcge, Theologie rc.) L a n d r e ch t e n, zu welchen letzter» der S a ch s c n sp i e g c l und der S ch w a b e n- sptegcl gehört. Die Mangelhaftigkeit dieser Gesetze ficng aber bereits an, dem römischen Rechte Eingang zu lassen, welchem besonders der Umstand Vor¬ schub that, daß man die deutschen Könige für die unmittelbaren Nachfolger der römischen Kaiser ansah. — Bet dem gerichtlichen Verfahren wurden in dieser Periode Zweikampf und Ordal seltener, die Folter aber gewöhnlich angewcndet. — Die Rechtsvcrhältntste der Kirche wurden durch weitere Ausbildung des kano¬ nischen Rechts vervollständigt. — Die Neigung zur S e l b sth ü lfe nahm unter den Hohenstaufen, die meist von Deutschland abwesend waren, sehr über¬ hand, und artete, wie erwähnt, bei einem Theile des Adels sogar in Raub¬ wesen aus. (8.) Theologie und christliche Volksbildung. Die innere Aneignung des Christcnthums trat im 11. und 12. Jahrhundert in zwei sich ent¬ gegengesetzten Formen auf: in der Scholastik (d. i. Verbindung der Philosophie mit der Theologie) , welche die Ueberliefcrungslchrcn logisch zu begründen und zu bestimmen suchte und bet welcher die Schärfe des Begriffs vorherrschte, — und in der Mystik, welche das Wesen des Christcnthums in die Tiefe der Empfin¬ dung setzte und auf Heiligung der Gesinnung und des Willens drang. Jene hatte einen Hauptvcrtreter in Abälard zu Paris, diese in Bernhard von Clair¬ vaux; durch die Verbindung beider suchte Hugo von St« Victor (ein Deut¬ scher aus dem gräflichen Gcschlcchte von Blankenburg, der an der Schule zu St. Victor bei Paris Lehrer war) eine ch rt stl i ch e Wissenschaft zu gründen. Alle diese verschiedenen Richtungen gicngcn im Anfang des 12. Jahrhunderts von Frank¬ reich aus, und fanden auch in Deutschland Eingang; doch erhielt die schola¬ stische, allmählig vom lebendigen Glauben abführende, eine größere Verbreitung. In der Kirche selbst trat die Einfachheit des Evangeliums mehr und mehr in den Hintergrund und der W a n d c l i m G e i st zeigte sich immer seltener. Obgleich manche Päpste und Bisch ö ff c den eingeriffcnen Mißbräuchen und Un¬ ordnungen tu der Kirche und im geistlichen Stande durch kräftige Maßregeln zu steuern suchten; obgleich durch die Kreuzzüge bet Vielen im Volke eine große Be¬ geisterung für den Christglauben erweckt wurde: so war doch die Lehre des Evan¬ geliums von denen, welche sie rein zu erhalten berufen waren, durch mannigfache Mißbräuche (insbesondere durch eine bis zur Ausschweifung gehende Verehrung der Heiligen und Reliquien) mehr und mehr getrübt worden, der Gottesdienst zu einem todten Werk herabgcsunkcn und das innere Glaubcnslcben und die christliche Sittcnzucht durch das verweltlichte Leben eines großen Theiles der Geistlichkeit in großen Verfall gebracht worden. Gegen die also beschaffene Kirche jener Zeit trat daher einerseits die schola¬ stische Theologie, welche das Wesen des Christcnthums in das Wissen und in philosophische Spcculation setzte, anderseits der S c c te n g e t st, welcher ent¬ weder der Kirche den Wahrheitsgrund oder wenigstens die Fähigkeit, sich selbst zu erneuern, absprach, in einen doppelt gearteten Gegensatz. Jener, von der äußersten Spitze der Scholastik durch Arnold von Bres¬ cia, Abälard's Schüler, ausgehende Gegensatz drang aus Einfachheit der Sitten, sprach der Kirche, dem Papste und jedem Geistlichen alles Eigenthumsrecht und allen weltlichen Einfluß ab und versuchte es, durch thätltche Gewalt den