320 1273 wurde nach dein Rache des Erzbischofs von Mainz, Werner von Eppenstein, der Graf Rudolf von Habsburg als Kaiser erwählt, dessen geringe Stammgüter im Elsaß ihrer Herrschsucht, wie sie meinten, nicht gefährlich, seine Frömmigkeit, Tapferkeit und Entschlossenheit aber für das Wohl des Reiches günstig und ersprießlich sein konnte. Rudolf von Habsburg gehörte einem edlen, aber unbegüterten Geschlecht in Oberschwaben (Aargan) an; Friedrich II. hatte ihn einst aus der Taufe gehoben und zum Ritter geschlagen. Dreimal hatte Rudolf den Kaiser nach Italien begleitet und bei ihm und seinem Sohne treu ausgehalten trotz Bann und Interdikt. In der Zeit des Interregnums wußte er seinen Bortheil auf nicht allzngewissenhafte Weise wohl zu wahren und durch glückliche Fehden mit dem Bischof von Basel und Straßburg, durch einen vortheilhaften Vertrag über das Erbe der Grafen von Kybnrg, seiner Verwandten, eine angesehene Stellung in Schwaben und Elsaß zu gewinnen. Als Rudolf zur Regierung gelangte, war er fünf und fünfzig Jahre alt; ein hochgewachsener Mann von blasser Gesichtsfarbe, mit einer Habichts¬ nase und spärlichem Haupthaar, ein tapferer Kriegsmann, ohne gelehrte Bildung, von nüchternem, praktischem Verstände und tüchtiger Willens¬ kraft, schlicht in seinem Wesen, einfach und mäßig in seinem Leben, von Stolz und Prunkliebe weit entfernt und mit Sinn und Gedanken stets auf das Eine gerichtet, was Roth that. Unter den Fürsten des deutschen Reiches war Ottokar von Böhmen der Einzige, welcher sich der neuen Wahl nicht fügen wollte. Der armselige Landgraf, so meinte er, dürfe seinem königlichen Ansehen nicht vorgesetzt werden. Rudolf's alter Gegner aber, der Bischof von Basel, empfand bei der Nachricht der neuen Königswahl großen Schrecken. „Herr Gott," rief er aus, „nun sitze fest, sonst wird der Rudolf sich auf deinen Platz setzen." Die Aufgabe des neuen Königs war keine leichte. Er sollte ein Wiederhersteller, ein Mehrer des Reiches sein. Keiner aber, der sich zu dessen Nachtheil unrechtmäßige Eingriffe erlaubt hatte, wollte sich im Ge¬ ringsten beeinträchtigen lassen. Rudolf's erste Sorge war, den über- müthigen Böhmenkönig zur Anerkennung zu zwingen. Er ward zur Ver¬ antwortung auf einen Reichstag nach Augsburg geladen und als er nicht erschien, sondern durch einen Gesandten ungebührliche Reden führen ließ, wurde die Reichsacht gegen ihn ausgesprochen. Am Johannistag 1276 erklärte Rudolf den Krieg an Böhmen. Ottokar lachte zu der Nachricht und begab sich auf die Jagd. „Wo ist Euer Schatzmeister?" fragte einer der Ritter den König Rudolf. „Was Schatzmeister," war die Antwort, „ich besitze fünf Schillinge." „Wie gedenkt Ihr Euer Heer zu erhalten?" „Dafür wird der liebe Gott unterwegs sorgen." Durch Leutseligkeit und Klugheit gewann er auf dem Zuge die Herzen mancher feindlich gesinnten Großen, verbündete sich mit dem Herzog Ludwig von Baiern, dem er eine seiner Töchter zur Gemahlin gab, wie er denn über-