88 Kirchen und Kunstdenkmäler schonte und seine Schaaren vom Blutvergießen abmahnte. In Unteritalien, wohin er sich nach der Einnahme Roms zog, starb er eines plötzlichen Todes im 34. Jahre seines Alters. Die West¬ gothen beklagten ihn gleich einem Vater. Sie errichteten ihm das wunder¬ samste Grabmal, indem sie den Fluß Busento in einen Kanal ableiteten, die Leiche in der Tiese seines Bettes begruben und dann dem Flusse seinen Lauf wieder gaben, damit der große, hochverehrte Feldherr ungestört unter den Fluchen ruhe und keine unberufene Hand sein Grab entweihe. Alarich's Schwager, Adolf, führte jetzt als König die Gothen nach Rom zurück, wo sie — zur Sühne Alarich's, — wilder hausten als zu¬ vor. Endlich zahlte Honorius, um seine Hauptstadt zu erlösen, die Jahr¬ gelder und überließ dem König Adolf die Provinz Ostgallien für die Räu¬ mung Italiens. Adolf vermählte sich zur Besiegelung des Vertrages mit des Kaisers Schwester Pla cida, und zog sofort mit den Westgothen (412) nach Gallien, wo er das westgothische Reich stiftete, das bis über die Pyrenäen reichte und dessen Hauptstadt Toulouse war. Adolf folgte seinem Bruder Alarich bald nach seiner Ankunft in Gallien im Tode. Placida, zu ihrem Bruder zurückgekehrt, wurde von diesem gezwungen, dem mächtigen Statthalter von Westgallien, Constantius, den er gerne zum Freunde gewinnen wollte, die Hand zu geben. Als Honorius und Con- stautius starben, setzte man dem Sohne des Constantius und der Placida, Valentinian IIL, einem Knaben von sieben Jahren, die Kaiserkrone auf. Ein Kind auf dem Throne in dieser stürmischen Zeit — das rechte Zeichen für die innere Zerrissenheit des Staates! Zwanzig Jahre nach Roms Einnahme durch Alarich fiel auch Karthago durch Geiserich, den König der Vandalen, der diese vom Kaiser Augustus wieder auferbaute Stadt eroberte. So hatten die Vandalen, der vorderste Germanen¬ stamm in der großen Völkerwanderung, ihren Zug von Osten gen Westen vollendet und waren nun aus Spanien (dem äußersten Westen Europa's) in das reiche und blühende Afrika übergeschifft, wo Stadt an Stadt, wohlangebaute Gegenden, durch herrliche Straßen verbunden von dem Reich¬ thum des Landes zeugten und einen abentheuernden Barbarenstamm wohl zur Besitznahme verlocken konnten. 8- 4. Attila der Hnnnenkönig (450). Um die Mitte des 5teu Jahrhunderts verließ der Hunnenkönig Attila, Godegiesel (Gottesgeißel) genannt, seine hölzerne Residenz an der Theiß, wo er der Schrecken der tributpflichtigen Oströmer gewesen war, um das weströmische Reich, von dem er als Verlobter der Kaisertochter Honoria die Hälfte als Mitgift forderte, mit der Schärfe des Schwertes zu erobern. Er wird geschildert als klein von Gestalt, mit mächtigem Kopse, tiefliegen¬