133 Gott an und bete fleißig zu Ihm; dies wird deinem Herzen die sicherste Schutzwehr gegen alle Versuchungen zum Bösen sein. Un¬ terlaß auch nie in der Fremde, die Kirche zu besuchen, so oft du nur Gelegenheit hast; vor Allem aber gedenke, daß du den Sonn¬ tag heiligest. — Schreibe fleißig in das elterliche Haus; das weckt und erhält gute Vorsätze und hilft sie ausführen. Richtest du dein Leben in der Fremde so ein, so können deine Eltern und Geschwister die Hoffnung hegen, du werdest einst als tüchtig in deinem Fache und gesund an Leib und Seele zu ihnen zurückkehren. * 149. Der Itäuber und das Crucifix. Auf dem öden Scheidewege, hinterm hohen Crucifixe, Mit dem Säbel in dem Gurte, in der Hand die gute Büchse, Steht der Räuber stumm und lauernd, und des Auges dunklen Strahl Läßt er rasch wie einen Falken abwärts fliegen in das Thal. Denn er will den Kaufmann fangen, der aus weit entleg'nen Ländern Heut zurückkehrt zu den Seinen, reich an Gold und Prachtgewändern; Und was mühsam er erworben auf der Wand'rung nah und fern — An dem Räuber, dem gewalt'gen, find't es plötzlich seinen Herrn. — Abend wird's, die Sterne flimmern; mit dem Säbel und der Büchse, Stumm und lauernd, steht der Räuber hinterm hohen Crucifixe. Horch! da tönt's wie Engelstimmen, leise Seufzer, leise Klagen Kommen hell, wie Abendglocken, durch die stille Nacht getragen; Süß, mit ungewohnten Tönen, stiehlt Gebet sich in sein Ohr, Und er steht und lauscht verwundert hinterm Crucifix hervor. Alle find's des Kaufmanns Kinder, in der Jugend Blüthejahren, Braune» Auges, frische Knaben, Mägdelein mit blonden Haaren; Dicht beim Räuber, vor dem Kreuze, beugen betend fie das Knie, Für die Rückkehr des Geliebten, ihres Vaters flehen fie: „O Du Schirmvogt der Verlass nen, Hort und Pflege Du der Waisen ! Laß den Bater, unsern theuren, ungefährdet heimwärts reisen! Den Du freundlich schon geführt hast durch die Wüste und das Meer, Breit' auch nun die holden Arme mit zwei Flügeln um ihn her, Daß kein Sturm den Pfad zerwühlet, daß kein Irrlicht ihn umschwirrt, Daß sein gutes Roß nicht strauchelt, nicht sein Fuß vom Wege irrt; Daß kein Räuber, stumm und lauernd, in der Waldschlucht ihn entdeckt, Kein Verrath den Heimgekehrten an der Schwelle niederstreckt!" Also flehten fie; der Räuber hört' es hinterm Crucifixe, Schnallte fester noch den Säbel, spannte schärfer noch die Büchse. Und der Jüngste, sich bekreuzend, hub noch einmal an zu lallen: „Lieber Herr! ich weiß, die Amme sagt' es mir, Du hilfst uns allen. Jeden Hauch vernimmst du droben! Freundlich wie das Sonnenlicht, Ueber Alle, Gut' und Böse, neigest Vater Du Dein Angesicht! Gib den Räubern, den gewalt'gen, die da schwärmen auf den Wegen, Gib ein Haus, darin zu wohnen, einen Vater, fie zu pflegen, Warme Kleider, blanke Schuhe, Wein und Speise mancherlei, Daß fie nicht zu rauben brauchen, und der Bater sicher sei!