51 Jthamar.- Entwendet haft du's! Was hilft dir das Lügen? — Da riß er dem Greise ungestüm die Bürde vom Rücken, und warf ste über die Brücke hinab, dem Strome zum Spiele. ,,Nun ist der Streit zu Ende," sagte er höhnisch und trabte wild in das Haus. Semnon sah ihm wehmüthig nach, und wankte nassen Blickes von dannen. Nach einigen Tagcn ward die Luft wärmer. Der Eis- stoß ging Da schwammen die Stücke mächtig heran, und bäumten sich krachend an den Jochen empor. Schollen zer¬ borsten zu Schollen, und Trümmer zu Trümmern. Eis¬ klöße sammelten sich sträubend zu Haufen, und stemmten sich, und schwellten die Wasser des reißenden Stromes. Da kam Chalisson, Jthamar's Sohn, aus der Stadt, und wollte über die Brücke wandern. Aber er bebte un¬ schlüssig und erschrocken zurück, als er die Schauderscene sah. Semnon selbst, der eben in der Gegend einen Kahn zimmerte, mißrieth ihm, sein Leben in die Todesgefahr zu wagen. Jthamar sah's. „Komm hurtig herüber," rief er trotzig; „die Brücke wird eben nicht brechen. Weiß Gott, zu was dich sonst der alte Haderer noch verleiten würde. Komm herüber!" Chalisson lief Stoß auf Stoß an die Brücke Ec wankte. — — Noch ein Stoß. Jetzt siel er nieder.-Nun wieder einer.-Da sank die Brücke und stürzte in das Wasser und der Knabe mit. Wie wü¬ thete da der Vater drüben, wie jammerte Semnon, der Greis, herüber! Fürchterlich heulte im Flusse der Knabe und schrie um Hülfe An einem Balken angeklemmt, halb vom Eise erdrückt, riß ihn der Strom bin. Untröstlich lief der Jäger am Gestade umher, stampfte den Boden, und schrie und rang muthlos die Hände. Wie konnte er hoffen, daß der Fischer den Unglückilchen retten würde? Aber Semnon mit den Süberhaaren sprang beherzt in seinen Kahn, und zwang ihn muthig durch die Schollen und durch dre Tannenbalken der Brücke, riß den Knaben aus dem Strudel, und brachte ihn glücklich .zum Vater an's Land. „Hier gebe ich dir deinen Sohn zurück," sagte er liebreich mit einem Tone, der selbst Wölfe bezähmt hätte; „sieh, er ist frisch und gesund, nur ein wenig erschrocken." Jthamar getraute sich nicht, die Augen aufzuschlagen, und 3 *