369 von edler Abkunft sein — erst seine Probezeit löblich bestanden, dann durch Beten und Fasten, so wie durch den Empfang der heiligen Sa¬ cramente sich zur Aufnahme vorbereitet hatte, so empfing er aus den Händen der Ritter oder Edelfrauen Sporen, Panzer und Handschuhe; darauf kniete er nieder, und einer der Ritter gab ihm mit entblößtem Schwerte drei Schläge kreuzweise auf den Rücken. Nachdem er jetzt durch einen feierlichen Eid gelobt hatte, allen Pflichten eines ehren- werthen Ritters getreu zu leben, stets die Wahrheit zu reden, das Recht zu schützen und sein Schwert zur Vertheidigung der Religion, der Witwen und Waisen und der verfolgten Unschuld zu führen, em¬ pfing er auch Helm, Schild, Lanze und Schwert. — Besonders merk¬ würdig find die geistlichen Ritter-Orden: die Johanniter oder Malteser, die Templer und die deutschen Ritter. Sie ver¬ pflichteten fich noch insbesondere, die Pilgrime im heiligen Lande zu geleiten, zu beschützen, in Krankheit zu verpflegen und auf jede Weise dem Andränge der Ungläubigen Widerstand zu leisten, auch nachdem Palästina schon verloren gegangen war. * 10. Rudolf von Habsburg. Bei Aarau in der Schweiz stehen auf einer unmuthigen, mit Wald umsäumten Anhöhe, an deren Fuße die reißende Aar ihre Wasser da¬ hin wälzt, die Ueberrefte einer alten Burg, unscheinbar und verwittert. Auch da fie noch neu und unversehrt gewesen, war fie kein Prachtge¬ bäude. Eine liebliche Aussicht fesselt hier das Auge, das in sinnender Betrachtung zu den anspruchslosen Trümmern der alten Burg stets wieder zurückkehrt; denn es ist die Habsburg, das Stammschloß der Grafen von Habsburg, deren Haupt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Rudolf war. Diesen wählten (1272) die deutschen Fürsten zum Kaiser, weil er, wie der Erzbischof von Köln sagte, „ein Verehrer der Kirche, ein Freund der Gerechtigkeit, ein Mann von klugen Rathschlägen und großer Frömmigkeit war, geliebt von Gott und den Menschen". Ruvolf, ver eben die in Aufruhr gerathene Stadt Basel belagerte, empfing die Nachricht von seiner Erwählung mit Ver¬ wunderung, schloß sogleich Frieden und eilte nach Aachen zur Krönung. Bei der Belehnung der Fürsten fehlte es an einem Scepter, da ent¬ stand Bedenken. Rudolf aber, schnell gefaßt, nahm ein Crucifix vom Altare und sagte: „Dieses Kreuz, welches die Welt erlöset hat, wird ja wohl die Stelle eines Scepters vertreten" — eine Geistesgegen¬ wart und religiöse Aeßerung, die allen Anwesenden sehr gefiel. 'Als Kaiser war Rudolf vor Allem daraus bedacht, Ordnung und Recht in seinem Lande, namentlich in Franken, Schwaben und am Rheine, wieder herzustellen; denn ßrger als je herrschte hier das Faust¬ recht, d. h. das Recht der Selbsthülfe mit bewaffneter Hand. Er machte demselben ein Ende und zerstörte in einem Monate sechsund- sechszig Raubschloffer, deren Ueberbleibsel hier und dort noch an jene 16* • '