7 mehr durch ihr Beispiel, als nach Militärgewalt, wenn sie wacker sind und sich auszeichnen; streiten sie an der Spitze, so folgt man ihnen aus Bewunderung. Uebrigens darf Niemand, außer den Priestern, (peinlich) strafen und in Bande legen, nicht einmal schlagen. Die Strafe tritt nicht ein, um zu ahnden, nicht auf Geheiß des Heerführers, sondern gleichsam auf Befehl der Gottheit, von der man glaubt, daß sie im Kriege zugegen sei; sie nehmen auch gewisse sinnbildliche Gestalten aus den Hainen mit in's Treffen. Einen besonderen Antrieb zur Tapferkeit findet man darin, daß man die Schwadronen oder Keilhaufen nicht durch Zufall oder un¬ gefähren Zusammenlauf, sondern aus Familien und Verwandtschaften bildet, in deren Nähe die Liebespfänder sind, daß sie das Heulen der Weiber und Schreien der Kinder hören. An diesen hat Jeder die heiligsten Zeugen, die wichtigsten Lobpreiser. Die Wunden zeigen sie den Müttern und Frauen, die sich nicht scheuen, jene zu zählen und auszusaugen. Auch tragen sie den Kriegern Lebensmittel zu und ermuntern sie. Die Ge¬ schichte sagt, daß einige Heere, die schon wichen oder zu wanken anfingen, von den Weibern wieder zum Stehen gebracht worden seien. Diese flehten sie unablässig an, warfen sich ihnen entgegen und zeigten ihnen die nahe Gefangenschaft, welche die Männer, um der Frauen willen, als unerträg¬ lich fürchten; daher werden die Völker, die zu Geißeln auch edle Mädchen geben müssen, zur Treue weit kräftiger verpflichtet. Man glaubte, daß den Weibern etwas Göttliches oder Prophetisches inwohne; daher hielt man viel auf deren Rathschläge und folgte ihren Aussprüchen. Unter dem Vespasian wurde die Veleda bei sehr Vielen lange wie eine Göttin an¬ gesehen, und viel früher verehrte man die Aurinia und mehrere Andere, nicht etwa ans Schmeichelei und ohne sie zu Göttinnen zu machen. Die Treue der Weiber war so groß, daß sie sich nicht selten bei dem Tode ihrer Männer selbst den Tod gaben oder wenigstens nie eine zweite Ehe eingingen. Die deutsche Frau kann nur einen Mann haben, wie sie nur einen Körper nnd eine Seele hat. „Was die Berathuugen betrifft, so rathschlagen über minder wichtige Sachen die Häuptlinge, über wichtigere urtheilt die ganze Nation, doch so, daß auch das, worüber das Volk entscheidet, vor den Oberen verhandelt wird. Sie kommen, wenn nicht plötzlich oder zufällig etwas dazwischen tritt, an bestimmten Tagen, beim Neumonde oder Vollmonde, zusammen; denn sie halten diesen Zeitpunkt für den glücklichsten zu den Verhandlungen. Sie rechnen auch nicht nach Tagen wie wir, sondern nach Nächten. So schließen sie Verträge ab, so verabreden sie sich; die Nacht scheint bei ihnen dem Tage vorauszugehen. Ein Fehler der Freiheit ist es, daß sie nicht zugleich, oder wie befehligt, sich einfinden, sondern daß sie zwei und drei Tage durch das langsame Herbeikommen zubringen. Wie es dem Haufen gefällt, so lassen sie sich bewaffnet nieder. Die Priester, die hier auch das Recht haben, zu strafen, gebieten Stille. Dann hört man das Oberhaupt oder die Häuptlinge an, je nachdem Jeder Alter und Adel,