60 II. Erzählungen 13. Der Freund Ln der Noth. Abre liebe Mutter, fa^tc der kleine Hartman n, at¬ er eines Tages aus der Schule nach Hause kam: dem armen Niklas, der keinen Vater und keine Mutter mehr hat, gehr cs recht traurig; er ist sehr krank geworden, und die bösen Leute, welche ihn zu sich genommen ha¬ ben, lassen ihn in einer abgelegenen Kammer ganz allein liegen, ohne ihn zu warten und zu pflegen; das jammert mich sehr, und ich möchte wohl den armen kranken Nik¬ las recht oft besuchen, wenn du es erlauben wolltest. Sehr gern, mein Sohn, antwortete die Mutter, denn es ist recht und gut, daß Freunde sich einander in der Noth bcistehen, aber sey auch dabei vorsichtig, und erkundige dich zuvor, ob die Krankheit deines Freundes nicht an- steckend, und für dich also keine Gefahr dabei zu besor¬ gen ist. Sogleich lief Hartmattn hin, um sich zu erkun¬ digen; und brachte die Nachricht, daß die Krankheit nicht ansteckend sey. Nun gieng er alle Tage zu seiuem kran¬ ken Freunde, saß stundenlang an seinem Bette, holte Allerlei herbei, was er bedurfte, und brachte sogar einige Stunden des Nachts bei ihm zu. Als Niklas sich wie¬ der erholte, las ihm Hartmann aus guten Büchern Et¬ was vor, und brachte ihm stärkende Speisen, welche er sich von seiner guten Mutter erbeten hatte. Einer seiner Mitschüler sagte einst zu ihm: du bist doch ein rechter Thor, daß du Stundenlang bei dem kranken Niklas sitzest; ich würde mich dafür bedanken. Würde es dir nicht sehr wohl gefallen, antwortete Hartman», wenn du krank und von allen Menschen verlassen wärest, und ein Freund näh¬ me sich deiner an, spräche dir Trost zu und pflegte dich? Niklas wurde bald wieder gesund, und dankte seinem Freunde Hartmann mit inniger Rührung für seinen lieb¬ reichen Beistand. Wie wollte ich mich freuen, sagte er, wenn ich dir auch wieder etwas zu Liebe thu» könnte, guter Hartmann; aber ich bin arm, und weiß auch nicht, womit ich dir eine Freude machen kann. Nach einiger Zeit kam Hartmann eines Tages in sein kleines Gärt¬ chen, welches er sich auf dem Hofe selbst angelegt und cingerichter hatte. Wie erstaunteer, als er alles Unkraut ausgerauft, die kleinen Beete sorgfältig umgegraben, ge¬ harkt und mit schönen Blumen besetzt fand. Er konnte