3 strengen Scheidung der drei Stände und Berufsklassen, des Wehr-, Lehr- und Nährstandes, oder des Waffenadels (Ritterschaft), der Geist¬ lichkeit (Klerus) und der Bauernschaft. Das Feudalsystem ist, bei aller Härte und Erniedrigung im Einzelnen, ein Fortschritt von dem Sklavenverhältnisse der alten Welt zu der individuellen Freiheit, die das Christenthum als allgemeines Gut der Menschheit aufstellte. Freilich war der Leibeigene und Hörige in dem Gebrauche seines Besitzthums und seiner persönlichen Kräfte durch tausendfache Fesseln gehemmt, aber er war durch Gesetze, Herkommen und Pietätsverhältnisse geschützt, er war nicht eine rechtlose Sache, wie der Sklave und Kriegsgefangene bei den Griechen und Römern; er trug das Ebenbild Gottes an sich und war dadurch der Rechte und Ehre theilhaftig, die das Christenthum dem Menschen verlieh. Aus dem leibeigenen Bauernstand ging mit der Zeit der freie Stand der Städte- büdger hervor, der in seiner großartigen Entfaltung bald die beiden andern Stände eiuholte und den Beweis lieferte, daß die unfreie Bauern¬ schaft wohl den altrömischen Plebejern, keineswegs aber den rechtlosen, geistig und körperlich gebrochenen und geknechteten Sklaven gleich gestellt war. Das Ritterthum war der alten Welt eine eben so fremde Idee, als es die eigentliche Seele des germanisch-christlichen Mittelalters bildete. War auch zunächst nur das stolze Selbstgefühl auf die eigene Kraft, und der jugendliche Trotz, diese Kraft mit den Waffen in der Hand zur An¬ erkennung zu bringen, der Keim des Ritterthums, so wurde es bald durch Erweckung und Belebung edlerer Triebe der Inbegriff männlicher Tugend und Großmuth. Die Kraft trat in den freiwilligen Dienst der Schwäche, die sich nicht selbst zu schützen vermochte; die Ritter legten sich die Pflicht auf, ihr Schwert zum Schutze der Religion und zur Beschirmung der Frauen zu führen? So gesellte sich zum Ritterthum der Frauendienst mit seiner sittigenden Kraft und gemüthvollen Poesie, und das Werk der Waffen wurde durch die Kirche geweiht und zu einem edleren Ziel geführt. Die christliche Religion war die große sternenbesäete Decke, die sich über alle Thaten und Lebensäußerungen der mittelalterlichen Menschheit, über das ganze Seelenleben und die reiche Gefühls- und Empfindungswelt aus¬ breitete. Die germanisch-christliche Anschauungsweise hob die Frau aus der niedrigen Stellung, die das griechisch-römische Alterthum ihr angewiesen, empor und setzte sie zur Lenkerin und Ordnerin des häuslichen Kreises ein, sie verlieh der Ehe größere Heiligkeit, sie machte das Weib zur Gesetzgeberin der Sitte, des geselligen Umgangs, des heitern, anmuthvollen Lebensgenusses, sie trug die religiöse Weihe, womit die Kirche die Himmelskönigin Maria, das weibliche Ideal, umgab, auf das ganze Geschlecht über. Die Poesie trat in ihren Dienst und die minnereiche Dichtkunst der Ritter war so ausschließlich der Berherrlichung der Frauen und der Liebe gewidmet, daß die ganze Kultur zuletzt den Charakter der Weiblichkeit annahm und die Minnepoesie an ihrer eigenen Ueberschwenglichkeit und Gedankenarmuth unterging. Aehnlich erging es der mittelalterlichen Kirche und ihrer Hierarchie. 1*