136 202. 1. Wenn alles eben käme, wie du gewollt es hast, und Gott dir gar nichts nähme, und gab’ dir keine Last: wie wär’s da um dein Sterben, du Menschenkind, bestellt? Du müsztest fast verderben, so lieb wär' dir die Welt. Trost 2. Nun fällt, eins nach dem andern, manch siiszes Band dir ab, und heiter kannst du wandern gen Himmel durch das Grab. Dein Zagen ist gebrochen und deine Seele hofft; — dies ward schon oft gesprochen, doch spricht man’s nie zu oft. 203. Der Hauptmann von Wismar. Gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts, als die nord¬ deutsche Hansa in ihrer Blüte stand, kam nach Wismar mitten im Winter die Nachricht, dasz Stockholm in Schweden hart von den Dänen belagert würde und die Bürger grossen Hunger litten, und wenn sie nicht nächstens entsetzt würden, so müssten sie aus Noth die Stadt übergeben. Um das zu verhindern, wurden in dem Tief von Wismar acht grosse Schiffe ausgerüstet; diese wurden mit Korn, Mehl und anderen Lebensmitteln beladen und mit kühnen Männern besetzt, den Holm zu befreien. Es war aber mitten im Winter, da diese Schiffe ausliefen; sie hatten einen Hauptmann, Namens Meister Hugo. Die Dänen hatten aber auch einen Haufen Schiffe in See, um auf ihre Feinde Acht zu geben. Da begab sich, dasz plötzlich ein so starker Frost eintrat, dasz die Schiffe in der See einfroren und konnten nirgend hinkommen. Als nun der Hauptmann von Wismar sah, dasz der Frost so heftig überhand nahm, da sprach er zu den Schiffern und anderen Kriegs¬ leuten also: „Liebe Gesellen, ihr sehet, dasz wir hier eingefroren liegen, und dürfen uns nicht vermuthen, dasz so bald ein anderes Wetter eintreten wird, und ihr wisst, dasz der Dänen Schiffe auch in See sind. Darum weiss ich gewiss, wenn dieser Frost bleibt, so werden sie uns anfallen, und sie haben den groszen Vortheil, dasz sie aus ihrem Lande sich verstärken können, soviel sie wollen: deshalb ist besser, wir sehen vor ihrer Ankunft zu. Wollt ihr nun meinen Rath hören, so wollen wir unsere Schiffe so verwahren, dasz wir sie vor den Dänen wohl behalten, wiewohl es Arbeit kosten wird ; dennoch, weil es so kalt ist, ist es besser, dasz wir etwas zu thun haben, als dasz wir zu Tode frieren. Sehet da", sprach er, „an der dänischen Küste steht viel Holz, da wollen wir Leute hin¬ senden, die sollen lange und grosse Bäume hauen und auf dem Eise mit geringer Arbeit an die Schiffe schaffen; die wollen wir auf beiden Seiten der Schiffe hinlegen und mit Wasser begieszen, wel¬ ches bald zufrieren wird, und unseren Schiffen einen Wall und ein