179 ser Zeit im Buche des Lebens. Noch stehen wir stau¬ nend vor den riesengroßen, wunderbar ergreifenden, wür¬ devollen Tempeln, die meistens gerade aus jener Zeit stam¬ men, die von Manchen als eine dunkle Nacht betrachtet wird. In diesen Tempeln erschollen die hehren Gesänge zum Lobe Gottes, und die beredte Stimme mancher eifrigen Prediger erschirtterte, rührte und hob die Herzen der Gläu¬ bigen. Das allerheiligste Altarssakrament war der Mit¬ telpunkt des christlichen Lebens, und das Frohnleichnams- fest wurde das Triumpffest des Glaubens und der Liebe zum Erlöser. 38. Die Kirch en trennung durch Luther. Wie sehr die Kirche selbst bemüht war, die in das äußere Leben derselben eingeschlichenen Mißbräuche zu besei¬ tigen, das beweisen die vielen, in eben dieser Zeit abge¬ haltenen Kirchenversammlungen. Dieselben wurden ge¬ balten zu Pisa 1409, zu Constan; 1414—1418, zu Basel 1431, zu Florenz 1439, im Lateran zu Nom 1510. Der Gegenstand aller Berathungen und Bestrebungen war die Verbesserung der Kirche an Haupt und Gliedern, nicht der Lehre selbst, denn diese war unverfälscht und bedurfte keiner Aenderung. Die in großer Zahl versammelten Väter der Kirche setzten eine Reihe der heilsamsten Verordnungen fest, und drangen auf strenge Beobachtung derselben. Mit Recht hegte man die schönsten Hoffnungen, daß die Be¬ mühungen so vieler Gutgesinnten und die Verwirklichung der von den lifrigen Seelenhirten gefaßten Beschlüsse alle eingerisscnen Mißbräuche abstellen und den Weizen vom Unkraute bald gänzlich wieder säubern würden. Allein diese schönen Hoffnungen auf eine bessereZukunft, die herbeigeführt würde durch allmähliges, aber sicheres Wirken der Kirche selbst, wurdenvernichtetdurch ein Ereigniß,welches das trau¬ rigste in der Kircheugeschichte ist bis auf den heutigen Tag. Dieses Ereigniß war die sogenannte Reformation. Hervorgerufen durch den unklugen und ungemäßigtcn Eifer eines Augustiner-Mönches, begünstigt durch alle Verhält¬ nisse der damaligen Zeit, hat sie der Kirche und allen Ver¬ hältnissen des Lebens die bittersten Früchte getragen. — Auf dem päpstlichen Stuble saß damals Leo X., ein Mann voll Kraft und Erfer für alles Gute, voll Liebe für Künste