448 Schilderungen aus den 3 Naturreichen. fen sei, das oft 100 Schritte lang ist und zwischen 2 Schiffen niedergelassen wird. Der Laich wird von den Häringen nicht selten in einer solchen Menge ins Meer gegossen, daß es davon sich trübt und die Netze wie mit einer Rinde überzieht. Welch eine Summe von Häringseiern hat das Meer jedes Jahr auszubrüten, wenn man bedenkt, daß ein einziger dieser Fische 20- bis 25,000 Eier legt! Ist die Laichzeit vorbei, so vereinigen sich die nach und nach angekommenen Züge wieder, gewöhnlich im September, um nun in einem gedrängten Haufen quer durch den atlantischen Ocean nach Amerika zu wandern, wo sie auch zu einer bestimmten Zeit ankommen. Ende April treten sie dann an den Küsten Nordamerikas ihre Heimreise wieder an. Aber gewaltig sind ihre Reihen gelichtet. Millionen sehen die Heimath nicht wieder, und längst würde das nördliche Eismeer von seinen Bewohnern ent¬ völkert sein, wenn die in der Fremde geborenen Nachkommen nicht alsbald das Land ihrer Water aufsuchten. Auf demselben Wege, den die Alten einschlugen, kommen auch sie an, und bei der geringen Größe, die sie auf ihrer ersten Wanderung noch haben, entgehen sie meistens den Nachstellungen ihrer Feinde. Der Mensch ist es aber nicht allein, der dem Häringe nachstellt; auch das größte aller Thiere, der Walfisch, macht Jagd auf ihn. Mit wilder Lust verfolgt er das ge- ängstigte Thier, wenn es die unwirthliche Heimath verläßt, und jagt es in die bewohnten Buchten hinein, als hätte er mit den Menschen ein Bündniß geschlossen. Sein Riesenleib ist mit kleinen Portionen nicht zufrieden, und nicht unbedeutend mag die Zahl der Häringe sein, die sein Schlund alljähr¬ lich verschluckt. So vielen und großen Feinden gegenüber hat dieser Fisch allein seine Vermehrungskraft, die sein Geschlecht von Jahrhundert zu Jahrhundert erhält, daß es nicht ausstirbt, wenn auch Millionen zu Grunde gehen. — Sein Fang und Verkauf beschäftigt in Holland über 200,000 Menschen und verschafft diesem Lande jährlich eine Einnahme von vielen Millionen Thalern. Der Erste, welcher die Kunst geübt haben soll, mit Salz diesen Fisch zu erhalten, war ein Niederländer, mit Namen Beukel. Es wird erzählt, daß Kaiser Carl V. diesem Manne zu Ehren auf dessen Grabe einen Häring verzehrt habe. * Die Schnecke. Kaum hat der Frühlingsregen den Boden befeuchtet, so kriechen allent¬ halben Schnecken. Hier am Zaune entlang wandern fingerlange Nacht¬ schnecken, schwarz oder gelb, und lassen einen weißen Streifen Schleim hinter sich. Dort an dem blühenden Schwarzdorn hinauf, an der Buche empor, die eben ihre Knospen öffnet und ihre hellgrünen Blätter in die süße Mailuft hinausstreckt, dort hinauf kriechen kleine Schnecken mit gelben Häuschen und schwarzen Streifen; selbst im Teiche schwimmen viele in grauen, dunklen Schalen. Wie kommt es aber wohl, daß die erstern kein