Drittes Such. Geschichte der neueren Zeit. Erstes Kapitel. Die Reformation in Deutschland. Die Zerrüttung des Staates und der Kirche zu Anfang des sechszehnten Jahrhunderts. § 1. Die letzte Zeit des Mittelalters war von einem allgemeinen sittlichen Verfalle begleitet, der besonders Deutschland und Italien verderblich traf, welche Länder auch politisch am meisten zerrüttet waren. Leider blieb die Kirche von den Nebeln der Zeit nicht unberührt und war eben darum nicht im Stande mit jener Macht einzugreifen, welche z. B. Gregor der Große, der Benediktinerorden, Gregor VII., der hl. Bernhard rc. entfaltet hatten. Denn die Päpste waren in der letzten Zeit zu den größten Anstrengungen genöthigt, um in Italien ein gewisses Gleichgewicht der Staaten zu erhalten und Rom vor dem überwältigenden Einflüsse der deutschen, französischen oder spanischen Macht zu bewahren, wodurch nicht nur ihre Thätigkeit zu sehr auf das Gebiet der ränkcvollen Politik hinübergeführt, sondern auch ihre Kaffe außerordentlich in Anspruch genommen wurde. Daher steigerten sie auch ihr Einkommen aus anderen Ländern, welches ihnen unter ver¬ schiedenen Titeln zufloß (Besteuerung der Geistlichkeit, gerichtliche Taren, Indulgenze» re.), was namentlich in Deutschland große Unzufrieden¬ heit erregte. § 2. Hier wie anderwärts war aber der hohe wie der niedere Zerfalldcs Klerus den Gebrechen deS Zeitalters vielfach dienstbar geworden; die Bischossitze wie die Domherrnstellen blieben in der Regel Söhnen von c en ' altem Adel Vorbehalten, die nur zu oft den geistlichen Stand nicht als Beruf, sondern als reiche Versorgung erwählt hatten. Die Zahl der Klöster war damals eine fast unglaublich große, in vielen aber war die Zucht verfallen, namentlich hatte der Dominikanerorden von seinem Ansehen viel eingebüßt. Nicht wenige Mönche lebten mehr außerhalb der Klöster als innerhalb derselben, auch gab es damals Weltgeistliche, Bumüller, Wcltg, Hl. \