167 sein großmüthiges Herz und sein einsichtiger Verstand war stets zum Verzeihen bereit. Die schwere Prüfungszeit begann für Otto mit einem Krieg gegen Böhmen. Boleslaw von Böhmen hatte seinen Bruder, Herzog Wücslaw (Wenzel) den Heiligen, erschlagen und weigerte sich dem deutschen Könige zu huldigen. Es erfolgte ein harter 14 jähriger Kampf zwischen ihm und Otto; erst nach vielen Niederlagen gelang es den Sachsen, einen entschei¬ denden Sieg über die Böhmen zu gewinnen. Bald begannen auch die deutschen Vasallen ihr Haupt zu erheben. Die mächtige Hand Otto's war ihnen zu gewaltig. Die Franken, die es nicht vergessen konnten, daß ehedem Könige aus ihrem Stamme über Deutschland geherrscht hatten, mochten den Stolz der Sachsen nicht ertragen, der seit Heinrich's siegreicher Regierung für sie sehr fühlbar geworden war; die Lothringer und Baiern erhoben sich im Aufruhr, an ihrer Spitze des Königs eigener Bruder Heinrich, welcher ein größeres Anrecht auf die Krone zu haben vermeinte als Otto, indem er geboren ward, als sein Vater Heinrich schon die Königswürde besaß. Otto besiegte seinen Bruder mit einer kleinen Schaar, wie durch ein Wunder und belagerte ihn später in Merseburg; dazu brachen die Wenden und Ungarn in's Reich; der Noth schien kein Ende. Nach mühevollen Kämpfen gelang es Otto endlich, die Bundesgenossen seines Bruders zu beugen und die wilden Völker im Osten zurückzudrängen. Dreimal gewann er den Preis des Kampfes gegen große Uebermacht „durch Gottes Gnade", der sich der fromme Kaiser vor jeder Schlacht mit demüthigem Gebet empfahl. Endlich brach sich auch Heinrich's Grimm. Nachdem Otto ihm schon ein Mal verziehen und er auf's Neue die Waffen ergriffen, ja selbst den Anschlag eines Brudermordes nicht gescheut hatte, ergriff ihn nach abermaliger Begnadigung des Königs die tiefste Reue. In Frankfurt, wo Otto das Christfest feierte, warf sich Heinrich in härenem Gewand mit entblößten Füßen in der Christmette vor ihm nieder. Unter dem frommen Kirchengesang „Friede auf Erden" hob Otto den Reuigen auf und tilgte die Schuld in seinem Herzen. Von dieser Zeit an „wollten die Brüder stets ein und dasselbe und man hat bald gesagt, es sei gewesen, als ob sie zusammen Deutschland regierten." In diesen Verein gehörte auch Bruno, des Königs zweiter Bruder, welcher, von Kind an zur Kirche bestimmt, an edler Gesinnung und Gelehrsamkeit die Ersten seiner Zeit überstrahlend, seinem Bruder als treuer Helfer zeitlebens zur Seite stand. Auf die Bitte der Königin Mathilde, seiner Mutter, verlieh Otto in der Folge seinem Bruder Heinrich das Herzogthum Baiern; das erledigte Schwaben verlieh Otto seinem Tochtermanne Konrad; die aufrührerischen Fürsten und Bischöfe waren zum Gehorsam gebracht, die Ungarn von den Grenzen zurückgetrieben und die Slaven sollten durch Einführung des Christenthums allmählich besänftigt werden. Während Deutschland in ungewohnter Sicherheit seine inneren Kräfte zu entwickeln begann und Handel und Gewerbe sich zusehends erhoben,