300 auch die Edlen gar lustbarlich, vnd kleiden sich köstlich, zieren sich mit Gold, sylber und seiden, sunderlichen die Weiber im Hauß vnd ausserhalb dem Hanß. Vnd wann sie ausgahn, volgt jnen nach ein Haussen gesinds vnd gähn so langsam vnd sittlich, vnd machen so wohlbedachte Schritt in jrem Gang, daß das gemeine Volk sie einwegs an jren Ge¬ berden erkennt. So aber ein ferner Weg vorhanden ist, gond sie nit zu fuß, dann sie meinen, es were jnen vnerlich vnd ein vrkund der Dürftigkeit; aber rauben, wann sie not angat, schmehen sie jren theil nit. Wann jnen ein schwach von jmand begegnet, tragen sie es selten mit dem recht aufs, sundern sie versammeln jre reisige gespannen, vnd rächen sich mit dem schwert, feuer vnd raub, vnd zwingen also die jnen widerdrnß haben gethan, zu dem Genugthnung." Kein Wunder, daß Niemand mehr auf persönliche Sicherheit rechnen durfte. Unter der Regierung der Kaiser Sigmund, Albrecht II., Fried¬ rich III. gab es nichts als Fehden der Herzöge, Grafen und Bischöfe gegen die Ritter und Städte, und die Reichsgeschichte dieser Zeit ist nur ein Gewirre grausamer Verheerungen, blutiger Kämpfe und Empörungen. In diese Zeit fällt, um nur ein Beispiel des Faustrechtes anzuführen, der sächsische Prinzenranb, welcher sich im Jahre 1455 zutrug. In Sachsen regierte damals Kurfürst Friedrich der Sanstmüthige, welcher mit seinem Bruder, dem Landgrafen Wilhelm von Thüringen, Fehde hatte, wobei ein tapferer Ritter, Kunz von Kanfungen, seine thürin¬ gischen Güter verlor. Der edle Kurfürst entschädigte denselben mit Gü¬ tern in Meißen. Als aber zwischen den Brüdern Friede wurde und Kunz seine thüringischen Besitzthümer wieder znrückerhielt, sollte er die meißni¬ schen Erwerbungen herausgeben. Darüber ergrimmte der habsüchtige Mann und faßte den Entschluß, im Vereine mit den Rittern Wilhelm von Mosen und Wilhelm von S ch ö n f e l s die beiden Prinzen des Kur¬ fürsten, Ernst und Albrecht, Knaben von II bis 13 Jahren, aus dem Schlosse Altenburg zu entführen, zur Zeit, da der Kurfürst eben abwesend war. Vergebens rief ihnen die herbeieilende Mutter, den Thäter erken¬ nend, nach: „Ach, lieber Kunz! thue nicht so übel an mir und meinem lieben Herrn! Verschone meine Kinder! es sollen alle Deine Sachen gut werden!" Kunz übergab den älteren Prinzen Ernst seinen Gefährten, die mit ihm nach Franken flohen, er selbst wollte mit dem kleinen Albrecht nach Böhmen gehen. In einem Walde erlaubte er dem Prinzen, welcher über Durst klagte, abzusteigen, um sich Erdbeeren zu pflücken. Da kam eben des Weges der Kohlenbrenner Schmidt, dem sich Albrecht zu er¬ kennen gab. Jener rief sogleich seine Leute zusammen, nahm den Kunz gefangen und führte ihn sammt dem Prinzen nach Altenbnrg. Darauf lieferten auch die beiden anderen Ritter, als sie hörten, daß Kunz gefangen sei, den Prinzen Ernst aus das Versprechen der Begnadigung aus. Kunz yon Kanfungen wurde einem Geschwornengerichte zu Freiberg übergeben, welches ihn zum Tode verurtheilte. Dessenungeachtet wollte ihn der edle