317 sich von den Soldaten und dem Volke zur Kaiserin ausrufen. Zugleich wurde bekannt gemacht, daß sie die Regierung darum übernehme, weil Peter mit den geschworenen Feinden Rußlands Frieden und Bündniß ge¬ schlossen habe, und die russische Kirche in großer Gefahr schwebe. Als diese Nachricht zu Peter gelangte, rieth man ihm, sich an der Spitze der Holsteiner Garde nach Petersburg zu begeben und den Ausruhr zu ersticken; er aber, furchtsam und unentschlossen, hoffte durch Flehen und Bitten das Herz seiner Gemahlin zu erweichen und versäumte das einzige Rettnngs- mittel. Er wurde sofort gefangen genommen und in einem entlegenen Dorfe nach kurzer Haft von einigen russischen Offizieren, wohl auf An- stisten oder doch mit Wissen der Kaiserin, grausam ermordet. Diese Veränderungen am russischen Hofe waren von dem größten Einfluß auf die europäischen Angelegenheiten, denn Kaiser Peter III. hatte gleich beim Antritte seiner Regierung dem russischen Heere in Schle¬ sien den Befehl ertheilt, sich von den Oestreichern zu trennen und mit den Preußen gemeinsame Sache zu machen. Friedrich II. stand bei Rei¬ chenbach den Oestreichern gegenüber, als die Nachricht vom Tode Peter's und zugleich die Weisung der Kaiserin Katharina an den General Czerniczew eintraf, mit dem Heere heimzukehren. Katharina trug Groll gegen Friedrich im Herzen, weil sie der Meinung war, ihr Ge¬ mahl sei durch den preußischen König gegen sie aufgereizt worden. In dieser kritischen Lage gelang es Friedrich, den russischen General zu vermögen, diesen Befehl noch drei Tage lang geheim zu halten; das Treffen erfolgte inzwischen und Friedrich siegte. Das russische Heer blieb dabei zwar unthätig, stand aber in Schlachtordnung und entmuthigte dadurch den östreichischen Feldherrn, den Kampf fortzusetzen. Indessen hatte sich Ka¬ tharina von der Grundlosigkeit ihres Argwohns durch Friedrich's eigenhändige Briefe an Peter überzeugt; sie verzieh ihrem General das Ueberschreiten des erhaltenen Befehles und schloß mit Preußen Frieden. Auch in Schweden änderte sich die Politik, hier trat man gleichfalls dem Frieden bei, und so wurde Friedrich von zwei Feinden befreit. Obschon erschöpft, kämpfte er doch im Verein mit dem heldenmüthigen Ferdinand von Braunschweig noch ein Jahr lang, bis alle kriegführenden Mächte ermüdet und ohne Mittel, den Kampf fortzusetzen, den Frieden wünschten, der endlich im Jahre 1763 auf dem sächsischen Jagdschlösse Huberts bürg geschlossen wurde. Den Bestimmungen des Friedens gemäß wurde für den Länderbesitz Preußens der Umfang anerkannt, welchen es vor dem Kriege chatte; so hatte sich Friedrich II. sieben Jahre lang gegen einen halben Welttheil vertheidigt, ohne eine Hand breit Landes zu verlieren. Wohl war ein großer Theil von Deutschland durch den langen Krieg verwüstet und viel edles, theures Blut vergossen worden, aber die neue Zeit mit ihrer Geislesfreiheit ist als Phönix aus der Asche emporgestiegen. Friedrich der Große war berufen, ihr Herold zu sein, ihre Steige richtig zu machen, und das Gewicht dieses Berufes lag schwer auf seiner Seele.