Sprachlehre. 155 mäßige Kürze zu beobachten und, soweit es in jedem Falle schick¬ lich ist, auch nach Schönheit der Darstellung zu streben, welche durch wohlklingende Mischung der Laute und Wortstellungen (Rhythmus imt> Numerus), wie bei Gedichten durch beit Vers, oder regelmäßige Reihen von abwechselnd langen und kurzen Sylben, auch durch Reime, oder Gleichklänge, erreicht wird. Da Briefe zu den häufigsten Schriften gehören, so ist besonders zu merken, daß man sich in denselben zwar etwas gewählter und gedrängter, aber im Ganzen so ausdrücken muß, wie bei der mündlichen Anrede, welche durch dieselbe ersetzt werden soll. Zur äußern Form gehört, daß man darüber eine Anrede setzt, als: Lieber Vater, Werther Freund, Hoch¬ geehrter Herr rc., und darunter links Ort, Tag und Jahr, wo und wann der Brief geschrieben ist, rechts einen Ausdruck für sein Verhältniß zu dem Leser, als Ihr treuer Sohn, er¬ gebenster Diener, gehorsamster, unterthäniger, und den Namen. An vorgesetzte und vornehme Personen bedient man sich ge¬ wöhnlich noch besonderer Titel, welche den Stand des Lesers ausdrücken, als an Könige: Allerdurchlanchtigfter, Allergnä- digster, an Fürsten: Durchlauchtigster, Gnädigster, an Grafen, Edelleute und höhere Staatsbeamte: Hochgeborner, Hochgebie¬ tender, Hochwohlgeborner, an andere Staatsdiener weltlichen Standes: Wohlgeborner,.Hochedclgeborner, besonders an Geistli¬ che: Hochwürdiger, Hochehrwürdiger, Hochwohlehrwürdiger rc. Im Zusammenhange setzt man statt der persönlichen, den Leser be¬ zeichnenden und groß zu schreibende Fürwörter, Ew. Majestät Ew.Hoheit, Ew. Ercellenz, Ew. Magnificenz, Ew. Hochgeboren, tochwohlgeboren, Hochwürden, Hochehrwürden, Wohlgeboren, ochedelgeboren. Hiernach ist auch die äußere Aufschrift zu fas¬ sen, welche außerdem Namen des Lesers seinen Stand und Wohnort enthalten muß, wenn eö ein ferner, kleiner Ort ist mit Zufügung der nächsten Stadt oder Poststation. Endlich ist zur lin¬ ken Hand zu bemerken, ob das Briefporto von dem Absender be¬ zahlt ist durch den Ausdruck: frei oder fr ancore. Der Brief ist so zusammen zu legen und mit Lack oder Oblaten zu verschließen, daß ihn Niemand von außen lesen oder ohne Gewalt offnen könne. Eine besondere Art von Briefen sind Berichte und Ge¬ suche, welche außer der Sache selbst gewöhnlich einen beson¬ dern Antrag enthalten müssen und in Ansehung der äußern Form erfordern, daß der Hauptinhalt über dem Aufsatze selbst kürzlich angegeben sei.