Erste Abtheilung. 1 Lies langsam. E^ater und Mutter hatten seit längerer Zeit ihr Kind, wegen vieler häuslichen Störungen, nicht lesen hören; jetzt war Alles in das gehörige Geleise wieder zurückgekehrt, und das Kind ward aufgefordert, eine Probe im Lesen abzulegen. Freudig folgte das Kind dem Wunsche der Ältern, holte eilig das Lesebuch, und der Vater bezeichnete die zu lesende Stelle. Wenige Reihen hatte das Kind gelesen, als der Vater sagte: Lies langsam! Wer zu schnell liest, liest nicht gut, und kann, wenn er so fort¬ fährt, nie gut lesen lernen. Das Kind versuchte, langsam zu lesen; aber es wollte ihm nicht recht gelingen, weil es des schnellen Lesens schon gewohnt war. Vielleicht dachte es mich wol gar im kindischen Sinne, wer schnell lesen könne, müsse auch schnell lesen. Nicht lange hatte es gelesen, und der Va¬ ter mußte abermals erinnern: Lies langsamer. Da wun¬ derte sich das Kind, und meinte, ein so langsames Lesen sei doch wol nicht nöthig. Was der Vater ihm erwie¬ derte, sagt euch das Folgende. Wer schnell liest, kann die Buchstaben des Worts, bevor er sie ausspricht, nicht gehörig übersehen, läßt da¬ her manchen falschen Laut hören und muß ein und das¬ selbe Weist mehrere Male lesen, ehe er es richtig liest. Beim schnellen Lesen wird mancher Buchstabe gar nicht gesehen, sein Laut nicht gehört; dagegen hört man oft Laute, deren Zeichen sich im Worte gar nicht finden. So entsteht denn ein holperiges, zeitraubendes, unangenehm zu hörendes Lesen, was durch langsames Lesen hätte vermie¬ den werden können. i