106 6. Wer geht im fernen Thale den müden Pilgergang, im heiszen Sonnenstrahle die flache Haid’ entlang? — Sie wallen froh im Glauben, als blühten ihnen Lauben, der neuen Erde zu; und als der Tag verflossen, da beut, im Wald verschlossen, ein gastlich Dach dem Häuflein Ruh’. 7. 0 schaut den süszen Schlummer der Kleinen auf der Bank! In’s Mutterherz der Kummer, so viel es kämpfte, sank! „Wer wird sich doch der Armen im fremden Land erbarmen und ihr Fürbitter sein ? Wer wird das Herz erweichen? Die harten Menschen reichen dem Hungrigen für Brod den Stein.“ 8. Der fromme Dichter lächelt: „Sie stehn in Gottes Hut!“ Des Glaubens Palme fächelt ihm Freudigkeit und Muth; und wo sich solche Blüte entfaltet im Gemüthe, ist nimmer fern das Glück. Er geht hinaus in Eile und bringt nach kleiner Weile des Trostes goldnes Lied zurück: 9. „Befiehl du deine Wege, und was das Herze kränkt, der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt.“ Da däucht es ihren Sinnen, als ob die Furcht von hinnen und alle Sorge flöh’; denn kaum das Lied vernommen, ist über sie gekommen der Friede Gottes aus der Höh’. 10. Sie schwören still und schauen hinaus in Wald und Nacht und über dunkeln Auen der Sterne goldne Pracht; — sie schwören, ob die Wellen bis an die Seele schwellen, zu trauen für und für! Und als der Schwur vollzogen und himmelan geflogen, — da steht die Hülfe vor der Thür. 11. Denn drauszen scharrt im Sande bereits des Rosses Fusz ; es bringt aus Sachsenlande der Bote diesen Grusz: „Dem Sänger Heil und Frieden ! Ich bin hierher beschieden durch Churfürst Friederich! Er will den Dulder ehren, der, treu in Thun und Lehren, von Gottes Wegen nimmer wich. 12. Er hat dich auserkoren, zu weiden eine Herd’, und was du dort verloren, sei dreifach dir gewährt. Wohlauf! es graut der Morgen, dahinten lasz die Sorgen und reiche mir die Hand! Es winken uns die Grenzen ; eh’ wieder Sterne glänzen, umfängt dich Freund und Vater¬ land.“ 166. Der Regenbogen. 1. Das Wetter zieht hernieder an ferner Bergeswand; die Bögel singen wieder, frisch duftet Flur und Land; am Himmel, noch umzogen * vom grauen Wolkenflor, thut schon der Regenbogen mildleuchtend sich hervor.