Das britische Reich. 213 DeS Morgens fängt das Leben in London später an als bei uns. Selbst an den schönsten Sommertagen sind die Straßen bis 7, selbst Z Uhr sehr menschenleer. Man begegnet fast wenigeren Fußgängern als Postkutschen, die nach allen Richtungen abgehen, desgleichen den großen Kohlenwagen, die von 7 ungeheuren Nossen vom User der Themse durch enge Gänge nach der Hauptstraße hinaufgeschleppt werden, um alle Häuser mit Brennmaterial zu versehen. Diese Kohlen sind in starken Säcken neben einander geschichtet, aus welchen sie vor jeder Hausthüre durch runde, mit einer beweglichen Eisendccke versehene Oeffnungen gleich in das Küchen- und Kellergeschoß hinabgeschüttct werden, ohne das Innere des Hauses zu berühren. Daneben begegnet man den flci; nen Unglücklichen, welche um die von Ruß gefüllten Schornsteine zu reinigen, sich in die engen Schlüfte hinaufzwängen müssen, und in dem härtesten und traurigsten aller Geschäfte um ihre schönen Kinderjahre, oft um Gesundheit und Leben kommen. Es ist ein Iammeranblick, wenn man die 7 — 8 jährigen Knäbchen, an de¬ nen nichts weiß ist, als etwa das Auge, die Borstbesen in der Hand, einen Sack auf der Schulter, eine schwarze Binde um den Kopf, ihr kläglich tönendes Sweep (swihp), d. i. Kehren! ausrufen, oder in kleinen Gassen aus den Kellern elender Häuser, wo sie die Nacht zubringen, wie aus einem unterirdischen Nest, die kleinen Mohrenköpfe herausstecken und nach Luft schnappen sieht. Fast eben so widrig ist der Anblick der Kccidcraufkäufer, die: old Clotlis (old Klahs), d. i. alte Kleider! ausrufend, jeden Morgen die Straßen mit großen Säcken durchziehen, oder gar der schmutzigen Gesellen, die durch ihr gellendes: Cats bee£ (Kehts Bih-f), d. i. Katzenfleisch! zum Futter für Katzen und Hunde Käufer einladen, und ihnen den ekelhaften Fraß genau zur wägen- In den Fahrwegen der Straßen sind die Gassenkehrer beschäftigt, den Koth wegzuschaffen; vor den Häusern aber die Hausmädchen, die Fußtritte und Steinwege zu scheuern. Freund¬ licher erinnern die Milchfrauen, mit ihren reinlichen hölzernen und kupfernen Eimern, an die nahe Stunde des Frühstücks. Nach und nach werden die Kaufläden ihrer nächtlichen Decken entkleidet. Die Lehrlinge sind emsig mit dem Abreiben und Putzen der Glas¬ fenster beschäftigt. Der bunte Waarenschmuck erscheint wieder, und jetzt kaun man ungestört vom Gedränge alles am gemächlich/ sten beschauen. Gegen 9 Uhr und früher noch in der City als in West- minster — mehrt sich die Menschenmenge. Die Kaffeehäuser fül/ len sich mit jeder Stunde. Die Tagsblätter sind erschienen, und jeder eilt, des einen oder des andern habhaft zu werden. Die Sitze und Tische sind durch fast mannshohe Scheidewände von Mahagonyholz von einander geschieden, und man sucht die leeren Plätze, um desto ungestörter die Neuigkeiten des Tages aus die¬ I