304 nicht blos aus reichen Salzquellen gesotten, sondern auch als Stein aus der Erde gebracht. Kein europäisches Land ist so reich an Metallen und zwar an Silber und Gold, wie an Eisen und Kupfer, selbst das seltene Quecksilber wird in östreichischen Bergwerken gewonnen. An Thieren findet man freilich nur das Gewöhnliche, allein die lleerden von Rindern und Schafen sind nicht blos zahl¬ reich, sondern auch von edler Rasse, ungarische Ochsen werden als Schlachtvieh bis nach Baiern und weiter gebracht. Auch sieht man neben den gewöhnlichen Ochsen Büffel, welche zwar hässlicher und unbändiger, aber auch weit stärker zum Ziehen sind. Federvieh wird kaum in irgend einem Lande zahlreicher gehalten. Denn man liebt in Wien vor Allem gebratene Hahnen; und böhmische Fasanen, sowie steierische Kapaunen gelten in ganz Deutschland für köst¬ liche Leckereien Und so könnte noch Viel von dem Reichthum des östreichischen Landes erzählt werden, wenn uns die Menschen nicht wichtiger wären. Die Ostreiches sind natürlich so wie an Sprache, so auch an Sitten und Bildung einander sehr unähnlich. Der Bewohner von Wien, der Italiener aus Venedig ist ein ganz anderer Mensch als der wilde Kroate, oder der schmutzige Galizier. Wenn wir aber von den eigentlichen von den deutsch redenden Östreichern aus den bisher zum deutschen Bunde gehörigen Provinzen sprechen, so sind sie ein kräftiger, gutmüthiger Menschenschlag, welche zwar an Gewandtheit von manchen andern Völkerschaften über¬ troffen werden, aber an Treuherzigkeit und Diensteifer schwerlich. Ihre Sprache ist breit und klingt den übrigen Deutschen hart, oft kindisch, doch sind sie anstellig und besitzen oft viele Kenntnisse. Weil aber die Gränze gegen fremde Einfuhr gesperrt ist, so sind sie mit manchen Fabrikationen, so wie mit manchen Veränderungen in der übrigen Welt nicht recht bekannt. Die Religion der meisten Ostreiches ist die katholische, doch ist man gegen andersgläubige toleranter, als in manchen Ländern, wo man sich weiser dünkt. Der edle Kaiser Joseph der Zweite wollte allen seinen Unterthanen gleiche Glaubens- und Religionsfreiheit gewähren, aber um es ganz durchzuführen, war sein Volk noch nicht reif; und später liess man den Jesuiten etwas zu viel Einfluss. 108. Der Kaiser Franz. Wenige fürstliche Familien in ganz Deutschland sind persönlich so beliebt bei dem Volke als die kaiserlich östreichische, wenige zeigen aber auch soviel Herablasiung und nehmen an Freuden und Leiden der Be¬ völkerung so innigen Antheil. In Wien ist man gewohnt den Erzher¬ zogen (so heißen die kaiserlichen Prinzen), auf Spaziergängen zu be¬ gegnen und bei allgemeinen Lustbarkeiten fehlen sie gewiß nicht. Schon die Urgroßmutter des letzten Kaisers Maria Theresia hat dieses schöne Verhältniß eingeführt, der Kaiser Joseph hat es noch weiter ausgedehnt, und der verstorbene Kaiser Franz galt bei seinen Lebzeiten als ein Vater des Volkes und wird noch als solcher verehrt. Daß er diesen Ruhm verdient, beweist das nachstehende Gedicht „des Armen Leichen¬ begängnis" daß das Volk aber auch Gut und Blut für ihn ließ, das andere „Andreas Hofer."