Dritter Abschnitt. Die Zeit der Demokratie von 134 v. Chr. biö zum Ende des Freistaats im Jahr 30 v. Chr. XXVII. Tiberms und Cajus Gracchus, ihr Kampf und Untergang. Als Rom nach einer langen Reihe von Kriegen und Eroberungen in drei Welttheilen auf einem hohen Gipfel der Macht und des äußern Glanzes stand, reifte es unaufhaltsam dem innern Verderben entgegen und keine Macht konnte die Tugenden der alten Republik zurückführen. Die erfolglosen, obschon mit redlicher Absicht unternommenen Versuche, einen bessern Zustand der Bürger herbeizuführen, erweckten die Leiden¬ schaften des unterdrückten Volkes und die Herrschbegierde der Optimalen, woraus nachher die verderblichen, alle Lebensblüthen des Staates zer¬ störenden Bürgerkriege entstanden, in denen zuletzt die Republik eine monarchische Form erhielt. Jene Optimalen, die fast allein in den Besitz (anfangs Pachtung) der Staatslandereien (agcr publicus) sich gesetzt hatten, genossen die Früchte der Siege und Eroberungen und bereicherten sich in den Pro¬ vinzen, wahrend ein müssiger und armer Pobel ohne Eigenthum und Gewerbsieiß, von den Spenden, Schauspielen und Bestechungen jenes geldstolzen Adels lebte. So wohnte in Rom, wie in andern großen Städten, die höchste Armuth neben dem üppigsten Reichthum: ohne Habe, ohne Haus und Altar irrten brotlos die Leute umher, die Roms Herrschaft erkämpft und sich den eiteln Namen: Herren der Welt, aber keine Scholle Landes erworben hatten. Die Zahl dieser besitzlosen Leute in Rom und in andern Städten Italiens scheint besonders durch die Vermehrung der Freigelassenen und durch die alten Soldaten nach dem macedonischen, panischen und achäischen Kriege zugenommen zu haben. Daß dieser unnatürliche bürgerliche Zustand nicht lange dauern konnte, sondern bald zu einer Reform führen mußte, war vorauszusehen, so¬ bald sich ein tüchtiger Mann an die Spitze der Bewegung stellte, denn es war hohe Zeit, das Elend der nieder» Volksklasse zu mildern und die maaßlose Habsucht der Optimalen zu beschranken.