352 man nicht lange zu suchen braucht. Man erkennt die Pflanze an ihrer abge¬ rundeten Form, während die andern Arten mehr ruthenförmig sind, dann an dem in einen starken Dorn auslaufenden Endblättchen des fiedcrartig ge¬ schlitzten Blattes. —Die Pflanze hat eine starke Pfahlwurzel mit starken Fa¬ sern, einen unterwärts einfachen dicken Stamm, der sich aber bald verzweigt. Die Blätter sind an ihren Stielen mit gelappten dornigen Flügeln versehen, welche am Stenge! herablaufen, so daß dieser geflügelt und kantig erscheint; sie sind oberseits borstig-stachelig, unterseits weißfilzig, die untern siederspaltig, die Lappen 2 —Zspaltig, dornig gespitzt. An den Gipfeln der Aeste erschei¬ nen große purpurfarbene Blüthenköpschen. Ein solcher Blüthenkopf enthält wieder zahlreiche bspaltigc, 5 verwachsene Staubbeutel und einen 2spaltigcn Stempel einschließende Röhrenblüthen, welche auf einem mit Spreublättchen besetzten Blüthenbodeu stehen und alle von einem gemeinschaftlichen, dach¬ ziegelförmigen Kelche umgeben sind, dessen einzelne Blättchen alle mit einem starken Dorn endigen. Da überdies noch der Stempel selbst reichlich mit Dor¬ nen besetzt ist, so ist der Pflanze überhaupt schwer beizukommen. Nach dem Verblühen bleiben die verwelkten Kronen sitzen, sie werden gehalten von den gefiederten Borsten, welche ringförmig verwachsen auf der kleinen, kahlen, etwas zusammengedrückten Frucht stehen. Die Distel wächs't an Wegen, auf Aeckern, blüht in den Monaten Juni bis September und ist zweijährig. Vom Vieh wird diese Distelart, sowie andere wegen der starken Dornen nicht angerührt, jedoch geschnitten von Pferden und Schweinen gerne ge¬ fressen; sie ist eine Plage für den Landmann, deutet aber da, wo sie häufig wächst, einen fruchtbaren Boden an. 79. Die Brennnessel (Urtica dioica), die in mehrern Arten über ganz Europa verbreitet ist und an Gräben und Hecken, in Gärten und Gehölzen, an den Ufern der Bäche und Flüsse, sowie auf Schutthaufen wächs't, ist den Kindern von einer sehr unangenehmen Seite bekannt, denn ihre Blätter und Stengel sind mit weißlichen, feinen Stacheln, die beim Berühren mit bloßen Körpertheilen einen brennenden Schmerz ver¬ ursachen, dicht besetzt. Die steifen Härchen sind nämlich mit einem klebrigen Safte angefüllt, der sich absondert, wenn sie in die Haut ein wenig eindrin¬ gen und eben das Brennen, sowie die kleinen blasenartigen Erhöhungen ver¬ ursachen. Baumöl und, merkwürdig genug, der Saft der Pflanze selbst, lin¬ dert den Schmerz bald. Wer die Pflanze derb angreift, fühlt den Schmerz nicht; wer sie aber zufällig streift, besonders mit weicher, feuchter Haut, empfindet augenblicklich ein heftiges Jucken und Brennen. Welke und in heißes Wasser getauchte Nesseln brennen nicht. Sprichwörter: Was eine echte Nessel werden will, brennt bei Zeiten. Was ein guter Haken werden will, krümmt sich bei Zeiten. Die bei uns am häufigsten vorkommende große Brennnessel hat einen aufrechten, 4kantigcn Stengel von 3—5 Fuß Höhe und von grüner, oft in's Braune spielender Farbe. Die am Grunde herzförmigen, aber in eine lange Spitze ausgezogenen Blätter sind langgestielt, gegenständig, runzlich und grobgesägt. In üppigem Boden treiben aus den Blattwinkeln kleine Schößlinge. Nach der Spitze zu, wo die Blätter dichter stehen, als unten am Sten¬ gel, bilden sich, ebenfalls in den Blattwinkeln, im Juli bis August die grün-