115. Papst Bonifazius VIII. und König Philipp IV. von Frankreich. 591 borgene Waffen zu tragen, strenger beobachtet wissen, erlaubten sich da¬ her Visitationen der Kirchengänger und benutzten die Visitationen auf die frevelhafteste Weise zu Muthwillen gegen die Frauen. Einem der¬ selben, Drouet genannt, riß ein junger Mann den eigenen Degen von der Seite und durchbohrte ihn; die Frauen flohen; die Männer er¬ griffen in Ermangelung besserer Waffen Steine und schlugen die Fran¬ zosen zurück; dann ertönte in der Stadt der Ruf: „Nieder mit den Franzosen!" und von allen Seiten begann das Morden, das sich rasch von Palermo aus über mehrere andere Theile der Insel fortsctzte. Die Palermitaner constituirten sich sofort als Republik, pflanzten das Reichs¬ panier mit dem Adler auf, das ihnen seit den hohenstaufischen Zeiten werth war, und ernannten einen Capitan und Rathmannen. Als die Empörung der Sicilianer die Könige von Neapel und von Aragonien zu handeln zwang, wandte Karl seine ganze Macht gegen Sicilien. Peter aber verließ mit einer Flotte die spanischen Küsten, zunächst um scheinbar die Saracenen anzugreifen. Leicht fiel ihm das feste Schloß Alcoll in Africa in die Hände und während er sich mit dem Heere noch hier befand, kam ihm die erste Nachricht von dem Auf¬ stande der Sicilianer zu. Die Verschworenen hatten zwar zunächst das Volk bei der Freiheit, die es ausrief, gelassen, allein bei der sich bald mehr und mehr aufdringenden Nothwendigkeit, einen Rückhalt zu ge¬ winnen, lenkten sie alle Gemüther auf Peter und ordneten Boten an ihn ab. Schon hatte Karl ein Heer über die Meerenge gesetzt und belagerte Messina zu Wasser und zu Lande, als sich endlich der vor¬ sichtige Aragonese bestimmt für die Sicilianer erklärte, seine Flotte nach Westen wandte und am 30. August, vom Jubel des Volkes begrüßt, bei Trapani landete. Im October sah sich endlich Karl zur Aufhebung der Belagerung von Messina genöthigt und seine Flotte erlitt noch auf dem Rückzuge bei Reggio eine harte Niederlage. 115. Papst Bonifazius VIII, und König Philipp IV» von Frankreich. (Nach Jos. Aschbach, in dessen allgemeinem Kirchenlexicon.) Bonifazius VIII. gehört zu den größten und merkwürdigsten Päpsten; durch eine große Geschäftsgewandtheit, ausgezeichnete Rechts¬ kunde, vielseitige Gelehrsamkeit, Entschiedenheit des Charakters, Fröm¬ migkeit des Sinnes und Tadellosigkeit des Lebenswandels, schien er vor allen anderen dazu berufen, die Tage Gregor's VII. und Jnnocenz' III. wieder zurückzuführen. Schon die Pracht bei seiner Krönung deutete auf seinen Entschluß, das Pontificat auch äußerlich zu heben. Er nahm eine doppelte Krone an. Aus allen seinen Handlungen leuchtete klar hervor, daß er die Kirche auch äußerlich herrschend über alle weltlichen