59 Ein Jeder hört's, doch Jeder zagt; Aus Tausenden tritt Keiner vor. Vergebens durchheulte mit Weib und Kind Der Zöllner nach Rettung den Sturm und Wind. Sieh', schlecht und recht ein Bauersmann Am Wanderstabe schritt daher. Mit grobem Kittel angethan, An Wuchs und Antlitz hehr. Er hörte den Grafen, vernahm sein Wort Und schaute daö nahe Verderben dort. Und kühn in Gottes Namen sprang Er in den nächsten Fischerkahn. Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang Kam der Erretter glücklich an. Doch wehe! Der Nachen war allzuklein, Der Retter von Allen zugleich zu sein. Und dreimal zwang er seinen Kahn, Trotz Wirbel, Sturm und Wogendrang; Und dreimal kam er glücklich an, Bis ihm die Rettung ganz gelang. Kaum kamen die Letzten in sichern Port, So rollte das letzte Getrümmer fort. „Hier," rief der Graf, „mein wack'rer Freund, Hier ist der Preis! Komm her! Nimm hin!" Sag' an, war das nicht brav gemeint? — Bei Gott! der Graf trug hohen Sinn; * Doch höher und himmlischer wahrlich schlug Das Herz, das der Bauer im Kittel trug. „Mein Leben ist für Gold nicht feil. Arm bin ich zwar, doch hab' ich satt. Dem Zöllner werd' Eu'r Gold zu Theil, Der Hab' und Gut verloren hat!" So rief er mit herzlichem Biederton Und wandte den Rücken und ging davon. Bürger. 67. St. Nikolaus. St. Nikolaus war ein Bischof; aber er predigte nicht blos und verrichtete nicht blos die Geschäfte am Altare, sondern er half Allen, welche der Hülfe bedurften. Einst ging er am Ufer des Meeres, und da sah er eine arme Frau, welche mit ihren drei Kindern Muscheln auflas, um damit ihren Hunger zu stillen. Die Kinder aber waren zu weit gegangen und versanken plötzlich in ein tiefes Loch. Ibr Jammergeschrei und das der Mutter erfüllte die Luft; aber außer dem Bischöfe war Niemand in der Nähe und dieser konnte nicht schwimmen. Allein der fromme Mann wollte helfen, und wenn es sein eigenes Leben kostete. In Gottes Namen stürzte er sich in das Wasser, und war so glücklich, ein Kind nach dem andern herauszuziehen. Gott