Gregor VIL 131 Besonders sahen die adeligen Familien darauf, daß ihre jüngern Söhne auf diese Weise versorgt wurden, damit das Stammgut beisammen bliebe, und mancher Abt und Bischof solcher Art sorgte mehr für seine Verwandten als für das Stift. Die meisten dieser Herren nahmen ihren hohen kirchlichen Rang ein, ohne nur studiert zu haben, und ließen von den Geschäften der Jagd und des Krieges weg sich als Bischöfe und Aebte einkleiden. Kein Wunder, wenn sie adeliges Thun und Treiben den geistlichen Uebungen vorzogen, die gewohnten Lustbarkeiten mehr pflegten als das Hirtenamt, lieber im Kriegslager weilten als in der Kirche, und kundiger der Spur des Hirsches folgten als Kirchengebote auslegten. Die Kaiser belohnten kriegerisches Verdienst, Anhänglichkeit an ihre Person am reichlichsten und für sie selbst am wohlfeilsten mit geistlichen Pfründen; es fehlte selbst unter den großen Herrschern nicht an Beispielen, daß feile Günstlinge und Schmeichler diese Aemter erhielten, und auch im besten Falle verlangte der Kaiser von seinen Bischöfen und Aebten Mitwirkung zu seinen politischen Planen, welcher Art diese auch sein mochten. Wer Abt und Bischof werden wollte, der mußte sich zuerst die Gunst des Herrschers erwerben und der Weg zu dieser ging (wie immer) durch die, welche schon in der Gunst waren; dieser Weg konnte aber der Art sein, daß ihn kein Mann von Ehre betreten mochte. So war es unter Heinrich IV.; während seines Auf¬ enthaltes bei Adalbert von Bremen mußte diesem stolzen und habsüch¬ tigen Manne gedient werden, wenn jemand eine Pfründe wollte, später aber verschenkten Heinrichs Günstlinge und Dirnen die Pfründen oder verkauften sie, bald mit bald ohne Wissen ihres Herrn. Wir haben gesehen, daß der päpstliche Stuhl sich in keiner besseren Stellung befand, und wie oft er durch römische Faktionen vergeben wurde. Unter solchen Verhältnissen war es noch ein Glück, wenn ein kräftiger Kaiser ihn besetzte, doch sein Recht war es nie, weder als ein cäsarisches Erbe, noch als Folge der Kaiserkrönung. Der Papst darf nämlich, wenn ein ordnungsmäßiger Zustand der Kirche bestehen soll, weder von einer Volkspartei, noch von einer Adelsfaktion, noch von einem mächtigen Herrscher erhoben werden, sondern er muß frei aus der Kirche hervor¬ gehen. Deßwegen verordnete Papst Nikolaus II. auf dem lateranischen Koncil 1059, daß jede Papstwahl ungiltig sein sollte, welche nicht durch die Kardinale vorgenommen worden sei. Sein Nachfolger Alexander II. hatte noch mit einem Gegenpapfte zu kämpfen, für den sich Adalbert von Bremen erklärt hatte, aber die Unterstützung aller bessern Bischöfe und der italienischen Städte verschaffte ihm einen glänzenden Sieg, und er erneuerte alle Gebote und Verbote, welche auf Priesterehe, Simonie und Papstwahl Beziehung hatten. Er starb am 21. April 1073 und an demselben Tage ernannten die Kardinäle den Hildebrand zum Papste, 9*