99 Die Arbeit der Bienen ist schon bekannter und wohl werth, daß man einen Schieber in ihrem Korbe anbringt, um das Innere dessel¬ ben zu besehen. Eine bloße Glasscheibe reicht für diesen Zweck nicht aus, weil die Bienen nicht von solcher Eitelkeit geplagt werden, daß sie Zuschauer bei ihrer Arbeit wünschen. Sie verkleben nämlich alle hellen Stellen ihres Stocks, also auch Gläser sogleich mit Wachs. Der Fleiß der Bienen ist sprüchwörtlich geworden und läßt nur mit dem der Ameisen einen Vergleich zu. Alle übrigen Thiere ruhen, sobald sie sich gesättigt, oder für die nächste Zukunft gesorgt haben. Den Bienen scheint Ruhe ein unbehaglicher Zustand zu sein, in den sie sich nur bei schlechter Witterung ergeben. Der Winter bringt ihnen freilich einige Monate lang Erstarrung, aber wider Willen, denn sobald einiger Sonnenschein die Luft erwärmt, sondern sich sogleich einzele Bienchen von den Klumpen ihrer Gefährten ab und versuchen, ob sich ausfliegen läßt. Die Bienen erreichen für Insekten ein ziemlich hohes Akter, dennoch geht dies nicht über drei Jahre. Da sie auch viele Feinde haben, denen sie trotz ihres Stachels zur Nahrung dienen, so ist cs nur durch die große Menge der Eier, welche die Königin jährlich legt, möglich, daß sie sich erhalten und vermehren. Die Ameisen haben mit den Bienen viele Ähnlichkeit, nur daß sie keinen Honig und kein Wachs sammeln, daß sie also mit ihrem Fleiße nicht den Menschen, sondern nur sich selbst dienen. Das ist zwar nicht zu leugnen, daß sie viele schädlichen Insekten z. B. Blatt¬ läuse verzehren, auch Das nicht, daß sie und ihre Puppen einer Menge Singvögel zur Nahrung dienen, daß sie also in dem Zusammenhange der Natur nicht fehlen durften, aber wir schonen sie deßhalb doch nicht und sorgen nicht für sie wie für die Bienen. Ja die Ameisen werden uns, noch mehr aber den Bewohnern der heißen Länder, oft sehr be¬ schwerlich, indem sie sich in die Wohnungen drängen und nach Fleisch oder nach allerlei süßen Dingen suchen und Diejenigen, welche sie in ihren Geschäften, besonders aber in ihren Wohnungen stören, heftig beißen, oder, Was ebenso weh thut, mit ihrem scharfen Safte bespritzen. Daß aber die Ameisen Körner sammeln und als Vorrath für den Win¬ ter aufspeichern, wie die Fabel erzählt ist gänzlich unwahr. Eine Ameise frißt niemals Getraide und im Winter bedarf sie keines Futters, weil sie gleich den übrigen Insekten erstarrt. Findet man in den Ameisen¬ haufen Körner, so dienen diese als Baumaterial, wie die kleinen Hälm- chen ebenfalls. Man muß nur die Augen recht öffnen und beobachten, ehe man Etwas behauptet. Denn der Schein trügt. Von den Amei¬ sen ist aber gar viel thörichtes behauptet worden. So z. B. daß sie sich unter einander Schlachten lieferten und nach dem Siege ihre Todten ordentlich beerdigten. Das mag glauben, Wer leichtgläubig genug da¬ zu ist. Es gibt so viel Wundervolles bei diesen Thierchen, daß man nicht erst noch unwahre Wunder zu ersinnen braucht. 73. Die geistigen Fähigkeiten der Insekten. Es gibt zahlreiche Beispiele, welche uns zu nöthigen scheinen, den Insekten auch eine Art von Verstand zuzuschreiben. In einem Bienen¬ stöcke wurde vor eine im Bau begriffene Wabe ein Stück Glas gestellt;