88. Frankreich unter Königen aus dem Hause der Lapetinger. 443 Freunde; in der allgemeinen Parteiung der Zeit fand er Mittel, eine Art von Coalition zu Stande zu bringen, welche es auf eine Unter¬ drückung der aufkommenden Königsmacht und sogar auf eine Theilung von Frankreich absah. Aber der König, von seinen Baronen und seinen Communen wetteifernd unterstützt, blieb auch jetzt der Stärkere; auf dem Schlachtfelde von Bouvines 1214 wies er die Angriffe der Ver¬ bündeten siegreich zurück. Sogar die Hoffnung, mit seiner Krone die englische zu vereinigen, eröffnete sich damals dem Könige von Frank¬ reich. (Das Nähere s. Nr. 91.) Man trägt nichts Fremdes in diese alten Zeiten, wenn man be¬ hauptet, daß mit diesen Ereignissen die erste lebendige Regung eines Gemeingefühls der französischen Nation verbunden war. In allen ver¬ schiedenen Gebieten des Landes, sagt ein Zeitgenosse, wurde die Freude des Sieges empfunden. Dem großen Gewinne der Krone, der hierin liegt, gesellte sich b^ld eine zweite, nicht viel minder bedeutende Erwerbung auf etwas ver¬ schiedener Grundlage zu. Es war mit Nichte^ die Absicht des Papstes und seines Legaten, bei ihren Unternehmungen gegen Raimund VI. von Toulouse (s. Nr. 89), die Macht der französischen Krone zu ver¬ mehren; sie wollten die albigensischen Meinungen vertilgen, die derselbe beschützte, und übergaben das eroberte Land an den eifrigsten Führer des Heeres, Simon von Montfort, weil dieser allein fähig schien, den Katholicismus aufrecht zu erhalten. Sie hielten dafür, da der König von Frankreich so wenig für die Eroberung des Landes gethan, so habe er auch kein Recht, über dasselbe zu verfügen. Allein die Montforts besaßen bei Weitem nicht die nachhaltigen Kräfte, die dazu gehörten, das Land zu behaupten; sie übertrugen selbst ihr Recht an den König von Frankreich; diesem riethen die in Paris versammelten Großen des Reiches, 25 weltliche Herren, 17 Bischöfe und Erzbischöfe, das Aner¬ bieten anzunehmen, und versprachen ihin hierfür besonders treuen Bei¬ stand. Wie in der englisch-normannischen Sache, so beförderten die Großen von Frankreich auch in der albigensischen den Vortheil des Kö¬ nigthums. Ludwig VIII. (1223—1226), der sich dazu entschloß, erlag in dem Kampfe; dessen Wittwe Blanca, an welche mit der Regentschaft auch die Kriegführung kam, gerieth darüber in große Gefahr, aber wohl berathen und unterstützt, wußte sie endlich Alles zu beruhigen. Der Graf von Toulouse ward zu einer Uebereinkunft genöthigt, welche, nach der Bemerkung eines römischen Schriftstellers, für die Kirche und die Krone nicht günstiger hätte ausfallen können, wenn er in offener Feldschlacht gefangen worden wäre. Zwei Drittheile des Landes gelangten unmittelbar an die Krone, das letzte Drittheil behielt der Graf noch auf seine Lebenszeit; doch übertrug er das Erb¬ recht dazu ausschließend auf seine Tochter, die mit dem dritten Sohne Blanca's vermählt werden sollte. So erwarb sich die westfränkische Krone Gehorsam in ihrem ganzen Gebiete; diese beiden Unternehmungen