331 müssen sich oft durch einen kühnen Lauf durchs Feuer retten. Noch grauenhafter wird der Brand, wenn ein Schilfwald brennt, und ein Feuerstrom knisternd und prasselnd das Thal herabzieht. Wie schwirren da die Vogelschaaren schreiend empor, kommen Wölfe aus dem Dickicht geschossen und stürzt mancher fliehende Pelikan oder Hänfling in das Feuer! Nach dem Brande erscheinen endlich die Winterstürme und fegen die Steppe rein. Sie brechen das dürre Schilf, knicken der Windhexe den Kopf ab und treiben ihn hüpfend wie einen Federball über die Steppe, bis er in ganzen Wolken ins Meer fällt. Bald sinkt auch Schnee nieder und deckt die Steppe zu, so daß sich die Heerden ihr karges Futter unter dem Schnee hervorscharren müssen. Jetzt treibt sie der Hirt in die Umzäunung des Winterschuppens, der nur znm kleinsten Theil bedeckt ist. Frierend und hungernd drängen sich die Thiere an einander, um sich zu er¬ wärmen, doch manches erliegt dem Klima und dem Mangel. Auf der Steppe aber treiben die rasenden Schneestürme ihr wildes Spiel, welches Denen Verderben bringt, die von ihnen überfallen werden. Bei heiterem Himmel bricht der Schneesturm heulend herein und rast gewöhnlich drei Tage. Er hebt den lockern Schnee vom Boden auf, wirbelt ihn durcheinander und sendet dann zugleich ans schweren Wolken ein furchtbares Schneewetter herab, daß Erde und Himmel in wirbelnde Schneewogen aufgelöst scheinen. Da kann man kein Auge öffnen, keine Richtung finden, sondern wird vom Sturm willen¬ los fortgetrieben. Werden Heerden von ihm auf der Steppe über¬ fallen, so sind sie fast immer verloren. Die Pferde stürzen immer wild auseinander, rennen unaufhaltsam davon, bis sie in eine Schnee¬ schlucht fallen oder athemlos niederstürzen. Die Schafe drängen sich zu einem Keile zusammen und fliehen vor dem Winde her, die Rinder werden unruhig und laufen weg. Da giebt es kein Halten, denn der Hirt selbst kann sich kaum aufrecht erhalten und muß dem Sturm folgen. Wenn nicht der Zufall ihn und die Heerde rettet, so wird er mit ihr ins Meer oder ein Flußthal getrieben und, wenn er vorher ermattet, vom Schnee begraben. Wolf, Hund und Geier Nsiden im Frühjahr in allen Schluchten daher reiche Beute; denn die Kirgisen verloren z. B. 1827 durch einen solchen Sturm 1 Mill. Schafe, 280,000 Pferde, 30,000 Rinder und 10,000 Kameele. Drei bis vier Monate heherrscht der Winter die Steppe; die Heerden magern ab und fressen einander oft die Haare ab; die schwachen Thiere erliegen, die Steppe ist unzugänglich, leblos wie ein Todten¬ gewölbe und harrt des kommenden Frühlings. Diese Steppe ist aber auch der sicherste Schutz des Landes gegen das Eindringen der Feinde, die wegen Mangel und bei der Unwegsamkeit stets ihren Untergang finden müssen. Nur mit großen Verlusten kann ein Heer sie in Eilmärschen durchziehen, denn selbst die Handels-