— 104 — dabei ja fein, und wunderte sich darüber. Aber der brave Mann im Kittel erwiderte ihm: „Es wäre mir übel gefehlt, wenn ich so viel brauchte. Mir muff ein Drittheil davon genügen, mit einem Drittheile zahle ich meine Schulden ab, und das übrige Drittheil lege ich auf Kapitalien an." Das war dem guten Fürsten ein neues Räthsel. Aber der fröh¬ lich? Landmann fuhr fort, und sagte: „Ich theile meinen Verdienst mit meinen armen Eltern, die nicht mehr arbeiten können, und mit meinen Kindern, die es erst lernen müssen; jenen vergelte ich die Liebe, die sie mir in meiner Kindheit erwiesen haben, und von diesen hoffe ich, dass sie mich einst in meinem Alter auch nicht verlassen werden." War das nicht artig gesagt, und noch schöner und edler gedacht und gehandelt? Der Fürst belohnte die Rechtschaffenheit des wackern Mannes, sorgte für seine Söhne, und der Segen, den ihm seine sterbenden Eltern gaben, wurde ihm im Älter von seinen dankbaren Kindern durch Liebe und Unterstützung redlich entrichtet. 13!. Der deutsche Jägerbursche. Ein in Polen wohnender, deutscher Untcrförster sandte eines Abends seinen Sohn, einen vierzehnjährigen Burschen, ansein benachbartes Dorf. Als der Knabe wieder nach Hause ging und kaum noch 300 Schritt von der väterlichen Woh¬ nung entfernt war, sah er Etwas auf dem Wege sitzen, das er anfänglich für einen Hund hielt. Der Mond warf sein falbes Licht auf den Weg; der Schnee siinkerte; es war eine entsetzliche Kälte. Der Bursche trat noch einige Schritte vorwärts und erkannte einen Wolf. In der Jugend hatte er oft erzählen hören, dass, wenn man von einem Bären verfolgt werde, es rathsam sei, sich auf die Erde zu werfen und sich todt zu stellen. In der Angst verwechselte er dies, meinte, sein Leben sei auch gegen den Wolf auf diese Weise gesichert, und warf sich platt auf die Erde. Der Wolf nä¬ herte sich augenblicklich mit langsamen, bedächtigen Schrit¬ ten, stand vor ihm still und schnoberte forschend. Der Bursche rührte kein Glied. Jetzt umging ihn der Wolf, stand dann unten bei den Füßen still und fing an, i!n zu beriechen und hier und da mit der Schnauze zu bestoßen. Ueberall traf er auf Kleidungsstücke. Er rückse immer hö¬ her und höher nach dem Kopfe herauf und kam an's Genick, an das erste Fleisch. Er leckte, er schnoberte und kniff mit den Lippen (das Wasser lief ihm dabei aus dem Rachen) dem Burschen in die Halsbinde. Das Lecken wurde lebhafter, das Schnobern heftiger, gieriger. Der Wolf trat jetzt mit einem