170 abgedampft, alle Unreinigkeit entfernt und so unser reines, weißes Kochsalz bereitet wird. Nun kamen wir an den Tonnenschacht, ein ganz gerades, senkrechtes Loch, wie ein weites Kamin; wir blickten in die Höhe und da war es, als stünde über uns ein kleiner, mattlenchtender Stern. Das ist das Tageslicht, sagte unser Führer, das in weiter Ferne durch den engen Schacht so schwach und klein erscheint. Hier, fuhr er fort, sind früher häufig die Leute in der Tonne eingefahren; das ist aber jetzt verboten, weils nicht ganz ohne Gefahr abgeht. Jetzt wird nur noch das Steinsalz in der Tonne hinausgeschafft, damit es droben in der Stampfmühle ge¬ mahlen wird; dies gibt das Biehsalz und Dungsalz. Es gelüstete uns nicht, in der Tonne auszufahreu, und wir zogen die viel beschwerlichere, aber sichere Ausfahrt an der Leiter vor. Aber das kostete Schweiß, und mehrere Tage nachher thaten uns noch vom langen Steigen die Glieder weh. Wie wohl wars uns, als wir ans lieb¬ liche Tageslicht wieder kamen, das, so staunenswürdig schön es drunten ist, doch mit seiner sanften, heitern Kraft alle andere Schönheit überbietet! Jetzt ist noch ein anderer bequemer Ein- und Ausgang gemacht, ein Treppenschacht, wo man auf viel hundert in den Felsen gehauenen Treppen immer in schnurgerader Richtung hinein- und heraussteigt, und zum bleibenden Gedächtniß des jetzt regierenden Königs ist diesem Treppenschachte mittelst Berechnung des Standes der Sonne am 27. Sept. zur Mittagszeit und mit Hülfe des Cvmpasses eine solche Richtung gegeben worden, daß durch ihn alljährlich am Geburtsseste des Königs um jene Tageszeit die Sonne ihre Strahlen in die Tiefe des Bergwerkes wirft. 84. Fahrt durch das Salzbergwerk bei Hallein. Wir standen hoch oben am Dürrenberge in Bergmannsgestalt. Ueber unsere Kleider hatten wir weite, leinene Jacken und Hosen gezogen; hinten hinab hing eine lederne Schürze; an der Rechten trugen wir einen dicken Handschuh und in der Linken ein Licht. Der Steiger, ein großer, ernster Mann mit einem starken Schnurr¬ bart, führte uns an ein Thor, über welchem geschrieben stand, daß Johann Jakob, Erzbischof von Salzburg, 1654 zuerst den Berg angebrochen habe. „Glück auf!" rief der Steiger, und dieses Wort gefiel uns sehr, da wir durch das Thor in den dunkeln Schooß der Erde hineinsahen. Man sollte auch sonst, wenn es so in die Erde hineingeht, wenn man sich in ein irdisches Geschäft vertiefen muß, des herz¬ lichen, zu Goit gerichteten Wunsches „Glück auf!" nicht vergessen, daß man nicht darin verschüttet und vergraben werde,'sondern wohlerhaltcn wieder heraufkomme an die obere Welt des Lichtes. Zn dem lauten Gebetöspruch des Steigers thaten wir denn auch ein stilles Flehen; und als wir uns dem, der die Säulen der Welt und also auch der Berge in seiner Hand hält, kindlich trauend befohlen hatten, da fuhren wir in die unS entgegengähnende Finsterniß mit getrostem Muthe ein. Es war aber bei uns keine eigentliche Fahrt, sondern ein ganz gemächliches Wandeln in einem wagrechten Gang. Ein solcher heißt in der Bergmannssprache ein Stollen. Er war gar nicht furchtbar und greulich, sondern meist auf beiden Seiten und an der Decke schön mit Gebälk und Brettern ausgelegt, welche das lockere Gestein und Erdreich halten mußten. Und wo das Gewölbe von selber festhielt, da war es noch jchöner. Da fehlten die Balken und Bretter, und man sah in den nackten Wänden schon Alles voll Salz. Das war mir ein rührender Anblick, wenn ich dachte, was es doch für