Menschen vorübergeht, wenn er eine Leiche sieht, lind er blieb mit dein Hut in den Händen andächtig stehen, bis alles vorüber war. Doch machte er sich an den letzten vom Zug, der eben in der Stille ausrechnete, was er an seiner Baumwolle gewinnen könnte, wenn der Centner um zehn Gulden aufschlüge, ergriff ihn sachte am Mantel und bat ihn treuherzig um Ent¬ schuldigung. „Das muß wohl auch ein guter Freund von Euch gewesen sein," sagte er, „dem das Glöcklein läutet, daß Ihr so betrübt und nach¬ denklich mitgeht." „Kannitverstan!" war die Antwort. Da fielen un¬ serm guten Tuttlinger ein Paar große Thränen aus den Angen, und cs ward ihm auf einmal schwer und wieder leicht uin's Herz. „Armer Kan¬ nitverstan!" rief er aus, „was hast du nun von allem deinem Reichthum? Was ich einst von meiner Armuth auch bekomme: ein Todtenkleid und ein Leichentuch und von allen deinen schönen Blumen vielleicht einen Rosmarin auf die kalte Brust oder eine Raute." Mit diesen Gedanken begleitete er die Leiche, als wenn er dazu gehörte, bis an's Grab, sah den vermeinten Herrn Kannitverstan hinabsenken in seine Ruhestätte und ward von der holländischen Leichenpredigt, von der er kein Wort verstand, mehr gerübrt, als von mancher deutschen, auf die er nicht Acht gab. Endlich ging er leichten Herzens mit den andern wieder fort, verzehrte in einer Herberge, wo man deutsch verstand, mit gutem Appetit ein Stück Limburger Käse, und wenn es ihm einmal wieder schwer fallen wollte, daß so viele Leute in der Welt so reich seien, und er so arm, so dachte er nur an den Herrn Kannitverstan in Amsterdam, an sein großes Haus, an sein reiches Schiff und an sein enges Grab. 124. Drei Räthsel. 1. Sonst regnet's naß in's trockne Land; 2. Gewandte Finger, guter Wind jedoch ans einem Faste, sind Dinge, die mir nöthig sind; da regnet, nimmst du's in die dann spitz' den Mund und nimm Hand, mich vor — stets Trocknes in das Nasse. bald spitzen andere das Ohr. 3. Wer kann das rathen? der sag's geschwind: es ist meiner guten Eltern Kind, doch ist es nicht der Bruder mein, auch nicht mein liebes Schwesterlein. In aller Welt, wer mag das sein? 125. König und Kind. Der König Friedrich Wilhelm IV. von Preuszen war einst auf der Reise. In einem Dorfe wurde er festlich empfangen. Die Schulkinder mit ihrem Lehrer begrüszten ihn, und ein kleines Mäd¬ chen sagte ihm ein Gedicht her, worüber er sich sehr freute. „Du hast deine Sache schön gemacht, mein Kind“, sagte der hohe, freund-