288 den großen Freiheitsbrief (magna Charta) zu geben, in welchem nicht nur die Unabhängigkeit Englands, sondern auch das persönliche Recht eines jeden Bürgers gesichert wurde. Nur mit Mühe konnte sich Johann's Sohn, Heinrich III., der von dem größten Theile der Nation zum Könige von England ausgerusen ward, behaupten; als aber auch er, französischen Günstlingen hingegeben, das Land durch päpstliche Erpressungen bedrücken ließ, ergriffen die Reichsbarone, welche schon im Jahre 1222 einen Reichsrath bildeten (das obere Parlament), die Zügel der Regierung, und der König, der mit seinem Anhänge gegen sie auszog, gerieth in Gefangenschaft, aus der ihn sein tapferer Sohn Eduard befreite. Wie die Könige von England in ihrer Macht allmählich beschränkt wurden, und die Rechte des Volkes sich hoben, so wurden dagegen die Könige von Frankreich durch Ausdehnung ihrer Hoheitsrechte über die eroberten Pro¬ vinzen stets mächtiger und reicher, so daß die Königsgewalt allmählich den Vasallen gegenüber zu einer unbeschränkten wurde. II. Kultur - Entwickelung während der Kreuzzüge. §• 1. Das Mönchsthum. Die Weltherrschaft durch die Macht des kaiserlichen Thrones oder des päpstlichen Stuhles war bisher der Grundton des ganzen Mittelalters gewesen. Die wunderbaren Erscheinungen, welche, aus seiner eigenen innersten Tiefe entsprossen und äußerlich Gestalt gewinnend, seinen Gang begleiteten, und durch ihren zurückwirkenden Einfluß lenkten, führen stets aus den großen Kamps der geistlichen und weltlichen Gewalt zurück, aus welchem die Geschichte des Mittelalters sich auferbaut. Dem Mönchs- thum steht das Ritter wesen, der geistlichen Scholastik die romantische Poesie gegenüber. Die Kreuzzüge waren der Ziel- und Brennpunkt, in welchem die beiden Mächte eine Vereinigung fanden, welche Kraft hatte die Welt muzugestalten; sie werden deshalb mit vollem Recht die Blüthe des Mittelalters genannt. Ausgehend von dem merkwürdigen Lande, in welchem das Reich des Lebens unmittelbar an das des Todes grenzt, wo die wundersame Oede der Sandwüste unter einem stets wolkenlosen Himmel dem, der die Welt verschmäht, einen ungestörten Aufenthalt darbietet, aus dem brennenden Sande Libhens, von den ägyptischen Einsiedlern und Anachoreten am