443 war ein kluger und fleißiger Knaben darum beschloß der Vater> er solle ftudiren und ein Rechtsgelehrter werden. In dieser Ab¬ sicht brachte er ihn auf die lateinische Schule nach Magdeburg und dann nach Eisenach. Dort mußte er, um sein Brot zu verdienen, nach damaliger Sitte mit andern Knaben vor den Häusern singen. Eine wohlhabende Bürgersfrau, Namens Kotta, die sich an seinem andächtigen Gesänge erbaute, nahm ihn zu sich und unterstützte ihn. Schon in seinem 18. Jahre bezog ec die Universität zu Erfurt und wurde in seinem 22. Magister. Einst ging er mit seinem Freunde Alexius spazieren. Unterwegs über¬ raschte sie ein Gewitter, und Alexius wurde an Luthers Seite vom Blitze erschlagen. Dies bewog den jungen Luther, in ein Au¬ gustinerkloster zu gehen und die Gottesgelahrtheit zu studiren. Sein Vater, der von dem Mönschwesen nicht viel hielt, war an¬ fänglich sehr böse darüber, söhnte sich jedoch später wieder mit ihm aus. Unverdrossen verrichtete er die niedrigsten Dienste und sammelte sogar Almosen für das Kloster, studirte aber dabei flei¬ ßig die heilige Schrift. Er fand nämlich zu seiner großen Freude in der Kloster-Bibliothek eine lateinische Bibel, die erste in seinem Leben. Bisher hatte er das Buch mit den sonntäglichen Evange¬ lien und Episteln für die ganze heilige Schrift gehalten. Der !>r. Staupitz, Aufseher der Augustinerklöster in Sachsen, be¬ freite ihn von den niedrigen Geschäften, und auf dessen Empfeh¬ lung wurde Luther 1508 von dem Kurfürsten von Sachsen, Friedrich dem Weisen, an die neugestiftete Universität Witten¬ berg berufen. Freudig begab sich Luther nach dem dortigen Kloster, übernahm die Prosessorstelle und späterhin auch das Pce- digtamt an der Schloßkirche daselbst. In den letzten Zeiten war schon oft eine Kirchenverbesserung an Haupt und Gliedern gefordert worden; jetzt sollte sie auf ganz andere Weise, als man gedacht, allmälig ins Leben treten. Zur Vollendung der neuen Peterskirche in Rom, des herrlichsten Ge¬ bäudes der neuern Zeit, sollte ein allgemeiner Ablaß die erforder¬ lichen Summen schaffen. Die Kirche erließ die äußeren Bu߬ übungen (Fasten, Wallfahrten ?c.) gegen Geldbeiträge zu from¬ men Zwecken. Aber die Ablaßkramer wichen ab von der alten Kirchenlehre und lehrten unter Anderem, daß jegliches Verbrechen auch dasjenige, was man noch künftig zu begehen denke, hier auf Erden seine Loskaufung von Gottes Strafe finde. Dadurch wurde wahre Sittlichkeit und echte Frömmigkeit aufs höchste be¬ droht. Ulrich Zwingli in Zürich und I)r. Martin Luther er¬ eiferten sich sehr über eines Samsons sin der Schweiz) und eines Tetzels fin Sachsen) Ablaßhandel und predigten und schrie¬ ben stark dagegen. Endlich schlug Luther am 31. Okt. 1517 nach akademischer Weise (wenn ein Gelehrter die übrigen zu ei¬ nem Streite — Disputation — herausforderte) 05 Theses oder Sätze an die Schloßkirchthüre zu Wittenberg, durch welche ec