286 Frankreich erhalten hat! Allein Ludwig XIV. setzte seinen Ungerechtig¬ keiten erst noch die Krone auf, als er im Jahre 1689 ohne gegründete Veranlassung einen neuen Krieg gegen Deutschland begann und unter dem Vorgeben, er müsse seine Gränze durch ein wüstes Land schützen, welches dem Feind keine Zuflucht gewahre, die Pfalz, das jetzige Nhein- baiern, Rheinhessen, die Bergstraße und die Gegend am niederen Neckar mit Feuer und Schwerd verheeren ließ. Seine mordbrenneri- schen Generale libersielen die wehrlosen Städte, zerstörten die größeren Gebäude, wie z. B. das Heidelberger Schloß, brannten die Wohnhäu¬ ser nieder. Selbst ivenn die Bürger sich durch Hingabe alles baaren Vermögens von dem Brande glaubten losgekauft zu haben, so kam der fürchterliche Befehl zum Anzünden doch nach. So ging es in Worms und Speier, wo die Einwohner mitten im Winter flüchten mußten, um nur ihr Leben davon zu bringen. In Speier wurden selbst die Gräber der alten Kaiser nicht verschont und in Worms das Rathhaus, worin die Reichstage gehalten worden waren und Luther vor dem Kaiser gestanden hatte, in Asche verwandelt. Das Reichö- kammergericht, welches bis dahin seinen Sitz in Speier gehabt hatte, flüchtete nach Wetzlar, wo es auch nachher blieb. Seine Papiere waren aber verbrannt und seine Kasse geplündert. Und nach allen diesen Schändlichkeiten entrissen noch die Franzosen den pfälzischen Protestanten ihre Kirchen und wandten sie den an Zahl oft ganz unbedeu¬ tenden Katholiken zu und wußten bei dem Friedensschlüsse, es dahin zu bringen, daß der Kaiser einwilligte, diese gewaltsame Änderung im Kirchengute gut zu heißen. So hans'ten die Franzosen in Deutschland, und Solches ließen sich die Deutschen gefallen! 9 4L Konstanz oder Kostnitz. Diese alte Stadt am Ausflusse des Rheins aus dem Bodensee, welcher oft nach ihr Kostnitzer See heißt, gehört ihrer Lage nach zu den schönsten Deutschlands, hat aber nicht mehr ihre frühere Größe und Wichtigkeit. Hier fand im Jahr 1415 die große Kirchenversamm¬ lung statt, woran Bischöfe fast aller christlichen Länder Theil nahmen, die aber ihren Ruhm durch die Wortbrüchigkeit schändete, womit Jo¬ hann Huß dort hingerichtet wurde. Dieser Pfarrer und Professor ans Prag hatte sich erkühnt, Mißbräuche, die sich in die Kirche eingeschlichen hatten, nicht nur offen zu tadeln, sondern selbst abzuschaffen. Er wurde deßhalb vor der Kirchenversammlung (Konzil) verklagt und von ihr vorgefordert. Im Vertrauen auf des Kaisers Geleitsbrief reis'te Huß nach Konstanz, um sich zu verantworten. Allein seine Feinde siegten, er wurde ohne eigentliche Untersuchung als Ketzer verdammt, und da man den schwachen Kaiser beredete, einem Ketzer brauche mau nicht Wort zu halten, so wurde das Urtheil der Verbrennung sogleich in Konstanz vollzogen. In einem mit allerlei Teufelsfratzen bemahlten Anzuge wurde der kranke Huß aus dem Gefängnisse nach dem Platze geführt, wo schon ein Scheiterhaufen seiner wartete. Mit Ruhe be¬ stieg er den brennenden Holzstoß, und als er ein Bäuerlein noch ein Scheit Holz dazu tragen sah, rief er fast lächelnd: O heilige Einfalt! Die Flamme schlug empor, betend verschied er. Selbst seine Feinde