Dritte Periode. I. Bon Karl dem Großen bis auf die Kreuzzüge, — Zeit der Ausbildung des Feudalismus und der Hierarchie. Vom I. 800 — 1096. 8. 1. Frankreich und Deutschland, Ludwig der Fromme (814—840). Der Zeitraum von drei Jahrhunderten, welcher vor uns liegt, ist ein sturmvoller und trauriger. Der große Kampf zwischen weltlicher und geistlicher Macht, zwischen Kaiserthum und Hierarchie füllt ihn vom ersten bis zum letzten Tage aus. Das Lehnswesen bildete sich im Getümmel dieser Zwiste völlig ans und im Herzen Europa's tritt das deutsche Reich hervor, kräftig sich ablösend von den umgebenden Schwester¬ staaten. Ein neues germanisches Volk aus dem Norden, die Normannen, gründet selbstständige Reiche in Frankreich, England und Italien, und die arabische Kultur beginnt ihren Einfluß fühlbar zu machen in den ersten Keimen einer jugendlich beginnenden Geistesbildung, ein schwacher Ersatz für die verlorene altrömische Kultur, deren letzte Spuren gegen Ende des sechsten Jahrhunderts völlig verschwanden, und ein Vorläufer der christ¬ lichen Bildung, deren erste Keime in dem nun folgenden Zeitalter der geistigen Barbarei kaum einen schwachen Lebensfunken zeigten. Die Ent- wickelnngsperioden der Völker zählen sich nach Jahrhunderten, wie die der einzelnen Menschen nach Jahren und Tagen. Die Vorsehung läßt kein Samenkorn verloren gehen und sie allein weiß Zeit und Stunde. Kein anderes Herrschergeschlecht hatte eine solche Ahnenreihe großer Fürsten aufzuzeigen, als der fränkische Stamm vom ersten Pipin bis auf den großen Karl. Nie stand der Sohn dem Vater nach, sondern jeder neue Sprosse des Hauses erblühte nur in höherem Geiste und gesteigerter Kraft. In Karl aber hatte die Natur ihren Gipfel erreicht, und er, der Alles groß vollführt hatte, hinterließ ein mächtiges Reich, aber keinen großen Sohn, um es im Geiste des Vaters zu regieren. Während das römische Reich selbst unter seinen schwachen und ausgearteten Kaisern noch immer Jahrhunderte überleben konnte, weil es in seinem Senat und seinem