102 84. Die Niederländer und Philipp II. von Spanien. (Philipp II. 1556—1598. Inquisition in den Niederlanden. Wilhelm von Oranien und Graf Egmont. Margaretha von Parma 1559 — 1567. Cardinal Granvella und die Cardinalisten. Egmont in Madrid. Der Compromiß 1566. Geusen. Auswanderung Oraniens und A. Herzog von Alba Statthalter 1567—1 573. Der Blutrath unter Var¬ gas. Enthauptung Egmonts und Hoorne's 1568 Meergeusen. Einfall Oraniens und Ludwigs von Nassau. Oranien. Statthalter der nördlichen Provinzen 1572. Don Znniga y Requesens >573 — 1576. Don Juan d'Austria 1576—1578. Alexander von Parma 1578—1592. Utrechter Union 1579. Ermordung Oraniens 1584. Moritz von Oranien 1587—1625. Olden-Barneveld. Zwölfjähriger Waffenstillstand 1609. Republik der 7 vereinigten Niederlande. Don Karlos 1568. Portugal, eine spanische Provinz 1580 — 1640. Bau des Escorial.) Philipp U., 1556—1598, war durch die Abdankung seines Vaters, Kaiser Karls V., Herr aller Länder desselben geworden (ausgenommen die habsburgisch - östreichischen Länder), und beherrschte die Königreiche Spanien und Neapel, die Niederlande und weite, reiche Gebiete der neuen Welt. Obgleich damals erst 29 Jahre alt, hatte Philipp die finstere Miene eines Greises. Unter allen Plenschen liebte er nur einen einzigen: sich selbst. Alle Andere betrachtete er mit finsterem Argwohn, und als blinde Werkzeuge seines Willens, und nichts konnte ihn daher so empören, als wenn Jemand neben ihm auch einen Willen haben wollte. Fröhlichkeit kam weder in sein Herz noch in sein Gesicht. Ernst und finster schaute er um sich her, und ver¬ langte von Allen, die sich ihm zeigten, tiefe Ehrerbietung und blinden Ge¬ horsam. Daher brachte es ihn bis zur Wuth auf, wenn einige seiner Unter¬ thanen einen andern Glauben haben wollten, als er selbst hatte. Von Ju¬ gend auf in dem katholischen Glauben von Jesuiten erzogen, war er ihrer Lehre blindlings ergeben, und fest entschlossen, in seinen Staaten keinen an¬ dern Glauben zu dulden. Darum begünstigte er die Inquisition; ein Au¬ todafe d. i. eine Verbrennung vieler (sogenannter) Ketzer auf einem großen Scheiterhaufen diente ihm zum Wohlgefallen. Der Schrecken vor dem furcht¬ baren Glaubensgericht war um so größer, da Unschuld und Gerechtigkeit dort nicht befreiten. Niemand war vor Einkerkerung sicher, sobald sich ir¬ gend ein fanatischer, oder rachsüchtiger Angeber fand, der eine gegründete oder erdichtete Antlage einreichte, daß man irgend eine der katholischen Kirche nachtheilige Aeußerung gewagt habe. Wer noch am Morgen friedlich unter den Seinigen saß, wußte nicht, ob er noch am Abend unter ihnen sein würde. War man einmal in die Hände der Inquisition gerathen, so war man verloren; nie konnte man hoffen, daraus befreit zu werden. Bei der Bestrafung der Unglücklichen hatten die Glaubenseiferer Alles vereinigt, auf die Einbildungskraft der Zuschauer einen tiefen Eindruck zu machen. In feierlichem Aufzuge wurde der Unglückliche zur Richtstätte geführt. Voran wehte eine Blutfahne, die Glocken läuteten, Priester im Meßgewands sangen heilige Lieder. Dann folgte der Vernrtheilte, in ein gelbes Gewand geklei¬ det, welches mit Teufelsgestalten bemalt war. Aus dem Kopfe trug er eine papierne Mütze, ans welcher Flammen mit scheußlichen Dämonen gemalt waren. Das Bild des Gekreuzigten wurde von ihm abgewendet getragen. Der Mund war mit einem Knebel gesperrt, damit er seinen Klagen nicht