6 Ai Schleswig- I Holstein
34 #
Ev.-Luth. 1 iigerseminar 1 iothek,Preetz
«Bp* -
Georg-Eckert-Institut
BS78
XVii_ fi> g
Bibliothek
des Königl. ev. luth. Predigerseminars
zu Preetz.
I
, ■
• ■ ’ i
Geschichte Dänemarks
i
mit steter Berücksichtigung
-er Herzogthümer.
Nach
Allen's Handbuch und anderen (Duellen
zum Schulgebrauch bearbeitet
von
Marcus Grimm,
Cantor, Organisten, zweitem Knabenlehrer
r*'* " und
Johann PMrsen,
brittenz. Knabenlehrer ip Sor^erburg.
' ' ^ V i
i fflj
Schleswig, 1843.
Verlag don M. Bruhn.
s*
>*.« *? «*: !•' í'7’ - *V‘ * -■■ •'«i'! - *» ¿ «,!» ;v4v-^.-vU
«k- • r - . . 4 - " j» ÍÍ ‘ '. •••■ ' . fcj « 1 Ç» * >- < ?• * *4
.. «. ». î ....y s j 4+ Y^-¥ * î ->.
,'íí;í)-uV'-
Ui Mí O
*» * if ',; ■ " .. y " - « y ' . ** jft /
■. .-M« 4» y.' > J » ■'■• ^ ■* -<-• '*
Hf!
i, r - 'i * • - . V ■ • V : *
■• ■ * -
' 6V. M^àeâl^srseiàLiA
za PieeÌM. -
.tAfauh n'tnWñ
'à-
Georg EckerMnsfÉut
. für internationale
Schùrb'jihforsctning
Braunschweig
Bibliothek
KD-l »
- ìli -J:à ä fi- ì-v
, . rt <! :
!
Vorwort.
S©cr Mangel eines zweckmäßigen und guten
Schulbuches für den Unterricht in der vaterlän-
dischen Geschichte ist schon längst gesuhlt wor-
den. Die bisher bei diesem UnterrichtSgegen-
stande in unfern Schulen benutzte Leitfäden
waren entweder gar zu dürftig oder auch,
wie „Munthe's vaterländische Begebenheiten,"
ohne geschichtlichen Zusammenhang, und konnten
daher nicht ihrem Zwecke entsprechen. Das im
Jahre 1841 erschienene „Handbuch in der Ge-
schichte Dänemarks" von^Allen ist als Schul-
buch beides zu theuer und zu weitläuftig und
ein aus diesem vortrefflichen Werke von Ström
verfaßter Auszug wiederum zu dürftig, um den-
selben, wie es zuerst unser Plan war, für den
Schulgebrauch zu übersetzen. Diese Umstände
bewogen uns daher, vorliegendes Werkchen als
einen Auszug aus. Alleres Handbuch re. zu
bearbeiten, wobei wir uns bemüht haben, neben
einer zusammenhängenden Darstellung der' ge-
schichtlichen Begebenheiten auch zugleich einen
kurzgefaßten Ueberblick der innern Zustände in
jedem Zeitraum zu liefern. Bloße Raisonne-
IV
ments des Verfassers in Betress des Adels, der
Sprache re. haben wir entweder gar nicht, oder
nur in so weit ausgenommen, als diese sich mit
unserm Zwecke vereinigen ließen. Dagegen hat
die Geschichte der Herzogthümer, manche Erwei-
terungen erfahren, und ist dieselbe, so viel dies
ohne den Faden der Erzählung abzubrechen,
möglich war, durchgängig berücksichtigt worden.
Wir hoffen somit, unfern Collegen sowohl
als der Schuljugend ein brauchbares Buch in
die Hände gegeben zu haben und würden uns
freuen, wenn es hie und da Beifall und Ein-
gang fände. Die Zugend zur Kenntniß des
lieben Vaterlandes und der edlen und großen
Männer zu führen, die sich zu allen Zeiten um
dasselbe verdient gemacht haben, um so durch
das Beispiel derselben zur Achtung und Liebe
für alles Edle und Große erweckt zu werden,
ist in unserm Kreise unser stetes Bestreben,
und hätten wir durch diese kleine Schrift auch
für andere Gegenden des Landes ein Scherflein
dazu beigetragen, so würden wir darin den reich-
sten Lohn für unsere Arbeit finden!
Sonderburg, im Mai 1843.
Pie Verfasser.
I
Die Geschichte des dänischen Staates kann in folgende
sechs Zeiträume eingetheilt werden:
Erster Zeitraum.
Einleitende Uebersicht; — von den ältesten
Zeiten bis zu den ersten Versuchen zur Einführung des
Christenthums, und der Vereinigung der kleinen Reiche
zu einem Staate im 9. Jahrhundert n. Ehr. Geb.
Zweiter Zeitraum.
Von den ersten Versuchen zur Einführung des
Christenthums und der Vereinigung der kleinen Reiche
zu einem Staate bis zu Waldemar des Siegers
Tode, oder vom Schluffe des 9. Jahrhimderts bis
zum Jahre 1241.
Dritter Zeitraum.
Von Waldemar des Siegers Tode bis zur Ver-
einigung Dänemarks, Norwegens und Schwedens durch
die calmarische Union, oder: von 1241 —1397.
Vierter Zeitraum.
Von der calmarischen Union bis zur Einführung
der Reformation, oder: von 1397 — 1536.
1
L
Fünfter Zeitraum.
Von der Einführung der Reformation bis zur
Uebertragung der Alleinherrschaft (Souverainitat) an
den König, oder: von 1536 — 1660.
Sechster Zeitraum.
Bon der Einführung der Souverainitat bis aus
unsere Zeiten.
f ^ .
3
Erster Zeitraum.
Einleitende Ueberstcht; von den ältesten Zeiten bis zu
den ersten Versuchen zur Einführung des Christenthums und der
Vereinigung der kleinen Reiche zu einem Staate im 9. Jahr-
hundert n. Ehr. Geb.
Die alten Bewohner unseres Vaterlandes gehörten
zu dem großen gothisch-germanischen Volkeftamme,
der in einer sehr frühen Zeit aus den Gegenden der
kaukasischen Lande einwanderte. Sie bestanden aus zwei
nahe verwandten Stämmen, Germanen und Gothen,
die in Lebensart, Sitten, Religion und Staatsverfassung
vieles mit einander gemein hatten. Die Germanen be-
hielten ihre Wohnsitze südlicher, und breiteten sich unter
dem Namen der Sachsen über einen großen Theil des
nördlichen Deutschlands, namentlich auch über Holstein,
und Zweige von diesen über Süd- und Nordjütland aus.
Man kennt sie hier unter dem Namen der Holsten,
Angeln, Jüten und Friesen, welche letztere die
westlichen Küstengegenden von Holstein und Schleswig
besetzten. —
Die Gothen gingen nördlicher und verbreiteten sich
besonders über Dänemark, Norwegen und Schweden.
Sie fanden indeß bei ihrer Einwanderung den Norden
nicht unbewohnt; die Celten und Finnen, zwei der
ältesten Volksstämme Europa's, hatten sich schon lange
vorher in diesen Ländern niedergelassen.
1*
4
Die Finnen wunderten in Schweden und Nor-
wegen ein und trieben einen andern finnischen Volks-
stamm, die Lappen vor sich her, von denen sich jetzt
noch in den nördlichsten Gegenden von Schweden und
Norwegen Ueberreste vorsinden. Die Celten scheinen
in den westlichen und südlichen Gegenden Skandinaviens
gewohnt zu haben. — Auf diese Volksstämme stießen
die Gothen bei ihrer Einwanderung, und nach einem
hartnäckigen Kampfe wurden die altern Einwohner
theils ausgerottet und theils vertrieben, während die
wenigen Uebriggebliebenen mit ihren Siegern ver-
schmolzen. Uralte Sagen der Nordbcwohner reden von
diesen blutigen Kriegen, welche die Götter mit den
starken und der Zauberei kundigen Thursen, Jetten,
Iötnern und den schwächer», aber heimtückischen
Zwergen, den Finnen und Lappen, führten. Die
Celten kommen in jenen Sagen unter dem freundlichen
Namen der Lichtalfen vor, und das Verhäktniß zu
ihnen scheint daher friedlicher gewesen zu sein. —
Die Finnen standen aus einer sehr niedrigen Stufe
der Cultur; sie kannten keinen Ackerbau, wußten wenig
von der Viehzucht; ihre Hauptbeschäftigung war Jagd
und Fischerei in den ungeheuren Wäldern und den
vielen Meerbusen und Landseen. Waffen und Jagd-
geräthe derselben waren einfach und von Stein, ihre
Kleidung Thierhäute und ihre Wohnungen Holz- und
Erdhütten. Uebrigens waren sie ein sehr tapferes und
kräftiges Volk. —
Was die alten Nordbewohner, unsere Vorfahren,
vorzugsweise auszcichnete, war der kriegerische Geist,
der sie beseelte. Nur durch blutige Thaten konnte
Ruhm und Ehre gewonnen werden, und durch Schweiß
sich e,-werben, was durch Blut erlangt werden konnte,
wurde für Sclavensinn angesehen. Leibesstarke und
Fertigkeit im Gebrauch der Waffen war das höchste
Gut, Tapferkeit die größte Tugend, Feigheit dagegen
das verächtlichste Laster. Eine solche Lebensansicht prägt
sich ab in allen Sitten und Einrichtungen der Nord-
bewohner, in der Staatsverfassung, in der Erziehung
und besonders in der Religion oder Götterlehre. Diese
Götterlehre war eine Frucht der eigenen Dichtung des
Volkes. —
Odin, nach der alten Sage Schöpfer der Welt,
der Herr und Vater der Götter und Menschen, wurde
unter vielen Namen verehrt. Am er, im Anfänge der
Zeit durch den Einfluß der Sonnenwärme ins Dasein
gerufen, wurde der Vater der argen Thursen unv
Jetten. Er wurde von Odin getödtet, und sein ganzes
Geschlecht ertrank in dem Blutstrome bis auf Einen,
welcher der Stammvater des Jettengeschlechts wurde.
Diese Jetten wurden von Odin in den äußersten Nor-
den, das kalte Jotunheim, vertrieben. Aus Amers
ungeheurem Körper bildete Odin Himmel und Erde,
Meer und Wolken. — Das erste Menschenpaar, aus
der Esche geschaffen, nennt die nordische Götterlehre
(Mythologie) Askur und Embla, deren Wobnung
Midgaard hieß. Die Jetten griffen nun die Men-
schen an, die von den Asen oder Göttern vertheidigt
wurden, besonders von den Kriegsgöttern Odin, Thor
und Tyr, die daher in größtem Ansehen standen. Be-
sonders war der Kriegs- und Donnergott Thor unter
den Nordbewohnern beliebt, dem auch die Namen Er-
retter des Volks und Beschützer Midgaards beigelegt
wurden. Fortwährend zog er gegen die Jetten unv
J
G
Thursen aus, Die er mit seinen Donnerkeilen und seinem
gewaltigen Hammer, Mjölnir, zermalmte. Die Jung-
frauen Odins, die Walkprien, fuhren durch die Luft
mit Dem blinkenden Spieß, um die Helden in der Ge-
fahr zu beschützen, oder um sie mit der Spitze des
Spießes zu zeichnen, wenn Odin sie nach Walhalla
einlud. Diese Heldenwohnung wird als sehr geräumig
und prachtvoll beschrieben. Außerhalb Walhalla setzten
die Einherien, d. i. die nach Walhalla eingeladenen
Helden, auf einer grünen Wiese alltäglich ihre vorigen
Kampsspiele fort; die Gefallenen aber standen auf den
Schall des Hornes zum Gastmahl wieder auf, und
zurückgekehrt in den Göttersaal wurde ihnen von den
Walkprien ein Labetrank aus dem Methhorne gereicht,
worauf sie sich zu einer festlichen Mahlzeit niederließen,
die aus dem Speck des Sährimner bereitet war, der,
täglich geschlachtet, immer wieder lebendig wurde. —
Während ein so herrliches Loos den muthigen und
durch Helventhaten berühmten Krieger erwartete, wur-
den die Feigen, die nie das Blut des Feindes hatten
fließen fthen, wenn einmal ihr thatenloses Leben auf
dem Krankenlager endete, (Strohtod), nach dem bleichen
Helheim im äußersten Norden verwiesen, wo der
scheußliche Hela in ihrem Schreckensreiche herrschte,
und wo sie ihr elendes, freudenloses Dasein fortzusetzen
Verdammt waren.
Außer den genannten kriegerischen Gottheiten hatten
unsere Vorfahren auch Götter für friedlichere Beschäf-
tigungen. So war Freir der Gott des Ackerbaues,
Braga der Gott der Skalde- oder Dichtkunst und
Freia die Göttin der Liebe.
7
Neben der erwähnten kriegerffchen Lebensansicht,
die so ganz dem Grundcharakter der nordischen Völker
entsprach, tritt doch auch, besonders bei unsern Vor-
fahren, eine mildere Denkungsart hervor, zufolge welcher
der Zustand nach, diesem Leben nicht nach der Tapfer-
keit und den Kriegsthaten, sondern allein nach der
sittlichen Güte bestimmt wurde. Die alten mächtigen
Kriegs- und Kampfgötter sollten fallest, um einer neuen
höhern und sittlichen Macht Platz zu machen. Dies
sollte durch Loke, ein böses Wesen, halb zum Äsen-,
halb zum Jettengeschlecht gehörig und Vater der
Ungeheuer Hela, Fenriswolf und Mitgaards-
schlänge, geschehen. So lange Odins Sohn, Bal-
der, der weiseste und gerechteste aller Götter, lebte,
konnte Loch nichts ausrichten, und dahex wußte dieser ,
den Balder auf eine listige Art ums Leben zu bringen
Bglder, von feinem eigenen Bruder, dem blinden.Hö-
dur, umgebracht, mußte nun Walhalla verlassen und
nach Helheim wandern. Nun hatte die Herrschaft der
Götter ein Ende; denn jetzt stürmten Loke, seine Kinder
und alle Jetten gegen sie an, und alle fielen nach einem
furchtbaren Kampfe. Darauf ward die Welt zerstört
und die Dämmerung der Götter, Ragnarök, trat ein,
aus welcher der neue Gott, Allvater, und mit ihm
ein herrlicherer Zustand aller Dinge hervorging, in
welchem die Guten nach Gimle zum Allvater, die
Bösen dagegen nach Nastrond zur Qual kommen
würden. —
Die Götter wurden in den ältesten Zeiten unter
freiem Himmel in Hainen und ans Plätzen vereint. .
die von Steinen umgeben waren. Späterhin erbanete ‘
man hölzerne Tempel und stellte in diesen die Bildsäulen
der Götter auf. Der Götterdienst wurde in den klei-
nern Gesellschaften vom Familienvater und dem Stamm-
häuptling, in den größern aber vom Könige geleitet,
und wiewohl es Priester gab, welche das Opfern und
die gottesdienstlichen Verrichtungen besorgten, so ist es
doch nicht erwiesen, daß diese Priester eine eigene Kaste
auömachtcn, welche eine von der Volksreligion ver-
schiedene heimliche Lehre verbreiteten. Drei große
Opferfeste waren besonders heilig: das Juulfest zu
Anfänge der längsten Winternacht, das Mittwinter-
fest und das Frühlingsfest. Bei diesen Festen
wurden verschiedene Thiere, mitunter auch, jedoch nur
selten, Sclaven, Kriegsgefangene und Verbrecher ge-
opfert. —
Ruhm zu erwerben und Beute zu machen war
das einzige Ziel, wornach die alten Nordbewohner
strebten, und zu dessen Erreichung sie die größten Ge-
fahren und Schwierigkeiten, ja selbst den Tod nicht
scheueten. Als Folge hievon brachten sie beinahe das
ganze Jahr mit Krieg zu. Sobald der Frühling heran-
kam, zogen zahlreiche Schaarcn auf die See hinaus,
welche schonungslos alle friedlichen Handelsschiffe aus-
plünderten und die benachbarten Küsten mit Raub und
Mord heimsuchten. Solche Kriegszüge wurden Wiking-
züge genannt. Gegen den Winter kehrten gewöhnlich
die Wikinger mit großer Beute zurück; einige der-
selben brachten aber beinahe ihre ganze Lebenszeit auf
der See zu, ohne irgendwo eine feste Heimath zu haben,
und von diesen heißt es daher in den alten Sagen,
„daß sie nie unter einem russigen Balken geschlafen,
noch im Heerdwinkel gesessen oder getrunken hätten."
Die Räubereien dieser Wikinger beschränkten sich indeß
nicht immer auf die nordischen Gewässer und Küsten;
sie wurden auch auf die ferneren Meere und südlichen
Länder Europa's ausgedehnt. England oder Brittanien,
das schon damals ziemlich cultivirt war, machten be-
sonders die Dänen zum Gegenstand ihrer zerstörenden
Anfälle, während Schottland und Irland besonders
von den Norwegern heimgesucht wurden, welche daselbst
unter dem Namen Ostmannen eigene Neiche grün-
deten. Die Nordmannen-Wikinger aus den ge-
summten nordischen Landen machten sich in den südli-
chem Ländern Europa's sehr gefürchtet. Frankreich,
Portugal, Spanien, Italien und Griechenland wurden
von ihnen ausgeplündert und verheert; ja selbst die
Bewohner Afrika's mußten die gewaltige Kraft des
Nordens kennen lernen. Einmal hatten die Nord-
mannen ganz Frankreich in ihrer Gewalt; Paris wurde
erobert und zerstört, und die Hauptstadt der Christen-
heit, Nom, entging nur durch einen Zufall einem
gleichen Schicksal. Die Geschichtsschreiber jener Zeit
schildern die von den Nordmannen überall verübten
Grausamkeiten und Gräuelthaten mit den grellsten Far-
ben. Die frucbtbarsten Gegenden wurden in öde Wü-
sten, Städte und Dörfer in Aschenhaufen verwandelt,
Greise und Kinder mit kaltem Blute entweder durch's
Schwert gemordet oder lebendig in die Flammen der
brennenden Gebäude geworfen, die Weiber gemifihan-
delt und die Männer niedergesäbelt oder als Sclaven
hinweggeführt. Besonders aber waren Kirchen, Klöster
und andere heiligen Gebäude nebst veren Bewohnern,
den Priestern, Mönchen und Nonnen, Gegenstände der
wilden Raserei unv der frechen Verhöhnung der heidni-
schen Nordmanney. Im 9. und 10. Jahrhundert n. Chr.
/
IO
waren besonders die Wikingzüge so häufig, daß es den-
Anschein hatte, als würde der ganze Süden eine un-
vermeidliche Beute der vielen Räuberhorden werden,
die vom Norden heranftürmten, gleichsam als wenn
eine neue Völkerwanderung zur See begonnen hätte.
Der Grund zu diesen vermehrten Seeräuberzügen ist
theilö in dem damaligen verwirrten Zustande des
fränkischen Reiches unter den untauglichen Nachfolgern
Karls des Großen, theils auch und vornemlich in der
Veränderung zu suchen, die zu gleicher Zeit im Norden
selbst vor sich ging. In den genannten Jahrhunderten
wurden nemlrch in Dänemark, Norwegen und Schwe-
den die vielen kleinen Reiche zu einem Staate ver-
bunden, und zugleich wurde durch die Verkündigung
und Ausbreitung des Christenthums in diesen Ländern
die heidnische Religion immer mehr und mehr verdrängt.
Diese neue Ordnung der Dinge erregte allgemeine Un-
zufriedenheit, und viele, sowohl Vornehme als Geringe,
verließen nun ihr Vaterland, um auf ihren Raubzügen
ihre wilde und ungebundene Lebensweise ungehindert
fortsetzen zu können. Nach und nach nahmen indeß
diese Wikingzüge einen andern Charakter an, indem
die Nordmannen nun nicht länger bloß auf Raub aus-
gingen, sondern auch feste Besitzungen sich zu erwerben
trachteten. So gründeten sie im nordwestlichen Frank-
reich einen Staat unter dem Namen der Normandie,
und ein Gleiches geschähe auch in Italien und andern
europäischen Staaten. Etwa um die Mitte des 10. Jahr-
hunderts hatten die Wikingzüge fast gänzlich aufgehört,
nachdem die schönsten Länder Europa's mehrere Jahr-
hunderte hindurch durch dieselben verheert worden
waren. —
11
Auch in dem gesellschaftlichen Leben unserer Vor-
fahren, so wie in ihren Sitten und Einrichtungen that
sich ihr kriegerischer Geist kund. Beleivigungcn wurden
sehr selten vor Gericht, sondern fast immer durch Zwei-
kampf oder sogenannten Helm gang beigelegt, weil
man es für ehrenvoller ansah, mit dem Schwerte als
mit der Zunge zu streften. Der Sohn war verpflichtet,
seinen ermordeten Vater an dem Thäter zu rächen,
(Blutrache), da es für entehrend angesehen wurde,
die Mordthat durch Geldbußen auszusühnen. — Die
Erziehung war gleichfalls kriegerisch und zielte allein
darauf ab, die männliche Jugend durch häufige körper-
liche Uebungen und Waffenspiele zu Helden zu bilden.
Neben den Lastern, die aus einer solchen Lebens-
weise entsprangen, nemlich Grausamkeit und Rachgier,
finden wir doch auch bei unfern Vorfahren große Tu-
genden, Gastfreiheit, Geradheit und eine unerschütter-
liche Treue, welche sich namentlich im häuslichen und
ehelichen Leben zeigten. Der alte Vater ward vom
Sohne hoch in Ehren gehalten, und dieser suchte auf
jede Art dessen Andenken zu erhalten, besonders durch
die feierliche Gilde (das Begräbnißbier) nach seinem
Tode, bei welcher zum Andenken des Verstorbenen der
Minni-Bech'er zuerst vom Sohne und dann von den
übrigen Gästen geleert wurde. Durch diese Feier konnte
der Sohn erst in die vollen Gerechtsame des Vaters
eintreten. — Merkwürdig ist auch die eigenthümliche
Weise, wie man im alten Norden die sogenannte
Milchbrüderschaft schloß. Wenn sich Jünglinge
unter einer gemeinschaftlichen Erziehung und einem
längern Zusammenleben einander hatten kennen und
achten lernen, schloffen sie, indem sie ihr Blut zusam-
menmischten, einen eidlichen Bund, Glück und Unglück
im Leben mit einander Heilen und einer des andern
Tod rächen zu wollen. Doch waren diese engen Freund-
schaftsbündnisse nicht immer die Frucht eines längern
Umganges, sondern sie entstanden auch oft in Augen-
blicken eines blutigen Kampfes, wenn zwei Männer
ihre Tapferkeit gegenseitig bewundern und achten muß-
ten. —
Das Weib war in hohem Grade geachtet, und in
Ansehung der Behandlung dem Manne gleichgestellt.
Dies verdienten aber auch die nordischen Weiber, denn
sie waren im Allgemeinen keusch und treu, und im
Stande, ihren Männern in schwierigen Fällen Nach
zu ertheilen, wie sie denn auch die Wunden zu heilen
verstanden, welche diese im Kriege erhalten hatten..
Das Volk war in zwei Klassen, Freie oder
Bauern und Selaven, eingetheilt. Die Bauern, mit
welchen man indeß nicht den jetzigen Begriff von Land-
leuten und Ackerbautreibenden verbinden darf, waren
im Alterthum alle freien Grundbesitzer. Der Name
Bauer war in dieser Zeit der Edelste, womit nran
freigeborne Männer bezeichnete. Sie erkannten Nie-
manden, als den König, für ihren Oberherrn, gaben
Gesetze, fällten Urtheile vor Gericht durch auserwählte
Männer, bestimmten, ob Krieg geführt oder Frieden
geschlossen werden sollte, und wählten den König, wo-
bei sie jedoch die nächste Verwandtschaft berücksichtigten.
Für so große Gerechtsame waren sie allein verpflichtet,
den König in den Krieg zu begleiten, sobald dieser sie
durch den sogenanntenHecrpfeil dazu auffordern ließ,
und ihn zu bewirthen, wenn er im Reiche umherreifte.—
Adel, in der jetzigen Bedeutung dieses Worts, kannte
13
das Alterthnmnicht. Zwar nannt man Jarle, Hauvt-
linge und Hird mann er (Hofleute), die vornehmer
im Range waren, als die Bauern; allein in Ansehung
der Gerechtsame waren sie diesen völlig gleichgestellt.—
Das wichtigste Geschäft des Königs war die Anführung
des Heeres; zugleich war er Oberpriester, und mußte
außerdem für Ordnung und Sicherheit im Lande Sorge
tragen. Seinen Unterhalt zog er besonders ans der
im Kriege gemachten Beute, wovon ihm der größere
Theil zufiel, und aus ftinen großen Ländereien, die
im Reiche umherlagen; denn Schatzungen, die vom
Volke erlegt wurden, kannte man in den Zeiten nicht.
Das Volk versammelte sich auf den Thingen,
(Gerichtsplätzen oder Gerichtshöfen), wo jeder freie
Mann Stimme hatte, und wo die Bauern in Gegen-
wart des Königs eine derbe und kecke Sprache führ-
ten. — Der Sklaven bediente man sich zur Besorgung
der geringeren häuslichen Verrichtungen und zum Acker-
bau, während der Bauer den ganzen Sommer im Kneg
zubrachte; sie waren verachtet und wurden nach dem
Gesetze wie Vieh angesehen, so daß man sie gegen
Erlegung einer Geldbuße tödten konnte. Doch wurden
sie von vielen Herren gut behandelt und konnten auch
durch eine gute Aufführung ihre Freiheit erlangen.
Wissenschaften und Künste waren in diesem Zeit-
raum wenig bekannt und geachtet; doch stand die
Skalde- oder Dichtkunst in hohem Ansehen, und
durch Fertigkeit darin erwarb man sich eben so sicher
einen unsterblichen Nachruhm, als durch KriegSthatcn.
Die Skalden besangen in ihren Liedern die großen
Thaten der Helden ihrer und der vergangenen Zeit,
und das Volk hörte sie gerne in den Versammlungen
14
auf den Thingen und bei den Gilden. Solche Skalden
waren oft die wichtigsten Männer des Landes, die ersten
Rathgeber der Könige, tapfer und klug, und hatten die
Begebenheiten, welche sie besangen, selbst mit erlebt
oder oft selbst ausgeführt. — Auch hatten unsere Vor-
fahren eine eigene Buchstabenschrift, die Runen, von
denen sie vielfältigen Gebrauch machten. Während man
diese Runen häufig zu abergläubischen Zwecken an-
wandte, dienten sie auch zu schriftlichen Mittheilungen.
Am wichtigsten sind sie ft'ir die Nachwelt dadurch ge-
worden, daß man sie auf Steine (Runensteine) ein-
zugraben pstegte, um das Andenken an merkwürdige
Begebenheiten oder berühmte Personen zu verewigen.
Von solchen Runensteinen finden sich noch sehr viele in
den nordischen Landen, besonders in Schweden, weniger
in Dänemark und Norwegen. Diese Runenschrift erhielt
sich bis weit ins Mittelalter hinein, mußte aber zuletzt
der lateinischen Mönchsschrift weichen. —
Das häusliche Leben war einfach und ohne Pracht;
. die wichtigsten Nahrungsquellen waren Jagd, Fischerei,
Viehzucht und späterhin Ackerbau. Die liebste Nahrung
bestand in Pferde- und Schweinefleisch, nebst Meth
und Bier. —
Die Art, wie man die Todten bestattete, war zu
den verschiedenen Zeiten nicht immer dieselbe. In der
ältesten Vorzeit scheint cs gebräuchlich gewesen zu sein,
den Leichnam zu beerdigen; in einer spätern Zeit wurde
es Sitte, die Leichen zu verbrennen und die Asche
derselben in Urnen oder Aschenkrügen aufzubewahren.
Diese Sitte verlor sich späterhin, und man begrub nun
die Leichen unter große Steinhaufen, oder setzte sie
in dazu sorgfältig erbaueten Steinkammern bei, über
welche man große Erdhügel (Hünen) aufwarf, die
man noch hin und wieder in bedeutender Anzahl vor-
findet. —
Dänemark und die Herzogthümer standen in diesem
Zeitraum nicht unter einem Könige, sondern sie waren
in viele kleine Reiche (Syssel, Marke, Gauen) getheilt,
von denen jedes seinen König oder Häuptling hatte,
und die sich auch zuweilen, um gemeinschaftlichen Fein-
den Widerstand zu leisten, näher-unter sich verbanden,
und ein Oberhaupt mit größerm Ansehen wählten.
Von diesen Reichen war Seeland mit dem Königssitze
Lei re am Jsefjord das wichtigste. Hier regierten die
Skjöldunger, (Nachkommen von Skjold, dem Sohne
Odins), von denen besonders der Stammvater Skjold,
Frode der Friedliebende, Dan, genannt Mykil-
lati d. i. der Prächtige, die beiden Brüder Hroar
und Helge und Rolf Krake sowohl durch Gerechtig-
keit und Milde im Frieden, als durch Tapferkeit und
heldenmüthige Thaten im Kriege berühmt geworden sind.
IG
Zweiter Zeitraum.
Don den ersten Versuchen zur Einführung des Christcnthums
und der Vereinigung der kleinern Reiche zu einem Staate
bis zu Waldemar des Siegers Tode, oder: vom Schlüsse des
9. Jahrhunderts bis zum Jahre 1241.
Zwei wichtige Begebenheiten sind es, die den
Anfang dieses Zeitraums bestimmen. Die erste und
wichtigste derselben ist die Einführung des Christcn-
thums, die zweite die Vereinigung der vielen kleinen
Reiche zu einem Staate.
Die Einführung des Christenthums, wodurch alle
alten Verhältnisse und Sitten des Volks umgewandelt
wurden, geschah nicht ohne den hartnäckigsten Wider-
stand, und über 200 Jahre verliefen, ehe es Landes-
religion werden konnte. Das Christenthum stand im
schroffsten Wioerspruche mit der ganzen Denk- und
Lebensweise der Nordbewohner. Es verbot nicht allein
das gewohnte Wikingsleben und die Selbstrache, son-
dern auch Selbstmord, Vielweiberei und den Genuß
des Fleisches von Pferden, Habichten und Raben,
Nahrungsmittel, die im Norden sehr beliebt waren.
Der Nordbewohner sollte seine Kampfgötter gegen einen
Friedensgott, und die Freuden seines Walhalla gegen
einen Himmel vertauschen, der ihm, fern von seinen
Vätern und Freunden, und in Gesellschaft mit Fremden,
Mönchen und Priestern, wenig Ersatz dafür zu bieten
LS
schien. — Während diese Umstände der Ausbreitung
des Christenthums hinderlich waren, gab es auch an-
dere, die den Fortgang desselben beförderten und dem-
selben zuletzt den Sieg verschafften. Viele Heiden hatten
den Glauben an ihre alten Götter verloren, andere
sehnten sich nach dem ihnen in der Lehre vom Nag-
närok verheißenen sittlichem und bessern Zustande, und
wiederum andere fanden im Christenthume leicht Ueber-
einstim'^mgen mit ihrer^alten Götterlehre. Sie fanden
in der christlichen Dreieinrgkeitslchre ihre Dreiheit von
Odin, Thor und Freie, im Teufel den bösen und
heimtückischen Loke, in dcN Engeln ihre freundlichen
Lichtalfen wieder. Auch durch die schönen weißen Klei-
der und die vielen Geschenke, welche man den Reu-
getauftett gab, so wie durch die bei döm christlichen
Gottesdienste herrschende Pracht wurden' viele für die
neue Lehre gewonnen.
Während schon in den langdauernden Kriegen
Karls des Großen mit den Sachsen mehrere Männer
(Willibrord, Willehad, Ebbö,) sich bemüht hatten, der
christlichen Lehre in dem heutigen Holstein, oder wie
es damals hieß, Nordalbingien, Eingang zu verschaffen,
und in Meldorf die erste christliche Kirche erbaut war,
scheinen sich ihre Bestrebungen nicht über die Eider
ausgedehnt zu haben. Allein die fränkischen Kaiser
sahen recht gut ein, daß, um die nördlichen Grenzen
ihres großen Reichs zu sichern, es kein anderes Mittel
gäbe, als auch nach Dänemark die christliche Lehre zu
verbreiten. Hier fand Karl der Große einen mächtigen
Gegner an dem tapfern und thätigcn südjütischen Kö-
nige Gottfried, der schon lange ein heimlicher Feind
Karls gewesen war. Seine Waffen hatten großen
18
Fortgang, und er war sehr nahe daran, seine Drohung,
den Kaiser in deffen Residenzstadt Aachen zu besuchen,
auszuführen, als ein Meuchelmord von einem seiner
eigenen Leute ihn mitten aus seinen Plänen hinweg-
riß (8l0). Sein Nachfolger Hemming schloß Frieden
mit dem Kaiser, der nicht lange nachher (814) starb.
Karls Sohn, Ludwig der Fromme, bemühete sich, gleich-
wie sein Vater, das Christcnthum unter den Nord-
deutschen und Dänen auszubrñkcn. Thronstreftigkeiten
unterhielten fortwährend die Verbindung des fränkischen
Hofes mit den südjütischen Prinzen, die, wenn sie von
ihren Gegnern vertrieben wurden, gern ihre Zuflucht
zum Kaiser nahmen. Einer dieser landflüchtigen Prinzen
war Harald Klak, der bei Ludwig dem Frommen
eine freundliche Aufnahme fand, und den er unter der
Bedingung, das Chriftenthum annehmen zu wollen,
wieder in seine Staaten cinzusctzcn versprach. Harald
war hiezu willig, und wurde mit seinem Gefolge unter
großen Feierlichkeiten zu Jngolhcim bei Mainz (826)
getauft. In Gesellschaft des frommen Mönches, Ans-
garius, dem sich auch Autbert, ein Mann von vor-
nehmer Herkunft und von gleichem christlichen Eifer
beseelt, anschloß, reiste Harald Klak (827) nach Süd-
jütland zurück. Hier begannen die christlichen Apostel
ihr Bekehrungsgeschäft. Sie errichteten in Schleswig
(Hedeby) eine Schule, um Eingcborne zu christlichen
Lehrern zu bilden, und tauften Viele in der Stadt
sowohl als auf ihren Wanderungen im Lande umher.
Nach einem dreijährigen Aufenthalte in Südjütland zog
Ansgariuö auf Verlangen des Kaisers nach Schweden
hinüber, dessen König einen christlichen Lehrer gewünscht
hatte. Hier wirkte er anvertbalb 5<abre lang mit sehr
19
gutem Erfolge, und reiste darauf (832) zum Kaiser
zurück. Die Erzählung von dem guten Fortgange sei-
ner Bemühungen veranlaßte den Kaiser zur Gründung
eines eigenen Erzbisthums in Hamburg, und Ansga-
rius wurde der erste Erzbischof daselbst (834). Mit
erneuertem Eifer setzte er nun seine edle Wirksamkeit
fort, und gewann eben so viele Seelen durch seinen
frommen, unsträflichen Wandel und sein liebreiches
Wesen, als durch sein^stehre und sein Wort. Alles
hatte den besten Fortgang, als Hamburg plötzlich von
nordischen Seeräubern überfallen wurde, welche die
Stadt anzündeten, wobei die von Ansgarius erbaucte
Kirche und Schule nebst der angelegten Büchersamm-
lung ein Raub der Flammen wurden. Ansgarius
mußte flüchten, und da auch zugleich nach dem Tode
Ludwigs des Frommen (840) große Unruhen im
Fraukenreiche ausbrachen, dachte man nicht weiter an
das Bekehrungsgeschäft im Norden. Erst als Ludwig
der Deutsche einige Ordnung im Reiche wieder her-
gestellt hatte, beschloß man Hamburg und Bremen zu
einem Erzstift zu vereinigen. Ansgarius erhielt nun
seinen erzbischöflichen Sitz in Bremen (847), wo er
nach fortgesetztem treuen Wirken im Jahre 865 ver-
schied. Sein Andenken muß uns noch immer heilig
sein, denn nicht viele Völker sind so glücklich gewesen,
einen so eifrigen, uneigennützigen und menschenfreund-
lichen Verkündiger des Christenthums gehabt zu haben.
Sein Nachfolger im Amte war Nembert, der bis 888
jm Geiste seines Lehrers fortarbeitete.
2*
so
Gorm der Alte (bis 935).
Die Vereinigung der vielen kleinen Reiche zu
einem Staat, als die zweite merkwürdige Begebenheit
dieses Zeitraums, geschah durch Gorm den Alten
ungefähr ums Jahr 900. Zu seinem Reiche gehörten
damals Nord- und Südjütland, die dänischen Inseln
nebst Schonen, Halland und Blekingen. Aber wenn
gleich diese Theilc unter einem Könige vereinigt wur-
den, so behielten sie doch fast* das ganze Mittelalter
hindurch, namentlich die größeren Provinzen, ihre
eigenen Gesetze und Einrichtungen, und den Königen
wurde in jeder Provinz besonders gehuldigt. — Gorm
selbst war ein Heide und verfolgte als solcher die Chri-
sten, während seine Gemahlin, Thpra Danebod,
(der Dänen Trost), die Tochter eines Jarls in Süd-
jütland, dieselben liebte und beschützte. In Vereinigung
mit den Wenden fiel Gorn in Nordalbingien oder Hol-
stein ein, drang sogar bis über die Elbe vor und er-
füllte das ganze Sachsenland mit Schrecken. Der
deutsche König, Heinrich der Vogelsteller, zog
deswegen gegen ihn, schlug ihn in einer großen Schlacht
und zwang ihn^ nicht allein diese Verfolgungen der
Christen einzustellcn, sondern auch die Verkündigung
der christlichen Lehre in seinen Staaten zu erlauben.
Heinrich errichtete bei dieser Gelegenheit auch eine
Markgrafschaft zwischen der Schlei und der Eider, und
legte zur Beschützung der Christen eine Burg in der
Stadt Schleswig an. — Um diese Zeit wurde auch
der alte Wall, Kowirke genannt, den schon Gott-
fried, um das Vordringen der Franken zu verhindern,
quer durch Schleswig hatte anlegen lassen, durch die
edle und kluge Gemahlin Gorms, Thyra, nach einem
i
LL
größeren Maafistabe neu angelegt und in drei Jahren
vollendet. Diese Befestigung ist das berühmte Daune-
wirke, das von der Schlei bis zur Eider ging, in
jener kriegerischen Zeit manchen feindlichen Anfall ab-
wehrte, und so fest war, daß noch jetzt einzelne Uebcr-
reste von demselben vorhanden sind.
Gorm der Alte hatte zwei Söhne: Knud Danaast,
d. i. der Dänen Lust, und Harald Blaatand (Blau-
zahn). Knud, der älkkste, war des Vaters Liebling,
und als er auf einem Seezuge nach England geblieben,
war, und der alte Vater seinen Tod erfuhr, ging ihm
diese Trauerkunde so zu Herzen, daß er krank wurde
und gleich darauf starb (935).
Harald Blaatand (935 — 985).
Nach dem Tode Gorms des Akten bestieg nun
dessen jüngster Sohn, Harald Blaatand, den däni-
schen Thron. Wegen des Schutzes, welchen er dem
vertriebenen norwegischen Könige Erik Blodöxe und
dessen Kindern gewährte, geriet!) er in Krieg mit dem
Bruder und Nachfolger Eriks, Hakon Adelsteen, der
die dänischen Küsten mehrmals plünderte und verheerte.
Endlich aber gelang es Harald Graafeld, einem
Sohne Eriks,'durch Hülfe des dänischen Königs den
Hakon Adclftcen in einer blutigen Schlacht zu tödten
und darauf König in Norwegen zu werden, wogegen
er sich zur Erlegung eines jährlichen Tributs an Ha-
rald Blaatand verpflichten mußte. Da er aber diese
seine Verpflichtung nicht erfüllte, und sich außerdem
durch viele Grausamkeiten in Norwegen sehr verhaßt
machte, so beschloß Harald Blaatand ihn und seine
Mutter Gunild nach Dänemark zu locken und sie zn
SS
tobten. Harald Graafeld wurde von GuldHarald
oder Strutharald, einem Sohne des Knud Dauaast,
an der Mündung des Liimfsords überfallen und ge-
tödtet, dieser aber bald darauf von Hakon Jarl,
einem Sohne des Sigurd Jarl, den Harald Graa-
feld hatte ermorden lassen, umgebracht. Harald Blaa-
tand segelte nun mit einer Flotte von 600 Schiffen
nach Norwegen, eroberte dies Reich und setzte Hakon
Jarl zum Statthalter über dasselbe.
Durch die fortgesetzten Bemühungen der deutschen
Kaiser für die Ausbreitung der christlichen Lehre im
Norden entstand zwischen ihnen und Harald Blaatand
eine Spannung, die durch einen von Otto dem
Großen im Jahre 965 den Bischöfen zu Schleswig,
Nipen und Aarhuus geschenkten Freiheitsbrief bald in
offenbare Feindschaft ausbrach. Otto des Großen Dro-
hung, sich durch einen Kriegszug nach Dänemark an
Harald zu rächen, weil dieser die deutschen Aufrührer,
und namentlich den sächsischen Herzog Wigmann,
einen Brudersohn des vom Kaiser zum Herzoge von
Sachsen ernannten Hermann Billing, in Schutz
genommen und unterstützt hatte, ward durch seinen im
Jahre 973 erfolgten Tod zwar vereitelt, allein zwei
Jahre später von seinem Sohne und Nachfolger, Otto
dem Zweiten, ausgeführt. Nach mehreren vergeblichen
Angriffen auf das Dannewirke ließ der Kaiser dasselbe
in Brand stecken, und drang nun bis an den Liimfjord
hinauf, wo die Friedensunterhandlungen angeknüpft
wurden. Harald mußte sich nebst seiner Familie taufen
lassen und die Verkündigung des Christenthums in seinen
Staaten gestatten. Ein neues Bisthum ward nun zu
Odense errichtet, und Harald selbst ließ die St. Tri-
23
nitatis-Kirche in Roeökilde erbauen. Bisher hatten
nur Fremde — außer Ansgarius und Autbert noch
Unno, Adeldagus und Popo — die christliche Lehre
in den dänischen Staaten verkündigt, jetzt standen auch
einheimische Lehrer auf, unter welchen Odinkar
H v i d e der Aeltere als erster Bischof zu Odense ge-
nannt wird.
Die Erbitterung der heidnischen Parthei über die
immer weitere Ausbreitung des Christenthums in Dä-
nemark wuchs indeß mit jedem Tage. An der Spitze
derselben stand der mächtige Häuptling Palnatoke,
welcher der christlichen Lehre feind war und dazu den
König Harald persönlich haßte. In Verbindung mit
dem Sohne des Königs, Svend, dessen Erzieher er
gewesen, und dem er mit der heidnischen Lehre zugleich
Haß gegen den christlichen Vater eingepflanzt hatte,
zog er gegen die Christen zu Felde, zerstörte ihre
Kirchen und tödtcte ihre Bischöfe und Priester. Harald
fiel in diesem Kriege durch die Hand des Palnatoke
im Jahre 985.
Svend Tveskjäg (985 — 1014).
Nach dem Tode seines Vaters reis'te nun Svend,
begleitet von Palnatoke, auf den Thingen umher, und
wurde, da die christliche Parthei zu schwach war, um
länger Widerstand zu leisten, allenthalben zum Könige
ausgerufen. Aber bald darnach wurde cs bekannt, daß
Palnatoke der Mörder Harald Blaatands war, und
die Blutrache, die jetzt für den König eine heilige
Pflicht ward, störte das gute Vernehmen zwischen beiden.
Palnatoke flüchtete daher nach Jomsburg, eine Burg,,
welche schon Harald Blaatand gegen die Wenden am
Ausflüsse der Oder auf der Insel Usedom hatte an-
legen lassen, die sich aber später von Dänemark fast
unabhängig gemacht hatte. Hier wurde er von der
Besatzung mit großer Freude gleich als Häuptling an-
genommen und beschloß nun, Jomsburg zu einer See-
räuber-Republik zu bilden, die den alten nordischen
Wikingegeist in seiner ganzen Reinheit bewahren sollte.
Diese Republik war lange ein Schrecken in den nordi-
schen Gewässern. Nach Palnatokes Tode folgte Sig-
wald, der auf eine listige Art den dänischen König
zum Gefangenen machte und nach Jomsburg abführte.
Svend mußte sich hier durch eine starke Geldsumme
lösen. Man versöhnte sich zum Schein, und bei dem
'Begrab nißbier, das Sigwald zu Ehren seines ver-
storbenen Vaters Strutharalds, hielt, thaten beide
nach alter Sitte das Gelübde zur Ausführung großer
Thaten. — Svend versprach einen Kriegszug nach
England zu machen, und die Herrschaft der Dänen
in diesem Lande wieder zu erneuern. Denn bei den
vielen Raubzügcn der nordischen Völker hatten die
Dänen vorzüglich England heimgcsucht; sie hatten hier,
ihre Verwandtschaft mit den Angelsachsen, die in der
Mitte des 5. Jahrhunderts aus Jütland, Angeln und
Norddeutschland cingewandcrt waren, vergessend, nicht
nur wiederholt furchtbar geph'rndert, sondern auch eigene
Staaten gegründet, wo dänische Fürsten über eine
größtenthcils dänische Bevölkerung geherrscht hatten.
Allein seit dem Anfänge des 10. Jahrhunderts hatte
England neue Kräfte gewonnen; die Dänen waren zum
großen Theilc unterjocht, und ihre kleinen Reiche ge-
stürzt worden — Svend hätte zu keiner gelegenem
Zeit nach England kommen können, denn der hier re-
25
gierende König, Ethelred, feig und grausam zugleich,
hatte sich im ganzen Lande sehr verhaßt gemacht. Er
wußte den wilden Räubereien und Verwüstungen der
Dänen nicht anders zu steuern, als daß er sie durch
Geld abkaufte (Dannageld). Doch lockte dies nur desto
mehr, und Svend fuhr in einer Reihe von Jahren
fort, England auf diese Weise zu brandschatzen, bis
eine andere Begebenheit ihn auf einige Zeit hinweg-
rief. — In Norwegen hatte ncmlich Oluf Trpg-
vcson, ein Prinz von dem alten Kvnigsstamme, den
HakonJarl überwunden und getödtet, und sich so seines
väterlichen Reiches bemächtigt, sich aber späterhin dnrch
seine Strenge bei der Ausbreitung des Christenthumö
im Lande bei seinen Untcrthanen und bei seinen Nach-
barn, den Königen von Dänemark und Schweden ver-
haßt gemacht. Diese, im Verein mit Erik Jarl,
einem Sohne des Hakon Jarl, verbündeten sich gegen
ihn, und überfielen ihn mit einer großen Flotte bei
Svolder in Wenden. Oluf verlor nach einer helden-
müthigen Vertheidigung Leben und Reich, und Nor-
wegen wurde unter die Sieger vcrtheilt, dem Erik
Jarl aber die Statthalterschaft über dasselbe gege-
ben (1000).
Während Svend noch mit den Angelegenheiten
Norwegens beschäftigt war, hatte der feige Ethelred
in England in den Theilcn des Landes, wo er die
Macht hatte, alle Dänen an einem Tage (13. No-
vember 1002) unter furchtbaren Grausamkeiten ermor-
den lassen. Auf die Nachricht davon forderte Svend
durch umhergesandtc Briefe den ganzen Norden zur
Rache auf. In kurzer Zeit war eine große, starkbe-
manntc Flotte versammelt, und bei ihrer Ankuuft in
SV
England vereinigten sich mit den Feinden nicht nur die
Dänen in Northumberland und Ostangeln, wohin das
Blutbad nicht hatte reichen können, sondern auch selbst
viele Engländer. Nach mehrjähriger blutiger Verhee-
rung des Landes durch die Dänen flüchtete zuletzt
Ethelred mit seiner ganzen Familie nach der Normandie
hinüber, und Svend wurde nun Herr von ganz England,
starb aber bald darauf im Jahre 1014.
Knud der Große (1014—1035).
Knud, der sich bei seines Vaters Tode in England
aufhiclt, wurde hier sogleich von den Dänen zum Kö-
nige ausgerufen; allein die Liebe der Engländer zu
ihrem alten Königsstamme und die Hoffnung, das ver-
haßte dänische Joch abzuwerfen, erwachten aufs Neue.
Ethelred wurde zurückgerufen und Knud mußte vorerst
England verlassen. Nachdem er mit seinem jüngern
Bruder Harald sich über die Negierung in Dänemark
verglichen hatte, kehrte er, unterstützt von diesem, mit
einer großen und überaus prächtigen Flotte, deren
Bemannung aus den tapfersten Männern des gesamm-
ten Nordens bestand, nach England zurück (1015).
Nach hartem Kampfe mit dem tapfern und klugen Ed-
mund Jernside kam endlich 1017 ein Vergleich zu
Stande, nach welchem Edmund den Süden und Knud
den Norden des Reiches erhielt. Kurz darnach ward
Edmund von einem Verräther, Namens Edrik Streon,
ermordet, und Knud nun zum Könige von ganz Eng-
land erwählt. War er vorder manchmal sehr grausam
gewesen, so suchte er jetzt auf jede mögliche Weise sich
bei seinen neuen Unterthanen beliebt zu machen. Er
hcirathete die verwittwete Königin Emma, belehnte die
englischen Großen mit ansehnlichen Theilen des Landes,
wachte über die innere und äußere Sicherheit desselben,
schmeichelte der englischen Geistlichkeit, führte aufs Neue
die alten angelsächsischen Gesetze ein und hielt sich öfter
in England als in Dänemark auf. — Nach dem im
Jahre 1019 erfolgten Tode seines Bruders Harald
ward KnUd^auch König in Dänemark, und obgleich
von seiner Regierung dieses Landes wenig bekannt iss,
so weiß man doch, daß die vollkommene Einführung
des Christenthums sein Werk war. Er ließ in Däne-
mark viele Kirchen und Klöster erbauen und sandte eine
Menge englischer Geistliche ins Land. Wie nun das
Christenthum die Sitten überhaupt milderte, so hatte
auch die Verbindung Dänemarks mit dem cultivirteren
England für ersteres manche heilsame Folgen. Die Frei-
beuterei hörte allmälich auf, und Ackerbau, Handel und
Gewerbe fingen an zu blühen.
Knud der Große errichtete auch das erste stehende
Heer, das aus 6000 ausgesuchten Kriegern bestand und
Thing lid genannt wurde. Für dieses Heer ließ er
ein eigenes Gesetz, das Witherlagsrecht, entwerfen,
welches die Pflichten und Vorrechte der Thingmänner
bestimmte. Durch diese Einrichtung legte Knud den
ersten Keim zur Entstehung des Adels in Dänemark.
Im Jahre 1021 unternahm Knud eine Pilgerreise
nach Rom, bei welcher Gelegenheit er ein Freundschafts-
bündniß mit dem damaligen deutschen Kaiser, Conrad
dem Zweiten, schloß, der ihm die Markgrafschaft Schles-
wig überließ. Während dieser Reise wurde Dänemark
von dem norwegischen Könige Oluf dem Heiligen
und dem Könige von Schweden, Am und, überfallen.
In dieser Noch ließ Ulf Jarl, der Schwager Knuds,
ÖN
nach vorheriger Verabredung mit der Königin Emma,
ihren und Muds Sohn, Hardeknud, zum Könige in
Dänemark wählen, und schlug darauf in Verbindung
mit Knud, der in aller Eile zurückgckehrt war, die
Feinde bei Helgeaae in Schonen(1028). Knud war
indeß auf den Jarl sehr erbittert, weil dieser die Wahl
des Hardeknud zum Könige veranstaltet hatte, und ließ
ihn bald darauf in der Kirche zu Noeskilde ermorden.—
Um sich an Oluf dem Heiligen zu rächen, ging Knud
nun nach Norwegen, wo viele der Unterthanen Olufs,
unzufrieden mit dessen Eifer für's Chriftenthum, zu
ihm stießen. Oluf siel in der Schlacht bei Stikle-
stad (1030), und Knuds Sohn, Svend, wurde nun
König in Norwegen. Nach einer kurzen und unklugen
Negierung wurde er indeß von den mißvergnügten
Normännern verjagt, und diese wählten nun den Sohn
Olufs des Heiligen, Magnus den Guten. — Auf
solche Weise begann das große Reich, welches allein
durch Knuds Kraft und Klugheit zusammen gehalten
wurde, schon bei seinen Lebzeiten sich aufzulösen.
Bald darauf starb Knud der Große im Jahre 1035,
nur 40 Jahre alt, der mächtigste König, der je im
Norden geherrscht hat.
Hardeknud (1035 — 1042).
Hardeknud wurde nach seines Vaters Tode König
m Dänemark, während die Engländer den Harald
Harefod, einen Sohn Knuds von seiner ersten Ge-
mahlin, Alfifa, zu ihrem Könige erwählten.
Hardeknud setzte den bereits unter seinem Vater
begonnenen Krieg mit Magnus dem Guten fort; bald
aber kam durch Vermittelung des Volks und der Häupt-
>
39
finge desselben, ein Vergleich zwischen beiden Königen
zu Stande, zufolge dessen der Längstlebende über beide
Reiche herrschen sollte.
Nach dem Tode seines Bruders Harald vereinigte
zwar Hardeknud wiederum England mit Dänemark,
allein er starb schon 1042, und die Engländer wählten
nun Ethelreds Sohn, Eduard, zu ihrem Könige, wo-
durch denn die Verbindung Englands mit Dänemark
für immer aufgehoben wurde.
Magnus der Gute (1042—1047).
Dem geschloffenen Vergleiche zufolge wurde nun
Magnus der Gute von Norwegen König in Dänemark.
Der Mannsstamm des alten dänischen Königshauses
war erloschen, aber Dänemark gehorchte ungern einem
fremden Fürsten. Svend, ein Sohn Ulf Jarls
nnd der Estrid, einer Schwester Knuds des Großen,
hatte kaum von der geschehenen Veränderung in seinem
-väterlichen Reiche Kunde bekommen, als er von Eng-
land aus nach Norwegen eilte. Hier wußte er sich bei
Magnus dem Guten so beliebt zu machen, daß dieser
ihn zu seinem Jarl oder Statthalter in Dänemark
machte, obgleich der alte erfahrne Häuptling, Eniar
Tambeskjelver, dem Könige diesedrSchritt sehr Wi-
derrathen hatte. Svend war auch kaum in Dänemark
angekommen, als er sich auf dem Thinge zu Viborg
zum Könige wählen ließ. Auf die Nachricht davon kam
Magnus mit einer großen Flotte nach Jütland, und
Svend mußte nach Schweden flüchten. Er kam zwar
bald wieder zurück und erneuerte den Kampf, war aber
stets unglücklich, obgleich es ihm weder an Muth noch
an persönlicher Tapferkeit fehlte
30
Um eben diese Zeit (1043) timten die Wenden
einen Einfall in Schleswig und drangen bis nach Jüt-
land vor. Dieses räuberische Volk wohnte längs den
Küsten der Ostsee, von der Südostgrenze Schleswigs
an bis an den finnischen Meerbusen. Zunächst der
Eider wohnten die Wagrier, darauf folgten die
Obotriten im jetzigen Mecklenburgischen, und nach
diesen die gefährlichsten und mächtigsten von allen, die
Witzen, bis zur Oder. Jenseit der Oder bis nach
Esthland hin traf man eben so räuberische Volksstämme
an, die unter dem allgemeinen Namen der Slaven
begriffen wurden. Die deutschen Kaiser hatten schon
öfters Kriegszüge gegen diese Völker thun müssen, bis
es Otto dem Großen gelang, sie sich ganz zu unter-
werfen und das Christenthum unter ihnen einzuführen.
Er stiftete bei dieser Gelegenheit zu Oldenburg, einer
schon damals ansehnlichen und durch Handel blühenden
Stadt, ein Bisthum, dem er alles wendische Land bis
zur Peene und außerdem die Stadt Schleswig unter-
gab. Aber in den folgenden Jahren, besonders unter
der unruhigen Negierung Herzogs Bernhard H. von
Sachsen (1010—1061), waren alle Wenden zu ihrem
frühem Hcidenthum zurückgekehrt, und hatten unter
M i st i v o i (1013) und später unter Gottschalk
(1032) furchtbare Einfälle in Holstein gemacht. Ihre
Näuberhorden durchzogen damals ganz Holstein, Stor-
marn und Ditmarschen, und an den christlichen Ein-
wohnern dieser Lande wurden schreckliche Grausamkeiten
verübt. —
Jetzt hatte sich ihre Wuth gegen die Dänen ge-
wandt. Magnus aber, der mit einem Heere bei
f Schleswig gelandet war, uw seinen aufrührerischen
31
Statthalter zu bekriegen, hörte kaum von diesem Ein-
fälle der Wenden in Südjütland, als er ihnen muthig
entgegen zog. Erschlug die an Anzahl ihm weit über-
legenen Feinde in einer blutigen Schlacht auf der
LyrskovsHaide bei der Schottburger Aue, gewann
großen Ruhm und unterwarf sich Dänemark auf's
Neue. — Bald aber erhielt König Magnus einen
neuen und gefährlichen Feind an seinem Vaterbrudcr,
Harald Haardraade, der sich im Auslande große
Reichthümer erworben hatte, und nun, nachdem er zu
Hause gekommen war, die Hälfte des väterlichen Rei-
ches forderte. Um nicht beide, Svend und Harald,
gegen sich zu haben, verglich sich Magnus mit dem
letztem, starb aber nicht lange darnach (1047).
Svend Estridsen (1047-1076).
Nach Magnus des Guten Tode bestieg nun Svend
Estridsen den dänischen Thron, mußte aber noch einen
siebzehnjährigen Kampf mit dem norwegischen Könige
Harald Haardraade aushalten, der gleichwie sein Vor-
gänger über beide Reiche zu regieren wünschte. Svend
wurde in diesem Kriege noch immer vom Unglück ver-
folgt, und Dänemark litt besonders viel durch die
wiederholten Plünderungen der Norweger an den Kü-
sten, bis endlich im Jahre 1062 ein Friede geschlossen
wurde, wornach Svend von Harald als König von
Dänemark anerkannt wurde. —
Die noch übrigen Jahre seiner Regierung wandte
Svend dazu an, Aufklärung und Cultur in seinem
Lande zu verbreiten, das Christenthum zu befestigen
und die tiefen Wunden zu heilen, welche ein langer
verheerender Krieg dem Lande geschlagen hatte. Jti
33
diesen friedlichen Beschäftigungen wurde er auf eine
kurze Zeit durch seine Erobcrungspläne auf England
unterbrochen, die er aber nach einigen vergeblichen
Versuchen wiederum aufgebcn mußte. Störender für
die Ruhe des Landes waren indesi die fortwährenden
räuberischen Einfälle der Wenden, wodurch besonders
Südjütland sehr verheert, und das südliche und west-
liche Holstein schrecklich mitgenommen wurde.
Nach dem Beispiele Knuds des Großen beförderte
Svend auch das Christcnthum im Lande, und errichtete,
außer den fünf bestehenden Bisthümern in Schleswig,
Nipen, Aarhuus, Odense und Roeskilde, noch vier
neue zu Viborg und Vörglum in Nordjütland und
zu Lund und Dal'by in Schonen. — Streitigkeiten
mit dem herrschsüchtigen Erzbischof Adelbert in Ham-
burg errègà bei dem Könige den wünsch, ein Erz-
bisthum in seinem eigenen Reiche zu haben, und nach
langen Unterhandlungen mit verschiedenen Päpsten war
er auch nahe daran, diesen seinen Wunsch erfüllt zu
sehen, als der Tod ihn hinwegrift (1070). In dem-
selben Jahre starb auch der Bischof Wilhelm von
Roeskilde , den Svend selbst ins Land gerufen und
mit dem er in sehr vertrauter Freundschaft gelebt
hatte. —
Svend Estridsen besaß eine für seine Zeit unge-
wöhnliche Bildung. Er war mild und gerecht und
besonders freundlich im Umgänge, wogegen auch das
Volk mit unwandelbarer Liebe ihm anhing, und diese
nach seinem Tode gleichfalls seinen Söhnen zuwandte,
von denen fünf nach einander den väterlichen Thron
bestiegen. —
33
Harald Hein (1076 —1080).
Bei Svend Estridsens Tode war das Volk hin-
sichtlich der Königswahl in zwei Partheien getheilt,
wovon die eine den ältesten Sohn des Königs, Ha-
rald, die andere aber den jüngcrn Sohn desselben,
Knud, zum Könige wünschte. Endlich siegte doch die
Parthci Haralds, und dieser bestieg m?> den Thron
(1076). Seine vierjährige Regierung ist durch die
Verbesserung der Rechtspflege und der Gesetzgebung
merkwürdig geworden. Uebrigens soll Harald ein mil-
der, aber auch zugleich schwacher Regent gewesen sein,
weswegen man ihm den Beinamen Hein, d. i. der
weiche Stein, gab.
Knud der Heilige (1080—1086).
Auf Harald folgte der zweite Sohn Svends, Knud
der Heilige, ein tapferer und erfahrner Krieger und ein
guter Christ, welcher sich bemühete, den Dänen Ge-
schmack an einer edlern Bildung zu geben, und darum
auch die unchristliche Seeräuberei und Sklaverei abzu-
schaffen. Deshalb war er auch ein Freund der Geist-
lichkeit, und suchte diesen Stand sowohl durch Erhöhung
des Ranges als der Einkünfte desselben zum höchsten
und vornehmsten im Reiche zu heben; allein sein Plan,
der Geistlichkeit den Zehnten zu verschaffen, scheiterte
an der Widersetzlichkeit des Volks. — Um die alte
Herrschaft der Dänen über England wieder zu gewin-
ucn, rüstete er eine Flotte von 1000 Schiffen im Liim-
sjord aus, und gab seinem Bruder Oluf, der von ihm
zum Herzog von Südjütland ernannt worden war, die
Aufsicht über dieselbe, bis er in eigener Person er-
scheinen könnte. Da Knud indessen sehr lange verzog,
* '
3
34
gingen fríe Bauern auf Oluss Anrathen auseinander,
fo fraß nur wenige Schiffe übrig waren, als der König
ankam. Erbittert hierüber ließ er seinen Bruder ver-
haften, versammelte die Bauern auf den Thingen, hielt
ihnen ihr Unrecht vor und legte ihnen eine schwere
Geldbuße auf. Diese ward von den Leuten des Kö-
nigs, welche »rs Gewicht verfälschten, mit der größten
Strenge eingefordert, und nun brach in ganz Süd-
sütland ein allgemeiner Aufruhr aus. Die erbitterten
Bauern verfolgten den König bis nach Fühnen hin-
über, wo er sich in die Kirche zu Odensee flüchtete,
und ermordeten ihn hier am Fuße des Altars (1086).
Oluf Hunger (1086 — 1095).
Nach Knuds Tode folgte ihm in der Regierung
fein Bruder Oluf, den man aber erst durch ein Löse-
geld von 10,000 Mark Silber aus der Gefangenschaft
in Flandern hatte loskaufen müssen. Seine neunjährige
Regierung ist bloß dadurch merkwürdig geworden, daß
während der ganzen Dauer derselben eine große Hun-
gersnoth im Lande herrschte, weshalb man ihm den
Beinamen Hunger gab. Obgleich ganz Europa zu
derselben Zeit von dieser Hungersnoth heimgesucht war,
unterließ die Geistlichkeit doch nicht, dieselbe als eine
göttliche Strafe für den an Knud dem Heiligen be-
gangenen Mord darzustellen. Zugleich kamen Gerüchte
in Umlauf von Wundern, die bei seinem Grabe ge-
schehen wären ; aber es dauerte lange, ehe das Volk
sich dazu entschließen konnte, an die Heiligkeit des ver-
haßten Knud zu glauben.
i
35
Erich Eiegod (1095 —1103).
Bei dem Regierungsantritt dieses vierten Sohne-
von Svend Estridsen hörte die Hungersnoth auf, und
es trat eine fruchtbare und glückliche Zeit ein. Diese
glückliche Veränderung sowohl als auch die ausgezeich-
neten persönlichen Eigenschaften des Königs und seine
Achtung gegen die alten Rechte des Volks machten ihn
sehr beliebt, und erwarben ihm den Zunamen Eiegod
d. i. der Herzensgute. Er unternahm mehrere glück-
liche Züge gegen die räuberischen Wenden. Die Grau-
samkeit aber, mit welcher die Gefangenen behandelt
wurden, veranlaßte in Verbindung mit andern Um-
ständen einen heftigen Zwist mit dem Erzbischof Lie-
mar von Hamburg, der sogar Erich in den Bann
gethan haben soll. Diese Streitigkeiten erneuerten in
Erich den Wunsch seines verstorbenen Vaters, einen
eigenen Erzbischof in seinem Reiche zu haben. Zugleich
wünschte er seinen ermordeten Bruder Knud cano-
nisirt, d. i. für einen Heiligen erklärt zu sehen, und
um diese doppelte Absicht zu erreichen, machte er im
Jahre 1098 eine Reise nach Rom. Papst Urban H.
fand sich sehr bereitwillig, die Wünsche des Königs zu
erfüllen. Einige Zeit nach der Rückkehr Erichs wurden
nun die Gebeine des heiligen Knud unter großen Feier-
lichkeiten in der nach ihm benannten St. Knudskirche-
beigesetzt, welches zur Aufnahme dieser Stadt nicht
wenig beitrug. — Die andere Absicht seiner Reise
nach Rom, die Errichtung eines Erzbisthums in Dä-
nemark, wurde unter seiner Regierung nicht erreicht;
denn noch ehe die dazu erforderliche päpstliche Bulle
angekommen war, hatte Erich, zur Sühne eines von
ihm begangenen Mordes, eine Pilgerreise nach Jeru-
3*
3V
‘irtiem angetreten. Auf dieser Reise starb er, ohne das
heilige Land gesehen zu haben, auf der Insel Cypern
im Jahre 1103.
Unter Erich Eicgods Negierung entstanden die
ersten Gilden, d. i. gesellschaftliche Vereine, deren
Zweck gegenseitige Unterstützung in Noch und Gefahr
und Beförderung der Ordnung und Sittlichkeit in den
damaligen zügellosen Zeiten war. Diese Gilden, welche
ihre eigenen Gesetze, Gildeskraaer, hatten, verbrei-
teten sich bald über fast alle Städte des Landes, und
hörten erst mit der Reformation auf.
Niels Estridsen (1104 — 1134).
Erst ein Jahr nach dem Tode des vielgeliebten
Königs Erich Eiegod kam die Nachricht davon nach
Dänemark, und nun wurde Niels, der fünfte Sohn
Svend Estridsens, zum Könige erwählt. Er war der
letzte von den vielen Söhnen Svends, die nach dem
Vater den dänischen Thron bestiegen, aber zugleich der
schwächste und untauglichste von allen, und mit seiner
Regierung beginnt eine unglückliche Zeit für Dänemark,
die über ein halbes Jahrhundert unter schwachen Re-
genten , vielfältigen inner» Unruhen und unaufhör-
lichen Einfällen und Plünderungen der Wenden fort-
dauerte. —
Gleich tat Anfänge der Regierung des Königs
Miels wurde der langgehegte Wunsch der dänischen
Könige durch die Errichtung eines eigenen Erzbisthums
zu Lund in Schonen erfüllt, und Adzer, vorher Bi-
schof daselbst, wurde der erste Erzbischof. Allein diese
lundischen Erzbischöfe mischten sich, zum Nachtheil des
königlichen Ansehens, mehr in die innern Angelegen-
39
heiten des Reiches, als cp die fremden je hatten tyun
können, und fingen bald an, d.en Königen zu trotzen
und den Thron durch Aufruhr und Bürgerkriege zu
erschüttern. Zugleich gewann die dänische Geistlichkeit
dadurch einen Anhaltspunkt, und trat von der Zeit an
in einer festern Haltung gegen den Staat auf. Auch
wurden jetzt die feit Papst Gregor Vll. Cölibats-Gesetz
fortgesetzten Bemühungen zur Einführung der Ehelosig-
keit unter der Geistlichkeit in Dänemark eifriger be-
trieben; dennoch dauerte es lange, ehe dies letzte
Band, welches die Geistlichkeit mit den übrigen Staats-
bürgern verknüpfte, in unserm Vaterlande aufgelöst
wurde. —
Im Jahre 1106 erlosch der Billingsche Manns-
stamm mit dem Herzoge Magnus von Sachsen, und
Lothar, den Kaiser Heinrich der Fünfte zum Herzog
von Sachsen ernannt hatte, belehnte nun den Grafen
Adolph von Schauenburg mit Holstein und Stor-
marn, welche Länder von der Zeit an besondere Graf-
schaften ausgemacht haben. Graf Adolph I. von Hol-
stein regierte bis 1130, und stand in besonders gutem
Vernehmen mit dem Wendenfürsten Heinrich, der sich
vorzüglich auch durch holsteinische Hülfstruppen zum
Herrn aller wendischen Länder gemacht hatte. Dieser
Heinrich, ein Sohn des wendischen Fürsten Gottschalk
und der dänischen Prinzessin Sprit he, einer Schwe-
ster Svend Estridsens, forderte vom Könige Niels das
Erbtheil seiner Mutter in Dänemark, und da dieser
ihm dasselbe verweigerte, plagte Heinrich die dänischen
Lande mit wiederholten räuberischen Einfällen. Beson-
ders litt Südjütland, und Heütrichs Bundesgenossen,
die Holsteiner und Ditmarscher, sowie die benachbarten
38
Nordfriesen, beunruhigten die Einwohner sehr. In
dieser Noth war doch ein Prinz, der, so lange er lebte,
die innere Ordnung einigermaßen aufrecht erhielt, und
durch feine Tapferkeit die äußern Feinde schreckte, der
edle und allgemein geliebte Knud Laward, d. i. der
Herr, ein Sohn von Erich Eiegod. Diesem überließ
Niels endlich gegen eine Geldsumme das Herzogthum
Schleswig, .und Knud Laward schlug nicht nur den
Wendenfürften Heinrich, sondern gewann auch in dem
Grade die Liebe dieses frühem Feindes, daß dieser
nachdem er seine Söhne verloren hatte, ihn zu
seinem Erben und Nachfolger ernannte. Knud
führte Ordnung und Ruhe zurück, beförderte durch
deutftbe Handwerker den Kunstfleiß in seinem Lande,
und schlichtete den Streit seiner beiden ihm sehr un-
gleichen Brüder, Harald Ke si a und Erich, späterhin
Emun genannt, die seiner Stimme mehr als des Kö-
nigs gehorchten. Aber alle diese Verdienste zogen ihm
auch viele Feinde und Neider zu. Vor allen war es
König Niels eigener Sohn, Magnus, der den edlen
.Knud haßte, weil er durch ihn von der Thronfolge
ausgeschlossen zu werden fürchtete, und dieser im Ver-
ein mit Heinrich Skatelaar, einem Enkel von
Svend Estridsen, ermorderte ihn verrätherischer Weise
in einem Walde bei Ringsted (1131). — Die allge-
meine Erbitterung gegen den König und dessen Sohn
Magnus, die diese schändliche Mordthat im Lande er-
regte, brach bald in einen Bürgerkrieg aus, in welchem
der König und Prinz Magnus von den Anhängern
Knuds unter der Anführung seines Bruders bei Fod-
ivi g in Schonen 1134 gänzlich geschlagen wurden.
Magnus blieb auf dem Platze, König Niels aber flüch-
tete nach Schleswig, wo er von den erbitterten Gilve-
39
&rübern, deren Vorstand Knud Lawarv gewesen war,
überfallen und ermordet wurde (1134).
Erich Emun (1134— 1137)..
Nach Niels Estridsens Tode wurde Erich Emuw
zum Könige erwählt. Er überwand seinen Bruder
Harald Kesia, der sich auf dem Thinge im Schles-
wigschen zum Gegenkönig hatte wählen laffen, und ließ
nicht allein ihn, sondern auch sieben von dessen Söh-
nen ermorden. Der achte, Oluf, entkam in Frauen-
kleidern, und erregte späterhin blutige Unruhen. Mit
derselben Grausamkeit, womit Erich gegen sein eigenes
Geschlecht- wüthete, verfolgte er auch die Anhänger der
überwundenen Parthei, und machte sich dadurch allge-
mein verhaßt. — Er unternahm einen Zug gegen die
Wendew, deren Hauptsitz Ar ko na auf Rügen er er-
oberte, und zwang die Einwohner die christliche Reli-
gion anzunehmen-, die sie aber bald wieder gegen ihren
alten Götzendienst umtauschten. — Mit dem Bischof
Eökil zu Roeskilde gerietst Erich in Uneinigkeit ,, und
es gelang diesem mächtigen Prälaten, ganz Seeland
in Aufruhr zu bringen; allein der König brachte ihn
bald wieder zum Gehorsam- Nach einer dreijährigen
harten und grausamen Negierung wurde Erich Emun.
auf einem Thinge in ver Nähe von Nipen von Sor-
teploug, dessen Vater er hatte ermorden lassen, ge-
tödtet (1137).
In demselben Jahre starb auch der deutsche Kai-
ser Lothar 11. von Sachsen. Er hatte 1134, da die
Wenden nach Knud Lawards Tode unter ihren heid-
nischen Fürsten Pr-ebislaw und Nielot, von denen
der erste über Wagrien und das Land der Po lab er?
40
\
(das heutige Lauenburg) herrschte, wieder vom Chri-
stenthume abgefallen waren, zum Schutze Holsteins auf
dem Alberge das feste Schloß Siegeberg, nachher
Segeberg, aufführen lassen, und 1136 seinem Schwie-
gersöhne, Heinrich dem Stolzen, Herzoge von
Baiern, auch das Herzogthum Sachsen gegeben. Sein
Tod aber verwickelte ganz Sachsen und mit demselben
Holstein in große Unruhen, in welchen Graf Adolph
der Zweite (1130—1164) auf eine kurze Zeit ver-
trieben wurde, und seine Lande an Heinrich von
Bade Wide überlassen mußte. Nach vielen Unruhen,
in ^welchen auch Alt-Lübeck unterging, und Wagrien
sehr verwüstet wurde, kam Adolph zurück, und erhielt
nun außer seinem Holstein, auch ganz Wagrien. Er
bevölkerte dies fast verödete Land durch seine Holsteiner
und durch viele Niederländer, die er unter den vor-
thcilhaftesten Bedingungen ins Land rief. Die alte
wendische Sprache wurde durch die neuen Anbauer
verdrängt, und die wenigen Reste der Wenden gerie-
then bald in eine harte Sklaverei, die alle im übrigen
Deutschland übliche Leibeigenschaft weit übertraf. —
Erich Lamm (1137—1147).
Während dieser Begebenheiten in Holstein war
die Lage Dänemarks nur verwickelter geworden. Bei
dem Tode Erich Emuns fanden sich mehrere Prinzen,
die auf den dänischen Thron Anspruch machen konnten:
Knud, ein Sohn des bei Fvdwig gebliebenen Magnus,
Svend, ein Sohn von Erich Emun, Waldemar,
ein Sohn von Knud Laward und Erich Lamm, ein
Schwestersohn von Erich Emun. Da die drei erstge-
nannten noch minderjährig waren, so siel die Wahl
4L
auf den schwachen und unfähigen Erich Lamm. Auf-
ruhr in Schonen unter dem früher erwähnten Oluf,
Harald Kesias Sohne, beunruhigte das Reich, bis die-
ser 1142 überwunden und getödtet wurde, und die
Wenden plünderten ungestraft an den Küsten. Köniz
Erich unternahm freilich einen Zug gegen diese uner-
müdcten Seeräuber, der aber mehr zum Spott als
zum Schrecken der Feinde diente. Des Lebens über-^
drüssig legte Erich endlich die Regierung nieder, ging
in das St. Knudskloster in Odensee und starb hier
als Mönch (1147).
Zwischenreich von 1147—1157.
Jetzt brach ein zehnjähriger blutiger Bürgerkrieg
zwischen den vorhergenannten Prinzen, Svend, Knud
und Waldemar, aus. Svend war auf den Inseln
und in Schonen gewählt worden, während Nordjüt-
land sich für Knud erklärt hatte, und Waldemar, Her-
zog von Schleswig, anfangs auf Svends Seite trat.
Durch seine Verbindung mit dem tapfern Waldemar
gelang es Svend, seinem Gegner mehrmals zu schla-
gen und ihn zu nöthigen, seine Zuflucht zum deutschen
Kaiser, Friedrich Rothbart, zu nehmen. Dieser,
der seine Lehnsherrlichkeit auch über Dänemark auszu-
dehnen wünschte, lud Svend und Waldemar nach
Merseburg ein, und Svend wurde hier genöthigt, Dä-
nemark als ein Lehn des Kaisers zu erkennen und
Seeland an Knud zu überlassen. Kaum aber war
Svend zurück, als er das gegebene Versprechen, das
ihm die Roth abgedrungen hatte, für ungültig erklärte,
und nur auf Waldemars Vorstellung räumte er Knud
einige unzusammenhängende Besitzungen in Dänemark
»s
ein. Indessen verlor Svend durch seine unkluge Vor-
liebe für deutsche Sitten und Gebräuche immer mehr
die Liebe des Volkes, während Knud seinen Anhang
vergrößerte, und da jetzt auch Herzog Waldemar sich
mit Knud verband, mußte Svend, wie vorhin Knud,
Hülfe im Auslande suchen. Von Heinrich dem Lö-
wen von Sachsen unterstützt kam er nach einem Jahre
zurück, wurde aber geschlagen, und mußte nun die
Bedingungen annehmen, welche seine siegreichen Feinde
ihm stellten. Dänemark wurde getheilt, so daß Wal-
demar Nord- und Südjütland, Knud die Inseln und
Svend Schonen, Holland, Blekingen und Bornholm er-
hielt. — Aber der Friede dauerte nicht lange. Svend
beschloß jetzt durch Verrath zu gewinnen, was er durch
Macht nicht erlangen konnte. Er lud Knud und Wal-
demar unter der Maske der Freundschaft nach Roes-
kilde ein, und da beide der Einladnug gefolgt waren,
ließ er sie mitten unter einem Gastmahle mörderisch
überfallen. Knud wurde getödtet, Waldemar aber,
dessen Geistesgegenwart und Körperstärke ihm den Aus-
weg bahnten, entkam glücklich nach Jütland. Svend
folgte, wurde aber von Waldemar auf der Grathehaide,
einige Meilen von Wiburg, gänzlich geschlagen. Svend,
von dem Ort seiner Niederlage Svend Grathe ge-
nannt, suchte sich durch die Flucht zu retten, wurde
aber eingeholt uno von einem Bauer erschlagen (1157)*
Waldemar I. (1157—1182).
Durch Svend Grathes Tod ward Waldemar Allein-
herrscher in ganz Dänemark, und es trat nun mit
ihm eine glücklichere Zeit ein. Die Räubereien der
Wenden wurven für immer unterdrückt, die südlichen
/
43
und östlichen Küsten der Ostsee Dänemark unterworfen;
im Innern kehrten Frieden und Ordnung zurück, und
Gesetze und eine besondere Rechtspflege wurden einge-
führt. — Sobald Waldemar I. oder der Große überall
im Lande als König anerkannt war, entwarf er den
Plan, die Wenden gänzlich zu unterjochen. Doch mußte
der König, ehe er etwas Ernstliches unternehmen konnte,
sein Verhältniß zu seinen Nachbarn festgestellt haben.
Vor allen war es der mächtige Heinrich der Löwe,
Herzog von Sachsen und Baiern, dessen Eifersucht er
fürchten mußte, da dieser schon damals die Wagner
und Obotriten unterworfen hatte, und ebenfalls darauf
sann, sich die übrigen wendischen Nationen zinsbar zu
machen. Waldemar begab sich daher zum deutschen
Kaiser, Friederich Rothbart, einem heimlichen Feinde
Heinrichs des Löwen, nach Burgund (1162). Hier
nahm Waldemar sein Reich von dem Kaiser zu Lehn,
doch ohne weitere Vasallenpflichten; auch sollte diese
Belehnung für die Nachfolger des Königs nicht bin-
dend sein. — Gleich nach seiner Zurückkunft begann
nun Waldemar eifrig an der Bezwingung der Wenden
zu arbeiten. Ueber zwanzig Kriegszüge wurden zu
dem Ende unternommen. Der wichtigste dieser Züge
geschah 1169, und endete mit der Einnahme des stark
befestigten Arkona und der Eroberung Rügens. Die
Einwohner mußten das Christenthum annehmen, und
anstatt der heidnischen Tempel erhoben sich christliche
Kirchen auf dieser Insel. Späterhin ward auch die
reiche und berühmte Handelsstadt Julin erobert und
zerstört, und ein gleiches Schicksal hatten mehrere
Städte an der pommerschen Küste. Alle diese Kriegö-
züge wurden besonders von dem tapfern Bischof Ab-
44
salon von Rocskilde geleitet; der auch in der Ver-
folgung der Seeräuber unermüdet war.
Auch die Empörer in Dänemark selbst mußten
Waldemars Macht fühlen. Dies war namentlich der
Fall mit dem Erzbischof Eskild von Lund, der an den
früheren Bürgerkriegen eifrigen Antheil genommen hatte,
UNO nun auch dem Könige trotzte. Estild wurde bald
zum Gehorsam gebracht, allein, obgleich ihm der König
verzieh, konnte er doch nicht die ihm widerfahrene De-
müthigung verschmerzen, und verließ daher Dänemark»
Nach einem siebenjährigen Aufenthalte im Auslande
kehrte er freilich wieder zurück, allein feine Verhält-
nisse zum Könige wurden jetzt noch mißlicher, als zuvor.
Dieser hatte nemlich im Jahre 1170 seinen sechsjäh-
rigen Sohn Knud zu seinem Mitregenten und Nach-
folger krönen und salben lassen, durch welche Vorkehrung
mehrere regierungssüchtige Prinzen sich von der Re-
gierung ausgeschlossen sahen. Die von ihnen ange-
stifteten Empörungen wurden jedoch bald gedämpft,
und da man den alten Erzbischof in Verdacht der
Theilnahmc daran hatte, so mußte er deshalb manche
Kränkung erfahren. Dies bewog ihn seine Würde
niederzulegen, welche nun auf Absalon, der seinem
Könige stets treu beigestanden hatte, überging.
Gegen das Ende der Regierung Waldemars des
Großen zeigte sich imter dem Volke manche Unzufrie-
denheit über die Kränkung alter Gerechtsame, über
kirchliche Mißbräuche und den Druck vieler erzbischöf-
lichen und kirchlichen Vögte. Diese Unzufriedenheit
brach in Schonen in offenen Aufruhr aus, der erst
nach der blutigen Niederlage der Bauern bei Dvsi-
naa (1181) gedämpft wurde. Die Aufrührer unter-
45
warfen sich; doch mußte die von Absalon befohlene
Eintreibung des Zehnten einstweilen ausgesetzt wer-
den. —
Nach einer 25jährigen kraftvollen Negierung
starb Waldemar der Große 1182, tief betrauert vom
Volke, das ihn freiwillig zu seiner Ruhestätte in Ring-
sied begleitete. —
Knud VI. (1182—1202).
Knud VI., der schon bei Lebzeiten seines Vaters
zum Könige erwählt und gekrönt war, hielt es doch
für klüger, die alte Sitte bei einem neuen Regierungs-
antritte nicht zu vernachlässigen, und ließ sich deshalb
auf den Thingen vom Volke huldigen. Er setzte dar-
auf das Werk seines Vaters mit Klugheit und Glück
fort, und wurde hiebei von Absalon, Esbern Snare
(Absalons Bruder) und seinem tapfern Bruder, Her-
zog Waldemar von Schleswig trefflich unterstützt.
Gleich nach der Thronbesteigung Knuds des VI.
erneuerte der deutsche Kaiser, Friedrich Rothbart, seine
Bestrebungen, Dänemark zu seinem Lehn zu macken.
Da aber Knud und Absalon die Anmaßungen des Kai-
sers mit Würde und Kraft zurückwiesen, suchte dieser
den Hommerschen Herzog Bugislav gegen Dänemark
aufzuregen. Mit einer Flotte von 500 Schiffen griff
Bugislav die dänischen Besitzungen auf Rügen an.
Absalon aber eilte ihm mit einer weit geringeren
Flotte entgegen, erkämpfte einen glänzenden Sieg, und
das ganze Pommern mußte sich Dänemark unterwer-
fen (1184). Dasselbe war nach mehreren Kriegszügen
mit dem obotritischen Wenden oder Mecklenburg der
Fall, und Knud nahm nun den Titel eines Königs
46
der Slaven an. Zn den folgenden Jahren machte
Knud mehrere glückliche Züge nach Esthtand, eroberte
auch hier einen bedeutenden Theil des Landes, und
suchte die Einwohner für das Christenthum zu gewinn
nen. Er erhielt aber bald andere Beschäftigungen, die
seine Aufmerksamkeit von Efthland abwandten. — Der
deutsche Kaiser hatte nemlich jetzt mehrere norddeutsche
Fürsten gegen Dänemark vereinigt, an deren Spitze
Graf Adolph III. von Holstein stand. Adolph III.
(1164— 1201) war bei dem Tode seines Vaters,
Adolph II., der in einer Schlacht gegen die Slaven
in Pommern geblieben war, noch minderjährig, fand
aber in seinem Vormunde, dem Grafen Heinrich von
Orlamünde, nicht nur einen kriegserfahrnen Be-
schützer seiner Lande, sondern auch einen trefflichen
Erzieher. In allen Unruhen, welche die offene Em-
pörung Heinrichs des Löwen gegen seinen Kaiser
in Deutschland erregten, wußte sich Adolph, der auch
an den damaligen Kreuzzügen tapfern Antheil genom-
men hatte, in dem Besitze Holsteins zu erhalten. Jetzt
war er das Haupt der Verbindung gegen Dänemark,
die um so drohender war, da sich der damalige Bischof
Waldemar von Schleswig, ein Sohn des in Roeskilde
ermordeten Knud Magnussen, mit den Feinden verband.
Dieser ehrgeizige Mann nannte sich sogar König von
Dänemark, und fiel mit einer in Norwegen gesammel-
ten Flotte in Schleswig ein. Es gelang aber, ihn
durch List zum Gefangenen zu machen. Gegen die
andern Feinde hatten die Waffen Knuds VI. den glän-
zendsten Fortgang. Des Königs tapferer Bruder, Wal-
demar, Herzog zu Schleswig, eroberte die von Graf
Adolph angelegte Festung Reinoldsburg, späterhin
49
Rendsburg genannt, unterwarf Hamburg und Lübeck,
nahm den Grafen Adolph III. selbst gefangen, und er-
weiterte die Grenzen Dänemarks bis zur Elbe. —
Mitten unter diesen Eroberungen starb Knud >1. im
Jahre 1202. "
Ein Jahr früher war auch der Erzbischof Absalon
gestorben. Sein Name ist im Vorhergehenden schon
oft genannt worden, und sowohl Waldemar der Große
als Knud VI. theilen die Ehre der meisten ihrer großen
und berühmten Thaten mit ihm. Innige Liebe zu sei-
nem Vaterlande und unerschütterliche Treue gegen die
Könige Waldemar I. und Knud VI. zeichneten ihn aus.
Er besaß nicht nur eine seltene Geschicklichkeit als An-
führer der königlichen Heere und Flotten, sondern auch
eine tiefe Staatsklugheit und große Liebe für die
Wissenschaften. Unter seiner Aufsicht schrieb Sv end
Aagesen seine kleinere, urch Saxo Gramwaticns
seine ausführlichere Geschichte des Vaterlandes. Doch
tadelt man an ihm den Eifer, womit er, zum Schaden
für das Reich, die Macht der Bischöfe und der Geist-
lichkeit überhaupt beförderte. Als eine Merkwürdigkeit
verdient noch angeführt zu werden, daß er durch Er-
bauung der befestigten Burg Axelhuus bei dem
Flecken Hafn den Grund zu dem jetzigen Kopenhagen
legte. —
Waldemar II. (1202-1241).
Da Knud VI. kinderlos gestorben war, wurde sein
Bruder Waldemar II. oder der Sieger König von
Dänemark. Hier huldigte man ihm mit großer Freude,
und im Jahre 1203 ward er zu Lund vom Erzbischof
Andreas Sunesen, Absalonö Nachfolger, gekrönt.
48
Sobald dies geschehen war, ging er wieder nach Hol-
stein, um hier seine Eroberungen, die durch den Tod
seines Bruders unterbrochen worden waren, fortzusetzen.
Zu Lübeck ließ er sich als König der Slaven und Herr
der Nordalbingier huldigen, und belagerte darauf mit
großer Heeresmacht das feste Schloß Lauenburg, wel-
ches sich endlich unter der Bedingung ergab, daß der
gefangene Graf Adolph III. von Holstein seine Freiheit
erhalten sollte. Der Graf stellte Geißeln, unter wel-
chen auch zwei seiner Söhne waren, ging darauf nach
Schauenburg ab, und kam nie wieder nach Holstein,
welche Grafschaft Waldemar II. als ein Lehn seinem
Schwestersohne, dem tapfern Albert von Orlamünde,
überließ.
Die Theilnahme Waldemars an den Unruhen in
Norwegen unter Hakon dem Alten, so wie in
Schweden unter Sverker Karlsen war nicht vom
Glücke begünstigt; dagegen hatten seine Kriegszüge an
den Küsten der Ostsee bcsiern Erfolg. Die große In-
sel bei Esthland ward zuerst erobert; darauf zog er
1210 nach Preußen und unterwarf sich einen großen
Th eil dieses Landes, dessen Einwohner er zur Annahme
des Christenthumes zwang. Diese Eroberungen waren
für Waldemar um so viel seichter, als Deutschland da-
mals von innern Zwistigkeiten zerrissen war, indem drei
Kaiser, Philipp, Otto und Friedrich II. sich um
die Herrschaft stritten. Waldemar erklärte sich zuletzt
für Friederich II. und erhielt dafür von ihm 1214 in
einem offenen kaiserlichen Schreiben die Zusicherung
aller der Eroberungen, welche er und seine beiden
Vorgänger in Deutschland nördlich von den Flüssen
Elbe und Elde (Holstein, Lauenburg und ein Thoil
49
von Mecklenburg) gemacht hatten. Allein Waldemars
großes Glück erweckte Furcht und Mißgunst bei den
norddeutschen Fürsten, welche sich nun gegen ihn ver-
bündeten. Diesem Bunde schloß sich auch Bischof
Waldemar an, dem der König nach einer vierzehn-
jährigen Gefangenschaft die Freiheit geschenkt hatte,
und der von einer dem Könige feindlichen Parthei zum
Erzbischof in Bremen erwählt worden war. Allein
die siegreichen Waffen des Königs lösten bald diesen
Bund auf; Hamburg, das seinen Feinden die Thore
geöffnet hatte, wurde erobert und mußte hart büßen,
und Bischof Waldemar ging in ein Kloster.
Nachdem König Waldemar auf solche Weise seine
Feinde in Deutschland gedemüthigt hatte, unternahm er
den berühmten Kriegszug nach Esthland. Mit einem
großen Heer und einer Flotte von 1400 Schiffen, un-
ter der Anführung des Erzbischofs Andreas Su-
nesen landete er daselbst 1219. Durch den blutigen
Sieg bei Wolmar machte er sich zum Herrn des
Landes, und zwang die Einwohner, sich taufen zu lassen.
Während dieser Schlacht soll nach einer alten Sage
der berühmte Dannebrog, eine rothe mit einem
weißen Kreuze versehene Fahne, vom Himmel herab-
gefallen sein, und den Muth der Dänen neu belebt
haben. Diese Fahne begleitete nachher in fast 300
Jahren die Dänen zur Schlacht, bis dieselbe in dem
unglücklichen Zuge nach Ditmarschcn im Jahre 1300
verloren ging.
Jetzt stand Waldemar der l! auf dem höchsten
Gipfel des Glücks: das dänische Reich bestand, außer
dem eigentlichen Dänemark, aus allen Ländern ander
Küste der Ostsee von der Eider bis zum Finnischen
4
Busen. Allein diese Große war von kurzer Dauer.
Der Graf Heinrich von Schwerin, der sich von
Waldemar beleidigt fühlte, beschloß, sich an ihm zu
rächen. Er nahm daher den König gefangen; als die-
ser nach der Jagd auf der unter Fühnen liegenden
kleinen Insel Lpö fest schlief, und führte ihn nach
Deutschland ab, wo er ihn beinahe drei Jahre lang
gefangen hielt. Wahrend dieser Gefangenschaft hatte
zwar der zum Reichsverweser ernannte Graf Albert
von Orlamünde Versuche zur Befreiung des Königs
gemacht; allein er war unglücklich, und mußte sogar
die Gefangenschaft des Königs theilen. Alle von
Waldemar eroberten Länder sielen mm ab, und der
schon in seiner Jugend nach der Wilstermarsch gekom-
mene Adolph IV. benutzte diese Gelegenheit, um sich
wieder In den Besitz seines väterlichen Reiches zu setzen.
Nach vielen Unterhandlungen kam endlich Waldemar
unter den harten Bedingungen wieder frei, 45,000 Mark
Silbers zu bezahlen, den abgefallenen Ländern ihre
Freiheit zu bestätigen und endlich zu versprechen, sich
an seinen Feinden nicht rächen zu wollen. Aber kaum
war Waldemar am Weihnachtabend 1225 nach Däne-
mark zurückgekommen, als er sich vom Papste ^von sei-
nem Eide lösen ließ, und sich zur Rache rüstete. An-
fangs vom Glück begünstigt machte er einige Fortschritte,
allein im Jahre 1227 verlor er durch Verrätherei der
erst kurz vorher unterworfenen Ditmarscher die große
Schlacht bei Bornhöved, und eilte nun Frieden zu
schliessen. Graf Adolph IV. erhielt Holstein als freie
Herrschaft zurück, Lübeck und Hamburg erlangten die
Bestätigung ihrer Reichsfreiheit, und die Ditmarscher
konnten einen eigenen Freistaat errichten.
-■ Die noch übrige Zeit seines Lebens brachte Wal-
demar in Ruhe zu, beschäftigt mit friedlichen Unter-
nehmungen für das innere Wohl seines Landes. Nach
einer vierzehnjährigen und in so mancher Hinsicht so
merkwürdigen Regierung siarb Waldemar im Jahre 1241.
Seine erste Gemahlin», die allgemein geliebte Mar-
garethe Dagmar, eine böhmische Prinzessinn, gebar
ihm einen Sohn, Waldemar, der schon 1218 als
Mitregent seines Vaters gekrönt ward, aber 1231
durch einen unglücklichen Schuss ums Leben kam. Mit sei-
ner zweiten Gemahlinn, der portugiesischen Prinzessinn
Berenzavia hatte Waldemar drei Söhne, Erich,
Abel und Christoph, die nach einander den däni-
schen Thron bestiegen.
Unter der Regierung der Waldemare erhielt Dä-
nemark eine feste Gesetzgebung. Die Gesetze waren
indess nicht das Werk der Könige; vielmehr bildeten
sich nach und nach aus den in einer Provinz geltenden
Ueblichkeiten private Sannulungen, welche dann auf
einem Volksthinge Rechtsgültigkeit erhielten und von
den Königen bestätigt wurden. Daher gab es auch in
diesem Zeitraum kein allgemeines Staatsgesetz, sondern
nur Provinzial-Ge setze, die in jeder der größeren
Provinzen des Reiches besondere Gültigkeit hatten. —
Eine eigene kirchliche Gesetzgebung erhielt Dänemark
schon in der letzten Hälfte des 12. Jahrhunderts unter
Waldemar I. Das älteste dieser Gesetze ist das scho-
nische Kirchenrecht, welches wahrscheinlich 1163
von dem Erzbischof Eskild unter Mitwirkung Absalons
gegeben wurde. Das seeländische Kirchenrechr
wurde 1171 auf einer Volksversmnmlung in der Nähe
von Ringsted von Absalon gegeben und gleichwie das
erstere von Waldemar 1. bestätigt. Beide stimmen im
Wesentlichen mit einander überein und sind dnrchgehendS
auf den Grundsätzen des in Europa allgemein geltenden
kanonischen Rechts gegründet, jedoch in mehre/en Punkten
den Eigentbümlichkeiten des dänischen Bolks angepaßt.
— Die weltlichen Provinzial-Gesetze sind aber etwas
jünger und unter diesen ist vas jütsche Gesetz (jpdske
Lob) das wichtigste und bekannteste. Es ist von dem
gelehrten Bischof Gunner in Wiburg geordnet und
verfaßt und wurde auf einem allgemeinen Dannehef
zu Wordingburg inr Jahre 1141 von Waldemar II. dem
Volke bekannt gemacht. Dieses Gesetz gilt noch jetzt
in Südjütland und Schleswig und wurde erst durch
Christians V. Gesetz in Dänemark abgeschafft. Die
Strafbestimmungen in diesem Gesetze sowohl als in
dem schönt scheu, dem altscelä irdischen und neu
seeländischen waren sehr milde, und die meisten
Vergehungen konnten durch Geldbußen ausgesöhut wer-
ten, wodurch nach und nach an die Stelle der im Al-
terthum üblichen Selbstrache eine gesetzlichere Ordnung
trat. Als Beweis der Unschuld brauchte mau vor Ge-
richt die Eiscnprobe, welche man als ein Gottesurtheil
betrachtete, oder auch in der letzten Zeit Beweiszeugen
oder Eideshelfer (Mededsmwnd), welche auf die Un-
schuld des Angeklagten einen Eid ablegen mußten. Der
Gebrauch solcher Bewciszeugen erhielt sich nicht nur
das ganze Mittelalter hindurch, sondern selbst bis zur
neuern Zeit, und scheint erst um die Mitte des 17ten
Jahrhunvertö gänzlich aufgehort zu haben.
53
Die Regierung der Waldemare ist außerdem da-
durch Nlerkwürdig geworden, daß unter derselben ein
eigener Adelstand sich zn entwickeln anfing. Dieser
trat anfangs, und zwar als eine Folge des Lehns-
wesens, als Lehnsadel hervor, der sich aber in der
Folgezeit zu einem privilegirten Adelstande ous-
bildcte. Durch die Einführung des Christenthrnns un»
die daraus sich entwickelnde größere bürgerliche Ord-
nung und innere Sicherheit verlor sich der kriegerische
Geist des Volkes immer mehr und mehr, und die Kö-
nige, deren baa.e Einkünfte in den damaligen Zeiten -
nicht so bedeutend waren, konnten den kostspieligen
Roßdienst, der jetzt im Kriege immer gebräuchlicher
wurde, nicht aus eigenen Mitteln unterhalten. Sie-
wählten deshalb einen Ausweg, den man bereits
anderswo mit Glück versucht hatte, nemlick, allen den-
jenigen, die zu diesem Roßdienst sich verpflichten woll-
te^, Landeigenthum (Lehn) und außerdem gewisse Pri-
vilegien zu schenken. Uebrigens waren diese Lehne
nicht erblich, sondern sie wurden nur auf Lebenszeit
überlassen. Erst im folgenden Zeitraum kam der Erb-
und Geburtsadel auf, der durch mancherlei Privi-
legien die freien Bauern zu Sclaven zu machen wußte,
und in Verbindung mit der geistlichen Gewalt das größte-
Unglück über Dänemark brachte. —
Durch das Entstehen des Adelstandes sowohl als
durch die in diesem Zeitraum mehr und mehr wachsende
Macht der Geistlichkeit sank das Ansehen des Bauern-
standes immer tiefer. Die freien Bauern verloren nach
und nach viele ihrer alten Gerechtsame, indem die
kraftvollen Könige Waldemar I., Knud VI. unv Wat-
» ,
fi-S
demar U. dieselben von der Theilnahme an den Staats-
angelegenheiten soviel als möglich auszuschließen suchten,
und das Emporblühen des Bürgerstandes in den Han-
delsstädten trug ebenfalls nicht wenig dazu bei, die
Macht der Bauern zu schwächen. Dennoch stand der
Bauernstand diesen ganzen Zeitraum hindurch in nicht
geringem Ansehen, und erst in der Folgezeit verlor sich
dieses auf eine Weise, die den Königen wie dem Volke
wenig erfreulich war.
Ackerbau, Viehzucht, Handel und Fischerei gehör-
ten in diesem Zeitraum zu den wichtigsten Nahrungs-
quellen. Der Ackerbau war bereits im 11. Jahrhun-
dert nicht unbedeutend, stieg aber nach der Zeit noch viel
höher. Beim Anbau des Landes waren von den
ältesten Zeiten her die Gemeinschaften gebräuchlich,
indem sich mehrere Familien zur Urbarmachung eines
Stück Landes vereinigten, es freilich nach dem Loos
unter sich theilten, aber nachher nach allgemeinen Re-
geln bewirthschafteten. Diese Einrichtung war dem
Emporkommen des Ackerbaues sehr hinderlich, da kein
Bauer ohne Einwilligung der übrigen etwas zur Ver-
besserung seines Antheils vornehmen durfte,-erhielt sich
aber nicht nur durch das ganze Mittelalter hindurch
sondern in einigen Gegenden selbst bis zum Schlüsse
de§ vorigen Jahrhunderts.
Der Handel war theils Landhandel durch Deutsch-
land, theils Seehandel auf der Ostsee nach Rußland,
Esthland und Liefland, auf der Nordsee nach England
und Holland, welcher Handel besonders über Riper
seinen Weg nahm.. Außer Ripen werden Schles-
wig, Hör sens, Aarhuus, R anders, Wiburg,
55
Aalburg, Roeskrlde, Lund und Skanör als nrcht
unbedeutende Handelsplätze genannt, und in Holstein,
bildeten sich in diesem Zeitramn nicht nur Hamburg
und Lübeck als wichtige Starte aus, sondern auch
Kiel, Oldenburg, Ploen und Itzehoe trieben er-
heblichen Handel, und wurden alle von Adolph VI. mit
dem Lübeckischen Rechte begnadigt. — Mit dem Han-
del kam in dieser Zeit auch die Münze aus, und die
Bischöfe fingen an, das Recht, Münze zu schlagen, mit
dem Könige zu theilen. Man rechnete nach Pfennin-
gen, Oertugen, Oeren und Marken. Eine Mark
Silbers hatte ursprünglich den Werth von 10 Reichs-
.thalern (16 Rbthlr.), sank aber bald auf ein Drittheil
des Werthes, und späterhin noch tiefer hinab.
Die Wissenschaften standen in diesem Zeitraum
nur auf einer niedern Stufe, und wurden allein von
deck Geistlichen betrieben, unter welchen übrigens auch
viele höchst unwissend waren. Außer Absalon, Andreas
Sunesen, Gunner, Svend Aagesen und Sa.ro Gram-
maticns kommt in dieser Periode kein bemerkenswerther
wissenschaftlicher Name vor. Die erste Domschnle ward
zu Lund unter Knud dem Heiligen gestiftet, und später-
hin wurden bei allen Domeapiteln Domschulen, so wie
bei den großem Klöstern Klosterschulen errichtet. Da
aber der Unterricht in diesen Schulen sehr beschränkt
und ungenügend war, so mußten die Studirenden ihre
Zuflucht zum Auslande nehmen, und namentlich in
Paris, das damals der Hauptsitz der Gelehrsamkeit war«,
ibre Bildung suchen (Paris-Cleriker)»
In dieser Periode wurde noch im ganzen Norden
im Allgemeinen nur eine Sprache, die sogenannte
Dänische Zunge, geredet; allein nach und nach ver-
<7
»6
lor diese durch den beständigen Verkehr mit Deutschland
viel von ihrer urspünglichen Reinheit, wozu auch be-
sonders die lateinische Sprache, deren sich die Gelehr-
ten in ihren Schriften bedienten, und in welcher na-
mentlich Svend Aagesen und Saxo Grammaticus ihre
vaterländische Geschichte schrieben/ ungemein viel beitrug.
Die Gesetze waren indeß in dänischer Sprache abgefaßt,
und auf den Volksthingen erklang die dänische Zunge
noch rein und unverdorben.
I
ÑS
Dritter Zeitraum.
Von Waldemars II. Tode bis zur Vereinigung Dänemarks,
Norwegens und Schwedens durch die ralmarische Union (1241
bis 1397).
Der dänische Staat, welcher kurz vorher sich zu
einem hohen Grade von Macht emporgeschwungcn hatte,
verfiel nun allmälig sowohl durch die häufigen Fehden,
welche die Könige mit dem mächtigen Adel und der
Geistlichkeit zu bestehen hatten, als auch durch den be-
ständigen Zwist in Betreff Schleswigs, wozu Walde-
mar II. durch die Theilung des Reichs unter seine vie-,
len Söhne den Grund gelegt hatte. — Als nämlich
der älteste Sohn Waldemars II. bereits 1218 von den
Ständen zum Thronfolger erwählt, durch einen un-
glücklichen Schuß auf der Jagd verwundet, gestorben
war (1231), bewirkte Waldemar 1232 die Wahl seines
Sohnes Erich zu seinem Nachfolger, gab aber auch
seinen beiden andern Söhnen, Abel und Christopher,
ersterem das Herzvgthum Schleswig, letzterem Laaland
und Falster als Lehn. — Abel, um sich in seinem
Herzogthum, seinem Bruder gegenüber, zu befestigen,
vermählte sich 1237, wider den Willen seines Vaters,
mit Mathildis, der Tochter des Grafen Adolph VI.
von Holstein, wodurch die Verwandtschaft der Schles-
wigschen Herzöge und der Grafen von Holstein, so
wie die Verbindung Schleswigs mit Holstein, eingc^
leitet wurde.
58
Erich Plougpenning (1241 — 1250.)
Nach Waldemars 11. Tode bestieg nun Erich, mit
dem Zunamen Plougpenning (Pflugpfenning), —
weil er zur- Bestreitung der KriegSunkoften jeden Pflug
im Lande mit einer Steuer belegte, — den Thron
(1241); allein seine Brüder suchten sich, jeder in sei-
ner Provinz, unabhängig zu machen. Der mächtigste
und gefährlichste von diesen war Herzog Abel von
Schleswig , zugleich seit 1239, in welchem Jahre
Adolph IV. zufolge eines Gelübdes die Regierung nie-
derlegte und in ein Kloster ging, Vormund der beiden
minderjährigen Söhne Adolphs, Johann und Ger-
hard. Erich, der mit dem Plan umging, seinen Vater
zu rächen, und die verlornen Eroberungen, namentlich
Holstein, wieder zu gewinnen, sah sich durch diese Ver-
bindung Abels mit dem holsteinischen Grafenhause in
der Ausführung seines Planes sehr gehindert, und es
entspann sich daher gleich ein Zwist zwischen den bei-
den Brüdern, welcher jedoch einstweilen dadurch beige-
legt wurde, daß Abel der erwähnten Vormundschaft
entsagte. Einige Jahre später brach aber in Betreff
Schleswigs ein mehrjähriger Krieg zwischen ihnen aus,
in welchem die wichtigsten Städte in Nord- und Süd-
Jütland, so wie auf Fühnen, geplündert und in Asche
gelegt wurden, während die Bundesgenossen Abels, die
Lübecker, die östlichen Küsten des Reichs angriffen. Doch
behielt der König endlich die Oberhand, und Abel
mußte das Herzogthum Schleswig als ein Lehn von
ihm annehmen. In den Frieden (1249) waren die
holsteinischen Grafen mit eingeschlossen, allein bald
darauf gab die Grenzfestung Rendsburg Veranlassung
zu einem neuen Kriege. Der König zog mit seinem
Heere durch Sütjütlanv, und wurde von feinem Bru-
der Abel freundschaftlich nach Schleswig eingeladen.
Hier kam es aber zwischen ihnen zu einem heftigen
Wortwechsel, der damit endete, daß der König ergriffen
und zweien seiner bittersten Feinde, Lauge Guv-
mundsen und Thvge Post übergeben wurde, welche
ihn enthaupteten und seinen Leichnam in die Schlei
versenkten (1250).
Abel (1250-1252).
Da Erich keine Söhne hinterlassen hatte, wurde
Abel zu seinem Nachfolger erwählt, mußte aber vorher
sich durch einen Eid von dem Verdacht der Theilnahmx
an der Ermordung seines Bruders reinigen. Er be-
stätigte nun seinen Bruder Christopher in dessen Lehn
über Laaland und Falster, und rief seinen ältesten Sohn
Waldemar, der in Paris studirte, nach Hause, um
ihn zum Herzoge von Schleswig zu machen; doch wurde
dieser unterwegs vom Erzbischöfe von Cöln gefangen
gesetzt, und 4 Jahre festgehalten. — Abel regierte nur
2 Jahre, von 1250 —1252. In einem Kriege gegen
die Friesen, die er zur Entrichtung der rückständigen
Steuern hatte zwingen wollen, kam er ums Leben.
Schon in der Mitte des vorigen Zeitraums fingen
die Städte an, den Grund zu ihrer Entwickelung zu
legen; doch verging noch eine geraume Zeit, ehe sie sich
ganz von der Landbevölkerung, als ein eigener Bür-
gerstand mit besondern Nabrungszweigen, Gerechtsamen,
Gesetzen und Gerichtsbarkeiten absonderten. Erst unter
Abel traten die dänischen und schleswigschen Starte
als ein eigener Neichsftand auf. Anfangs wurde chnen
ein eigenes Stadtthing oder Stadtgericht bewilligt, da-
sich später zum Stadtrache ausbildete, in welchem balv
einer der Rachsherren unter dem Namen Bürgermeister
an die Spitze der übrigen trat, während ein königlicher
Vogt die Interest-, n des Königs zu besorgen batte. Doch
hatte in der ersten Zeit der Rath nur die ausübende
Gewalt, während neue Einrichtungen und Gesetze von
der ganzen Bürgerschaft beschlossen wurden, und der
König oder Fürst sich nur die Bestätigung vorbehiel^
Diese freie, volksthümliche Verfassung der Städte ging
aber nach und nach verloren, indem erst der Rath auf
Kosten der übrigen Bürger sich zu heben suchte, unv
die Könige wiederum dahin strebten, das Ansehen des
Raches einzuschränken, um die Macht ihrer Vögte zu
vermehren. —
Die ältesten Stadtrechte wurden ebenso von den
Bürgern selbst verfaßt, so das ältere schleswigsehe
Stadtrecht (1201), das den meisten Stadtrechten im
Herzogthume Schleswig, namentlich dem Flensburger,
Apenrader und Eckernförder zunl Grunde liegt. Jün-
ger ist das Kopenhagener Stadtrecht von Jacob
Erlandsen (1254), und das Roeskilder, das die
Bürger selbst verfaßten, und welches von Erich Glipping
1268 bestätigt wurde. — Die holsteinischen Städte
folgten dagegen meist dem Lübeckischen Reckte, das
von Heinrich dem Löwen seiner neugegründetcn
Stadt gegeben wurde, durch den Flor desselben balv
so in Aufnahme kam, daß die Landesherren den nach-
her entstandenen oder sich bildenden Städten keine
größere Wohlthat erweisen konnten, als menn sie ihnen
die Befugniß ertheilten, sich des Lübeckischen Rechts
zu bedienen.
ttl
Obgleich die Fürsten, wie vorher erzählt, die freie
Verfassung der Städte einzuschränken suchten, so sorgten
sie auf andere Weise wieder für ihr Cmporkommen.
Sie schenkten ihnen Grundeigenthum, Marktgerechtigkeit
und andere Privilegien, und besonders gewannen die
fchleswigfchen Städte bei ven Streitigkeiten der Könige
und Herzoge, da bcive Partheien sie durch Wohlthaten
zu gewinnen suchten, und hier behielt der Rath die
richtende Gewalt, während diese in den dänischen Städten
schon längst an die königlichen Vögte übergegangen war.
Zu den Privilegien der Städte kam unter Wal-
demar Atterdag und später unter Erich von Pommern
auch das ausschließliche Vorrecht zur Betreibung der
Handwerke. Dennoch hob sich der dänische Bürgerstand
nie zu der Macht und Bedeutung im Staate, daß er
den Königen gegen Adel und Geistlichkeit eine Stütze
hätte sein können, theils weil die Macht des Adelstanves
schon zu sehr gestiegen war, theils auch weil die mäch-
tigen Hansestädte einen verderblichen Einfluß übten.
Chriftopher 1. (1252—1259).
Nach Abels Tode wurde sein Bruder Christo-
ph er, bisher Herzog zu Laaland und Falster, von den
Ständen zum Könige erwählt; obgleich schon früherden
Söhnen Abels die Krone zugesichert worden war. Die
Uebergehung Vieser Prinzen in der Thronfolge ver-
wickelte aber das Reich in eine Reihe von verderblichen
Kriegen mit den Herzögen von Südjütland und den
Grafen von Holstein, die einige Male den Staat dem
Untergange nahe brachten. Chriftopher 1. bemächtigte
sich zwar Südjütlands; allein die holsteinischen Grafen
nahmen sich ihrer unmündigen Enkel an und setzten den
Kampf mehrere Jahre fori. Endlich wurde der Streit
im Jahre 1254 dahin beigelegt, daß der König den
ältesten Sohn Abels, Waldemar, mit dem Herzogthum
belehnen, während dessen Minderjährigkeit aber die vor-
mundschaftliche Regierung führen sollte.
Kaum waren indessen diese Streitigkeiten geschlich-
tet, als der lange vorbereitete Kampf zwischen rer
weltlichen und geistlichen Macht gewaltsam ausbrach.
Der Mann, der diesen langwierigen und für das Land
so höchst verderblichen Kampf erössnete, war der Erz-
bischof Jacob Erlandsen, aus dem mächtigen Ge-
schleckte Skjalm Hvidc's, voll hoher Gedanken von der
Macht und dem Ansehen der Kirche, und genau bekannt
mit dem kanonischen Recht. Zu Anfänge der Regie-
rung Christophers wurde er gegen den Willen des
Königs zum Erzbischof erwählt, und der Streit brach
sogleich aus, als er eigenmächtig das schottische Kir-
chenrecht verändern wollte. Die Einwohner von Schonen
wollten ihr Kirchenrecht nickt aufgeben und wurden in
ihrer Widersetzlichkeit vom Könige unterstützt. Es ent-
standen Partheien, und die Verwirrung stieg bald aufs
Höchste. Der Erzbischof berief eine Kirchenversammlung
nach Weile auf den 5. März 1256, an demselben Tage
wollte der König einen Dannehof zu Nyborg halten,
und forderte daher Erlandsen auf, die Kirchenversamm-
lung um einige Tage aufzuschieben. Allein dieser wei-
gerte sich dessen, und hielt am festgesetzten Tage die
Versammlung zu Weile, welche unter dem Namen
Weiler Constitution bekannt ist, und wo der Be-
schluß gefaßt wurde, daß das Reich für jede von Seiten
des Königs, oder doch mit seinem Wissen, gegen einen
Bischof verübte Ungebühr mit dem Interdikt belegt
werden solle. Nach diesem Schritte ward der Streit
zwischen dem Könige nnd dem Erzbischöfe unversöhnlich.
Der König berief einen neuen Daunehof nach Wor-
dinburg, wo er den Erzbischof als einen Empörer
schilderte, und überhaupt bittere Klage über ihn führte.
Der Erzbischof ließ cs seinerseits gleichfalls nicht an
Klagen über die Gewaltthätigkeit des Königs fehlen,
und erklärte übrigens, daß er nicht ihm, sondern allein
dem Papste Rechenschaft schuldig sei, so wie er hin-
sichtlich des schottischen Kirchenrechts diejenigen Punkte
nicht anerkennen wolle, welche mit dem canonischen
Rechte in Widerspruch ständen. Einige Male kam
zwar ein Vergleich zu Stande; allein bald erneuerte
sich der Streit wieder, als der König die dem Erz-
stifte Lund von seinen Vorfahren geschenkten Lehen
einziehen wollte. Die erzbischöflichen Bauern machten
-einen furchtbaren Aufruhr, zogen mit Keulen und
Knitteln bewaffnet im Lande umher, und verübten die
schrecklichsten Gewaltthätigkeiten. — Nicht lange darnach
trat ein Ereigniß ein, das den König bewog, den
Kampf mit dem Erzbischof bis auf's Aeußerfte zu trei-
ben. Als er nemlich seinen Sohn Erich gekrönt zu
sehen wünschte, weigerte Erlandscn sich nicht nur,
solches selbst zu thun, sondern bedrohete sogar Jeden,
der dies thun würde, mit dem Baun, so daß keiner
der Bischöfe die Krönung zu vollziehen wagte. Durch
einen Dannehof, der in dieser Veranlassung zu Npborg
zusammenberufen war, erreichte der König eben so
wenig seine Absicht. Nun beschloß Christopher, den
widerspenstigen Erzbischof gefangen zu nehmen, was
er auch bald durch dessen eigenen Bruder, Niels Er-
landsen, glücklich ausführte. Der Erzbischof wurde
}
«»
unter Cer verächtlichsten Behandlung nach Hagenftov
bei Assens in gefängliche Hast gebracht. Jetzt sollte
das Reich, zufolge der Weiler Constitution, mit dem
Interdikt belegt werden; aber nur zwei Bischöfe, Pe-
ter Bang in Roeskilde und Reginar in Föhnen,
wagten in ihren Bisthümern dasselbe zu verkündigen,
entflohen aber gleich darauf ans dem Reiche, Reginar
begab sich nach Rügen, wo er den Fürsten Ja r iin a r
zu einem Einfalle in Seeland aufreizte. Mitten unter
diesen Verwirrungen starb plötzlich Christopber I. zu
Ripen (1259), wie es heißt, von dem Domprobsten
Arnfaft beim Genuß des heiligen Abendmahles ver-
gifter.
Erich GI i p p i n g. (1259 — 128(1).
Da der Sohn des Königs, Erich Glipping,
nur erst 10 Jahre alt war, übernahm die verwittwete
KöNiginn, Margaretha, eine kluge und muthige Frau,
die vormundschaftliche Regierung des Reiches. Der
gefangene Erzbischof, Jacob Erlandsen, erhielt seine
Freiheit, fuhr aber nichts desto weniger in seinem
Trotze gegen den König fort, und Fürst Jarimar von
Rügen, der in Seeland eingefallen war, bezeichnete
seine Fortschritte mit den schrecklichsten Barbareien,
und schlug die gegen ihn aufgebotenen seelandischen
Bauern in einer blutigen Schlacht bei Nestved (1239),
wo an 10,000 Bauern sollen gefallen sein. Hiezu ka-
men die schleswigschen Unruhen, welche nach dern
Tode Herzogs Waldemar III. (1257) mit dessen Bruder
Erich, König Abels zweitem Sohne, entstanden. Erich
forderte das Herzogthum als ein Erblehn, die König-
inn wollte es ihm aber blos auf Lebenszeit überlassen.
ü
(15
In dem Kriege, der hierüber entstand, kam >:r^zur
Schlacht auf der Lohhaide in der Kroppharde, eine
Meile von Schleswig, welche die Dänen durch Ver-
rätherei der beiden Anführer, Peter Finsen und
Jver Tage sen, verloren, und wobei die Königin»
und der junge König gefangen genommen wurden (1261).
Im folgenden Jahre kam zwar die Königinn wieder frei,
auch 1263 der König, wogegen Herzog Erich .mit dem
Herzogthum Schleswig belehnt wurde.^-"
Bald nach ihrer Zurückkunft nach Dänemark suchte
nun Margaretha die Streitigkeiten mit dem unruhigen
Erzbischöfe beizulegen, und wandte sich deshalb an
den Papst Urban IV. nach Rom. Ein Legat, den
dieser sandte, sprach sich ganz zu Gunsten des Königs
aus, und der Papst machte es in einer strengen Zu-
schrift an den Erzbischof, diesen zum Vorwurf, durch
seinen Hochmuth und seine Bosheit die dänische Kirche
zu Grunde gerichtet zu haben. Urban starb aber bald
darauf, und Erlandsen eilte nun nach Rom, um sich
bei dem neuen Papste, Clemens IV., zu rechtfertigen.
Der neue päpstliche Legat, Guido, beschied den Kö-
nig und den Erzbischof nach Schleswig, die Sache zu
untersuchen, und belegte, als der König nicht kam,
das Reich aufs Neue mit dem Interdikt (1266). Zu-
letzt begab sich die Königinn nach Rom, und hier
wurde, nach langen Unterhandlungen, im Jahre 1273
ein Vergleich geschlossen, demzufolge der König 15,000
Mark löthigen'Silbers an den Erzbischof entrichten
'ind diesen wiederum in seinen Würden bestätigen
ollte. Erlandsen verließ nun Rom, um in sein
Lrzbisthum zurückzukehren, allein schon auf Rügen
5
über» rrt»tc ihn der Tod, und er betrat also nicht mehr
das dänische Reich, über welches er so großes Unglück
gebracht hatte.
Erich Glippings ganze Regierung war eine Kette
von innern Zwistigkeiten und äußern Kriegen. Der
norwegische König, Magnus Lagebeter, dessen Ge-
mahlin» eine Tochter von Erich Plougpenning war,
fing einen Seeräuberkrieg mit Dänemark an, weil ihm
die zugesagte bedeutende Mitgift seiner Gemahliun
nicht gleich ausbezahlt worden war. Die ansehnliche
Seemacht, welche Dänemark kurz vorher unter Walde-
mar dem Sieger gehabt hatte, war verfallen, und
daher wurden die wehrlosen Küsten und Städte gar
zu leicht eine Beute der Feinde, deren Grausamkeit
und Gewaltthätigkeit in diesem Kriege an die Raub-
züge der Wenden in früher» Zeiten erinnert. — Auch
an den bürgerlichen Unruhen in Schweden, wo die Brüder
Waldemar und Magnus mit einander um den Thron
kämpften nahm Erich Glipping Theil, gewann aber dabei
weder Vvrtheil noch Ehre. —
Mit dem fchleswigfchen Herzog Erich entspannen
sich bald neue Streitigkeiten, da dieser die oberrichterliche
Gewalt des Königs nicht anerkennen wollte. Erich
Glipping fiel 1271 in Südjütland ein, eroberte das
ganze Herzogthum, und behielt dasselbe 12 Jahre lang
unter der Krone. Im folgenden Jahre (1272) starb
Herzog Erich, und da sein Sohn Waldemar verge-
bens mit Südjütland belehnt zu werden suchte, Ver-
bündete er sich mit dem Norwegischen Könige, mit dem
aufrührerischen Erlandsen und mehreren gleichgesinnten
dänischen Großen. Seine Forderungen beschränkten sich
nicht nur auf Südjütland, sondern er verlangte außer-
m
dem Arröe, Alsen und Fehmern als väterliches Erbgut,
und ließ sich sogar mit Rechtsansprüchen auf den däni- y
schen Thron verlauten.
Es gelang aber Erich Glipping, den Herzog durch
List gefangen zu nehmen und ihn zu einem demüthigen
Bekenntniß seines Vergehens zu zwingen (1283).
Obgleich der Herzog geloben mußte, künftig ein treuer
und gehorsamer Vasall des Königs zu sein, so ent-
brannte er doch bald von Nachbegierde, und verband
sich nun mit mehreren mißvergnügten dänischen Adeli-
gen gegen den König, der auch durch seine Wort-
brüchigkeit und Ungerechtigkeit sowohl, als durch seine
zügellosen Sitten so berüchtigt war, daß er sogar auf
einem Dannehof zu Nyborg (1282) schriftlich hatte
versprechen müssen, eine bessere und gerechtere Regierung
zu führen. Da er aber dieses Versprechen nicht erfüllte,
so entstand bald neues Mißvergnügen, und 12 vor-
nehme Adelige vorschworen sich endlich, ihn umzubringen.
Die Häupter dieser Verschwörung waren der Marschall
Stig Andersen und Graf Jacob von Halland,
welche beive vom Könige persönlich beleidigt waren.
Als Mönche verkleidet gelang es diesen durch Hülfe
des königlichen Kammerdieners, Ranild Jonsen, den
König zu ermorden, als dieser nach gehaltener Jagd
in einer Scheune im Dorfe Finderup bei Wiburg
übernachtete (1386). Er war der dritte dänische Kö-
nig, der in eiuem Zeitraum von reichlich 30 Jahren
durch Meuchelmord fiel. Im Jahre 1266 starb Graf
Johann !. von Holstein, der älteste Sohn Adolph des
IV., während sein Bruder, Gerhard der 1., ihnß bis
1281 überlebte. Beive hatten 1247 ihr väterliches
Erbe getheilt, und wurde jener der Stifter der Kie-
ö *
ïtfd'en, bi t'fer ver Rendsburgischen Li N i e.
Graf Johann I. hinterließ mehrere Kinder, von denen
Adolph V. zn Segeberg residirte und 1308 ohne Lei-
beserben starb, Johann IL aber das Unglück hatte, daß
alle seine Söhne vor ihm starben, und sein Antheil
von Holstein bis auf die Stadt Kiel an die Rends-
bnrgischen Grafen verloren ging. Er selbst starb wahr-
scheinlich 1317.—
Erich Menved (1286 - 1319).
Der Sohn des ermordeten Königs, Erich Men-
ved, war bei dem Tode seines Vaters erst 12 Jahre alt,
weshalb seine Mutter, Agnes, während seiner Min-
derjährigkeit zur Negentinn ernannt wurde. Der Herzog
Waldernar von Schleswig wurde zum Mitvormnnd be-
stellt, und ihm die Inseln Arröe, Alfen und Fehmern
abgetreten; gegen die Königsmörder aber wurde strenge
verfahren, und neun derselben verurcheilt und für
friedlos erklärt. Diese hatten indessen eine Zuflucht
bei dem Könige von Norwegen, Erick Prä stehader
(Priefterhasser) gefunden, der auf Dänemark zürnte,
weil ihm das Erbtheil seiner Mutter vorenthalten wurde,
und unterstützt von diesen wütheten nun die Friedlosen
mit beispielloser Grausamkeit gegen ihr eigenes Vater-
land. Sie fielen mit Morden, Sengen und Rauben
über die offenen dänischen Küsten her, und legten viele
in der Nähe des Meeres belegenen Städte in Asche.
Der traurige Zustand des Reiches wurde noch ver-
schlimmert als ein neuer Kampf mit der Geistlichkeit
ausbyach. Der Erzbischof Johann Grand, vorher
Dompropst zu Roeskilde, hatte sich, bald nach seiner
Wahl zum Erzbischof, offen gegen den König erklärt,
6»
und sich mir den Feinden des Reichs verbunden. Der
König ließ ihn endlich durch seinen Bruder Christopher
gefangen nehmen, und nach dem Schlöffe Seeburg im
nördlichen Seeland bringen, wo er mit großer Härte
behandelt wurde. Nichtsdestoweniger fuhr er in seinem
Trotze gegen den König fort, und da es ihm nach
einiger Zeit gelang, aus seinem Gefängnisse zu entkom-
men uno nach Nom zu flüchten, wurde er hier vom
Papste Bonifacius Vlll. als ein Märtyrer der Kirche
empfangen, und Dänemark mit dem Interdikt belegt
(1298). Ein sehr demüthiges Schreiben des Königs
an den Papst, das der jütsche Dompropst Esger Juel
überbrachte, bewirkte endlich die Beilegung des ärger-
lichen Zwistes. Das Jnterdict wurde 1303 aufgehoben,
der König zahlte an Entschädigung 10,000 Mark Sil-
bers, und anstatt des Erzbischofs Johann Grand wurde
Jsarmus zum Erzbischof von Lund ernannt.
Während dieses Streites mit der Geistlichkeit hatten
die Friedlosen, in Verbindung mit den Norwegern und
heimlich unterstützt von den vielen verwandten adligen
Familien in Dänemark, ihre verwüstenden Verheerungen
fortgesetzt. Desto glücklicher war Erich Menved gegen
Herzog Waldemar von Schleswig, den er in einer-
blutigen Schlacht im Glönsund überwand, und ihn
dadurch nöthigte, die Verbindung mit den Friedlosen
aufzugeben und die Inseln Arröe, Alsen und Fehmern
wieder an die Krone abzutreten. — Im Jahre 1309
kam auch der Friede mit Norwegen zu Stande, wor-
nach ganz Hallanv an Hakon V. überlaffen wurde, und
mehrere der Friedlosen wieder in ihr Vaterland zurück-
kehrten. Diese aber fingen bald neue Unruhen an, und
abermals landflüchtig geworden, nahmen sie jetzt, da
70
Norwegen ihnen verschlossen war, ihre Zuflucht nach
Schweden; denn Erich Menved hatte auch, und noch
vor dem Frieden mit Norwegen, an den schwedischen
Angelegenheiten Theil genommen, und seinen Schwager,
König Birger, gegen dessen aufrührerische Brüder in
Schutz genommen. Verschiedene große Züge, die er
nach diesem Reiche unternahm, befestigten zwar Birgers
wankenden Thron, konnten ihn jedoch vor den endli-
chen Folgen seiner Unbesonnenheit und Grausamkeit
nicht schützen.
Auch in Norddeutschland suchte Erich Menved die
Herrschaft seiner Vorfahren wiederherzustellen, und zog
mehrere Male mit großen Flotten und Heeren über
das Meer. Ueberhaupt entwickelte Dänemark in den
schwedischen und norddeutschen Kriegen bedeutende
Streitkräfte; der treulose und aufrührerische Adel aber
schwächte den Erfolg, lähmte oft die Thätigkeit des
Königs. Auf einem Zuge nach Schweden (1309) ver-
ließen viele Adelige ohne Weiteres das königliche Heer;
sie stifteten Verschwörungen gegen das Leben des Kö-
nigs an, hetzten die Bauern in Nordjiitland'zum Auf-
ruhr auf, und vermehrten, landflüchtig geworden, die
Schaaren der Friedlosen. Der gefährlichste unter diesen
Aufrührern war des Königs eigener Bruder, Chri-
sto Pb er, der ein Bündniß mit Erich Menvedö aus-
wärtigen Feinden schloß, und in Verbindung mit den
Mördern seines Vaters die Küsten seines Vaterlandes
verheerte. In den letzten Regierungsjahren des Königs
brach auch wiederum ein Streit mit der Geistlichkeit
aus, da der frühere Freund des Königs, Esger Ju el,
der nach Jsarmus Tode zum Erzbischof von Lund er-
wählt worden war, ganz die Rolle von Jacob Erlandsen
71
und Johann Grand übernahm. Diesmal blieb jedoch
der König Sieger; das vom Erzbischof ausgesprochene
Jntervict hatte keine Wirkung, und er mußte endlich nach
Schweden flüchten, nachdem seine Festung Hammer-
huus auf Bornholm eingenommen war und die Born-
holmer freiwillig ihre Insel an den König übergeben
hatten.
Erich Menved starb 1319 nach einer 33jährigen
Regierung. Seine vielen Kinder waren alle durch einen
frühzeitigen Tod hingerafft worden, wodurch denn dem
schlechten Christopher der Zugang zum Throne eröffnet
ward. Erich Menved war ein edler, redlicher Mann,
und seine Rechtschaffenheit war so allgemein anerkannt,
daß fremde Fürsten ihn häufig in ihren Streitigkeiten
zum Schiedsrichter wählten; aber seine Prachtliebe unv
seine vielen Kriege, die nicht immer nothwendig waren,
brachten ihn in beständige Geldverlegenheit, und nöthig-
ten ihn, nicht nur große Theile des Landes, hauptsächlich
an deutsche Adelige, zu verpfänden, sondern auch die
Unterthanen mit Abgaben zu belasten, welches nicht
wenig zu den vielen Empörungen beitrug.
Von der Mitte des 13. Jahrhunderts an bildete
sich an den südlichen Küsten der Ostsee der sogenannte
Hansabund, der in der Geschichte Dänemarks sowohl
als der übrigen europäischen eine so bedeutende Rolle
gespielt hat. Anfangs bestand dieser Bund nur aus
10 bis 12 norddeutschen Städten, die sich zur Erwei-
terung und Sicherung ihres Handels in der damaligen
unruhigen Zeit mit einander vereinigten. Nach und
nach nahm ihre Anzahl so beträchtlich zu, daß der Bund
nach kaum einem Jahrhundert 80 Städte zählte, die so
7S
mächtig wurven, daß man ihre Gesandten überall wie
Könige empfing, sie andern Nationen Gesetze vorschrie-
ben und über Krieg und Frieden bestimmten. Ihre
Flotten bedeckten die Nordsee und den atlantischen
Ocean, und selbst England und Frankreich mußten sich
vor ihnen beugen. Der Hauptsitz ihrer Macht war
indeß die Ostsee, wo sie mit Ausschließung aller übri-
gen seefahrenden Nationen sich den Handel auf Däne-
mark, Norwegen, Schweden, Polen und Rußland zu-
cigneten. Die fortwährenden innern Unruhen, welche
in dem Zeitraum von 1240—1340 im Norden herrschten,
und namentlich Dänemark seiner Auflösung nahe brach-
ten, waren außer andern Umständen dem Aufblühen
des Hansabundes besonders günstig. — Was zuerst und
vornehmlich die hanseatischen Kaufleute nach Dänemark
lockte, war die wichtige Häriugsfischerci an den schoni-
schen Küsten. Schon in den ersten Jahren des 13.
Jahrhunderts, also noch ehe der Hansabund gestiftet
war, hatten besonders Lübeckische Schiffe diese Fischerei
im Sunde betrieben, und als Waldemar II. um eben
diese Zeit die Stadt Lübeck sich unterworseu hatte, suchte
er diese seine neuen Unterthanen durch die Ertheilung
großer Privilegien nicht allein in Ansehung der Fischerei,
sondern auch ihres Handels, sich geneigt zu machen
(1203). Als nachher die Lübecker von Dänemark ab-
gefallen waren (1226), hätten zwar ihre Privilegien
aufhören sollen; statt dessen aber erhielten dieselben nicht
lange darnach von König Abel, dem die Lübecker gegen
seinen Bruder, Erich Plougpenning, Hülfe geleistet hat-
ten, einen neuen Zuwachs, und alle diese Privilegien
gingen nun auch auf Wismar, Rostock, Stralsund und
Hamburg über. Unter Erich Glipping und Erich Men-
?3
ved erhielten diese Privilegien sogar eine solche Aus-
dehnung, daß es den Hanseaten erlaubt wurde, nicht
nur in Falsterboe und Skanör, sondern überall in
Dänemark, wo es ihnen beliebte, Handel zu treiben. —
Auf solche Weise aber ging nach und nach nicht nur
der ganze dänische Handel, sondern auch eine andere
wichtige Erwerbsquelle, die Fischerei, in die Hände der
Hansestädte über, und da diese auch den dänischen
Handwerksstand auf jede Weise zu drücken verstanden,
so mußte dadurch das Land verarmen, alle Kraft und
Betriebsamkeit aus den Städten verschwinden, und der
Bürgerstand Dänemarks in ein Nichts versinken.
Christopher 11. (1319—1332).
Nach Erich Menveds Tode (1319) war dessen
Bruder, Christopher, der nächste Erbe zum Throne,
aber Biele, die seinen schlechten Character kannten,
stimmten für den schleswigschen Herzog Erich, durch
dessen Erwählung dieses wichtige Herzogthum mit dem
Reiche wieder vereinigt werden würde. Nichtsdestowe-
niger gelang es Christophern, unterstützt von seinem
Halbbruder, dem Grafen Johann dem Milden von
Holstein, und den vielen mächtigen Familien, deren
Anführer er im Kampfe gegen Erich Menved gewesen
war, auf den Thron zu kommen. — Jetzt aber zeigten
sich die Folgen des beinahe 80 Jahre hindurch fortge-
setzten Kampfes, den Geistlichkeit und Adel gegen die
königliche Macht geführt hatten, iydem nemlich die Kö-
nige von jetzt an, ehe sie den Thron bestiegen, eine
Handfeste (Wahlcapitulation) ausstellen und beschwö-
ren mußten, die ihnen kaum einen Schatten von Macht
übrig ließ, dem Adel und der Geistlichkeit höchst unge-
rechte und nachtheilige Privilegien ertheilte, während die
Rechte des Bürger- und Bauernstandes gänzlich unbe-
achtet blieben. Diese Handfesten erhielten sich 340 Jahre
lang bis zur Einfiihrung der Souverainität. In der
von Christopher 11. am 25. Januar 1320 ausgestellten
Handfeste wurden zuerst der Geistlichkeit alle erworbe-
nen Rechte bestätigt, und dieselbe mit ihren Besitzungen
ganz von dem weltlichen Gerichte getrennt; auch sollten
geistliche Personen und geistliches Eigenthum von Steu-
ern und Lasten jeglicher Art befreit sein. Auf gleiche
Weise wurde der Adel in allen feinen Vorrechten be-
stätigt, und zugleich bestimint, daß derselbe nicht ver-
pflichtet sein solle, außerhalb des Reiches Kriegsdienste
zu leisten. Dem Könige dagegen lag es ob, alle Ade-
lige, die in seinen Diensten von den Feinden zu Ge-
fangenen gemacht wurden, binnen Jahresfrist auszulösen
und sie völlig zu entschädigen. Der König durfte ohne
Einwilligung des Adels und der Prälaten keinen Krieg
anfangen; Niemand durfte gefänglich eingezogen werden,
bevor er nicht erst auf den Landsthingen vorgeladen,
angeklagt und verurtheilt worden war, und von dem
Ausspruche dieser Thinge konnte an den alljährlich ge-
haltenen Dannehof zu Nyborg appellirt werden. Gesetze
konnten nur mit Bewilligung des ganzen Reiches ge-
geben werden, und endlich ward noch hinzugefügt, daß
alle seit Waldemar II. Regierung auferlegten Steuern
aufgehoben werden sollten, dagegen der König die vielen
von dem vorigen Könige verpfändeten Theile des Reichs
wieder einlösen solle. —
Christopher II. räumte Alles ein, was man ver-
langte. nm nur zur Krone zu gelangen; er war aber
95
nicht gesonnen, irgend eine der eingegangenen Verbind-
lichkeiten zu erfüllen. Daher legte er sogleich, sowohl
dem Adel als der Geistlichkeit, Steuern auf, zog Lehen,
die für Anleihen verpfändet waren, ein oder verkleinerte
sie, und erregte dadurch bald allgemeines Mißvergnü-
gen. Der Streit brach zuerst mit der Geistlichkeit aus,
da der König dem Erzbischöfe, Esger Juel, die
Insel Bornholm zurückzugeben verweigerte. Der Erz-
bischof, der vorher der beste Freund Christophers ge-
wesen war, so lange sie gegen ihrm gemeinschaftlichen
Feind, Erich Menved, kämpften, reis'te erbittert nach
Rom, fand beim Papste die bereitwilligste Unterstützung,
und als er einige Zeit darnach, mit einer Bannbulle
versehen, zurückkehrte, sah sich Christopher genöthigt,
nachzugeben und Bornholm abzutreten. Der Streit
zog sich jedoch noch mehrere Jahre hin, da der Mar-
schall Ludwig Albertsen, der mit Bornholm belehnt
war, die Insel nicht ausliefern wollte. — Mit dem Tode
dieses Erzbischofs endete der lange Kaknpf zwischen der
Kirche und dem Königthum, da jene jetzt Unabhängig-
keit vom Staate erlangt hatte; es trat bald ein freund-
schaftliches Verhältniß zwischen den Königen und der
Geistlichkeit ein, und die Bischöfe fingen an, gegen die
stets steigende Macht des Adels mit den Königen ge-
meinschaftliche Sache zu machen.
' Noch während des Streites mit der Geistlichkeit
erhob auch der Adel die Fahne des Aufruhrs gegen
den König, unter Anführung des Drosten, Lau ritz
Jonsen, des Marschalls Ludwig Albertsen und
des mächtigen Knud Porse von Halland, dem Chri-
stopher den Herzogstitel verliehen hatte. Christopher
wußte sieb indeß in den ersten 5 Jahren seiner Regie-
i
76
rung noch einigermaßen zu behaupten; als aber der
Herzog Erich III. von Südjütland (1312 — 1325) ge-
storben war, gerieth er wegen der Vormundschaft über
den jungen Herzog Waldemar mit dem Grafen
Gerhard dem Großen von Holstein, dem zweiten
Sohne Heinrichs I. von der Nendsburgischen Linie,
(1305 —1340) in einen Streit, der für Christopher
eine Quelle der bittersten Demüthigungen ward und
für Dänemark die unglückseligsten Folgen hatte. Chri-
stopher, der in Schleswig eingefallen war und fast das
ganze Land eingenommen hatte, wurde von Gerhard
dem Großen, welcher dem belagerten Gottorff zu Hülfe
geeilt war, gänzlich geschlagen, und da sich nun überall
die Mißvergnügten mit dem Sieger vereinigten, so
mußte Christopher nach einigem Widerstande Thron und
Reich verlassen und nach Mecklenburg flüchten. Nach
einem mißlungenen Versuch zur Wiedererlangung des
Reiches erklärten feine Feinde den Thron für erledigt,
und wählten auf Vorschlag des Grafen Gerhard den
Sohn seiner Tochter, Agnes, den schleswigschen Her-
zog Waldemar, zum König (1326). In der Handfeste,
die dieser ausstellte, wurde die Macht des Adels noch
mehr erweitert, und der neue König belohnte seine
Anhänger dadurch, daß er sie mit großen und wichti-
gen Theilen des Reiches belehnte. Ludwig Albertsen
erhielt das ganze Jellinge - Svffel mit den Städten
Ripen und Kolding, der Drost Lauritz Jonsen Lange-
lano und Arröe, Knud Porse Südhalland und die
Grafschaft Kallunvburg, Graf Johann von Holstein,
ein Sohn Gerhard II. oder des Blinden von der
Rendsburgischen Linie und durch seine Mutter Agnes,
die Wittwe des dänischen Königs, Erich Glipping,,
Halbbruder Christophers 11., (1314—1359) bekam Laa-
land, Falster und die Bestätigung von Fehmern, unv
Graf Gerhard endlich ganz Südjütland als ein erbli-
ches Lehn. — Allein diese Zerstückelung des Reiches
erregte bald allgemeine Erbitterung und Empörung in
mehreren Provinzen, und da die holsteinischen Grafen
zugleich über die Theilung der Beute in Zwist gerie-
then, so verband sich Christopher mit seinem Halbbru-
der, dem Grafen Johann dem Milden, und machte mit
dessen Hülfe so glückliche Fortschritte, daß Graf Ger-
hard 1330 zu Ripen einen Vergleich abschloß. Walde-
mar entsagte der Königswürde, und ward wieder Her-
zog von Südjütland, dagegen sollte Graf Gerhard
Fühnen als ein erbliches Lehn nebst einem großen Thcile
von Nordjütland als Pfand für 40,000 Mark erhal-
ten, und wenn Herzog Waldemar ohne Leibeserben
stürbe, sollte Südjütland, gegen Zurückgabe von Füh-
nen, an Gehrhard fallen; Graf Johann bekam für
geleistete Dienste außer Laaland und Falster auch See-
land und Schonen. — Durch so viele Aufopferungen
war Christopher zwar wieder in den Besitz der Krone
gekommen; doch konnte er noch nicht ruhen. Er ließ
sich uunöthig und übereilt in eine Streitigkeit der hol-
steinischen Grafen ein, und wurde, ehe sich Graf Jo-
hann, dessen Parthei er ergriffen hatte, mit ihm ver-
einigen konnte, 1331 am 31sten November auf der
Lohhaide von Gerhard geschlagen und zu einem neuen,
schädlichen Frieden gezwungen. Fast ganz Nordjütland
mußte jetzt als Pfand für 100,000 Mark an Gerhard
überlassen werden, und Dänemarks König besaß zuletzt
nur Skanderborg, einen Theil von Laaland und einige
Besitzungen in Esthland. In seinen letzten Tagen er-
S8
litt er noch die Kränkung, daß zwei Edelleute, Hein-
rich Bryde und Johann Ellemose, ihn in seiner
Wohnung zu Sarkjöbing überfielen, gefangen nahmen
und zu dem 6) rasen Johann brachten, der ihn aber
gleich in Freiheit setzen ließ. Kurz nach dieser tiefen
Demüthigung starb Christopher II. (1332), der schlech-
teste und unglücklichste König, der auf Dänemarks
Thron gesessen hat.
Zwischenreich. (1332 — 1340.)
Dänemark war nun nach Christopher II. Tode
acht Jahre lang ohne König und unter viele theils
fremde, theils inländische Herren getheilt, wobei es von
allen den Unglücksfällen zu leiden hatte, welches ein
solcher Zustand mit sich bringt. — Die uralten Pro-
vinzen, Schonen, Halland und Blekingen, standen ge-
gen die Deutschen auf, und begaben sich unter den
schwedischen König, Magnus Smäk, der die Summe,
für welche sie verpfändet waren, (34000 Mark) an den
Grafen Johann von Holstein auszahlte. Christophers
ältester Sohn, Otto, der einen unglücklichen Versuch
gemacht hatte, den Thron seiner Väter wieder zu ge-
winnen, befand fich in der Gewalt des Grafen Ger-
hard, der andere, Waldemar, lebte, vom Vaterlande
entfernt, am Hofe des deutschen Kaisers, und es schien
keine Hoffnung zu sein, daß diese Prinzen je in den
Besitz des väterlichen Reiches gelangen würden. —
Graf Gerhard der Große, der die Erbitterung des
Volkes, besonders in Nordjütland, gegen sich merkte,
hatte im Jahre 1340 mit dem Herzoge Waldemar V.
von Schleswig einen Tausch verabredet, wornach die-
to
fern Nordjütland anstatt des Herzogthums Schleswig
überlasten werden sollte. Die Nordsütcn aber, welche
nicht damit zufrieden waren, auf solche Weise ver-
tauscht zu werden, erhoben sich und suchten das Joch
abzuschütteln. Um den Aufstand zu unterdrücken zog
Graf Gerhard mit einem mächtigen Heere in Nord-
fütland ein, und raubte, sengte und mordete überall,
wo er erschien. Zuletzt ging er mit 4000 Mann nach
Randers; hier ward er aber von Niels Ebbesen,
einem jütischen Edelmann, der persönlich von Gerhard
beleidigt war, in der Nacht auf den ersten April 1340
überfallen und getödtet. Mit nur 60 Mann war
Niels Ebbesen in die von Soldaten ungefüllte Stadt
gedrungen und hatte den Grafen mit eigener Hand
erlegt. Diese That gab den ersten Anlaß zur Befrei-
ung Dänemarks. Die Holsteiner, welche ihr Haupt
und ihren Anführer verloren hatten, wurden jetzt
überall angegriffen und verjagt; Niels Ebbesen
aber fiel im Kampfe für sein Vaterland in einem Tref-
fen bei Skanderborg 1342.
Waldemar IV. oder Atterdag (1340 —1375.)
Gleich nach dem Tode des Grafen Gerhard des
Großen war Waldemar, Christvpher 11. jüngster Sohn,
in das Vaterland zurückgerufen, und nachdem der äl-
tere, Otto, der später in den deutschen Ritterorden
trat, auf jeglichen Anspruch auf den Thron verzichtet
hatte, auf dem Thinge zu Wiborg (1340) zum Könige
gewählt worden. Er vermählte sich mit Hedwig, der
Schwester des Herzogs Waldemar V. von Schleswig
5 (1^25 — 1364) und erhielt als Mitgift eine beträcht-
liche Summe Geldes, die an der Summe, für welche
Nordjütland verpfändet war, gekürzt wurde. Walde-
mar strebte nun besonders dahin, das zerstückelte Reich
wieder zu vereinigen, und nahm es dabei in der Wahl
der Mittel nicht sehr genau, indem er kein Bedenken
trug, durch List wieder zu gewinnen, was mit Gewalt
genommen worden war. So gelang cs ihm denn in weni-
gen Jahren beträchtliche Theile des Reiches, als ganz
Nordjütland, Seeland, Fühnen, Laaland und Falster
wieder an sich zu bringen, und er bewirkte dies theils
durch Kauf und kluge Unterhandlungen, theils durch
Gewalt, wobei er von dem gegen die Holsteiner auf-
gebrachten dänischen Volke allenthalben unterstützt
ward. Um die nöthigen Geldmittel zu den vielen
Ausgaben, die er dabei zu machen genöthigt war, her-
beizuschaffen, mußte er den Untcrthanen große Lasten
auflegen, wofür er aber auf einem Reichstage in Ring-
stedt (1349) genaue Rechenschaft ablegte. Auch ver-
kaufte er die entlegene und für Dänemark unnütze
Provinz Efthland an die deutschen Ritter für 19000
Mark, für welche Summe andere wichtigere Theile des
Reiches eingelös't wurden. Dabei verlor er die scho-
nischen Provinzen nicht aus den Augen, und da es
damals in Schweden sehr unruhig herging, so durfte
der kluge König wohl auf eine günstige Gelegenheit
hoffen, auch diese Provinzen wieder an das Reich zu
bringen. ,
Unter dem Adel aber, der sich in der früheren
unruhigen Zeit an Gewaltthätigkeit und Eigenmächtig-
keit gewöhnt hatte, und sich in die strenge Gerechtig-
keit, welche Waldemar sowohl gegen Hohe als Niedere
übte, nicht finden konnte, entstanden Partheien gegen
den König, und die Bauern, die sich über die ihnen
vom Könige auferlegtcn schweren Lasten und Arbeiten
beklagten, schlugen sich an mehreren Orten auf die
Seite des aufrührerischen Adels. Die Unzufrieden-
heit war namentlich in Jütland groß, und hier mußte
der König mehrere - Jahre lang mit den Aufrührern
kämpfen, welche von einem holsteinischen Edelmann,
Klaus Limbeck, angeführt wurden, der sowohl in
Nord- als in Südjütland ausgedehnte Besitzungen
hatte, und von den holsteinischen Grafen, dem Herzoge
von Schleswig und den Hansestädten in Pommern und
Mecklenburg Unterstützung erhielt. Mit den Grafen
von Holstein kam 1358, durch Vermittelung des Her-
zogs Barnim von Stettin, ein Vergleich zu Stande,
und , endlich wurde 1360 ein Reichstag zu Kallund-
burg gehalten, auf welchem auch die Streitigkeiten des
Königs mit dem Herzoge von Schleswig und dem
aufrührerischen nordjütischen Adel beigelegt wurden.
In der Verordnung, die der König hier erließ, ver-
pflichtete er sich, die alten Gesetze und Gewohnheiten,
so wie die wohlhergebrachten Rechte des Adels, der
Geistlichkeit, der Bürger und Bauern aufrecht zu er-
halten, und alle Anwesende versprachen, dem Könige
hierin beizustehen und nach besten Vermögen über
Friede und gesetzliche Ordnung im Lande zu wachen.
In demselben Jahre sah König Waldemar auch
seinen langehegten Wunsch erfüllt, die schonischcn Pro-
vinzen wieder mit dem Reiche zu vereinigen. In
Schweden lag nemlich König Magnus Smäk in be-
ständigem Streit mit dem unbändigen Adel feines
Reiches und mit seinen eigenen Sohn und Mitregen-
ten Erich. Um sich gegen diese zu schützen, schloß
er ein Bündniß mit Waldemar, und bei Gelegenheit
eines Besuchs, den er 1359 in Begleitung seiner Ge-
mahlin Blanca und seines Sohnes Hagen bei Wal-
demar abstattete, wurde, um den Bund beider Könige
zu befestigen, der Prinz Hagen mit Waldemars damals
siebenjähriger Tochter Margaretha verlobt, Walde-
mar zog darauf (1360) nach Schonen hinüber, be-
setzte das ganze Land und erhielt vom Könige Mag-
nus die Auslieferung aller Schonen betreffenden
Schriften, die er sogleich vernichtete. — Darauf rü-
stete sich Waldemar zu einem Zuge nach Wisby auf
Gothland, damals einer der reichsten Handelsstädte
und der Hauptstapelplatz für den Handel der Hanse-
städte auf der Ostsee. Die Stadt ward eingenommen,
ihre Mauern niedergerissen und eine große Beute ge-
macht. Von der Zeit an sank das Ansehen der Stadt
Wisbv, ein Theil ihres Handels zog sich nach dem
jetzt aufblühenden Kopenhagen, von ihrer ehemaligen
Herrlichkeit blieb nur die Sage übrig, und Waldemar
nahm nach Eroberung Gothlands den Titel: „König
der Gothen" an. Diese glücklichen Unternehmungen
aber brachten alle seine vorigen Feinde wieder in Be-
wegung. Das schwedische Volk nöthigte Magnus
Smäk, die Verlobung seines Sohnes mit Margaretha
aufzubeben und Dänemark den Krieg zu erklären; die
Grafen von Holstein, deren Schwester Elisabeth, eine
Tochter Gerhards des Großen, jetzt Hagen zur Ge-
mahlin bestimmt ward, der Herzog Waldemar von
Schleswig und Herzog Alb recht der Aeltere von
Mecklenburg errichteten mit den Hansestädten ein Bünd-
niß gegen Waldemar. Sieben und sieben zig
Hansestädte sandten dem Könige eben so viele Fehde-
s>3
Briefe. Der König aber scherzte über ihren Zorn, zer-
theilre bald durch Gewalt und List den mächtigen Bunv,
und die dänische Flotte, von der man nach einem lan-
gen Zwischenräume wieder reden hört, kämpfte siegreich
gegen die Hansestädte. — Die Prinzessin Elisabeth von
Holstein, deren Vermählung mit Hagen durch Procu-
ration im Oktober 1352 zu Plön gefeiert worden war,
und wobei es ihre Brüder, die Grafen Heinrich II.
oder der Eiserne und Claus an keiner Pracht hat-
ten fehlen lassen, -schisste sich bald darauf nach Schwe-
den ein, ward aber durch Sturm an die dänische Küste
verschlagen, wo Waldemar sie zwar mit der größten
Artigkeit empfing, aber nicht gestatten wollte, daß sie
in einer so späten Jahreszeit sich wieder aufs Meer
wagte. Der König sandte inzwischen Eilboten an
Hagen und Magnus Smäk, die sich sogleich einfanden,
worauf die Vermählung zwischen Hagen und Mar-
garethe geschlossen ward (1363). Die unglückliche Eli-
sabeth vertauschte den ihr bestimmten Thron mit einer
Klosterzelle. —
Dieses Verfahren Waldemars erbitterte seine
Feinde noch mehr. Die Schweden setzten Magnus
Smäk ab, schlossen seinen Sohn Hagen von der Thron-
folge aus, und wählten Albrecht von Mecklen-
burg, Schwestersohn des Magnus Smäk, und Sohn
des Herzogs Albrecht des Aeltern, zum Könige, und
das Bündniß der Hansestädte mit Holstein, Mecklen-
burg und Schweden erneuerte sich. Mehrere Jahre
hindurch hielt Waldemar den Sturm aus, als aber
1368 der Herzog Heinrich von Schleswig (1364
bis 1375) und ein großer Theil des jütischen Adels
mit den Feinden des Reiches gemeinschaftliche Sache
6*
m
machten, sah sich der König genöchigt, Dänemark zu
verlassen und im Auslande Hülfe zu suchen. Während
der Zeit wurden fast alle Theile des Reiches von den
Feinden angegriffen und verheert, bis es dem klugen
Henning Pudbusk, den Waldemar in seiner Abwe-
senheit zum Reichsverweser ernannt hatte, gelang, die
Hansestädte von dem Bunde zu trennen. Es wurde
diesen der freie Handel durch ganz Dänemark zuge-
standen und die schonischen Seestädte nebst den dazu
gehörigen Flecken und Harden auf 15 Jahre über-
lassen. Waldemar kam darauf 1372 wieder in sein
Reich zurück, und stellte durch seltene Klugheit und uner-
müdliche Thätigkeit die Ordnung im Lande wieder her.
Er machte noch 1374 einen Einfall rn Nordfriesland,
dessen Einwohner, welche die Entrichtung von Abgaben
verweigert hatten, hart gezüchtigt wurden, und als
1375 Herzog Heinrich von Schleswig kinderlos starb,
und mit ihm der Mannsstamm des Königs Abel er-
losch, ging Waldemar mit einem Heere nach Südjüt-
land, zog das Herzogthum als ein hcimgefallcnes Lehn
ein, und besetzte die wichtigsten Städte und Festungen.
Aber die Grafen von Holstein, welche nach dem Ver-
gleich zu Rissen (1330) Anspruch auf Südjütland
machten, rüsteten sich ebenfalls, und ein ernstlicher
Waldemar noch in demselben
Waldemar erhielt seinen Beinamen Attervag,
entweder weil es durch ihn in der Geschichte Däne-
marks wieder Tag zu werden begann, oder weil er
sich öfters der Redensart bediente: „I Morgen er
dct alter Dag" (Morgen ist wieder ein Tag). Der
gemeine Mann nannte ihn Waldemar den Bösen,
weil er die Gesetze mit aller Strenge handhabte uns
dem Lande große Steuern auflegte; Dänemark hat
aber wenige Könige gehabt, deren Verdienste um das
Vaterland mit denen Waldemar Atterdags verglichen
werden können. Ungeachtet er unaufhörlich mit inner»
Feinden zu kämpfen hatte, gründete er nicht nur den
Staat aufs Neue, sondern sorgte auch auf mannigfal-
tige Weise für die innere Verbesserung desselben. Da-
bei fehlte es ihm dennoch nicht an Zeit, häufige Rei-
sen nach dem Auslande zu unternehmen, wo er als
geschickter Unterhändler stets willkommen war; ja er
machte sogar eine schnelle Wallfahrt nach dem fernen
Palästina.
Unter Waldemar Atterdag wüthete in Dänemark,
Schleswig und Holstein (1348 — 1351) die verhee-
rende Seuche, welche unter dem Namen des schwar-
zen Todes bekannt ist. In Lübeck sollen innerhalb
24 Stunden 2500 Menschen und 90,000 in einem
Sommer gestorben sein. Im Herzogthum Schleswig
blieb kaum der fünfte Theil der Einwohner übrig, und
in Dänemark soll an manchen Orten kaum der hun-
dertste Mensch am Leben geblieben sein.
Im Jahre 1362 traf auch die westlichen Küstcn-
gegenden von Schleswig und Holstein eine große Ue-
berschwemmung, die unter dem Namen „de grote
Mandrank", d. i. die große Menschenersäufung, be-
kannt- ist, und wobei in Nordfriesland allein an 30
Kirchspiele sollen untergegangen sein.
Oluf (1375 — 1387).
Der Mannsstamm des estridtschen Königshauses,
war mit dem Tode Waldemar Atterdags und des Her-
zogS Heinrich von Schleswig (1375) erloschen, und
nun waren Albrecht von Mecklenburg, ein Sohn
Jngeburgs, der älteren Tochter Waldemars und des
Herzogs Heinrich von Mecklenburg, und Oluf, ein
Sohn des norwegischen Königs Hagen und der jüng-
sten Tochter Waldemars, Margaretha, die nächsten
Thronerben. Allein die seit langer Zeit feindselige
Gesinnung des mecklenburgischen Hauses gegen Däne-
mark und Albrechts eigene Unklugheit, der, ohne nach
der Einwilligung der Stände zu fragen, schon den Kö-
ru'gstitel angenommen hatte, auch sogar ein Bündniß
mit den Feinden Dänemarks, den holsteinischen Grafen,
schloß, machten es, daß Oluf die meisten Stimmen ge-
wann und zum Könige gewählt wurde. Die Hand-
feste, welche Hagen und Margaretha für ihren sechs-
jährigen Sohn Unterzeichneten, stimmte im Ganzen mit
den frühem von 1320 und 1326 überein.
Albrecht von Mecklenburg, unterstützt von seinem
Vaterbruder, dem Könige Albrecht von Schweden,
don den holsteinischen Grafen und mehreren deutschen
Fürsten, suchte seine Ansprüche auf Dänemark mit Ge-
walt geltend zu machen; als aber seine Flotte durch
Sturm zerstreut worden war, schloß er nebst seinen
Bundesgenossen einen Waffenstillstand, und Margaretha,
die für ihren unmündigen Sohn das Reich verwal-
tete, ließ die holsteinischen Grafen, die sie von der
Verbindung mit Schweden und Mecklenburg abzuziehen
wünschte und die sich gleich nach Waldemars Tode des
Herzogthums Schleswig bemächtigt hatten, vorläufig in
dem Besitze desselben, bis man über einen endlichen
Frieden einig werden könne. — 1380 starb König
Hagen, und Oluf wurde nun auch König von Norme-
gen. Dies war der Anfang der Vereinigung dieses
Reiches mit Dänemark, weiche später ununterbrochen
434 Jahre hindurch währte, bis sie durch fremde Ge-
walt aufgehoben ward.- Diese Regierungsveränderung
suchte der König von Schweden für seine Ansprüche
auf Schonen zu nützen, und der jüngere Albrecht von
Mecklenburg hatte seine Absicht auf die dänische Krone
keineswegs aufgegeben. Beide drohten daher täglich
mit einem EinfaÜe in das Reich, und obgleich die
Hansestädte (1375) Schonen ohne Weigerung an Dä-
nemark zurückgegeben hatten, so konnte man ihrer
Freundschaft doch wenig trauen. Margaretha beschloß
daher zuletzt, damit nicht die Grafen von Holstein sich
mit ihren übrigen Feinden vereinigen mögten, diesen
das Herzogthum Schleswig als ein erbliches und
unthcilbares Lehn zu überlassen. Graf Claus von
Holstein, Gerhard des Großen Sohn, der unbeerbt
war und 1397 mit dem Ruhme eines gütigen, tapfern
und weisen Regenten starb, überließ seine Rechte an
die Söhne seines 1381 verstorbenen kriegserfahrenen
Bruders, Heinrich des Eisernen, Gerhard, Albert
und Heinrich, so daß Gerhard VI. Herzog von
Schleswig mit der Verpflichtung, dem König von Dä-
nemark als ein treuer Vasall mit einer bestimmten An-
zahl von Kriegern in den Krieg zu folgen. Ger-
hard VI. war der erste, welcher sich Herzog von
Schleswig nannte; alle übrigen Regenten hatten
sich gewöhnlich Herzoge von Jütland, oder auch,
wiewohl selten, von Südjütland genannt. —
Im Jahre nach dieser Begebenheit (1387) starb
Dluf, erst 17 Jahr alt. Ein Betrüger, der einige
Jahre später austrat, und sich für den verstorbenen
88
Oluf ausgab, erregte einiges Aufsehen, ward aber bald
ergriffen und bei Falsterboe in Schonen lebendig ver-
brannt. —
Margaretha, als Königin» von Dänemark
und Norwegen. (1387 — 1397.)
Als durch Olufs Tod der Thron erledigt worden
war, erwählten die Dänen Margaretha, die sich durch
die Verwaltung des Reiches während der Minderjäh-
rigkeit ihres Sohnes allgemeine Liebe und Hochachtung
erworben hatte, zur Reichsverweserin, und in Norwe-
gen ward sie bald darauf als lebenslängliche Negen-
rht anerkannt, wo auch der Reichsrath sich bereit er-
klärte, auf ihren Wunsch, Erich von Pommern, den
Sohn ihrer Schwesiertochter, zum König zu wählen.
König Albrecht von Schweden, welcher wegen
seiner Verwandtschaft mit dem norwegischen Königs-
Hanse gehofft hatte, auch König von Norwegen zu
werden, und sich nun getäuscht sah, wurde dadurch
zur heftigsten Erbitterung gegen Margaretha entstammt.
Er haßte sic schon vorher, weil sie seinen Brudcrsohn
von dem dänischen Throne verdrängt hatte, und hatte
sie lange mit den unwürdigsten Schimpfreden verfolgt.
Jetzt griff er zu kräftigern Maaßregeln und rüstete sich
zu einem Einfalle in Dänemark. Er nannte sich Kö-
nig von Norwegen, und als bald darauf sein Bruder-
sohn starb, nahm er auch den Titel eines Königs von
Dänemark an. Während er aber so nach dreien
Kronen strebte, verlor er die eine, welche er besaß.
In Schweden waren die mächtigen Großen längst
Unzufrieden mit Albrechts Regierung; diese ließen sich
Ke-
in eine Verbindung mit Margaretha ein, und in dem
Kriege, der nun ausbrach, entschied die Schlacht bei
Falkjöping in Westgothland (24. Febr. 1389) auf
lange Zeit das Schicksal des Nordens.
In dem folgenden Jahre (1390) starb Graf
Adolph VII. von Holstein (1359 - 1390,), der den
wagrischen Anthcil besaß, der Sohn Johann des Mil-
den. Er hatte schon in den letzten Negierungsjahren
seines Vaters an den Angelegenheiten des Landes
Theil genommen. Mit dem dänischen Regentenhause
näher verwandt, als die andern Grafen von Holstein,
die Nachkommen Gerhard des Großen, hatte er auch,
wie sein Vater, in minder feindlichen Verhältnissen zur
Krone Dänemark gestanden, und war 1364 von Wal-
demar Atterdag mit der Insel Fehmern belehnt wor-
den. Neigung zum Frieden und zur Verträglichkeit
zeichneten ihn aus. Da er keine Nachkommen hinter-
ließ, so wurden seine Lande, nachdem man sich darü-
ber mit der Schauenburgischen Linie verglichen hatte,
an den Grafen Claus und dessen Brudersöhne, Ger-
hard, Albert und Heinrich vererbt.
Nach der Schlacht bei Falkjöping dauerte der
Kampf in Schweden noch bis ins siebente Jahr fort,
da besonders die Stadt Stockholm hartnäckigen Wider-
stand leistete. Von außen- durch die Dänen bestürmt,
wüthete in ihrem Innern eine schwedische und deut-
sche Parthei, die sogenannten Kappend rüder, und
die Stadt litt furchtbar; dennoch verzögerte sich ihre
Uebergäbe um mehrere Jahre, da sie durch deutsche,
Kaper, Victualien-Brüder genannt, immer neue
Zufuhr von Lebensmitteln erhielt. Diese Kaper waren
mehrere Jahre hindurch eine schreckliche Plage für die
90
dänischen Gewässer, und da sie zuletzt weder Freund
noch Feind verschonten, und der Handel der Hanse-
städte durch ihre Räubereien gestört ward, so suchten
diese die Freilassung Albrechts, der bisher auf dem
Schlosse Lind Holm in Schonen als Gefangener ge-
sessen hatte, .¿u bewirken, und nach langwierigen Un-
terhandlungen kam endlich 1395 ein Vergleich zu
Stande. Albrecht bekam seine Freiheit, und Stock-
holm wurde auf 3 Jahre an die Hansestädte über-
lassen, nach Verlauf dieser Zeit aber, da Albrecht die
60,000 Mark Silbers, für welche dieselbe verpfändet
war, nicht zahlen konnte, an die Königin Margaretha
übergeben. \
Nachdem so Albrechts Anhänger überwältigt wa-
ren, suchte Margaretha ihrem Mündling, Erich von
Pommern, dem man in Dänemark und Norwegen
schon als König gehuldigt hatte, auch die schwedische
Krone zu verschaffen. Die schwedischen Stände gaben
den dringenden Vorstellungen Margaretha's endlich
nach, und Erich empfing nun an: 11. Juni 1396 auf
dem Morastein bei Upsala die Huldigung als König
von Schweden. Darauf versammelten sich im Anfänge
des Jahres 1397 Abgesandte von Dänemark, Norwe-
gen und Schweden zu Calmar, und nachdem der da-
mals 16jährige Erich von den Erzbischöfen von
Lund und Upsala feierlichst gekrönt worden war, wurde
hier am 20ftrn Juli 1397 der Entwurf zu einer im-
merwährenden Verbindung oder Union, zwischen Dä-
nemark, Norwegen und Schweden veröffentlicht. Nach
diesem Entwürfe — Calmarische Union — sollten
die 3 Reiche bis auf ewige Zeiten unter einem Kö-
nige stehen, jedes Reich nach seinen eigenen Gesetze»
und Gewohnheiten regiert werden, in Fällen feindli-
chen Angriffes aber zu gegenseitiger Hülfsleiftung ver-
bunden sein. —
Margaretha hatte so das Ziel erreicht, nach wel-
chem sie so lange und klug gestrebt hatte, und ihr gro-
ßer Gedanke war, die 3 nordischen Reiche zu einem
Staatenbund zu vereinigen, dadurch die Macht der
Hansestädte zu brechen, die gefährlichen Anfälle Ruß-
lands auf Schweden und das Eindringen der Deutschen
in Dänemark für immer abzuwehren und durch die
Beherrschung der Nord- und Ostsee, so wie durch die
Begründung eines eigenen blühenden Handels dem
Norden Kraft und Wohlstand zu geben. Daß aber
die nordische Union niemals das ward, was ihre
große Stifterin bezweckt und gehofft hatte, lag in meh-
reren Umständen, deren Aenderung nicht irr Marga-
rethens Macht stand. Die alte Eifersucht der vormals
getrennten Reiche blieb, und besonders klagte man in
Schweden, wo der übermächtige Adel an Aufruhr ge-
wöhnt war, bald über Zurücksetzung; auch lag für
das schwedische Nationalgcfühl etwas Verletzendes in
dem Umstande, daß die Vereinigung von Anfang an
durch Waffengewalt war bewirkt worden. In Nor-
wegen dagegen war die Stimmung besser, da dies
Reich friedlich an Oluf vererbt, und Erich von Pom-
mern ebenfalls in weiblicher Linie mit dem norwegi-
schen Königshause verwandt war. — Eine Hauptsache
der kurzen Dauer der Union lag endlich auch an der
mangelhaften Beschaffenheit des ersten Entwurfes der-
selben, da dieser nicht nur keine erbliche Negierung
festsetzte, sondern nicht einmal irgend eine Regel für
die Köm'gswahl angab. Auch waren die Unions-Kö-
»s
nige, bis auf den letzten, wenig begabte Männer-, und
dieser letzte, Christian II., besaß zwar große Fähigkei-
ten, aber sein heftiger Character beschleunigte nur die
längst drohende Auflösung. —
Während die calmarische Union für Schweden
wohlthuend wirkte, wo sich in den Kämpfen mit Däne-
mark ein kräftiger Bürger- und Bauernstand ent-
wickelte, waren die Folgen für Dänemark selbst trau-
rig; denn hier sanken diese Stände in eben dem
Maaße, als sie in Schweden sich hoben, und als der
dänische Adelstand durch Verbindung mit dem mächti-
gen schwedischen Adel und durch die Errichtung eines
Reichsrathes an Macht und Einfluß gewann. Der
frühere Lehnsadel, der mit den ertheilten Privilegien
auch zu Kriegsdiensten und andern Lasten verpflichtet
war, und rein persönlich crtheilt wurde, ging in
der Folge der Zeit in einen von Abgaben und Pflich-
ten völlig freien Erbadel über, der eifersüchtig darüber
wachte, daß seine Privilegien, seine Macht und Neich-
thümer keinem andern als ihm selbst und seinen Nach-
kommen zu Gute kämen. Ein großer Theil der ehe-
maligen Krongüter ging bei dieser Veränderung in
den erblichen Besitz des Adels über, der bald durch
Schenkungen der Könige für ihnen geleistete Kriegs-
dienste, durch Verpfändungen, die niemals eingelös't
wurden, auch nicht selten durch ungerechte Processe und
durch Gewaltthätigkeiten seine Neichthümer zu vermeh-
ren wußte. — Es entstanden setzt mit der erlangten
innern Festigkeit des Adelstandes auch äußerliche Ein-
richtungen, als Adelsbriefe, feste adelige Wappen und
Schildzeichen, adelige Geschlechtsnamen, wodurch die
Trennung zwischen Adeligen und Nichtadeligen noch
0.1
mehr hervortrat, unv unter den Adeligen selbst bildeten
sich Verschiedene Classen mit verschiedenem Range. —
Von entscheidendem Einfluß auf die Befestigung
der adeligen Gewalt war auch besonders die Errich-
tung eines Reichsrathcs. Schon in früherer Zeit
wird eines königlichen Rathes erwähnt; allein
die Mitglieder desselben waren in ihrer amtlichen Stel-
lung ganz vom Könige abhängig. Am Schlüsse des
14. und zu Anfang des 15. Jahrhunderts bildete sich,
nach dem Beispiele Norwegens und Schwedens, aus
diesem Nathe ein selbstständiger Reichsrath mit
bestimmten durch die Handf.sten bestätigten Gerechtsa-
men, der namentlich in dem Zeiträume von 1375 bis
1407, während Dänemark unter vormundschaftlicher
Regierung stand, sich zu einer außerordentlichen Wich-
tigkeit im Staate emporschwang, und besonders unter
der kraftlosen und schlechten Negierung Erichs von
Pommern zu großer Macht gelangte. Durch die Ein-
richtung des Neichsrathes wurde die Staatsverfassung
Dänemarks wesentlich verändert, und der Adel erhielt
dadurch einen bisher vermißten Mittelpunkt, von wel-
chem aus er mit größerer Einheit und Sicherheit an
der Einschränkung der königlichen Macht und derJEr-
weiterung seiner Privilegien arbeiten konnte.
Die Anzahl der Reichsräthe, welche aus dem Adel
der verschiedenen Provinzen des Reichs vom Könige
erwählt wurden, und zu welchem auch, vermöge ihrer
amtlichen Stellung, der Erzbischof, die sämmtlichen
Bischöfe und einige Prioren der wichtigsten Klöster
gehörten, war nicht zu aller Zeit gleich groß, wurde
aber endlich auf 23 festgesetzt. Die drei ersten Plätze
im Reichsräthe nahmen der Drost, später der Hof-
94
Meister, der königliche.Kanzler und der Mar-
schall ein, nach diesem folgte der Erzbischof, die
Bischöfe und die Prioren, und endlich die übrigen
weltlichen Rache nach ihrem Dienstalter. In dem
frühem Thcile des Mittelalters besorgten die Könige
ihre Negierungsgeschäfte durch einen Stall er, einen
Küchenmeister und einen Mundschenk, welche
verschiedenen Zweigen der Hofhaltung Vorständen,
so wie durch einen Kämmerer, der die Aufsicht
über die königlichen Einkünfte führte, und einen Hof-
caplan, welcher, als der einzige Mann von gelehr-
ter Bildung am Hofe, alle schriftlichen Geschäfte voll-
zog. Später wurden diese Geschäfte anders vertheilt
und andere Amtsnamcn gebräuchlich, als: Reichs-
kanzler, welchem die Rechtspflege übertragen war,
und königlicher Rentmeister, der die königlichen
Einkünfte verwaltete. An die Stelle des HofcaplanS
trat ein königlicher Kanzler, der, wie jener, ein
hoher Geistlicher war, den Briefwechsel des Königs
führte, und außerdem alle auswärtigen Angelegenheiten
zu leiten hatte. Der Marsch all hatte die oberste
Leitung der Kriegsmacht zu Wasser und zu Lande, bis
im 16ten Jahrhundert ein Reichsadmiral angesetzt
ward, um dem Seewesen vorzuftehen.
é
v
05
Vierter Zeitraum.
Don der calmarischen Union bis zur Einführung der Re-
formation, oder von 1397 — 1536.
Margaretha, als Kömginn der drei nordischen Reiche.
(1397 — 1412.)
Nachdem Margaretha die Vereinigung der drei
nordischen Reiche zu Stande gebracht hatte, suchte sie
Schleswig wieder zurück zu gewinnen. So lange
Gerhard VI. lebte, kam es indeß zu keinen offenen
Feindseligkeiten zwischen ihm und der Königinn, und
als der Herzog auf einem Zuge gegen die Dith-
marscher gefallen war (1404) und drei unmündige
Söhne, Heinrich, Adolph und Gerhard, hinter-
lassen hatte, nahm die Sache eine ganz neue Wen-
dung. Die berwittwete Herzogin Elisabeth, von den
Dithmarschern sowohl als von dem Bruder ihres ver-
storbenen Gemahls, dem Grafen Heinrich, Bischof
zu Osnabrück, und dem schleswigschen Adel bedrängt,
mußre sich mit ihren Kindern der Königinn in die Arme
werfen. Margarethe wußte diese Gelegenheit so zu
benutzen, daß sie, nach dem Beispiele ihres Vaters,
theils durch Kauf, theils durch Pfand und kluge Un-
terhandlungen sich bereits in den Besitz von ganz
Schleswig gesetzt hatte, als endlich Elisabeth einsah,
daß ihr mit der Freundschaft der Königinn nicht gedient
sei. Sie schloß daher mit ihrem Schwager, dem Gra-
fen Heinrich, ein Bündniß, und nun brach ein Krieg
aus, der mit abwechselndem Glücke geführt wurde.
Margaretha erlebte nicht das Ende dieses Krieges;
L sie starb im Jahre 1812 in Flensburg, wohin sie sich
begeben hatte, um Friedensunterhandlungen mit Elisa-
beth anzuknüpfeu. Sie zeichnete sich durch tiefe Staats-
klugheit aus, die sie nicht nur in der Leitung der
, äußern Angelegenheiten des Reiches, sondern auch eben
so sehr in der innern Verwaltung der drei nordischen
Reiche an den Tag legte. Der trotzige Adel in
Schweden und Dänemark mußte sich vor ihrem mäch-
tigen Geiste beugen, und jeder Unordnung und Ge-
waltthätigkeit in ihren Reichen wußte sie durch zweck-
mäßige Anordnungen zu steuern. Gegen Kirchen und
Klöster war sie sehr freigebig, und mit der Geistlich-
keit, der sie beständig schmeichelte, stand sie in den
freundschaftlichsten Verhältnissen. Um die Nationen
mit einander zu verschmelzen, ernannte Margaretha
viele Dänen zu Beamten in Schweden, so wie sie
auch umgekehrt Schweden als Beamte in Dänemark
ansetzte. Dieses aber in Verbindung mit einigen
Schatzungen, welche sie in Schweden ausschricb, be-
wirkte, daß sie daselbst weniger beliebt war, als in
Dänemark und Norwegen.
Erich von Pommern. (1412 — 1439.)
Bereits im Jahre 1407 war Erich mündig er-
klärt und zum Mitregenten und Nachfolger Mar-
garetha's ernannt worden; allein die Königin» führte
doch bis an ihren Tod das Regiment, und es wäre
97
ein Glück für das Reich gewesen, wenn sie langer
gelebt hätte. Erich war ein unverständiger König, der
seinem großen Beruf, den ganzen Norden zu regieren,
nicht gewachsen war. Während veS 25; äh rigen frucht-
losen Krieges, den er mit den schlcswigschen Herzogen
führte, schwächte er die Kräfte des Staats und legte
den Grund zu einem Mißvergnügen, das nicht allein
den ersten Bruch der Union herbeifiihrte, sondern ihn
auch endlich der Krone beraubte. Der kurz vor Mar-
garetha's Tode geschlossene Vertrag wurde gebrochen,
und Erich beschied die jungen Herzoge zu einer Zusam-
menkunft in Nyborg (1413). Hier wurden sie aus mehre-
ren angeblichen Gründen ihres Herzogthums verlustig
erklärt, welches Urtheil der Kaiser Sigismund bestätigte.
Allein die herzogliche Parthei konnte mit dieser Ent-
scheidung nicht zufrieden sein, und der Krieg brach mit
erneuerter Heftigkeit aus. Der König besetzte mehr-
mals das Herzogthum mit großen Truppenmassen, mußte
aber immer der weit geringeren Macht der Feinde
weichen, und konnte, trotz aller Anstrengung, nicht das
Schloß Gottorff erobern. Nachdem der Krieg 14 Jahre
lang geführt worden war, überließ Erich dem Kaiser
Sigismund die richterliche Entscheidung der Sache.
Dieser entschied ganz zu Gunsten Erichs, welcher nun,
da er die ganze Sache hiemit für abgemacht hielt, eine
höchst unzeitige Reise nach dem heiligen Lande antrat.
Die Herzöge aber wollten natürlich den kaiserlichen
Richterspruch nicht gelten lassen, und daher fing der
Krieg nach der Zurückkunft des Königs wieder an.
Erich fiel abermals in Schleswig ein, und belagerte
Gottorff mit einem großen Heere; allein hier erhielt
er eine Kriegserklärung von den Hansestädten, welche
7
i
ftm dermaßen erschreckte, daß er sogleich die Belagerung
aufhob und sich in aller Eile zurückzog. Die Vortheile,
welche er zu Anfänge dieses Krieges über die Hansea-
ten errang, waren leider nicht bleibend. Bergen, die
reichste Handelsstadt Norwegens, wurde in diesem
Kriege mehrmals von der hanseatischen Flotte unter
Anführung des Bartholomäus Voet geplündert,
und auch Kopenhagen im Jahre 1428 mit einer Flotte
von 240 Schiffen und 12000 Mann Landungstruppen
angegriffen; allein hier wurden die feindlichen An-
schläge durch die zweckmäßigen Veranstaltungen des
Königs und seiner Gemahlin, der englischen Prinzessin!:
Philippa, gänzlich vernichtet. Von beiden Seiten
des fruchtlosen Kampfes müde, kam indeß bald ein
Friede zu Stande, der dem nordischen Handel einige
Vortheilc brachte.
lieber dem holsteinischen Grafenhause schien mit
Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts ein eigener Un-
stern zu walten. Graf Claus war 1397 mit dem
Ruhme eines gütigen, tapfern und weisen Regenten
gestorben, und dadurch auch sein Antheil von Holstein
an die Söhne seines Bruders, Heinrich des Eiser-
nen, gekommen, von welchem der älteste, Gerhard,
ebenfalls das Herzogthum Schleswig besaß. Eine Un-
einigkeit unter den Brüdern über die Erbtheilung schlich-
tete der Vergleich zu Bornhövd (1397), und Graf
Heinrich wurde 1402 zum Bischof von Osnabrück er-
wählt (41421); aber nun brach nicht nur eine un-
ruhige und trübe Zeit für das Land der Grafen ein,
sondern das gräfliche und herzöglichc Haus trafen auch
mehrere unvorhergesehene traurige Todesfälle. In den
Unruhen, die 1403 mit den Dithmarschern entstanden,
fand Graf Albert, der Segeberg besaß, durch einen
Sturz mit dem Pferde seinen Tod, und im folgenden
Jahre wurde Herzog Gerhard, welcher den Tod
seines Bruders rächen wollte, von den erbitterten
Dithmarschern erschlagen. In den langwierigen Krie-
gen mit König Erich von Pommern blieb der tapfere und
rechtlichgesinnte Herzog Heinrich, der älteste Sohn
Gerhards, 1427 vor Flensburg, und sein jüngster
Bruder, Herzog Gerhard, starb 1433 im Auslande,
so daß von dem einst so blühenden holsteinischen Re-
gentenhause der einzige Adolph VII!. (1404 —1459)
noch am Leben war. Mit ihm wurde nun auch zu
Wordingborg (1435) der Friede dahin abgeschlossen,
daß Erich dem Herzoge das Herzogthum Schleswig,
mit Ausnahme von Hadersleben, nebst den Inseln
Arröe, Sylt mit List, als einen freien, jedoch nicht
erblichen Besitz und nur auf Lebenszeit überließ.
Die geheime Gährung, welche schon lange in
Schweden geherrscht hatte, war daselbst mittlerweile
aus mehreren Ursachen in offenem Aufruhr ausgcbro-
chen. Die nächste Veranlassung hierzu gab ein Vogt
in Dalarne, Jens Ericksen, welcher die Einwohner
mit der schrecklichsten Grausamkeit behandelte. Engel-
brecht Engelb recht sen, ein Bergwerksbesitzer in
Delarne und von adeliger Herkunft, legte, als König
Erich den grausamen Vogt nicht absctzen wollte und
wiederholte Klagen mit Verachtung und Drohung zurück-
wies, mit dem mächtigen Edelmann Erich Puke den
Plan, sein Vaterland von Dänemark unabhängig zu
machen. Ein neuer Aufruhr kam zu Stande, der sich
bald über ganz Schweden verbreitete, und Engelbrecht-
sen zwang den zu Wadstena versammelten Reichsrath,
IßÖ
Item König Erich Treue und Gehorsam aufzukündigen.
Nach Empfang der Äufkündigungsacte begab sich der
König am Schlüsse des Jahres 1434 nach Stockholm,
wo der Reichsrath sich von aller Theilnahme an dem
Aufruhr lossagte und sich zugleich willig erklärte, dem
Könige fernerhin zu gehorchen, wenn dieser die alte
Rcichsverfassung in Ehren zu halten geloben wolle.
Im folgenden Jahre (1435) wurde nun auf einer
Versammlung zu H nlmstadt ein Vergleich abgeschlossen,
zufolge dessen Erich wieder als König doch Schweden aner-
kannt wurde, wogegen er sich aber verpflichten mußte,
alle Freiheiten und Gerechtsame der schwedischen Un-
terthanen zu bekräftigen. Nachdem Erich den alten
und bedächtigen Christjern Nie Ilsen Vasa zum Drost
und den jungen und ehrgeizigen Karl K n ud sen Bonde
zum Reichsmarschall' als Vorsteher der Regierung
während seiner Abwesenheit ernannt hatte, begab er
sich nach Dänemark zurück. Aber gleich nach seiner
Abreise brach ein neuer Aufruhr aus. Der Adel
und ein Theil des Reichsraths wählten Karl Knudsen
zum Reichsvorsteher und Engelbrechtsen ward die An-
führung des Heeres übergeben. Dieser durchzog nun
Schweden, eroberte und zerstörte die königlichen Schlösser
und fiel auch in Schonen ein, ward aber mitten im
Laufe seiner Siege von einem Adeligen, Namens
Magnus Bengtfen, meuchlerisch ermordet. Nun
entspann sich zwischen den verschiedenen Partheien em
verheerender Bürgerkrieg, in welchem Karl Knilch en
durch grausame und entehrende Mittel die Oberhand
behielt. Während dieser Kampf mit gegenseitiger gro-
ßer Erbitterung geführt wnrde, machte die gemäßigtere
Parthei mehrere Versuche zur Aufrechthaltung der schwan-
' löf
!
senden Union, und namentlich wurde in dieser Veran-
lassung 1436 eine Versammlung in Calmar von aus-
erwählten Männern aller drei Reiche gehalten, Hier
wurde von den drei nordischen Erzbischöfen sammt einem
dänischen, norwegischen und schwedischen Ritter ein
merkwürdiger Entwurf zur Erneuerung der Union ver-
faßt, welcher vor dem altern von 1397 wesentliche
Vorzüge hatte, und der, bei der Stiftung zu Grunde
gelegt, vielleicht der Union Festigkeit hätte geben kön-
nen, besonders weil derselbe feste Regeln für die Kö-
nigswahl enthält, durch einen gemeinschaftlichen Rath
die Reiche enger verbindet und die gegenseitigen Rechte
und Pflichten des Königs und der Unterthanen genauer
festsetzt. Jetzt, da die Zwietracht schon so tiefe Wur-
zeln geschlagen und sich so weit ausgcbreitet hatte,
kam dieser Entwurf zu spät, weshalb derselbe auch nie
gesetzliche Kraft erhielt.
Mittlerweile fielen in Dänemark mehrere Begeben-
heiten vor, welche Erichs Absetzung daselbst beschleu-
nigten. Mau war auch hier mit seiner untauglichen
Negierung höchst unzufrieden, und schrieb namentlich
dieser die Trennung Schwedens von Dänemark zu.
Ferner beschwerte man sich über die schlechte Münze,
welche Erich prägen ließ, so wie über die schweren
Lasten, welche seine langwierigen und unglücklichen
Kriege dem Lande aufgebürdet hatten. Besonders er-
regten die vielen pommcrschen Adeligen, welche er ins
Land berief und denen er die wichtigsten Aemter und
Lehne gab, großes Mißvergnügen, und durch seine
Bestrebungen, den Herzog Bugislav 'von Pommern
zu seinem Mitregenten und Nachfolger ernannt zu sehen,
machte er sich vollends verhaßt. Zuletzt verließ'er aus
IOS
Verdruß das Reich (1439) und begab sich nach der
Insel Gothland, wo er 10 Jahre lang von Seeräu-
berei lebte. Von dieser Insel vertrieben, begab er sich
nach Pommern, wo er nach abermals 10 Jahren in
Armuth und Elend starb (1459). — Nach Erichs
Entfernung betrachtete sich der Neichsrath als Herr von
Dänemark, und handelte nun so eigenmächtig, daß er,
um an Herzog Adolph VIII. von Schleswig einen Bun-
desgenossen zu gewinnen, diesem auf eigene Hand Ha-
dersleben und Arröe abstand und Schleswig für ein
freies und erbliches Lehn erklärte, wodurch Lenn die
theuer erkauften Früchte von Erichs 25jährigem
Kampfe aufgeopfert wurden. Darauf wurde dem
Schwestersohne Erichs, Christo pH er von Baiern,
die dänische Krone angeboten und von Lübeck aus dem
Könige Erich eine Aufkündigungsacte übersandt (1439),
welchem Beispiele auch Schweden kurz darauf folgte.
Erich von Pommern war freilich ein schwacher
und untauglicher König; allein ungeachtet des vielen,
was man an ihm zu tadeln hatte, ist seinem Andenken
dock auf mehrfache Weise Unrecht geschehen. Er war
weder böse noch feige, und was namentlich einige Ge-
schichtsschreiber von seiner Grausamkeit gegen seine
verständige und um das Reich so sehr verdiente Ge-
mahlin Philippa melden, ist bloße Erdichtung späte-
rer Zeiten. Die Königin» lebte mit ihrem Gemahl in
bestem Einverständnisse und ging nicht in das Kloster
zu Vadstcna, sondern starb zufällig daselbst auf einer
Reise in Schweden. Die Hinrichtung eines Verwand-
ten und Günftlings der Königin» Margaretha, Abra-
103
Ham Brodersen, kann ihm eben so wenig zum Vor-
wurf gereichen, indem dieser sowohl durch seine Tyran-
nei als durch sein feiges Benehmen in dem holsteini-
schen Kriege diese Strafe vollkommen verdient hatte.
Daß der König aus Kopenhagen geflüchtet, wahrend
diese Stadt im Jahre 1428 von den Hanseaten ange--
griffen wurde, ist gleichfalls unwahr; Erich blieb viel-
mehr in der Stadt, und rettete dieselbe durch sein
tapferes Benehmen und seine klugen Vertheidigungs-
anstalten.
Erich von Pommern suchte auch die Städte in
Ausnahme zu bringen. Kopenhagen, das bisher dem
Roeskildcr Stifte gehört hatte, kam unter seiner Re-
gierung für immer unter die Krone, und der König
bewilligte dieser Stadt die Gerechtsame der am meisten
begünstigten Städte. Auch Helsingör und Lands-
krona verlieh er nicht nur Stadtrechte, sondern außer-
dem große Privilegien. — Endlich gebührt Erich von
Pommern auch das Verdienst, zuerst an die Gründung
einer Universität in Dänemark gedacht zu haben, die
aber wegen der damaligen Unruhen nicht zu Stande
kam. —
Christophe r von Baiern. (1440 — 1448.)
Nach der Entthronung Erichs von Pommern im
Jahre 1439 wurde Christoph er von Baiern erst
zum Reichsverweser ernannt, empfing aber im folgen-
den Jahre (1440) auf dem Thinge zu Wiburg die
Huldigung als König, und ließ sich nun nach alter
Sitte überall auf den Thingen zunr Könige ausrufen.
Seine erste Unternehmung als ".König war die Beftäti-
104
gung des nachtheiligen Vergleichs, welchen der Reichs»
rath mit dem Herzog Adolph von Schleswig vorher
abgeschloffen hatte. Demnächst richtete er seine Auf-
merksamkeit auf Schweden und Norwegen, um gleich-
falls in diesen Neichen als König anerkannt zu wer-
den, welches ihm nach vielen Unterhandlungen auch
endlich gelang. Nachdem er durch lockende Anerbietun-
gen den schwedischen Neichsvorstcher Karl Knudsen
bewogen hatte, die Regierung niederzulegen, wurde er
1441 gegen Unterschreibung einer harten Handfeste in
Schweden gekrönt. In Norwegen, wo Erich von Pom-
mern einen nicht geringen Anhang hatte, stellten sich
größere Schwierigkeiten seiner Wahl entgegen; indeß
erreichte er auch hier durch Hülfe der Geistlichkeit sei-
nen Zweck (1442). Erst im folgenden Jahre wurde
er in Dänemark gekrönt, wo man bisher die Krönung
aufgeschoben hatte, um nur dem Verdachte zu entge-
hen, durch Annahme eines eigenen Königs sich von den
beiden andern Neichen trennen zu wollen. '
Während Christopher damit beschäftigt war, sich
der schwedischen und norwegischen Krone zu versichern,
wurde seine Herrschaft in Dänemark durch wiederholte
Empörungen des Volks, besonders in Fühnen und
Nordjütland, wo der abgesetzte König einen bedeuten-
den Anhang hatte, gefährlich bedroht. Die erste Em-
pörung scheint ohne bedeutendes Blutvergießen gedämpft
worden zu sein; allein im Jahre 1441 brach in Nord-
sntland ein neuer schrecklicher Aufruhr aus. Ein Bau-
ernheer von 25,000 Mann besiegte die königlichen
Truppen, deren Anführer in der Schlacht blieben.
Aber kurz darauf zog der König selbst mit einem gro-
ßen Heere nach Jütland hinüber und überwand die
lOft
Bauern nach einem blutigen Kampfe, welche nun hart
gezüchtigt und zur Entrichtung des Zehnten an die
Geistlichkeit verpflichtet wurden.
Christopher von Baiern suchte den so sehr nach-
Heiligen Alleinhandel der Hansestädte in seinen Neichen
zu vernichten. Zu dem Ende ertheilte er den Hollän-
dern, Engländern und Schottländern dieselben Han-
delsfreiheiten, welche jene bisher ausschließlich genossen'
hatten, erhöhete den Sundzoll und bestätigte die bis-
herigen Privilegien der Hansestädte nur unter der Be-
dingung, daß auch die nordischen Kaufleute gleiche Ge-
rechtsame in den deutschen Handelsstädten genießen soll-
ten. Außerdem hatte er den Plan gelegt, Lübeck zu
überrumpeln und diese Stadt unter dänische Herrschaft
zu le^cn, welches, wenn es ihm gelungen wäre, dem
Hansahandel einen nicht leicht zu verschmerzenden Stoß
würde gegeben haben; allein dieser Plan wurde durch
die Voreiligkeit seiner deutschen Bundesgenossen ver-
eitelt.
Obgleich die Schweden mit Christophers Negie-
rung nicht so ganz zufrieden waren, und namentlich
über seine Gelderpressungen, so wie auch darüber sich
beschwerten, daß er ihren Handel nicht nachdrücklich
gegen die Seeräubereien Erichs von Pommern schütze,
so kam es doch in Schweden zu keinen offenbaren
Strcirigkciten. — Christopher verlegte im Jahre 1443
'die Residenz von Noeskilde nach Kopenhagen. Nach
einer zwar kurzen aber nicht unmerkwürdigen Regierung
starb dieser König den 6. Januar 1448^
Im Laufe der beiden letzten Jahrhunderte verlor
sich das Ansehen, welches der Bauernstand sowohl im
106
Mcrthum als zu Anfänge des Mittelalters genossen
hatte, und die bisher freien Bauern wurden durch die
Einführung der Leibeigenschaft und des Frohndicnstes
nach und nach aller ihrer Gerechtsame und Freiheiten
beraubt und zu Selaven des mächtigen Adels herab-
gewürdigt. Freilich scheint die Regierung gegen den
Schluß des vierzehnten Jahrhunderts die Gerechtsame
der Festebauern in Schutz genommen zu haben; allein
reichlich 50 Jahre später gestalteten sich die Verhältnisse
so, daß die leibeigenen Bauern ganz als Eigenthum
der Edelleute angesehen und von diesen mit der empö-
rendsten Härte behandelt wurden. In einer Verein-
barung zu Kalmar (1483) kommt der bedeutungsvolle
Ausdruck vor, „daß jeder Edelmann König sei-
ner eigenen Bauern sein solle", durch welchen
unbestimmten und weitumfassendcn Ausdruck der Unter-
drückung aller Art und dem Mißbrauch der Macht ein
weites Feld geöffnet wurde. „Bauern und Selaven"
wurden bald gleichbedeutende Ausdrücke, und als end-
lich die Edelleute anfingen, ihre leibeigenen Bauern
gleich wie Vieh zu verkaufen, hatte die Leibeigenschaft
den höchsten Gipfel der Abscheulichkeit erreicht. — Diese
.tiefe Erniedrigung des Bauernstandes war eine Folge von
dem elenden und verwirrten Zustande, worin Dänemark
von Waldemar des Siegers Tode an bis auf Margaretha
sich befand, und der dem Adel eine erwünschte Gele-
genheit darbot, sich auf Kosten der Bürger und Bauern
eine beispiellose Macht zu erwerben. Die Handfesten
krönten das .Werk und druckten der gewaltsam erwor-
benen Herrschaft des Adels den Stempel der Gesetzlich-
keit auf. Bisweilen versuchten zwar die Bauern in
ihrer Verzweiflung eineu Kampf mit ihren Tyrannen;
107
allein alle diese Versuche unter Chriftopher L, Erich
Glipping, Erich Menved, Waldemar Atterdag und
Chriftopher von Baiern dienten nur dazu, das Elend
der Bauern zu vermehren und die Herrschaft des Adels
fester zu begründen. Einen verderblichen Einfluß auf
die Verhältnisse des Bauernstandes hatte auch der
deutsche Adel, welcher besonders im fünfzehnten Jahr-
hundert zahlreich ins Land berufen wurde.
Betrachten wir die innern Verhältnisse Dänemarks
in den Jahrhunderten, in welchen die Leibeigenschaft
sich entwickelte, etwas genauer, so werden wir finden,
daß diese nicht ein für sich allein Bestehendes war,
sondern vielmehr in genauester Verbindung mit dem
allgemeinen Untergange der Volksfreiheit stand. Der in
früherer Zeit jährlich zu Npborg gehaltene Dannehof,
wo alle vier Stände sich versammelten, mußte bald den
sogenannten Herrentagen weichen, zw denen nur die
Herren, d. i. Adelige und Prälaten, zusammentraten.
Rur bei außerordentlichen Gelegenheiten, wie z. B. bei
Königswahlen oder bei Ausschreibung ungewöhnlicher
Schatzungen, wurden alle 4 Stände zusammenberufen;
allein die Stimmen des Bürger- und Bauernstandes
galten hier wenig oder nichts, und das Recht, Steuern
zu bewilligen oder Gesetze zu geben, wurde nach und
nach den nieder» Ständen gänzlich entzogen. Unter
diesen für die Volksfreiheit so ungünstigen Verhältnissen
mußten natürlich auch die Handelsstädte die Unabhän-
gigkeit in ihrer Verwaltung so wie ihre bisherigen gro-
ßen Gerechtsame verlieren, wodurch denn die Quellen
ihres Wohlstandes nach und nach versiegten. Unge-
achtet den Städtebewohncrn das ausschließliche Recht,
Handel und Gewerbe zu treiben, gesetzlich zugesagt war,
SOS
so wußten doch Adel und Prälaten nach und nach sich
einen Theil der'aus diesen Nahrungszweigen fließenden
Vortheile zuzuwenden, und im Laufe des fünfzehnten
Jahrhunderts erwarben sic sich sogar das Recht, alle
Produkte von ihren Höfen ohne Zoll und Aceise nach
den Städten zu bringen und von da ebenfalls Alles,
was sic zum eigenen Verbrauch bedurften, frei auszu-
führen, welchem Rechte sie eigenmächtig eine große
Ausdehnung zu geben wußten. Die Bürger, welche
die städtischen Lasten und Abgaben zu tragen hatten,
und deren Handel außerdem durch Zoll und Aceise
beschwert war, konnten daher unmöglich neben ihren
privilegirtcn Nebenbuhlern bestehen, und erwägte man
dazu, daß der ausländische Handel gänzlich in den
Händen der Hansestädte war, so sieht man leicht ein,
in wie schlechtem Zustande der Handel in den dänischen
Städten müsse gewesen sein. — Eben so schlecht stand
cs mit dem dänischen Handwerksstande. Die dänischen
Städte waren mit deutschen Handwerkern überfüllt,
und was diese nicht selbst verfertigen konnten, ward
aus Deutschland fertig eingeführt. Außerdem hatten
sich auf dem Lande, trotz aller Verbote, bei allen Klö-
stern, Edclhöfen und Schlössern Handwerker aller Art
ansässig gemacht, welche nicht nur für die Ortsbewoh-
ner, sondern auch für die umherwohnenden Bauern
arbeiteten. —
Der schlechte Zustand des Münzwesens während
des ganzen Mittelalters trug gleichfalls nicht wenig
dazu bei, den Handel und die übrigen Nahrungszweige
zu drücken. Wie früher bemerkt, galt schon zu Wal-
demar II. Zeit eine Mark Goldes nur ein Drittheil
einer Mark Silbers; späterhin aber wurde das Ver-
109
hältniß noch weit ungünstiger, so daß im Jahre 1296 zu
einer Mark baaren Silbers zehn oder sogar achtzehn
Pfund von der neuen Münze erforderlich waren. Bei
der steten Geldverlegenheit, worin sich die Könige be-
fanden, ließen sie häufig die alte Münze einziehen und
an deren Statt schlechtere ausprägen, wodurch immer
große Verwirrung entstand. Fremde Münzsorten
kamen im Reiche in Umlauf, weit die ausländischen
Kaufleute die schlechte dänische Münze anzunehmen sich
weigerten, und auf solche Weise wurde die alte dänische
Münzrechnung nach. Marken, Oeren, Oertugen und
Pfenningen von englischen Pfunden und Schillingen
Sterling, und französischen oder niederländischen Groten
verdrängt, welche wiederum der norddeutschen Münz-
rechnung nach Marken, Schillingen und Pfenningen
weichen mußten. Erst gegen das Ende des Mittelalters
setzte König Hans, welcher auch zuerst größere Mün-
zen, als Nobeln, Gulden und Thaler prägen ließ, das
Münzwesen auf einen ordentlicheren Fuß. Zu den
für den Handel so ungünstigen bereits angeführten
Umständen ist noch die Schwierigkeit zu zählen, welche
im Mittelalter mit Geldanleihen verbunden war. Geld
auf Zinsen austhun, wurde damals dem Wucher-
gleich geachtet, und da die höher» Stände, welche allein
Reichthümer besaßen, ihr Geld nur gegen Pfand in
Grundbesitz und Ländereien ausliehen, so mußte der
dänische Handelsstand, der gewöhnlich kein Landeigen-
thum hatte, mit beschränkten Geldmitteln wirken, und
auch in dieser Hinsicht den reichen Hanseaten nach-
stehen.
110
Christian I, der Stammvater des oldenbur-
gischen Königshauses. 1448—1481.
Da der Thron durch das plötzliche Ableben Chn-
stophers von Baiern erledigt war, so richtete der
Reichsrath sein Augenmerk auf den Herzog Adolph 4411.
von Schleswig. Zwar beabsichtigte eine Parthci, unter
Mitwirkung der verwittweten Königinn Dorothea,
den dänischen Edelmann Knud Henriksen aus der
mächtigen Familie Gpldenstjerne auf den Thron zu
erheben; allein der Rcichsrath, welcher meinte, .daß
man diese Gelegenheit ergreifen müsse, um Schleswig
auf eine friedliche Weise wieder mit dem Reiche zu
vereinigen, setzte doch sein Vorhaben durch, und bot
nun Adolph die Krone an. Dieser lehnte zwar das
Anerbieten ab, schlug aber an seiner Statt seinen
Schwestersohn, den Grafen Christian von Oldenburg,
vor, der durch die Tochter Erich Glippings, Richitza,
mit dem alten dänischen Königsstamme verwandt war.
Christian nahm bereitwillig das Anerbieten an, und
suchte durch seine Vermählung mit der verwittweten
Königinn, so wie durch Austheilung großer Geldsum-
men an die mächtigsten Männer der Gegenparthei, alle
Hindernisse hinwegzuräumcn, die seiner Wahl noch im
Wege standen. Vorher aber mußte er eine sehr harte
Handfeste unterschreiben, in welcher der Reichsrath mit
Ausschließung der übrigen hohen Stände ganz als
Herr auftritt, und des Bürger- und Bauernstandes
mit keinem Worte gedacht wird. In dieser Handfeste
erklärt der König, daß Dänemark nach Uebereinkunft mit
dem dänischen Reichsrath, Namens aller Unter-
thanen, in Zukunft ein durchaus freies Wahlreich
fein solle, und verpflichtet sich außerdem, ohne Geneh-
migung des Neichsraths weder Schatzungen aufzu-
legen, noch Krieg zu erklären, oder überhaupt irgend
etwas zu unternehmen, was für das Reich und die
Krone Dänemarks von Wichtigkeit sein könne. Darauf
ließ sich Christian !. auf den Landesthingen huldigen,
und wurde nach empfangener Huldigung am 28
October 1449 zu Kopenhagen gesalbt und gekrönt.
Während dies in Dänemark vor sich ging, war
Karl Knudsen, ungeachtet alles Widerstandes der
mächtigen Familie Oxenstjerna und der gesammten
Geistlichkeit, an deren Spitze der Erzbischof Jens
Bengtfen Oxenstjerna stand, in Stockholm zum
Könige von Schweden erwählt worden, und hatte auch
kurz darnach auf dem Morasteine bei Upsala die Hul-
digung empfangen. Damit aber noch nicht zufrieden,
trachtete er auch nach der norwegischen Krone, und es
gelang ihm durch Hülfe feines Verwandten, des dront-
heimischen Erzbischofs Aslak Bolt, im nördlichen
Theile des Reiches zum Könige ausgerufen und in
Drontheim gekrönt zu werden (1449), obgleich Chri-
stian I. schon früher auf einer Versammlung in Opslo
zum König angenommen worden war. Um diese zwischen
den Neichen entstandenen Streitigkeiten zu schlichten,
wurde von 12 dänischen und 12 schwedischen Neichs-
räthen eine Versammlung in Halmstadt gehalten (1450).
Hier wurde beschlossen, daß die Vereinigung der Reiche
gleich nach Karl Knudsens oder Christian I. Tode
erneuert werden, jener aber sogleich seinen Titel als
König von Norwegen ablegen und dies Reich an Chri-
stian I. abtreten solle. Christian begab sich darauf nach
Norwegen, wo er nun, besonders da Aslack Bolt
gestorben war, ohne Schwierigkeit zu Drontheim ge-
krönt wurde (1450). Zugleich wurde in Bergen sie
Vereinbarung getroffen, daß Dänemark und Norwegen
stets unter einem gemeinschaftlichen Könige stehen sollten,
es mochte nun Schweden dieser Vereinbarung beitreten
wollen oder nicht. — Da Karl Knudsen indeß die zu
Halmstadt gefaßten Beschlüsse nicht als gültig aner-
kennen wollte, so brach ein mehrjähriger Krieg aus,
der besonders in den schottischen Provinzen mit vieler
Grausamkeit geführt wurde, ohne jedoch zur endlichen
Entscheidung zu führen. Die große Willkühr, womit
Karl Knudsen regierte, und namentlich seine gewalt-
samen Eingriffe in die Gerechtsame der Geistlichkeit,
machten ihn aber von Tage zu Tage verhaßter und
führten endlich seinen Sturz herbei. Von Allen ver-
lassen mußte er im Jahre 1457 aus Schweden nach
Danzig flüchten, wo er sich sieben Jahre lang aufhielt.
Nun wurde Christian I. zu Upsala als König von
Schweden gekrönt, und nach dem Beispiele Norwegens
ernannte zugleich der schwedische Reichsrath seinen
dreijährigen Sohn, Hans, zum Thronfolger, wodurch
die Vereinigung der drei nordischen Reiche aufs Neue
für lange Zeit gesichert zu sein schien.
Ein Jahr nach dieser Begebenheit starb Herzog
Adolph VIII. (1459) und mit ihm erlosch zugleich die
männliche Linie des alten holsteinischen Grafenhauses.
Was das Herzogthum Schleswig betrifft, so hätte
dasselbe, als bloßes Mannslehn betrachtet, der Krone
Dänemarks ohne weitere Umstände anheim fallen müssen;
allein König Christian hatte noch vor seiner Thron-
besteigung den .schleswig-holsteinischen Ständen eine
Versicherung ausgestellt, wornach das Herzogthum
113
ttte wieder dergestalt mit der Krone vereinigt werden
sollte, daß beide Länder einen und eben denselben Herrn
hätten, und überdies traten nicht nur die Brüder des
Königs, Moritz und Gerhard, mit Erbansprüchen
an Schleswig und Holstein auf, sondern auf letzteres
Land machte besonders Graf Otto III. von Schauen-
burg, der in Holstein Pinneberg besaß, als nächster
Lehnsfolger Anspruch. — Allen diesen Schwierigkeiten
zu entgehen, wählte Christian I. den Weg der Unter-
handlungen mit Prälaten und Ritterschaft von Schles-
wig und Holstein, und es gelang ihm auch, von diesen
zum Fürsten gewählt zu werden, doch nicht ohne große
Aufopferungen. -Der König mußte den Grafen Otto
von Schauenburg mit 43000 Gulden abkaufen, an
jeden seiner Brüder für die Abtretung ihrer Ansprüche
40000 Gulden bezahlen und ihnen außerdem den dritten
Theil von Oldenburg und Delmenhorst überlassen.
Mit den schleswig-holsteinischen Ständen schloß aber
der König im Jahre 1460 zu Ripen eine Capitulation
ab, die in demselben Jahre zu Kiel bestätigt und erwei-
tert wurde. In dieser Capitulation wurde erklärt, daß
die Stände Schleswigs und Holsteins, welche Lande
bis auf ewige Zeiten vereinigt sein sollten, Christian I.
nicht als Köllig von Dänemark, sondern als Herzog
von Schleswig und Grafen von Holstein erwählt hätten,
und daß seine Kinder und Verwandten dadurch kein
Erbrecht auf diese Länder haben sollten; der König
dürfe ohne Einwilligung der Stände weder Krieg
anfangen, noch Schatzungen auflegen; jährlich sollte
sowohl in Schleswig als in Holstein ein Landtag gehal-
ten, und in diesem ein Marschall, in jenem ein Drost
aus dem eingebornen Landesadel angesetzt werden, deren
8
ÍE4
Absetzung nur mit Zustimmung des Raths geschehen
könne; jeder Prälat und Ritter solle völlige Zollfrci-
hcit für alle diejenigen Maaren haben, die er selbst
gebrauche; keine andere Münze solle in diesen Landen
gelten, als die in Hamburg und Lübeck gebräuchliche,
und endlich wurde noch bestimmt, daß der jedesmalige
dänische König, wenn die Stände ihn zu ihrem Herrn
erwählten, verpflichtet sein solle, alle diese Freiheiten
und Privilegien eidlich zu bestätigen. — Die großen
Geldsummen aber, welche der König an seine Brüder
und den Grafen Otto von «Schauenburg auszahlen
mußte, trugen nicht wenig dazu bei, daß er späterhin
in beständiger Geldverlegenheit sich befand, wodurch er
genöthigt wurde, seinen Unterthanen drückende Schatzun-
gen aufzulegen, was zuletzt in Schweden einen Aufruhr
erregte, und einer der genannten Brüder, Gerhard,
dessen Forderungen der König nich? befriedigen konnte,
machte in einer Reihe von Jahren mehrere verheerende
Einfälle in Schleswig und Holstein, wodurch diese
Lande sehr beunruhigt wurden. — Im Jahre 146i
huldigte auch die Stadt Hamburg dem Könige als
ihren Lehnsherrn.
So herrschte nun Christian I. von der Elbe bis
zum Nordcap und von den Küsten der Nordsee bis zu
den Grenzen Rußlands; allein dieses große Reich
lös'te sich bald wieder auf. Wegen der vielen Geld-
ausschreibungen in Schweden brach daselbst schon im
Jahre 1463, als der König auf einem Zuge nach
Rußland war, ein ernstliches Mißvergnügen aus. Der
Körrig ließ bei seiner Ankunft zu Stockholm den Erz-
bischof Jens Bengtsen, welchen er für den Urheber
dieser Unruhen hielt, gefangen nehmen und nach Däne-
113
mark führen; allein hiemit war das Zeichen zu einem
allgemeinen Aufruhr gegeben. Der Bischof Keti!
Karlsen Vasa ergriff nun die Waffen gegen den
König, der sich jetzt genöthigt sah, den gefangenen
Erzbischof wieder frei zu geben. Dieser vergaß die
ihm vom Könige zugefügte Kränkung, um seinen bren-
nenden Haß gegen Karl Knudsen, der indeß aus Danzig
zurückgekehrt war, befriedigen zu können. Der Bischof
Ketil Vasa vereinigte sich mit dem Erzbischof und Karl
Knudsen mußte zum zweiten Male den schwedischen
Thron verlassen (1465) und sich nach Finnland bege-
ben, wo er drei Jahre in kümmerlichen Umständen
verlebte. Seine Vertreibung verschaffte jedoch Christian
nicht den schwedischen Thron; denn unter dem fortge-
setzten Kampfe der Partheien wurde Erich Axelsen
zum Reichsverweser ernannt, und durch dessen Hülfe
erhielt Karl Knudsen zum dritten Male die Krone,
welche er unter häufigen innen: Unruhen bis zu seinem
Tode (1470) trug. Der kluge und tapfere Stcew
Sture der Aeltere wurde nun zum Reichsverweser
ernannt, und da Christian I. auf solche Weise abermals
den Zugang zum schwedischen Throne versperrt sah,
und er durch friedliche Unterhandlungen nichts ausrichten
konnte, so beschloß er endlich, das Schwert entscheiden
zu lassen. Er legte sich mit einer großen Flotte vor
Stockholm, und besetzte den Brunkebjerg mit einem Heer
von 5000 Mann. Am 11. Oktober 1471 kam es zu
einer blutigen und hartnäckigen Schlacht, in welcher
das doppelt so starke schwedische Heer zu dreien Malen
zurückgeschlagen wurde. Als aber die Schweden zum
vierten Male einen verstärkten Angriff machten, konnten
die Dänen nicht länger Stand halten, und nachdem
8*
n«
der tapfere König schwer verwundet, aus dem Schlacht-
getümmel hatte hinweggetragen werden müssen, wurde
die Flucht allgemein. Eine Taubrücke, welche zur
Verbindung mit den dänischen Schiffen diente, ging
mitten unter der Flucht eutzwei, wodurch sehr viele
Menschen umkamcn. Die Uebriggebliebenen, ungefähr
500 an der Zahl, welche sich um die auf dem Brun-
} versammelten, fanden hier
„ ,it Schlacht gab Christianl.
seine Pläne auf Schweden auf, und lenkte nun seinen
Sinn auf friedliche Beschäftigungen. Im Jahre 1474
unternahm er zwei kostspielige Reisen ins Ausland, die
eine nach Rom, um beim Pabfte die Erlassung eines
gethanen Gelübdes auszuwirken, und die andere nach
Cöln, um einen Vergleich zwischen dem deutschen Kaiser
Friedrich 111. und dem berühmten Herzog Carl dem Kühnen
von Burgund zu vermitteln. Bei seinem Aufenthalte
in Rom erhielt Christian 1. vom Pabste Sixtus IV.
unumschränkte Erlaubniß zur Gründung einer Univer-
sität in Dänemark, die denn auch nach vielen Schwie-
rigkeiten endlich zu Stande kam, und am 1. Juni 1479
eingeweiht wurde. Wegen Mangel an Geld erhielt
indcß diese Universität nur eine dürftige Ausstattung,
mußte sich vorläufig mit drei Lehrern behelfen, und
gewann erst nach der Reformation Kraft und Anse-
hen. — Auf seiner Reise ins Ausland brachte Christian
es auch dahin, daß der deutsche Kaiser Holstein, Stor-
marn und Dithmarschen zu einem Herzogthum erhob;
zugleich erhielt er kaiserliche Bekräftigung in Betreff
seiner Ansprüche auf die letztgenannte Provinz, deren
Einwohner jedoch noch lange ihre Freiheit vertheidigten,
117
und erst ungefähr 100 Jahre später nach einem blu-
tigen Kampfe der Uebermacht erliegen mußten.
Christopher von Baierns Pläne zur Unterdrückung
des hanseatischen Handels waren mit seinem Tode hin-
fällig geworden, und das Joch der deutschen Kaufleure
drückte daher noch fortwährend die nordischen Reiche.
Mit unerhörter Dreistigkeit verweigerten sie den könig-
lichen Beamten den Gehorsam und begingen überall
und' fast immer ungestraft die größten Gcwaltthätigkei-
ten. Wenn gleich Christian l. nicht offenbar mit den
Hansestädten zu brechen wagte, so suchte er doch ihren
Einstuß durch Handelsverbindungen mit England, Schott-
land, Frankreich, Burgund und den Niederlanden ein-
zuschränken, zu welchem Ende er auch kurz nach seiner
Zurückkunft von Rom eine Verordnung zur Belebung
des dänischen Handels erließ, die jedoch in vielen
Punkten sehr verfehlt war und deshalb nicht ihren Zweck
erfüllte. — Die beständige Geldverlegenheit, worin
Christian 1. sich befand, obgleich seine Einkünfte beim
Anfänge feiner Negierung durch die Einziehung einer
Menge verpfändeter Krongüter bedeutend vermehrt wor-
den waren, hatte höchst schädliche Folgen. Diese zeig-
ten sich besonders, als seine Tochter Margaretha
mit dem schottischen Könige Jacob III. vermählt werden
sollte. Christian konnte von den 60,000 Gulden, die als
Mitgift seiner Tochter bestimmt waren, nur 2000 Gul-
den bezahlen, und mußte deswegen nicht nur die Ab-
gabe erlassen, welche Schottland bisher von den Süder-
inseln (Hebriden) entrichtet hatte, sondern auch für
den Rest der Mitgift Hetland und die Orkneyinseln
verpfänden. Auf solche Weise wurden diese Inseln für
immer vom Reiche getrennt, indem man in langer Zeit
LL8
nicht im Stande war, dieselben einzulösen und Schott-
land auch späterhin sich zur Einlösung nicht hat ver-
stehen wollen.
Christian I. starb den 22. Mai 1481. Er war ein
schöner Mann, von hohem Wuwse und besaß eine seltene
Leibesstärke. Selbst schwedische Schriftsteller rühmen ihn
wegen seiner Güte und Frömmigkeit, und er war außer-
dem ein thätiger, wirksamer und tapferer König.
Johann oder Hans (1481 — 1513).
Johann war schon bei Lebzeiten seines Vaters in
Dänemark, Norwegen und Schweden zu seinem Nach-
folger erwählt worden; dcnnocb standen seiner Huldi-
gung in den beiden letztem Reichen, so wie seiner
Annahme zum Herzog in Schleswig und Holstein bedeu-
tende Schwierigkeiten im Wege. In Dänemark ward
die frühere Wahl auf einem Reichstage zu Kallundborg,
wozu außer Adel und Prälaten auch Abgesandte des
Bürger- und Bauernstandes einberufen waren, bestä-
tigt; in Norwegen hingegen hatte Steen Sture einen
Anhang gewonnen, an dessen Spitze der Bischof Gante
von Drontheim stand. Da aber die Mehrzahl der Nor-
weger sich für die Verbindung mit Dänemark erklärte,
so wurde auf einer Versammlung zu Halmstadt (1483)
Johann auch zum Könige von Norwegen angenommen.
In der Handfeste, welche er hier unterschreiben mußte,
bewahrten sich die Geistlichkeit und der Adel nicht nur
alle ihre früheren Freiheiten und Gerechtsame, sondern
der letztere trennte sich dadurch noch mehr von den
niederen Ständen und sicherte sich den immerwähren-
den Besitz seiner großen Güter durch die Bestimmung,
daß kein unfreier .Mann durch Kauf oder Pfand
*
freie Güter erwerben durfte, und vor dem Neichsrathe,
in welchem von jetzt an nur geborne Ldelleute ausge-
nommen werden konnten, sollte der König Jedermann
Rede stehen.
Diese Handfeste, welche zugleich die gewöhnlichen
Bestimmungen über die Verbindung der Reiche enthielt,
wurde von den dänischen und norwegischen Rekchsräthen
unterzeichnet; für cie von der Versammlung wegge-
bliebenen schwedischen Reichsräche ward eine Lücke ge-
lassen, damit sie später unterschreiben könnten. Diese
traten bald darauf zu Calmar der Handfeste bei, König
Johann kam aber dadurch dem schwedischen Throne nicht
näher, denn der schlaue Reichsverweser Steen Sture
wußte immer neue Ausflüchte zu ersinnen und verzö-
gerte die Sache volle 14 Jahre lang.
Während der König mit den schwedischen Ange-
legenheiten beschäftigt war, hatte er auch gesucht, in
Schleswig und Holstein zum Herzog erwählt zu werden;
aber die verwittwete Königinn, die kluge und kräftige
Dorothea, verwandte sich für ihren jünger» Sohn
Friedrich, und hätte es gern gesehen, wenn diesem
beide Herzogthümer zu Theil geworden wären. Nach
mehreren Unterhandlungen benutzten endlich Prälaten
und Ritterschaft ihr Wahlrecht so, daß sie beide Brüder
zu Herzögen erwählten, und nachdem Herzog Friedrich
sein achtzehntes Jahr zurückgelegt hatte, wurde 1490 eine
Theilung der Herzogthümer in dem gottorffischen und
segebergisch en Antheil vorgenommen. Herzog Frie-
drich, dem von seinem königlichen Bruder die Wahl
gelassen wurde, wählte den gottorffischen Antheil, und
wurde ihm überdieß noch verstattet, denselben innerhalb
4 Jahre mit dem segebergischen zu vertauschen. Zu
lae
jenem gehörten im Herzogthum Schleswig: Gottorff,
Eckernförde, Tondern, Hadersleben, Stapclholm, Eider-
fiedt, Kämpen, Rundhof und Liigumkloster; in Holstein
Kiel, Itzehoe, Plön, Lütjenburg, Oldenburg, Neustadt,
Trittau, Steinberg, Neumünster und die Klöster Bor-
desholm, Cismar, Neinbeck und Uetersen. Zu diesem
wurden gerechnet im Herzogthum Schleswig: Flensburg
mit dem Nordstrande, Sonderburg, Nordburg, Arröe,
Apenrade, Fehmern und Nuheklvster (das jetzige Glücks-
burg); in Holstein: Segeberg, Oldesloe, Rendsburg,
Haneran, Haseldorf, Kaden und die Klöster Neinfeld,
Ahrensböeck und Preetz. — Dies war der Anfang der
Thcilung der Hcrzogthümer, welche später fortgesetzt
wurde und so viel Unglück über das Reich brachte. —
Die Landesschulden übernahmen beide Herren zu gleichen
Theilen. Der Bischof von Schleswig und die Ritter-
schaft beider Herzogtümer blieben Beiden mit gleichen
Pflichten zugethan, und die geistlichen Lehne sollten zum
Theil ein Jahr ums andere, zum Theil wechselweise
von jedem Herrn vergeben werden; auch behielten sie
sich gleiches Recht an Hamburg und Dithmarschen
vor. — Obgleich König Johann seinen Bruder mit
großem Edelmuth behandelte, ihm auch bald nachher
noch Nordstrand überließ, so war Friedrich dennoch
stets mißvergnügt und nicht zu befriedigen. Er ver-
langte die Entrichtung einer großen Summe Geldes,
nahm den Titel eines „Erben von Norwegen" an,
forderte die Hälfte dieses Reiches, und außerdem in
Dänemark Laaland, Falster und Möen als Erbtheil nach
seinem Vater. Auf einem Reichstage zu Kallundborg
(1494), den König Johann in dieser Veranlassung
zusammengerufen hatte, und wo sich außer dem Reichs-
LSL
rathe 4 Adelige aus jedem Stifte, ein Bürgermeister
und ein Nathmann aus jeder Stadt und einige Bauern
einfanden, wurden die Ansprüche des Herzogs Friedrich
für durchaus ungültig erklärt, und dieser mußte sich nun
mit dem begnügen, was er bekommen hatte. —
Nach vierzehn Jahren vergeblichen Harrens auf
die schwedische Krone beschloß nun König Johann sein
Recht mit den Waffen geltend zu machen. Er kam
mit einem mächtigen Heere nach Schweden, und Steen
Sture, der damals nicht nur mit dem Reichsrathe und
seinem eigenen Vetter, dem mächtigen Svante Sture,
in Streit gerathen war, sondern auch an dem Erz-
bischof von Upsala, Jacob Ulfsen, einen unversöhn-
lichen Feind hatte, mußte sich auf Stockholm zurück-
ziehen, wo er von den Darlekarliern Ersatz hoffte.
Ihr Heer, 30,000 Mann stark, wurde aber am 28. Okto-
ber 1497 von den Dänen an der rothen Brücke
gänzlich geschlagen, und nach einer zweiten Niederlage
des schwedischen Heeres vor Stockholm ergab sich die
Stadt sogleich. Der Reichsverweser entsagte seiner
Würde und' Johann wurde am 26. November 1497
zum Könige von Schweden gekrönt.
Nachdem Johann die verwirrten schwedischen Ange-
legenheiten etwas geordnet hatte, und sein Sohn Chri-
stian zu seinem Nachfolger ernannt worden war, begab
er sich wach Dänemark zurück, um einen lange gehegten
Plan, die Eroberung Dithmarschens, ins Werk zu
setzen. — Die Bewohner dieses kleinen Landes waren
von Liebe^zur Freiheit und Unabhängigkeit beseelt und
hatten mehrere Jahrhunderte hindurch mit Heldenmuth
diese Güter gegen die holsteinischen Grafen vertheidigt,
die häufigere Unterjochung versucht hatten, aber stet-
-SS
mit Verlusten und Niederlagen -zurückgewiesen worden
waren. Die ^natürliche Beschaffenheit des Landes unter-
stützte den Muth der Bewohner, denn der Boden ist
größtentheils Marsch und von einer Menge von Grä-
ben und Kanälen durchschnitten, welche einem Heere
das Vordringen ungemein erschweren. Außerdem kann
die Marsch im Nothfalle unter Wasser gesetzt werden,
wenn man die Schleusen an den Außendeichen, welche
dieselbe gegen die Einbrüche der Nordsee beschützen,
öffnet. Dithmarschen wurde von 48 aus der Mitte des
Volkes erwählten Männern verwaltet, und hatte nie-
mals einem fremden Herrscher gehorcht, obgleich frü-
herhin die Grafen von Stade und in der Folgezeit die
Erzbischöfe von Bremen als Schirmherren anerkannt
waren. Auch jetzt wollten die Dithmarscher die An-
sprüche des Königs Johann und seines Bruders nicht
anerkennen, und beschleunigten überdies den Ausbruch
des Krieges durch den Uebermuth, mit welchem sie an
einem Streite des Herzogs Friedrich über die kleine
Insel Helgoland Antheil nahmen. Ein bedeutendes
Heer, dessen Kern von der sogenannten sächsischen
Garde, einer Art von Miethstruppen, gebildet wurde,
rückte im Anfänge des Jahres 1500 in Dithmarschen
ein. Das Heer war voll des übermüthigsten Selbst-
vertrauens, und sprach mit Hohn von dem elenden
Bauernvolk, gegen welches es kaum der Mühe Werth
sei, das Schwert zu ziehen. Junker Sch lenz, welcher
die sächsische Garde anführte, fragte den König: „ob
Dithmarschen an den Himmel gekettet sei, da man so
große Vorbereitungen zur Eroberung desselben mache."
Der Adel legte seine schweren Rüstungen ab, und
schmückte sich, als ginge es zu einem Feste. Viele
183
führten große Geldsummen bei sich, um den Soldaten
die reiche Beute, welche man zu machen hoffte, abzu-
kaufen, und hinter dem Heere folgte eine Menge leerer
Wagen, auf die das erbeutete Gut geladen werden
sollte. Aber der Ausgang tauschte gar sehr diese über-
müthigen Erwartungen. Nachdem einige Orte ohne
sonderlichen Widerstand besetzt worden waren, kam es
zu einer Schlacht bei Hemmingstedt, wo 500 Dith-
marscher sich gegen das ganze dänische und holsteinische
Heer zur Wehr setzten. Diese Dithmarscher wurden
don dem Bauer Wolf Jsebrandt angeführt, und
ihr Banner wurde von einer Jungfrau getragen, welche
von diesem Tage an Gott ihr Leben weihte. Das
feindliche Heer rückte auf einer schmalen Landstraße,
die zu beiden Seiten von tiefen Gräben eingeschlossen
war, in geschlossenen Reihen vor und litt daher furcht-
bar vo« dem feindlichen Geschütz, welches auf einer
hochliegenden Schanze am Ende des Weges aufgestellt
war. Der Frost war in Thauwetter übergegangen,
Regen und Hagel standen den Dänen und Holsteinern
ins Gesicht, und der Weg war ein bodenloser Morast
geworden, wo weder Pferde noch Kanonen vorwärts
kommen konnten. Um das Unheil vollständig zu machen,
wurden während des Kampfes die Schleusen in den
Deichen geöffnet, wodurch die ganze Gegend in einen
See verwandelt wurde. Die Niederlage war furchtbar,
mehrere tausend Mann sollen gefallen sein, und darunter
der Kern des schleswig-holsteinischen Adels, auch Junker
Schlenz und die berüchtigte große Garde; außerdem
ging Dänemarks altes Hauptbanner, die Dannebrogs-
fahne, welche seit Waldemar des Siegers Zeiten stets
das dänische Heer begleitet hatte, verloren, und der
m
Feind gewann eine unermeßliche Beute an Gold und
Silber und andern Kostbarkeiten.
Die schlimmen Folgen dieser großen und dcmüthi-
genden Niederlage zeigten sich besonders in Schweden.
Hier brach bald ein allgemeiner Aufruhr aus, Steen
Sture kam aufs Neue an die Spitze der Regierung,
und die Schweden bemächtigten sich in kurzer Zeit
aller Festungen, welche dänische Besatzung hatten, aus^
genommen die Schlösser Stockholm und Calmar; denn
jenes, von der heldenmüthigen Königilln Christi na
vertheidigt, ergab sich erst nach einer achtmonatlichen
Belagerung, und Calmar wurde erst nach mehreren
Jahren zur Uebergabe gebracht. — Auch in Norwegen
brachen Unruhen aus, anfangs unter Anführung von
Knud Alfsen (1502) und nach dessen Tode unter
Herluf Hpdefad (1507); sie wurden aber von Chri-
stian, dem Sohne Johann's, gedämpft und mit vieler
Strenge bestraft. Der junge Prinz zeichnete sich schon
damals durch Gewandtheit, Muth und Kriegstüchtigkeit
aus, zugleich aber auch durch jene Härte und Grausamkeit,
die später seine großen Eigenschaften nur zu sehr ver-
dunkelten. — In Schweden war Steen Sture der
Aeltere gegen das Ende des Jahres 1503 gestorben,
dadurch aber in der Lage der Dinge keine Veränderung
entstanden, da statt seiner Svante Nielsen, mit
demselben Familiennamen Sture, aber aus einem
andern Gefchlechte, zum Lenker des Reichs erwählt
worden war. Das schwedische Volk wurde zwar meh-
rere Male des Kampfes überdrüssig und wünschte den
Frieden, welchen aber Henning Gad, Bischof von
Linköping immer zu vereiteln wußte. Er war ein Mann
»on glänzender Beredsamkeit und großer Kriegserfah--
LSS
rung, und von einem brennenden Hasse gegen Däne-
mark und das dänische Volk erfüllt. ___
Während dieser Begebenheiten in Schweden hatte
Dänemark auch einen Krieg mit den Hansestädten, beson-
ders mit den Lübeckern, zu bestehen, die darüber mißver-
gnügt waren, daß der König ihnen den Handel mit Schwe-
den, so lange dieses in Aufruhr beharrte, untersagen wollte,
auch 1490 mit Heinrich VII. von England einen Handels-
vertrag abgeschlossen hatte, welcher den Engländern fast
gleiche Rechte mit den Hansestädten gewährte. Der Land-
krieg traf meistens die Herzogthümer, bis Herzog Friedrich
und der schleswig-holsteinische Adel mit den Lübeckern
einen Vertrag schlossen, vermöge dessen die Herzogthümer
Schleswig und Holstein keinen Antheil an dem Kriege
nehmen und Handel und Wandel von beiden Seiten
frei sein sollten (1509), unv der späterhin von dem
Könige Johann bestätigt wurde. In.dem Seekriege, in
welchem die dänische Flotte, für die Johann viel Sorgfalt
getragen hatte, von den tüchtigen dänischen Befehlshabern
Otto Nud, Soren Norbyc und Jens Hclgersen
Ulfstand nicht ohne Glück angeführt wurde, litten die
Hansestädte oft beträchtlichen Schaden; doch wurden auch
die dänischen Küsten und Inseln arg mitgenommen, wes-
halb der König auf Verlangen der Städte den Frieden
zu Malmöe (1511) unter den Bedingungen schloß, daß
die Hansestädte sich verpflichteten, den Schweden, so
lange sie im Kriege gegen Dänemark blieben, keine
Zufuhr zu leisten und dem Könige 30,000 Gulden als
Kriegsentschädigung zu entrichten. — Der in demselben
Jahre geschlossene Vergleich mit Schweden wurde, wie
gewöhnlich nicht gehalten, und nach Svante Nielsens
186
Tode (1512) wurde dessen Sohn Steen Sture der
Jüngere, zum Reichsverweser ernannt.
König Johann starb nicht lange nachher in seiner
Geburtsstadt Aalborg, den 20. Februar 1513. Er war
ein Mann von einfachen, schlichten Sitten und wird
wegen seiner Liebe für dänische Gebräuche, dänische
Sprache und Lebensweise gerühmt. Selbst gleichzeitige
schwedische Geschichtsschreiber nennen ihn redlich, wohl-
gesinnt nnd gerecht, und er würde dieses Zeugniß un-
bedingt verdienen, wenn nicht eine tyrannische Handlung
gegen den Reichshofmeister Paul Laxmann seinen Ruhm
befleckt hätte. Dieser Mann besaß außerordentliche Reich-
thümer. Als er eines Tages nach einer freundschaftlichen
Unterredung mit dem Könige von dem Schlosse in Kopen-
hagen kam, ward er von zweien Edelleuten überfallen
und ermordet. Die Mörder blieben ungestraft, gegen
Laxmann aber ward ein Proceß eingeleitet, unter dem
Vorgeben, als habe er mit Landesfeindcn in verräthe-
rischer Verbindung gestanden, ohne daß irgend ein Beweis
geführt wurde ward er für schuldig erkannt und seine
großen Güter der Krone zugesprochen.
Christian II. (1513—1523).
Mit Christian II. beginnt in Dänemark ein merk-
würdiger Kampf der niedern Stände mit den höhern,
welcher damit endete, daß das Ansehen der Geistlich-
keit zu Grunde ging, während die Macht des Adels
den höchsten Gipfel erreichte, und Bürger und Bauern
in den Zustand der S.claverei hinabsanken.
Christian II. mußte bei seiner Thronbesteigung eine
Handfeste unterschreiben, welche noch strenger war, als
IS»
die seines Vaters, und wodurch beinahe alle Macht in
die Hände des Adels und der Geistlichkeit gelegt wurde.
Der König, welcher die verderblichen Folgen davon sehr
wohl einsah, unterschrieb indessen diese Handfeste nur mit
dem festen Vorsätze, dieselbe nicht zu halten. Er hatte
schon vorher unter seinem Vater 12 Jahr lang an der
Negierung Theil genommen, und sowohl dadurch, als
namentlich auch als Statthalter in Norwegen, die beste
Gelegenheit gehabt, sich mit der innern Verfassung des
Staates sowie mit den großen Mängeln und Gebrechen,
woran derselbe litt, bekannt zu machen. Dazu war er
mit einem Hellen Verstände und einem kräftigen Willen
begabt, und hätte mit diesen Eigenschaften, verbunden mit
seiner Liebe für das unterdrückte Volk, einer der größten
Wohlthäter Dänemarks werden können, wäre er nicht
zugleich von zügellosen Leidenschaften, besonders von
einer wilden Rachbegierde beherrscht gewesen, die ihn
zu den grausamsten und gewaltthätigsten Handlungen
verleiteten, und nicht nur alle seine schönen Pläne ver-
nichteten, sondern ihm auch zuletzt Thron und Freiheit
raubten. Zur Entwickelung dieser seiner natürlichen
Fehler trug seine fehlerhafte Erziehung sehr viel bei,
und der Umstand, daß er eine Zeitlang in dem Hause
eines Bürgers, des Buchbinders Hans Metzenheim,
erzogen wurde, war nicht ohne Einfluß auf seine nach-
herige Stimmung gegen die höheren Stände.
Christian II. richtete zuerst seine Aufmerksamkeit
auf das unruhige Schweden. Hier war der alte Erich
Trolle zum Reichsverweser ernannt, allein bald von
Steen Sture dem Jüngern verdrängt worden.
Geleitet von Henning Gad zeigte Steen Sture sogleich
128
die feindseligste Gesinnung gegen Dänemark, konnte aber
doch nichts Erhebliches ausrichten, weil er bald in einem
heftigen Streit mit dem Erzbischofs von Upsala, Gustav
Trolle, der mit seiner ganzen mächtigen Familie sich an
die Spitze der dänischen Parthei stellte, verwickelt wurde.
Um diese Zeit war ein päpstlicher Legat, Namens A re em-
bold nach Dänemark gekommen, um Ablaßhandel zu
treiben, und nachdem er sich hier bereichert hatte, zvg er
in gleicher Absicht nach Schweden hinüber. Dieser Arcem-
bold hatte das Versprechen gegeben, in Schweden für
Christians Sache zu wirken; allein kaum daselbst an-
gekommen, trat er zur feindlichen Parthei über und er-
klärte sich öffentlich gegen den Erzbischof, welcher Steen
Sture in den Bann gethan hatte. Hierüber erbittert
suchte Christian II. sich nicht nur der Person des Arcem-
bold zu bemächtigen, sondern zog auch noch in demselben
Jahre (1518) mit Heeresmacht nach Schweden hinüber,
um dem auf seinem Schlosse von Steen Sture belagerten
Erzbischöfe z,u Hülfe zu kommen; allein dies Unter-
nehmen mißlang. Während Christian noch mit seiner
Flotte vor Stockholm lag, schlug er dem Reichsverweser
eine friedliche Zusammenkunft vor, und forderte zur
Sicherheit Geißeln, die auch sogleich gestellt wurden,
und unter welchen Henning Gad und der nachherige
König von Schweden, der junge Gustav Wasa, sich
befanden. Kaum waren diese am Bord der Flotte ge-
kommen, so ließ der König die Anker lichten und segelte
nach Dänemark zurück. Der Erzbischof mußte nun sein
Schloß an Steen Sture übergeben, sein Amt niedcr-
legen und ins Gefängniß wandern. Allein wegen
dieses Verfahrens gegen einen so vornehmen Geistlichen
1,89
wurde Steen Sture nebst allen seinen Anhängern in
den Bann gethan, und ganz Schweden mit dem Inter-
dict belegt, die Vollziehung des päbstlichen Strafurtheils
aber dem Könige Christian 11. übertragen. Ein großes
Heer rückte nun unter Anführung Otto Krumpen'S
in Schweden ein und drang bis Westgothland vor.
Bei Bogesund kam es am 19.Januar 1520 zu einer
blutigen Schlacht, in welcher Steen Sture nicht nur
geschlagen, sondern auch selbst so schwer verwundet
wurde, daß er einen Monat darauf starb. Jetzt unt.r-
warf sich ganz Schweden bis auf Stockholm, welche
Stadt die heldenmüthige Christina Gyldenstjerne,
Steen Sture's Wittwe, noch eine Zeitlang vertheidigte.
Endlich, nachdem Otto Krumpen im Namen des Königs
versprochen hatte, daß alles Geschehene vergessen sein
sollte, wurde Christian 11. als König in Schweden
anerkannt. Im Frühjahre erschien er in eigener Person
mit einer Flotte vor Stockholm, begleitet von Henning
Gad, der nun als sein Freund und Vermittler auftrat
und in Verbindung mit dem Bischof Matthias von
Strengnäs Christina überredete, dem Könige die
Thore Stockholms zu öffnen, worauf am 4. November
1520 die Krönung vollzogen wurde.^—
Zu dieser Krönungsfeier hatten sich in Stockholm
viele Prälaten und Adelige eingefunden, die, vom Kö-
nige mit der größten Freundlichkeit behandelt, nichts
Böses ahnen konnten. Allein nach dreien Tagen wurde
plötzlich der größte Theil der Anwesenden verhaftet
und sogleich ein Blutgericht niedergesetzt. Alle, welche
den Reichstagsbeschluß unterzeichnet hatten, demzufolge
der Erzbischof Gustav Trolle abgesetzt und verhaftet
worden war, wurden als vorgebliche Kirchenverbrecher
9
ISO
zum Tode vcrurtheilt; nur der Bischof Brask in
Linköping, welcher unter sein Siegel einen Zettel ge-
steckt hatte mit der Erklärung, daß er nur gezwungen
an der Verurtheilung des Erzbischofs Theil genommen
habe, und außerdem ein anderer Bischof, der zugleich
mit Gustav Trolle als Kläger aufgetreten war, wurden
freigesprochen. Am Morgen des 8. November 1520
wurden ungefähr 90 der vornehmsten Schweden aus
allen Ständen zu dem mitten auf dem Marktplatze in
Stockholm errichteten Blutgerüste abgeführt und ent-
hauptet. Die Leichname der Hingerichteten blieben drei
Tage lang unbeerdigt liegen, und wurden darauf außer-
halb der Stadt als Ketzer verbrannt. Selbst seiner
treuesten Anhänger schonte Christian nicht; der Bischof
Matthias von Strengnäs befand sich unter den zu
Stockholm Hingerichteten, und Henning Gad's Haupt
fiel nicht lange nachher in Finnland unter dem Beil
des Henkers. Auf der Zurückreise nach Dänemark
bezeichnete der König in allen Provinzen, welche er
durchzog, seinen Weg durch neue Greuelthaten. — Chri-
stian II. glaubte nun den aufrührerischen Geist der
Schweden im Blut erstickt zu haben; allein er täuschte
sich sehr. Das stockholmer Blutbad wurde das Grab
der nordischen Union. Der edle Gustav Wasa, dessen
Vater auch zu Stockholm hingerichtet worden war, hatte
sich unter mancherlei Gefahren aus seiner Gefangen-
schaft in Dänemark befreit und war nach Schweden
entkommen, wo er nun an der Spitze der Darlekarlier
als Retter feines Vaterlandes auftrat. Aus allen
schwedischen Provinzen sammelten sich nach und nack-
große Schaaren unter seine Fahnen, und nachdem er
beinahe alle dänischen Truppen vertrieben hatte, wurde
fr 1523 zum Könige erkvählt und damit die Union für
immer aufgehoben.
Während Christian 11. durch seine Grausamkeiten
die schwedische Krone einbüßte, zog er sich durch seine
eigenmächtige Regierung auch den Haß des Adels und
der Geistlichkeit in Dänemark zu. Dahingegen genoß
der König, ungeachtet er wegen der langwierigen schwe-
dischen Kriege schwere Schatzungen auslegte und schlechte
Münzen schlagen ließ, die Liebe der Bürger und Bauern,
welche er stets gegen die Unterdrückung der höhern
Stände in Schutz nahm. Ohne sich im Mindesten an
die von ihm unterschriebene harte Handfeste zu kehren,
legte er dem Adel und der Geistlichkeit Schatzungen
auf, und behandelte den Reichsrath mit der größten
Gleichgültigkeit. Außerdem bestand seine Umgebung,
zum großen Verdruß der höhern Stände, meist aus
Personen niedern Standes, die er zu hohen Würden
erhob und denen er sein Vertrauen schenkte. Einer
derselben war Diedrich Slagheck aus Westphalen,
der mit dem päbstlichen Legaten Arcembold ins Land
gekommen war, und der durch seinen großen Verstand
und seine Gewandtheit in der Geschäftsführung sich beim
Könige einen solchen Einfluß zu verschaffen wußte, daß
er ihn zum Erzbischof in Lund ernannte. Ucbrigcns
war dieser Slagheck ein ruchloser und schlechter Mensch,
der auch den König zum stockholmer Blutbnde verleitet
haben soll. Einen noch größern Einfluß, als dieser,
erwarb sich die Holländerin Sigbrit, welche, durch
bürgerliche Unruhen aus ihrem Vaterlaude vertrieben,
sich als Gastgeberin in Bergen niedergelassen hatte,
wo der König während seines Aufenthalts in Norwe-
gen als Kronprinz mit ihr und ihrer schönen Tochter
9 *
ISS
Dyveke bekannt geworden war. Als Christian spä-
terhin den Thron bestieg, überließ er der klugen Sig-
brit die Verwaltung des ganzen Zollwesens und berieth
sich mit ihr in allen wichtigen Staatsangelegenheiten,
namentlich in Betreff des Handels und der Aufnahme
der Handelsstädte. Sigbrit achtete den Bürger- und
Handelsstand über alles, hegte dagegen offenbar tiefe
Verachtung gegen den Adel, der manche harte Demü-
thigung von ihr erfahren mußte. Ihr Ansehen beruhte
indeß nicht auf dem Verhältniß des Königs zu ihrer
Tochter, denn noch lange nach dem im Jahre 1517
erfolgten Tode der Dyveke wußte sie dasselbe sich zu
erhalten. Dyvekes Tod führte eine der grausamsten
und ungerechtesten Handlungen des Königs, nemlich
die Hinrichtung des Schloßherrn zu Kopenhagen, Tor-
ben Oxe's, herbei, welchen Christian in Verdacht eines
unerlaubten Umganges mit Dyveke hatte. —
Eben so schonungslos wie den Adel behandelte
der König die Geistlichkeit, deren Stellung im Staate
sich seit dem 13ten und 14ten Jahrhundert auffallend
verändert hatte. Den klugen, aber streitsüchtigen und
hochmüthigen Bischof in Fühnen, Jens Andersen
Beldenak, der sich mehr um den Handel und andere
weltlichen Geschäfte, als um sein geistliches Amt beküm-
merte, ließ er 3 Jahre lang im Gefängnisse halten,
worauf er ihn seines Amtes entsetzte und ihn zur Wie-
dererstattung einer Summe von 80,000 Gulden zwang,
die König Johann zufolge einer durch den Bischof mit
den Lübeckern geschlossenen Uebereinkunst an diese hatte
bezahlen müssen. Späterhin begleitete dieser Jens
Andersen Beldenak den König nach Schweden und
hatte Sitz im stockholmer Blutgerichte. — Das Domeapitel
133
Ln Lund mußte sich vom Könige wiederholt einen neuen
Erzbischof aufdringen lassen. Als der vom Domcapitel
gewählte Aage Spar re dem Könige nicht gefiel, er-
nannten dieDomhenen den königlichen Kanzler Georg
Skadborg zum Erzbischof; allein da dieser nach dem
Wunsche Christians Bornholm nicht abstehen wollte,
übertrug dieser dem verachteten und verhaßten Diedrich
Slagheck diese höchste geistliche Würde, und bemäch-
tigte sich nun sowohl Bornholms als des dem erz-
bischöstichen Stuhle gehörenden Schlosses Aahuus in
Schonen.
In dem bisher Angeführten hat sich Christian II.
entweder als ein grausamer oder despotischer Herrscher
gezeigt; aber von einer vortheilhafteren Seite tritt er
in seiner Gesetzgebung auf, die ein unvergängliches
Denkmal von dem Hellen und freien Geiste ist, wodurch
er sich über die Vorurtheile und Jrrthümer vieler sei-
ner Zeitgenossen erhob, so wie dieselbe nicht minder
von seiner Liebe zum Bürger- und Bauernstände und
seiner Fürsorge für Sittlichkeit und Volksauftlärung
zeugt. Da seine Wirksamkeit als Gesetzgeber sich bei-
nahe über alle Zweige der innern Verwaltung erstreckt,
so geben seine Gesetze zugleich ein treues Bild von
den Sitten und der ganzen innern Verfassung des
Landes am Schlüsse des Mittelalters, so wie von den
beinahe unglaublichen Uebeln, woran der Staat da-
mals litt.
Den durch die Hansestädte gedrückten dänischen
Handel zu erweitern, die Handelsstädte zu heben und
den privilegirtcn Ständen ihre angemaßten Handels-
gerechtsame zu entreißen, war das Hauptaugenmerk
Christian II., zu welchem Ende er mehrere zweckmäßige
134
Verordnungen erließ, welche den innern Handel, das
Maaß und Gewicht, die Verbesserung der Wege und
das Strandrecht betrafen. — Durch mehrere Bestim-
mungen suchte der König auch Sittlichkeit, Ordnung,
und eine bessere Rechtspflege sowohl in den Städten,
als auf dem Lande zu befördern. — Des unterdrückten
Bauernstandes nahm er sich mit väterlicher Fürsorge
an, schränkte die Leibeigenschaft bedeutend ein und suchte
die Bauern zum Gartenbau zu ermuntern, zu welchem
Ende er auf Anrathen seiner Gemahlin Elisabeth,
einer Schwester KarlV., mehrere holländische Bauern-
familien ins Land rief, welche sich auf Amack nicder-
licßen. — Durch Verbesserung der Schulen suchte
Christian II. für die Aufklärung des Volkes zu wirken,
so wie durch eine für die damalige Zeit sehr gute
Schulordnung die lateinischen Schulen zu heben. Meh-
rere seiner Verordnungen zielten auch darauf ab, die
Macht und Ueppigkeit der Geistlichen einzuschränken
und diese zu einer strengen Erfüllung .ihrer Amts-
pflichten anzuhalten?,
Ueberzeugt von der Nützlichkeit der in Deutschland
durch Luther neulich begonnenen Reformation, suchte
Christian II. auch dieselbe in Dänemark einzuführen.
Bereits im Jahre 1519, zwei Jahre nach dem ersten
Auftreten Luthers, schrieb er an seinen Mutterbruder,
den Churfürsten Friedrich von Sachsen, und bat ihn,
einen Lehrer von Wittenberg zu senden, der die .Refor-
mation in.Dänemark ausbreiten könnte. Zufolge dieses
Schreibens kam auch im Jahre 1520 der Magister-
Martin Reinhard nach Kopenhagen, wo er an
Sonn- und Festtagen in der Nicolaikirche Predigte; da
aber Reinhard der dänischen Sprache unkundig war.
so mußten seine Worte durch einen Andern überseht
werden, welches Geschäft der an der Universität zu
Kopenhagen als Lehrer angeftelltc Karmelitermönch
Paul Eli äsen übernahm. Dieser Mann hatte durch
eigenes Nachdenken und fleißiges Lesen der Schriften
Luthers die großen Mißbräuche eingeschen, welche in
der katholischen Kirche herrschten, und trat daher nun
als Gehülfe Reinhards und als eifriger Vertheidiger
der neuen Lehre auf. Die katholische Geistlichkeit in
Kopenhagen bemühete sich indeß, die Ausbreitung der
Reformation zu hindern, und als cs endlich dem Bischof
in Roeekilde, Lago Urne, gelungen war, Paul Eliä-
scn zum Rücktritt zur katholischen Kirche zu bewegen,
konnte Reinhard fernerhin nichts ausrichtcn, und reis'te
daher nach Deutschland zurück. Christian U. suchte nun
Luthern selbst zu bewegen, nach Dänemark zu kommen;
allein dies gelang nicht. Dagegen wurde Luthers da-
maliger Freund, Karlftadt, nach Kopenhagen gesandt,
wo er sich jedoch nur kurze Zeit aufhielt, wahrscheinlich
aus dem Grunde, weil gerade jetzt die Umstände den
König nöthigten, einige Rückschritte zu machen.
Ein Unwetter begann nemlich sich über dem Haupte
Christian 11. zusammenzuziehen, welches ihm Sturz und
Untergang drohte. Schweden war in vollem Aufruhr,
die Lübecker erklärten Dänemark den Krieg, zwischen
dem Könige und seinem Oheim, dem Herzog Frie-
drich, brachen ernstliche Streitigkeiten aus, und bei
dem Adel und den Prälaten glimmte ein Mißvergnü-
gen, welches bald in hellen Flammen auflodcrte. Die
Mißhclligkeiten mit dem römischen Hofe wegen Chri-
stians Neuerungen in der Religion und wegen des
stockholmcr Blutbades, wobei auch zwei Bischöfe waren
f
136
hingerichtet worden, wurden bald gütlich beigelegt. Man
wälzte alle Schuld dieser blutigen Begebenheit auf
Diedrich Slagheck, damaligen Erzbischof von Lund,
der dafür und für viele andere schlechte Thaten zum
Tode vcrurtheilt, zuerst gehängt und hierauf am 22. Ja-
nuar 1522 auf dem Schloßplatze zu Kopenhagen ver-
brannt wurde.
Der Hauptgrund des Streites zwischen Christian II.
und seinem Oheim war das Recht der Belehnung in
Beziehung auf Holstein, welches der König zur Zeit
eines Besuchs bei seinem Schwager, dem Kaiser Karl,
auf sich hatte übertragen lassen. Der Herzog, schon
unwillig über die schimpfliche Behandlung, welche eini-
gen holsteinischen Adligen in Schweden vom Könige
widerfahren war, denen der König ihre Pferde und
Harnische hatte nehmen lassen, und sie darauf nach
Hause geschickt hatte, fand sich in seinen Rechten ge-
kränkt, und die Spannung blieb, ja vermehrte sich noch,
bis der König, durch so viele Feinde bedrängt, mildere
Gesinnungen äußerte, und zu Bordesholm ein Vergleich
zu Stande kam, (13. August 1522). Der König ent-
sagte seinem Belehnungsrechte, gestattete dem Herzoge,
sich während der Fehde mit den Lübeckern friedlich zu
verhalten, versprach demselben eine Summe Geldes
(11,000 Mark) zu bezahlen, über die andern An-
sprüche des Herzogs sollten von beiden Theilen gewählte
Schiedsrichter entscheiden. Der König brach aber .bald
darauf den geschlossenen Vergleich, und die Gährung
unter Adel und Geistlichkeit wurde täglich größer.
Christian II. berief nun zu Ende des Jahres 1522
einen Reichstag nach Kallundborg; allein die jütischen
Stände blieben aus, indem sie Wind und Wetter als
SS?
Vorwand angabcn. Sie schlossen dagegen eine Ver-
bindung zu Wiborg gegen den König, und ehe noch
der neue Reichstag, den der König zum 25. Januar
1523 nach Aarhuus ausgeschrieben hatte, zu Stande
kam, überbrachte der Landrichter in Jütland, Mogens
Munk, dem Könige (20. Januar) in Weile die Auf-
kündigungsacte. — Bei diesem Schlag verlor Chri-
stian 11. alle Fassung. Anstatt sich an das zu halten,-
was er noch besaß, an die Inseln Schonen, Norwe-
gen und die Liebe der Bürger und Bauern für ihn,
nahm er seine Zuflucht zu Bitten und Versprechungen,
und reis'te, als diese nichts halfen, unentschlossen und
muthlos nach Kopenhagen. Nachdem er hier Heinrich
Gjöe zum Befehlshaber ernannt hatte, schiffte er sich
am 14. April 1523 mit seinen drei kleinen Kindern
und seiner 22jährigen Gemahlin in Kopenhagen ein,
das er erst 9 Jahre später als Gefangener seines
Oheims Wiedersehen sollte. Die Bürger Kopenhagens
sahen ihrem davonsegelnden Könige mit traurigen Blicken
nach. Er selbst büßte hart für das, was er verbrochen
hatte, zuerst durch ein 9jährig es Umherftreifen in
fremden Ländern, dann durch eine 27jährige Gefan-
genschaft. Seine Kinder lebten in der Verbannung,
und seine Gemahlin war einige und zwanzig Jahre
alt in Noth und Elend gestorben. —
Friedrich I. (1523 — 1533).
Derselbe Mogens Munk, der dem Könige Chri-
stian 1!. die Aufkündigungsacte überbracht hatte, über-
brachte auch dem Herzoge Friedrich die Aufforderung
des jütischen Adels, die Krone anzunehmen. Der
Herzog, welcher fürchtete, daß der oldeuburgischc Stamm
Z38
/ -
ganz von der Negierung möchte ausgeschloffen werden,
und der überdies von Christian 11. aufs Neue beleidigt
war, weil dieser den Bordesholmschen Vergleich gebro-
chen hatte, nahm das Arerbieten an und schloß bald
darauf ein enges Frcundschaftsbündniß mit den Lübeckern,
die ihn gegen die Wiederverleihung ihrer alten Han-
delsfreiheiten in den dänischen Staaten nach bestem
Vermögen zu unterstützen versprachen. Hierauf ging
der Herzog nach Jütland, wo ihm auf dem Lands-
thinge zu Wiborg gehuldigt wurde, nachdem er in der
Handfeste die Gerechtsame des Adels und der Geist-
lichkeit nicht nur bestätigt, sondern auch dem jütischen
Adel eben dieselben Rechte über seine Bauern ertheilt
hatte, wie sie der schleswig-holsteinische schon besaß.—
Nach der Huldigung in Jütland ging Friedrich 1. zuerst
wieder in die Herzogthümcr zurück, um sich hier auch
derjenigen Schlösser und Landschaften zu versichern, Wer
bisher Christian II. gehört hatten, schloß für sich und
im Namen seines Prinzen Christian einen Vergleich mit
^ den^Dithmarschern, wodurch beite auf ihre Lebenszeit
'Yyv' allen^Haß und Widerwillen gegen diese Landschaft
entsagten, und entbot darauf die Stände beider Her-
zogthümer nach Gottorff zur Huldigung, die auch von
der Mehrzahl der Stände geleistet wurde. Friedrich I,
zog nun durch Fühncn nach Seeland hinüber, wo das
offene Land bald von seinen Truppen besetzt ward,
und Kallundborg sich durch die Verrätherei des Be-
fehlshabers, Claus Erichsen, leicht ergab; aber
Kopenhagen und Malmöe leisteten unter Heinrich Gjöe
tapfern Widerstand, und ergaben sich erst nach einer
^monatlichen Belagerung zu Anfang des Jahres
1524 an Friedrichs tapfern Heerführer Johann
■139
Nantzau. — Auch Norwegen, welches früher Chri-
stian 11. sehr ergeben gewesen war, unterwarf sich jetzt
Friedrich 1., und dieser erklärte in der ausgestellten
Handfeste, daß Norwegen ebenso wie Dänemark ein
freies Wahlreich sein sollte.
Christian II. streifte 'indessen in England, Deutsch-
land und den Niederlanden umher, um Hülfe zu suchen,
und brachte^auch ein bedeutendes Heer in Norddeutsch-
land zusammen; da es ihm aber am Gclde fehlte, so
lös'tc sich dasselbe auf, ohne daß irgend etwas ausge-
richtet wurde. Auch die Bestrebungen seiner Partbei
im Lande selbst hatten keinen Erfolg, und Soren
Norbye, ein treuer und tapferer Anhänger Christians,
der erst lange von Gothland aus die Lübecker und
Schweden beunruhigt hatte, ließ sich endlich zum Frie-
den bewegen, nachdem auch der Bauernstand in Scho-
nen unter ihm durch Johann Rantzaus siegreiche Waffen
unterdrückt worden war. Er verließ aber später sein
Vaterland, ging in die Dienste Karls V. von Deutsch-
land und blieb bei der Belagerung von Florenz
(1530). — Die Lübecker, welche Friedrich I. eifrig
unterstützt hatten, wurden für ihre Dienste in ihren
Handelsfreiheiten bestätigt, und erhielten überdies die
Einkünfte von Gothland auf zwei, und die ganze Insel
Bornholm auf 30 Jahre. Sie vermittelten auch einen
Vergleich Friedrichs I. mit Gustav Wasa zu Malmve
1524, infolge dessen die Unabhängigkeit beider Reiche
anerkannt wurde, f
Der Versuch Christian 11., die Reformation ein-
zuführen, war mißlungen, und durch die von Friedrich I.
bei seiner Thronbesteigung ausgestellte Handfeste schie-
nen die Gerechtsame der katholischen Kirche und" Gcist-
*
140
kichkeit in Dänemark mehr als je gesichert zu sein. Dia
Mißbräuche in Lehre und Verfassung der Kirche waren
aber jetzt so groß geworden, daß man sie nur zu be-
zeichnen brauchte, um dieNothwendigkeit ihrer Abschaffung
darzuthun. Die ursprüngliche Lehre des Chn'stenthmns
war unter einer Menge neuer selbsterfundener Satzungen
fast verloren gegangen; die Frömmigkeit ward in der
Ausübung äußerer kirchlicher Handlungen gesucht, die
Heiligenvcrehrung trat an die Stelle des Gottesdien-
stes, und der Ablaß verschaffte die Verzeihung aller
Sünden, wenn man die Mittel besaß, sich denselben zu
erkaufen. Der Gottesdienst wurde in lateinischer Sprache
gehalten, und die Bibel durfte nicht in die Landes-
sprache übersetzt werden, damit nicht der gemeine Mann
mit ihren Wahrheiten bekannt werden möchte. Das
ärgerliche Leben der Geistlichen, ihre Unwissenheit und
Rohheit, hatte sie bei dem Volke verächtlich und ver-
haßt gemacht. Die höhere Geistlichkeit war vornehm
und adlig geworden, sie hatte ihre Sache von der
Sache des Volkes getrennt und dadurch sich die Her-
zen entfremdet. Die Bischöfe, welche sich mehr um
weltliche Angelegenheiten bekümmerten, vernachlässigten
die Verwaltung der Kirche. Sie ließen eine große
Menge von Aemtern auf dem Lande unbesetzt, um selbst
die Einkünfte derselben zu ziehen, oder dieselben durch
sogenannte „Lehnpriester" verwalten. In vielen Kirchen
wurde nur zwei oder drei Mal des Jahres Gottesdienst
gehalten, und im Stifte Aarhuus waren in Jahre t 530
sechszehn Kirchen, die nicht mehr als zwei Pfarrer
hatten.
Friedrich I. hatte schon vor seiner Huldigung als
dänischer König die Reformation in den Herzogthümcru
MH
begünstigt, und diese konnte hier um so ungehinderter
sich ausbreiten, als man nicht mit einer mächtigen
und unruhigen Geistlichkeit zu kämpfen hatte. Der
Bischof von Schleswig, Gottschalk von Ahlefeldt,
war ein friedliebender und damals schon bejahrter
Mann, und widersetzte sich der neuen Lehre nicht, ob-
gleich er selbst bis an seinen Tod (1541) seiner väter-
lichen Religion getreu blieb, und der Einfluß des Erz-
bischofs von Bremen und des Bischofs von Lübeck war
unerheblich. — Hermann Taft aus Husum war der
erste, der in seiner Vaterstadt Luthers Lehre öffentlich
predigte (1522). Ihn unterstützte Diedrich Becker
oder Pistorius, und beide Männer fanden bald so
großen Anhang, daß sich die Reformation in den Jah-
ren 1522 — 1527 fast in alle Theile der Herzogthümer
"verbreitete. 1525 wurvc schon ein ordentlicher evan-
gelischer Prediger zu Hadersleben eingesetzt; dasselbe
geschah 1526 und 1527 zu Flensburg, Husum, Schles-
wig und in den übrigen Städten der Herzogthümer.
Als Friedrich I. im Jahre 1527 nach Dänemark abging,
übertrug er seinem Prinzen Christian mit der Statt-
halterschaft über die Herzogthümer auch die Sorge für
die neue Lehre, und die Anstalten dieses edeldenkenden
und einsichtsvollen Prinzen, der 1521 selbst in Worms
gewesen war und Luthers freimüthige Verantwortung
bewundert hatte, auch sich öffentlich zur lutherischen
Lehre bekannte, brachten es bald dahin, daß die Anhän-
ger der päbstlichen Kirche allenthalben entweder weichen
oder nachgeben mußten. Die Einführung der lutherischen
Bibelübersetzung, so wie des augsburgischen Glaubens-
bekenntnisses, welches bald nach der Uebergabe desselben
zu Augsburg (1530) in die Herzogthümer kam, waren
L4S
auch hier wirksame BeförderuUgsinittel der Refor-
mation..
Die Religiousveränderung war in beiden Hcrzog-
thümern ohne Aufstand und Gewalt bewirkt worden;
in dem benachbarten Dithmarschen kam cs aber deshalb
zu sehr unruhigen Auftritten. Hier wurde Heinrich
von Zätphen, den einige Freunde der Reformation
ins Land gerufen hatten, und der in Meldorf mit
großem Beifall als Prediger aufgetreten war, von
einem Haufen wüthendcr Bauern in der Nacht ergrif-
fen, nackend von Meldorf nach Hemmingstedt, und von
da nach Heide geschleppt, zum Feuer verurtheilt und
unter gräßlichen Martern verbrannt (11. Dec. 1524).
Die Verfolgung, welche einige Zeit nach seinem Tode,
gegen seine Freunde und Anhänger fortdauerte, konnte
indeß den Sieg der Wahrheit nur kurze Zeit aufhalten,
und schon 1532 wurde die Messe und der katholische
Gottesdienst im ganzen Lande verboten und die evan-
gelische Lehre allenthalben eingeführt.
In Dänemark war das Haupt der Reformation
Hans Taufen, ein armer Bauernsohn aus Fühnen,
der zuerst in seinem Kloster Antwortstov, dann in
Wiborg gegen die katholische Religion lehrte, und sich
weder durch Drohungen noch Gefängniß einschüchtern
ließ. Eine mächtige Unterstützung fand er an der
Uebersetzung des neuen Testaments, welche Hans
Mich elfen, früher Bürgermeister in Malmöe, ünd
jetzt ein freiwilliger Begleiter des landflüchtigen Chri-
stian II., ausgearbeitet und 1524 in Antwerpen heraus-
gcgeben hatte. Dies Buch wurde von holländischen
Kaufleuten in Menge eingeführt und von dem Volke,
ungeachtet des Verbots der Bischöfe gegen das „ge-
, ISS
fährliche" Buch, mit Begierde gekauft nnd gelesen. —
Auch der König zeigte sich immer unzweideutiger als
Freund der lutherischen Lehre. Er hatte schon 1524
bei seiner Krönung einen lutherischen Geistlichen für
seinen Privat-Gottesdienst mitgebracht, widersetzte sich
allen Gewaltthätigkeiten der dänischen Bischöfe, erklärte
sich bald darnach öffentlich durch den Genuß des Abend-
mahls in beiderlei Gestalt und durch Abschaffung aller
Fasten an seinem Tische für die neue Lehre, und ver-
schaffte nun auch Hans Taufen die Freiheit wieder,
indem er ihn zu seinem Caplan ernannte.
Das Beispiel Wiborgs,. wo Taufen mit großem
Erfolg predigte, fand bald in andern Städten, zuerst
in Malmöe, Nachahmung, wo Kllaus Mortensen,
Hans Spandcmager und Franz Vormorsen
gegen die katholische Religion predigten und großen
Anhang fanden. — Paul Eliäsen, der fortfuhr im
Lande umherzureisen, predigte tauben Ohren, und eben
so wenig fruchteten die Hirtenbriefe der Bischöfe, die-
sie an ihre Gemeinden erließen, und in denen sie vor
Luthers verdammungswürdiger Lehre warnten. — Die
Reformation machte, trotz alles Widerstandes, immer'
größere Fortschritte, und der König setzte auf einem
Herrentage zu Odense (1527) einen Beschluß durch,
wodurch beiden Religionspartheien Gewissensfreiheit und
der Schutz der Gesetze zugcsichert ward. Taufen kam
1529 von Wiborg, da seine Gegenwart dort nicht mehr
uöthig war, nach Kopenhagen, wo. bald auch der größte
Theil der Bürger seiner Lehre huldigte. — Von diesen
drei Städten, Wiborg, Malmöe und Kopenhagen, ver-
breitete sich nun die Reformation über das ganze Land,
und wurde auch durch die neue in einer reineren und
144
besseren Sprache geschriebenen Uebersetzung der Psal-
men und des neuen Testaments von dem gelehrten
Christen Petersen trefflich gefördert.
In demselben Jahre, in welchem der berühmte
Reichstag zu Augsburg nach der Meinung der Katho-
liken die lutherische Lehre in Deutschland vernichten
sollte (1530), berief der König auf den Wunsch der
dänischen Bischöfe einen Herrentag nach Kopenhagen
zusammen, auf welchem Taufen im Namen der Prote-
stanten ihr Glaubensbekenntniß in 43 Artikeln vorlegte,
dessen Hauptsatz war, „daß die heilige Schrift ohne
menschliche Zusätze und Erdichtungen die einzige Regel
und das einzige Gesetz für einen Christen sei, wornach
er sein Leben und seinen Wandel einzurichten habe." —
Die Protestanten reichten zugleich eine Klageschrift gegen
die Katholiken ein, und der Herrentag endigte mit dem
Beschlüsse, daß die Lutheraner fernerhin die Freiheit
der Lehre behielten. Was auch wesentlich zum schnellen
Sturz des Katholicismus beitrug, war die mißliche
Stellung, in der sich gerade damals mehrere der höch-
sten Beamten der Kirche befanden. Der Erzbischof
Aage Sparre ward zwar vom Könige anerkannt,
konnte aber die päbstliche Bestätigung nicht erhalten;
der Bischof von Fühnen, Jens Andersen Beldenak,
war wegen einiger beleidigender Ausdrücke gegen den
König zu einer entehrenden Strafe verurtheilt worden,
mnd Jürgen Fries, Bischof in Wiborg, befand sich
feit 1530 im Banne.^<
So sah sich die lutherische Kirche überall begün-
stigt; doch war ihr Fortschreiten auch an mehreren
Orten von Unordnungen und Gewaltthätigkeiten beglei-
tet. — In den Hcrzogthümern erregte Melchior
/
2455
Hoffmann, ein Kürschner, aber mit der Bibel wohl-
bekannt und ein fertiger Schwätzer, der auf Verwenden
des Königs eine Predigcrstelle in Kiel erhalten hatte,
gefahrdrohende Irrungen, und da man bei einem Reli-
gionsgespräche zu Flensburg ihn zu keiner andern Ue-
berzeugung hatte bringen können, mußte er mit seinem
Anhänge das Land verlassen. — In Kopenhagen drang
am 3. Weihnachtstage 1531 ein Hanfe Bürger, ange-
führt vom Bürgemeister Ambrosius Bogbinder, in
die Frauenkirche, wo sie Bilderstürmcrei anfingen, und
nur durch bewaffnete Macht zur Ordnung zurückgebracht
woxdcn. Aehnliche Auftritte fielen an andern Orten
vor. Man verfolgte die Mönche, besonders die Bet-
telmönche, und riß ihre Klöster nieder, und selbst ein-
zelne Bischöfe waren, wenn sie sich öffentlich zeigten,
nicht vor Verhöhnungen und Gewaltthätigkeiten sicher.
Im Jahre 1531 machte Christian II. einen neuen
Versuch, seine Reiche wieder zu gewinnen, Znd landete
mit einer Flotte, die er in Holland ausgerüstet hatte,
am 5. November in Norwegen, wo der frühere Erz-
bischof von Upsala, Gustav Trolle, für seine Sache
wirksam gewesen war. Aber obgleich ihm die Stände
zu Opslo huldigten und der norwegische Neichsrath dem
Könige Friedrich I. einen Aufkündigungsbrief sandte,
so konnte doch Christian II. keinen einzigen festen Platz
in Norwegen gewinnen, und sah sich bald zu Unter-
handlungen mit dem Anführer der dänischen Flotte,
Knud Gyldenstjerne, genöthigt, der ihm freies
Geleit zusagte, um mit seinem Oheim eine persönliche
Zusammenkunft zu haben. Auf dieses Versprechen sich
verlassend, ging Christian II. an Bord der dänischen
Flotte, die ihn nach der Rhede von Kopenhagen brachte.
10
i m
Nach einem Aufenthalte von 7 Tagen, wo man über
sein ferneres Schicksal verhandelte, wurde er nach dem
Schlosse Sonderburg auf Alsen geführt, wo der
unglückliche König in einem elenden engen Gefängnisse
17 Jahre zubringen mußte.
Friedrich I. starb am 10. April 1533 auf Gottorff,
wo er sich gewöhnlich aufhielt, da er die Herzogthiimer
mehr als Dänemark liebte. Bei dem Volke war er
nur wenig, desto mehr aber beim Adel beliebt, den er
besonders begünstigte. Verdient er auch einigen Tadel
wegen seines Verhaltens, zuerst gegen seinen Bruder
Johann, und später gegen seinen Brudersohn, Chri-
stian II., so ist dagegen sein besonnenes und kluges
Verfahren bei der Einführung der Reformation sehr
zu loben.
Christian 11!. (1534— 1559).
Nach dem Tode Friedrich!, trat ein Zwischenreich
von einem Jahre oder eigentlich von drei Jahren
ein, denn erst nach Verlauf dieser Zeit wurde Chri-
stian 111. als erwählter König allgemein anerkannt.
Zwar traten Adel und Geistlichkeit gleich nach dem
Ableben Friedrichs zu einem Reichstage in Kopenhagen
zusammen, um einen neuen König zu wählen; allein
man konnte sich wegen der Wahl nicht verständigen.
Die weltlichen Neichsräthe stimmten für den ältesten
Sohn Friedrichs, dem Prinzen Christian, der als
ein eifriger Lutheraner bekannt war, während die
Bischöfe sich aus allen Kräften dieser Wahl widersetz-
ten und den jüngern Sohn Friedrichs, den Prinzen
Johann, der noch ein Kind war, und den sie daher
in der katholischen Religion erziehen zu können hofften,
Ü«
zum Könige haben wollten. Die Folge hievon war,
daß man den Beschluß faßte, die Königswahl bis zum
nächstfolgenden Jahre zu vertagen, unter dem Vor-
wände, die Ankunft der norwegischen Reichsräthe ab-
warten zu müssen, während welcher Zeit der Reichsrath
die Regierung führen solle. Mißvergnügt darüber ver-
ließen der Reichshofmeister Mogcns Gjöe und der
Reichsrath Erich Banner die Versammlung und
begaben sich zum Herzoge Christian, den sie aufforder-
ten, sich des Thrones zu bemächtigen, ohne erst die
Entscheidung des Reichsraths abzuwarten. Allein Chri-
stian verwarf sowohl diesen als einen ähnlichen Vor-
schlag, den ihm die Lübecker nicht lange darnach machten.
In Betreff der Religion waren auf dem erwähn-
ten Reichstage, ungeachtet des Widerstandes von Sei-
ten mehrerer weltlichen Reichsräthe, verschiedene Be-
stimmungen gefaßt worden, durch welche der Katholicis-
mus wiederum an Macht gewann. Zwar sollten die
auf dem Herrentage in Odense (1527) gefaßten Be-
schlüsse fernerhin Gültigkeit haben, allein es wurde nun
nebenbei festgesetzt, daß kein lutherischer Prediger ohne
Einwilligung des Bischofs eingesetzt werden dürfe und
die Messe wiederum eingeführt werden solle; außerdem
sollten alle Domkirchen, Mönchs- und Nonnenklöster
fernerhin bestehen, und wegen der eingezogenen Kloster-
güter, die größtentheils dem Adel gehörten, sollte spä-
terhin unterhandelt werden. — Die Bischöfe benutzten
sogleich diesen ihren Sieg über den Protestantismus,
um den ihnen verhaßten Johann Taufen seines
Amtes in Kopenhagen zu entsetzen und ihm das Pre-
digen überall im Reiche zu untersagen. Taufen mußte
zwar, zufolge des über ihn gesprochenen Urtheils, die
io*
US
Stadt Verlaffen; allein nun brach eine furchtbare Gäh-
rung unter den Bürgern aus, und der Bischof Rön-
nov mußte in seine Zurückberufung willigen, wobei er
jedoch die Bedingung stellte, daß Taufen künftig mit
gemäßigterem Eifer wirken solle. — Aehnliche Auf-
tritte fielen auch an andern Orten im Reiche, beson-
ders in den Städten vor, indem die Bischöfe überall
die lutherischen Prediger zu verdrängen suchten; auf
- dem Lande hingegen, wo das abergläubische Volk uoch
zum großen Theile den Glauben seiner Väter festhielt,
setzten die Bischöfe ohne sonderlichen Widerstand chr
Vorhaben durch.
Der Reichsrath hatte, wie bemerkt, über die Kö-
nigswahl nicht einig werden können; jetzt fing das
Volk an, seine Stimme laut werden zu lassen. Unter
der 10jährigen Negierung Friedrichs l. hatte es aber-
mals den Druck des Adels gefühlt, und sehnte sich nun
nach seinem Beschützer, Christian II., der im Gefäng-
nisse zu Sonderburg seufzte. Die Bürgermeister, Am-
brosius Bogbinder in Kopenhagen und Jürgen
Kok oder Möntcr in Malmöe, stellten sich an die
Spitze der Bewegung, und Bürger und Bauern rüste-
ten sich auf's Neue, um das Joch des Adels und der
Geistlichkeit abzuwerfen. Auch die Lübecker, mißvergnügt
über verschiedene Handelsfreiheiten, welche den Hollän-
dern am Schluffe der Negierung Friedrichs I. bewilligt
waren und späterhin vom NeichSrathe noch weiter aus-
gedehnt wurden, machten mit dem Volke Parthci. Die
von dem Lübeckischen Bürgermeister Jürgen Wul-
lenweber und dem Admiral Marcus Meier mit
den beiden vorhin genannten Bürgermeistern geschlossene
Verbindung hatte den doppelten Zweck, Christian II-
wieder cinzusetzen und die Reformation in Dänemark
einzuführen. Dagegen verband sich der Reichsrath mit
Gustav Vasa, den die gemeinschaftlichen Feinde, die
Lübecker und Christian I!., zu einem willigen und thä-
tigen Bundesgenossen machten, und schloß, auf den
Antrag des Herzogs Christian, am 5ten December 1533,
zu Rendsbnrg eine engere Verbindung mit den Herzog-
thümern, zufolge welcher alle Streitigkeiten zwischen
/. »Leihen Theilen durch gewählte Schiedsrichter geschlichtet -=>»
,^1vMen, kein Th eil ohne des andern Rath und Vor-ì »
wissen Krieg anfangen, im Fall eines Krieges aber die
Hcrzöge der Krone mit 150, diese jenen mit 300 wohl-
gerüsteten Pferden und im Nothfalle gegenseitig mit
ganzer Macht beistehen sollten. Dieses Bündniß, wel-
ches unter dem Namen der „Union" bekannt ist, ist
das erste dieser Art zwischen Dänemark und den Her-
zogtümern, und ist späterhin öfters erneuert und er-
weitert worden. — Der Heerführer der Lübecker, Graf
Christopher von Oldenburg, nach welchem dieser
Krieg den Namen „Grasenfehde" erhielt, machte
zuerst einen verstellten Einfall in die Herzogthümer,
wodurch Seeland von Truppen entblößt wurde, und
führte darauf sein Heer unerwartet nach dieser Insel
hinüber, wo er am 23sten Juni 1534 bei Skovshoved
landete. Kopenhagen öffnete ihm gleich die Thore, und
die Bürger von Malmöe vertrieben die Besatzung des
Reichsraths aus der Stadt und dem Schlosse. Bald
hatten Schonen, Seeland, Fühnen und die übrigen
Inseln sich Christophcrn unterworfen, der in Chri-
stians U. Namen die Huldigung empfing. Die Adligen
mußten, obgleich höchst ungern, sich den Umständen
fügen, und Christian 11, anerkennen, denn das empörte
150
• Volk überfiel allenthalben ihre Höfe und Burgen mit
Sengen und Morden, um sich so wegen der vieljähri-
gen Unterdrückung zu rächen. Auch die katholischen
Geistlichen schonte man nicht. Ueberall, wohin Graf
Christopher vordrang, wurde der lutherische Gottesdienst
wieder eingeführt; Bischof Rönnov mußte sein Amt an
den vormaligen Erzbischof von Upsala, Gustav Trolle,
abtreten, und da jener zum zweiten Male den bischöf-
lichen Stuhl um 10,000 Mark an sich kaufte, ward.
Trolle Bischof in Fühnen, wo Knud Gpldenstjerne ab-
gesetzt worden war.
Die drohenden Fortschritte des Grafen Christopher
bewogen endlich den Adel, Herzog Christian zum Könige
zu erwählen. Dies geschah in dem jetzigen Dorfe Nye
in der Nähe von Skanderborg. Ungern gaben die Bi-
schöfe dazu ihre Zustimmung, und der Bischof rn Aar-
huus, Ove Bilde, ein edler und würdiger Mann,
Unterzeichnete den Wahlact mit Thränen in den Augen,
wohl fühlend, daß er damit das Todesurtheil der katho-
lischen Kirche unterzeichnet habe. — Graf Christopher
suchte indeß auch seine Waffen in Jütland auszubrei-
ten, und sandte zu dem Ende den Commandeur oder
sogenannten Schiffer Klement dahin, der seine sieg-
reichen Fortschritte daselbst durch allerlei Gewaltthätig-
keiten gegen Adel und Prälaten bezeichnete. —• Die
Volksparthei stand jetzt auf dem höchsten Gipfel der
Macht; beinahe ganz Dänemark gehorchte dem Grafen
Christopher, und es hatte ganz den Anschein, als sollte
Christian II. wiederum den Dänischen Thron besteigen;
allein Plötzlich nahm die Sache eine andere Wendung.
Christian III. schloß Frieden mit den Lübeckern, und ließ
nun seinen Feldherrn, den tapfern Johann Rantzau,
£51
gegen Aalborg anrücken, der diese Stadt mit stürmen-
der Hand einnahm, aber zugleich die Ucberwundcnen
mit unerhörter Grausamkeit behandelte. Der Comman-
deur Klement wurde gefangen genommen und zwei
Jahre später enthauptet und aufs Rad geflochten. —
Nachdem nun Johann Rantzau überall die jütischen
Bauern zum Gehorsam gebracht und sie wegen ihrer
Theilnahme an dem Aufruhr hart bestraft hatte, zog er
mit seinem Heere nach Fühnen hinüber. Hier gewann
er, durch den Prediger Hans Madsen von Svan-
ninge von den Plänen des Feindes unterrichtet, die
entscheidende Schlacht am Ochsenberge in der Nähe
von Asiens (1535), wo der Erzbischof Gustav Trolle
tödtlich verwundet wurde und kurze Zeit darnach sein
unruhiges und wcchselvollcs Leben endigte. Der scho-
nische und seeländische Adel, welcher nur gezwungen
dem Grafen Christopher gehuldigt hatte, fiel nun ab,
und Gustav Vasa machte einen Einfall in Schonen
und Halland, wo seine Waffen den siegreichsten Fort-
gang hatten. Unter diesen mißlichen Umständen er-
nannten die Lübecker den Herzog Alb recht von Meck-
lenburg, dessen Gemahlin Christians 11. Schwester-
tochter war, zum Mitanführer; allein da dieser sich
bald mit Christophern entzweite, so wurde durch diese
Veränderung mehr verloren als gewonnen. Das süd-
liche Norwegen huldigte kurz nach dem Siege am
Ochsenberge Christian III., und die Bemühungen des
Erzbischofs Oluf Engelbrechtsen Lunge, zum Vor-
theil Christian 11. einen Aufstand im nördlichen Theile
dieses Reiches zu erregen, mißlangen gänzlich. — Auch
zur See waren Christian 111. Waffen vom Glücke be-
günstigt. Peter Skram, wegen seines Muthes des
168
dänischen Reiches Wagehals genannt, schlug eine
große Lübeckische Flotte unter Bornholm und reinigte
die See von Feinden. — Jetzt führte Johann Rantzau
seine Truppen nach Seeland hinüber, und Kopenhagen
wurde sowohl zu Wasser als zu Lande belagert. Die
Bürger vertheidigteu indeß ihre Stadt mit beispiellosem
Muthe, und nachdem Malmöe sich bereits am 2. April
1536 ergeben hatte, hielt sich Kopenhagen noch 4 Mo- -
nate, hoffte aber vergebens auf Entsatz durch Chri-
stian II. Schwiegersohn, den Pfalzgrafen Friedrich.
Dieser sammelte zwar Truppen.in Norddeutschland, um
der belagerten Stadt zu Hülfe zu kommen; allein ein
Einfall Christian III. in Ostsriesland vernichtete diesen
Plan, und Kopenhagen mußte sich, nachdem es die
* Belagerung ein ganzes Jahr ausgehalten hatte, und
die Hungersnoth in der Stadt aufs Höchste gestiegen
war, am 29. Juli 1536 auf Gnade und Ungnade ergeben.
Ungeachtet mancher Rohheit und Zügellosigkeit in
den Sitten des Mittelalters, wo die Religion ausge-
artet und die Mehrzahl der Geistlichen, welche die
Lehrer des Volks sein sollten, selbst ein so böses Bei-
spiel gaben, wo der Adel das Recht, selbst seine Strei-
tigkeiten mit dem Schwerte abzumachen und sich gegen-
seitig zu befehden als sein wichtigstes Privilegium an-
sah und häufig übte, und die Schwäche der Gesetze
eine ungewöhnliche Menge von Verbrechen erzeugte,
fand sich jedoch sowohl bei Hohen als bei Niedern
eine gewinnende und Vertrauen erweckende Offenheit,
Schlichtheit und Geradheit in der Denkungsart, Treue
und Rechtschaffenheit in Erfüllung der Verträge und
Versprechungen.
153
Das tiefe religiöse Gefühl, welches sich tm All-
gemeinen beim Volke fand, verirrte sich aus Mangel
an gesunder Nahrung in Aberglauben. Dieser Aber-
glaube, der sich hauptsächlich in der Zuversicht zu der
wuuderthatigen Kraft der Heiligenbilder und Reliquien
äußerte, hatte aber an der großen Anzahl der Heili-
gen in der katholischen Kirche nicht genug, sondern be-
völkerte noch außerdem Meer und Land mit freund-
lichen oder verderblichen -Wesen, (Meermänner und
Meerweiber, Elfen, Kobolde, Zwerge und Berggeister)
und der Glaube an Hexerei und Zauberei war im
Mittelalter sehr stark und dauerte selbst in den schänd-
lichen Hexeuprocessen bis über die Mitte des 17. Jahr-
hunderts fort. — Eine schöne Sitte des Mittelalters
waren die öffentlichen Volksbelustigungen, und Weih-
nachten, Fastnacht, Johannis- und Martinstag, so
wie das sehr alte Manifest, wurden fröhlich begangen.
Die Nahrungsmittel dieses Zeitalters waren kräf-
tig und nahrhaft, und bestanden dem größer» Theile
nach aus Fleischspeisen. Salz war anfangs das ein-
zige Gewürz, bis später der Hansahandel eine große
Menge starker Gewürze des Ostens und Südens in
Gebrauch brachte. Die gewöhnlichsten Getränke waren
Bier und Meth, französische und deutsche Weine wur-
dcn ebenfalls in Menge eingeführt, Branntcwein nur
in Apotheken feil geboten, und Kaffee, Thee und Cho-
colade waren bis ins 17. Jahrhundert hin gänzlich
unbekannt. Die Unmäßigkeit im Essen und Trinken
war besonders bei feierlichen Gelegenheiten, bei Be-
gräbniffcn, Hochzeiten und Taufschmäusen außerordent-
lich groß und konnte kaum durch Verbot der Könige
und der Stadtrechte beschränkt werden. — Was die
1541
Kleidung betrifft, so bestand diese aus einem wollenen
Hemde, einer Weste und einem engen Wams, worüber
man als Oberkleid einen weiten Mantel trug. Der
Stoff zu den Kleidern war bei den minder Vermögen-
den grobes Wollenzeu^ (Vadmel), bei den Reichern
und Vornehmem anfangs deutsches und englisches,
später kostbares niederländisches Tuch. Frühzeitig nahm
auch hierin die Verschwendung außerordentlich zu, so
daß schon früh Verbote dagegen erschienen, und be-
sonders zeigte der Adel eine mit der Zunahme seiner
Reichthümer fortschreitende außerordentliche Pracht und
Ueppigkeit in der Kleidung; selbst ihre Diener und
Pferde strotzten bei öffentlichen Aufzügen in Sammet
und Seide, Silber und Gold. — Die Baukunst blieb
in unserm Vaterlande lange Zeit ans einer niedrigen
Stufe. Die meisten Häuser in den Städten bestanden
gewöhnlich aus Fachwerk, oft mit Lehmwänden und
Strohdächern; Schornsteine waren im 12. Jahrhundert
selten, und statt der kostspieligen Glasscheiben bediente
man sich noch im 15. Jahrhundert gewöhnlich des
Horns und der Felle. Die Schlösser der Könige und
des Adels zeichneten sich mehr durch Festigkeit und
Dauerhaftigkeit, als durch Schönheit aus, und nur die
reiche Geistlichkeit baute in gothischcm Styl aufge-
führte Klöster und Kirchen als die schönsten Gebäude
im Lande.
Der Zustand der Wissenschaften und der Gelehr-
samkeit war äußerst schlecht, und selbst die Kenntniß
der lateinischen Sprache, worin in dem vorigen Zeit-
raum Saxo, und der Geschichte des Vaterlandes,
worin Andreas Sunesen und Gunner sich aus-
zeichneten, hatte immer mehr und mehr abgenommen.
ISS
Die wenigen Gelehrten, welche sich noch versanden,
beschäftigten sich ausschließlich mit der finstern Theologie
und der unfruchtbaren Philosophie der damaligen Zeit.
Als solche werden der Magister Martin Mögensen,
Kanzler und Botschafter unter Erich Menved, Peter
von Dänemark im 14. Jahrhundert, der durch seine
Gelehrsamkeit zur Würde eines Rectors an der be-
rühmten Pariser Universität gelangte, und der Bischof
Gottschalck von Ahlefeldt zu Schleswig genannt.
In der Arzeneikunde zeichnete sich Heinrich Harpe-
sträng, Domherr zu Roeskilde im 13. Jahrhundert
aus. Ungeachtet der Universität zu Kopenhagen unter-
nahm man doch fortwährend' des' Studirens wegen
Reisen ins Ausland, nur daß jetzt Köln, Löwen und
Erfurt häufiger, als Paris und Bologna, besucht wurden.
Die lateinischen Schulen im Jnlande befanden sich
auch wegen Mangels tüchtiger Lehrer und guter Schul-
bücher in einem äußerst schlechten Zustande, wovon
nur die Schule zu Aarhuus unter ihrem Rector Martin
Borup (1461 —1526) eine rühmliche Ausnahme macht.
Das Volk zeigte seine geistige Regsamkeit in sei-
ner Vorliebe für die Volks- und Heldenlieder, in denen
sich die Erinnerung an der Väter Thun und Treiben
fortpflanzte, und die sowohl in den Rittersälen als in
den Gesindestuben, im Hause des Bürgers wie in der
Hütte des Bauern gesungen wurden. Wie diese Volks-
lieder, deren Inhalt aber nicht immer historisch war,
sondern auch häufig ihren Stoff aus dem Aberglauben
der damaligen Zeit schöpften, ein unschätzbares Denk-
mal von der Denkungsart und den Sitten unserer
Vorfahren sind; so drückt sich ihre Lebensansicht auch
in einer Menge von Sprichwörtern aus, die, von
Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzt, bis auf uns ge-
kommen sind. — Während in Lübeck schon in der
letzten Halste des 15. Jahrhunderts eine Buchdruckerei
vorkommt, scheint in den Herzogtümern vor 1523 kein
Buch gedruckt zu sein; in Dänemark aber ward Kopen-
hagen bald der Hauptsitz für den beginnenden dänischen
Bücherdruck, nachdem Gottfried von Ghemen sich
hier niedergelassen hatte; und das erste hier gedruckte
Buch, die „dänische Neimchronik" erschien 1495. Zu-
nächst nach Kopenhagen erhielt Ripen eine Druckerei,
in welcher im Jahre 1504 dgS jütsche Gesetz — jydste
Lov — gedruckt wurde.
Fünfter Zeitraum
Von der Einführung der Reformation bis zur Übertragung
der Alleinherrschaft (Souvcrainität) an den König, oder: von
1536-1660.
Nach der Uebergabe von Kopenhagen war Chri-
stian III. im ganzen Reiche als König anerkannt, und
richtete nun seine erste Sorge auf die Einführung der
Reformation, die mit Kraft und Vorsicht ins Werk
gesetzt wurde. Nachdem er sich auf einer geheimen Zu-
sammenkunft der weltlichen Reichsräthe am 12. August
1536 der Zustimmung dieser Räche und des Adels
überhaupt versichert hatte, wurden an einem Tage
(20. August) alle Bischöfe im ganzen Reiche gefangen
genommen, und darauf ein allgemeiner Reichstag in
Kopenhagen zusammengerufen. Während dieses Reichs-
tages, zu welchem auch der Bürger- und Bauernstand
durch gewählte Mitglieder berufen war, ward eine Ver-
sammlung unter freiem Himmel auf dem alten Markte
gehalten, die katholische Religion und die Macht der
Bischöfe gänzlich abgeschafft und die evangelische Lehre
eingeführt. Statt der Bischöfe sollten Superinten-
denten ohne weltliche Macht die Angelegenheiten der
Kirche verwalten, und die großen Güter der Bischöfe
so wie die Klostergüter zum Besten des Staates und
zur Erleichterung der Abgaben des Volkes eingezogcn,
auch zum Theil für milde Stiftungen und Bildungs-
158
anstalten verwandt werden. Der Reichstag, auf wel-
chem auch noch der damals erst zweijährige Sohn
Christian III., Friedrich, zum Thronfolger ernannt
wurde, endete mit einem sogenannten Receß oder
Reichstagsschluß, in welchem die gefaßten Beschlüsse
zusammengestellt und überdies noch einige Punkte hin-
zugefügt wurden, wodurch die Macht des dänischen
Adels in Betreff der öbersten Gerichtsbarkeit über seine
eigenen Bauern und Diener, der freien Fischerei und
des Handels mit Fischen und der Auffütterung von
Mastochsen ansehnlich vergrößert, auch die Gewalt der
höchsten Beamten des Königs, des Rcichshofmcisters,
Kanzlers und Marschalls, erweitert wurde. — In der
Handfeste, welche auf eben dem Reichstage abgefaßt
und vom Könige unterzeichnet wurde, kam an die
Stelle der Privilegien der Geistlichkeit ein Versprechen
des Königs, die evangelische Lehre aufrecht zu erhalten
und zu beschirmen, und neben der Bestätigung des
dänischen Adels in allen seinen Vorrechten enthielt die-
selbe auch den merkwürdigen Beschluß, wodurch die
Selbstständigkeit Norwegens, welches sich damals noch
nicht ganz unterworfen hatte, vernichtet, und dasselbe
für eine bloße Provinz von Dänemark, gleich Jütland,
Fühnen und andern Landestheilen, erklärt wurde. —
Dieser Beschluß ward auch später in der Hauptsache
ausgeführt, und obgleich der dänische König fortfuhr,
sich König von Norwegen, als eines besondern Reiches,
zu nennen, so ward er doch nicht mehr in Drontheim
gekrönt, sondern ihm nur zu Opsio, gleichwie in den
übrigen Provinzen Dänemarks gehuldigt; der norwe-
gische Reichstag hörte auf, und das Land verlor seine
sämmtlichen politischen Rechte. Der dänische Adel, von
LSS
dem dieser Gedanke zuerst ausging, und der dadurch
eine weite Aussicht auf Güter und Lehne in Norwegen
gewann, verbreitete auch bald seine Herrschaft über
dies Land, so daß schon unter Friedrich II. Klagen dar-
über einliefen, die endlich Christian IV. abstellte.
Während so die Reformation anfangs die Macht
und die Ncr'chthümer des Adels vergrößerte, und die
Könige in Kurzem ganz von diesem Stande abhängig
wurden, war sie doch von großen und wohlthätigen
Folgen für die Zukunft. Sie reinigte die Kirchenlehre,
vernichtete die Pricsterherrschaft, führte eine größere
Denkfreiheit ein, verbreitete von der wiedergebornen
Universität und den verbesserten Schulen aus, allge-
meinere Aufklärung, und verband die Geistlichkeit näher
mit dem Volke, aus dessen Mitte sie jetzt allein her-
vorging, und legte so den Grund zu derjenigen Macht,
die endlich den Sturz des Adels herbeiführte.
Um das Kirchcnwesen aufs Neue zu ordnen, wurde
Bugen ha gen, Luthers Freund und Professor in Witten-
berg, cinberufen (1537). Er krönte auch den König
(12. August) und weih'te darauf am 2. September
die neuen Superintendenten oder Bischöfe ein; denn
diese letztere bisher übliche Benennung verdrängte bald
den neuerfundenen Namen Superintendent. Am dem-
selben Tage wurde auch die neue Kirchenordnuwg
veröffentlicht, die 1539 für Dänemark und 1542 für
die Herzogtümer Gesetzeskraft erhielt. — Luthers wie-
derholter Rath und Wunsch, das katholische Kirchen-
gut zum Besten des Kirchen-, Schul- und Armen-
wesens zu verwenden, wurde nur zum Thcil erfüllt.
Die bischöflichen Güter zog man zwar für die Bedürf-
nisse des Staates ein, doch gingen auch viele' von
Iß©
diesen wieder als Geschenke oder Lehen in den
Besitz des Adels über. Dasselbe war in noch höherem
Grade mit den Klostergütern der Fäll, nachdem der
Reichstagsschluß von 1536 diesem Stande das Recht
gegeben hatte, die Besitzungen zurückzufordern, welche
seine Vorfahren den Kirchen und Klöstern geschenkt
hatten. Der bischöfliche Zehnte ward in den Königs-
zehnten verändert, der Prediger- und Kirchenzchnte
behielt seine alte Bestimmung, zum Unterhalt der Pre-
diger und zur Erhaltung der Kirchen zu dienen; der
Adel aber wurde durch einen königlichen Receß von
1558 von aller Entrichtung des Zehnten für seine
Landgüter freigesprochen. — Ein Theil der Klöster
blieb uneingczogen, bis die Mönche und Nonnen nach
und nach ausstarben, dasselbe war mit den Domcapiteln
der Fall; nur die Bettelklöster wurden gänzlich auf-
gehoben, weshalb die meisten Bettelmönche und ein
Theil der katholischen Priester das Land verließen. —
Die neue Kirchenordnung wurde überall friedlich ein-
geführt; nur in Island kam es deshalb zu blutigen
Streitigkeiten, da der Bischof zu Holum, John
Arnesen, so wie der frühere Bischof von Skalholt,
Oegmund, sich widersetzten, Familienzwist kam nach
alter Weise hinzu, bis endlich 1551 John Arnesen
von seinem Feinde David Gudmundsen, gefangen
genommen und nebst seinen beiden Söhnen hingcrichtct
ward, worauf die Reformation auch hier allgemeinen
Eingang fand.
König Christian 111. sorgte auch mit rühmlichem
Eifer für die Universität zu Kopenhagen, die 1539
neue Statuten bekam, denen zufolge dort 14 Profes-
soren angestellt wurden, und schenkte derselben eine
161
große Menge von Kirchengütcrn und einen The.il der
königlichen Zehnten. Eben so wurde für dieLflat.eini-
schcn Schulen gesorgt, von welchen sich Eine mit
2 oder 3 Lehrern in jeder Stadt befinden sollte, und
die ebenfalls durch Einkünfte aus den Kirchengütern
unterstützt wurden. Ueberdies ward es der Obrigkeit
in den Städten aufcrlegt, für die Errichtung von
Bürgerschulen Sorge zu tragen; an Dorfschulen hin-
gegen wurde ganz und gar nicht gedacht.
Obgleich Christian III. gar keine Kriege führte, so
war doch sein Verhältniß zu mehreren fremden Mächten
sehr gespannt. Die Schwiegersöhne Christians II., der
Herzog Franz von Lothringen, und besonders dev
Pfalzgraf und nachmalige Churfürst Friedrich drohctett
mehrere Male ihre Ansprüche auf den dänischen Thron
mit Gewalt geltend zu machen, und wurden darin von
dem Schwager Christians II., dem Kaiser Karl V., und
dessen Schwester Maria, Statthalterinn in den Nieder-
landen, unterstützt. Der König suchte sich deswegen
durch Bündnisse mit Franz I. von Frankreich und
dem Herzog Wilhelm von Cleve zu sichern, und er-
neuerte bei einer persönlichen Zusammenkunft mit Gustav
Vasa zu Brömsebro (1541) das freundschaftliche Ver-
hältniß mit Schweden, welches in den letzten Jahren
über einige Geldforderungen Gustavs, über den Besitz
der Insel Gothland und über die Binnenzölle der
Auflösung nahe gewesen war. Das enge Freundschafts-
bündniß, welches beide Könige hier für sich und ihre
nächsten Nachfolger schlossen, und das wenigstens 50
Jahr dauern sollte, hätte allen nordischen Reichen zu
großem Nutzen gereichen können; aber schon bei Leb-
zeiten der beiden Könige erkaltete die Freundschaft be-
ll
1413
deutend, da Christian III. es nicht verschmerzen konnte,
daß seine Vorfahren auch über Schweden geherrscht
hatten, und deshalb auch (1548) drei Kronen in sein
Wappen aufnahm, um damit seine Ansprüche an die
nordischen Reiche anzudeuten. — Mit Karl V., dem
die Wiedereröffnung des lange unterbrochenen Handels
der Niederlande auf Dänemark und Norwegen wichtiger
war, als die Angelegenheit Christians 11., wurde end-
lich der Friede zu Speier (1544) geschloffen, und
nun wurde auch das Schicksal des gefangenen Königs
dadurch gemildert, daff er aus feinem harten Gefäng-
nisse in Sonderburg nach dem Schlosse Kallundborg
versetzt wurde (1449), wo er unter anständiger Be-
wachung noch 10 Jahre verlebte und zu Anfang des
Jahres 1559, wenige Tage nach Christian !II., in einem
Alter von 78 Jahren starb. O
Christian UI. war schon im Jahre 1538 dem schmal-
kaldischen Bunde beigetreten, als aber der schmalkaldi-
sche Krieg, kurz nach dem Frieden zu Speier, ausbrach,
verbot er zwar alle Werbungen zum Dienste der Ver-
bündeten in seinen Staaten, um sich nicht gegen den Ver-
gleich mit dem Kaiser zu verstoßen, schickte aber ins-
geheim einen Boten mit einer Geldbeisteuer nach Deutsch-
land. Dies Geld gelangte indeß nicht nach dem Orte
seiner Bestimmung, da die unglückliche Schlacht bei
Mühlberg, worin die Häupter der protestantischen Par-
thei, der Churfürst von Sachsen und der Landgraf von
Hessen, des Kaisers Gefangene wurden, schon über das
Schicksal der Verbündeten entschieden hatte. — Die
Bestrebungen Christians, die Orkney- und Shetländs-
inseln von Schottland einzulösen, führten nur zu weit-
läuftigen Verhandlungen ohne erwünschten Erfolg; da-
163
gegen brachte er die Stifte Oesel, Wieck und Curland
durch Kauf an sich, und hätte die Stadt Reval, welche
von den Russen damals hart bedrängt ward, durch
freiwillige Uebergabe bekommen können, wenn er nicht
gefürchtet hätte, sich dadurch dem mächtigen und ge-
waltigen Czaren, Iwan II. Wasiljewitsch, zum Feinde
zu machen.
In den Herzogthümern hatte Christian 111. noch
als Herzog und gleich nach dem Tode seines Vaters
in seinem und seiner unmündigen Brüder Namen sich
der Negierung angenommen, und, nachdem er den Land-
ständen ihre Vorrechte und Privilegien in einer Ver-
sammlung zu Kiel (1533) bestätigt hatte, für sich und
seine Brüder die Huldigung empfangen. 1544 be-
stätigten der König und seine beiden Brüder, Johann
und Adolph, zu Rendsburg die Privilegien der Stände,
und der König theilte darauf, obgleich der erfahrne
Staatsmann und Heerführer Johann Rantzau diesen
Schritt sehr mißbilligte, die Herzogthümer mit diesen
beiden Brüdern. Der König bekam den Sonderbur-
gischen, Johann der Aeltere den Haderslebener und
Adolph, der Stifter des Holstein-gottorffischen Hauses,
den gottorffischen Antheil. Die Negierung über die
Ritterschaft, die adligen Klöster, die Zölle zu Gottorff
und Rendsburg, die Rechte auf Hamburg und die An-
sprüche auf Dithmarschen blieben ungetheilt und allen drei
regierenden Herren gemeinschaftlich. Der vierte Bruder
Friedrich erhielt keinen Antheil am Lande, erlangte aber
(1551) das Stift Schleswig und späterhin das Stift
Hildesheim, und starb 1556 ohne Leibeserben. Die
nachtheiligen Folgen dieser Theilung zeigten sich schon
zur Zeit Christians 111.; denn Herzog Adolph bemäch-
11*
»
164
tigte sich nach dem Tode seines Bruders, des Bischofs
Friedrich, wider den Willen des Königs, des Stiftes
Schleswig, und beide Herzöge weigerten sich, die Be-
lehnung öom Könige nach seiner Ansicht zu empfangen.
Sie erneuerten den alten Streitpunkt in Betreff des
schleswigschen Lehns, und blieben im Besitz ihrer Länder
ohne irgend eine Lehnshuldigung zu leisten.
Die Handelsmacht der Hansestädte im Norden
ward unter Christian 111. bedeutend beschränkt, und von
der Zeit seines Nachfolgers, Friedrichs II., an, kann
man das völlige Aufhören derselben rechnen. Wäh-
rend die Macht der Fürsten zunahm, verloren die Hanse-
städte ihre freie Verfassung und mit derselben ihren
blühenden Handel; die Stadt Lübeck konnte sich von
den Verlüsten, welche sie in der Grafenfehdc erlitten
hatte, nicht erholen; der europäische Handel nahm eine
andere Richtung und kam in die Hände der Holländer
und Engländer, und die Dänen begannen die Erzeug-
nisse ihres Landes selbst auszuführcn, fremde Waaren
auf eigenen Schiffen einzuführen, und trieben beson-
> ders einen vortheilhaften Binnenhandel auf Norwegen,
der sonst ganz in den Händen der Lübecker gewesen
war. Die Hansestädte mußten diese Eingriffe in ihre
alten Gerechtsame dulden, da ihre Beschwerden, die
jetzt an die Stelle der Kriegserklärungen traten, nicht
gehört wurden. — Der König suchte auch durch mehrere
andere Vorkehrungen den Handel des Landes zu er-
leichtern und zu fördern; er führte gleiches Maaß und
Gewicht in Dänemark und Norwegen ein, ließ gute
Münze schlagen,Udie jetzt, nachdem die Bischöfe die
Münzgerechtigkeit verloren hatten, überall in beiden
Reichen dieselbe wurde', und bestimmte einen gesetz-
165
lichen Zinsfuß, nemlich fünf von Hundert, um dem
Wucher vorzubeugen.
Christian 111., der auch als Gesetzgeber sich um
Dänemark verdient machte, starb zu Kolding am Neu-
jahrstage 1559. Er wird einstimmig als ein recht-
schaffener, frommer und redlicher Mann und als ein
für das Wohl des Staates besorgter Fürst gerühmt.
Selbst wissenschaftlich gebildet, war er ein Beschützer
der Wissenschaften und der Gelehrten; er war sparsam
Ln seiner Lebensweise und ein großer Feind von Uep-
pigkeit in der Kleidung und von Unmäßigkeit im Essen
und Trinken. Wegen seiner Friedensliebe war er viel-
leicht, zum Schaden seines Reiches, zu nachgiebig gegen
Reichsrath und Adel, gegen seine Brüder, die Herzoge
Johann und Adolph, und gegen seine herrschsüchtige
Gemahlinn Dorothea, (gestorben zu Sonderburg 1571,
d. 7. October), welche daran Schuld gewesen sein soll,
daß der später um Dänemark als Finanzminister so
verdiente Peter Ore das Land verließ, und daß der
König in seinen letzten Jahren in gespannte Verhält-
nisse mit Schweden gerieth.
Friedrich II. (1559 — 1588).
Friedrich 11., welcher schon 1536 zum Thronfolger
erwählt, und dem auch seit 1542 in den einzelnen
Landestheilen gehuldigt worden war, bestieg gleich nach
dem Tode seines Vaters den dänischen Thron. Noch
vor seiner Krönung nahm er mit seinen Vaterbrüdern,
den Herzögen Johann und Adolph, Theil an dem Zuge
gegen Dithmarschen, der mit der Unterjochung dieses
Landes endigte.. Der ehrgeizige und kriegerische Herzog
Adolph hatte Christian 111. zu wiederholten Malen auf-
<
160
gefordert, Dithmarschen anzugreifen, und so die Schmach
zu ahnden, welche sein Vater und sein Oheim durch die
Vernichtung ihres Heeres im Jahre 1500 erfahren hatten.
Ueberdies war er in seinen auswärtigen Kriegsdiensten
unter Karl V., wo er schon früh sich rühmlich ausge-
zeichnet hatte, durch die Erwähnung dieser Niederlage
oft gekränkt worden, und die Dithmarscher hatten ihn
nicht nur durch Schimpfreden auf seine Person, son-
dern auch durch einen gewaltsamen Angriff auf das
ihm gehörende Helgoland, gegen sich aufgebracht. Adolph
beschloß daher, gleich nach dem Tode Christians III.,
den er nicht zur Theilnahme hatte bewegen können,
Dithmarschen für sich zu erobern. Als aber der könig-
liche Statthalter in den Herzogthümern, Heinrich
Rantzau, diesen Plan erfahren und durch seinen Vater,
Johann Rantzau, Friedrich II. hievon unterrichtet hatte,
mußte sich Adolph darin finden, die Ehre und die Beute
mit seinem Bruder Johann und seinem Neffen, dem
Könige Friedrich, zu theilcn. In einer Zusammenkunft
der drei Fürsten zu Nortorf in Holstein (28. April)
wurde der gemeinschaftliche Kriegszug beschloffen, und
arwZ3. Mai 1559 zogen sie mit einem Heere von 20,000
Mann unter Anführung des alten Johann Rantzau
in Dithmarschen ein. Die Bewohner kämpften mit ver-
zweifeltem Muthe, und hätten dem vereinigten Heere
des Königs und der Herzöge vielleicht genug zu schaffen
gemacht, da unter den beutegierigen Söldnern desselben
schon Zwist und Unordnung einzubrechen drohten, wären
sie selbst nicht durch falsche Nachrichten irre geführt
und bei dem Mangel eines obersten Befehlshabers zu
verkehrten Maaßregeln geleitet worden; unter solchen
Uruständen aber mußten sie sich der großen Uebermacht
167
und der Kriegserfahrung des alten Johann Rantzan
unterwerfen. Zuletzt, als schon ihre Festungen Meldorf,
Ham und Tielebrücke erobert waren, kämpften vor Heide,
wo die Dithmarscher ihre Hauptmacht versammelt hatten,
Männer und Weiber in einem dreifachen Treffen am
13. Juni den letzten Kampf für ihre Freiheit; doch alle
Anstrengungen waren vergebens, und der Ort wurde,
nachdem 3000 Dithmarscher gefallen waren, mit Sturm
eingenommen. Am folgenden Tage erschien der Ueber-
reft der männlichen Bevölkerung von Dithmarschen, un-
gefähr 4000 Mann, vor Heide, wo sie wegen der hel-
denmütigen Vertheidigung ihrer von den Vätern ererbten
Unabhängigkeit Abbitte thun und den drei neuen Lan-
desherren huldigen mußten. Diese theilten darauf die
neue Eroberung, zuerst in einem vorläufigen Vergleiche
zu Rendsburg (8. Juli 1559), darauf nach genauerer
Untersuchung des Landes zu Kiel (22. Juli 1568) so,
daß der König den Süden, Herzog Johann das Mit-
tel und Adolph den Norden bekam.
Gleich nach der Eroberung Dithmarschens wurde
der König zu Kopenhagen gekrönt (20. August 1559),
bei welcher Gelegenheit er eine Handfeste unterschrieb,
die im Wesentlichen mit der Handfeste seines Vaters
übereinstimmte. Zum Besten des Bauernstandes wurde
hier zum ersten Male festgesetzt, daß der Adel ohne
Erlaubniß des Königs kein freies Bauerneigenthum,
weder durch Kauf noch durch Pfand, an sich bringen
durfte. Dies Gesetz hatte indeß nur geringen Nutzen,
da es dem Adel überhaupt nicht schwierig war, solche
königliche Erlaubniß sich zu verschaffen.
In Schweden war Gustav Vasa, ein Jahr nach
Christian UL, gestorben, und sein Sohn, Erich XIV.,
V
168
folgte ihm in der Regierung. Der Krieg mit diesem
Nachbarreiche wurde unter diesem jungen und kriegs-
lustigen Könige bald unvermeintlich, da derselbe die Auf-
nahme der drei Kronen in das dänische Wappen
nicht erlauben wollte, und überdies den Bruder Fried-
richs II., den Prinzen Magnus, dem vom Könige, um
einer Theilung der Herzogtümer mit demselben zu ent-
gehen, die Stifter Oesel und Curland überlassen waren,
mehrfach beleidigt hatte. Der Krieg, welcher unter dem
Namen des sieben; ähr igen in der dänischen Geschichte
bekannt ist, brach im Jahre 1563 aus. Zur See hatten
die Dänen, ungeachtet ihre Flotte von den tapfern See-
Helden, Peter Skram, Herluf Trolle und Otto
Rud angeführt wurde, kein Glück, so daß Schweden
eine Zeitlang das Uebergewicht behauptete; desto glück-
licher wurde der Landkrieg geführt, nachdem hier auf
den unthätigen Grafen Günther von Schwarzburg
und den schon 90-jährigen Otto Krumpen, Daniel
Rantzau den Oberbefehl übernommen hatte. Dieser
schlug die Schweden in der denkwürdigen Schlacht auf
der Falkenberger Haide bei Svarteraa (18. October
1565), wo 25,000 Schweden, die ihn mit seinem nur
5000 Mann starken Heere eingeschloffcn hatten, völlig
geschlagen, 36 Kanonen erobert und 5000 Gefangene
gemacht wurden, und drang darauf im Herbste 1567
zugleich mit dem tapfern Franz Brockenhuus, sieg-
reich in Schweden ein. Da er sich aber in dem von
dem Feinde selbst verheerten Lande nicht länger hal-
ten konnte, führte er sein Heer mitten im Winter durch
bergige und waldige Gegenden und gefährliche Hohl-
wege, allenthalben von einer - überlegenen feindlichen
Macht verfolgt, glücklich über die dänische Gränze zu-
169
rück (24. Febr. 1568), und erwarb sich dadurch nicht
minder, als durch seinen Sieg bei Svarteraa, den
Ruhm eines der größten Feldherren der damaligen
Zeit. Er blieb zwar zugleich mit Franz Brockenhuus
bei der Belagerung von Warb erg (1569), aber Kö-
nig Johann von Schweden, der nach der Thronent-
setzung seines Bruders diesem gefolgt war, wünschte
den Frieden, welcher endlich auch nach vielen Unter-
handlungen zu Stettin (1570) zu Stande kam. Beide
Reiche erhielten das Recht, 3 Kronen in ihren Wappen
zu führen, Schweden zahlte 150,000 Rthlr. Kriegskosten
an Dänemark, die gegenseitigen Eroberungen wurden
zurückgegeben, Dänemark gab seine Ansprüche auf Schwe-
den und Schweden die seinigen auf Norwegen, Scho-
nen, Halland, Blekingen und Gothland auf.
Während dieses Krieges waren die Finanzen des
Reichs seit 1566 von Peter Oxe trefflich geordnet
worden, so daß Dänemark im Stande war, in den
letzten Kriegsjahren mit großem Nachdruck zu Verfahren.
Dieser Minister machte sich auch um die anderweitige
Cultur seines Vaterlandes durch Einführung der Karp-
fen, Karautschen, Krepse und verschiedener feiner Obst-
sorten verdient, und aufseinen Rath wurde derOere-
sunder Zoll erhöht, und Friedrich II. erbaute, um dies
Fahrwasser besser beherrschen zu können, an der Stelle
der Schanze Krogen die Festung Kronburg (1574—
1583). Dieser Zoll, von Sören Norbpe „Dänemarks
Goldgrube" genannt, wurde schon seit dem 13. Jahr-
hundert erhoben und gründet sich auf das Hohcitsrccht,
welches die Könige von Dänemark seit undenklicher
Zc't über die Belte und Sunde, welche die einzelnen
Landestheilc mit einander verbinden, ausgeübt haben.
17©
Er ist auch von fremden Mächten durch vielfältige Tractate
eingeräumt und bestätigt worden, veranlaßt aber schon
früh Streitigkeiten mit den Hansestädten, besonders mit
den Lübeckern. Diese beschwerten sich auch jetzt über
die Erhöhung desselben, mußten sich aber darin finden,
und Dänemarks Seehandel nahm durch die Schwächung
der Hansemacht bald so bedeutend zu, daß Friedrich II.
dadurch bewogen wurde, 1561 ein neues Seerecht zu
geben, dem das alte Wisby'sche zu Grunde gelegt wurde.
Auch der Landhandel war in diesem Zeitraum bedeu-
tend, und ans Jütland allein wurden jährlich 50,000
Ochsen und 150,000 Schweine ausgeführt. — Wäh-
rend Lübeck und die meisten andern Hansestädte ihren
frühem Glanz verloren, hatte Hamburg, bei seiner
günstigen Lage an der Nordsee, seinen Reichthum und
sein Ansehen bewahrt. Es gerieth aber durch das so-
genannte Zwangsrecht, wonach die holsteinischen Städte
an der Elbe unterhalb Hamburg ihr Korn und andere
Waüren nach dieser Stadt bringen und doch zu einem
von dem Rathe bestimmten Preise verkaufen sollten,
schon mit Christian III. ich Streitigkeiten, die Friedrich II.
dadurch endigte, daß er die Hamburger zwang, dies
vermeinte Recht aufzugebcn und 10,000 Rthlr. als
Entschädigung zu entrichten, und als späterhin die
Stadt diesen Streit erneuerte, ja deshalb sogar Kriegs-
schiffe auf die Elbe legte, mußte sie ihre Anmaßung
mit 100,000 Rthlr. büßen.
Die Streitigkeiten über die Belehnung mit Schles-
wig dauerten bis zum Jahre 1579 fort, wo der Ver-
gleich zu Odense endlich festsetzte, daß Schleswig ein
erbliches Lehn sei und- die Herzoge nur dann zum
Kriegsdienst verpflichtet sein sollten, wenn der Krieg
Ml
mit ihrer Zustimmung begonnen würde. Die Oheime
des Königs, Johann der Aeltere und Adolph, wurden -
hierauf feierlich mit Schleswig belehnt; dem Bruder des
Königs, Johann den Jüngern, mit dem der König
1564 seinen Antheil an den Herzogthümern getheilt
hatte, verweigerten aber die Stande die Huldigung,
und daher wurden weder Johann, noch die von ihm
abstammenden fürstlichen Linien jemals regierende Her-
ren, sondern nur Besitzer der ihnen zugetheilten Diftricte,
Johann der Jüngere erhielt die Aemter Sonderburg,
Norburg und Arröe, nebst Plön in Holstein und wurde
der Stifter der Sonderburgischen Fürstenlinie, die sich
bei seinem Tode (9. Octbr. 1622) in die vier Linien:
Sonderburg, Norburg, Plön und Glücksburg theilte,
und die erste dieser Linien zerfiel wieder in fünf andere;
die Augustenburgische, Beck'sche, Franzhagensche, Schle-
sische und Wiesenburgische Linie. Alle diese Linien
sind, bis auf die Augustenburgische und Beck'sche, wel-
che letztere jetzt die Glücksburgische heißt, nach und nach
ausgestorben: die Norburgische 1722, die Glücksburgi-
sche 1779, die Plönische 1761, die Franzhagensche 1709,
die Schlesische 1727 und die Wiesenburgische 1744 und
die Besitzungen derselben größtentheils an das königli-
che Haus gekommen. Der König verglich sich mit den
Herzögen Johann dem Aelteren und Adolph 1554 zu
Flensburg, wo die bisher in ihren Antheilen besonders
geführte Regierung in eine gemeinschaftliche verwandelt
wurde und vermöge welcher jährlich einer von den
Landesherren regierender Herr sein und der Wech-
sel der Regierung auf Michaelis jeden Jahres erfolgen
-olltc. Unter dieser Regierung, die in den Herzogthü-
mern lange Zeit, und in Holstein bis 1773 beibehalten
179
worden ist, standen die ungetheilt gebliebenen Prälaten
und Ritterschaft, und sie wechselte nach dem Tode Jo-
hann des Aeltern nur zwischen dem Holstein-gottorffi-
schen und dem königlichen Hause. Johann der Aeltere
starb nemlich zu Hadcrsleben am 2. Octbr. 1580 ohne
Leibeserben. Er liebte den Frieden, fürchtete aber den
Krieg nicht, wenn es galt, seine Lande zu schützen, und
wird als ein frommer und gütiger Herr gerühmt.
Nach seinem Tode wollte sich Herzog Adolph, da er,
als der Bruder, der nächste Erbe zu sein behauptete,
dessen Länder zucignen, verglich sich aber endlich mit
dem Könige so, daß er die beweglichen Güter allein
behielt, die Länder aber zwischen ihm und dem Könige
getheilt wurden. Der König fand sich mit seinem
Bruder, Johann dem Jüngern, der' eigentlich auch An-
theil an der Erbschaft hätte haben sollen, ab, indem
er ihm in Holstein das Kloster Reinfeld und in Schles-
wig Ruheklofter und Sundewitt, überließ. — Auch
Herzog Adolph starb 1586 am 1. Octbr. zu Got-
torff, beweint von einer zahlreichen Nachkommenschaft
und von seinen Unterthanen, für deren Wohl er stets
wie ein Vater gesorgt hatte. Er war tapfer, kriegs-
liebend und kenntnißreich, und kannte nicht nur aus-
wärtige Sprachen, sondern redete auch die niedersäch-
sische, dänische und friesische Sprache mit Fertigkeit, so
daß er sich mit allen seinen Unterthanen in ihrer Lan-
dessprache unterhalten konnte. — Von seinen 10 Kin-
dern folgte ihm sein ältester Sohn, Friedrich II., in
der Negierung, ein junger, trefflich erzogener Fürst,
der zu vielen Hoffnungen berechtigte, den aber der Tod
schon im folgenden Jahre (15. Juni 1587) der Welt
173
-und hem Vaterlande entriß, und der seinen Bruder
Dhilipp bis 1590 zu seinem Nachfolger hatte.
Die Wissenschaften hatten in König Friedrich II.
einen thätigen Freund und Beschützer. Er unterstützte
nicht nur inländische, sondern auch fremde Gelehrte
freigebig, vermehrte die Einkünfte der Kopenhagener
Universität, stiftete (1509) die Communität oder
das Kloster für 100 Studenten, die darin freie Bekö-
stigung und Wohnung erhielten, und verwandelte das
Kloster zu Soröe (1586) in eine Schule, wo 30 Ad-
lige und eben so viele Bürgerliche freien Unterricht
und freie Beköstigung hatten. Eine andere gelehrte
Schule, die Schule zu Herlufsholm, entstand
durch die Wohlthätigkeit des Seehelden *H e r l u f
Trolle, der dazu den Hof Skovklofter bei Nestved
schenkte. Friedrichs 11. Regierung wurde auch durch
mehrere Gelehrte verherrlicht, unter denen Heinrich
Rantzau, mit dem Beinahmen der Gelehrte, ein
Sohn des Feldherrn Johann Rantzau, in ganz Europa
wegen seines Neichthums, seiner Gelehrsamkeit, seiner
für die damalige Zeit großen Büchersammlung (7000
Bände) und wegen der Menge von Bildsäulen, Ge-
mälden und Inschriften, mit denen er seine sämmtlichen
Landsitze ausgeschmückt hatte, besonders berühmt war.
Seine großen Reichthümer wandte er nicht allein zur
Beförderung der Wissenschaften, sondern auch zu vielen
andern gemeinnützigen Unternehmungen an, durch welche
er sich gleichfalls um sein Vaterland verdient machte.
— Der weltberühmte Astronom Tychv Brahe wurde
von Friedrich U. dem Vaterlande erhalten; er schenkte
ihm die ganze Insel H v e e n. nebst mehreren sehr
einträglichen Lehen und verlieh ihm überdies ein Jahr-
geh alt von 500 Rthlr. Hier auf Hvecn erbaute
Tycho Brahe sein berühmtes Schloß Uranienburg
und die Sternwarte Sternenburg und verlebte daselbst
21 Jahre, theils mit tiefsinnigen Forschungen über den
Himmelsbau, theils mit andern Arbeiten beschäftigt,
durchweiche er in seinem Vaterlande Künste und Hand-
werke zu heben suchte. Fürsten und Gelehrte ström-
ten aus allen Gegenden Europa's herbei, um Tycho
Brahe kennen zu lernen und seine sinnreichen Ent-
deckungen zu bewundern. Es fehlte ihm aber auch nicht
an Neidern und Feinden, selbst in seiner eigenen Fa-
milie, die es für einen Flecken an ihrer adligen Ehre
hielt, daß Tycho Brahe studirte, Bücher schrieb und
Vorlesugen an der Universität hielt. Seine vornehm-
sten Feinde waren indessen der Kanzler Christian
Fries zu Borrebye und derNeichshofmeister Chri-
stoph Walkendorf. Diesen Männern gelang es,
nach Friedrichs II. Tode, den jungen und noch uner-
fahrenen Christian IV. gegen Tycho Brahe einzunehmen.
Man erklärte jetzt seine Instrumente und übrigen Ein-
richtungen für zu kostspielig und unnütz, und brachte
es dahin, daß Tycho seiner meisten Einkünfte beraubt
und auf vielfache Weise gekränkt ward. Dieser ver-
ließ aber daher sein Vaterland und fand eine ehren-
volle Aufnahme bei dem deutschen Kaiser Nudolph IL,
der auch für seine Kinder edelmüthig sorgte, als er
1601 starb. — Ein anderer Gelehrter unter Friedrich II.
war Anders Sörensen Wedel, der den Saro über-
setzte und überhaupt viele Verdienste um die Geschichte
und Sprache Dänemarks hat.
Die religiöse Unduldsamkeit und der Glaubens-
zwang der damaligen Zeit hatte für Dänemark manche
175
t
nachtheilige Folgen; denn viele der fleißigen und be-
triebsamen Niederländer, die damals um der Religion
willen aus ihrcm^Vatcrlande verbannt, umherirrten,
wurden durch die strengen Verordnungen Christians HI»
und besonders Friedrichs 11., zur Erhaltung der Glau-
bensreinheit abgeschreckt, sich in Dänemark niederzulas-
sen. Ein Ostsee dieses religiösen Verfolgungsgeistes
wurde auch der durch seine Gelehrsamkeit berühmte
Nicolai Hemmingsen, die „Ehre und Zierde des
Vaterlandes und der Universität", wie er genannt
wurde. Er hatte sich der Einführung der Concor-
dienformel in Dänemark widersetzt, und wurde des-
wegen von dem tübinger Professor Jacob Andrea
bitter gehaßt, welcher auch nicht eher ruhte, bis Hem-
mingsen 1579 seines Amtes entsetzt wurde. Aber An-
dreä's Wunsch wurde deswegen doch nicht erreicht;
denn die Concordienformel wurde in Dänemark 1580
durch eine königliche Verordnung scharf verboten, und
auch in den Herzogthümern, wo sie von 1576 an eben-
falls manche Unruhe verursacht hatte, nicht angenommen.
Vormundschaftliche Regierung (1588 — 1596).
Da der Sohn Friedrichs II., Christian, bei sei-
nes Vaters Tode nur 11 Jahr alt, und also minder-
jährig war, so hätte zwar die verwittwete Königin»
Sophie nach altem Herkommen, das überdies auf
dem Reichstage zu Kopenhagen (1542) bestätigt wor-
den war, während der Minderjährigkeit ihres Sohnes
die Negierung führen sollen; allein da der herrschsüch-
tige Reichsrath viele Einwendungen dagegen machte,
verzichtete sie auf ihr Recht und begab sich nach
Falster, welche Insel ihr nebst Laaland zum Leibge-
176
dinge überlassen worden war. In den Herzogthümern
dagegen wurde sie von den Ständen zur Vormünderin
ihres Sohnes ernannt. — Der dänische Reichsrath
erwählte nun aus seiner Mitte 4 Männer, welche bis
zur erlangten Mündigkeit Christians, die erst mit dem
20sten Jahre eintreten sollte, die Negierung verwalten
sollten, nemlich: den königlichen Kanzler Niels Kaas,
den Neichsadmiral Peter Munk, den Rentmeister
Christoph Walkendorf und den Reichsrath Jör^
gen Rosenkranz, welche indeß alle, theils wegstarben,
theils abtraten und durch andere ersetzt wurden, ehe der
König zur Mündigkeit gelangte. Die vormundschaftliche
Negierung wurde, im Ganzen genommen, untadelhast
geführt, und einzelne Beschwerden des Adels über
vermeintliche Kränkung einiger seiner Gerechtsame, unter
Friedrich II., wurden vom Reichsrath mit Würde zurück-
gewiesen. Dagegen handelte die Regentschaft geradezu
gegen den Vortheil Christians, als dieser im Jahre
1588 die Huldigung in den Herzogthümern empfangen
sollte, indem sie durch ihre Abgesandten das Wahlrecht
der Prälaten und Ritterschaft in so weiten Ausdrücken
bestätigen ließ, daß die Stände sogar ihres Huldigungs-
eides entbunden und berechtiget sein sollten, einen an-
dern Herrn zu wählen, wenn der König nach erlang-
ter Volljährigkeit nicht alle ihre Privilegien bestätigte.
Dieses war um so auffallender, als sich Herzog Phi-
lipp diesem Wahlrecht kräftig widersetzte und eine
Erbhuldigung forderte, welche er auch wahrscheinlich
erhalten haben würde, wenn nicht die dänischen Regie-
rungsräthe, sowohl seine Sache, als die ihres Münd-
lings vernachlässigt hätten. Uebrigens erwarb sich die
Regentschaft großes Verdienst durch die vortreffliche
Erziehung, welche sie dem jungen Fürsten gab. Er er-
hielt einen gründlichen Unterricht in Sprachen und
Wissenschaften, und lernte nicht nur Deutsch und Fran-
zösisch, sondern auch Spanisch, Italienisch und Latein,
welche beiden letztem Sprachen er mit Geläufigkeit
redete. In der Mechanik, im Zeichnen und andern
sogenannten mechanischen Künsten brachte er es so weit,
daß er selbst die Pläne zu Gebäuden, Maschienen und
andern Arbeiten entwerfen konnte. Da er schon früh-
zeitig große Neigung zum Seeleben äußerte, so wurde
auf dem Skanderburger See ein Fahrzeug für ihn ge-
baut, und erwarb sich hier unter beständiger Uebung
die Geschicklichkeit und Kenntniß im Seewesen, durch
welche er später dem Vaterlande so nützlich und selbst
berühmt wurde. Die Schiffsbaukunst verstand Chri-
stian so vollkommen, daß er selbst die Modelle zu vie-
len seiner Kriegsschiffe, die damals für die schönsten in
Europa gehalten wurden, verfertigte. Auch für die
körperliche Bildung des Prinzen wurde gesorgt, und
er brachte es in allen ritterlichen Uebungen zu einer
solchen Fertigkeit, daß nur wenige seiner Zeitgenossen
es darin mit ihm aufnehmen konnten. .
Dänemarks äußerer Zustand in den Jahren seit
der Reformation und in dem ersten Viertel des folgen^
den Jahrhunderts war besonders gut. Auch die innere
Verfassung hatte ihre Lichtseiten: das Land war reich
an großen Gelehrten (Tycho Brahe, Nicolai Hem-
mingsen, Heinrich Rantzau, Andres Sörensen Wedel
u. a.), an ausgezeichneten Staatsmännern und Helden
(Peter Oxe, Johann Rantzau, Daniel Rantzau, Pe-
ter Skram, Herluf Trolle, Otto Rud). Die Fi-
IffS
nauzen des Staats waren seit Peter Oxes Ministerium
in vorzüglichem Stande, und obgleich die Einkünfte
nicht bedeutend waren, so überstiegen diese doch die
Ausgaben weit, so daß im Jahre 1602 bei einer Ein-
nahme von 411,000 Speciesthalern sich ein Ueberschuß
von 164,000 Rthl. ergab. — Ungeachtet aber der
glückliche Zustand der Finanzen, das Blühen der Wis-
senschaften und die übrigen günstigen Umstände von
Kraft und Wohlstand im Innern zu zeugen schienen,
litt doch der Staat an tiefeingewurzelten Uebeln, wor-
aus sich erklären läßt, wie Dänemark in den letzten
05 Jahren, welche der Staatsverändernng von 1660
vorangingen, so tief sinken konnte. Die Abgaben wur-
den nur von den Bauern, Bürgern und Geistlichen
entrichtet, während der reiche Adel selbst durchaus
nichts zu den Bedürfnissen des Staates beitrug, und
nur höchst selten erlaubte, daß seine Untergebenen
besteuert wurden. Dadurch aber wurden die Abgaben
für die erstgenannten Stände um so drückender, und
namentlich für die Bürger und Bauern, deren Wohl-
stand unter dem wachsenden Ansehen und der drücken-
den Herrschaft des Adels immer tiefer hinabsinken
mußte.
Um die sclavische Abhängigkeit des Bauern voll-
kommen zu machen, kamen in diesem Zeitraum zwei
adlige Rechte hinzu: das Birkrecht (Patrimonialrccht),
welches darin bestand, daß der Gutsherr durch die von
ihm selbst ernannten Birkrichter und Birkschreiber die
im Birk wohnenden Bauern anklagen und verurtheilcn
lassen konnte; und das Recht auf Hals und Hand
über die Bauern, d. i. das Recht, dieselben ergreifen,
verhaften und vor dem HardeSthinge, gerichtlich be-
\
ISP
langen, so wie hierauf sie bestrafen zu lassen. Dieses
Recht hatten alle Adligen, während dagegen das Birk-
recht nur einzelnen ertheilt war. Daß beide Rechte
von gewissenlosen Gutsherren oft sehr gemißbraucht
wurden, davon zeugen sowohl die häufigen Klagen der
Untcrthanen, als die wiederholten Ermahnungen der
Könige an den Adel in dieser Veranlassung.
Der Bürgerstand litt nicht minder unter der drücken-
den Herrschaft des Adels, und die wenigen Ueberreste
von Selbstständigkeit, welche noch in der städtischen
Verwaltung vorhanden waren, verschwanden gänzlich.
Die königlichen Lehnsmänner ernannten in den meisten
Städten die gestimmte Obrigkeit, und alle städtischen
Angelegenheiten gingen durch ihre Hände.
Auch die Geistlichen hatten Ursache sich über den
Adel zu beschweren, indem er ihnen nicht nur die Ent-
richtung des Zehnten verweigerte, sondern auch durch
die Einziehung vieler Bauernhöfe und Dörfer unter
die Ländereien der Edelhöfe die Einkünfte der Predi-
ger bedeutend verminderte. Das Recht des Adels, die
Geistlichen zu ernennen, wurde auf die empörendste
Weise ausgeübt, indem nicht Kenntnisse und Tauglich-
keit, sondern sehr häufig schmutzige und entehrende
Mittel den Weg zu denjenigen Aemtern bahnten, welche
der Adel zu vergeben hatte. Die auf solche Weise
ernannten Prediger waren in der Regel der unwür-
digsten Behandlung von Seiten des Gutsherrn ausge-
setzt, und selbst die Bischöfe mußten nicht selten die
Rohheit des Adels fühlen.
Auf solche Weise wurde die gesammte Nation von
8—900 Adlichen unterdrückt, ohne bisher ein öffentli-
ches Zeichen von dem Unwillen zu geben, womit die-
selbe das Joch trug. Der hartnäckige aber unglück-
12*
Î80
liche Kampf zu Anfänge des Jahrhunderts hatte den
Ncuth des Volks gebrochen, und von den Königen
Friedrich I., Christian III. und Friedrich II., die den
Adel besonders begünstigten, war für dasselbe kein
Schutz zu erwarten. Unter Christian IV. Regierung
fing das Volk endlich an, neuen Muth zu schöpfen und
seine Klagen laut werden zu lassen, und dieser Volks-
freuud nahm sich der unterdrückten Stände an; doch
verging noch eine geraume Zeit, ehe ein freierer Zu-
stand für diese eintrat.
Christian IV. (1596-1618),
Als Christian IV. 19 Jahr alt war, schlug ein
Th eil des Adels dem NeichSrathe vor, den König für
mündig zu erklären, gleichwie solches einige Jahre früher
in den Herzogthümern geschehen war; allein der Reichs-
rath wollte vor Ablauf der festgesetzten Zeit sich nicht
dazu verstehen. Erft wenige Monate vor dem erreichten
20sten Jahre wurde Christian für mündig erklärt, und
bestieg nun im Jahre 1596 den Thron, nachdem er
eine Handfeste unterschrieben hatte, die im wesentlichen
mit der seines Vaters übereinstimmte.
Christian IV. war ein vortrefflicher König, voll
Kraft und edler Begierde, seinem Staate zu nützen
^ und mit den dazu erforderlichen Kenntnissen ausge-
£ rüstet. Auf Norwegen, darunter den vorhergehenden
Regenten sehr versäumt worden war, richtete der junge
König sogleich Aufmerksamkeit, und von Antritt seiner
Regierung an, bis zum Jahre vor seinem Tode, be-
suchte er jährlich dieses Land, wo er dann durch Ver-
besserung der Rechtspflege, strenge Handhabung der
Gerechtigkeit und genaue Aufsicht über die ganze innere
1$£
Verwaltung des Reiches die Fehler seiner Vorgänger
wieder gut zu machen suchte. Auf einer dieser Reisen,
welche im Jahre 1599 unternommen wurde, segelte
der König mit einer Flotte längs der Westküste Nor-
wegens hinauf um das Nordcap herum bis zum Meer-
busen bei Kola, machte sich überall mit den Küsten,
Häfen und Einfahrten bekannt, und untersuchte genau
die nordöstlichste Landesgränze zwischen Schweden und
Rußland. Die nächste Veranlassung zu dieser beschwer-
lichen Reise, die dem Könige beinahe einmal das Leben
gekostet hätte, waren die von Seiten Schwedens ge-
machten Forderungen auf das norwegische Finnmarken.
Auf einer andern Reife setzte er die Lehnsmänner Lud-
irno, Peter Grubbe, welche beide sich
Äk/schändlichsten Ungerechtigkeiten hatten zu Schulden
kommen lassen, ab, und im Jahre 1602 hatten alle
Lagmänner, mit Ausnahme zweier, ein gleiches Schick-
sal. ■— Der langgehegte Wunsch des Königs, die nor-
wegischen Gesetze zu verbessern, wurde endlich im Jahre
1604, da das größtentheils von Kanzler Hans Pe-
dersen Bochse ausgearbeitete neue norwegische Gesetz
erschien, erfüllt; diesem Gesetzbuche folgte im Jahre
1607 die norwegische Kirchenordnung. — Hier in Nor-
wegen, wo der Einfluß des Reichsraths und des Adels
nicht sehr bedeutend war, hatte der König freiere Hand;
in Dänemark aber widersetzte sich der Adel beständig
jedem Unternehmen Christians zum Besten des Staats.
Als er im Jahre 1604 eine Versammlung zu Horsens
ausgeschrieben hatte, um mit den Gevollmächtigten der
jütischen Handelsstädte zu überlegen, was zum Empor-
kommen der Städte und zur Förderung des Handels
dienlich sein könnte, machte der jütländische Adel, dem
INS
dieses Unternehmen gefährlich schien, ihm deshalb so
ernstliche und eindringliche Gegenvorstellungen, daß er
die Versammlung absagen mußte.
Nachdem Christian IV. fünfzehn Jahre lang in
Frieden regiert hatte, gerietst er in Krieg mit dem
schwedischen König Karl IX., weil dieser den Titel
eines „Königs der Lappen in den Nordlanden" ange-
nommen hatte und daselbst Schatzungen eintreiben ließ.
Eigentlich aber wurde dieser Krieg, der unter dem
Namen des Kalmarischen Krieges bekannt ist, durch
Handclsstreitigkeiten veranlaßt. Karl IX. hatte nemlich
durch Anlegung der starkbefestigten Stadt Gothen-
burg seinem Reiche einen Hafen nördlich vom Ocre-
sund verschafft, von wo ans der Handel auf der Nord-
see getrieben werden konnte, ohne vom Sundzoll be-
schwert zu werden. Auch hatte er auf eine höchst be-
leidigende Weise den Dänen allen Handel auf Lief-
land und Kurland untersagt und außerdem den Zwi-
schenhandel zwischen Norwegen und Schweden durch
neue und ungewöhnliche Auflagen beschwert. In die-
sem Kriege waren die Dänen sowohl zu Lande als zur
See dem Feinde weit überlegen. Unter der eigenen
Anführung des Königs wurde die starke Festung Kal-
mar nach einer hartnäckigen Belagerung erobert, wor-
über der alte Schwedenkönig so erbittert wurde, daß
er Christian IV. einen groben Ausforderungsbrief über-
sandte, den aber dieser in gleichem Tone beantwortete.
Später eroberte Christian IV. die Festungen Guld-
burg und Elfsburg bei Gothenburg, worauf diese
Stadt gänzlich zerstört wurde. Zur See wich die
schwedische Flotte immer der dänischen aus, ohne es
jemals zu einer Schlacht kommen zu lassen. Karl IX.
183
starb im Laufe des Krieges, worauf sein Sohn und
Nachfolger, der nachher so berühmte Gustav Adolph,
den Frieden begehrte, welcher auch im Jahre 1613 zu
Knäröd oder Sjöröd unter folgenden Bedingungen
zu Stande kam: der schwedische König entsagte dem
Titel eines Königs der Lappen, Schweden bezahlte an
Dänemark 1 Million Reichsthaler, für welche Summe
Elfsburg und Guldburg nebst den dazu gehörigen Har-
den verpfändet wurden; hinsichtlich der Stadt Gothcn-
burg wurde festgesetzt, daß der Wiederaufbau derselben
den Rechtsansprüchen des Königs von Dänemark an
den Oeresundzoll zu keinem Nachtheil gereichen solle,
und was endlich den Handel auf Liefland und Kur-
land betrifft, so sollte derselbe, mit Ausnahme der Fahrt
auf Riga, so lange diese Stadt von den Schweden
belagert wurde, frei sein. — In diesem Kriege war
es, daß die Bauern im Guldbrandsthale unter An-
führung ihres Bogts, Lars Gram, sich durch ihren
heldenmüthigen Kampf gegen den Oberst Sinclair
so ehrenvoll auszcichneten. Sinclair siel, und von
seinen 1000 schottischen Hülfstruppcn, mit denen er
quer durch Norwegen nach Schweden zu dringen ver-
suchen wollte, blieben nur zwei am Leben.
Nach Beendigung dieses Krieges trat von 1013
bis 1625 der glücklichste Zeitraum in der Negierung
Christian tV. ein, in welchem er alle die seltenen Eigen-
schaften entwickelte, die ihm unter den dänischen Königen
einen so hohen Rang gegeben haben. Wissenschaften,
Handel, Handwerke, Gesetzgebung, Bertheidigungswesen,
kurz: Alles wurde im weitesten Umfange Gegenstand
seiner unermüdeten Wirksamkeit. — Die Universität er-
hielt durch die neuen Statuten von 1021 eine ver-
r
184
besserte Einrichtung, und ihre Wirksamkeit wurde nach
und nach durch Anstellung von 7 neuen Professoren
sehr erweitert. Mit der Einrichtung eines botanischen
Gartens wurde der Anfang gemacht, und 1623 die
Negenz zur Wohnung für unvermögende Studirende
aufgeführt; der Universitätsbibliothek schenkte Christian
außer bedeutenden Einkünften noch seine ganze aus
1400 Bänden bestehende Büchersammlung. Seine milde
Fürsorge erstreckte sich auch auf die Gelehrtenschulen,
welche schon im Jahre 1604 einen verbesserten Unter-
richtsplan erhalten hatten. Seit 1618 wurden bei den
lateinischen Schulen zu Roeskilde, Odense, Nipen, Aar-
huus, Lund und Christiania Gymnasien errichtet, deren
jedes 3 bis 4 Professoren haben sollte. Diese nützli-
chen Einrichtungen verfielen indeß größtenthcils wieder
in den spätern unglücklichen Regierungsjahren Chri-
stians; nur das Gymnasium in Roeskilde hielt sich bis
zum Schlüsse des 17., und das in Odense bis zum
Schluffe des 18. Jahrhunderts. Um.der herrschenden
großen Reiselust der jungen Adligen ins Ausland
Schranken zu setzen, wurde 1623 die adelige Akade-
mie in Soröe gegründet und zugleich befohlen, daß
kein Adliger vor seinem 19. Jahr ins Ausland reisen
dürfe. Zur Beförderung der Wissenschaften wurde
ferner der sogenannte „runde Thurm" zu astronomischen
Beobachtungen aufgcführt und ein anatomisches Thea-
ter errichtet.
Um Handel und Verkehr zu erleichteru, ließ Chri-
stian IV. ausgezeichnete gute Münze Prägen, wobei die
bei Kongsberg in Norwegen 1623 entdeckte Silberader
ihm sehr zu Statten kam, das Tonnenmaaß in Däne-
mark und Norwegen einführen und das Gewicht und
195
Mcnmaaß genauer bestimmen. Er errichtete eine Menge
Handelsgesellschaften, die mit großen Privilegien begabt
wurden. So entstand 1602 die isländische Com-
pagnie, die später auch den Handel auf die Nordlande
und Finnmarken erhielt; es wurde eine Tuch-,Seiden-
und Salzcompagnie errichtet, welche letztere auf ei-
genen Schiffen Salz von Frankreich und Spanien ein-
führte. Im Jahre 1616 entstand die ostindische
Compagnie, und der König versuchte zur Befestigung
des Handels auf Ostindien eigene Besitzungen daselbst
sich zu erwerben, zu welchem Ende im Jahre 1618
eine Flotte unter dem Admiral Ove Gjedde nach
Ceilon abgcschickt wurde. Zwar mißlang der Versuch auf
dieser Insel, dagegen wurde die Stadt Tranquebar
auf der Küste Koromandel erworben und daselbst die
Festung Dans bürg angelegt. Um eine nordwestliche
Durchfahrt nördlich um Amerika herum nach Ostindien
zu suchen und zugleich die Ostküste Grönlands wieder
zu finden, ließ Christian IV. vier Entdeckungsreisen
in diese Gegenden unternehmen. Die zwei ersten ge-
schahen unter dem Admiral Lindenov, die dritte un-
ter dem sachkundigen Holsteiner Richard so n und die
vierte und unglücklichste unter Peter Munk im Jahre
1619. Obgleich diese kostspieligen und gefährlichen
Reisen nicht zum gewünschten Ziele führten, so glückte
es dock, die Westküste Grönlands wieder zu finden, wo
eine neu errichtete grönländische Compagnie den Wall-
fischfang zu treiben anfing. — Christian IV. ermunterte
auch die Kaufleute, große Schiffe für längere Seerei-
sen zu erbauen, und versah dieselben mit Kanonen,
wodurch sie nicht allein gegen die zu der damaligen
Zeit häufigen Kaper und Seeräuber gesichert worden,
186
sondern auch im Nochfalle zur Vertheidigung dcsNciches
gebraucht werden konnten (Defenst'onsschiffe).
Wichtig für den Handel war auch die Einrichtung
des Postwesens. Im Jahre 1624 wurde die Ham-
burger Post, welche von Kopenhagen über Nyborg und
Kolding nach Hamburg ging, und außerdem eine Post
zwischen Kopenhagen, Helsingöcr und Schonen, zwischen
Kopenhagen, Laaland und Falster und zwischen Kopen-
hagen und Kallundborg errichtet. Zum Besten des
Kopenhagener Handelsftandes fing der König 1621 an,
die schöne Börse zu erbauen, welche im Jahre 1641
vollendet wurde. Auf Fabriken, Handwerke und Künste
wandte Christian IV. gleichfalls seine Aufmerksamkeit,
und ließ, außer Tuch- und Seidenfabriken, auch Salz-
und Salpeterwcrke, Pulver- und Papiermühlen, Kupfer-
werke, Zuckerraffinadericn, Seifensiedereien und viele
Bierbrauereien einrichten. Er rief viele Handelnde,
besonders holländische Kaufleute, welche sich in Kopen-
hagen niederließen, und eine Menge Handwerker, Gärt-
ner, Baumeister, Künstler, unter andern den nieder-
ländischen Künstler, Karl van Mandern, ins Land.
Durch eine Verordnung von 1613 wurde das gesammtc
Zunftwesen und der Zunftzwang aufgehoben, und wenn
der König 8 Jahre später sich veranlaßt fand, den
Handwerkern zu erlauben, eigene Zjinsthäuser zu haben
und in diesen Zusammenkünfte zu halten, so verbot er
doch aufs Strengste die Einführung des alten Zunft-
zwanges, welcher jedoch in spätern Zeiten sich wieder
geltend machte. — Christian IV. trug durch Aufführung
vieler Gebäude, so wie durch Anlegung mehrerer Städte
und Festungen außerordentlich viel zur Belebung der
Künste und Handwerke bei. Außer den schon genannten
1S7
Gebäuden, der Burse, der Regen; und dem runden
Thurm, erbaute er in Kopenhagen das Zucht- und
Findelhaus, die Trinitatis- und Holmskirche, die Neu-
budcn, das Proviantgebäude, das Zeughaus, das Schloß
Rosenburg und Christianshafen auf Amak, vollendete
den Bau des schönen Schlosses Friedrichsburg, erbaute
die starke Festung Glückstadt an der Elbe, Christians-
preis am Kieler Meerbusen, Christianopel, auch Skyr-
Kalmar (Zwiug-Kalmar) genannt, in Blekingcn, Chri-
stianftadt in Schonen, Christiania, Kongsberg und Chri-
stiausand in Norwegen. — Während seiner friedlichen
Beschäftigungen versäumte Christian IV. nicht, zum
Kriege gerüstet zu sein; davon zeugt nicht nur dicAn-
leguug der genannten Festungen, die Einrichtung des
Zeughauses in Kopenhagen und die vortreffliche Unter-
haltung der Flotte, sondern auch das im Jahre 1615
errichtete stehende Kricgshecr von 5000 Manu, das erste
in Dänemark nach Aufhebung des Thingmannalids.
Bereits im Jahre 1598 hatte der König eine allgemeine
Bürgerbewaffnung in den Handelsstädten angeordnet,
und aus diesen wurden außerdem 1500 Bootsleute,
die auf dem Bremerholm in Kopenhagen in allerlei
Schiffsarbeiten unterrichtet wurden, und einen festen
Stock zur Bemannung der Flotte bildeten, ausgehoben.
Zur Wohnung für diese Schiffsmannschaft ließ der
König die Neubudcn aufführen und eine Navigations-
schule zum Unterricht derselben einrichten.
Auch als Gesetzgeber war Christian IV. ein wirk-
samer König. Außer den schon angeführten norwegi-
schen Gesetzen erließ er zu verschiedenen Zeiten mehrere
Recesse und Verordnungen, welche alle in dem 1643
erlassenen großen Receß enthalten sind. Doch war
ISS
Christian nicht nur Gesetzgeber; er wachte auch sorg-?
faltig über die Befolgung seiner Gesetze. Zu dem Ende
reis'te er beständig aus den Hcrrentagen sowohl u
Dänemark als in Norwegen umher, und übte allent-
halben die strengste Gerechtigkeit ohne Ansehen der Per-
son, wovon die Geschichte mehrere denkwürdige Beispiele
aufzuweisen hat.
Christian IV. hatte nun 12 Jahre mit friedlichen
Beschäftigungen zugcbracht, als ihn der Krieg zum
zweiten Male davon abrief. Der dreißigjährige Krieg
wüthcte in Deutschland, und die protestantischen deutschen
Fürsten, welche nahe daran waren, der Uebermacht der
Kaiserlichen zu erliegen, erwählten Christian den IV.
zum Kriegsobcrsten im Niedersächsischen Kreise und zum
Anführer im Kriege. Der König nahm sich der Sacke
der Unterdrückten an, alle seine deutschen Bundesge-
nossen verließen ihn in dem entscheidenden Augenblicke,
und da auch Frankreich und England die versprochenen
Geldbeiträge nicht lieferten, so war die Folge hievon,
daß dieser Krieg, ungeachtet der Tapferkeit und Kriegs-
erfahrenheit des Königs, ein sehr unglücklickes Ende
nahm. Nach einem hartnäckigen und lange zwcifclbaften
Kampfe, der neun Stunden währte, verlor der König
1626 die Schlacht bei Lutter am B aremberge gegen
den kaiserlichen General Tilltz, und das Jahr darauf
wurden nun Holstein, Schleswig und Jütland von den
kaiserlichen Truppen besetzt. Wallenstein suchte dar-
auf sich zum Herrn der Ostsee zu machen und auf solche
Weise die Eroberung Dänemarks zu vollenden; allein
Christian IV. vernichtete durch seine Flotte diesen Plan,
un dhinderte alle Versuche Wallensteins in dieser Ge-
gend. Da iudeß von den Bundesgenossen keine Hülfe
199
zu erwarten war, so entschloß sich der König endlich
zum Frieden zu Lübeck (1629), wo die Stifter Bremen
Verden und Schwerin abtreten und außerdem verspre-
chen mußte, sich nicht ferner in die Angelegenheiten
Deutschlands zu mischen. — Obgleich Dänemark sich
nun in einer traurigen Lage befand, so würde es sich
doch unter einem Könige, wie Christian der IV. war,
leicht wieder haben erholen können, allein Bestrebungen
des Königs, dem Lande wieder aufznhelfen, scheiterten
an der hartnäckigen Weigerung des Adels, die Lasten
des Staates mit den übrigen Ständen tragen zu hel-
fen. Dänemark ging daher von der Zeit an immer wei-
ter zurück; 13 Jahre darauf erfolgte ein noch mehr-
verheerender Krieg, und abermals zehn Jahre später
ein dritter, der dem Staat seinem Untergange nahe
erhältniß des Königs zu den holsteingottorf-
fischen Herzögen war in der ersten Zeit der Regierung
Christian des lV. sehr freundschaftlich. Herzog Johann
Adolph, welcher mit der Schwester Christians vermählt
war, starb 1616, und ihm folgte sein Sohn Friedrich
III., der bis 1659 regierte. Mit der Staatsverfassung
der Herzogthümer ging unter Johann Adolph eine
wichtige Veränderung vor, indem dieser durch eine te-
stamentarische Bestimmung, welche die Einwilligung
Christian IV. und kaiserliche Bestätigung erhielt, das
Recht der Erstgeburt einführte, um dadurch künftigen
Theilungen seines Antheils an den Herzogtümern
vorzubeugen. Die Stände, welche dadurch ihr Wahl-
recht einbüßten, mußten dem Herzog Friedrich 111. am
20. December 1616 die Erbhuldigung leisten. In
dem königlichen Antheil der Herzogthümer wurde zwar
190
die Erblichkeit erst durch Friedrich III. Erbstatut von
1650 eingeführt; doch fanden seit Christian IV. Thron-
besteigung keine neuen Theilungen statt, da der König
sich den Ansprüchen seiner Brüder in dieser Hinsicht
standhaft widersetzte und sie anderweitig entschädigte-
Auch in diesen Landestheilen zeigte sich die umfassende
Thätigkeit Christian IV., und Herzog Friedrich III. war
ebenfalls unablässig für das -Wohl seiner Unterthanen
bemüht. Dieser ertheilte 1619 einer Anzahl holländi-
scher Reformirten, welche sich den Glaubenssatzüngen
der Dortrechtcr Synode nicht fügen wollten, die Er-
laubniß, sich in dem Lande nieder zu lassen, und diese
gründeten hier 1621 die Stadt Friedrichstadt am Zu-
sammenflüsse der Treene und der Eider, und die Re-
ligionsfreiheit so wie andere Privilegien beförderten
bald das Aufblühen der neuen Stadt. — Auf dem
Landtage zu Rendsburg am 9. Mai 1623 erneuerten
und erweiterten beide Fürsten die 1533 zwischen dem
Königreiche und denHerzogthümern geschlossene ewige
Union, und bestimmten die bedungene ordentliche Hülfe
auf die doppelte Zahl, so daß Dänemark den Hcrzog-
thümern im Falle eines Krieges mit 600 wohlgerüsteten
Reutern, diese jenem mit 300 beistehen, und diese Hülfs-
truppen immer und so lange cs der dringende Theil
verlangte, vollzählig gehalten werden sollten. — Allein
der dreißigjährige Krieg störte das freundschaftliche Ver-
hältniß Dänemarks mit dem holstein-gottorffischen Hause;
denn als Wallenstein 1627 in die Herzogtümer ein-
rückte, schloß Friedrich III. einen Vergleich mit ihm, und
überließ ihm seine Festungen, ja, er nahm sogar eine
kaiserliche Besatzung in seiner Residenz auf. Der König
sah sich dadurch genöthigt, auch feindlich gegen den
191
Herzog zu verfahren nahm die Insel Fehmern in Besitz,
und sein Feldherr Morgan ging 1629 mit einer
Heerschaar nach Nordstrand, erstürmte die Lither
Schanze und Vertrieb die Kaiserlichen gänzlich aus
den Marschen. Zu gleicher Zeit war der König bei
Schleimünde gelandet, und rückte durch Angeln nach
Gottorff vor; doch der inzwischen geschlossene Lübecker
Friede hemmte weitere Feindseligkeiten, versöhnte den
Herzog mit dem Könige, und jener erhielt die Insel
Fehmern und Nordstrand, sowie seinen Antheil an Sylt
und Föhr zurück. Christian IV. schloß auch mit dem
Herzoge am 4. Mai 1634 und am 9. April 1636 zwei
Recesse zur Vertheidigung der Herzogthümer Schleswig
und Holstein während des noch dauernden dreißigjäh-
rigen Krieges in Deutschland, und 1637 (1. Mai) wurde
durch einen Reccß die unionsmäßige Hülfe auf 5 Jahre
vergrößert. — Hatten die Herzogthümer indem vorher
erwähnten Kriege durch die wallensteinischen Räuber-
schaaren hart gelitten, wozu sich noch die Pest gesellte,
so traf am 11. October 1634 die ganze Westseite eine
furchtbare Wafferfluth, die einen unermeßlichen Schaden
anrichtete. Von Nipen bis zur Elbe ertranken über
15,000 Menschen, und besonders wurde die reiche und
fruchtbare Insel Nordstrand völlig überschwemmt zum
Theil ganz von den Fluchen hinweggeriffen, und nur
geringe Ueberbleibsel dieser früher so herrlichen Insel
(Pelwvrm und Nordstrand) wurden in den nachfolgen-
den Jahren dem Meere wieder abgewonnen.
Die Mißhelligkeiten mit Hamburg über das von
dieser Stadt behauptete Zwan^recht auf der Elbe
hatten sich auch unter Christian TV. Regierung wieder
erneuert. Die Stadt hatte sich während der Theilnah"^
193
Dänemarks am dreißigjährigen Kriege eine kaiserliche
Bestätigung dieses Rechts zu verschaffen gewußt und
obgleich ihre Flotte von der dänischen gänzlich geschla-
gen worden war, dauerten doch die Streitigkeiten fort,
und der König suchte 13 Tahre lang 'vergebens durch
einen Zoll bei Glückstadt für alle hamburgischen Schiffe
die Hamburger zur Nachgiebigkeit zü zwingen, bis er
endlich 1643 Anstalten traf, die Stadt sowohl zu Lande
als zu Wasser einzuschließen. Jetzt mußten die Ham-
burger nachgeben; sie leisteten schriftliche Abbitte und
entrichteten 280,000 Neichsthaler Schadenersatz.
Christian IV. erhöhete mehrere Male den Oeresund-
zoll, und besonders nach dem deutschen Kriege in einem
sehr hohen Grade, so daß Holland und England da-
durch zu häufigen Beschwerden veranlaßt wurden und
ersterer Staat sich eng an Schweden anschloß, auch
später darauf sann, Dänemark um die jenseit des
Sundes gelegenen Provinzen zu bringen. Schweden
war damals sehr feindlich gegen Dänemark gesinnt,
weil Christian IV. die Eroberungspläne der schwedischen
Negierung in Deutschland zu hindern suchte, und der
einsichtsvolle schwedische Minister Orenstjerua ließ
daher den in Deutschland kämpfenden General Tor-
- Pensen plötzlich gegen Dänemark aufbrachen. Dieser
General überfiel das unvorbereitete Dänemark im Jahre
1643 ohne Kriegserklärung und in kurzer Zeit waren
die Herzogthümer Holstein und Schleswig, wo Herzog
Friedrich III., durch die Noch gedrungen, einen Sepa-
rat-VHrtrag mit dem schwedischen General geschlossen
hatte, so wie die Halbinsel Jütland von den Fein-
den besetzt. Zu gleicher Zeit war ein anderes
schwedisches Heer in Schonen eingefallen, und ein ver-
193
' -
einigte schwedisch-holländische Flotte erschien auf dem
Meere, um die Heere nach den Inseln überzusetzen und
so die Eroberung Dänemarks zu vollenden. Allein noch
wachte Christian IV., obgleich ein Greis von 6Z Jahren,
über Dänemark, und mit derselben Unermüdlichkeit, wie
in seinen kräftigsten Jahren, eilte er von einer Provinz
in die andere, von der Flotte aufs Land und wiederum
zur Flotte zurück. Die holländische Flotte wurde in
einem Treffen am 16. Mai in dem Listertief zwischen
Sylt und Rom so empfangen, daß sie sich in den Listervig
auf der Ostseite der Insel Sylt zurückzichen mußte,
worauf der König, der mit seinen tiefgehenden Schiffen
ihr dahin nicht folgen konnte, auf der nördlichen Rhede
von List, nach ihm Königshafen genannt, ankerte, und
die holländische Flotte versuchte vergebens, am 24. und
25. Mai sich durchzuschlagen. Als aber ein Sturm den
König nöthigte, die Rhede zu verlassen, entkam die feind-
liche Flotte nach Holland. Hierauf ging der König mit
30 Schiffen der ans 46 Schiffen bestehenden schwedischen
Flotte entgegen, und lieferte ihr auf der Kolberger Haide
am 1. Juli 1644 eine heftige, dreimal unterbrochene und
wieder erneuerte Schlacht. Der König ward in dieser
Schlacht selbst schwer verwundet und verlor ein Auge;
die schwedische Flotte wurde aber zuletzt gcnöthigt, sich
in den Kieler Meerbusen zurückzuziehen. Hier ließ der
König dieselbe durch den Admiral Galthen einspcrren;
aber durch ein Versehen des Admirals entkam dieselbe,
vereinigte sich hierauf mit der holländischen, und diese
Flotte, welche nun zusammen 64 Schiffe zählte, überfiel
unerwartet eine aus 17 Schiffen bestehende dänische
Flotte, von Admiral Porsmund befehligt, unter
13
194
Laaland. Die dänische Flotte unterlag nach einem
verzweifelten Kampfe, in welchem der Admiral selbst
den Tod fand, der Uebermacht; doch hatte auch die
siegende feindliche Flotte so gelitten, daß sie einen Hafen
suchen mußte und in dem Jahre nichts weiter gegen
Dänemark unternehmen konnte. — Dänemark war jetzt
in der gefährlichsten Lage; Holstein, Schleswig und
Jütland waren von den feindlichen Heeren unter Tor-
stenson und Wrangel besetzt, die mit der größten Bar-
barei verfuhren, in Schonen, Holland und Blekingen
machten die Schweden ebenfalls große Fortschritte und
die vereinigte schwedisch-holländische Flotte herrschte auf
dem Meere. Der einzige Bundesgenosse des Königs,
der deutsche Kaiser, hatte zwar seinen General Gallas
nach Holstein zu Hülfe gesandt; dieser hatte aber so
wenig ausgerichtet, daß er sowohl ein Spott der Freunde
als der Feinde wurde. Unter diesen Umständen sah sich
der König gezwungen, einen Frieden zu schließen, der
am 13. August 1645 zu Brömsebro zu Stande kam.
Es wurde den Schweden völlige Zollfreiheit im Sunde
und in den Belten bewilligt, Herjedalen und Jämteland,
die Inseln Oesel und Gothland, so wie Holland auf
30 Jahre abgetreten, dem Herzoge von Holstein-Gottorff
Vergessenheit alles Geschehenen versichert und an dem-
selben Tage zu Christianopel ein Tractat mit den Hol-
ländern geschlossen, wodurch der Sundzoll auch für diese
Nation bedeutend ermäßigt ward. Diese Bestimmungen
verminderten den Sundzoll in dem Maaße, daß dieser,
der früher über 300,000 Species betragen hatte, jetzt
auf 80,000 herabsank. «V
In den letzten Regierungsjahren Christian IV.
195
befand sich das Reich in einem wenig erfreulichen Zu-
stande, und der hochverdiente König wurde bei seinen
Bestrebungen zum Wohle des Staates stets von einem
übcrmüthigen Reichsrathe und einem trotzigen Adel ge-
hindert. Er hatte in seinen frühem kraftvollen Jahren
die Macht dieses Standes sehr beschränkt; darüber be-
schwerte sich jetzt der Reichsrath und machte es dem
Könige besonders zum Vorwurf, daß er die wichtigsten
Staatsämter so lange unbesetzt gelassen und viele von
seinen unehelichen Söhnen und seinen Schwiegersöhnen
in den Rath ausgenommen habe. Unter diesen übte be-
sonders der Reichshofmeister Corfitz Ulfeld einen Ein-
fluß aus, in den die übrigen Mitglieder des Reichs-
rathes sich nicht finden konnten. Er war mit Eleonore
Kirstine, des Königs geliebtester Tochter von der Chri-
stine Munk, mit welcher sich Christian IV. nach dem
Tode der Königin«, Anna Catharina, (1615), zur
linken Hand hatte trauen lassen, vermählt. — Da die
dringendsten Vorstellungen des Königs an Reichsrath
und Adel nichts fruchteten, so versuchte Christian durch
Nachgiebigkeit und neue Begnadigungen zu wirken, und
ertheilte (1645) dem Reichsrathe das Recht, die erledigten
Plätze im Rache durch Wahl aus 6 bis 8 Edelleuten,
welche dazu von dem Adel der betreffenden Provinzen
in Vorschlag gebracht waren, selbst zu besetzen. Die
Stellung des Neichsrathes wurde hiedurch wesentlich ver-
ändert und seine Unabhängigkeit von der Macht des
Königs vollständig. Aber diese Begnadigungen ver-
mehrten nur die Halsstarrigkeit desselben. Des Königs
Vorschläge, der großen Noch des Reiches dadurch ab-
zuhelfen, daß statt der früheren Belehnungen die Güter
13 *
106
und Höfe cm die Meistbietenden verpachtet würden, und
der nutzlose Noßdicnst des Adels und der Lehnsmänner
in eine Geldabgabe verwandelt würde, fanden den stärksten
Widerstand von Seiten des Rcichsrathes, so daß der
König die Verpachtung der Lehen ganz aufgeben und
die Veränderung des Noßdienstes auf die Krongüter
beschränken mußte. Während dieser Verhandlungen hatte
der 70jährige alte König auch noch den Kummer,
seinen ältesten Sohn Christian, der schon 1608 zu
seinem Nachfolger erwählt worden war, zu verlieren,
und jetzt stellte der gebeugte Vater, um den Reichsrath
zur Erwählung seines zweiten Sohnes, Friedrich,
zum Thronfolger zu vermögen, am 23. November 1647
einen offenen Brief aus, in welchem er alle seine früheren
Anordnungen in Betreff der Lehen und des Noßdienstes
widerrief, und Zugleich erklärte, daß eS keineswegs feine
Absicht gewesen sei, die alten Rechte und Handfesten des
Reiches zu verändern. Drei Monate nach dieser Be-
gebenheit starb Christian IV. auf dem Schlosse Rosen-
burg in Kopenhagen am 28. Februar 1648, 71 Jahre alt.
Christian IV. gehört zu den ausgezeichnetsten Kö-
nigen, die Dänemark gehabt hat. Er war von einem
tiefen Gefühl seiner Pflichten als König, wie von einer-
lebendigen Liebe zum Volke beseelt, und besaß dabei
eine unermüdliche Thätigkcit, die alle Angelegenheiten
des Reichs, die kleinsten wie die größten, umfaßte. Mit
einem kräftigen und gesunden Körper verband er seltene
Geistesgaben und vielseitige Kenntnisse. In seinem Wesen
war er schlicht, gerade und leutselig gegen Alle, sowohl
Hohe als Niedere, gottesfürchtig, rechtschaffen, im höch-
sten Grade persönlich tapfer, ein tüchtiger Heerführer
19?
und ein noch größerer Admiral. Daß mehrere seiner
Unternehmungen mißlangen, lag in den ungünstigen Zeit-
umständen, über die er nicht gebieten konnte; aber viele
Denkmäler zeugen noch von seiner Thätigkeit, und die
späteste Nachwelt wird seinen Namen mit Achtung und
Liebe nennen.
Friedrich III. (1648—16T0).
Nach Christian IV. Tode blieb der Thron einige
Monate unbesetzt, da sein Sohn Friedrich noch nicht
erwählt war, und in dieser Zwischenzeit wurde das Reich
von den vier höchsten Beamten, unter denen der Neichs-
hofmeister Corfitz Ulfeld sich befand, verwaltet. Auf
dem Reichstage zu Kopenhagen (April 1648), auf welchem
der Professor Scavenius, damals Rector der Uni-
versität, die Rechte der andern Stände gegen Reichsrath
und Adel vertrat, wurde Friedrich III. zum Könige ge-
wählt. Der Reichsrath benutzte aber diese Gelegenheit
wieder, seine Macht zu vergrößern und sic gegen Be-
einträchtigung von Seiten des Königs sicher zu stellen,
und der König mußte eine Handfeste unterschreiben, die
selbst noch härter war, als die Handfeste Christopher II.,
und wodurch er fast zu einem willenlosen Werkzeug des
Reichsrathes herabgewürdigt wurde. Im Jahre 1651
schloß man auch die verwittwete Königin» während der
Minderjährigkeit des Königs ganz von der Regierung
aus, bestimmte, daß diese Minderjährigkeit bis zum lOten
Jahre dauern, und daß während derselben die sieben
ältesten Reichsräthe die Regierung führen sollten.
Um sich gegen Schweden, das seine Macht immer
weiter auszudehnen suchte, sicher zu stellen, schloß
19$
Friedrich III. ein enges Bündniß mit den Holländern,
suchte durch mehrere Vorkehrungen die Flotte und die
Landmacht in bessern Stand zu setzen und legte die
Festung Friedericia am kleinen Belte an. Auch er-
weiterte er das von Christian IV. eingerichtete Poss-
wesen, welches an Paul Klingenberg einen vortreff-
lichen Verwalter erhielt. — In diesen ersten Negierungs-
jahren des Königs hatte der Reichsrath Corfitz Ulfeld
die wichtigste Rolle im Staate gespielt. Aber der König
haßte den mächtigen Mann, von dem das Gerücht er-
zählte, daß er den größten Antheil an den harten Be-
dingungen der Handfeste gehabt, ja sogar versucht habe,
Friedrich von dem Throne auszuschließen, und die Kö-
nigin«, die stolze Sophie Amalia, eine Tochter des
Herzogs Georg von Braunschweig-Lüneburg, hegte per-
sönlichen Haß gegen Eleonore Kirstine, da sie von ihrem
Geiste und ihrer Schönheit überstrahlt zu werden fürchtete.
Ulfeld mußte deshalb manche Kränkungen erfahren, und
zog sich bald ganz vom Hofe zurück. Während dieser
Spannung mit dem Hofe wurde sowohl er als seine
Gemahlinn von einem berüchtigten Frauenzimmer, Na-
mens Dina Winhofer, beschuldigt, daß sie darnach
getrachtet hätten, dem Könige durch Gift das Leben zu
nehmen. Die Beschuldigung erwies sich als gänzlich
unwahr, und Dina mußte mit dem Leben dafür büßen,
während dagegen ein gewisser Oberst Walter, der
eigentlich die Dina zu ihren falschen Angaben bewogen
hatte, nur des Landes verwiesen wurde. Ulfeld fand
in dieser glimpflichen Behandlung Walters eine neue
Kränkung, und verließ voll Unwillen mit Frau und
Kindern das Vaterland. Er ging erst nach Holland,
199
dann aber nach Schweden, wo er von der launenhaften
Königinn Christina mit der größten Auszeichnung
empfangen wurde. Christina legte zwar bald darauf die
Negierung nieder, Ulfeld aber behielt seinen Einfluß bei
ihrem Nachfolger, Karl X., den er zu einem Kriege gegen
Dänemark aufzureizen suchte. Dieser aber, dem sein
Gesandter in Kopenhagen, Dur ell, von dem zerrütteten
Zustande Dänemarks genauen Bericht gegeben hatte,
brach zuerst gegen Polen los, und diese Zeit hielt man
in Dänemark für geeignet, durch einen schnellen Krieg
die bei dem letzten Frieden verlornen Provinzen wieder
zu gewinnen, um so mehr, als Polen, Brandenburg
und der deutsche Kaiser die kräftigste Unterstützung ver-
sprachen. Da man dem holstein-gottorffischen Herzoge
Friedrich III. nicht traute, zumal da der schwedische
König 1654 durch seine Vermählung mit des Herzogs
Tochter, Hedwig Eleonore, dessen Schwiegersohn
geworden war, so begann Dänemark (1657) den Krieg
damit, sich aller holstein-gottorffischen Festungen zu be-
mächtigen. Kaum aber hatte Karl X. von diesem Frie-
densbruche gehört, als er von Polen aus durch Deutsch-
land nach Holstein eilte und in kurzer Zeit beide Her-
zogthümer einnahm. Der dänische Marschall Anders
Bilde ließ sich von einem Orte zum andern jagen,
und warf sich zuletzt in die starke Festung Friedericia,
die 6000 Mann Besatzung hatte, welche aber der schwe-
dische General Wrangel mit 3000 Mann einnahm und
dadurch dem Feinde den Weg nach Jütland bahnte.
Der polnische General Czarnetzkp, der mit 12,000
Reitern zum Entsätze Dänemarks herbeieilte, zog sich
auf die Nachricht von dem Falle der Festung Friedericia
300
mit seinen Truppen zurück, und KarlX., welchen Ulfeld
überall begleitete und die Bewohner zum Abfall zu be-
wegen suchte, dachte daran, nachdem er Jütland erobert
batte, auch die Inseln in seine Gewalt zu bekommen.
Da aber seine aus 60 Schiffen bestehende Flotte, die er
zu diesem Zwecke hatte in See stechen lassen, von der
nur 30 Segel starken dänischen Flotte unter Admiral
Heinrich Bjelke geschlagen wurde, benutzte der kühne
Krieger den strengen Winter, der 1637—1658 eintraf,
und ging mit seinen siegreichen Truppen übers Eis nach
Fühnen, und von da über Langeland, Laaland, Falster
und Möen nach Seeland. Alles unterwarf sich ihm fast
ohne Widerstand, selbst die befestigte Stadt Nakskov
wurde durch Ulfelds List bewogen, sich ohne Schwert-
schlag zu ergeben; nur der Commandeur Peter Bre-
dahl zeigte in dieser Stunde der Noth und Verzweif-
lung, daß noch männlicher Muth in Dänemark zu finden
sei. Er lag mit 4 Kriegsschiffen in der Npborger Föhrde
eingefroren, und obgleich seine Schiffe von den Kanonen
der Festung Nvborg beschossen und von den Schweden
auf dem Eise angegriffen wurden, wollte er doch von
keiner Ergebung wissen, sondern vertheidigte sich so lange,
bis es ihm gelang, die Schiffe loszueisen und nach Kopen-
hagen zu bringen. — In dieser Stadt, wo man nichts
vorbereitet hatte, war man durch Karl X. unerwartete
Fortschritte in die äußerste Bestürzung gesetzt, und be-
rcuete jetzt zu spät den unvorsichtig begonnenen Krieg.
Der Reichshofmeister Gersdorf und der Reichsrath
Skcel wurden an den schwedischen König abgesandt,
um Friedensunterhandlungen einzuleiten. Karl X. ließ
anfangs durch Ulfeld die unerhörtesten Bedingungen
SOL
stellen, die indessen durch französische und englische Ver-
mittelung etwas gemildert wurden, so daß Karl X. im
Frieden zu Roeskilde (26. Februar 1658) sich mit Scho-
nen, Halland, Blekingen, Bahuus, Drontheim, Born-
holm, 12 Kriegsschiffen und 2000 Reutern begnügte;
Herzog Friedrich III. bekam das Amt Schwabstedt, so
wie das Domcapitel zu Schleswig mit Ausnahme von
4 Canonicaten, und wurde der Lehnspflicht gegen Däne-'
mark entbunden, oder erhielt, wie es hieß, Souverai-
nität, jedoch sollte die gemeinschaftliche Negierung bis
auf näheren Vergleich fortdauern; endlich sollte Ulfeld
wieder in den Besitz seiner sämmtlichen Güter einge-
abgeschlossen hatte. Deswegen ward die Vollziehung
desselben unter allerlei Vorwänden in die Länge gezogen;
der größte Theil der schwedischen Truppen blieb in Däne-
mark, und am 8. August 1658 landete der schwedische
König plötzlich bei Korsöer, erklärte den letzten Frieden
für ungeschlossen, und seine Minister verhehlten den
dänischen Gesandten, die man sogleich an ihn abschickte,
um nach der Ursache dieses Ueberfalles zu fragen, nicht,
daß es auf die Eroberung Dänemarks abgesehen sei.
Man vereinigte sich daher jetzt in Kopenhagen zu männ-
lichem Widerstande, und die Ueberzeugung, daß die Ret-
tung des Staates auf der Vertheidigung der Hauptstadt
beruhe, so wie das heldenmüthige Beispiel des Königs,
der denjenigen, die ihm riethen, die Stadt zu verlassen
und in Norwegen oder Holland eine Zuflucht zu suchen,
erklärte, daß er bleiben und entweder siegen oder in
seinem Neste sterben wolle, entflammte die Begeisterung
sos
der Bürger, Blut und Leben dem Vaterlande zu opfern,
Alle ohne Ausnahme waren von Einem Geiste beseelt
und beschäftigten sich Tag und Nacht damit, die Festungs-
werke in gehörigen Vertheidigungsstand zu setzen. Der
König selbst führte die Aufsicht über die Arbeiten an
den Wallen und war dabei oft von seiner kühnen Ge-
mahlin«, Sophia Amalia, zu Pferde begleitet, und um
die Bürger noch mehr zu standhafter Ausdauer aufzu-
muntern, verlieh ihnen der König große Privilegien;
die Stadt wurde zu einem Freihafen erklärt und die
Bürger erhielten adlige Vorrechte. Am 11. August er-
schien Karl X. mit seinem Heere vor Kopenhagen, und
bald zeigten verschiedene heftige Ausfälle, was er hier
zu erwarten habe. Unterdessen war aber die wichtige
Festung Kronborg durch die Feigheit und Einfalt ihrer
obersten Befehlshaber, Brunow, Beenfeld und
Bilde, und durch die List des schwedischen Generals
Wränge! erobert worden, und der Feind hatte hier eine
große Menge von Kanonen, Pulver und andern Kriegs-
vorräthen gefunden, die jetzt gegen Kopenhagen gebraucht
wurden, und ein Versuch der drei Männer, Steen-
winkel, Rostgaard und des Predigers Gern er, die
Festung wieder zu gewinnen, mißlang. Steenwinkel
büßte für seine Vaterlandsliebe auf dem Nichtplatze,
Gerner wurde gefoltert, kam jedoch mit dem Leben da-
von, und nur Rostgaard gelang es, nach Kopenhagen
zu entkommen, wo er dem Vatcrlande als Botschafter
zwischen dem Könige und den sich nähernden fremden
Hülfstruppen wichtige Dienste leistete. Ein ähnlicher
Versuch in Malmöe, die Stadt von der verhaßten schwe-
dischen Herrschaft zu befreien, hatte keinen bessern Erfolg,
303
und mehrere Bürger wußten unter dem Beile des Hen-
kers bluten. — Mittlerweile setzten Kopenhagens Bürger
unter Schack, Gpldenlöve, dem Stadthauptmann
Thur eson und dem Könige selbst ihre muthige Ber-
theidigung fort, und beunruhigten die Feinde durch häu-
fige Ausfälle, und nun, da der Mangel an Lebensmitteln
sich schon mehr und mehr fühlbar machte, erschien Ad-
miral Op dam mit der holländischen Flotte, die der
holländische Gesandte van Benningen im Namen seines
Landes zum Entsatz versprochen hatte, am 29. Oktober
1658 im Oeresunde. Ungeachtet des vereinigten Feuers
von Kronborg und Helsingborg schlug er dennoch die
größere schwedische Flotte, die sich seiner Durchfahrt
widersetzte, und brachte Lebensmittel und neue Truppen
nach Kopenhagen, wo man ihn mit großer Freude empfing.
Auch an andern Orten hatten die Schweden bedeutende
Verlüste erlitten. Die kühnen Bornholmer hatten unter
Anführung von Jens Kofod und dem Prediger Paul
Anker ihre Insel von den Feinden befreit, aus dem
Drontheimischcn waren sie ebenfalls vertrieben worden,
und der Kurfürst Wilhelm von Brandenburg
drang mit einem Heere von 30,000 Mann Hülfstruppen,
aus Polen, Brandenburgern und Kaiserlichen bestehend,
in Holstein ein, reinigte bald die ganze Halbinsel, Frie-
dericia ausgenommen, von Feinden, und der alte Herzog
Friedrich III., zur Neutralität gezwungen, mußte auch
das Schloß Gotwrff den fremden Hülfsvölkern zur Be-
satzung einräumen (25. November 1658). Er starb im
folgenden Jahre zu Tönning, wohin er sich zurückgezogen
hatte, und sein Sohn, Christian Albrecht (1659 bis
1694) folgte ihm in der Negierung. — Karl X. beschloß
\
201
jetzt einen entscheidenden Schritt zu wagen, und begann
in der Nacht zwischen dem 10. und 11. Februar 1659
einen Hauptsturm auf Kopenhagen, welcher unter einem
hartnäckigen Kampfe von beiden Seiten bis zum fol-
genden Morgen dauerte und nach einem furchtbaren Ver-
luste der Schweden mit ihrem Rückzüge endete. Auch
die kleinern dänischen Inseln und Städte leisteten jetzt
den Feinden, durch das Beispiel der Hauptstadt ange-
feuert, vielfachen Widerstand, und besonders zeichneten
sich die Bürger von Nakskov durch glänzende Tapfer-
keit aus; sie vertheidigten ihre Stadt 13 Wochen lang
und ergaben sich erst, als aller Pulvervorrath verbraucht
war. Holland aber, das jetzt, nachdem Kopenhagen ge-
rettet war, weniger eifrig unterstützte, weigerte sich lange,
die deutschen Hülfstruppen nach den Inseln überzusetzen.
Endlich führte der holländische Admiral Ruyter einige
Tausend Mann nach Fühnen hinüber, und diese schlugen
hier in Verein mit den dänischen Truppen die Schweden
in einem entscheidenden Treffen bei Nyborg (14. November
1659); die Festung wurde eingenommen, alle schwedi-
dischen Soldaten auf Fühnen zu Kriegsgefangenen ge-
macht, Karl X. verließ Dänemark und starb bald darauf
vor Aerger über seine mißlungenen Pläne zu Gothen-
borg. Das letzte Unternehmen der Schweden war ein
Einfall in Norwegen, wo die Bürger von Friedrichs-
hald, zum dritten Mal in diesem Kriege, ihre Stadt
heldenmüthig vertheidigten und sich dadurch einen un-
sterblichen Ruhm gewannen.
Der Friede zu Kopenhagen (27. Mai 1660) endigte
endlich diesen Krieg; Dänemark aber erhielt von den
verlornen Provinzen bloß Drontheim und Bornholm
205
zurück weil Holland und England nicht zugeben wollten,
daß Dänemark zu beiden Seiten des Sundes herrsche,
und bekam außerdem einige unbedeutende schwedische
Handelsplätze in Guinea. — Die deutschen und polni-
schen Hülfstruppen hatten freilich viel zur Vertreibung
des Feindes beigetragen, allein sie hatten auch im Lande
übel gehaus't, und besonders waren es die Polen, welche
ärger als der Feind sich betrugen, weshalb dieser Feld-
zug unter dem Namen des Polakkcnkrieges in den
Herzogthümern noch lange im Angedenken blieb.
Was die Sitten betrifft, so war darin seit dem
Schluffe des vorigen Zeitraums keine sonderliche Ver-
änderung vorgegangen, Unmäßigkeit im Essen und Trin-
ken, übermüthige Pracht und unsinnige Verschwendung
in Kleidung und Schmuck waren nach wie vor unter
Vornehmen und Reichen im Schwange. Das Brannt-
weintrinken kam auch zum Thcil durch ein Verbot Chri-
stian IV., welches den Bürgern den Wein untersagte,
immermehr in Gebrauch, und das Trinken nahm da-
durch unter den geringem Ständen auf schreckliche Weise
zu. — Die Wissenschaften, geschützt und befördert von
Christian III., Friedrich II. und Christian IV., waren
im Aufblühen, und selbst der Adel begünstigte sie. Arild
Hvitfeld, unter Christian IV. dänischer Kanzler, schrieb
seine, Chronik, die mit Christian III. schließt; die is-
ländische Literatur, die für die nordische Geschichte so
wichtig ist, fing an bekannt zu werden, und wie in
dieser Arngrimm Johnsen sich auszeichnete, so in
der Theologie Brochmann und Hans Paulsen
Resen, in der Arzeneikunde und Anatomie Kaspar
306
Bartholin, der Stammvater des gelehrten Geschlechts
.der Bartholine, sein Sohn, Thomas Bartho-
lin, und Ole Worin, in der Mathematik Langberg
oder Longo montanus. Ungeachtet es also nicht an
gelehrten Männern fehlte, konnte doch ein freies wissen-
schaftliches Leben nicht zur Entwickelung kommen; denn
der Glaubenszwang, wodurch man die Reinheit der
lutherischen Lehre erhalten wollte, dauerte fort (Ber-
thelsen, Niels Knudsen Wedel, Hans Michelsen Aal-
borg), und die Censur, eine Erfindung der Päpste, die
gleichzeitig mit der Reformation in Dänemark eingeführt
wurde, unterdrückten jede freiere Geistesregung. Eben
so wenig konnte eine eigene dänische Literatur empor-
kommen, denn die Gelehrten schrieben Latein, und bei
Hofe bediente man sich seit der Reformation der hoch-
deutschen Sprache, die auch in den Herzogthümern die
Sprache der höheren Landesgerichte und der Gesetze wurde
und die plattdeutsche allmälich verdrängte; doch hatte
die dänische Sprache in diesem Zeitraum den geistlichen
Dichter Anders Arreboe (geb. 1587, geft. 1637)
und die Historiographen Anders Sörensen Wedel
und Lyschander. > ^
s«s
- <f
Sechster Zeitraum.
Von der Einführung der Souverainität bis auf unsere Zeit,
oder: von 1660 —1843,
Nach dem Frieden zu Kopenhagen war Dänemark
in dem traurigsten Zustande. ES hatte mehrere seiner
besten und ältesten Provinzen verloren, das Heer war
aufgelös't, die Flotte zerstört, der Handel vernichtet;
das Land war schrecklich verheert, von einer großen
Schuldenlast gedrückt, und es fehlte an Mitteln, die
Besoldungen der Beamten und andere nothwendige Aus-
gaben zu bestreiten. Als Ursache dieser Noth wurde
überall der Adel bezeichnet, der mit seinen ungeheuren
Vorrechten und verderblichen Privilegien Ackerbau und
Handel, worauf der Wohlstand des Staats beruhte, zu
Grunde richtete, und selbst die Noth des Landes nur
dazu benutzt hatte, seine Macht und seinen Einfluß zu
vergrößern. — Aber die sklavische Geduld, mit der
man seit 1536 das Joch des Adels getragen hatte,
war von Christian IV. Regierung an einem tiefen Un-
willen über diesen erniedrigenden Zustand gewichen, der
besonders im Bürgerstande gährte, da dieser in mehre-
ren Städten wohlhabender geworden war, und durch
die Geistlichkeit, seit der Reformation eng mit dem
Bürgerstande verbunden, an Aufklärung und Bildung
gewonnen hatte. Der letzte Krieg hatte Selbstvertrauen
TOS
erweckt, und besonders waren die Bürger Kopenhagens
durch ihre bewiesene Mannhaftigkeit zum Bewußtsein
ihrer Kraft gelangt.
Da der Reichsrath verschiedene Vorschläge des
Königs zur bessern Einrichtung des Vertheidigungs-
wesens nur mit Klagen über die Noth des Landes be-
antwortete, so beschloß dieser, die Stande des Reichs
zusammenzurufen; am 8. September 1660 erschienen
Deputirte des Adels, der Geistlichkeit und des Dürger-
standes zu Kopenhagen, und der Reichstag wurde am
10. September durch den Hofmeister Gersdorf mit
einer Rede eröffnet, in welcher er die großen Verdienste
des Königs um das Vaterland entwickelte, und alle
Stande aufforderte, mit Vorschlägen zur Abhülfe der
gegenwärtigen Roth des Landes einzukommen. Der
Vorschlag der Regierung, um Geld herbeizuschaffen, war
eine Consumtionssteuer auf alle Maaren. Aber der
Adel wollte an den Opfern fürs Vaterland keinen Theil
nehmen, berief sich auf seine Steuerfreiheit und suchte
die ganze Last auf die geringeren Stände zu wälzen.
Möglicherweise würde auch der mächtige Adel über
Bürgerstand und Geistlichkeit gesiegt haben, hätte es
ihm nicht an einem Haupte gefehlt, das seinen Be-
strebungen Einheit und Kraft verleihen konnte, und
wären nicht die beiden andern Stande von so ausge-
zeichneten Führern geleitet worden. Diese waren Sv an e,
Bischoff von Seeland, Nansen, Bürgermeister in Kopen-
hagen, Thureson, Stadthauptmann daselbst und Propst
Villadsen von Slagelse. Mehrere der tüchtigsten Mit-
glieder des Adels hatten sich zur Hofparthei geschla-
gen, und vereinigten so ihr Ansehen und ihre That-
___SOS
kraft mit dm Bestrebungen der Geistlichkeit und des
Bürgerstandes. Zu diesen gehörten Hannibal Sehe-
st ed, Schwiegersohn Christian IV., nächst Ulfeld der
talentvollste Edelmann des Reiches, Schack, Gouver-
neur von Kopenhagen, der Reichsadmiral Heinrich
Bjelke und der Kammersecretair des Königs, Gabel,
ein deutscher von Geburt und ein sehr schlauer Mann,
der vorzüglich als Unterhändler zwischen dem Könige
und den Ständen Nutzen stiftete. Der König selbst
beobachtete eine kluge Vorsicht und Zurückhaltung, ohne
jedoch unthätig zu sein, und die Königin», die kluge
und muthige Sophia Amalia, trachtete mit Eifer dar-
nach, den Adel zu demüthigen und die königliche Macht
zu heben. — Durch die Weigerung des Adels, an den
Lasten des Staats nach Vermögen Theil zu nehmen,
vermehrte sich die Spannung zwischen diesem und den
beiden andern Ständen, der Bürgerstand ging in seinen
Vorschlägen zu Reformen immer weiter, und als endlich
der Adel in Betreff der Consumtionssteuer nachgeben
wollte, war es zu spät. Die beiden nieder» Stände
waren darüber einig geworden, dem Könige die
erbliche Regierung in männlicher und weib-
licher Linie zu übertragen, welchem Beschlüsse endlich
auch der Adel und der Reichsrath, durch die Umstände
gezwungen, beitraten. Am 13. Oktober wurde das
Recht der Erblichkeit dem Könige feierlich von den
Ständen übertragen; doch war in der Urkunde dar-
über der Aufhebung der Handfeste mit keiner Silbe
gedacht, ja der Reichsrath hatte in seinem eigenem und
im Namen aller Stände sich alle bestehenden Gerecht-
same und Privilegien Vorbehalten, und unter den Dcpu-
14
y
SIO
tirten schienen sich die verschiedensten Ansichten über die
Größe der Gewalt, welche dem neuen Erbkönige zu-
stehen solle, zu kreuzen. Einige meinten, daß es besser
sein würde, sich von Einem als von Vielen regieren
zu lassen, andere bestanden darauf, daß eine neue
Handfeste ausgestellt werden müsse, bevor die alte ver-
nichtet würde. Dieser letztern Ansicht traten aber Svane
und Nansen, die dem Hofe durchaus ergeben waren,
aufs entschiedenste entgegen, und der neu hervortre-
tende Hochmuth des Adels zeigte den andern Ständen,
daß man noch mehr gewinnen müsse, um nicht Alles
zu verlieren. Der Köllig handelte mit großer Rasch-
heit und Bestimmtheit. Noch am Abend des 13. Octbr.
ernannte er einen aus vier 4 Reichsräthen, 4 Ad-
ligen und 12 aus dem Bürgerstande und der Geistlich-
keit bestehenden Ausschuß, um zu überlegen, was ferner
mit Rücksicht auf die Erblichkeit der Krone vorzu-
nehmen sei, und der Professor Villum Lange erhielt
den Befehl, im Namen der Universität der Versammlung
beizuwohnen. Als dieser aber gleich beim Beginn der
Sitzungen des Ausschusses (14. Octbr.) von Constitu-
tionen sprach, die jetzt in Dänemark, nach dem Beispiel
anderer europäischen Staaten, einzuführen seien, wurde
ihm noch an demselben Tage angedeutet, daß seine
Gegenwart bei den Berathungen des Ausschusses ferner
nicht nöthig sein werde. Ueber die Vernichtung der
alten Handfeste wurde man bald einig, aber die Frage
über die neue Handfeste rief einen mehrstündigen Streit
hervor, bis endlich Svane durch seine hinreißende Redner-
gabe die Versammlung nach seinem Willen leitete. Es
wurde beschlossen, daß die alte Handfeste für null und
Sil
nichtig erklärt und der König ersucht werden solle, selbst
eine neue abzufassen, die allen Ständen zum Besten
gereichen könne. Hierauf wurde dem Könige am 18.
October von den drei Ständen feierlich als erblichem
Könige gehuldigt, bei welcher Gelegenheit einige Amacker
Bauern den Bauernstand vorstellten. Da indessen Viele
bei dieser Erbhuldigung nicht zugegen waren, so wurde
am 14. eine neue veranstaltet, zu welcher auch Abge-
ordnete des Bauernstandes einbernfen waren. —
Die alte Herrschergewalt des Adels war endlich
gebrochen, und die Bauern, welche nach Kopenhagen
gekommen waren, faßten Muth und kamen am Tage
nach der Erbhuldigung mit einer Bittschrift bei dem
Könige ein, worin sie über die Tyrannei des Adels
und der königlichen Lehnsmänner bittere Beschwerde
führten und um Untersuchung und Abstellung ihrer Be-
drückungen baten. Aber dieser Klageruf des unter-
drückten Bauernstandes fand eben so wenig Gehör, als
der von dem Bürgerftande während des Kopenhagener
Reichstages in allen eingereichten Anträgen ausgespro-
chene Wunsch, die Leibeigenschaft auf Seeland, Laaland,
Falster und Möen aufgehoben'zu sehen, und noch 128
Jahr lang mußte der Bauernstand unter der Knecht-
schaft seufz enH^
Die Aufhebung der königlichen Handfeste und die
Erbhuldigung waren geschehen, aber noch war die könig-
liche Macht nicht näher bestimmt, und die Stände kamen
auch nach der Huldigung mit östern Vorschlägen ein, die
eine eingeschränkte Regierungsform voraussetzten. End-
lich wurde am 10ten Januar 1661 eine Erklärung
ausgestellt, in welcher die Erblichkeit der Krone, die
14 *
222
Souverainität und absolute Regierung anerkannt, und
das Recht des Königs, späterhin die Negierungsform
und die Erbfolge naher zu bestimmen, bestätigt wurde,
welche Urkunde von jedem Edelmann in Dänemark,
von allen Geistlichen und von einem großen Theil des
Bürgerftandes unterzeichnet wurde; die Unterschrift des
Bauernstandes hingegen wurde nicht für nothwendig
erachtet. Eine ähnliche Erklärung ward in demselben
Jahre in Norwegen und im darauf folgenden Jahre
auf Island und den Färöern ausgestellt. Mit dieser
Souverainitätsacte war die große Staatsveränderung
vollendet und der im höchsten Grade eingeschränkte
Wahlkönig in einen erblichen Alleinherrscher verwandelt.
Durch die Einführung der Sonverainität war frei-
lich die Macht des Adels gebrochen, der Bürgerstand
bedeutend gehoben worden und größere Festigkeit und
Einheit in die Staatsverwaltung gekommen; aber das
Volk verlor nach und nach alles Interesse für die
öffentlichen Angelegenheiten, der Gemeingeift und das
Zusammenwirken des Volks mit der Regierung erlosch,
und bei der fortdauernden Sclaverei des Bauernstandes
blieb man noch lange Zeit von staatsbürgerlicher Gleich-
heit entfernt. Erft die neuere Zeit hat manche mit dem
Wohle des ganzen Staatsverbandes nichtt,vcrcinbarten
Vorrechte des Adels abgeschafft, den Bauernstand frei-
gegeben und den Sinn für die öffentlichen Angelegen-
heiten durch Einführung der Provinzialstände zu neuem
Leben erweckt.
Nachdem Friedrich III. die uneingeschränkte Macht
erhalten hatte, suchte er durch zweckmäßige Veranstal-
tungen sowohl diese neue Verfassung zu befestigen als
313
auch den großen Mängeln abzuhelfen, woran die Staats-
verwaltung litt. Er erthcilte (24ften Juni 1661) jedem
Stande seine besondern Privilegien, doch nicht als ein
Recht, sondern, wie es heißt, „ aus königlicher Gnade
und Milde" und mit der Einschränkung, „daß diese
Privilegien auf keine Weise dem Rechte des Königs oder
dem allgemeinen Besten zum Schaden sein dürften."
Dem Adel wurde ein Theil seiner alten Privilegien auf's
Neue bewilligt; die Geistlichkeit sollte in Zukunft nicht
unter den Lehnsmännern stehen, sondern von nun an
die königlichen Befehle allein durch die Bischöfe empfan-
gen; die Prediger wurden vor der Einbuße ihrer Ein-
künfte gesichert, falls Bauernhöfe abgebrochen und unter
die Haupthöfe eingezogen werden sollten; die Besitzer
von Kirchen wurden bei Verlust ihrer Gerechtsame ver-
pflichtet, die Kirchen in gehörigem Stande zu halten
und die Eingepfarrten sollten zunächst berechtigt sein,
die Kirchenzehenten zu pachten. — Auch der gesammte
Bürgerstand erhielt seine Privilegien: die Obrigkeit in
den Städten sollte künftig nicht von den Lehnsmännern,
sondern vom Könige selbst ernannt werden und unmittel-
bar von ihm die Befehle empfangen, und die aus den
Städten an den König gesandten Gesuche und Vor-
stellungen brauchten nicht, wie früher, von den könig-
lichen Beamten unterzeichnet zu sein; die Benennung
„Unfreier" durfte fernerhin auf keinen Bürgerlichen
angewandt, und Handwerke, mit Ausnahme einiger
wenigen, durften nicht auf dem Lande, sondern nur in
den Städten getrieben werden; die Bürger erhielten
auch das Recht, Mastochsen aufzufüttern und wurden
außerdem von königlichen Fuhren befreit, welche Last
814
von NUN an die Landleute allein tragen sollten. — Der
Bauernstand erhielt keine Privilegien, und Alles, was
zum Besten dieses Standes unter Friedrich III. geschah,
beschränkte sich darauf, daß diejenigen Soldaten, welche
während der Belagerung Kopenhagens gedient hatten,
und außerdem die Bauern auf dem königlichen Gute
Frpdendal von der Leibeigenschaft befreit wurden. —
Auch die einzelnen Männer, welche an der Staatsver-
änderung den wirksamsten Antheil genommen hatten, wur-
den belohnt: Svane erhielt den Titel eines Erzbischofs,—
der erste und letzte seit der Reformation — wurde zum
Präsidenten des Consistoriums für die Universität ernannt
und bekam große Geschenke an Geld und Ländereien;
Nomsen wurde gleichfalls reichlich beschenkt und zum
ersten Präsidenten in dem Kopenhagener Magistrat er-
nannt; Hannibal Sehestedt wurde Reichsschatzmeister
und Gabel Statthalter in Kopenhagen, und alle vier
wurden außerdem Mitglieder der neuerrichteten Staats-
collegien; Propst Villadsen ward Bischof in Viborg.
Der kühnen Bornholmer vergaß Friedrich III. auch nicht,
sondern schenkte ihnen große Privilegien und Begnadi-
gungen, die ihnen bis auf den heutigen Tag verblieben sind.
Die innere Staatsverwaltung erlitt wichtige Ver-
änderungen, wobei der König und seine Rathgebcr den
doppelten Zweck vor Augeu hatten, durch Vertheilung
der Verwaltung unter mehrere verschiedene Collégien
den Reichsrath zu schwächen, und dagegen dem Bürger-
stande durch Aufnahme in diese Collégien mehr Ansehen
und Gewicht zu geben. Zu dem Ende wurden schon
durch eine vorläufige Anordnung vom 4ten November
1660, welche später näher bestimmt wurde, 6 Collégien
errichtet, nemlich: der Staatsrath, das Schatzkam-
mer-Collegium, das Kriegs-Collegium, das
Admiralitäts-Collegium, dieCanzelei und das
Justiz-Collegium oder Höchstegericht. In alle
diese Collegien wurde eine gleiche Anzahl Adliger und
Bürgerlicher ausgenommen; der König selbst war Prä-
sident des Höchstengerichts; die Präsidenten der fünf
übrigen Collegien bildeten einen Geheimen Staats-
rath, worin die in den einzelnen Collegien verhandelten
Sachen unter dem Vorsitz des Königs aufs Neue er-
wogen wurden und zur endlichen Entscheidung kamen.
Bei wichtigen Verhandlungen wurden, außer den Präsi-
denten, noch ein adliges und ein bürgerliches Mitglied
aus jedem der fünf Collegien in den Geheimen-Rath
gezogen, und wenn Beschlüsse in Betreff von Schatzun-
gen und Auflagen, Krieg und Frieden, Bündnissen und
Tractaten mit fremden Mächten gefaßt werden sollten,
so traten sämmtliche Mitglieder der Collegien zu einem
großen königlichen Hofrath zusammen, worauf
die Sache endlich allen Reichsständen vorgelegt wurde.
Diese letztere Bestimmung ist besonders merkwürdig,
indem dieselbe zeigt, daß man in der ersten Zeit nach
der Einführung der Souverainität die Theilnahme der
Stände an der Staatsverwaltung nicht als gänzlich
aufgehoben dachte. — Was den Staat für den Augen-
blick am meisten drückte, war die vollkommene Verwir-
rung der Finanzen und der daraus entspringende Geld-
mangel, weshalb auch der König gleich darauf bedacht
war, diesem Nebel theils durch gleichmäßige Besteuerung
aller Stände, theils durch Einziehung der Lehen unter
die Krone abzuhelfen. Bis zum Isten Mai 1662 ward
216
es den Adligen erlaubt, ihre Lehen zu behalten; aber
von der Zeit an wurden dieselben größtentheils den
königlichen Amtmännern übergeben, und man spürte
gar bald in der beinahe fünffach vermehrten Einnahme
die Wirkung dieser neuen Verwaltungsweise. Diesen
königlichen Beamten wurde auch das Polizeiwesen und
die wichtigsten Zweige der Verwaltung übertragen, die
bisher sich in den Händen der Lehnsmänner befunden
hatten.
Um die neue Verfassung auch für die Zukunft sicher
zu stellen, ließ der König, zufolge der ihm von den
Ständen gegebenen Vollmacht, das König sgesetz ent-
werfen. Dasselbe wurde von Schumacher, nachher
Griffenfeldt, welcher unter Friedrich III. seine glän-
zende, aber kurze Laufbahn begann, nach verschiedenen
von den wichtigsten Teilnehmern an der Staatsver-
fassung eingereichten Vorschlägen und Entwürfen in sei-
ner gegenwärtigen Gestalt ausgearbeitet. ES wurde am
14ten November 1665 von Friedrich III. unterzeichnet,
aber bis nach seinem Tode geheim gehalten, und zum
ersten Male bei der Krönung Christian V. verlesen; erst
im Jahre 1709 ward es durch den Druck veröffentlicht.
Dieses Königsgesetz, welches in Dänemark ein unver-
änderliches Grundgesetz beides für den König und die
Unterthanen ist, bestimmt die Erbfolge sowohl in männ-
licher als weiblicher Linie, die Vormundschaft während
der Minderjährigkeit des Königs, welche mit dem vol-
lendeten 13ten Jahre aufhört; dem Könige ist die aus-
übende, richterliche und gesetzgebende Gewalt zugelegt,
er steht über dem Gesetz und ist nur Gott für seine
Handlungen Rechenschaft schuldig; nur darin ist er bc-
I
313
schränkt, daß er sich zur evangelisch-protestantischen Lehre
bekennen und dieselbe nach der Bibel und der unver-
änderten Augsburgischen Confession beschützen, sich im
Lande aufhalten und das Reich nicht theilen soll. "»
Die neue Staatsverfassung machte eine entsprechende
Veränderung der Gesetze nothwendig, und daher wurde
im Jahre 1661 eine aus den kundigsten Rechtsgelehr-
ten bestehende Commission ernannt, und außerdem eine
Aufforderung an die sämmtlichen Bischöfe, Pröpste und
rechtkundigen Beamten erlassen, mit Vorschlägen zu Ver-
änderungen in Betreff der bestehenden Gesetze einzu-
kommen. Die Commission beendete ihre Arbeit im Jahre
1669; allein das Gesetz erschien erst 1683 unter dem
Namen Christian V. dänisches Gesetz. Dieses für
jene Zeit höchst vortreffliche Gesetzbuch/ welches beson-
ders von dem -Assessor in der Canzlei und dem Höch-
stengericht, Rasmus Wind in g, und dem Höchsten-
gerichts-Justitiarius Lassen ausgearbeitet wurde, zeich-
net sich durch eine schöne Sprache, durch Deutlichkeit
und Kürze aus.
Ungeachtet die unumschränkte Negierung von Frie-
drich III. im Ganzen genommen mit Mäßigung und
schonender Rücksicht geführt wurde, so ist dieselbe doch
nicht ganz frei von einzelnen ungerechten Handlungen.
Daß die stolze und rachsüchtige Königinn hieran größ-
tentheils Schuld war, ist zur Noch eine Entschuldigung,
kann aber keineswegs den König rechtfertigen. Kap
Lpkke, einer der reichsten und mächtigsten Edelleute im
Lande, wurde um einer unerheblichen Ursache willen des
Majestätsverbrechens beschuldigt und zum Tode verur-
theilt, dem er jedoch durch die Flucht entging, während
SIS
dagegen seine Güter eingezogen wurden, und Gunder
Rosenkrands, einer der alten Reichsräthe, mußte,
weil er sich das persönliche Mißfallen des Königs zuge-
zogen und dessen Günstling Gabel zum Feinde hatte,
das Vaterland verlassen, für dessen Vertheidigung seine
zwei hoffnungsvollen Söhne gefallen waren. Das Ver-
fahren gegen Ulfeld kann, ebenfalls nicht in jeder Hin-
sicht gebilligt werden, und noch viel weniger ist die
Behandlung zu rechtfertigen, die seiner edlen und un-
schuldigen Gcmahlinn widerfuhr. Zwar war Ulfeld ein
Verräther an seinem Vaterlande gewesen; allein dieser
Unthat sollte, zufolge des Friedens zu Noeskilde, nicht
weiter gedacht werden, und was die Verbrechen betrifft,
deren er sich späterhin schuldig gemacht haben soll, so
liegen dafür keine öffentlichen und zureichenden Beweise
vor. Nach dem Frieden zu Noeskilde wohnte Ulfeld
eine Zeitlang in Malmöe; da man ihn aber hier in
Verdacht einer geheimen Verbindung mit Dänemark
hatte, die sich jedoch späterhin als ungegründet erwies,
entfloh er nach Kopenhagen. Hier wurde er sogleich
verhaftet und einige Zeit darauf nach dem Schlosse
Hamm er sh uns auf Bornholm abgeführt, wo er
anfangs mit vieler Härte behandelt wurde. Nach der
Staatsveränderung von 1660 erhielt er indeß unter
der Bedingung seine Freiheit, nichts zu unternehmen,
was dem Könige oder dem Reiche zum Nachtheil gerei-
chen könne, und ohne königliche Erlaubniß das Land
nicht zu verlassen. Unzufrieden mit der neuen Negie-
rungsform hielt aber Ulfeld bald um die Erlaubniß an,
sich nach dem Bade in Spaa begeben zu dürfen, wel-
ches ihm auch gesiattet wurde. Anstatt aber dahin zu
319
reisen, begab er sich nach Amsterdam, von wo aus er
mit der holländischen und französischen Regierung, so wie
mit dem Churfürsten von Brandenburg verrätherische
Unterhandlungen gegen das Vaterlano ge-
führt haben soll. Friedrich III, durch den Chur-
fürsten hievon benachrichtigt, ließ nun ein Gericht über
Ulfeld niedersetzen, welches das Urtheil fällte, daßKor-
fitz Ülfeld, als Landesverräther, Ehre, Leben und Gut
verlieren und mit seiner ganzen Familie für immer des
Landes verwiesen sein sollte. Zufolge dieses Urtheils
wurde demjenigen, der ihn entweder todt oder lebendig
herbeischaffen würde, eine große Belohnung versprochen;
da man aber seiner nicht habhaft werden konnte, so
wurde das gefällte Todesurtheil an seinem Bilvniffe
vollzogen, sein Haus in Kopenhagen niedergerissen und
auf dem öden Platze ihm eine Schandsäule errichtet,
die erst im Jahre 1841 weggenommen worden ist.
Ulfeld, als ein Geächteter von einem Lande zum an-
dern verfolgt, starb ein Jahr nach diesem Urtheilsspruch
(1664) in einem Boote auf dem Rhein, und seine Söhne
begruben ihn heimlich am Ufer unter einem Baume. —
Der Arzt Sperling in Hamburg, dessen einziges
Verbrechen, so viel man weiß, darin bestand, eine der
Vertheivjgungsschriften seines Freundes Ulfeld übersetzt
zu haben, mußte dafür mit lebenslänglichem Gefängniß
in Altona büßen, wohin man ihn unter dem Vorgeben,
daß ein Kranker seines Beistandes bedürfe, gelockt hatte.—
Aber noch empörender und grausamer verfuhr man gegen
Ulfelds hochherzige Gemahlin», Eleonore Kirstine.
Um eine Geldsumme einzufordern, welche Ulfeld in den
Tagen seines Ansehens und Wohlstandes dem Könige
830
Karl II. geliehen hatte, war Eleonore nach England ge-
reift; allein um der Bezahlung seiner Schuld überhoben
zu sein, wählte der englische König den niedrigen Ausweg,
die Unglückliche an die dänische Regierung auszuliefern.
In Kopenhagen angekommen, wurde sie in Gegenwart
der Königin» ihrer Juwelen und ihres Schmuckes be-
raubt und in einfache Tracht gekleidet. Darauf warf
man sie in den blauen Thurm, wo sie, die edle Tochter
Christian I V. und die Schwester des regierenden Königs,
deren einziges Verbrechen treue Liebe gegen ihren Ge-
mahl war, 23 Jahre lang in einem höchst elenden Ge-
fängnisse schmachten mußte und mit vieler Härte behan-
delt wurde. Erst nach dem Tode der Königin» (1685)
setzte Christian V. sie in Freiheit und schenkte ihr ein
Gut auf Laaland, wo sie nach einem sehr bewegten
Leben endlich einen ruhigen Zufluchtsort fand.
Die letzten Negierungsjahre Friedrich III. schwan-
den unter fortgesetzten Bestrebungen zum Besten des
Landes und zur Befestigung der neuen Staatsverfas-
sung ruhig dahin. Der Handel auf Guinea und West-
indien wurde in Gang gebracht, und um den für das
Reich bisher so nachtheiligen Handel Hamburgs zu be-
schränken, wurde der Flecken Altona bedeutend erweitert
und erhielt, außer Stadtgcrechtigkeit, noch andere große
Privilegien. Der König errichtete ein stehendes Heer
von 24,000 Mann und die Flotte ward durch den be-
rühmten Admiral Kort Ad ela er in einen vortreff-
lichen Stand gesetzt. Selbst wissenschaftlich gebildet, be--
förderte Friedrich III. die Wissenschaften, und die 'große
königliche Bibliothek, die Kunftkammer, das Raturalien-
kabinctt und die Universitätsbibliothek verdanken ihm
SSI
ihre Entstehung. Dagegen mußte die adlige Academie
zu Sorbe eingehen (1665), besonders weil die dazu
gehörigen Güter während des Krieges verwüstet wor-
den waren. — Ein Krieg mit England, welcher dadurch
veranlaßt wurde, daß ein englischer Admiral im Jahre
1666 eine holländische Flotte mitten im Hafen von
Bergen angegriffen hatte, war von keiner Bedeutung,
und wurde das Jahr darauf durch den Frieden zu
Breda (1667) beendigt. Bedenklicher schien dagegen
das Verhältniß zu dem Holstein-gottorffischen Herzoge
Christian Albrecht werden zu wollen, da dieser Fürst
die engste Verbindung mit Schweden einging. Es ent-
standen ernstliche Streitigkeiten, besonders in Betreff der
Souverainität, welche den gottorffischen Herzogen in
den Friedensschlüssen mit Schweden eingeräumt worden
war. Der Neceß zu Glückstadt (1667) schlichtete indeß
glücklich diese Streitigkeiten, und die Freundschaft bei-
der Fürsten wurde darauf durch die Vermählung des
Herzogs mit der Tochter Friedrich III. Friederikke
Amalia, besiegelt. Theils dadurch, theils auch durch
eine später geschlossene Ehe zwischen Karl XI. von
Schweden und einer andern Tochter Friedrich III.
Ulrika Eleonora, hoffte man ferneren Streitigkeiten
vorzubcugen; allein die Folgezeit wird lehren, wie wenig
eheliche Verbindungen im Stande sind, Staaten an ein-
ander zu knüpfen, wenn nicht zugleich andere Umstände
hinzutreten.^
Nach einer merkwürdigen Negierung von 22 Jah-
ren starb Friedrich III. im Jahre 1670. Er war ein
Mann von seltener Klugheit und Mäßigung, und gab
während der Belagerung Kopenhagens Proben von per-
222
sönlicher Tapferkeit und großer Festigkeit des Charaeters.
Dagegen hat man ihn nicht ohne Grund wegen des
großen Einflusses getadelt, den er seiner Gemahlin» ein-
räumte, wodurch er zu Handlungen verleitet wurde, die
auf seine übrigens gerechte und ruhmwiirdige Negierung
einen Schatten werfen. Auch hat man ihm zum Vor-
wurf gemacht, daß er, als dänischer König, sich mit so
vielen deutschen Günstlingen umgab und in Vereinigung
mit der Königin» bei Hofe ein Deutschthum in Ton
und Sprache einführte, welches so weit ging, daß der
Kronprinz Christian nicht einmal Dänisch verstand.
Christian V. (1670—1699).
Christian V. war der erste dänische König, welcher
ohne vorhergehende Wahl oder Handfeste den Thron
bestieg. Sein Vater, Friedrich III., hatte durch meh-
rere Veranstaltungen unverkennbar dahin gestrebt, eine
größere Gleichheit in den Rechten und Lasten unter den
verschiedenen Ständen herbeizuführen, und gerade das
Vertrauen, welches der Bürgerstand in dieser Beziehung
auf den König setzte, hatte zur Vernichtung der Hand-
feste sehr viel beigetragcn. Daß Christian V. aber ganz
andern Grundsätzen huldigte, zeigte sich schon wenige
Monate nach seiner Thronbesteigung, indem er nicht nur
dem alten Adel wiederum die Steuerfreiheit für die
Haupthöfe bewilligte, sondern auch einen neuen Adel,
nämlich Grafen und Barone, einführte, der mit nock-
weit größer» Privilegien, als der alte, begabt wurde,
und namentlich eine ausgedehnte Steuerfreiheit erhielt.
An demselben Tage, als die Verordnung in Betreff der
Grafen und Barone erschien, (25. Mai 1671), wurde
323
auch die ersteRangverordnung bekannt gemacht. In
Verbindung mit dem Range stand die Stiftung deö
Dannebrogordens oder des weißen Bandes (1671)
und des Elephantenordens oder des blauen Bandes,
von welchem letztem Orden indeß weit ältere Spuren,
wenn gleich in einer etwas verschiedenen Form, Vorkom-
men. Einige Jahre später (1676) wurde das Staats-
collegium aufgehoben, und an dessen Stelle trat das
Geheime-Conseil, worin nur wenige Bürgerliche,
und zwar erst in der neuern Zeit, Sitz gehabt haben.
Das gute Vernehmen, welches in den letzten Jahren
Friedrich III. zwischen Dänemark und dem gottorffii-
schen Herzog Christian Albrecht geherrscht hatte, wurde
zu Anfänge der Regierung Christian V. durch einen
Streit, in Betreff der Grafschaften Oldenburg und
Delmenhorst gestört. Der letzte Graf in diesen Landen,
Anton Günther, starb 1667 und überließ seine Be-
sitzungen dem Könige von Dänemark und dem Herzoge
zu Gottorff zur Thcilung, unter der Voraussetzung, daß
sie seine nächsten Erben wären. Aber gleich nach der
Thronbesteigung Christian V. machte der Herzog Joa-
chim Ernst zu Plöen Ansprüche auf beide Grafschaften,
und bewies, daß er näher zum Erbtheil berechtigt sei.
Der kluge Griffenfeldt, welcher voraussahe, daß die
bei dem kaiserlichen Hofgerichte anhängig gemachte Sache
zu Gunsten des Herzogs von Plöen würde entschieden
werden, ließ sich mit ihm in gütliche Unterhandlungen
ein, und forderte zugleich den Herzog Christian Albrecht
zur Theilnahme daran auf. Da aber dieser sich dessen
weigerte, setzte Griffenfeldt die Unterhandlungen allein
fort, und brachte es dahin, daß der Herzog zu Plöen
SS4
gegen eine Entschädigung an Geld und Landcigenthum
seine Forderungen an Dänemark abtrat. Hierüber ward
der Herzog Christian Albrecht so erbittert, daß er, um
sich zu rächen, eine enge Verbindung mit Schweden
abschloß. Zu gleicher Zeit brachen große Unruhen in
Europa aus, indem Ludwig XIV. Holland an griff und
diesem Staate den Untergang drohete. Mehrere Mächte
rüsteten sich zur Vertheidigung Hollands, Schweden
dagegen trat auf Ludwig XIV. Seite, und Griffenfeldt
gab den Rath, daß Dänemark sich währed dieses Krieges
friedlich verhalten solle, im Nothfalle aber stch Frank-
reich, als dem mächtigem Staate anschließen möge, auf
welche Weise auch das gute Vernehmen mit Schweden
erhalten werden würde. Da man sich aber mit der Hoff-
nung schmeichelte, die verlornen schonischen Provinzen
wieder zu gewinnen und der Churfürst von Brandenburg
Unterstützung versprach, so ließ der junge König Chri-
stian V. Schweden den Krieg erklären (1675). — Von
großer Wichtigkeit für den glücklichen Gang des Krieges
war es, sich gegen den gottorffischen Herzog zu sichern;
daher lud Christian V. diesen seinen Schwager zu einer
Zusammenkunft nach Rendsburg ein, wo er ihm den Vor-
schlag machte, ein Bündniß mit Dänemark abzuschließen
und ihm seine Festungen und Truppen zur freien Be-
nutzung zu überlassen. Als aber der Herzog sich darauf
nicht einlassen wollte, wurden die Thore geschlossen und
der Herzog für gefangen erklärt. Unter solchen Um-
ständen mußte er nun bei diesem vergleiche zu Rends-
burg (10. Juli 1675) gedrungen auf alle die Vortheile
verzichten, welche die schwedischen Waffen ihm im letzten
Kriege verschafft hatten, namentlich auf die Souveraini-
SS5
tat und das Amt Schwabstedt, und außerdem Dänemark
seine Festungen und sein Heer überlassen. Herzog Chri-
stian Albrecht begab sich darauf nach Hamburg und
protestirte gegen alles Geschehene, welches zur Folge
hatte, daß der herzogliche Theil von Schleswig unter
die dänische Krone eingezogen ward. Dieses kluge, aber
widerrechtliche Verfahren war Griffenfelds Werk. Er
riech nun, den Krieg in Schonen anzufangen, weil diese
Provinz von Truppen entblößt sei und die von der
schwedischen Herrschaft gedrückten Einwohner Dänemark
noch immer sehr ergeben wären; allein durch den Ein-
fluß Brandenburgs wurde dieser kluge Rath verworfen
und der Krieg in Deutschland eröffnet. Die starke Fe-
stung Wismar wurde belagert, aber von den Schweden
so hartnäckig vertheidigt, daß die dänischen Generale die
Einnahme derselben für unmöglich erklärten und die
Belagerung aufheben wollten. Diese wurde indeß durch
Griffenfeldts Standhaftigkeit fortgesetzt, bis endlich am
13. December 1675 sich die Stadt ergab. Im folgen-
den Jahre wurde der Krieg nach Schonen hinübergeführt,
und die dänische Flotte zeigte sich auf dem Meere.
General Gpldenlöve, des Königs Halbbruder, fiel
in Norwegen ein, erorberte JLmteland und machte große
Fortschritte in Halland und Bahuus. wo die Felsen-
festung Marstrand, die man bisher für unüberwindlich
gehalten hatte, sich ergeben mußte. General Löven-
hjelm gewann später einen rühmlichen Sieg bei Udde-
valla in Bahuus, wo er mit 3000 Dänen 11000
Schweden in die Flucht jagte. Doch bald wurde das
Glück den Dänen untreu; sie wurden bei Halmstad
geschlagen, und war der Ausfall in den Schlachten bei
15
SS«
Lund und Landskrona, wo beide Könige selbst ihre Heere
anführten und Christian V. sich durch persönliche Tapfer-
keit auszeichnete, gleich nicht entscheidend, so war doch
der Vortheil auf schwedischer Seite. Von allen gemach-
ten Eroberungen blieb zuletzt nur die Festung Christian-
stad übrig. General Ahrensdorf wurde mit einem
Heere von 16000 Mann zum Entsatz dieser Festung
geschickt, allein dieser feige und nachlässige Anführer ließ
die Schweden gerade vor seinen Augen sich dieses wich-
tigen Platzes bemächtigen, dessen Befehlshaber v o n O st e n
mit seinen muthigen Soldaten sich bis aufs Aeußerste
vertheidigte und erst die Festung übergab, nachdem die
Hungersnoth aufs Höchste gestiegen war. Zur See dage-
gen wurde der Krieg mit ununterbrochenem Glücke geführt.
Der berühmte Admiral Niels Juul eroberte die wichtige
Insel Gothland, gewann darauf in Verbindung mit dem
holländischen Admiral Tr om p einen glänzenden Sieg bei
Oeland (1. Juni 1676), schlug am Jahrestage darnach
(1. Juni 1677) den schwedischen Admiral Sjöblad
auf der Kolberger Haide unter Fehmern, und vernichtete
einen Monat später (1. Juli 1677) die schwedische Flotte
gänzlich in der Kjöger Bucht, welche letzte Heldenthat
seinem Namen besonders unsterblichen Ruhm verliehen
hat. Des Krieges müde hatten die andern Mächte end-
lich Frieden mit Frankreich geschlossen, Dänemark mußte
nun ein Gleiches thun und die Friedensbedingungen
annehmen, welche der mächtige Ludwig XIV. vorschrieb.
Ungeachtet Dänemark offenbar die Uebermacht im Kriege
behauptet hatte, erhielt es doch im Frieden mit Frank-
reich zu Fontainebleau und mit Schweden zu Lund
(1679) keinen Fußbreit Landes, geschweige denn Scho-
227
neu, Halland und Blekingen, deren Eroberung es sich
in diesem Krigc besonders zum Ziel gesetzt hatte; im
Gegentheil mußte Christian V. sich verpflichten, den Her-
zog Christian Albrecht in alle die Gerechsame, welche er
vor dem Vergleich zu Rendsburg gehabt hatte, wieder
einzusetzen. Die 16 Kanonen, welche Dänemark aus
jeder der eroberten Festungen mitnehmen durfte, waren
nur ein geringer Ersatz für das viele vergossene Blut und
die großen Kriegskosten.— Zur Befestigung des freund-
schaftlichen Verhältnisses mit Schweden wurde die bereits
vor dem Kriege eingeleitete eheliche Verbindung Karl XI.
mit der Schwester Christian V., U l r ik a E le o n o r a, voll-
zogen. Sie wurde die Mutter des berühmten Karl XII.^^
Eine der Hauptursachen, warum der Landkrieg in den
letzten Jahren eine so ungünstige Wendung genommen
und der endliche Friedensschluß keine Vorthcile gebracht
hatte, war die Entfernung Griffenfeldts aus dem könig-
lichen Rath. Griffenfeldt, oder nach seinem Geburtsna-
men Schumacher genannt, war von bürgerlicher Her-
kunft, der Sohn eines Weinhändlers in Kopenhagen.
Friedrich III., dessen Aufmerksamkeit er schon in seiner
Jugend durch seine seltenen Geistesgaben erregt hatte,
nahm ihn später in seine Dienste und schenkte ihm das
größte Zutrauen. Unter Christian V. stieg er in einer
Zeit von 4 Jahren von einer Ehrenstufe zur andern,
ward Geheimerath, Ritter vom Dannebrog und bald
darauf unter dem Namen Griffenfeldt geadelt, in den
Grafenstand erhoben und ihm die Grafschaft Tönsberg in
Norwegen geschenkt, 1673 wurde er Ritter vom Elephan-
tcn, im folgenden Jahre Großkanzler und zur selben
Zeit vvn dem deutschen Kaiser in den Reichsgrafenstand
15 *
328
erhoben. Doch dieses große und plötzliche Glück zog ihm
viele Neider und Feinde zu, die seine Unvorsichtigkeit
noch vermehrte, und die den schwachen König bewogen,
einen Minister aufzuopfern, der so große Verdienste um
das Vaterland hatte und als der erste Staatsmann in
Europa anerkannt war. Griffcnfeldts mächtigste Feinde
waren die verwittwete Königin Sophie Amalie, der
Halbbruder des Königs, Gyldenlöve, der Herzog Jo-
hann Adolph von Plöen und die Edelleute Ahrens-
dorf, Ahlefeld, Hahn und Knuth, die sich alle für
geeigneter hielten, den König zu leiten und den Staat
zu regieren, als der Weinhändlerssohn Peter Schuma-
cher. Am 20. März 1676 wurde Griffenfeldt plötzlich
in der Abwesenheit des Königs verhaftet und ein Pro-
ceß wegen Hochverraths gegen ihn anhängig gemacht.
Das Urtheil lautete dahin, daß er als Hochvcrräther
Ehre, Gut und Leben verlieren solle. Die Todesstrafe
ward aber, als Griffenfeldt bereits auf dem Nichtplatze
knie'te und der Henker das Schwert schon erhoben hatte,
in lebenslängliches Gefängniß verwandelt, eine Gnade,
die Griffenfeldt selbst für härter als den Tod erklärte.
Er wurde nun erst nach dein Kastell in Kopenhagen
gebracht; als aber der König anfing, seine Entfernung
aus der Staatsverwaltung zu fühlen, ja sogar einmal
der Verhandlung einer schwierigen Sache mißmüthig
in die Worte ausbrach: Griffenfeldt wußte allein besser,
was zum Wohle des Staats diente, als mein ganzes
Geheime-Conseil" wurde er von Kopenhagen in das
Fclsengefängniß auf Munkholm in der Drontheimer
Föhrde versetzt. Hier saß er 19 Jahre lang, und wurde
mit.so beispielloser Grausamkeit behandelt, daß man ihm
339
sogar Bücher, Federn, Papier und andere unschuldige
Mittel wegnahm, mit denen er sich die traurige Ein-
samkeit des Gefängnisses zu verkürzen suchte. Erst im
Jahre vor seinem Tode (1090) kam er auf freien Fuß.
Durch die Friedensschlüsse zu Lund und Fontaine-
bleau war Christian Albrecht in seine früheren Rechte
eingesetzt; indessen entstanden bald neue Streitigkeiten in
Betreff der gemeinschaftlichen Negierung und der Erstattung
der Kriegskosten. Auch forderte der König, daß der Herzog
allen Bündnissen mit fremden Mächten entsagen, keine
Festungen bauen und, außer einer Leibwache, keine Trup-
pen halten sollte. Da der Herzog, der sich fortwährend
in Hamburg aufhielt, hierein nicht willigen wollte, weil
er darin nur eine Verringerung seiner Macht sähe; so
ließ der König aufs Neue den herzoglichen Antheil von
Schleswig (1684) besetzen, und die kleine aber wegen
ihrer Lage feste Insel Helgoland wurde durch den könig-
lichen Contrcadmiral Paulsen mit List zur Uebergabe
gebracht. Auch bestätigte der König die Privilegien der
Prälaten und der Ritterschaft in Schleswig, verbot dem
schleswigschcn Adel künftig gemeinschaftliche Sache mit
dem holsteinischen zu machen, errichtete für das ganze
Herzogthum ein Obergericht zu Gottorff, nahm (1686)
das Amt Trittau in Holstein in Besitz, und verhalf
seinem Bruder, dem Prinzen Georg, zum Besitz der
holsteinischen Aemter Stcinhorst und Tremsbüttel. Der
Herzog protcftirte während dessen gegen die Besitznahme
seines Landes, und suchte Hülfe bei fremden Mächten.
Der Kaiser, Brandenburg, Holland und England ver-
wandten sich eifrig für ihn und brachten (1689) zu
Atlona einen Vergleich zu Stande, in Folge dessen der
330
Herzog tu sein Land und seine Souverainität wieder
eingesetzt wurde. Zugleich wurde ihm das Recht ein-
gcränmt, Bündnisse mit fremden Mächten zn schließen,
Festungen zn bauen, Truppen zu halten und Steuern
zu erheben. Herzog Christian Albrecht kehrte darauf von
Hamburg in seine Rcsivenz Gottorff zurück, ließ Tön-
uingen aufs Neue befestigen, nnd beide Schwäger lebten
hierauf in Friede und Freundschaft bis zu des Herzogs
Tode, der am 24sten December 1694 erfolgte. Dieser
Herzog hat sich auch durch die von ihm am 29sten Sep-
tember 1665 gegründete Universität zn Kiel, die seinen
Namen trägt nnd znm Theil aus den Fonds des damals
aufgehobenen Gymnasiums zu Bordesholm dotirt ward,
in den schleswig-holsteinischen Landen ein bleibendes
Denkmal gestiftet. — Sein Sohn und Nachfolger,
Friedrich IV. (1694—1702) zeigte gleich feindselige
Gesinnungen gegen Dänemark, schloß ein Vündniß mit
Schweden, vermählte sich (1698) mit der Schwester Karl
XII., Hedwig Sophie, ließ mehrere Schanzen in
seinen Landcstheilen anlegen und rief schwedische Truppen
ins Land. Hierüber entstanden bald neue Irrungen,
die nach Christian V. Tode in einen Krieg ausbrachen.—
Mit Hamburg hatte Christian V., gleichwie seine
Vorgänger, wcitlauftige Streitigkeiten, die jedoch durch
den Vergleich zu Pinneberg (1679) beigelcgt wurden,
indem beide Theile sich ihre gegenseitigen Rechte vor-
behieltcn, Hamburg aber 220,000 Reichsthaler an den
König zu zahlen versprach. Als späterhin (1686) die
Streitigkeiten sich erneuerten und Hamburg sowohl zu
Wasser als zu Lande eingeschlossen wurde, erklärte der
Churfürst von Brandenburg, daß er Hamburgs Bela-
331
gerung als einen Angriff auf Berlin ansehe, wodurch
es denn bei dem Pinneberger Vergleich verblieb.
In der innern Staatsverwaltung herrschte unter
Christian V. große Thätigkeit. Außer dem dänischen
Gesetze dieses Königs, das auch theilweise in Schleswig
Gültigkeit erhielt, erschien 1687 ein allgemeines Gesetz
für Norwegen, 1688 ein Ritual und eine Agende, um
größere Gleichförmigkeit im Gottesdienste zu bewirken,
und der dänische Dichter Thomas Kingo, Bischof zu
Odense, verfaßte ein neues dänisches Gesangbuch. Einer
von den Männern, die sich am thätigsten für die Ein-
führung nützlicher Einrichtungen bewiesen, war der große
Mathematiker Ole Römer, der unter vielen andern
wohlthätigen Einrichtungen in den Jahren 1681—1688
eine Matrikel oder ein allgemeines Erdbuch ausarbeitete,
wodurch erst eine gleichmäßige Besteuerung aller Grund-
stücke des Landes möglich wurde. Das Vertheidigungs-
wesen wurde in gutem Stande gehalten. Für die Flotte,
welche am Schluffe des schwedischen Krieges 48 Kriegs-
schiffe mit einer Besatzung von 14000 Mann zählte,
sorgten Span und Jens Juul, der Bruder des
Admirals Niels Juul, und die Landmacht, welche in
Friedenszeiten sich auf 24000 Mann belief, verbesserte
der Graf Rohe. Diese Truppen waren theils Aus-
gehobene, theils Geworbene; die Reiter waren besonders
fast alle Geworbene und wurden in Friedenszeiten auf
die königlichen Güter vertheilt, deren Bauern durch diese
Last sehr gedrückt wurden. Mehrere neue Festungen
wurden angelegt, unter andern die wichtige Festung
Christiansöe auf den Ertholmen bei Bornholm, und die
alten Festungen verbessert und erweitert. Das Finanz-
233
wesen war aber in schlechtem Zustande. Zwar hatte
der tüchtige Siegfried von Pleß darin einige Ord-
nung zuwege gebracht, allein die verschwenderische Pracht
des Hofes, kostspielige Kriege und eigennützige Günst-
linge veranlaßten es, daß Christian V. eine Schulden-
last von 11 Tonnen Goldes hinterließ. — Das Loos
des Bauernstandes ist vielleicht niemals schlechter gewesen,
als unter Christian V., denn die Bauern wurden jetzt
nicht allein von den Gutsherren ausgesogcn und geplagt,
sondern auch mit Steuern beschwert und durch eine
nicht selten ungerechte und willkürliche Aushebung zum
Kriegsdienst bedrückt. Auch nahmen die Verordnungen,
wodurch man den außerordentlich gesunkenen Werth der
Landgüter wieder zu heben suchte, keine Rücksicht auf
die Lage der Bauern, ja in der 1682 erschienenen Ver-
ordnung wurde dem Gutshern sogar das grausame
Recht crtheilt, den Bauer, wenn er seinen Hof vernach-
lässigte oder verließe, auf 1 Jahr nach dem Bremerholm
abzuliefern, wo er, wie ein Verbrecher, in Ketten arbeiten
mußte. Bei diesem höchst elenden Zustande des Bauern-
standes gcricthen Ackerbau und Viehzucht irr den tiefsten
Verfall, und das so fruchtbare und grasreiche Däne-
mark mußte zur Verpflegung des Heeres Butter und
Käse aus Holland holen. — Besser sah es mit dem
Handel und dem Fabrikwesen aus. Es wurde ein eigenes
Commerz-Collegium errichtet, um für" diese Zweige der
Staatshaushaltung Sorge zu tragen; eine Navigations-
schule unter Römers Leitung gab den Seefahrenden
Gelegenheit, sich die zu ihrem Fache nöthigen Kenntnisse
zu verschaffen; mehrere ältere Handelscompagnien wurden
erneuert, neue gestiftet, und der westindische Handel, der
Sññ
unter Friedrich III. begonnen hatte, gewann durch die
Erwerbung der Inseln St. Thomas und St. Jean
(1672) größere Ausdehnung und Festigkeit. Vorzüglich
in den letzten Regierungsjahren Christian V. hatte der
dänische Handel eine glänzende Periode, da fast alle
übrigen europäischen Handelsstaaten in blutige Kriege
verwickelt waren, und als einige der kriegführenden
Mächte diesen Handel aus Eifersucht zu stören suchten,
schloffen Dänemark und Schweden (1691) zum Schutze
der friedlichen Handelsflagge einen Tractat wegen einer-
bewaffneten Neutralität. — Die Wissenschaften wurden,
seit Griffenfeldt, ihr eifriger Beschützer, gestürzt war,
nicht begünstigt, und der Glaubenszwang und das po-
litische Mistrauen, welche damals herrschten, waren dem
Aufblühen derselben höchst hinderlich. Die engherzigen
Ansichten in Glaubenssachen waren auch die Ursache,
daß die durch Ludwig XIV. Verfolgungseifer aus Frank-
reich geflüchteten Reformirten, ungeachtet die reformirte
Königin» Charlotte Amalie sie begünstigte, in Däne-
mark keine Aufnahme fanden; denn der damalige see-
ländische BischofBagger und der Hofprediger Masius
stellten dem Könige vor, daß die lutherische Lehre durch
diese Ketzer in zu große Gefahr gerathen würde. —
Ein Beispiel, wie schwer das politische Mißtrauen auf
Rede- und Schreibfreiheit drückte, giebt der gelehrte
Oluf No senkrawd s. Er gehörte einer der berühmtesten
Familien des alten dänischen Adels an, und wurde wegen
seiner Schrift: „eine Vertheidigung des dänischen Adels",
als Majestätsverbrecher angcklagt und vom Höchstengericht
zum Verlust seiner Aemter und seines Vermögens, zur
Verweisung aus Kopenhagen und zum Widerrufe seiner
334
Schrift verurtheilt. Der Verlust seines Vermögens
wurde vom Könige in eine Buße von 20,000 Rthlr.
abgeändert; Nosenkrands nahm sich aber diese Be-
handlung so sehr zu Herzen, daß er einen Monat später
vor Gram starb (1682).
Christian V. starb 1699 in einem Alter von
53 Jahren nach einer beinahe 30jährigen Negierung.
Persönliche Tapferkeit und eine edelmüthige, ritterliche
Denkungsart waren ihm eigen, aber sein Hang zu Zer-
streuungen und sein schwacher, unselbstständiger Character
gaben ihn immer der Leitung seiner nächsten Umgebungen
Preis. Sein Krieg mit Schweden war nicht nothwendig,
und sein Verfahren gegen den Herzog von Gottorff
wenig begründet. Die Erziehung des Kronprinzen
wurde ganz vernachlässigt, und dieser absichtlich bis zu
seinem 28sten Jahre von allen Negicrungsangelcgenheitcn
fern gehalten.
Friedrich IV. (1699—1730).
König Friedrich IV. erbte von seinem Vater den
Streit mit dem gottorffischen Herzoge Friedrich dem
Vierten. Dieser hatte die von Christian V. eroberten
und geschleiften Schanzen wieder bauen lassen und, außer
mit Schweden, auch ein Bündniß mit Hannover ge-
schlossen. Der Krieg war daher unvermeidlich, und
nachdem der König sich durch Bündnisse mit Peter dem
Großen von Rußland und mit August, Churfürsten von
Sachsen und König von Polen, gestärkt hatte, ließ er
ein Heer in Schleswig einrücken. Der dänische General,
Herzog Ferdinand Wilhelm von Würtembcrg, eroberte
die Schanzen aufs Neue, schleifte sie, besetzte das Schloß
Gottorff und rückte vor Tönning, welche Festung vom
26ften April bis 2ten Juli 1700 belagert wurde. Als
aber die gottorffischen Hülfsvolker, aus Schweden, Han-
noveranern und andern deutschen Truppen bestehend,
wozu später noch 3000 Mann Holländer stießen, in die
Herzogthümer einrückten, ließ der König die Belagerung
Tönnings aufheben, und das dänische Heer rückte den
Feinden nach Holstein entgegen. Zugleich mischten sich
die Seemächte in diesen Krieg, weil sie um jeden Preis
den Frieden im Norden erhalten wollten, da wegen der
spanischen Erbfolge ein blutiger Krieg mit jedem Augen-
blicke im südlichen Europa auszubrechen drohte. Eine
englische und eine holländische Flotte erschienen im Sunde,
schlossen im Verein mit einer schwedischen Flotte die
dänische auf der Kopcnhagener Rhede ein, und versuch-
ten diese zugleich mit der Hauptstadt durch ein Bom-
bardement in Brand zu stecken, welches aber glücklicher-
weise nicht gelang. Zu gleicher Zeit landete der junge,
kriegerische König Karl Xll. (4 August 1700) mit
12,000 Mann auf Seeland und näherte sich Kopenhagen
von der Landseite. Unter so drohenden Gefahren unv
nicht gehörig von seinen Bundesgenossen unterstützt,
mußte Friedrich IV. sich beeilen, den Frieden zu Tra-
bend al (am 18. August 1700) in demselben Jahre,
in welchem der Krieg begonnen hatte, zu schließen. In
diesem Friedensschlüsse ward die Souverainität des Her-
zogs bestätigt; er erhielt das ausdrückliche Recht, Festun-
gen anzulegen, Truppen zu halten und Bündnisse zu
schließen, und der König mußte ihm außerdem 260,000 riß
Entschädigungsgelder entrichten. Die gemeinschaftliche
Negierung wurde auf Ritter und Prälaten beschränkt,
SS«
die Städte aber der einseitigen souverainen Gewalt der
Landesherren unterworfen. Dadurch traten die Städte
ganz aus dem bisherigen landständischen Verbände und
wurden nicht mehr zu Landtagen berufen. Noch schlos-
sen der König und der Herzog über einige im Traven-
daler Frieden nicht ausgeglichene Punkte einen Neben-
vergleich zu Hamburg (12. Juli 1701); aber bald ent-
standen neue Irrungen. Der Herzog war (1702) in
der Schlacht bei Clißov in Polen, wohin er seinem
Schwager, Karl XII., gefolgt war, gefallen, und die
Negierung der Herzogthümer wurde hierauf, da sein
Sohn, Karl Friedrich, (1702—1739) erst 2 Jahr
alt war, der verwittwetenHerzoginn Hedwig Sophia
und dem Bruder des verstorbenen Herzogs, dem Admi-
nistrator Christian August (f 1726), Coadjutor zu
Lübeck und dem Geheimenrathe übergeben. Unter den
Mitgliedern der vormundschaftlichen Negierung entstan-
den indeß bald Streitigkeiten, da einige sich auf däni-
sche, andre auf schwedische Seite neigten. An der Spitze
der erster» Parthei stand der redliche Wedderkopp;
die letztere ward von dem klugen aber ränkevollen Görz
geleitet, welcher Wedderkopp nach dem Tode der Her-
zoginn (1708) stürzte und ihn würde haben hinrichten
lassen, wenn König Friedrich dieses nicht durch seine
Drohungen verhindert hätte. Die streitigen Punkte be-
trafen theils das Stift Lübeck, theils die gemeinschaft-
liche Regierung, theils endlich, ob der Herzog seinen
Namen und seinen Titel in den gemeinschaftlichen Ver-
ordnungen mit eben so großen Buchstaben als der König
von Dänemark schreiben dürfe. Dieser letzte Streit (der
Fracturstreit) bewirkte, daß 8 Jahre lauss keine Landtage
23?
in den Herzogtümern gehalten wurden. — Inzwischen
war ein neuer Krieg zwischen Dänemark und Schweden
ausgebrochen, da erstcres Reich die damalige hülflose
Lage Schwedens benutzen wollte, um die verlornen
schottischen Provinzen wieder zu gewinnen, und nachdem
der König Friedrich I V. bei seiner Zurückkunft von einer
Reise nach Italien (1708) ein Bündniß mit dem Könige
August ^egen Schweden, dem später auch Rußland bei-
trat, geschlossen hatte, wurde der Krieg 1709 in Scho-
nen eröffnet. Die dänische Armee, 13,000 Mann stark,
ward aber von 28,000 Schweden unter General Mag-
nus Steenbock bei Helsingborg (1710) gänzlich ge-
schlagen; die Ueberreste derselben schifften darauf nach
Seeland zurück, und an eine neue Landung war wegen
einer furchtbaren Pest, die in Schonen und Seeland
wüthete, nicht zu denken. Als sich hieraus der Krieg
nach Deutschland versetzte und dem Könige daran gelegen
sein mußte, mit dem gottorffischen Hause auf gutem
Fuße zu stehen, auch der Administrator der gottorffischen
Lande, Herzog Christian August, friedliche Gesinnungen
zeigte, wurde am 5ten Januar 1711 ein Vergleich zu
Hamburg geschlossen, der die meisten Streitpunkte ent-
schied und in dem Rendöburger Vergleich (1712) näher
bestimmt wurde. Allein die neue Freundschaft war nur
von kurzer Dauer. Die dänischen Truppen machten an-
fangs in Deutschland große Fortschritte; allein Steen-
bock schlug sie bei Gadebusch (20. December 1712)
und drang hierauf in Holstein ein, nachdem er, eben so
unnütz als schimpflich, die offene Stadt Altona abge-
brannt hatte. Er konnte sich aber hier nirgends halten,
da ihm eine vereinigte dänisch-ruffifche Armee auf dem
S38
Fuße folgte, und war daher genöthigt, sich in die Fe-
stung Tönning zu werfen, dessen Befehlshaber im Vor-
aus von seiner Regierung den Befehl erhalten hatte,
dem schwedischen General im Nothfalle die Thore zu
öffnen. Hier wurde er nun von der feindlichen Armee
eingeschlossen und belagert. Friedrich IV. aber, durch
diesen Treubruch des gottorffischen Herzogs aufs Höchste
erbittert, nahm durch ein Patent vom 13ten März 1713
den ganzen gottorffischen Antheil der Herzogthümer in
Besitz. Drei Tage später mußte sich Steenbock mit sei-
nem ganzen, 11,000 Mann starken, Heere kriegsgefangen
ergeben und am 7ten Februar 1714 fiel auch die Fe-
stung Tönning in die Gewalt des Königs.
Zur See waren die Dänen noch glücklicher als zu
Lande. Hvitfeldts heldcnmüthige That in der Schlacht
in Kjoge Bucht (1710) steht selbst in der an großen
Thaten so reichen Geschichte der dänischen Seekriege
einzig da. Sein Schiff Dannebrog war durch die
eigenen Kanonen in Brand gerathen, und konnte zwar
gerettet werden, aber nicht ohne Gefahr, die Stadt Kjoge
und die ganze dänische Flotte in Brand zu stecken.
Hvitfeldts Entschluß war daher bald gefaßt. Er legte
sich hart an den Feind und feuerte Schuß auf Schuß
gegen denselben, bis das Feuer die Pulverkammer er-
reichte und er mit der ganzen Mannschaft in die Luft
flog. Udmiral Gabel gewann (1715) einen glänzenden
Sieg bei Fehmern und behauptete, nebst Sehestedt
und Raben, die Herrschaft auf der Ostsee. Inzwischen
war Karl XU., der nach der Schlacht bei Pultawa
(1709) 5 Jahre unthätig in der Türkei zugebracht hatte,
gegen das Ende des Jahres 1714 in seine Staaten
839
zurückgekommen. Daher schlossen Dänemark, Polen nnd
Rußland ein engeres Bündniß gegen Schweden, dein
jetzt auch Preußen, Hannover und England beitraten,
und Churfürst Georg von Hannover, seit 1714 König
von England, kaufte bei dieser Gelegenheit für 8 Ton-
nen Goldes die von den Dänen eroberten schwedischen
Fürstenthümer Bremen und Verden. Karl XII., der
sich in Stralsund, wohin er sich zuerst begeben hatte,
nicht länger halten konnte, ging im December 1715
nach Schweden, und brachte hier bald ein großes Heer
auf die Beine, welches er über's Eis nach Dänemark
zu führen gedachte, um so dieses Reich zu überwältigen;
ein plötzliches Thauwetter rettete indcß das Land von
dieser Gefahr. Karl machte darauf einen Einfall in
Norwegen; aber auch hier scheiterten seine Pläne an
dem Muthe und der Vaterlandsliebe der Bürger von
Fricdrichshald. Diese steckten unter der Anführung der
beiden edlen Brüder, Peter und Hans Kolbjörn-
sen, ihre eigene Stadt in Brand und zogen sich in die
Festung zurück. Karl mußte nun die Belagerung auf-
heben, nachdem Tordenskjold im Hafen vonDvnekil
allen Kriegsvorrath der Schweden, der hier gesammelt
und gegen Friedrichshald bestimmt war, vernichtet hatte. —
Tordenskjold, oder wie sein Geburtsname lautete,
Peter Wessel, ist unter den vielen Seehelden, die
Dänemark und Norwegen hervorgebracht haben, einer
der berühmtesten. Er war von bürgerlicher Herkunft,
zuerst Schneiderbursche, später Matrose, und schwang
sich durch kühnen Muth, Klugheit und Geistesgegenwart
bis zur Würde eines Admirals empor. Von Friedrich IV.
wurde er unter dem Namen Tordenfljold in den
340
N
Adelstand erhoben. Zu seinen denkwürdigsten Thaten
gehört die Schlacht im Hafen von Dpnekil (8. Juli
1716), wo er mit einer Fregatte und 5 kleinern Fahr-
zeugen nach einem vierstündigen Gefecht die feindlichen
Batterien zum Schweigen brachte und 12 Kriegsschiffe
und 8 mit Kriegsvorrath beladene und nach Fricdrichs-
hald bestimmte Fahrzeuge eroberte, und die Einnahme
der Felsenfestung Marstrand (26. Juli 1719), wo er
durch seinen bloßen Namen, mit Klugheit und Tapfer-
keit vereint, den schwedischen Commandanten so außer
Fassung brachte, daß dieser eine der stärksten Festungen
in Europa übergab. Tordenfljold starb in einem frü-
hen Alter (12. November 1720), von dem schwedischen
Obersten Stahl im Duell getödtct; doch seine beispiel-
losen Heldenthaten, sein edles Herz, seine offene und
acht nordische Denkungsart bewahren seinem Namen
ein bleibendes -Andenken. —
Während Karl XII. noch seine Kräfte vor Frie-
drichshald versplittcrte, machte man in Dänemark ernst-
liche Vorbereitungen zu einer neuen Landung in Scho-
nen. Die Flotte ward ausgerüstet und ein Heer von
22,000 Mann auf Seeland zusammengezogen. Mit
dieser Macht sollte sich ein russisches Heer von 40,000
Mann, welches unter Peter des Großen eigener Anfüh-
rung vor Kopenhagen lagerte, vereinigen; allein Miß-
verständnisse unter den Verbündeten und der Verdacht,
als wolle Peter der Große sich Kopenhagens und Kron-
burgs bemächtigen, veranlaßten ernstliche Vorkehrungen
von dänischer Seite und den Rückzug der Russen. Peter
der Große ließ sich nun in heimliche Unterhandlungen
mit Karl XII. ein, und Görz, der in schwedische Dienste
getreten war, suchte ein Bündniß zwischen Rußland und
Schweden zu bewirken, worauf Dänemark mit vereinigten
Kräften angegriffen, und Norwegen für Schweden, ganz
Holstein und Schleswig aber für den gottorffischen Herzog
erobert werden sollten. Alle diese Pläne scheiterten aber,
als Karl XII. bei einem neuen Einfall in Norwegen vor
Friedrichshald erschossen wurde (11. December 1718). Die
neue schwedische Regierung wünschte Frieden, der endlich
auch durch englische und französische Vermittelung am 3.
Juli 1720 zu Friedrichsburg zu Stande kam, und Däne-
mark erhielt, außer den 8 Tonnen Goldes aus dem Verkauf
der Fürstenthümcr Bremen und Verden, von Schweden
noch 60,000 Rthlr. an Kriegskosten. Außerdem entsagw
Schweden der Zollfreiheit im Sunde, Ln deren Besitz es seit
1645 gewesen war, und verpflichtete sich, den frühern got-
torffischen Herzog in Betreff Schleswigs, dessen Besitz
Frankreich und England demKönige garantirten,nicht mehr
zu unterstützen. — In Folge dieser Friedensbedingungen
vereinigte Friedrich IV. durch das Patent vom 22. August
1721 den gewesenen fürstlichen Antheil im Herzogthume
Schleswig mit dem Seinigen und ließ sich am 4. Sep-
tember 1721 als nunmehro alleinigen souverainen Landes-
herrn den gewöhnlichen Erbhuldigungseid von Prälaten
und Ritterschaft und denjenigen, welche adliche Güter im
Herzogthum Schleswig besaßen aufGottorff ablegen, sowie
auch gleichzeitig in den fürstlichen Aemtern und Landschaft
ten diese Huldigung geleistet ward. Dadurch wurde der
fürstliche (Gottorffische) Antheil im Herzogthum Schleswig
definitiv in Besitz genommen und so das ganze souveraine
Herzogthum Schleswig mit dem Königreiche in der Per-
son Friedrich IV. als Königs und Herzogs und seiner Erb-
S4S
successione» an der Regierung verbunden. Aber noch fast
50 Jahre lang kostete es nicht geringe Anstrengungen, den
Besitz dieses herzoglichen Antheils zu behaupten. Herzog
Karl Friedrich, der nach dem Frieden Kiel zu seiner Re-
sidenz wählte, wollte weder den Friedrichsburger Frieden
anerkennen, noch sie auf Vergleich einlassen. Er vermählte
sich später mit Anna, einer Tochter Peter des Großen,
und sowohl Peter, als seine Nachfolgerinn, Catharina I.,
drohten, die Ansprüche des Herzogs mit Gewalt geltend zu
machen. Friedrich IV. war daher genöthigt, bis 1727, wo
Catharina starb, und ein freundschaftliches Vcrhältniß mit
Rußland eintrat, große Flotten in der Ostsee zu halten.
Uebrigens regierte der König seit 1720 Ln Frieden und er-
warb auch noch die Grafschaft Ranzau in Holstein (1725),
als der letzte Graf seinen Bruder ermordet hatte.
Die Jahre des Friedens benutzte Friedrich IV., so-
wohl vor als nach dem Kriege, zum Wohle seines Landes.
Durch eine Verordnung vom 21. Februar 1702 hob er die
Leibeigenschaft der Bauern auf Seeland, Laaland, Falster
und den umliegenden Inseln auf; auch enthielt diese Ver-
ordnung noch mehrere das Beste des Bauernstandes betref-
fende Bestimmungen. Allein durch die schon ein Jahr
früher (22. Februar 1701) erschienene Verordnung wegen
einer Landwehr oder Landmiliz, und durch die später
(8.Febr. 1724) erlassene Reserveordnung hatten die Guts-
herren noch eine große Gewalt über ihre Bauern, und sie
konnten dieselben noch, fast wie früher, auf ihrem Gute fest-
halten. — Die Vertheidigung des Vaterlandes lag dem
Könige besonders am Herzen. Für diesen Zweck richtete er
die erwähnte Landmiliz ein, vergrößerte die Reiterei auf
den königlichen Gütern, legte noch während des Krieges die
Seebatterien „Tre Kroner" (Drei Kronen) und „Prö-
343
veste en" vor Kopenhagen an, errichtete eine Seekadet-
ten-Äcademie zur Bildung tüchtiger Officiere für die
Flotte, später auch eine Landkadetten-Academie, und
vermehrte den festen Stock des Holms auf 30 Com-
* pagnien Matrosen. — Wie sein Vater, suchte er auch
seine Einkünfte dadurch zu vermehren, daß er fremden
Machten dänische Truppen überließ; aber sowohl das
Geld als der Ruhm, den die dänischen Soldaten in
dem spanischen Erbfolgekrieg und in Ungarn gegen die
Türken sich gewannen, waren durch das viele Blut, wel-
ches in einer dem Vaterlande völlig fremden Angele-
genheit vergossen wurde, theuer erkauft.
Der Handel befand sich unter diesem Könige in
keinem sonderlich günstigen Zustande; Fabriken und
Manufacturen suchte man, wie früher, durch Einberu-
fung von Ausländern zu befördern; das Postwesen,
welches eine Zeitlaug dem Grafen Gyldenlöve als eine
Art Lehn gegen eine jährliche Abgabe überlassen war,
wurde 1711 wieder für königliche Rechnung übernom-
men und erhielt manche Verbesserungen. — Friedrich IV.
stiftete auch ein Missionscollegium, welches dahin wirken
sollte, die christliche Religion in Ostindien und Grön-
land zu verbreiten. Um letzteres Land machte sich beson-
ders der edle Normann, Hans Egede, verdient, der
Vaterland, Verwandte und Freunde verließ, sich mit
Weib und Kind (1721) nach Grönland begab und dort
15 Jahre lang unter unglaublichen Entbehrungen und
Mühseligkeiten für die Sache des Evangeliums wirkte,
bis er von seinem Sohne, Paul Egede abgelös't
wurde, der in demselben Geiste des Vaters Werk fort-
setzte. — Die Volksaufklärung stand damals auf einer
16 *
S44
sehr niedrigen Stufe. Es gab auf dem Lande keine
Schulen, und nur im Sommer suchten herumreisende
Schullehrer den Kindern einen dürftigen Unterricht zu
ertheilen, wogegen im Winter durchaus gar kein Unter-
richt Statt fand. Friedrich IV. wurde der Gründer
eines ordentlichen UnterrichtswefenS für die Volksjugend,
indem er auf den Rfitergütern 240 Schulgebäude auf-
führte, den Lehrern feste Einkünfte anwies und eine
bestimmte Verfügung für den Schulunterricht erließ.
Auch stiftete er das Waisenhaus in Kopenhagen, schätzte
und beförderte die Bildhauerkunst, die Musik, die Maler-
und Gartenkunst; die eigentlichen Wissenschaften aber
fanden an ihm keinen Freund und Beförderer. Desto
eifriger sorgte er für die Finanzen und führte, wo es
geschehen konnte, allenthalben Ersparungen ein. Bei
seinem Tode belief sich die Staatsschuld zwar auf 3 Mil-
lionen Reichsthaler, aber 1,100,000 rührten von sei-
nem Vater her und in den öffentlichen Kassen befanden
sich gegen 2 Millionen. Dabei hatte er langwierige
Kriege geführt, viele Einrichtungen zum Nutzen des
Staates gemacht, das Canzlei- und Rentekammerge-
bäude, das Schloß in Kopenhagen und die Schlösser
Friedensburg und Friedrichsberg gebaut, und mehrere
harte Landplagen, die unter seiner Negierung wütheten,
hatten außerdem bedeutende -Ausgaben verursacht. So
wüthete 1710 und 1711 eine schreckliche Pest auf See-
land, welche in Kopenhagen 25000 Menschen hinraffte;
1717 am Weihnachtsabend eine schreckliche Wafferfluth,
wodurch in den Marschländern mehrere Tausend Men-
schen umkamen und ein Schade von vielen Tonnen
Goldes angerichtct wurde. Hierzu kam noch die am
LZL
20. October 1728 ausgebrochene Feuersbrunst in Kopen-
hagen, welche mehrere Tage wüthete und beinahe ein.
Drittheil der ganzen Stadt zerstörte. Bei diesem
Brande erlitten die Wissenschaften dadurch einen uner-
setzlichen Verlust, daß die reiche Universitätsbibliothek,
welche kostbare Schätze an seltenen Handschriften besaß,
ein Raub der Flammen wurde.
Kurz nach dem Tode seiner ersten Gemahlin L o u i se,
einer Tochter des Herzogs Gustav Adolph von Mecklen-
burg-Güstrow, vermählte sich derKönig (1721) mit Anna
Sophia, einer Tochter des dänischen Großkanzlers
Konrad Reventlow. Diese Ehe verursachte indeß große
Zwietracht in der königlichen Familie, da sowohl der
Kronprinz, als die übrigen Mitglieder des Königshauses
über diese Verbindung mit einer Dame von nicht fürst-
licher Geburt unzufrieden waren.
Friederich IV. starb am 12. Oetober 1730 nach
einer 31jährigen Regierung. Was seine Erziehung ver-
nachlässigt hatte, ersetzte er durch Arbeitsamkeit und
thätige Theilnah'me an den Negierungsgeschäften. Er
galt für einen strengen Haushalter, war aber niemals
sparsam, wo es gemeinnützige Einrichtungen galt, und
wo wirkliches Bedürfniß war, zeigte er sich freigebig.
Klug in seinen politischen Verhältnissen, war er offen
und ehrlich in Denkungsart, einfach in seinen Sitten,
schlicht und recht gegen Hohe und Niedere. Er hielt
den Adel in gehörigen Schranken, war sparsam mit
Ordensverleihungen, und ein besonderer Freund des
gedrückten Bauernstandes. Nur in seinen letzten Jah-
ren zeigte er bisweilen ein allzugroßes Mißtrauen,
946
Welches durch die Untreue hervorgerufen war, die er
oftmals bei seinen Beamten entdeckte.
Christian VI. (1730-1746).
Gleich nachdem Christian VI. den Thron seiner
Väter bestiegen hatte, ging eine große Veränderung
mit dem Regierungspersonale vor, indem fast alle Freunde
und höheren Beamten des verstorbenen Königs, beson-
ders diejenigen, welche seine Vermählung mit Anna
Sophia Reventlow befördert hatten, ihren Abschied
erhielten. Die verwittwete Königinn selbst wurde auf
Befehl des Königs nach Klausholm in Jütland ver-
wiesen, nachdem sie zuvor mehrere Güter, ja sogar
einige Juwelen und Kostbarkeiten, welche ihr von ihrem
Gemahl entweder geschenkt oder vermacht worden waren,
hatte abftehen müssen. Zugleich verbot Christian VI.
den Druck der zu Ehren seines verstorbenen Vaters
verfaßten Reden und Verse. Die Minister, welche jetzt
in den 5 ersten Regierungsjahren Christians den größten
Einfluß hatten, waren Jvar Rosenkrands, ein ganz
ausgezeichneter Mann und ein Freund der Wissenschaften,
Ludwig Pleß, der viel Erfahrung im Finanzwesen
besaß, und dessen Bruder Carl Pleß.
Christian VI. richtete zugleich seine Aufmerksam-
keit auf den Bauernstand und beschloß, demselben eine
völlige persönliche Freiheit zu schenken. Die von ihm
erlassene Verordnung vom 30sten Oktober 1730, nach
welcher die Landwehr aufgehoben werden sollte, erregte
allgemeine Freude, und der Jubel des Bauernstandes
stieg, als der König am 5ten Januar 1731 einen
Generalpardon für alle diejenigen erließ, welche der
24?
Landwehr entlaufen oder aus Furcht vor der Aus-
hebung zum Kriegsdienste von den Gütern entwichen
waren, und außerdem Jedem erlaubte, sich, wo er wollte,
auf dem Lande oder in den Städten, niederzulassen.
Allein diese Freude war nur von kurzer Dauer; denn
schon 2 Monate darnach (5ten März 1731) erschien
eine neue Verordnung, wodurch die dem Bauernstände
so eben verliehene Freiheit wiederum fast ganz auf-
gehoben wurde, und endlich ward durch Verordnung
vom 4. Februar 1733 die Landwehr wieder errichtet,
ungeachtet die Minister dem König stark davon abge-
rathen hatten. Zu dieser Landwehr wurde die gesammte
junge Mannschaft von 14 bis 36 Jahren in die Ne-
servenrolle eingeschrieben und die Dienstzeit auf 8 Jahre
festgesetzt, späterhin aber bis auf 12 Jahre verlängert,
und die Zeit der Aushebung vom 9ten bis zum 40sten
Jahre ausgedehnt. Nach ausgestaudener Dienstzeit war
eS dem Bauerknecht bisher erlaubt gewesen, sich, wo
er wollte niederzulassen; allein durch eine Verordnung
vom Isten Juli 1746, welche der König wenige Tage-
vor seinem Tode unterschrieb, wurde auch diese Frei-
heit aufgehoben, und bestimmt, daß jeder Landsoldat
sich nur auf dem Gute, wo er ausgehoben war, nieder-
lassen durfte und daselbst einen Hof anzunehmen ver-
verpflichtet sein sollte. So hinterlicß Christian VI. die
dänischen Bauern, die er zu Anfänge seiner Negierung
4 Monate lang eine vollkommene und ungeschmälerte
Freiheit hatte schmecken lassen, bei seinem Tode ins-
gesammt als einen Haufen an die Heimath gefesselter
Sclaven, die der Willkür und Tyrannei der Guts-
herren und ihrer Verwalter und Vögte Preis gegeben
248
waren. — Während so die persönliche Freiheit des
Bauernstandes völlig vernichtet wurde, erschienen auch
mehrere Verordnungen, welche in anderer Hinsicht diesem
Stande verderblich waren. Zufolge der Verordnung
vom 10. Februar 1731 konnte es den Gutsbesitzern
auf desfalsiges Ansuchen beim Könige bewilligt werden,
Bauernhöfe, ja selbst ganze Dörfer abzubrechen, und die
Ländereien derselben unter die Haupthöfe einzuziehen,
„wenn", wie es in der Verordnung heißt, „die Krone
dadurch keine Einbuße in ihrer Einnahme erleide." Die
Folgen dieses verderblichen Gesetzes waren indeß so in
die Augen fallend, daß man dasselbe nach Verlauf von
9 Jahren aufheben, und die ältere Verordnung Friedrich
IV. von 1725 wieder in Kraft treten lassen mußte.
Eine andere Verfügung, die sowohl dem Ackerbau als
dem Handel schadete, war das Korngesetz von 1735,
welches neben dem Verbot der Korneinfuhr in Däne-
mark zugleich die unbillige Bestimmung enthielt, daß
das südliche Norwegen sein Getraide allein aus Däne-
mark beziehen sollte, welches zur Folge hatte, daß kein
Landmann sich bemühete, gutes Getraide zu bauen, da
er des Absatzes stets gewiß war, und daß der Preis
dieser schlechten Waare ungemein vertheuert wurde.
Christian VI. war streng religiös, allein seine Ne-
ligiösität war leider nicht mit der richtigen Einsicht ver-
bunden, und daher waren seine Maaßregeln zur Be-
förderung der wahren Gottesfurcht oft ganz zweckwidrig.
Er erließ 1735 eine sehr strenge Sabbathsordnung, die
mehr in jüdischem als christlichem Geiste abgefaßt war,
und wodurch mehrere veraltete und unpassende Gesetz-
bestimmungen in Ansehung des Kirchenbesuchs aufs Neue
S4S
eirigeschärft wurden. Auf die Uebertretung dieser Ver-
ordnung war in den Städten eine Geldbuße gesetzt, auf
dem Lande sollte Jeder, der diese Buße nicht bezahlen
konnte, am Schandpfahl stehen, und es wurde zu dem
Ende jedem Kirchenbesitzer befohlen, dergleichen Schand-
pfähle auf dem Kirchhofe oder vor den Kirchcnthürett
errichten zu lassen. Sowohl auf dem Lande als in den
Städten wurden alle Arten von unschuldigen Vergnü-
gungen gänzlich verboten, und an Sonn- und Festtagen
oder am Vorabende derselben durften keine Hochzeiten,
Verlöbnisse oder Gasimähler Statt finden. Durch eine
in demselben Jahre erlassene Verordnung wurde eine
strenge Handhabung der Kirchenzucht mittelst öffentlicher
Beichte und durch Vertpcise von der Kanzel herab unter
Namhaftmachung des Sünders befohlen. Endlich wurde
am 1. October 1737 ein General-Kirchen-Jnspections-
Collegium errichtet, welches über die Amtsführung der
Lehrer an Kirchen un) Schulen, über die Aufrechthaltung
der Kirchenzucht so wie darüber wachen sollte, daß der
Gottesdienst überall auf „eine erbauliche und überein-
stimmende Weise" verrichtet werde. Diesem Collegio
wurde auch das Recht ertheilt, jeden Prediger in Däne-
mark und Norwegen vor seinen Richterftuhl zu laden,
um sogleich alle entstandenen Neligionsstreitigkeiten zu
dämpfen und dasselbe in gleicher Absicht ermächtigt, die-
jenigen Bücher, welche die Censur des Bischofs und
der Universität passirt waren, einer neuen Prüfung zu
unterwerfen. Die Folgen dieser verschiedenen Anord-
nungen waren, daß sich überall Scheinheiligkeit, Fröm-
melei und Heuchelei verbreitete, indem nur diejenigen,
welche ein heiliges Wesen annahmen, den Kopf hängen
850
ließen und über die Thorheitcn dieser Welt seufzten,
zu Aemtern befördert wurden, wahrend dagegen die Bes-
seren zurückstehen mußten. Das Gewissen der Schwächeren
wurde beunruhigt; Lebensüberdruß führte viele Selbst-
morde herbei oder man tödtete Andere, um so durch
daö Gesetz zum Tode verurtheilt zu werden; anstatt der
„Uebereinstimmung" brachen die heftigsten Streitigkeiten
in der Kirche aus; es entstanden überall Secten und
Partheien, die sich gegenseitig mit der größten Erbit-
terung verketzerten, und statt der Frömmigkeit und Gottes-
furcht, die man erzwingen wollte, waren Lauigkeit und
Gleichgültigkeit gegen das Christenthnm die endlichen
Folgen des unverständigen und übertriebenen Religions-
eifers des Königs. Den bedeutendsten Mntheil an allen
den Verfügungen, wodurch diese religiösen Verwirrungen
herbeigeführt wurden, hatte der Hofprediger und Beicht-
vater des Königs, Blüh me, der als Haupt des Kirchen-
Collegiums darnach trachtete, die dänische Kirche mit
päpstlicher Macht zu regieren, worin er von der andäch-
tigen Gemahlin» Christian VI., Sophia Magdalena
von Cul inbach-Bayreuth, kräftig unterstützt wurde.
Die Verfügungen Christian VI. mit Rücksicht auf
den Bauernstand und die Kirche machten ihn bei der
Nation nur wenig beliebt, und diese Entfremdung zwischen
König und Volk wurde durch das am Hofe herrschende
steife und vornehme Wesen noch vergrößert. Nur der
Adel hatte Zutritt zum Hofe und mit Jemanden aus
den niedern Ständen sprach der König selten, was noch
mehr von seiner stolzen Gemahlin» gilt. Die Rang-
sucht war unter seiner Regierung ungemein groß, Titel
und Orden wurden begierig gesucht und dieselben konnten
SSI
sogar durch Kauf erworben werden. Hiezu kam noch
das bei Hofe herrschende deutsche Wesen, welches unter
Christian VI. die höchste Stufe erreichte, die es je in
Dänemark gehabt hat. Der König selbst redete und
schrieb gewöhnlich Deutsch; doch verachtete und verhöhnte
er nicht, wie seine deutsche Gemahlinn, die dänische
Sprache, sondern zeigte sogar in einem Punkte größere
Aufmerksamkeit für dieselbe, als sein Vorgänger und
seine beiden nächsten Nachfolger. Er befahl nemlich, in
dem dänischredenden Theile von Schleswig, dänische Pre-
diger anzustellen und wiversetzte sich einem Vorschläge
der deutschen Parthei, auf dem Lande deutschen Unter-
richt für die dänische Jugend einzuführen. Die armen
Verwandten der Königinn nebst einer ganzen Schaar
anderer deutschen Edelleute strömten nach Dänemark und
erlangten hier Geschenke, Ehrenstellen und Pensionen.
Der beste unter diesen eingewanderten Deutschen war
Schulin, der als Hofmeister ins Land kam, durch
seine ungewöhnliche Thätigkeit zuletzt zur Würde eines
ersten Ministers gelangte und zugleich mit Johann
Ludwig Holstein in den letzten 11 Regierungsjahren
Christian VI. den wichtigsten Antheil an der Staats-
verwaltung hatte, nachdem Jvar Nosenkrands von ihm
verdrängt und Ludwig Pleß verabschiedet worden war,
weil er die übertriebene Verschwendung der Königinn
zu befriedigen sich geweigert hatte. Diese Verschwendung
der Königinn zeigte sich nicht nur in ungemeiner Frei-
gebigkeit gegen ihre deutschen Verwandten und Lands-
leute, sondern auch in einer übertriebenen Pracht und
einer thörichten Baulust. Das Schloß in Kopenhagen,
zu deffen Erneuerung Friedrich IV. kurz vorher mehrere
SÄT
Tonnen Goldes verwendet hatte, wurde niedergerissen,
weil die Königin» dasselbe nicht prächtig genug fand,
worauf das Schloß Christiansburg mit so verschwen-
derischer Pracht aufgeführt wurde, daß es dem Lande
37 Tonnen Goldes kostete. Die Schlösser Friedrichs-
ruhe, Sophienburg und Eremitage aufs Neue
erbaut, das alte Hjortholm nieder-gebrochen und durch
ein neues ersetzt, welches mit sehr großem Kostenauf-
wande mitten in einem Sumpfe erbaut wurde und den
deutschen Namen Hirsch Holm erhielt. Wegen dieser
Vielen Ausgaben befand sich der König in häufiger Geld-
verlegenheit und hinterließ bei seinem Tode eine Schuld
Von 2,380,000 Rthlr., ungeachtet er nur 16 Jahre re-
gierte, keine Kriege führte, Dänemark unter seiner Ne-
gierung von keinen Landplagen heimgesucht wurde, die
Staatseinkünfte von Jahr zu Jahr sowohl durch den
steigenden Sundzoll als den blühenden Handel sich ver-
mehrten nnd außerdem beträchtliche Subst'diengelver von
fremden Mächten einliefen. >
Doch hat die Regierung Christian VI. auch ihre
Glanzseite; die Fürsorge des Königs für Wissenschaften
und Künste, für Volksbildung und eine bessere Rechtspflege,
für die Flotte und den Handel, sowie für Fabriken und
Manufacturen ehrt sein Andenken und wirft ein milderndes
Licht über die Fehler, welche er in andern Zweigen der
Staatsverwaltung beging. Die Universität in Kopenhagen
erhielt durch Jvar Rosenkrands und den gelehrten Gram
eine neue und zeitgemäße Einrichtung, es wurden mehrere
neue Lehrer angestellt, unter andern der berühmte Pro-
fessor der Rechtsgelahrtheit Andreas Höier, den man
den Vater der dänischen Jurisprudenz genannt hat und
25»
aus dessen Schule außer mehreren andern die berühmten
Rechtsgelehrten Ko so d Ancherund HeinrichStampe
hervorgegangen sind. Da nun zugleich im Jahre 1736
zum ersten Male ein juristisches Examen angeordnet
wurde, so kann man füglich das Aufkommen des Recht-
studiums in Dänemark von Christian VI. Zeit an datiren.
Das Höchstegericht erhielt durch Anstellung von besoldeten
Assessoren eine verbesserte Einrichtung und eine Com-
mission wurde ernannt, um Christian V. dänisches Gesetz
und die vielen später erschienenen Verordnungen und
königlichen Resolutionen zu prüfen, um darnach ein neues
Gesetzbuch auszuarbeiten; auch erhielt das medicinische
Studium durch Errichtung eines anatomischen Theaters
und eines medicinischen Collegiums einen bedeutenden
Aufschwung. — Zur Beförderung der Wissenschaften trug
besonders die im Jahre 1739 mit den lateinischen Schulen
vorgenommene Hauptoeränderung bei, nach welcher die
Anzahl dieser Schulen in Dänemark bis auf 20 beschränkt
wurde, und jede einzelne Schule von nun an mehrere
und besser besoldete Lehrer erhielt. In Altona stiftete
der König (1738) ein Gymnasium und einige Jahre
später ein Pädagogium zur Bildung von Schullehrern.
Die Schule zu Herlufsholm, welche in tiefen Verfall
gerathen war, wurde durch Graf Holstein wieder auf
besseren Fuß gesetzt, und die Wiedererrichtung der Aca-
démie zu Soröe, welche seit 1665 geruht hatte, gedieh
so weit, daß diese Anstalt ein Jahr nach dem Tode
Christians eingeweiht werden konnte. Christian VI. legte
seine Liebe zu den Wissenschaften auch dadurch an dm
Tag, daß er den Seelieutenant Norden eine Reise
nach Aegypten und Nubien unternehmen ließ, die eine
254
nicht geringe Ausbeute von wissenschaftlichen Entdeckungen
und Beobachtungen gewährte. Außerdem wurden unter
Christian VI. Negierung zwei gelehrte Gesellschaften ge-
stiftet; die erste war die Gesellschaft der Wissen-
schaften in Kopenhagen, welche sich zu einer Com-
mission auöbildete, die es sich namentlich zur Aufgabe
machte, "dänische Münzen und Medaillen zu beschreiben.
Diese Gesellschaft wurde durch eine auf den Vorschlag
des gelehrten Gram im Jahre 1742 gestiftete Gesell-
schaft für vaterländischeGeschichte und Alter-
thümer, welche späterhin auch die Naturwissenschaften
in sich aufnahm, bedeutend erweitert. Die zweite gc-
« lehrte Gesellschaft wurde 1744 von dem patriotischen
Langebeck gestiftet und nannte sich Gesellschaft zur
Verbesserung der dänischen Sprache und Ge-
schichte, als deren Präses Langebeck das berühmte
„dänische Magazin" herausgab.
Wenn gleich die Negierung Christian V. und Fried-
rich IV., wie früher bemerkt, dem Aufblühen der Wissen-
schaften nicht günstig war, so lebten unter diesen Königen
einzelne ausgezeichnete Gelehrten, als: der Geschichts-
schreiber und Alterthumsforscher Peter Hansen Resen,
Thomas Bartholm, ein Sohn des berühmtenAnato-
mikcrs gleichen Namens, der, obgleich er nur ein Alter von
31 Jahren erreichte, sich durch ein Werk über die Sitten,
Gebräuche und Meinungen des Alterthums einen unsterb-
lichen Namen erwarb; der Physiker und Philolog Ole
Worch, Stifter des Collegium meckieeum oderBorchs
Collegium; Ole Römer, welcher nicht nur als Be-
amter seinem Vaterlande auf mancherlei Weise nützlich
wurde, sondern auch durch die Erfindung mancher sinn-
S55
reichen astronomischen Instrumente und durch die Ent-
deckung der Schnelligkeit, womit das Licht sich bewegt,
sich allgemeinen Ruhm erwarb; der Isländer Torfäus,
welcher zuerst die isländischen- Sagen zur Aufklärung
der nordischen Geschichte benutzte; der Isländer Arne
M a g n ä u s, welcher durch Sammlung isländischer Hand-
schriften, die das nordische Alterthum aufklären, und zu
deren Herausgabe er den größten Theil seines Vermö-
gens vermachte, sich großes Verdienst erwarb. — Unter
Christian VI. lebte der vorhergenannte Andreas H ö ier
(x 1739) ein Schleswigs von Geburt, der sich nicht
nur als Nechtsgelchrter auszeichnete, sondern auch mehrere
vorzügliche historische Arbeiten, namentlich König Fried-
rich IV. Leben, schrieb; Markus Wöldrke, ein ge-
lehrter Theologe, und Erich Pontoppidan, Kirchen-"
Historiker sammt Verfasser mehrerer naturwissenschaftlichen
und staatsoeconomischen Schriften; Hans Gram, der
durch seine tiefe Gelehrsamkeit und seinen seltenen Scharf-
sinn der Geschichte Dänemarks im Mittelalter eine neue
Gestalt gab, außerdem große Fertigkeit in den alten
Sprachen besaß und als Beamter in mancherlei Ver-
hältnissen die Wissenschaften kräftig beförderte. Alle
diese genannten Männer überstrahlte indeß Ludwig
Holberg (geb. 1684, gest. 1754.) durch sein Genie
und seine Originalität, gleichwie er auch durch seine
Komödien, seine Spottgedichte und seine historischen
Schriften allein einen weit mächtigeren Einfluß auf die
Entwickelung der dänischen Litteratur ausübte, als alle
Vorhergenannten zusammen, und daher mit Recht als
Vater der neuen dänischen Litteratur betrachtet werden
kann. Außerdem verdienen noch der geistliche Lieder-
SSG
dlchter Vrorson, ein würdiger Nachfolger Kingo's,
und Stub, der durch seine schönen Gesänge und seine
kleinern lyrischen Gedichte den Dichternamen erwarb,
rühmlich genannt zu werden.
Der Volksunterricht lag Christian VI. besonders
am Herzen, und er ließ daher nicht nur in den vielen
Städten, wo die lateinischen Schulen aufgehoben waren,
Bürgerschulen errichten, sondern befahl zugleich durch
eine Verordnung vom 23. Januar 1739, daß überall
auf dem Lande, wo die örtlichen Verhältnisse solches
gestatteten, Volksschulen angelegt werden sollten, damit
selbst die ärmsten Kinder einen hinreichenden Unterricht
im Christenthum sowie im Lesen, Schreiben und Rechnen
erhalten könnten. Das zweite hundertjährige Rcfor-
mationsfest wurde durch Einführung der Confirmati on
auf den Vorschlag des Hofpredigers Bluhme und des
Jugendlehrers des Königs, Schröder, auf eine schöne
und würdige Weise gefeiert.
Dem Handel, den Manufacturen und Fabriken wurde
unter Christian VI. eine Fürsorge gewidmet, die Aner-
kennung verdient. Auf den Vorschlag des Grafen
Danneskjold - Samsöe wurde ein Land-Oecomie-
und Commerz-Collegium gegründet; die oftindische Com-
pagnie erhielt (1732) ein neues Privilegium, wodurch
der Handel derselben bis auf China ausgedehnt und sehr
blühend wurde; die westindisch-guineische Compagnie
erhielt durch Ankauf der Insel St. Croix von Frank-
reich für 167,000 Rthlr. eine bedeutende Erweiterung,
und der Handel auf Island und Finnmarken wurde durch
Bewilligung großes Freiheiten befördert. Die gesammte
Handelsflotte unter der Regierung dieses Königs hat
S57
man für Dänemark auf 2069 Schiffe zu 96,500 Com-
merzlasten mit einer Besatzung von 12,500 Matrosen
angegeben. Die Gründung einer Assignations- Wechsel-
und Leihebank (1736) war zur Beförderung des Han-
dels gleichfalls von großer Wichtigkeit.— Für Manu-
facturen und Fabriken trug der König eine solche Für-
sorge, daß man ihn den Vater und Schöpfer derselben
in Dänemark genannt hat. Fremde Manufacturiften
wurden einberufen, um Tuch- und Seidenmanufacturen
in Kopenhagen anzulegen, und man rechnet, daß in
den letzten Regierungsjahren des Königs allein in dieser
Stadt 6700 Personen mit Handwerken, Fabriken und
Manufacturen beschäftigt waren.
Unter den gemeinnützigen Einrichtungen, welche
unter Christian VI. geschahen, verdient noch die Stif-
tung einer Feuerversicherungs-Anstalt und die Errichtung
einer allgemeinen Wittwencassc genannt zu werden. —
Die Verfassung der Landmacht war unter diesem Könige
nicht besonders gut; dagegen wurde die dänische See-
macht durch den Grafen Friedrich Danneskjold
Samsöe, den AdmiralSuhm und den ausgezeichneten
Schiffsbaumeister Bendstrup auf einen so vortrefflichen
Fuß gesetzt, daß die Flotte, welche bei Friedrich IV.
Tode nur aus 7 Linienschiffen und 2 Fregatten bestand,
zuletzt 30 Linienschiffe und 16 Fregatten, die kleineren
Kriegsschiffe ungerechnet, stark war. Außerdem ließ
der König Magazine aufführen, den Kriegshafen viel
tiefer machen und die wichtige Dokke auf Christians-
hafen anlegen.
Die äußeren Verhältnisse unter Christian VI. waren
friedlich, obgleich das Land mehrmals mit Krieg bedroht
17
S58
wurde. Streitigkeiten mit Hamburg wegen einer Bank,
welche diese Stadt zum Nachtheil des dänischen Geld-
wesens angelegt hatte, wurden 1736 beendigt, da
Hamburg die Bank aufhob und 500,000 Mk. Lübisch
Entschädigungsgelder zahlte. Gleichfalls wurden einige
Zwistigkeiten mit Hannover und England in Betreff
des Amtes Steinhorst im Lauenburgischen bald gütlich
beigelegt. Bedenklicher und schwieriger waren dagegen
die Verhältnisse zu dem holstein-kielschen Hause, das den
Verlust Schleswigs nicht verschmerzen konnte. Im Jahre
1732 wurde zwischen Dänemark, Rußland und Oeftereich
ein Bündiß geschlossen, wodurch unter andern der Be-
sitz Schleswigs Dänemark aufs Neue zugesichert wurde,
wogegen Herzog Karl Friedrich (1- 1739) 1 Million
Nthlr. als Entschädigung haben sollte; allein der Herzog
wollte die angebotene Summe nicht annehmen und sich
überhaupt auf keinen Vergleich mit Dänemark einlassen.
Noch gefährlicher wurde die Feindschaft des holsteinischen
Hauses gegen Dänemark, als Karl Friedrichs Sohn,
Herzog Peter Ulrich, 1743 zum Thronfolger in Ruß-
land ernannt worden war, und ein anderer Prinz von der
jüngern Linie dieses Hauses, Adolph Friedrich, zum
Thronfolger in Schweden bestimmt wurde. Dieses Letztere
war um so unangenehmer, als dadurch die Aussicht
zu einer neuen Verbindung der 3 nordischen Reiche,
die sich unerwartet eröffnet hatte, wieder vernichtet
wurde. Der schwedische Bauernstand, die Geistlichkeit
und ein Theil des Ades, die sogenannte„Hutp arthei",
wünschten nemlich den dänischen Kronprinzen Fri e drich
zu ihrem Könige, und diese Parthei würde, meint man,
auch gesiegt haben, wenn-der damalige dänische Gesandte
359
in Schweden, Berkentin, sich geschickter benommen
hätte. Die tapsern Dalekarlier zogen, 7000 Mann stark,
bewaffnet nach Stockholm und verlangten Prinz Friedrich
von Dänemark zum Thronfolger erwählt. Sie wurden
aber nach einem blutigen Kampfe in den Straßen Stock-
holms zurückgeschlagen, worauf Adolph Friedrich durch
Rußlands Einfluß zum Nachfolger des Königs erwählt
wurde. Dänemark rüstete sich; allein der friedliebende
Christian VI. verhinderte doch den Ausbruch eines Krie-
ges, der unter den obwaltenden Umständen auch schwer-
lich zum erwünschten Ziele geführt haben würde. Adolph
Friedrich entsagte nun seinen Ansprüchen auf Schleswig
und der Großfürst Peter Ulrich durfte nichts gegen
Dänemark unternehmen, so lange die Kaiserin Elisabeth
lebte.
Christian VI. starb den 3ten August 1746. Er
ist höchst verschieden und oft sehr ungerecht beurtheilt
worden, weil er bei manchen guten Eigenschaften schwach
und unselbstständig war, wodurch er zu Beschlüssen verleitet
wurde, die ihn bei dem Volke minder beliebt machten,
als er es sonst wohl verdient hätte. Seine Gottes-
furcht war keine erheuchelte, sondern eine aufrichtige;
auch war er keineswegs ein unthätiger König, vielmehr
suchte er sich mit allen Negierungsangelegenheiten bekannt
zu machen und führte einen täglichen Briefwechsel mit
seinen Ministern und Beamten. Sein gutes Herz und
und sein redlicher Wille, seine Sorge für Wissenschaften
und Volksaufklärung, für Seewesen, Handel und Schiff-
fahrt dürften ihm wenigstens ein ehrenvolles Andenken
bei der Nachwelt sichern.^
17 *
36°
Friedrich V. (1746-1766)
Mit der Thronbesteigung dieses Königs ging sogleich
eine große Veränderung im Hofton und in der Volks-
stimmung vor sich. Sv steif und still es bisher in der
Hauptstadt und am Hofe gewesen war, eben so frei und
lebhaft wurde es jetzt. Die strenge Bewachung des
Christiansburger Schlosses wurde kittgestellt, es wurden
Bälle, Concerte und ähnliche Belustigungen gegeben,
die dänische Bühne wurde nach 16jähriger Unter-
brechung wieder mit Holbergischen Schauspielen eröffnet,
auch französische und italienische Opern wurden gegeben,
und die Bauern erhielten wieder die Erlaubnis, „den
Sommer ins Dorf" zu reiten, damit, wie es hieß, „dieser
Stand nach des Jahres schwerer Arbeit auch bisweilen
ein kleines, anständiges Vergnügen haben könne." —
Durch diese Veranstaltungen, die ganz im Sinne des
Volks waren, steigerte sich auch die Ergebenheit desselben
gegen den König, der schon als Kronprinz durch seine
Freundlichkeit und Geradheit allgemein beliebt gewesen
war. In gleichem Sinne handelte seine Gemahlin»
Louise, eine englische Prinzessin, und theilte daher
mit dem Könige die Liebe der Nation. — Friedrich V.
nahm nicht viele Veränderungen unter den höhern Be-
amten vor. Schulin behielt seinen wohlverdienten
Einfluß bis zu seinem Tode (1750) und hatte den
Grafen Johann Hartwig Ernst Bernstorf zum
Nachfolger, der als Mensch und Staatsmann gleich aus-
gezeichnet war. Johann Ludwig Holstein setzte
seine wohlthatige Wirksamkeit für die Wissenschaften und
die Gesetzgebung fort und wurde dabei von Heinrich
Stampe unterstützt. Nur der Graf Danneskjold ging
SSL
von der Flotte ab, und bei den Finanzen wurde Osten
durch den Grafen Otto Thott ersetzt. Auch des Königs
Günstling, Adam Gottlob Moltke, mit dem er schon
als Kronprinz in dem vertraulichsten Verhältnisse gelebt
hatte, erhielt grossen Einfluß und wurde später vom
Könige in den Grafenstand erhoben.
Friedrich V. kaufte 1749 von dem Herzoge von
Glücksburg den mittleren Theil von Arröe, nemlich das
Lehn Gravenftein (Graasteen) mit der Stadt Arröes-
kjöbing, und vereinigte es mit der Krone. Auch schloß
er Erbverträge mit den Herzögen von Plöen und Glücks-
burg, welchen die Häuser Augustenburg und Beck bci-
traten. Gleichfalls suchte sich der König mit dem gottorf-
fischen Hause zu vergleichen. Daher wurde die Span-
nung, welche in der letzten Zeit Christian VI. zwischen
Dänemark und Schweden geherrscht hatte, durch Schulins
und Bernstorfs vereinigte Bestrebungen beseitigt, und
es wurde am 23sten April 1750 ein Tractat hinsichtlich
Schleswigs und Holsteins abgeschlossen, durch welchen
der schwedische Thronfolger, Adolph Friedrich, als Haupt
der jüngern Linie des Hauses Holstein-Kiel, nicht nur
die Abtretung aller seiner Ansprüche auf Schleswig er-
neuerte , sondern sich auch bereit erklärte, wenn der
herzogliche Antheil von Holstein einmal seiner Linie
zufalle, denselben alsdann gegen Oldenburg und Delmen-
horst auszutauschcn. Auch die häufigen Streitigkeiten
wegen der Grenzen zwischen Norwegen und Schweden
wurden beigelegt und eine Vermählung zwischen einem
Sohne Adolph Friedrichs, dem nachmaligen Könige
Gustav III. von Schweden, mit einer Tochter Friedrich
V. Sophia Magdalena, wurde eingelcitet, die auch
s«s
später, kurz nach Friedrich V. Tode, zu Stande kam.
Allein das Haupt des holstein-kielschen Hauses, der Sohn
des 1739 zu Kiel verstorbenen Karl Friedrich, Herzog
Karl Peter Ulrich, welcher 1742 nach Rußland gegangen,
dort die griechische Religion angenommen hatte und
von der Kaiserinn Elisabeth zum Thronfolger ernannt
worden war, verweigerte hartnäckig jeden gütlichen Ver-
gleich. So lange indeß Elisabeth lebte, blieb das Ver-
nehmen mit Rußland höchst freundschaftlich und der
König mischte sich ebenfalls nicht in die Feindseligkeiten
welche der damalige siebenjährige Krieg in Deutschland
und Europa erregte. Er mußte aber während mehrerer
Jahre ein Heer von 24000 Mann in Holstein, um diese
Grenze seiner Staaten zu schützen, unterhalten, und
der Handel wurde durch französische und englische Kaper
gestört. Schweden litt dabei eben so sehr, als Däne-
mark, und deshalb schlossen beide Staaten (1756) einen
Bund, zum Schutz der neutralen Flagge eine Flotte in
See zu halten, welchem Bunde später auch Rußland
beitrat.
Bis 1762 hatte so Friedrich V. seinem Lande den
Frieden erhalten; da aber starb die Kaiserinn Elisabeth
von Rußland, und Karl Peter Ulrich, jetzt unter dem
Namen Peter Hl. russischer Kaiser, traf alle Anstalten,
seinen bittern Haß gegen Dänemark zu befriedigen und
wegen der Beeinträchtigungen, die seine Vorväter erlitten
hatten, Rache zu nehmen. Ein großes russisches Heer
rückte in Deutschland ein und lagerte sich in Mecklen-
burg. Auch in Dänemark machte man die größten An-
strengungen zum Kampfe gegen das mächtige Rußland.
Eine Flotte von 36 Kriegsschiffen kreuzte in der Ostsee
363
und ein Heer von 71000 Mann ward aufgebracht, wovon
eine Abtheilung, 40,000 Mann stark, unter dem tüchtigen
französischen Heerführer St. Germain (1762) den
Russen entgegen in Mecklenburg einrückte. Die Heere
standen nur wenige Meilen von einander, als plötzlich
die Nachricht einlief, daß Peter III. abgesetzt und er-
mordet sei. So unterblieb der jedenfalls verheerende
Krieg; denn Peters Gemahlinn und Nachfolgerinn, die
berühmte Catharina II. schloß Frieden mit Dänemark,
und um in Zukunft weitern Feindseligkeiten vorzubeugen,
unterhandelte der kluge Bernstorf einen Tractat mit
Rußland, der am 22sten April 1767, ein Jahr nach
Friedrich V. Tode auch zu Stande kam. In demselben
entsagte das Haus Holstein-Kiel allen Ansprüchen auf
Schleswig und vertauschte seinen Antheil von Holstein
gegen die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst, die
Grafschaften wurden schuldenfrei abgetreten; der König
von Dänemark aber übernahm alle Schulden des Hauses
Holstein-Kiel, welche sich auf ungefähr 700,000 Nthlr.
beliefen, und verpflichtete sich überdieß, der jüngeren
Linie eine Vergütung von 300,000 Nthlr. zu entrichten.
Außerdem sollte Friedrich V. jüngerer Sohn, der Erbprinz
Friederich, dessen Wahl zum Coadjutor des Bischofs
von Lübeck Dänemark gegen 400,000 Nthlr. gekostet
hatte, seine Rechte aufgeben, und den sämmtlichen Prin-
zen der jüngeren Linie wurde eine jährliche Apanage
von 12000 Nthlr. bis zur Vollziehung des Tractats
zugestanden. — Als eine Folge dieser Uebereinkunst
wurde auch Hamburg gegen eine Vergütung von 1 Mil-
lion Nthlr. von dem Gesammthause Holstein als eine
freie Reichsstadt anerkannt.
S«4
In der Sorge für Manufacturen, Fabriken, Han-
del und Schifffahrt übertraf Friedrich V. noch seinen
Vater, und wurde hierin von Bernstorf aufs Eifrigste
unterstützt. Auch gelang es eine Zeitlang, die dänischen
Manufacturen und Fabriken auf eine bedeutende Höhe
zu bringen, so daß unter andern dänische Seidenzeuge,
was Schönheit und Güte betraf, mit den besten franzö-
sischen und italienischen wetteifern konnten. Allein die-
ser Glanz war mehr scheinbar als wirklich, da er auf
Kosten der allgemeinen Handels- und Nahrungsfreiheit
nur durch königliche Geschenke und Unterstützungen, durch
mancherlei Monopole und durch strenge Verbote gegen die
Einfuhr ausländischer Waaren bewirkt war. Diese Verbote
wurden zum öftern nachdrücklichst eingeschärft und ver-
mehrten sich, besonders seit 1753, dergestalt, daß es zuletzt
150 verschiedene Handelsgegenstände gab, an deren Spitze
Getreide stand, deren Einfuhr in Dänemark untersagt war.
Zur Beförderung des Handels und der Schifffahrt
waren schon unter Christian VI. Verbindungen mit Algier
eingeleitet worden. Friedrich V. setzte diese Bestrebungen
fort und schloß Handelstractate mit Marokko, Tunis, Tri-
polis und dem türkischen Kaiser, mit Genua und Neapel.
Dies hatte zur Folge, daß der dänische Frachthandel auf
dem Mittelmeere, wo noch wenig Jahre vor Friedrich V.
die dänische Flagge gänzlich unbekannt war, später so
wichtig wurde. Zur Erweiterung des dänischen Han-
dels auf dem Mittelmeere entstand 1747 die allgemeine
Handelsgesellschaft, mit welcher der grönländische, und
später auch der isländische Handel vereinigt wurde. Der
vstindische Handel war in einem blühenden Zustande;
dagegen wollte der Handel auf Westindien nicht gedei-
265
hen, bis man den Versuch machte, die Compagnie auf-
zuheben und den Handel frei zu geben, welcher Versuch
sich dergestalt bewährte, daß in 12 Jahren die Zahl der
Schiffe die diesen Handel trieben, von 7 aus38 stieg und der
Zuckerbau auf St. Croix sich um das Elffache vermehrte.
Eine ähnliche Wohlthat, welche der König der Insel Is-
land durch Aufhebung der isländischen Compagnie (1759)
erzeigte, war nur von kurzer Daüer; denn schon 5 Jahre
nachher wurde dieser Handel der allgemeinen Handels-
gesellschaft übertragen. ^
Die Wissenschaften und Künste hatten warme Freunde
und Beförderer an dem Könige selbst, an Bernstorf, I.
L. Holstein, A. G. Moltke und an dem Prokanzler der
Universität, Erich Pontoppidan; auch wurden viele fremde
Gelehrte ins Land gerufen, die als ausgezeichnete und
verdienstvolle Männer der Wissenschaft zum Nutzen und
ihrem neuen Vaterlande zur Ehre gereichten. Solche
waren der Kanzelredner Cr am er, der Dichter Klop-
stock, die Naturforscher Oeder und Kratzenstein, der
Pädagog.Basedov, die Geschichtsschreiber und Staats-
occonomen Schlegel, Mallet, Roger und Rever-
dil, welcher Letztere der Lehrer des Kronprinzen Chri-
stian wurde. Bernftorf ließ auch (1761) durch Niebuhr
und drei andere Gelehrte, nebst einem Maler, eine gelehrte
Reise nach Aegypten und Arabien unternehmen, um
Mterthümer, Sprache, Sitten, die bürgerliche Verfassung
und die natürliche Beschaffenheit dieser Länder zu unter-
suchen. Sämmtliche Reisegefährten Niebuhr's unterlagen
dem ungesunden Clima und den Beschwerlichkeiten der
Reise; er selbst aber legte in einem gelehrten Werke die
Früchte ihrer und seiner eigenen Beobachtungen nieder,
866
und gab dadurch reichlichen Ersatz für die 21,000 Rthlr.,
welche dieses Unternehmen gekostet hatte. — Die Aca-
démie in Soröe gewann durch Holberg, der dieser An-
stalt 15000 Nthlr. an baarem Gelde, über 1000 Tonnen
Land, und seine bedeutende Büchcrsammlung schenkte,
neues Leben, und hatte unter Friedrich V. unv in einem
Theile der Regierungszeit Christian VI. eine sehr glänzende
Periode, indem eine große Menge der ausgezeichnetsten
Gelehrten Dänemarks, wie Schytte, Kraft, Jens
Schelderup Suendorf, Schöning, John Erik-
sen, Ove Guldberg, u. a. hier lehrten und wirkten.
Außer den schon genannten gelehrten Männern verherr-
lichten Kofod Am her, Heinrich Stampe, Lange-
beck und Suhm Friederich V. Negierung. Es entstan-
den mehrere gelehrte Gesellschaften, der botanische Gar-
ten in Kopenhagen wurde angelegt, ein Vaturalienca-
binct und oeconomisches Cabinet (1759) auf Charlot-
tenburg eingerichtet, und der König erweiterte die von
seinem Vater gestiftete Maler- und Zeichenschule zu einer
Bildhauer-, Maler- und Bauacademie (1754), an wel-
cher mehrere Professoren angestellt wurden und unent-
geltlicher Unterricht ertheilt ward.
Der dänische Bauernstand, welcher unter Christian VI.
auf alle Weise gedrückt worden war, haN unter dem
menschenfreundlichen Friedrich V. kein sonderlich besseres
Loos; ja der Heimathszwang, durch welchen man die
nöthige Anzahl von Bauern zum Anbau des Landes
auf den Gütern feftzuhalten suchte, wurde sogar durch
die Verordnung vom 13. April 1764 dahin erweitert,
daß das Recht des Gutsherrn, die junge Mannschaft
auf dem Gute zu behalten, schon mit dem vollendeten
26?
4ten Jahre beginnen sollte. — Auch der Verlauf der
Krvngüter (1765 — 1776) wodurch zwar die Finanzen an
4 Millionen Rthlr. gewonnen, aber auch viele Bauernhöfe,
ja ganze Dörfer niedergelegt wurden, trug mit zur Ver-
schlimmerung der Lage des Bauernstandes bei, indem die
vielen Pachtbauern der Krone die milde Herrschaft dieser
mit der oft unbarmherzigen, eigennützigen Herrschaft der
Gutskäufer vertauschen mußten. — Die Schriftsteller
damaliger Zeit, welchen der freisinnige Graf Moltke
größere Censurfreiheit verschafft hatte, schrieben für die
Sache des Bauernstandes, und der König setzte (1757)
eine eigene Commission nieder, welche sich hauptsächlich
mit der oeconomischen Seite des Landbaues beschäftigte.
Nach dem Vorschlag dieser Commission erschienen von
1758—1761 mehrere Verordnungen zur Aufhebung der
schädlichen Feldgemeinschaft, die sich indeß nur auf
die Gemeinweiden erstreckten und in der Unwissenheit, dem
Eigennütze und den Vorurtheilen so viele Hindernisse fan-
den, daß dadurch nichts Sonderliches ansgerichtet wurde.
Freiheit, diese erste und unentbehrliche Bedingung zu
allen weitern Fortschritten, wollte man den Bauern noch
nicht gewähren. Dies that zuerst (1764) der ältere
Bernstorf, der auf seinem Gute Bcrnstorf bei Kopenhagen
die Länderwr auftheilen ließ und diese den Bauern in
Erbpacht mit Dienst- und Zehntenfreiheit übergab. Da-
durch wurden diese Bauern in kurzer Zeit die glücklich-
sten und wohlhabendsten in Dänemark; das Beispiel des
edlen Bernstorf fand bald bei mehreren andern für das
Wohl des Vaterlandes warm fühlenden Männern Nach-
ahmung, und der glückliche Erfolg dieser Unternehmun-
gen reizte auch Andre, in die Fußtapfen Jener zu treten.
S«8
Die schwächste Seite der Negierung Friedrich V.
war die Finanzverwaltung. In den ersten 8 Jahren
ward die Staatsschuld durch Thotts Bestrebungen auf
1 Million herabgebracht; nach 1754 wuchs sie aber von
Jahr zu Jahr. Der Grund dieses Mißverhältnisses zwi-
schen Einnahme und Ausgabe lag theils in der über-
mäßigen Pracht und Verschwendung des Hofes, theils
in andern kostspieligen Unternehmungen der Regierung,
theils und besonders in den Rüstungen, sowohl zu
Wasser als zu Lande, während des siebenjährigen Krie-
ges in Deutschland (1756 —1763) und bei dem Feld-
zuge gegen Rußland (1762), welcher Letztere allein 8
Millionen Rthlr. gekostet haben soll. Die Anlage der
Friedrichsstadt mit ihren prachtvollen Gebäuden kostete
ungeheure Summen; die Freigebigkeit der Regierung
gegen Manufacturen und Fabriken trug keine dauernden
Früchte, und ebenso mißlang der Versuch, die Haide-
strecken Jütlands durch deutsche Ansiedler (1759) urbar zu
machen, nachdem er der Regierung fast 1 Million Rthlr.
gekostet hatte; doch hatte dieses Unternehmen das Gute, daß
der Kartoffelbau dadurch in Dänemark bekannt wurde. —
Im Jahre 1761 starb auch der letzteHerzog vonPlöen, und
dem Könige sielen, in Gemäßheit der mit dem herzoglich-
sonderburgischen Hause geschlossenen Vereinbarung und
eines mit dem letzten plöenischen Herzoge errichteten Erb-
vertrages die plöenischen Lande zu, wogegen er die ganze
Schuld des Herzogs, 880,000 Rthlr. Cour, übernehmen und
mehrere bedeutende Pensionen auszahlen mußte; auch die
Insel Arröe wurde für 350,000 Rthlr. Cour, gekauft. —
In den letzten Negierungsjahren Friedrich V. erhielt der
ältere Graf Schimmelmann die Verwaltung der
869
Finanzen und dieser suchte der Geldnoth, neben den An-
leihen, vorzüglich durch zwei Mittel, durch den vorher-
erwähnten vorteilhaften Verkauf der Krongüter und durch
die Ausschreibung einer neuen außerordentlichen Steuer
abzuhelfen. Diese Steuer, die Kopfsteuer, welche
dauernd geworden ist, druckt besonders den gemeinen
Mann, und veranlaßte schon damals mehrere Unruhen
in Schweden. Ungeachtet der Staat dadurch bedeutende
Summen zuwege brachte, betrug die Staatsschuld bei
dem Tode Friedrich V. doch 20 Million Nthlr^O^
Unter Friederich V. Negierung gelangte der Adel
zu einem seit 1660 unbekannten Ansehen und Einfluß,
und verdiente Bürgerliche sahen sich dadurch vom Hose
und aus der Umgebung des Königs verdrängt. Auch
herrschte unter diesem Könige eine übermäßige Ver-
schwendung mit Titeln und äußern Ehrenzeichen, wo-
durch eineötheils eine kleinliche Nangsucht genährt ward,
andrerseits diese Auszeichnungen viel von ihrer Be-
deutung verlieren mußten. Friedrich V. ertheilte wäh-
rend seiner 20jährigen Regierung nicht minder als
532 hohe Titel, schenkte 38 das blaue und 119 das
weiße Band, erhob 14 in den Grafen- und Baronen-
stand und verlieh 74 das Adelsdiplom,
Friedrich V. starb am 14. Januar 1766. Seine
erste Gemahlin war Louise, eine Tochter Georg I.
von England. Durch die Liebe, welche sie für alles
Dänische zeigte, verbunden mit ihrem freundlichen und
geraden Wesen, machte sie sich außerordentlich beliebt, rmd
ihr früher Tod (1751) erweckte eine aufrichtige Trauer
beim ganzen Volke, Der König vermählte sich hierauf
S7«
mit Juliane Marie von Braunschweig, welche die
Mutter des Erbprinzen Friederich wurde. Der König
selbst war ebenso menschenfreundlich, wie seine erste
Gemahlinn, und verdiente durch die Milde seines Cha-
ractcrs ein zweiter Erich Eiegod genannt zu werden.
Ein schönes Zeugniß von seinem menschenfreundlichen
Herzen ist unter andern auch die Stiftung des vor-
trefflich eingerichteten und reichbegab'ten Friedrichs-
Hospitals und die Errichtung eines Erziehungs-
hauses in Kopenhagen, wo 260 arme Knaben vom
5ten bis zum 16ten Jahre freie Verpflegung und freien
Unterricht erhielten. Dagegen.stand er an selbstthätiger
Theilnahme an der Staatsverwaltung hinter seinem Vater,
und noch mehr hinter seinem Großvater zurück; aber
seine Minister Schulin, Holstein und vorzüglich
Bernstorff waren ausgezeichnet tüchtige Männer, w"
Dänemarks Zustand war bei dem Tode Friedrich
V. nicht erfreulich, obgleich man in Wissenschaften und
Künsten, in allgemeiner Aufklärung und Bildung, im
Handel und in manchen Zweigen der Betriebsamkeit
Fortschritte gemacht hatte, und das Land in den letzten
46 Jahren eines ununterbrochenen Friedens genoß, wäh-
rend fast das ganze übrige Europa unter den Ver-
wüstungen blutiger Kriege seufzte. Der Ackerbau war
in schlechtem Zustande, Hofdienft, Feldgemeinschaft und
die Entrichtung der Zehnten in Garben legten der
Verbesserung derselben unüberwindliche Hindernisse in
den Weg und dem unterdrückten Bauernstände fehlte
es an Muth und Lust zu neuen Unternehmungen. Die
Bevölkerung des Landes nahm von Jahr zu Jahr ab,
und der Volksunterricht stand aus Mangel an Anstalten
SSL
zur Bildung der Volksschullehrer auf der niedrigsten
Stufe. — Der Einfluß des Adels auf die Regierung
dauerte in den großen Privilegien dieses Standes fort;
der Bürgerstand dagegen zeigte in diesem Zeiträume
wenig Leben und Regsamkeit für das Oeffentliche, da
ihm durch die Staatsveränderung von 1660 alle Theil-
nahme an den allgemeinen Angelegenheiten des Landes
genommen war. — Bildung und Aufklärung war all-
gemeiner geworden, und die Sitten hatten viel von
ihrer vormaligen Rohheit verloren. Die Speisen waren
weniger stark und nährend, als zuvor, aber deshalb
nicht weniger kostbar und zahlreich, und Thee, Kaffee
und Chocolade, welche wenige Jahre nach 1660 in
Dänemark bekannt wurden, hatten das frugale Bier
und die Biersuppe aus der frühem Zeit verdrängt. Die
Trunksucht nahm am Hofe und unter den Vornehmen
nach und nach ab, dagegen wurde unter den geringem
Ständen der Genuß des Brannteweins immer häufiger.—
Die geschmacklose Verschwendung in der Kleidung, im
Schmuck und Hausgeräth hatte allmälig aufgehört, es
verbreitete fich aber unter den prachtliebenden Königen
Christian VI. und Friedrich V. in diesen Gegenständen
eine außerordentliche Ueppigkeit vom Hofe und dem
Adel aus unter die reichern und vornehmem Bürger-
classen, ohne daß dadurch der inländische Handwerker
viel gewann, da das meiste Hausgeräthe und die meisten
Luxusartikel aus dem Auslande bezogen wurden. —
Statt der frühem deutschen Sprache am Hofe und in den
hohem Ständen fing unter Friederich V. französischer Ton
und Geschmack an, Eingang zu gewinnen. — Die strenge
religiöse Stimmung dieses Zeitraums, welche besonders
S7S
Christian VI. durch gesetzliche Vorschriften auch da er-
zwingen wollte, wo sie keine Herzen fand, ging seit
dieser Zeit gar oft in Heuchelei und Scheinheiligkeit
über und machte später einer religiösen Erschlaffung
Platz, worin der von Frankreichs damaliger Litteratur
genährte Unglaube nebst der Neligionsspötterei einen
fruchtbaren Boden fanden.
Christian VII. (1766-1808).
Christian VII. bestieg im Jahre 1766 als ^jäh-
riger Jüngling den Thron seiner Väter und vermählte
sich bald nachher mit der 16jährigen Caroline
Mathilde, einer Schwester Königs Georg III. von
England. In der ersten Zeit gewann der edle und
uneigennützige Reverdil großen Einfluß auf seinen
gewesenen Zögling, und Bcrnstorf leitete, wie früher,
die Regierungsgeschäfte. Bald aber folgten Verände-
rungen. Der erst kurz vorher wieder zur Verwaltung
des Seewesens und der Flotte berufene Danneskjold-
Samsöe mußte seinem Verwandten, Danneskjold-
Laurvig, weichen, General St. Germain wurde
verabschiedet, Reverdil in sein Vaterland, die Schweiz,
zurückgeschickt, und Graf Holck gewann großen Ein-
fluß, den er dazu benutzte, den jungen König zu Ver-
gnügungen und Zerstreuungen zu verleiten und Kälte
zwischen dem königlichen Ehepaare hervorzurufen.
Im Jahre 1769 unternahm der König eine Reise
ins Ausland, un^ gewann auf derselben großes Zu-
trauen zu seinem Leibarzte Johann Friedrich
Strucnsee, einem Sohne des damaligen Superinten-
denten in den Herzogthümern. Nach der Rückkehr setzte
SSL
sich Struensee in die Gunst des Königs und der König-
in» so fest, daß er bald den entschiedensten Einstuß auf
die Verwaltung deö Staats erlangte. Eins von den
Werkzeugen, dessen er sich zur Sicherung seiner Macht
bediente, war Enevold Brandt, an dessen Umgang
der König großes Behagen fand, der aber übrigens
höchst unbedeutend war. Mit Hülfe des Grafen Ran-
zau-Ascheberg gelang es Struensee den um das
Vaterland hochverdienten Bernstorf zu stürzen (13.
Sept. 1770), und von diesem Tage an folgten bald
mehrere durchgreifende Veränderungen. Das Geheime-
Conseil wurde (27. Dec. 1770) gänzlich aufgehoben,
alle ältere angesehene Mitglieder der Negierung wurden
entfernt, auch Ranzau-Ascheberg, nachher Struensee's
bitterster und gefährlichster Feind, und an deren Statt
kamen von Stryensee gewählte kundige, geschickte und
besonders thätige Männer, wie Graf Adolph Ulrich
Holstein, Gunnerus, Oeder, Sturz, Tyge
Rothe und der tüchtige General Huth. Struensee
aber, welcher pom Leibarzt zum Etatsrath, hierauf zum
Conferenzrath gestiegen, und nebst seinem Freunde
Brandt in den Grafenstand erhoben worden war, wurde
endlich (15. Juli 1771) zum Geheimcn-Cabinetsmini-
ster ernannt, und erhielt dadurch eine Würde und
Macht, wie man sie zuvor nie in Dänemark gekannt
hatte; denn von setzt an sollte jeder von Struensee
Unterzeichnete Befehl dieselbe Gültigkeit haben, als ob
er vom Könige selbst unterzeichnet sei.H"
Fast die ganze seit 1660 bestandene Form der
Staatsverwaltung wurde verändert. An die Stelle der
früheren Collegien traten Bnreaux oder Departements
18
A?4
mit einem einfachen und genau bestimmten Geschäfts-
gänge. An die Spitze der Finanzen, in welchen bisher
große Unordnung geherrscht hatte, trat der tüchtige und
kenntnißreiche Graf Adolph Ulrich Holstein zu Holstein-
burg; es wurden überall Ersparungen eingeführt, der
Sundzoll, welcher früher in die Privatkasse des Königs
geflossen war, wurde der Staatskasse zugewendet, und
für die Ausgaben des Hofes eine bestimmte Summe
angewiesen. Leider führte auch Struensee- durch Ver-
ordnung vom 12. Januar 1771 zuerst die für die
Sittlichkeit und den bürgerlichen Wohlstand so höchst
verderbliche Zahlenlotterie in Dänemark ein. — Hin-
sichtlich der Ertheilnng von Aemtern, Rang und Titeln
sollte fernerhin eine strenge Wahl beobachtet werden.
Auch die gesummte Obrigkeit Kopenhagens erhielt eine
ganz neue Einrichtung: die Stadt erhielt zu gleicher
Zeit einen neuen Polizeimeister, Bornemann, der
binnen kurzer' Zeit eine zuvor nie gekannte Ordnung
und Festigkeit in der Einrichtung des Polizeiwesens
zuwege brachte, und zur Verbesserung der Rechtspflege
wurde statt der bisher bestandenen sechs bis sieben ver-
schiedenen Gerichte das Hof- und Stadtgericht ein-
gerichtet. Die scharfe Eramination mit der Karbatsche,
mit der Peitsche und ähnlichen Mitteln, um dem Ange-
klagten das Geständniß abzupressen, wurde abgeschafft;
für das Wohl des Bauernstandes wurden mehrere kräf-
tige Maaßregeln getroffen, und zur Förderung des
Fabrikfleißes und der Betriebsamkeit erhielten die
mährischen Brüder die Erlaubniß, sich im Reiche nie-
derzulassen, und gründeten im Herzogthum Schleswig
den Gemeinort Christi ansfeld e. — Auch der Versal-
lene Zustand und die veralteten Einrichtungen derKopen-
hagener Universität entgingen Struensee's scharfem Blicke
nicht und wurden ein Gegenstand seiner Thätigkeit.
Von ihm berufen arbeitete der einsichtsvolle und gelehrte
Drontheimische Bischof Gunnerus einen Plan zu ihrer
Umgestaltung aus und reichte zugleich einen Entwurf
zu einer Universität in Norwegen ein. Beide Pläne
wurden aber nach Struensee's Sturz nicht weiter berück-
sichtigt. Mit der Soröer Academie ging die Verände-
rung vor, daß jetzt auch Bürgerlichen, wie cs in Hol-
bergs letztem Willen auch ausgesprochen war, der Zu-
tritt gestattet wurde. Auch wurde, bald nachdem
Struensee die Zügel der Negierung ergriffen hatte, die
Censur aufgehoben und die Preßfreiheit mit Verant-
wortlichkeit der Verfasser und Verleger eingeführt, eine
Maaßregel, die nicht bloß in Dänemark, sondern in dem
ganzen civilisirten Europa eine freudige Ueberraschung
erregte, und welche mit einer belebenden Kraft auf die
Literatur Dänemarks wirkte. Diese und ähnliche Ein-
richtungen wurden großentheils mit Beifall ausgenom-
men; andere Veranstaltungen Struensee's, hauptsächlich
hinsichtlich der Religion und der Sitten, fanden die
entschiedenste Mißbilligung beim Volke, ungeachtet einige
derselben gut und lobenswerth waren. Eine große
Menge von Feiertagen wurde entweder ganz abgeschafft
oder auf den nächsten Sonntag verlegt, Haustaufen
wurden erlaubt und die bisher geltenden Verbote gegen
Heirathen unter Verwandten bedeutend eingeschränkt.
Schauspiele wurden nicht nur an Wochentagen, son-
dern auch an Sonntagen und heiligen Abenden gege-
ben. Daneben wurde eine Menge von Belustigungen
18 *
S-?6
und früher unbekannten Zerstreuungen durch festliche
Aufzüge, Wettrennen, Bälle, Concerte und Maskeraden
eingeführt; der Nofenburgcr Garten wurde dem Volke
geöffnet und am Abend prachtvoll mit Lampen erleuch-
tet und mit Zelten angefüllt, welches zu vielen Unregel-
mäßigkeiten Anlaß gab. Diese und manche andere An-
ordnungen, welche gegen die alte Sitte verstießen, so
wie die Verachtung, welche Struensee gegen die dänische
Sprache zeigte, steigerten bald das Mißvergnügen bei
dem Volke, und die wenige Nachsicht und Schonung
der Verhältnisse, welche Struensee bei seinen Verbesse-
rungen bewies, machten ihm unter dem dänischen Adel,
dem Bauernstände und der Geistlichkeit viele und mäch-
tige Feinde. Bald fanden Tumulte und aufrührerische
Bewegungen Statt. Eine Anzahl norwegischer Matro-
sen, denen der Sold vorenthalten worden war, und
die Zimmerleute auf dem Holm zogen bewaffnet nach
Hirschholnr hinaus, wo der Hof sich aufhielt, und als
später die Leibwache aufgelös't werden sollte, setzte sich
dieses aus lauter Inländern bestehende Corps zu bluti-
ger Gegenwehr und zog nach Friedrichsberg hinaus,
Struensee und seine Anhänger mit Tod und Untergang
bedrohend. Diese Unruhen wurden durch schwache Nach-
giebigkeit für den Augenblick gedämpft. Stmiensee suchte
sich jetzt durch Gewalt zu behaupten; die Wälle um
Kopenhagen wurden mit mehr Kanonen besetzt, das
Christiansburger Schloß ließ er mit starken Wachen um-
geben, und wenn die königlichen Herrschaften ausfuh-
ren, begleiteten große Neitcrschaaren die königlichen
Wagen und der Zug ging in fliegendem Galopp durch
die Straßen der Stadt. Die Muthlosigkeit aber, welche
277
Sirrtensee bei dem Aufstande der Leibwache gezeigt
haben soll, machte seine Feinde noch kühner. An der
Spitze derselben standen die verwittwete Königin»
Juliane Marie und ihr Sohn, der Erbprinz Frie-
drich. Der Lehrer des Erbprinzen, Ove Guldberg
brachte eine Verbindung zwischen Ranzau-Asche-
berg, Otto Thott, Osten, General Eichstädt und
Oberst Koller-Banner zu Stande, Struensee zu
stürzen und sich seiner Person zu bemächtigen. Die
Verschwörung gelang. Struensee und seine bedeutend-
sten Anhänger wurden am 17. Januar 1772 früh Mor-
gens verhaftet, und nach einer Gefangenschaft von eini-
gen Monaten wurden Struensee und Brandt am 28.
April 1772 öffentlich hingerichtet. Die junge, unglück-
liche Königin», Caroline Mathilde, wurde, in Struen-
see's Sturz mit verwickelt, zuerst nach Kronburg, und
hierauf, nachdem ihre Ehe mit dem Könige aufgehoben
war, nach Celle gebracht, wo sie 3 Jahre unter Aus-
übung stiller Wohlthätigkeit gegen die Armen und Kran-
ken dieser Stadt verlebte. Sie starb am 10. Mai 1775
in einem Alter von 24 Jahren, ihre Unschuld noch im
Tode betheuernd. Sie war die Mutter des Kronprinzen
Friedrich und der Kronprinzessin« Louise Auguste.
In den folgenden 12 Jahren (1772—1784) stand
Guldberg an der Spitze der Geschäfte. Er wurde bald
Geheime - Cabinetssecretair, darauf unter dem Namen
Ove Hoegh-Guldberg in den Adelstand erhoben
und endlich Geheime-Staatsminister. Mit ihm hatten
Otto Thott, Schack Rathlau, General Eichstädt
und Graf Schimmelmann als Finanzminister wich-
tigen Antheil an der Negierung, während mehrere andere
878
Männer, deren man sich gegen Struensee bedient hatte,
wie Nanzau-Ascheberg, Osten und Koller-Banner, bald
wieder von den hohen Posten, die ihnen anfangs anver-
traut waren, entfernt wurden. Die meisten Einrichtungen
Struensee's wurden von den neuen Machthabern nach
und nach abgeschafft, die guten größtentheils nicht weniger,
als die schlechten, und die Dinge bald wieder in das
alte Gleis gebracht. Nur die Zahlenlotterie ließ man
unangetastet, weil sie eine neue Quelle der Einnahme
für den Staat geworden war. 1773 wurde Andreas
Peter Bcrnstorf, der Neffe des altern Bernstorf,
nach Dänemark gerufen und zum Minister des Aus-
wärtigen ernannt. Unter ihm wurde die im Jahre 1767
geschlossene Uebereinkunft mit Rußland über Schleswig
und über den Austausch des großfürstlichen Antheils
von Holstein gegen die Grafschaften Oldenburg und
Delmenhorst (1773) bestätigt und vollzogen. Dänemark
gelangte dadurch in den alleinigen Besitz von Holstein
und alle Linien des Hauses Holstein-Kiel entsagten ihren
Ansprüchen auf den früher» gottorfsischen Antheil von
Schleswig. Die Grafschaften Oldenburg und Delmen-
horst, welche zu einem Herzogthume erhoben wurden,
überließ der Großfürst Paul einem Prinzen der jün-
gern Linie des Hauses Holstein-Kiel, Friedrich August.
Sechs Jahre später (1779) starb auch der letzte Herzog
von Glücksburg, Friedrich Heinrich Wilhelm,
ohne Erben, und die Besitzungen dieser Linie, das Amt
Glücksburg und die Nübelharde in Sundewitt, kamen
dadurch an die Krone, so daß jetzt alle durch frühere
Theilungen getrennten Stücke der Herzogthümer wieder
vereinigt waren. —
s?s
Bernstorf nahm indeß 1780 seinen Abschied, nach-
dem er kurz vorher eine Verbindung zwischen Däne-
mark, Rußland und Schweden zum Schutze der neu-
tralen Schifffahrt gegen die Anmaaßungen der englischen
Negierung, die es nicht zugeben wollte, daß „frei Schiff,
frei Gut" mache, zu Stande gebracht hatte. Zur För-
derung des Handels wurde in den Jahren 1777—1783
mit einem Kostenaufwande von 2V2 Millionen Rthlr.
der 5 Meilen lange Kanal zwischen dem Kieler Busen
und der Eider angelegt und dadurch die Ostsee mit der
West- oder Nordsee in Verbindung gesetzt. — Auch die
Universität erhielt manche Verbesserungen, und deu Ge-
lehrtenschulen wurden durch eine Verordnung von 1775
eine bessere Einrichtung gegeben. Dagegen wurde die
unter Struensee so freie Presse beschränkt, und die auf-
blühende Freiheit der Bauern gehindert, weshalb auch
der edle Tyge Rothe, der als Amtmann von Sege-
berg ein eifriger Vertheidiger derselben gewesen war,
1773 verabschiedet wurde. — Im Jahre 1776 erschien
das Jndigenatrecht, welches neben der Souveraini-
tätsacte und dem Königsgesetz ein drittes Grundgesetz
des Staates wurde, und welches alle diejenigen, die
nicht Inländer find oder solchen gleich geachtet werden,
von der Beförderung zu Aemtern ausschließt. — Ob-
gleich der Staatskasse durch den blühenden Handel, den
vermehrten Sundzoll und die alljährlich zunehmende Con-
fumtion große Summen zufloßen, so war die Regierung
unter dem Guldbergischen Ministerium doch in bestän-
diger Geldverlegenheit. Um dieser abzuhelfen, wurde die
unter Christian VI. gestiftete Privatbank in eine könig-
liche verwandelt. Dies hatte aber die nachtheilige Folge,
..V
daß die Regierung jetzt bei jeder Gelegenheit die Bank
benutzte, um neue Zettel anszustellen, ohne im Besitz
eines entsprechenden Werthes in Silber oder anderm
Eigenthum zu sein, wodurch das Geldwesen des Landes
zuletzt gänzlich zerrüttet wurde. Die Negierung gewann
bei diesem Unternehmen mehrere Millionen; dennoch aber
wuchs die Staatsschuld, welche von 1766—1772 auf
16 Millionen herabgebracht war, unter Guldberg aus 29,
und die Zettelschuld stieg von 5 auf 16 Millionen.
^ Friedrich VI.,
zuerst als Kronprinz an der Spitze der Staatsverwaltung von
1784-1808, dann als König von 1808—1639.
Endlich im Jahre 1784 war der Kronprinz Frie-
drich, der nachmalige König Friedrich VI., volljährig
geworden, und sogleich trat eine bedeutende Staatsver-
änderung ein. Das Guldbergische Ministerium wurde
durch Verordnung vom 14. April 1784 gestürzt, der
Staatsrath aufgelöst und ein neuer Staatsrath aus fast
lauter neuen Mitgliedern gebildet. Der Kronprinz trat
an die Spitze der Geschäfte und -wählte zu seinen neuen
Rathgebern Rosenkrands, den General Huth, den
Geheimerath Heinrich Stampe und den vor vier
Jahren verabschiedeten Andreas Peter Bernstorf,
eine Wahl, welche von dem ganzen Volke mit Beifall
ausgenommen wurde. Von den ältern Ministern blieben
nur Schack Rathlau und Otto Thott. Von dieser
Zeit an blieb der Kronprinz an der Spitze der Staats-
rcgierung, bis er 1808 selbst den Thron bestieg, denn
Christian VII., der sich in den ersten Jahren durch
Witz und Hellen Verstand ausgezeichnet hatte, litt später
und bis zu seinem Tode an einer traurigen Geistes-
schwäche, die ihn untüchtig machte, der Negierung vor-
zuftehcn. Deshalb wird die Geschichte von 1784—1839
hier im Zusammenhänge unter der Ueberschrift „Frie-
vä'
ja
f*
ja
ja
SS
<3
Ca -
ü
d 8
G a
<33 g
3
:<3
ja
SS
©
CO
00
¿2 «3
js §
<33
SS
OQ
«3 £
J 03
3 *"*
'2
H ss
£9 SS
G
ja
iS
SS
_ <3
5 gl
£? ä'.®:
<33
ja
SS
K*" 'Q'
SS ^
-> J-
g «
L s
SS ja
e;
©
a -o SS
<S3 f2 -
<>»
i - ^
Z <33 -O
©
2 * iB“
a s !
<3 P
s
SS
ja
« & ,2
IT rl
- N
6
ja
s
SS ii
-H
«.
S >5'
G £
6 S.
o >b Ti
^ >s
^ ^ s
» ^
©
S J» ^
iS*' ja
I §
^ 3
o 8
ja ^
a t-
*3 S ¿§-
'S :<3 s
SS ^ a
t£l
S. J-.E
ja <33 °
ss 5; -
5 ‘C 3
ja ^ £
SS ^ ^
£ S -M
^ <i±
o
© '£ 3
rr Z.L
1 AL
I & 1
o N
2 N
. ^ ss
5 'q
ja ^
>5'
ss ~ss
a SS
a
L
<3
-S<- .., ,
s ^
iS <3
© I
SS
f s
<33 p
SS
L 8
*S" §
£> cos
X W
<33 -
a «
ja p
ss ^
<* SS
<33 a
•“ ja
SS P
IO O
es a
--
^ -<3
Z 8
^ Z
U ^
« ^
SS
L-S
a
■>&' a
<33 -a
3 g
<33
a P
SS SS
<33 Ir
SS "
tso
ss «
a S3
g3 p;
<33
H U
Z
SS ä
-SS 5
N 2 L
zu nehmen. Während dieser Zeit eines segenvollen Frie-
dens geschahen die wichtigsten Verbesserungen im Innern
des Landes und der Handel stieg zu einer zuvor nie
gekannten Höhe. Der ostindisch-chinesische Handel war
sehr lebhaft, und der westindische und nordamerikanische
StzZ
Handel so wie der Frachthandel auf dem Mittelmeere
waren außerordentlich einträglich. Diesen letzter» Handel
sicherte der kühne Steen Bille, als der Del von
Tripolis (1797) sich Beleidigungen gegen die dänischen
Handelsschiffe erlaubte, und brachte nach einem siegreichen
Kampfe mit 3 dänischen Schiffen gegen 7 tripolitanische
den Dci dahin, um Frieden anzuhalten. Auch in An-
fechtungen und Beleidigungen der kriegsführenden Mächte,
besonders des mächtigen und übermüthigen Englands
fehlte es nicht, und es bedurfte der ganzen Staatsklugheit
eines Bernstorfs, um den Frieden mit jenen Reichen zu
erhalten, ohne dabei die Würde des Staats oder das
bisher befolgte politische System aufzuopfern. Bern-
storf starb aber 1797, von dem ganzen Lande betrauert,
welches fühlte, daß sein Verlust unersetzlich sei. — Eng-
land ging indeß in seinen Anmaaßungen immer weiter.
Es hatte früher schon den. Begriff von Contrebande,
wozu man bisher nur die gewöhnlichen Kriegsbedürf-
nisse, als Gewehre, Pulver, Kanonen u. dgl. gerechnet
hatte, auch aus Fleisch, Mehl und Korn ausdehnen wollen,
und als Dänemark nach dem Tode Bernstorfs anfing,
seine Handelsflotten durch Kriegsschiffe begleiten zu lassen,
wollte England dieses Recht der neutralen Staaten nicht
anerkennen, überfiel am 25. Juli 1800 die dänische Fre-
gatte Freia und brachte sie nach England auf. Weitere
Feindseligkeiten hinderte indeß eine Uebereinkunft, welche
Dänemark am 29. August 1800 abschloß, und worin es
sich verpflichtete, seine Kauffahrteischiffe nicht convoyiren
-zu lassen. Kurz darauf gingen Rußland, Schweden und
Preußen eine Verbindung zu einer bewaffneten Neutra-
lität ein, und Dänemark wurde, besonders durch die
Z«3
drohenden Vorstellungen des russischen Kaisers Paul,
vermocht, diesem Bunde beizutreten. DaS englische Mi-
nisterium legte darauf Beschlag auf alle dänischen Schiffe
in den englischen Häfen und nahm die Colonien in Ost-
und Westindien weg. Eine englische Flotte von 51 Schif-
fen, worunter 16 Linienschiffe, langte im März 1801
unter vem Befehle der Admirale Parker und Nelson
im Sunde an, und der schwedische König Gustav IV.
ließ dieselbe ruhig dicht an der schwedischen Küste vor-
beisegeln, wodurch sie die Kanonen Kronburgs vermied.
Als die Flotte Kopenhagen gegenüber gekommen war,
theilte sie sich in 2 Abtheilungcn, von denen die eine
unter Nelson weiter nach Süden segelte, um die süd-
liche dänische Vertheidigungslinie anzugreifen, die andere
unter Parker blieb nordöstlich vor der Batterie „Dreikro- V
nen" liegen. Nelsons Abtheilung bestand aus 12 Linien-
schiffen, 8 Fregatten und einer Anzahl kleinern Schiffe;
den südlichen Theil der dänischen Vertheidigungslinie,
welche allein zum Kampfe kam, bildeten 7 Blockschiffe,
2 Fregatten und 6 kleinere Fahrzeuge. Am grünen
Donnerstage, den 2. April 1801, Vormittags 10 Uhr,
begann der blutige Kampf, der 4 Stunden lang mit ,
äußerster Hartnäckigkeit fortgesetzt wurde. Die dänischen
Seeleute kämpften mit dem von den Vätern ererbten
Heldenmuthe und behaupteten unter der Anführung von
Olsert Fischer ihren alten Ruhm zur See gegen den
sieggewohnten Nelson und seine überlegene Macht. Als
die Schlacht 3 Stunden lang gedauert hatte, begann
Admiral Parker an einem glücklichen Ausgange zu ver-
zweifeln und gab Nelson das Signal, sich zurückzuziehen;
doch dieser achtete nicht darauf und setzte den Kampf
T8 S- _
noch eine Stunde lang fort?^. Mittlerweile war die
südliche dänische Verteidigungslinie größtentheils ver-
nichtet, die nördliche hatte nicht im Geringsten gelitten,
und die meisten Schiffe in der englischen Flotte waren
in einem kläglichen Zustande. Mehrere hatten Segel
und Stengen verloren, und die Masten waren so zer-
schossen, daß sie jeden Augenblick über Bord zu stürzen
drohten; andere waren in dem dem Feinde unbekannten
Fahrwasser auf den Grund gerathen. Unter diesen Um-
ständen sandte Nelson ein Parlamentair ans Land, und
ließ Vorschläge zu Unterhandlungen machen, worauf die
Feindseligkeiten vorläufig eingestellt wurden. So endete
diese blutige und für Dänemark so ehrenvolle Sehlacht.
Nelson selbst gestand, daß unter den 105 blutigen Treffen,
an welchen er Theil genommen hatte, die Schlacht auf
der Kopenhagener Rhede die blutigste und hartnäckigste
gewesen sei. Der Verlust der Danen an Todten und
Verwundeten betrug 1020, die Engländer selbst geben
den ihrigen nur auf 953 an, obgleich es anzunehmen
ist, daß derselbe viel größer gewesen sein müsse, da sie,
nach ihrer eigenen Angabe, auf einem Schiffe allein
210 Mann verloren. Unter den dänischen Seehelden,
die sich an diesem Tage einen unvergeßlichen Ruhm ge-
wannen, steht der Name Olfert Fischers, der erst auf
dem Schiffe Dannebrog, später, als dieses in Brand
gerieth, am Bord des Schiffes Holstein, und zuletzt von
der Batterie „Dreikronen" aus das ganze Gefecht leitete,
oben an. Nach ihm nennt man den kühnen Lassen,
Braun, Lemming, den jungen Villemoes u. v. a.
Auf die fortgesetzten Unterhandlungen folgte ein Waffen-
stillstand von 14 Wochen. Dänemark entsagte während
SS5
dessen der Theilnahme an der bewaffneten Neutralität,
und da auch Alexander I. von Rußland, der Sohn und
Nachfolger Paul I., der schon am 23. März 1801 er-
mordet worden war, die bewaffnete Neutralität aufgab
und Frieden mit England machte, kam auch bald darauf
der Friede zwischen England und Dänemark zu Stande. —
Der Handel erholte sich bald wieder von den Verlusten,
welche der Krieg mit England verursacht hatte. Der
vst- und westindische Handel blühte wie zuvor, von Nord-
amerika her wurden in einzelnen Jahren an Maaren
für 8 Millionen Rthlr. nach Dänemark gebracht, und
während die Engländer durch den Krieg in ihrem Handel
nicht wenig beschränkt waren, versorgte das neutrale
Dänemark einen großen Theil von Europa mit Colo-
nialwaaren. Die Fahrt durch den Sund und den schles-
wig-holsteinischen Kanal war in diesen Jahren außer-
ordentlich lebhaft; jene stieg jährlich bis über 12,000,
diese bis gegen 3000 Schiffe. Indessen machten die
fortwährenden Kriegsunruhen cs nothwendig, ein ge-
rüstetes Heer in Holstein zu halten und das Land hatte
große Lasten zu tragen. Im Jahre 1801 wurde in
Dänemark und den Herzogthümern eine Landwehr ein-
gerichtet. Von den Linientruppcn lag seit 1803 der
größte Theil in Holstein, über welche der Kronprinz den
Oberbefehl führte, der daher anch seit 1805 in Kiel
residirte. Als im Jahre 1806 das deutsche Reich auf-
gelöst wurde, erklärte der König durch ein Patent vom
9. September 1806, daß das Herzogthum Holstein,
die Herrschaft Pinneberg, die Grafschaft Ranzau und
die Stadt Altona unter der gemeinsamen Benennung
„Herzogthum Holstein" mit dem dänischen Staate
•2§©
Verbunden fein und in jeder Beziehung als ein ungetrennter
Theil desselben betrachtet werden sollte.
Allein der glückliche Zustands in welchem Dänemark
mit kurzen Unterbrechungen seit 1720 sich befunden hatte,
hörte im Jahre 1807 aus, und unser Vaterland wurde
zuletzt gewaltsam in den großen Kampf, welcher ganz
Europa erschütterte, hineingezogen. Es war Napoleons
Absicht, alle Häfen des Festlandes den Engländern zu
verschließen, und um das zu erreichen, soll er in einigen
geheimen Artikeln des Tilsiter Friedens (9. Juli 1807)
mit dem Kaiser Alexander von Rußland darüber einig
geworden sein, die übrigen Staaten zur Annahme jenes
Systems zu zwingen, wodurch denn auch Dänemark seine
Neutralität hätte aufgeben müssen. Ohne daß indessen
irgend eine Aufforderung in dieser Hinsicht von russischer
oder französischer Seite an Dänemark ergangen war
und ohne vorhergegangene Kriegserklärung begann Eng-
land die Feindseligkeiten gegen Dänemark. Eine Flotte
von 54 Kriegsschiffen, worunter 23 Linienschiffe, nebst
500 Transportschiffen, erschien unter Anführung des
Admirals Gambier im Sunde. Dieser verlangte nichts
weniger als die Auslieferung der dänischen Flotte, weil
England davon unterrichtet sein wollte, daß diese-an
Frankreich überlassen werden sollte, und drohete im Ver-
weigerungsfalle Gewalt zu gebrauchen. Als nun auf
dies beleidigende Verlangen eine abschlägige Antwort er-
folgte, landeten die englischen Truppen, 30,000 Mann
stark und unter Anführung des Generals Cathcart,
ohne irgend einen Widerstand zu finden, am 10. August
1807 bei Vedbek, einige Meilen von der Hauptstadt.
Ein Theil der Landwehr unter Castenskjold und
\
S8S
Orholm versuchte zwar bei Kjöge einigen Widerstand zu
leisten, ward aber mit leichter Mühe zerstreut. Die
Hauptstadt ward darauf vom 18. August an belagert,
und mußte vom 2—5. September ein dreitägiges Bom-
bardement ausftehen, wodurch 300 Privathäuser und
eine große Menge öffentlicher Gebäude in Asche gelegt
und viele Hunderte von Menschen getödtet oder ver-
wundet wurden. Alle Hoffnung auf Entsatz war ver-
schwunden, da englische Kriegsschiffe im kleinen Belt
kreuzten, um das dänische Heer, welches sich nebst dem
Kronprinzen in Holstein befand, daran zu hindern, den
Belagerten die so sehnsuchtsvoll erwartete Hülfe zu
bringen. Auch der König war gleich bei dem Anfänge
der Feindseligkeiten von Kopenhagen nach Rendsburg
gebracht worden. Unter diesen Umständen sah sich der
Oberbefehlshaber, der alte General Pepmann, ge-
nöthigt, mit Wellington, der auf diesem Zuge dem
General Cathcart beigeordnet war, eine Capitulation
abzuschließen, wodurch den Engländern die Flotte über-
geben, und bis diese segelfertig gemacht wurde, die Ci-
tadelle Fredrikshavn (Friedrichshafcn) von englischen
Truppen besetzt ward. Eine nach Kopenhagen bestimmte
Botschaft des Kronprinzen mit dein Befehle, im Noth-
salle lieber die Flotte zu verbrennen, als sie den Feinden
zu übergeben, war unglücklicherweise von den Engländern
aufgefangen worden. 18 Linienschiffe, 15 Fregatten, 6
Briggs und 25 Kanonenböte nebst dem großen Vorrath
von Kriegsbedürfnissen aller Art, welche die Arsenale
der Flotte enthielten, waren der reiche Raub, den die
Feinde wegführten, und was man nicht mit sich führen
konnte, wurde zerstört.
y
288
Nach diesem Gewaltstreichc, der nicht allem in Däne-
mark, sondern auch bei den übrigen europäischen Na-
tionen gerechten Unwillen erweckte, ja selbst im englischen
Parlamente scharfen und bitten: Tadel fand, scheute das
englische Ministerium sich nicht, Dänemark die Wahl
zwischen dem Bunde mit England und der Beibehaltung
der früheren Neutralität oder dem Kriege anzubieten,
und drohte im letzter» Falle damit, die Trennung Nor-
wegens von Dänemark und die Uebcrgabe desselben an
Schweden zu bewirken. Die Wahl konnte für einen
hochherzigen Fürsten und ein edles Volk nicht zweifel-
haft sein: der Kronprinz wählte den Krieg und schloß
ein enges Bündniß mit Frankreich. Jetzt erst, nachdem
die Hauptstadt verwüstet, die Flotte geraubt und viele
hunderte Handelsschiffe aufgebracht waren, erklärte Eng-
land am 4. November 1807 Dänemark den Krieg. Im
folgenden Jahre erhielt Dänemark einen neuen Feind
an Schweden, da dessen König, Gustav IV., sich wei-
gerte eine befriedigende Erklärung wegen seiner Ver-
bindung mit England zu geben. Dänemark zog daher
einen offenbaren Feind einem heimlichen vor, und erklärte
am 29. Februar 1808 Schweden den Krieg. Der rus-
sische Kaiser Alexander, der sich besonders stark gegen
den Naubzug Englands nach Dänemark ausgesprochen
hatte, handelte wenige Jahre nachher ganz anders und
schloß einen Vereinbarung mit England und Schweden,
um Dänemark Norwegens zu berauben.
Christian VII. starb zu Rendsburg den 13. März
1808, und hinterließ seinem Sohne Friedrich VI.
(1808—1839) das Reich in der bedenklichsten Lage.
Der Staat war in einen zwiefachen Krieg verwickelt,
28S
seiner stärksten Wehr, der Flotte, beraubt, das Geld^
wesen war zerrüttet, die innere Thätigkeit gelähmt, der
Handel vernichtet, 000 Kanffahrtheischiffe, 18 Millionen
Rthlr. an Werth, waren, noch ehe der Krieg erklärt
wurde, nach England aufgebracht, und beinahe eben so
viele wurden im Laufe des Krieges genommen.
Um Dänemark gegen Schweden zu unterstützen, er-
schien ein französisches Hülfsheer, größtentheilö aus den
von dem Marquis 66 Ia Romana befehligten Spa-
niern unter der Anführung Bernadottes, Prinzen
von Pontocorvo. Die Spanier aber empörten sich gegen
- die französischen Officiere, und es glückte den meisten
von ihnen, sich auf die englische Flotte, welche im großen
Belt kreuzte, zu flüchten. Der Rest des Heeres ging
im folgenden Jahre (1809) wieder nach Deutschland,
um an dem östreichischcu Kriege Theil zu nehmen, und
Dänemark setzte nun allein den Krieg gegen Schweden
fort. Dieser wurde besonders mit vielem Glück von
den norwegischen Grenzen aus, unter Anführung des ein-
sichtsvollen und leutseligen Prinzen Christian August
von Augustenburg, geführt, und als nun Gustav IV.
in Schweden abgesetzt wurde, schloß sein Nachfolger
und Oheim, Karl XIII. den Frieden zu Jönköping
(1809) mit Dänemark, welcher die Streitigkeiten ohne
irgend eine Abtretung von beiden Seiten beendigte, und
zu Frederikshanan mit Rußland, wodurch Finnland
verloren ging. Die Schweden wählten hierauf den
Prinzen Christian August zum Thronfolger, der aber,
kaum in Schweden angekommen, am 28sten Mai 1810
plötzlich starb, und die Hoffnungen, welche sich auch für
Dänemark an seine Person knüpften, sanken mit ihm
19
/
890
ins Grad. Nach ihm wurde der französische Marschall
Bernadotte zum Thronfolger in Schweden erwählt;
doch dauerte das Verhältniß Dänemarks mit Schweden
friedlich, wenn auch nicht freundschaftlich fort.
Gegen England wurde indeß der Krieg mit großer
Anstrengung fortgesetzt, aber der Verlust der Flotte
lähmte die Kraft Dänemarks gegen diesen mächtigen
Feind. Auch die wenigen Kriegsschiffe, welche 1807 von
Kopenhagen abwesend gewesen waren, wurden nach und
nach von den Engländern überwältigt und vernichtet.
So das von dem tapfern Jessen geführte Linienschiff
„Prinz Christian" und späterhin die Fregatte
„Najaden" unter Capitain Holm. Indessen zeigte
sich nie schöner, als in diesen Tagen der Noch die
Vaterlandsliebe des Volks, und man wetteiferte, sich,
in edelmüthigen Aufopferungen von Geld und Gut zu
übertreffen. In kurzer Zeit war eine bedeutende Ruder-
flottille erbaut, der Much der dänischen Seeleute ersetzte
die Geringfügigkeit der Mittel, und der übermüthige
Feind mußte im Laufe des Krieges manchen empfind-
lichen Verlust erleiden. Der Handel der Engländer in
den nördlichen Gewässern wurde beständig von kühnen
Kapern beunruhigt; doch konnte es nicht verhindert wer-
den, daß die Engländer sich auf der Insel Anholt im
Kattegatt festsetzten, wodurch der Binnenhandel außer-
ordentlich litt. So war der Stand der Dinge, als
der Kaiser Alexander von Rußland bei der persönlichen
Zusammenkunft mit dem schwedischen Thronfolger (26.
August 1812) versprach, Dänemark zur Abtretung
Norwegens an Schweden zu zwingen. Dies sollte
Ersatz für das verlorne Finnland und zugleich eine
291
Belohnung für die von Schweden dem Kaiser zuge-
sagte Hülse sein,
Man machte'nun (1813) Dänemark den Vorschlag,
seine Waffen gegen Frankreich zu richten und Norwegen
an Schweden abzutreten. Eine so ungerechte Forderung
ließ Dänemark keine Wahl, zum zweiten Mal wurde es
genöthigt, sich dem französischen Kaiser in die Arme
zu werfen und dadurch an dem Kampfe gegen das ganze
Europa Theil zu nehmen. Napoleons Glücksstern war
indeß in Rußland untergegangen, und nachdem er in
der Schlacht bei Leipzig (18ten October 1813) besiegt
worden war, drang ein vereinigtes Heer von Russen,
Deutschen und Schweden, unter Anführung des Prinzen
von Pontocorvo in Holstein ein. Einer so ungeheuren
Masse krieggewohnter Truppen konnte das weit geringere
dänische Heer nicht wiederstehen; doch kämpfte cs mit
Tapferkeit und zog sich unter beständigen Gefechten,
worunter besonders das Treffen bei Bornhövd (7ten
Dec. 1813) hitzig und blutig war, gegen die Eider
hinauf. Während dessen war es einer aus Kosakken be-
stehenden Abthcilung des feindlichen Heeres gelungen, nach
dem Westen Holsteins vorzuvringen und bei Friedrichs-
stadt über die Eider zu gehen, worauf sie sich im Her-
zogthum Schleswig verbreiteten und bis Jütland hinauf-
streiften. Es war der Hauptplan des Feindes, das
dänische Heer von der Festung Rendsburg, welche den
Rückzug decken sollte, abzuschneiden, und dem General
Wallmoden gelang es auch, zwischen dieser Festung
und den dänischen Truppen, welche von dem Prinzen
Friedrich von Hessen angeführt wurden, vorzudrin-
gen. Um nach Rendsburg zu gelangen, mußten die
19 *
293
Dänen sich durch das feindliche Heer durchschlagen, das
an der nördlichen Seite der Eideg^bei Sehe sied auf-
gestellt war. Hier kam es daher am lOten December
1813 zu einem blutigen Treffen, welches von 7 Uhr
Morgens bis Nachmittags 4 Uhr dauerte. Der Feind
wurde zuletzt durch einen kühnen Angriff der fühnschen
Dragoner über die Eider zurückgeworfcn, und Sehested
mit Sturm eingenommen, worauf das dänische Heer
seinen Marsch nach Rendsburg ungestört fortsetzte. Mit
dieser schönen Waffenthat endete der Krieg, denn das
geschwächte Dänemark war nicht länger im Stande, den
ungleichen Kampf fortzusetzen. In dem Frieden zu Kiel
(14ten Januar 1814) mußte Dänemark Norwegen ab-
treten und dar Band zerrissen sehen, welches viele Jahr-
hunderte hindurch diese Reiche verknüpfte. Die Nor-
männer versuchten zwar eine Zeitlang unter dem däni-
schen Thronerben Christian Friedrich sich der er-
zwungenen Vereinigung mit Schweden zu widersetzen
und ihre Unabhängigkeit zu behaupten; allein sie muß-
ten der Uebermacht nachgcben und wurden mit Schweden,
jedoch als ein selbstständiges Volk (4. Nov. 1814) ver-
einigt. Als Entschädigung für Norwegen erhieltDäne-
markSchwedisch-Pommern, das später an Preußen
gegen Lauenburg und eine Summe Geldes abgetreten
ward. Auch mit den übrigen Mächten schloß Däne-
mark noch in demselben Jahre Frieden, wobei England
die Insel Helgoland erhielt. Als auf dem Congresse
zu Wien (8 Juni 1815) der deutsche Bund errichtet
worden war, wurde auch Holstein in denselben ausge-
nommen. Seit der Zeit hat Dänemark sich eines
nugestörten Friedens erfreut. —
898
Der Zustand des Landes nach Beendigung des
Krieges war nur traurig, und daß der Staat unter
den vielen Unglücksfällen, die nach einander über den-
selben hereinbrachen, nicht erlag, muß großentheils den
wichtigen Verbesserungen im Innern zugeschrieben werden,
die in den Friedensjahren erfolgt waren.
Die nächsten Bestrebungen des Kronprinzen, als
er 1784 an die Spitze der Staatsverwaltung getreten
war, gingen dahin, dem Ackerbau aufzuhelfen
und die Lage des unterdrückten Bauernstandes
zu verbessern; denn der Druck des HeimathszwangeS
und die Willkür der Gutsherren.in der Aushebung
zum Kriegsdienste und der Verpachtung der Ackerhöfe
lastete schwer auf die Bauern. Eben so schädlich waren
der unbestimmte Hofdienst, die Gemeinweiden, die Ent-
richtung des Zehnten in Garben und die in Beziehung
auf den Kornhandel geltenden Gesetze. Bei dem Be-
streben des Kronprinzen zu Verbesserungen im Land-
wesen, mit denen auf den königlichen Gütern in den
Aemtern Kronburg und Frederiksborg der Anfang ge-
macht wurde, und wo bald eine Menge Familien das
Wohlthätige der Freiheit und des Eigenthums em-
pfanden, wurde er von den edlen Männern Christian
Ditlev Friedrich Neventlov, Andreas Peter
Bernstorff und Christian Colbjörnsen aufs
Kräftigste unterstützt. Es wurde am Lösten Juni 1786
eine Commission niedergesetzt, um die Mittel in Er-
wägung zu ziehen, öurch welche die Lage des Bauern-
standes verbessert werden könnte. Die Seele dieser
Commission wurden Neventlov und Colbjörnsen, und
es erschienen bald mehrere Verordnungen, durch welche
SS4
die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Pachters und
des Gutsherrn genau und ausführlich bestimmt wurden
(8. Juni 1787), die Kornausfuhr nnd die Auffütterung
von Mastochsen, so wie der Handel mit Weideochsen
frei gegeben (6. und 11. Juni 1788) und die Auf-
hebung des Heimathszwanges bestimmt ward. — Durch
diese letzte Verordnung, welche für unwiderruflich und
unabänderlich erklärt wurde, erhielt der Bauernstand
persönliche Freiheit und als eine Folge davon hörte
auch die Verpflichtung der Gutsherren, Mannschaft für
das Heer zu stellen, auf, so daß der Kriegsdienst von
jetzt an eine unmittelbare, persönliche Last wurde, die
auf der ganzen Landbevölkerung ruhte. Zur Vermehrung
des freien Eigenthums unter den Bauern wurden
ebenfalls mehrere zweckmäßige Gesetze gegeben; den Guts-
besitzern wurde erlaubt, einzelne Höfe vom Haupthofe
abzulegen, ohne deshalb die Steuerfreiheit 'zu verlieren,
ja selbst die zum Haupthofe gehörenden Ländereien
unter gleichen Bedingungen zu parceliren, und es wurde
im Jahre 1786 eine Creditkasse errichtet, welche bis
1804 mehr als 3 Millionen Rthlr. unter sehr billigen
Bedingungen an Bauern und Gutsbesitzer auslieh, und
dadurch eben so sehr die Verbreitung des freien Eigen-
thums als die Abänderung des Hofdienstes und des
Zehnten, die Auftheilung der Ländereien und die übrigen
Verbesserungen im Landwesen beförderte. — Der un-
bestimmte drückende Hofdienst wurde durch gütliche Ueber-
einkunft zwischen den Bauern und Gutsbesitzern oder
durch Erkenntnisse königlicher Commissarien in eine be-
stimmte Leistung von Arbeiten abgeändert, auch an
manchen Orten in eine jährliche Geldabgabe verwan-
895
delt. Eben so suchte die Regierung durch eine Auf-
forderung vom 18. März 1796, statt der Entrichtung
des Zehnten in Garben eine bestimmte jährliche Abgabe
an Geld oder Korn einzuführen, und als diese Maaß-
regel später durch die ausgebrochenen Kriegsunruhen
einigen Aufschub litt, ward durch eine Verordnung vom
8ten Januar 1810 den Zehntengebern überall das Recht
ertheilt, den Naturalzehnten durch eine Abgabe an Korn
oder Geld abzulösen.
In den Herzogthümern, namentlich in dem östlichen
Theile, wo der Gutsbauer in Leibeigenschaft lebte, die
sich sowohl auf Frauen als Männer erstreckte, und die
noch ärger als der Heimathszwang war, wurde es
ebenfalls durch Bernstorfs eifrige Bemühungen (1797)
dahin gebracht, daß man die Aufhebung der Leibeigen-
schaft beschloß, welcher Beschluß endlich im Jahre 1804
zur Ausführung kam. Alle bisherigen Leibeigenen er-
hielten freie Verfügung über ihre Person und ihr Ver-
mögen; dagegen blieb das Eigenthum an den Bauern-
stellen dem Gutsherrn, der dieselben aber in ihrer frühem
Eigenschaft als Pachtgütern erhalten mußte und sie
daher nicht nach Willkür niederlegcn oder zu seinem
Hoffelde schlagen durfte. H»
Die Gutsherren waren indeß mit diesen Bestrebun-
gen der Negierung nicht recht zufrieden. Es erschienen
mehrere Streitschriften ihrer Parthei, die aber nichts
fruchteten, und eben so wenig vermochte eine von 102
jütländischen Gutsbesitzern Unterzeichnete und dem Kron-
prinzen (1790) überreichte Adresse, worin sie die Wider-
rufung der geschehenen Veränderungen verlangten, den
festen Willen des Kronprinzen umzustimmen. Bei dem
SVS
ganzen übrigen Theile des Volks herrschte nur ein
Gefühl dankbarer Anerkennung des weisen und gerechten
Verfahrens der Negierung, und diese Stimmung legte
sich auch in der Errichtung der Freihe itssäule vor
Kopenhagen, zu welcher der Kronprinz selbst am 31.
Juli 1792 den Grundstein legte, an den Tag.
Der Adel, welcher durch die eingeführte Verbesse-
rung in der Lage des Bauernstandes einen Theil der
aus dem Mittelalter herstammenden Rechte verloren
hatte, mußte sich bald auch andere Beschränkungen ge-
fallen lassen. Das Recht dieses Standes, die Prediger-
siellen und Richterämter zu besetzen, welches Jahrhun-
derte hindurch zu großen Mißbräuchen und vielen Be-
schwerden Veranlassung gegeben hatte, wurde in ein
beschränktes Präsentations recht verwandelt (1809).
Auch das Strandrecht, so wie die Steuerfreiheit des
Adels erlitten (1815 und 1818) ähnliche Beschränkun-
gen, während schon durch eine Verordnung vom 13ten
December 1793 es den Gutsbesitzern auferlegt worden
war, an den Ausgaben zur Anlegung neuer Hauptland-
straßen, Schleusen, Brücken und zur Ausbesserung der-
selben Theil zu nehmen.
Auch den Juden, welche in Dänemark gleiches
Schicksal, wie im übrigen Europa, hatten, indem sie,
die doch alle bürgerliche Lasten tragen mußten, bisher
fast ohne bürgerliche Rechte gewesen waren, ließ die
Negierung Gerechtigkeit widerfahren. Schon 1788 wurde
den Juden die Aufnahme in die Zünfte bewilligt und
am 29sten Marz 1814 erhielten sie durch ein Gesetz
gleiche Rechte mit den übrigen Staatsbürgern, und es
.wurden, zu, gleicher Zeit zweckmäßige Bestimmungen für
SK7
die Erziehung und den Unterricht der jüdischen Jugend
festgesetzt.
Eine Frucht desselben menschenfreundlichen und hu-
manen Geistes, in welchem die Regierung wirkte und
sich durch den Widerspruch des Eigennutzes und der
Gewohnheit nicht irre machen ließ, war die Verordnung
vom 16ten März 1792, wodurch die Sclaveneinfuhr
nach den dänisch-westindischen Inseln und der zu die-
sem Zwecke geführte Sclavenhandel vom Jahre 1803
an abgeschafft und mehrere Bestimmungen zum Wohle
der Neger getroffen wurden. Dänemark war der erste
Staat, welcher der Welt dieses Beispiel von Menschen-
liebe gab, England der erste, welcher demselben folgte,
und letzteres Land hat selbst die Sclaverei der Neger
aufgehoben, worin es aber noch von keinem andern
Staate nachgeahmt worden ist.-
Die Rechtspflege erhielt in diesem Zeiträume manche
Verbesserungen. In Dänemark wurden durch Verord-
nung vom lOtcn Juli, 1795 zur Vermeidung unnöthi-
ger und kostspieliger Prozesse Vergleichungscom-
missionen eingeführt, und 1796 erschien ein von
Christian Colbjörnsen entworfenes vortreffliches Gesetz
über die Verbesserung der Rechtspflege, durch
welches eine gerechte und schnelle Rechtspflege gefördert
wurde. An die Stelle der altern Landsthinge in jeder
Provinz wurden (1805) zwei Landes-Qbergerichte un-
geordnet, von denen das eine für Jütland seinen Sitz
in Wiburg erhielt, das andere für die Inseln mit dem
Hof- und Stadtgericht in Kopenhagen vereinigt ward. —
Nach Vereinigung des großfürstlichen Antheils von Hol-
stein wurde die dort gebräuchliche Tortur abgeschafft.
899
In den Herzogtümern ward in Folge der Aufhebung
der Leibeigenschaft die Gerichtsbarkeit der adligen Güter
genauer bestimmt und vor Mißbräuchen gesichert, und
dem Gutsherrn wurde es zur Pflicht gemacht, einen
gesetzkundigen Justitiarius unter königlicher Bestätigung
für seine Güter zu bestellen. Die Trennung der Justiz
von der Administration, welche früher in den Oberge-
richten der Herzogtümer Schleswig und Holstein ver-
einigt gewesen war und zu manchen Klagen Veranlas-
sung gegeben hatte, wurde 1834 verfügt. Es entstan-
den das Oberappellations-Gericht zu Kiel für
die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg
und eine schleswig-holsteinische Negierung zu
Schleswig, welche am Isten October 1834 in Wirk-
samkeit traten.
Das Heer bestand im vorigen Jahrhunderte theils
aus deutschen Geworbenen, auf deren Treue man nur
wenig bauen konnte, theils aus Landsoldaten, welche
von den Gutsbesitzern nach Willkür ausgehoben wurden.
Das Guldbergische Ministerium führte zwar die dänische
Sprache bei dem Commando und bei der militairischen
Rechtspflege ein, ließ aber die übrigen Mängel unver-
ändert bestehen. Nachdem aber mit dem Heimathzwange
der Einfluß der Gutsbesitzer auf die Aushebung gefal-
len war, nahm eine Grundverbcsserung in der Einrich-
tung des Heeres ihren Anfang. Die Aushebung geschah
jetzt im Verhältniß zur Volkszahl jedes Districts, die
Dienstzeit ward auf 8 Jahre herabgesetzt, und von die-
sen wurden in Friedenszeiten nur 2—3 Jahre Garni-
sonsdienst verlangt; die Werbung wurde gänzlich abge-
schafft und die Verteidigung des Landes Inländern
899
anvertraut. Durch Verbesserungen in den militairischen
Unterrichtsanstalten, durch die Errichtung einer Artil-
lerieschule, um welche sich General Huth große Ver-
dienste erwarb, und durch die in den letzten Jahren ge-
stiftete militairische Hochschule ist dafür gesorgt,
den Officieren die Kenntnisse und die allgemeine Bil-
dung, welche ihnen früher fehlten, beizubringen.
In Anerkennung der Wahrheit, daß Freiheit ohne
Aufklärung ein Widerspruch ist, sorgte die Negierung
für die Bildung des freigewordenen Bauernstandes.
Mehrere Schullehrerseminarien zur Bildung tüchtiger
Lehrer wurden errichtet; in Dänemark zu Jonstrup
in Seeland, Skaarup in Fühnen, Snedsted und
Lpngbpe in Jütland, und in den Herzogthümern zu
Kiel und Tondern. Letzteres verdankte demConsisto-
rialrath Petersen seine Entstehung, der dazu das Gut
Görrismark schenkte. Es stand zuerst mit der Bür-
gerschule in Verbindung, ist aber in der neuesten Zeit
davon getrennt worden und hat eine neue und voll-
ständigere Einrichtung erhalten. Das Seminar zu Kiel
wurde durch Schenkung der schleswig-holsteinischen Rit-
terschaft und königliche Unterstützung gestiftet, ging aber
später ganz ein, und Holstein örhielt im Jahre 1839
. ein neues Seminar zu Segeberg. Eine große Menge
neuer Schulgebäude wurde überall im Lande aufgeführt
und diese erhielten eine bequemere und freundlichere
Einrichtung. Die Schullehrer erhielten überall freie
Wohnung, und durch die Vereinigung der Küsterbedie-
nungen mit den Schulstellen, durch Verleihung von
Ländereien und Beilegung anderer Einkünfte wurde ihre
Lage bedeutend verbessert, wenn auch nicht allen Män-
\
300
geln in dieser Hinsicht abgeholfen ist. Im Jahre 1806
erschien eine vorläufige Schulordnung für das Land,
welche, nachdem sie durch mehrjährige Erfahrung erprobt
worden, mit einzelnen Veränderungen und Verbesserun-
gen die jetzt geltende allgemeine Schulordnung vom
29sten Juli -1814 geworden ist. Ebenso wurde für die
Bürgerschulen in den Städten gesorgt. Neben der Ne-
gierung wirkten mehrere edelgesinnte Privatleute, wie
die Brüder Christian und Ludwig Reventlov,
eifrig für die Volksaufklärung. Es entstanden hin und
wieder in den Städten Sonntagsschulen, und als in
der spätern Zeit sich das Bedürfniß nach hohem Bil-
dungsanstalten für Solche zeigte, welche, ohne zum
Studiren bestimmt zu sein, doch nach einer wissenschaft-
lichen Bildung streben, wurde vor einigen Jahren die
polytcchnische Lehranstalt in Kopenhagen errichtet,
welche schon viel zur Verbreitung naturwissenschaftlicher
Kenntnisse und deren Anwendung auf das Leben ge-
wirkt hat.
Auch die Gelehrtenschulen und die Universität in
Kopenhagen erhielten in diesem Zeiträume wichtige Ver-
besserungen, vorzüglich auch durch die Bestrebungen des
einsichtsvollen und für die Sache eifrigen Herzogs
Christian Friedrich von Augustenburg. Es er-
schien 1797 eine vorläufige und am 7ten November 1809
die jetzt geltende Verordnung für die Gelehrtenschulen,
wodurch verschiedene aus dem Mittelalter stammende
Gebräuche und Mißbräuche abgeschafft, eine bessere Lehr-
methode und bessere Lehrbücher eingeführt und die Leh-
rer derselben besser besoldet wurden. Die Universität
erhielt 1788 neue Statuten, die Zahl der Lehrer wurde
I
30t
durch Anstellung außerordentlicher Professoren vermehrt,
und als Folge hievon wurden mehrere Wissenschaften
in den academischen Vortrag ausgenommen. In Nor-
wegen wurde 1811 die Friedrichsuniversität zu Chri-
stiania gestiftet, und die Acadcmie zu Soröe, deren
Gebäude 1813 abbrannten, gelangte 1822 zu neuer
Wirksamkeit.
Fast alle Wissenschaften wurden in diesem Zeitraum
mit Fleiß und Erfolg betrieben, und in mehreren der-
selben hat unser Vaterland ausgezeichnete Männer auf-
zuweisen. Die Geschichte bearbeiteten nach Langebeck,
Schöning und Suhm-Carstens, John Eritsen,
Thorlacius, Thorkelin, Abraham Kall, Nyerup,
Munter und P eter Erasmus Müller; in der Theo-
logie zeichneten sich, außer den beiden Letztgenannten,
auch Bastholm und Balle aus; das Nechtsstudium
förderten nächst Kofod Anchcr auch Kongslev,
Dons Jacob Eduard Colbjörnsen und F. W.
Schlegel; als treffliche Aerzte verdienen Tode Cal-
lisen, M. Sartorph, F. L. Bang, Winslöv,
Herholdt und Schumacher genannt zu werden; in
den verschiedenen Zweigen der Naturwissenschaften glänz-
ten Vahl, O. F. Müller, Nottböll und die beiden
Fabricius; Tctens, Geuß und Degen sind als
Mathematiker und Paul Lövenörn durch seine Karten
von den nordischen Gewässern bekannt. Der Thierarzt
Peter Christian Ab ildgaard erlangte einen berühm-
ten Namen in seiner Wissenschaft und stiftete (.1773)
die Thierarzneischule auf Christianshafen, in deren Lei-
tung er an Erik Viborg einen würdigen Nachfolger
- erhielt. In den Künsten nehmen Panlsen, Juul,
303
Nicolai Abildgaard und Wiedewelt einen hohen
Rang ein; Harsdorf zeichnete sich als Baumeister und
Clemens als Kupferstecher aus. Die schöne Litteratnr
gewann durch viele ausgezeichnete Dichter, durch welche
die dänische Sprache gereinigt und ausgebildet wurde
und an Reichthum, Biegsamkeit und Bestimmtheit zu-
nahm. Zu diesen Dichtern gehörten unter andern Tu llin,
John Nordahl, Bruun, die Brüder Claus und
PeterHarboeFrimann, Storm, PeterMagnus
Trojel, Pram, Zetlitz und Rein. An Tiefe und
Innigkeit über sie hervorragend stand der edle aber
unglückliche Johannes Ewald, der Vorgänger des
ausgezeichneten Oehlenschlägers, der mit seinem
mächtigen Dichtergeiste der dänischen Dichtkunst neue
Gestalt und Richtung gab. Auch verdienen der witzige
Wessel, der Kritiker Knud Lyne Rahbek, der Volks-
dichter Th. Thaarup und der phantasiereiche Jens
Imanuel Baggesen ehrenvolle Anerkennung. Auch
in den Herzogthümern nahm man an dem Aufschwünge
der Litteratur und Wissenschaft in Dänemark und be-
sonders in Deutschland Theil, und die Namen Clau-
dius, Voß, Stolberg, Cramer, Niebuhr u. a.m.
werden in der deutschen Literaturgeschichte stets rühm-
lich genannt werden. — Was die Väter so in Kunst
und Wissenschaft gewirkt haben, wird von dem gegen-
wärtigen Geschlecht gepflegt und fortgeführt, und viele
, ausgezeichnete Männer sichern unserm Vaterlande unter
den wissenschaftlichen und gebildeten Nationen einen
ehrenvollen Platz. :—
Die Fessel, welche unter dem guldbergischen Mini-
sterium die Preßfreiheit beschränkt hatte, wurde bei
303
dem Sturze dieses Ministeriums aufgehoben. So blieb
es eine Zeitlang und so langeAndreas PeterBern-
storf, der warme und unermüdliche Fürsprecher der
Preßfreiheit, lebte, bis die Regierung durch die auch in
der Litteratur herrschende politische und religiöse Gäh-
rung sich bewogen fand, strengere Maaßregeln zu er-
greifen. Es erschien am 27. September 1799 eine
Verordnung, welche die Anonymität verbot und die
Censur für verurtheilte Schriftsteller rinführte. Zwei
ausgezeichnete Männer, der als Schauspieldichter und
Satyriker bekannte P. A. Heiberg und der junge
talentvolle Malte Konrad Bruun wurden zufolge
dieser Verordnung wegen wiederholter Preßvergehen
zur Landesverweisung verurtheilt. Später wurde diese
Verordnung noch durch mehrere Bestimmungen geschärft,
und namentlich wurden politische Blätter der Censur
unterworfen; dennoch herrscht in Dänemark kein Censur-
zwang und die ordentlichen Gerichte entscheiden auch über
Preßvergehen.
Während des Krieges gerieth Dännemarks Geld-
wesen in die traurigste Verwirrung. Zu Ende des
18ten Jahrhunderts belief sich die Saatsschuld auf 28
Mill. Rthlr. Cour, und die Zettelschuld auf 10 V2 Mil-
lionen; von 1801 bis 1807 stieg jene auf 41, diese auf
26 Millionen. Während des unglücklichen siebenjährigen
Krieges, der hierauf ausbrach, vermehrte sich die Zettel-
masse, für welche keine sichere Bürgschaft vorhanden
war, auf 142 Millionen. Um dieser stets steigenden
Verwirrung abzuhelfen und dem Geldwesen des Staats
eine feste Grundlage zu geben, wurde noch während des
Krieges unterm 5. Januar 1813 eine Reichsbank
304
errichtet und derselben als Fond 6 Procent von dem Werth
alles unbeweglichen Eigenthums, welches zu der im Jahre
1802 ausgeschriebenen Land- und Haussteucr angesctzt
war, beigelegt. Diese Summe sollte, bis die Bankhaft
eingelös't würde, mit 61/2 Procent verzinset werden;
in Dänemark übernahmen jedoch die Finanzen % der
Zinsen der Bankhaft für die Ländereien und Zehnten,
da der Landmann nicht im Stande war, die neue Last
ganz zu tragen. Im Jahre 1818 ward diese Reichs-
bank in eine Nationalb ank verwandelt, die eine von
der Negierung unabhängige Verwaltung erhielt. Zu-
gleich ward den Bewohnern der Herzogthümer, welche
nicht Actionaire der Bank bleiben wollten, gestattet,
unter der Verpflichtung auszutreten, die Bankhaftsumme
entweder abzutragen oder dieselbe mit 6 Procent so
lange zu verzinsen, bis der auf sie fallende Antheil der
Zettelschuld des Staats getilgt sein würde. Ein Theil
blieb Actionaire, der größere Theil aber schied aus der
Nationalbank. Zur Abnehmung der Schuldenlast der
Letzter» wurde ein Bankinstitut in Altona errichtet.
Eine der traurigen unter den vielen unglücklichen
Folgen des Krieges war die völlige Hemmung des
Handels und der Ruin vieler thätiger Handelshäuser
durch den Verlust einer außerordentlich großen Anzahl
vom Feinde genommenen Kauffahrteischiffe, wodurch
Dänemarks Handel in Verbindung mit den übrigen
unglücklichen Umständen, einen Stoß erlitt, den derselbe
später nicht hat verschmerzen können. Der glänzende
Handel, welcher vor 1807 betrieben wurde und zum
Theil in den damaligen Zeitverhältnissen gegründet war,
wird schwerlich jemals wiederkehren. Der ostindische
303
Handel ist fast verschwunden, der Frachthandel auf dem
Mittelmeere und der Handel auf Amerika und West-
indien haben bedeutend abgenommen. Dagegen ist der
Handel vieler kleineren Städte im Zunehmen, die Aus-
fuhr der eigenen Landeserzeugnisse hat durch die Ver-
besserungen in der Landwirthschaft sich beinahe verdoppelt,
der freie Verkehr ist durch die neueren Zollverordnungen
seit 1797 weniger beschränkt, und die Industrie und
innere Betriebsamkeit haben in den letzten Jahren Spu-
ren eines regem Lebens gezeigt, welche zu erfreulichen
Hoffnungen berechtigen.
Friedrich VI., welcher als Jüngling sich an die
Spitze aller der vorhergenannten wichtigen Verbesserun-
gen gestellt, und sie alles Widerstandes ungeachtet durch-
geführt hatte, gab in seinem Alter durch die Einführung
berathender Stände seinem getreuen Volke einen
großen Beweis von Vertrauen und Liebe. Durch das
denkwürdige allgemeine Gesetz vom 28. Mai 1831 er-
klärte der König seinen Entschluß, berathende Provin-
zialstände in Dänemark und die Herzogthümer ein-
zuführen; denn nun, nachdem er dahin gestrebt hatte,
sein Volk frei und mündig zu machen, wollte er auch
dessen Stimme und Rath durch frei gewählte Vertreter
aus allen Ständen hören und es Theil an der Gesetz-
gebung und der Wiederbegründung der Communalver-
fassung nehmen lassen. Am 15. Mai 1834 erfolgte das
specielle Gesetz ü6er die Zusammensetzung der Stände,
die Wahl der Abgeordneten, die innere Ordnung der
Versammlungen und die Form der Verhandlungen. Seit-
dem sind nach vorgängiger Berathung mit den Ständen
mehrere allgemein wichtige Gesetze erlassen, von welchen
20
306
hier nur die am 1. Mai 1838 für die Herzogtümer
erschienene Zollverordnung erwähnt wird. Durch diese
Verordnung sind alle bisher bestandene Zollfreiheiten
aufgehoben worden und eine Zolllinie umschließt beide
Herzogtümer.
Der edle Geber der ständischen Verfassung ging am
3. December 1839 im 72ften Jahre seines Alters zur
ewigen Ruhe ein. Viele schwere Tage hatte er auf dem
Throne erlebt, war aber nie müde geworden, für das
Glück des Volkes zu wirken, zu dessen Leitung die Vor-
sehung ihn berufen hatte. Seine Herzensgüte und die
Redlichkeit seiner Gesinnung waren allgemein bekannt;
er war in hohem Grade thätig, mäßig und genügsam,
freundlich, nachsichtig und zugänglich für jeden seiner
Unterthancn. Darum war auch Friedrich VI. Person
und Persönlichkeit ein Gegenstand allgemeiner Liebe
geworden; das Volk erzählt sich noch gern Anekdoten von
seinem „alten guten Könige", wie es ihn nannte. Diese
Liebe gab sich auch öffentlich k^nd bei dem feierlichen
Leichenbegängniß am 16. Januar 1840 und bei dem
Trauergottesdienste, der an diesem Tage zum Andenken
des hohen Entschlafenen in allen Kirchen des Reichs
gehalten wurde, am rührendsten aber vielleicht durch das
dringend ausgesprochene Verlangen der Bauern aus
der Umgegend von Kopenhagen, ihren alten Herrn und
Wohlthäter auf ihren Schultern zur letzten Ruhestätte
tragen zn dürfen. —
Mit seiner noch lebenden Gcmahlinn MarieSophie
Friederike, Tochter des verstorbenen Landgrafen Carl
von Hessen-Cassel, hatte Friedrich VI. sich als
Kronprinz am 31. Juli 1790 vermählt. Aus dieser
307
Ehe leben jetzt noch die Prinzessin Caroline, Ge-
mahlin» des Prinzen Friedrich Ferdinand und
Wilhclmine Marie, Gemahlin» des Herzogs Carl
von Glücksburg. ^
Christian VIII.
Christian VIII., geboren den 18. September 1786,
bestieg am 3. December 1839 den ihm angeerbten Throttr
Er hatte schon einmal in der vielbewegten Zeit von
1814, wenn auch nur auf kurze Zeit, eine Krone ge-
tragen und Norwegen in der Constitution von Eids-
vold (17. Mai 1814) eine freie Verfassung ertheilt.
In der spätem Zeit war er als ein weiser und auf-
geklärter Prinz, als ein Beschützer und Beförderer der
Künste und Wissenschaften, so wie durch seine Aufmerk-
samkeit auf die öffentlichen und communalen Einrichtun-
gen des Landes allgemein bekannt geworden. Das Volk
begrüßte ihn daher als Christian den Weisen,
knüpfte an seine Thronbesteigung' vielfache Hoffnungen,
die es den Schmerz um den Hingeschiedenen König
leichter überwinden ließen, und nahm mit Vertrauen
und Liebe das königliche Wort auf, „daß er ein
Freund derWahrheit sei und von seinen Unter-
thanen Wahrheit wünsche". Er wurde am 22.
Mai 1840 in Fredriksborg gekrönt und feierte an dem-
selben Tage seine silberne Hochzeit, mit unserer frommen
und geliebten Königinn Car o line Am a l i e, Prinzeffinn
von Schleswig - Holstein - Sonderburg - Augustenburg.
Freuden- und hoffnungsreich war auch die Vermählung
des Kronprinzen Fried richCarlChri st i a n (10. Juni
1841) mit Caroline Charlotte Marianne, einer
* 20
308
Tochter des Großherzogs Georg von Mecklenburg-
Strelitz. Das königliche Haus traf dagegen (13. Jan.
1843) ein Verlust durch den Tod der verwittweten
Herzoginn von Augustenburg, Louise Auguste, Mutter
der Königin». Sie war die Schwester Königs Fried-
richs VI. und am 7. Juli 1771 geboren. Seit dem
Tode ihres Gemahls, (14. Juni 1814) hatte sie ihr
Lechen stiller Wohlthätigkeit geweiht, und viele Arme
und andere, denen sie geholfen, segnen ihr Andenken.
Der König hatte schon bald nach seinem Regie-
rungsantritt der Stadt Kopenhagen eine neue, freiere
Communal - Verfassung ertheilt, und die Hoffnungen,
mit denen er von seinem treuen Volke begrüßt wurde,
sind zum Theil schon jetzt durch eine große Menge
königlicher Verordnungen und Rescripte erfüllt worden.
Des Königs erste Sorge war die Finanzverwaltung,
welche vereinfacht und nach einem festeren Gange ein-
gerichtet worden ist. Am 11. April 1841 erschien das
Normalreglement, und dies, so wie die jährlich
veröffentlichten Budgets des Staats geben über die
Lage der Finanzen längst gewünschte Austlärungen.
Das Budget für 1842 bestimmt die Einnahme zu
15,287,190 Rbthlr. und die Ausgabe auf 14,952,467
Rbthlr., und wenn auch bei einzelnen Finanzzweigen
noch hie und da Mittheilungen vermißt werden, so
wird die Folgezeit auch schon diese- vollständig aufklären,
da es der bestimmte Wille des Königs ist, „daß die
Staatseinnahmen und Ausgaben dem Volke kein ver-
schlossenes Buch sein sollen". Dadurch und durch die
bei vielen Verwaltungszweigen eingeführten Ersparun-
gen hat das öffentliche Vertrauen zugenommcn und die
309
dänischen Staatspapiere sind fortwährend im Steigen. —
Eben so hat das Vertheidignngswesen des Landes durch-
greifende Verbesserungen erfahren. Schon am 3. Febr.
1840 wurde unter dem Präsidium des Kronprinzen eine
Militaircommission niedergesetzt, die ihre Arbeiten im
Oktober 1841 beendigte und darnach ist am 28. April 1842
vom Könige eine neue Organisationder Armee be-
kannt gemacht worden, welche im Juli 1843 in Kraft treten
soll.— Auch die Herzogtümer, welche der König in den
Jahren 1840 und 1842 auf längere Zeit besuchte, haben sich
seiner besonder« Fürsorge zu erfreuen gehabt. Nachdem
der Landgraf Friedrich von Hessen am 25. März
1842 seine Aemter als Statthalter der Herzogthümer und
Gouverneur der beiden Dithmarschen niedergelegt hatte,
wurde der Prinz Friedrich Emil August von
Augustenburg zu seinem Nachfolger und unterm 4. April
s. I. der Graf Neventlow-Criminil zum Präsi-
denten in der schleswig-holstein-lauenburgischcn Canzelei
ernannt, welche Ernennungen in den Herzogthümer»
Beifall fanden. Nach vorgängiger Berathung mit den
Ständen sind für unser Land mehrere wohlthätige Ver-
ordnungen erlassen, als die Sonntagsordnung, die Armen-
ordnung, die Gesindeordnung u. a.; andre Verordnungen
stehen in Aussicht und sind zum Theil schon von den
Ständen bcrathen. Die allgemeine Städteordnung mußte
wegen eines Conflicts mit den Ständen über Auslegung
des § 6 der Verordnung über die Einführung der Pro-
vinzialstände zurückgelegt werden und das Rescript der
Regierung vom 18. December 1841, die Neichsbank-
scheidemünze betreffend, fand manchen Widerstand in
den Herzogthümern. — Für Handel und Verkehr sind
Gm
310
manche Erleichterungen getroffen und die neuern Be-
strebungen zur Anlage von Eisenbahnen haben bei dem
Könige bereitwillige Hülfe gefunden, so wie auch durch
die Wegeordnung die Chaussirnng sämmtlicher Land-
strassen in den Herzogthümern bestimmt worden ist.
Die allgemeine Zollverordnung hat viele zweckmäßige
Reductionen erfahren und in Holstein sind nach Ver-
handlungen mit der fürstlich- Eutin'schen Regierung durch
den Austausch-Vertrag vom 16. September 1842 die
hemmenden Verhältnisse in den gemischten Districten für
Verkehr und Ejesetzgebung besser geregelt worden. Am
9. Februar 1842 ward ein neuer Handelsvertrag mit
Frankreich geschlossen, und durch die Absendung der
dänischen Kriegsfregatte „Bellona" nach den südameri-
kanischen Staaten wurden mit jenen fernen Gegenden
Verbindungen eingeleitet, welche für die Zukunft reiche
Früchte versprechen.— Auch das Fabrik- und Industrie-
Wesen unsers Vaterlandes hat in den letzten Jahren
zugenommen; namentlich sind hier die Eisengießereien
zu erwähuen, sowie die Schmelzung des Roheisens aus
Wiesenerz, ein Produkt, das in unserm Lande früher
nicht beachtet wurde, nnd woraus die Carlshütte bei
Rendsburg allein im Jahre 1841 an 2000 Centner
Roheisen gewonnen hat.
Die Aufhebung der Verbote, welche den öffent-
lichen Versammlungen und dem Petitioniren entgegeu-
standen, die Einführung einer ständischen Verfassung auf
Island unter dem alten Namen eines „Althings", die
Vorschläge der Negierung in Betreff der ständischen
Ausschüsse als eine Erweiterung der provinzial-ständi-
schen Verfassung, (welche letzter» jedoch die Stände der
311
Herzogtümer abrathen zu müssen glaubten), zeigen den
ernsten Willen des Königs, sein Volk immer mehr und
mehr der politischen Mündigkeit und Freiheit entgegen
zu führen. — Die schleswigschen Sprachwirren, wie
sie in einem Gränzlande, wo sich zwei zu einer hohen
Stufe der Cultur gestiegene Sprachen begegnen, selten
ausbleibcn, und die zu manchen Aufregungen und Be-
fürchtungen Anlaß gaben, sind hoffentlich durch das
königliche Wort, „daß der König die staatsrecht-
lichen Verhältnisse, auf denen die Selbst-
ständigkeit des Herzogthums Schleswig be-
gründet ist, so wie dessen bisherige Verbin-
dung mit dem Herzogthum Holstein erhalten
werde", für immer bcigelegt.
Eine Aufregung anderer Art brachte das Jahr 1842,
nicht nur in Dänemark und den Herzogthümern, sondern
in ganz Europa, ja fast auf der ganzen Erde, durch
den furchtbaren Brand in Hamburg, der in der Stacht
des Himmelfahrtstages in dem reichsten und bevölkert-
sten Theile der Stadt ausbrach und vom 5. bis 8. Mai
beinahe den dritten Theil dieser Welthandelsstadt in
Asche legte. Zwei der schönsten und durch ihr Alter
ehrwürdigen Kirchen, die St. Nicolai und St. Petri
Kirche, wurden nebst einer großen Menge öffentlicher und
Privathäuser und ungeheuren Vorräthcn von Maaren
allerlei Art ein Raub des entfesselten Elements, das
bald aller Anstrengungen der Menschen, demselben Ein-
halt zu thuu, spottete und dem der Allmächtige selbst
ein Ziel setzen mußte. Ungeheuer war der dadurch ver-
ursachte Schade an Gebäuden und Maaren, aber eben
so zeigte sich auch der Sinn für Wohlthätigkeit in
313
seinem schönsten Lichte, und unser geliebter König war
einer der ersten Fürsten, welcher durch ein menschen-
freundliches Schreiben vom 9. Mai dem Senat und
den Einwohnern Hamburgs seine Theilnahme bezeugte
und ihnen alle Hülfe zusicherte.
Was Künste und Wissenschaften betrifft, so können
dieselben in einer Zeit, wie die gegenwärtige, welche an
künstlerischen und gelehrten Erfindungen und Leistungen
so reich ist, und unter einem Könige, der selbst auf der
Höhe wissenschaftlicher Bildung steht, in unserm Vater-
lande nicht Zurückbleiben. Die so reich dotirte Soröer
Academie hat in der letzten Zeit eine mehr gemeinnützige
und vortheilhaftere Einrichtung erhalten; der leider in
ihren Mitteln nur zu beschränkten Universität Kiel ist
von den Finanzen eine jährliche Unterstützung geworden,
und viele Gelehrte und Künstler sind, durch königliche
Geschenke unterstützt, auf wissenschaftlichen Reisen be-
griffen oder haben solche schon zürückgelegt, und das
Vaterland erwartet jetzt die Früchte ihrer Forschungen
und Erfahrungen.
Diese kurze Darstellung möge denn die Thätigkeit
des Königs für fast alle Zweige der Staatsverwaltung
in den wenigen Jahren, welche seit seinem Regierungs-
antritt verflossen sind, zeigen. Die Vorsehung aber
schenke Christian VIII. ein langes, segenreichcs Leben,
und lasse ihn in der Liebe seines Volkes Ersatz finden
für alle Mühen und Sorgen der Negierung und für alles
Gute, das er zum Segen unsers theuren Vaterlandes
thut und. willt
Zeit. Mgenten in Dänemark. Zeit.
vor 800.
808.
811.
826.
840-935. Gorm der Alte. 860.
931.
935-985. Harald Klaatand.
985—1014. Svend TvcchPig.
1014-1035. Knud der Große. 1035.
1035-1042. Hardeknud.
1042-1047. Magnus der Gute von Norwegen.
1047-1076. Svend Estridtfen.
1076—1080. Harald Hein. 1080.
1080-1086. Knud der Heilige.
1086-1095. Glnf Hunger.
1095-1103. Erich Eiegod. 1095-1103.
1104-1134. Nicts Gftridlchrr. 1103-1115.
1115-1131.
1134-1137. Erich Emurr.
1137—1147. Erich Lamm.
1147—1157. Zwischenreich.
1157—1182. Waldemar I. <der Große). 1131-1182.
1182-1202. Knud VI., König der Slaven 1182-1188.
und Wenden.
1202-1241. Waldemar II., der Sieger. 1188-1231.
1241-1250. Erich Plougpenning.
1250-1252. Abel 1231-1252.
1252-1259. Christopher I. 1252-1257.
1257-1272.
1259-1286. Erich Glipping. 1272-1283.
1283-1312.
1286-1319. Erich Menved.
1319-1334. Christopher II. 1312-1325.
1334-1340. Zwischenreich. 1325-1364.
1340-1375. Waldemar III. (Atterdag.)
1375-1387. Oluf. 1364-1374,
1374—1386.
Regenten in Schleswig.
Schleswig, ehemals Südjütland,
stehr unrer den dänischen Ober-
königen und wird von Unter-
köniqen regiert, die sich oft un-
abhängig machen.
Gottfried.
Demming.
Harald KlaK. — Christentum
in Schleswig.
Gorm der Alte von Dänemark.—
Schleswig wird wieder däni-
sche Provinz.
Markgrafen in Schleswig. ^
Aufhebung derschleswigsch. Mark.
Vluf, Bruder Knud des Heiligen,
Herzog von Schleswig, nach-
herigcr König in Dänemark.
Erich Eiegod.—• Schleswig wird
dem lttudenschen Erzstift unter-
worfen.
Niels Efirrdtchn, König in Däne-
mark.
KnudLavard, Herzog von Schles-
wig mrd König der Wenden.
Waldemar I., Sohtt Knud La-
vards, Herzog zu Schleswig,
nachher König in Dänemark.
Knud VI., König in Dänemark.
Waldemar II., Herzog zn Schles-
wig, nachher König in Dänem.
Abel, Herzog zu Schleswig, nach-
her König in Dänemark.
Waldemar III., Abels Sohn,
Herzog zu Schleswig.
Erich I., Bruder des Vorigen,
Herzog zu Schleswig.
König Erich Glipping von Däne-
mark, als Vormund des jungen
Herzogs Waldemar.
Waldemar IV., Sdhtt Erichs,
Herzog zu Schleswig. '
Zeit.
Regenten in Holstein.
vor 800.
Erich II., Sohn des Vorigen,
Herzog zu Schleswig.
Waldemar V., Sohn des Vorigen,
Herzog zn Schleswig.
Heinrich, Sohn des Vorigen,
der letzte Herzog aus Abels
Stamm.
Nicolaus, Gerhard des Großen
Sohn, Graf zn Holstein und
Herzog zu Schleswig. (?)
965-973.
973-1010.
1010-1061.
1061—1073.
1073-1106.
1106-1130.
1130-1164.
1164-1203.
1203-1223.
1223-1239.
1239—1266.
1266-1281.
1281-1305.
1305-1308.
1308-1314.
1314-1317.
1317-1340.
1340-1357.
1357-1359.
1359—1381,
1381-1390.
1390-1397,
Karl der Große bezwingt Nord-
albiltgien.
Herrmann Dilling, Herzog zu
Sachsen,
Bernhard I., Sohn des Vorigen.
Bernhard II., Sohn des Vorigen.
Gottschalk, Fürst der Wenden in
Wagrien, — 1066.
Grdolf, Sohn Bernhards II.
Magnus, Sohn des Vorigen,
der letzte Herzog zu Sachsen
aus dem bellingischen Stamme.
Heinrich, Fürst der Wenden in
Wagrien, Sohn Gottfchaiks,
1126.
Adolf I. von Schauenburg, Graf
zu Holstein.
Adolf II., Sohn des Vorigen,
Graf zu Holstein u. Wagrien.
Adolf III., Sohn des Vorigen.
Waldemar II., Köniss von Däne-
mark, Herr von Holstein.
Adolf IV., Sohn Adolf III.,
Graf zu Holstein.
Johanni, in Kiel u. Gerhard I. in
Rendsburg, Adolf I V. Söhne,
Grafen zu Holstein.
Johann II. in Kiel und Adolf V.
in Wagrien, Johann 1. Söhne,
GerhardI. inRendsburg, Gra-
fen zu Holstein.
Johann II., Adolf V. u. Gerhard
I. Söhne, Heinrich I. n. Ger-
hard II., Grafen zn Holstein.
Johanni!., Adolf V., Gerhard II.
und Heinrich!. Söhne, Johann
und Gerhard der Große, Gra-
fen zu Holstein.
Johann II. in Kiel, Gerhard II.,
Johann n. Gerhard der Große,
Grafen zu Holstein.
Johann II. in Kiel, Johann u.
Gerhard der Große u. Johann
der Milde, Gerhard II. Sohn,
Grafen zu Holstein.
Johann und Gerhard der Große
und Johann der Milde, Gra-
fen zu Holstein.
Heinrich II., der Eiserne, Nico-
laus und Johann, Gerhard des
Großen Söhne, und Johann
der Milde, Grafen zu Holstein.
Heinrich II., der Eiserne, Nico-
laus und Johann der Milde,
Grafen zn Holstein.
Heinrich II., der Eiserne, Nico-
laus und Adolf VII., Johann
des Milden Sohn, Grafen zn
Holstein.
Nicolaus, Adolf VII. und Hein-
rich des Eisernen Söhne, Ger-
hard, Albert und Heinrich,
Grafen zu Holstein.
Nicolaus, Gerhard, Albert und
Heinrich { Grafen zu Holstein.
Tabelle über die Regentenfolge in Dänemark, Schleswig und Holstein
Zeit.
Regenten in Dänemark.
Zeit. Regenten ln Schleswig. Zeit.
1386-1404. Gerhard, Sohn Heinrich des Eisernen von Holstein, und Enkel Gerhard des Großen, Herzog zu Schleswig. 1397-1403. 1403-1404.
1404-1427. Heinrich, Adolf und Gerhard, Söhne des Voriaett, Herzöge zu Schleswig. (?) 1404-1421.
1421—1427.
1427—1433. Adolf und Gerhard, Herzöge zu Schleswig. 1427—1433.
1433—1459. Adolf VIII. von Holstein, Her- zog zu Schleswig. 1433—1459.
Regenten in Holstein.
1387-1412.
1412—1439.
1439-1448.
1448—1481.
1481—1513.
1513—1523.
1523-1533.
1533—1559.
1559—1588.
1588-1648.
1648-1670.
1670-1699.
1699-1730.
FNargaretha.
Erich von Pommern.
Christopher von Baiertt.
Christian I.
Johann.
Christian II.
Friedrich I.
Christian III.
Friedrich II.
Christian IV.
Friedrich III.
Christian V.
Friedrich IV.
1730—1746. Christian VI 1720—1730. 1730-1739. 1739—1746.
1746-1766. Friedrich V. 1746—1762. 1762—1766.
1766—1808. Christian VII. 1766-1773.
1808-1839. Friedrich VI.
1639— Christian VIII.
1459-
1481-
1513-
1523-
1533-
1544-
-1481.
-1513.
-1523.
-1533.
-1544.
-1559.
1559—1580.
1580-
1586-
-1586.
-1587.
1587—1588.
1588-
1590-
1616-
1648-
1659-
1670-
1694-
1699-
1702-
-1590.
-1616.
-1648.
-1650.
-1670.
-1694.
-1699.
-1702.
-1720.
Gerhard, seit 1386 Herzog zu
Schleswig, Albert und Hein-
rich, Grafen zu Holstein.
Gerhard, Herzog zu Schleswig
und Graf zu Holstein, Hein-
rich, Bischof von Osnabrück,
Graf zu Holstein.
Herzog Gerhards Söhne Hein-
rich, Adolf VIII. und Ger-
hard, Herzoge zu Schleswig
und Grafen zu Holstein, und
Bischof Heinrich von Osna-
brück bis 1419 Vormund seiner
Vettern, Graf zu Holstein.
Heinrich, Adolf VIII. und Ger-
hard, Herzoge zu Schleswig
und Grafen zu Holstein.
Adolf VIII. und Gerhard, Her-
zöge zu Schleswig und Grafen
zu Holstein.
Adolf VIII., Herzog zu Schles-
wig und Graf zu Holstein.
Schleswig und Holstein haben gleiche Regenten. (1,460—1723.)
Christian I., König in Dänemark, Herzog von Schleswig und Holstein.
Johann, König in Dänemark, und Friedrich I., Herzöge zu Schleswig und Holstein.
Christian II., König in Dänemark, Sohn Johanns, und Friedrich I., Herzog
zu Schleswig und Holstein.
Friedrich I., König in Dänemark und Herzog zu Schleswig und Holstein.
Christian III., Herzog zu Schleswig und Holstein.
Christian III., König in Dänemark, und seine Brüder Hans und Adolf, Herzöge
zu Schleswig und Holstein. (Haderslebensche und Gottorfsische Linie.)
Friedrich II., Christian III. Sohn, Sans und Adolf, Herzöge zu Schleswig
und Holstein.
Friedrich II. und Adolf, Herzöge zu Schleswig und Holstein.
Friedrich II., König in Dänemark, und Friedrich II., Adolfs Sohn, Herzöge
zu Schleswig und Holstein.
Friedrich II., König in Dänemark, und Philipp, Adolfs Sohn, Herzoge zu
Schleswig und Holstein.
Christian IV., König in Dänemark, und Philipp, Herzöge zu Schleswig u. Holstein.
Christian IV. und Johann Adolf, Adolfs von Gottorf Sohn, Herzöge zu
Schleswig und Holstein.
Christian IV. und Friedrich III., Johann Adolfs Sohn, Herzoge zu Schleswig
und Holstein.
Friedrich III., König in Dänemark, und Herzog Friedrich III. von Gottorf,
Herzöge zu Schleswig und Holstein.
Friedrich III., König in Dänemark, und Christian Albrecht von Gottorf,
Herzöge zu Schleswig und Holstein.
Christian V., König in Dänemark, und Christian Albrecht von Gottorf, Herzöge zu
Schleswig und Holstein.
Christian V., König in Dänemark, und Friedrich IV. von Gottorf, H-'rzöge
zu Schleswig und Holstein.
Friedrich IV., König in Dänemark, und Friedrich IV. von Gottorf, Herzöge
zu Schleswig und Holstein.
Friedrich IV., König in Dänemark, und Karl Friedrich von Gottorf, Herzöge
zu Schleswig und Holstein.
Die Könige von Dänemark zugleich Herzoge zu Schleswig,
von 1720 an.
Regenten in Holstein. (1720—1773.)
Friedrich IV., König in Dänemark, und Karl Friedrich zu Kiel, Herzöge zu Holstein.
Christian V I., König in Dänemark, Und Karl Friedrich zu Kiel, Herzöge zu Holstein.
Christian VI., König in Dänemark, und Karl Peter Nlrich, Sohn Karl Fried-
richs, Herzoge zu Holstein.
Friedrich V., König in Dänemark, und Karl Peter Nlrich, Herzöge zu Holstein.
Friedrich V., König in Dänemark, und Paul Petrowitz, Großfürst von Rußland,
Sohn Karl Peter Ulrichs, Herzöge zu Holstein.
Christian VII., König in Dänemark, und Paul, Großfürst von Rußland, Herzöge
zu Holstein.
Die Könige von Dänemark zugleich Herzoge von Holstein,
von 1773 an.