355 Nordischer Krieg, daher willkührlich, was ihm Recht dünkte, kürzte die Prozesse ab, setzte junge Verschwender auf hölzerne Esel, oder schiektc sie nach Spandau, befahl, Kindesmvrderin. nen in Sacken, die sie selbst machen mußten, ins Wasser zu werfen, verurtheilte den Herrn von Schlubhttth, der als Edelmann vor dem Hängen sicher zu seyn glaubte, wegen Unterschlcifs augenblicklich zum Galgen, und übte, wo er gicng und stand, eine prompte Justiz. Jeder¬ mann, zumal Frauen und Kinder, zitterten, wenn sie ihn nur von Weitem sahen; denn er fragte nach Mlem, schnarrte, wenn ihm eine Antwort nicht gesiel, sein: »räsvnnir Er nicht!« durel) die Nase, und faßte sich kür¬ zer in Worten als in Schlägen. Davonkaufen war mei¬ stens auch nicht ratbsam, weil er gleich Jemand hinter¬ drein schickte. Den Haarbeuteln und gewissen andern Moden aus Frankreich schwur er als erklärter Freund der Zopfe den Untergang: Treibjagden im mcilengroßen Parfvrccgartcn bei Wusterhausen liebte er ungemein; sonst aber führte er das Leben eines Bürgers, entließ die Heyducken , Läufer, Lakaien, sowie die 24 Hostrompetcr und Pauckcr seines Vaters, begnügte sich mit 46 Pagen und 6 Lakaien, wollte täglich mit 55 Thalern Haushal¬ ten , und gab dem Einen seiner Minister nur 2000 Tha- ler Besoldung. Die Markgrasin von Bayreuth spricht mit Mißbehagen und Uebertreibung von der Einfachheit seiner Lebensweise. «Um 7 Uhr weckte mich das E.rcr- ciren in meiner Stube zur ebnen Erde; von 10 Uhr an verseufzte ich mit meiner Mutter (Sophia Dorothea, geboren den 26. März 1687 , verheurathet den 28. Nov. 1706, Schwester Georgs II. von England) in den Zim¬ mern neben denen des Königs den Morgen; endlich kam die Tafelstundc: das Essen bestand aus 6 übel bereite¬ ten Schüsseln, die für 24 Personen hinreichen sollten, so daß die Mehrstcn vom Gerüche satt werden mußten; nach aufgehobner Tafel setzte sich der König in einen hölzernen Lehnstuhl, und schlief 2 Stunden; solange er schlief, arbeitete ich, sobald er aufwachte, gieng er fort; 23*