166 Erster Zeitraum. beten die fremden wilden Völker, welche sammtlich Feinde der Christen waren, und bisher im Dunkel des Unglaubens und der rohesten Unwissenheit gelebt hat¬ ten, der guten Sache unbeschreiblich. Die Christen durften unter den fremden barbari¬ rischen Siegern anfangs ihrer Religion kaum geden¬ ken; hernach nahmen zwar die Fremdlinge selbst all¬ malig den Glauben der Besiegten an, aber man kann wo! denken, welcher unwürdige Geist bei ihnen, den kriegerischen Barbaren, in der Annahme walten mußte. Zudem hatte Aberglaube und Misverstand schon den Sinn dieser freundlichen Religion entstellt; nun kömmt noch Unwißenheit und Wildheit hinzu: ganze Lander waren das Eigenthum roher Völker geworden, das Unglück der Bewohner war unbeschreiblich groß, und die allgemeine Muthlosigkeit ließ zu keinen Maaß- regeln und Mitteln zur Verbesserung gelangen. Wenn auch einmal ein würdiger Mann lehrte, so fand er kei¬ ne Empfänglichkeit; die Geistlichen waren so trage und unwissend, daß ste zu nichts besserm zu bringen waren, als daß sie bei den nothwendigsten, äußern Ge¬ bräuchen der Gottesverehrung Dienste verrichteten. Zustand der christlichen Geistlichkeit. Der traurige Zustand, worin die Menschen schmachteten, wurde jetzt auch noch durch die große Macht der Geistlichen vermehrt: sie war den Fortschreiten des Verstandes höchst schädlich; man ließ die Menschen gern in Unwissenheit und irrigen Reli- gions r Begriffen, um sie desto sicherer zu beherrschen. Der Grund dieser Macht war ein Schein von Gelehr¬ samkeit, welchen die Geistlichen sich zu geben wußten; v