7 Am meisten kränkte ihn, daß seine Feinde ihn beschuldigten, er wolle nur Aufsehen machen, und dadurch Vortheil gewinnen. Ein Dominicaner, Sil¬ vester Prierio, der am päpstlichen Hofe ein angesehener Mann (matter sacri palatii) war, schrieb unter Anderem: „Wann du, o lieber Luther, von unserm Herrn dem Papste ein fettes Bisthum mit vollkommenem Ablaß zu Repariruug deiner Kirche bekämest, würdest du wohl gelindere Saiten aufziehen, und den Ablaß, welchen du jetzt so schwarz machest, selbst erheben." Da antwortete ihm Luther: „Du beurtheilest mich vermuthlich nach deinem eigenen Kopf. Wenn ich nach einem Bisthum strebte, redete ich gewiß das nicht, welches dir in deinen Ohren so wehe thut; denn meinest du, ich wisse nicht, wie man in Rom zu Bisthümern und Prälaturen gelangt?" Außer diesem Prierio gehörten zu sei¬ nen bittersten Feinden der sonst gelehrte Prokanzler der Universität Ingolstadt Dr. Eck und der Dominicaner Jakob Hoog st raten in Cöln, ein gegen alle Andersdenkende wüthender Eiferer. Luther aber ließ sich durch ihr Ge¬ kläffe nicht irre machen. Auch an den Papst Leo X. schrieb er einen ehrfurchts¬ vollen Brief, stellte ihm die Entscheidung anheim, versicherte, daß er nur die Ehre Gottes vor Augen habe, und suchte ihm zu beweisen, daß er sich von Schmeichlern verführen lasse. Den Brief schickte er an Staupitz, bat ihn, denselben nach Rom zu besorgen, und fügte die Worte hinzu, aus denen sein frommer Sinn recht hervorleuchtet: „Christus, mein Herr, mag zusehen, ob dieser Handel, den ich führe, ihn oder Luther belange, ohne welches Wirken und Willen auch des Papstes Zunge nickt reden kann, was sie will, in wel¬ ches Hand auch des Königs Herz ist. So viel aber meine zornigen Feinde, die mir hart dräuen und nachstellen, belangt, weiß ich nichts zu antworten, als: wer arm ist, fürchtet nichts, kann nichts verlieren. Ich habe weder Gut noch Geld, begehr auch der keins; hab' ich gut Gerücht und Ehr gehabt, der mach' es nun zunicht ohn' Unterlaß, der's angefangen hat. Der einige nichtige Leib ist noch übrig; richten sie denselbigen hin durch List oder Gewalt, thun sie mir wahrlich keinen sehr großen Schaden, verkürzen mir die Zeit meines Lebens irgend eine Stunde oder zwo, und helfen mir desto eher gen Himmel. Ich lasse mir genügen, daß ich an meinem lieben Herrn Jesu Christo einen süßen Erlöser habe; den ich will loben und preisen, so lange ich lebe." So wenig auch Luther damals daran dachte, das Gebäude des Papstthums erschüttern zu wollen, so hatte doch sein Beginnen in Rom Aufmerksamkeit erregt; namentlich hatte der alte Kaiser Maximilian den Papst aufgefordert, der gefährlichen Neuerung kräftig entgegenzuarbeiten. Demzufolge hatte Leo ein geistliches Gericht über ihn niedergesetzt, bei dem jener Prierio nicht nur Anklä¬ ger, sondern auch Richter war. Am 7. August 1518 erhielt Luther einen päpst¬ lichen Befehl, binnen 60 Tagen in Rom zu erscheinen. Reiste er hin, so war vorauszusehen, daß er nicht wieder losgelassen würde. Darum bewirkte der Kur¬ fürst, daß ihm der Papst die Reise erließ, und ihn dagegen nach Augsburg be¬ stellte, um dort vor dem Cardinallegaten Cajetau (eigentlich Thomos Vio, Bischof von Gaeta) sich zu verantworten. Dazu gab ihm der Kurfürst Reise¬ geld, und gute Empfehlungsschreiben an einige Rathsherren mit, die sich auch treulich seiner annahmen. Der Cardinal empfing ihn kalt, doch höflich, und verlangte, daß er seine Irrthümer widerrufen, in Zukunft von denselben abste¬ hen, und Alles vermeiden sollte, was die Kirche verwirren könnte. Luther merkte