232 Die gestreifte Riesenschlange. Die gestreifte Riesenschlange trifft man an den Küsten von Coromandel, Malabar, Bengalen, zu Sumatra, ja selbst in China an. Sie lebt an niedrig gelegenen, schattigen, vom Wasser überschwemmten Orten und wird verschiedenen Arten von Säugethieren sehr gefährlich. Sie umschlingt ihre Beute mit irgend einem Theile ihres Körpers, schließt dieselbe ringsum mit ihrem Leibe ein und erdrükkt sie, indem sie sich mit ihrem Schwänze fest auf dem Boden anklammert und ihre Ringe zusammenzieht. Dann erfaßt sie dieselbe mit ihrer Schnauze, worauf sich ihr Nachen nach Maßgabe der Größe deö betreffenden Thieres erweitert, öffnet, und das Opfer nach und nach, bis auf die Hörner selbst, — wenn eS welche hat — verschwindet. Jetzt fällt die Schlange in einen Zustand der Erstarrung, der während der ganzen Zeit der Verdauung dauert. Gewöhnlich überfallen diese Schlangen die Thiere, wenn sie, ihre» Durst zu löschen, sich dem Wasser nähern. Sie kauern sich im hohen Grase oder Schilfe in einer Spirallinie, den Kopf in der Mitte, nieder und erheben letzteren von Zeit zu Zeit, um zu sehen, ob ihnen Beute naht. Sobald diese in ihren Bereich gekommen ist, winden sie sich wieder auseinander und stürzen auf sie loS. Erblikkrn sie dieselbe am entgegengesetzten Ufer, so schleichen sie sachte ins Wasser, schwimmen mit einer solchen Schnelligkeit und Leichtigkeit über den Fluß, daß die Oberfläche kaum merklich bewegt wird, und erfassen das unglükkliche Thier in dem Augen- blikke, wo es seinen Durst löschen will. Die Riesenschlangen können einen Monat lang ohne Nahrung bleiben. Ihr Hunger giebt sich durch den Verlust der äußersten Haut kund. Ueber daö Ausbrüten der Eier dieser Schlangen hat rin französischer Natur¬ forscher nach einiger Beobachtung Folgendes mitgetheilt. Das meiner Beobachtung unterzogene Exemplar einer Riesenschlange war rin Weibchen und in der Regel still und ruhig. Am 5. Mai 1847 wurde dasselbe plötzlich wild und suchte beständig zu beißen; am andern Morgen warf es 15 Eier, deren Schale äußerst weich und von graulich-weißer Farbe war. Kurze Zeit nach dein Legen sammelte die Schlange alle Eier zu einem Haufen zusammen, wand um denselben zuerst den hinteren Theil ihres Leibes, legte auf diesen sodann in Spiralform die Fortsetzung desselben, und bildete so einen kegelförmigen Knäuel, dessen Spitze ihr Kopf war. Dadurch bedekkte sie die Eier so vollkommen, daß man Nichts mehr von ihnen gewahrte. Die Hitze ihres sonst ganz kalten Leibes betrug, bei einer Wärme der Luft von 20'/,°, 41°. Nach Verfluß von 56 Tagen, während welcher Zeit die Schlange auch nicht einen Augenblikk ihre Lage verlassen hatte, zerbrach endlich die Schale des obersten Eies und eine junge Riesenschlange stekkte den Kopf auS demselben hervor. DaS kleine Thier verließ aber die Schale noch nicht und zeigte nur hie und da deu Schwanz oder den Kopf, während der mittlere Theil seines Körpers noch immer fest im Ei ficifc» blieb. Am 3. Juli endlich kroch daö Junge aus, das in dem