97 90. Mitleiden. (58.) Sieh den Leidenden, wie trübe, Sich sein Blick zur Erde senkt; Sieh, wie ohne Reiz und Liebe Vor ihm hin die Zukunft hängt; Wie bei leisen Trauertönen Wehmuth ihm die Wangen netzt; Wie die Welt mit allem Schönen Alles, nur nicht ihn ergötzt. Ach! statt mancher wilden Freude, Die mit früher Reue lohnt, Geh zum Leidenden, und meide Nicht den Ort, wo Kummer wohnt. Oftmals erndtest du im Stillen Hier die bess're Weisheit ein. Zwar, der Thor hält das für Grillen; Aber willst du thöricht sein? Gehst Du denn nun hin, zu sehen Welche Noth den Armen drängt; Bleibe nicht beim Anblick stehen, Neugier ohne Hülfe kränkt. Aber Mitgefühl im Herzen, Das kein Sittenspruch dich lehrt, Trost und Linderung der Schmerzen Machen dich des Himmels werth. Denk das göttliche Vergnügen Wenn du Thränenbäche hemmst, Und, den Kummer einzuwiegen, Als ein Friedensengcl kömmst. Süße Ruhe, mehr als Kronen, Mehr als Gold und Edelstein, Wird in deinem Herzen wohnen Wird im Tode dich erfreun. , y 91. Die Abgeschiedenen. (59.) Allen, die an Gräbern weinen, Laß des Glaubens Sonne scheinen, Gott! mit Licht aus jener Welt. Wo die Tugend nicht mehr leidet Und kein Freund vom Freunde scheidet, Werde jeder Geist erhellt!