69 laben non Essen und Trinken, von Hab und Gut, mit ihrer Last nicht hindurchkommen können. Wie kannst du dich auch nur freuen über deinen Überfluß an Essen und Trinken, so lange mben dir so viele sind, die hungern und dürsten! Nicht zum Selberessen, sondern zum Mit¬ theilen hat dir Gott so vieles gegeben, und wird dich einst darum zu finden wissen, wenn du kein treuer Haushalter bist über die mancherlei Gaben, die er dir zur Verwaltung anvertrauet hat. Weißt du, was der Herr sagt zu denen zu seiner Linken? „Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln. Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht ge- speiset; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich nicht getränket; ich bin ein Gast gewesen, und ihr habt mich nicht beherberget; ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich nicht bekleidet; ich bin krank und ge¬ fangen gewesen, und ihr habt mich nicht besuchet. Wahrlich, ich sage euch: was ihr nicht gethan habt einem unter diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht gethan." Und weißt du auch, wie es dem reichen Manne ging, der alle Tage herrlich und in Freuden lebte und den armen Lazarus vor seiner Thür Hm^er leiden ließ? Also iß selber und mache dich fett, wenn du dein Theil in diesem Leben dahinnehmen willst, wenn du zu dem großen Haufen gehören willst, der sich um Himmel oder Hölle nichts bekümmert, sondern das Liedlein des Leichtsinns anstimmt: Lasset uns essen und trinken, denn morgen sind wir todt. Glaubst du aber einen Himmel und möchtest gern nach des Lebens heißen Wochentagen den ewigen Sabbat feiern mit den Se¬ ligen, so gedenke des Wortes im Propheten Jesaias: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die, so im Elend sind, führe ins Haus; so du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entziehe dich nicht von deinem Fleisch! Alsdann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröthe, und deine Besserung wird schnell wachsen, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird dich zu sich nehmen." Arme Leute bringen einen Gruß vom lieben Gott mit. Schelten steht nicht wohl, wo man helfen soll. 106. Was mich nicht brennt, das blase ich nicht. Wie mancher hat schon gesagt: „Was mich nicht brennt, das blaseich nicht!" und ist vorübergegangen, wo er hätte helfen sollen. Das ist so ein Sprüchlein, womit sich die Geizigen, Hartherzigen und andere Leute dieser Art beruhigen, wenn der Geist nicht willig und das Fleisch schwach ist. So dachten auch der Priester und Levit, als sie den Armen in seinem Blute liegen ließen und sich aus dem Staube machten. Dachte auch der Samariter so? Dachte auch der brave Christoph Kollheim in einem Dörslein bei Duderstadt so? Der war ein blutarmer Schelm und ein Witwer dazu, und hatte drei Kinder, die gar oft sagten: „Vater, wie sind wir so hungrig!" Das hört ein Vater gern, wenn er Brot genug hat und noch etwas dazu; aber wie