410 Stunden. Oft war er schon um drei Uhr Morgens an feinem Schreibputt. Eine der größten Wohlthaten erwies er aber seinem Land durch Einführung einer tüchtigen Rechtspflege. Aber auch hier ging Friedrich mit dem eigenen Beispiel voran. Nichts wollte er vor dem geringsten seiner Unterthanen vor¬ aus haben. Einst wünschte er bei einem Lustschloß die Gartenanlagen zu er¬ weitern. Eine alte, häßliche Windmühle stand im Wege. Friedrich ließ den Müller kommen, um ste ihm abzukaufen. Dieser aber wollte durchaus nicht. Da sagte der König gereizt: „Bedenke dich, ich könnte dir ja die Mühle nehmen." Der Müller aber entgegnete: „Ja, Ew. Majestät, das könnten Sie, wenn das Kammergertcht in Berlin nicht wäre!" Und Friedrich freute sich der Antwort, stand von seinem Begehren ab, und die Mühle wird noch heut zu Tag gezeigt. Wie wenig er ein freies Urtheil scheute, überzeugt, die Erkenntniß der Wahrheit könne durch dasselbe nur gewinnen, zeigt am besten folgender Vor¬ fall. Er sah eines Morgens viele Leute sich um eine Straßenecke drängen. „Was gibts dort?" fragte er seinen Diener. Dieser zögerte mit seiner Ant¬ wort; endlich sagte er schüchtern: „Eine Schmähschrift auf Ew. Majestät ist dort angeschlagen." — „Geh doch hin", antwortete Friedrich, „und hänge sie etwas tiefer, damit die Leute ste bequemer lesen können." Leider hatte Friedrich keine Freude an deutschen Büchern. In seinen jüngern Jahren schrieb man noch gar roh und geschmacklos; die Franzosen hatten aber geistreiche und witzige Schriftsteller. Diese nahmen ihn ganz ein. Daher schrieb er selbst meistentheils französisch, und an seiner Tafel wurde nur in dieser Sprache ge¬ redet. Als er aber später den geistreichsten der Franzosen, Voltaire, an seinen Hof kommen ließ, mußte er die Erfahrung machen, daß ein deutsches Herz durch welschen Witz und Tand nicht befriedigt werde. Wehmüthig schrieb er an einen Freund: „Guter Gott! wie kann doch so viel Geist mit solcher Verdor¬ benheit des Gemüths verbunden sein!" Friedrich, den die treuherzige Liebe seiner Preußen später nur den alten Fritz nannte, erreichteein Alter von 74 Jahren. Die Nachricht von seinem Hinscheiden ergriff selbst seine Feinde. Seine Preußen weinten, als ob ihnen allen der Vater gestorben wäre. 190. Friedrich II. und General Ziethen. Friedrich sah nach glücklich beendigtem siebenjährigem Kriege unter seinen Tischgenossen vorzüglich gern den alten General von Ziethen, und es mußte derselbe, wenn gerade keine fürstlichen Personen gegenwärtig waren, immer zu¬ nächst bei ihm an seiner Seite sitzen. Einstmals hatte er ihn auch zum Mit¬