— 107 — arbeitete und eingezogen lebte. Anfänglich ging es hart und langsam; aber sein Sprüchwort: Was nicht ist, kann werden, gab ihm immer Muth und Hoffnung. Mit der Zeit ging es besser. Er wurde durch unverdrossenen Fleiß und Gottes Segen noch ein reicher Mann und ernährt jetzt die Kinder des armen Bruders Wonichtöist, der selber Nichts zu beißen und zu brechen hat. 2. Rom ist nicht in einem Tage erbaut worden. Das will sagen: Wichtige Geschäfte und große Werke lassen sich selten kurz abthun und wollen zu ihrer guten Ausfüh¬ rung besonnene Weile haben. Mit diesem Sprüchworte ent¬ schuldigen sich aber auch viele fahrlässige und träge Leute, welche ihr Geschäft nicht treiben und vollenden mögen, und schon müde sind, ehe sie recht anfangen. Mit dem Nom ist es aber eigentlich so gegangen. Es haben viele fleißige Hände viele Tage lang vom frühen Morgen bis zum späten Abende unverdrossen daran gearbeitet, und nicht abgelassen, bis es fertig war, und der Hahn auf dem Krrchthurm stand. So ist Rom entstanden. Was Du zu thun hast, mach's auch so! 3. Mit den Wölfen muss man heulen. Das heißt: wenn man zu unvernünftigen Leuten kommt, muss man auch unvernünftig thun wie sie. Merket: Nein! das muss man nicht. Sondern erstlich: Du sollstDich nicht un¬ ter die Wölfe mischen, sondern ihnen aus dem Wege gehen. Zweitens: Wenn du ihnen nicht entweichen kannst, so sollst du sagen: Ich bin ein Mensch und kein Wolf; ich kann nicht so schön heulen. Drittens: Wenn ein Fall kommt, wo du meinst, cs sei nimmer anders von ihnen loszukom¬ men, so kannst du ein- oder zweimal mitbellen, aber du sollst nicht mit ihnen beißen und anderer Leute Schafe fressen, sonst kommt zuletzt der Jäger und du wirst mit ihnen ge- r schossen. Eher lass' dich von den Wölfen fressen, als dass du mit ihnen nur && Lamm frissest. . Hebel. 134. Das Leben der Bauern. Ich bin das ganze Jahr vergnügt. Im Frühling wird das Feld gepflügt, da steigt die Lerche hoch empor und singt ihr frühes Lied mir vor. Und kommt die liehe Som* merzeit, wie hoch wird da mein Herz erfreut, wenn icli vor meinem Acker steh’ und so viel tausend Aehren seh’. Rückt endlich Jacobstag heran, so muss die blanke Sense dran; dann zieh' ich froh in’s Feld hinaus und schneid’ und fahr’ die Frucht nach Haus. Im Herbst seh’ ich die Bäume an, schau Aepfel, Birnen, Pflaumen dran, und sind