I
Georg-Eckert-Institut BS78
1 177 782 6
i
V
\
Handbuch
über
gemeinnützige
Kenntnis
für
Volksschulen.
ßeorg-Eckert-lnfttftd
für international*
Schulbuchforschunf
Braunschweig
SchulbuchbibliothoW *> tt
Dr. Anton Kienast,
königl. bayer. Landgerichts-Aktuar in Vilshofen.
>
P a s s a u.
Gedruckt in der Pustet'schen Buchdruckerey.
ñsc rg-Ecbsrt-! nstftut
ür ¡ntcrnáiionab Cchufbuchforechtiiig
Braunschweig
\ « V Bibliothek-
\ -, Inventarisiert unjor
j ~ V ISBi-SB
- ^
s<;v>^. -1 -
Vorwort,
9C.it ein Handbuch fût Schüler sollte werden, um Ihne»
den Zeit-Gewinn zu verschaffen, den sie bisher durch Dik-
tiren solcher Gegenstände verloren haben;— um ein Vorbe-
reitungsbuch für den Unterricht in ihre Hände zu bringen,
dauerhafter und wohlfeiler als ihre Schreibhefte.
Es kann nur Compilation seyn, und läßt mich auf kein
Verdienst rechnen.
Da ich das Werk selbst im Verlage behalte, und es
nur an die Titl. Herren Pranumeranten und Subscribente»
versende, dasselbe aber bis jetzt noch nicht in die Hände
der Schüler gelangt, so darf ich bitten, es auf dem
Wege freundschaftlicher Mittheilung zu würdigen, mich
Irrenden gütigst zu belehren, und meine Rechtfertigung
zuhören. ,/
cS' Ä
m §
3 T
5% »
Z- a
S A
« K
»
L i
■St ~
Î* C3
£2 »
s' 'B'
-o' vQ'
o
Cs e
Cu N fl
K §
2
«
»
3
S. ®
ê »
Sä3)
cí)
© S,
o' V9S
=& E
K £
^>ê
g ^
«
ê
S
A!
3 &
rt ré -=» s «=•• =
?g>Âf|g<2
îZZ-I
» g. c
O TO^ S
fâi-i"
’S'
LK
TO 3
■ s
-g»
IH§
I I t
CM g
« « ~ « S'.cf
CM <*- g
P— JS» Ui N> ON(to
'OMDaM^TO
-1
'O
H* P-* O O
P OnO) w 4^
ST?
ot-Ofi
îo 2
S S' N>
! I
•P'Ot C\ON
\0 -P> en ^
ÍO oí en O +N
CM Qn «<| *nJ en
N> »
I Ci)
«? 2
ja
4 HHgw On CM fO S O °g;_ ci)
cS ç ï « ï « « •P» * I I l 1 1
N) Oi 03 CO 'O -P> CO ê
" O 1— eu 4-> N> <í^> % O
*aaquvu;a§nv
aaquaPjû) u; iaijüQ uh; s HZ) qun ' uapahiaaa nd pad
-Aiip;.l.!s^i!N adnvb a;q )nv ))o^ahaz ttac» 'ajipnJ.iac; <ÿ>£
Naturlehre
§. 1.
Nutzen.
Die Naturlehre wird ihres großen Nutzens
wegen au^ in Landschulen gelehrt. Sie gibt
tunleu 0 zur Erhaltung der Gesundheit; er-
hebt Gewerbe und Landwirthschaft; gibt dem
Menschen Ruhe, indem sie den Aberglauben
verscheut, und erhebt das Gemüth zum un-
endlichen Schöpfer der Welt, dessen Allmacht,
Weisheit und Güte wir bewundern lernen.
Das Studium der Naturlehre war es,
welches die zwey größten Naturforscher des
vorigen Jahrhunderts, Boyle und New-
ton, zu den heiligsten Regungen leitete. Es
erweckte bey dem Erstem solche Ehrfurcht ge-
gen den unendlichen Schöpfer, daß er bey
dem Namen Gottes immer in Nachdenken
versank, und machte Letztern bey dem Aus-
spruche des Namens Gottes jederzeit zittern.
Blicken wir bey allen Naturerscheinungen
auf Gott hin, so sehen wir überall seine
Allmacht und weise Lenkung und Einrichtung;
wir fassen aber auch, daß er der Natur Ge-
setze gab, nach welchen sie. unabänderlich wir-
ken muß.
§. 2.
Vorbegriffe.
Die verschiedenen Dinge, welche sich in
der Welt, über, auf und unter der Erde be-
i.
Welchen Nutzen
schafft dieNatur-
lehre?
2.
Was heißt Na
tnr?
1
2 Naturlehre.
finden, heißen zusammen genommen Körperwelt
oder Natur.
Jener Unterricht, welcher von der Natur
handelt, d. h. von den in der Welt befindlichen
Körpern, und welcher uns ihre Beschaffenheit,
Kräfte und Wirkungen kennen lehrt, heißt Na-
turlehre.
Ein Körper ist jedes Ding, welches einen
Raum einnimmt, und auf irgend eine Art em-
pfunden werden kann.
Alle Körper bestehen aus den vier von uns
leicht erkennbaren Hauptstoffen: Wasser, Luft,
Feuer und Erde. Sie werden auch Elemente ge-
nannt.
§. 3.
Eigenschaften der Körper.
5.
Was heißt Na-
turlehre?
4.
Was ist ein
Körper?
5.
Woraus beste-
hen alle Kör-
per?
i. Allgemeine.
Alle Körper kommen in gewissen Stücken
überein, sie haben gleiche Eigenschaften. Solche
nun, welche einem jeden Körper zukommen, heis-
sen allgemeine Eigenschaften.
Zu den allgemeinen Eigenschaften der Kör-
per zählt man: i. Ausdehnung, 2. Porosität,
.2. Bewegbarkeit, 4. Schwere, 5. Theilbarkeit,
6. Undurchdringlichkeit, 7. Anziehungskraft.
r. Ausdehnung heißt jener Raum, den je-
der Körper einnimmt; denn er laßt sich nach
Lange, Breite und Dicke betrachten, und muß
daher einen Platz haben, an welchem er sich be-
findet.
Dasjenige, was den Raum ausfüllt, nennt
man Materie, Masse des Körpers; seine äußere
Begrenzung heißt Figur.
2. Alle Körper haben leere Zwischenräume,
wie z. B. am Holze mit freyem Auge gesehen
werden kann, d. h. sie sind poros, und diese
Eigenschaft heißt Porosität.
6.
Welche nennt
man allg. Eig.
der Körper?
7.
Wie heißen die
allg. Eig. der
Körper?
6.
Was heißt
Ausdehnung?
9.
. Materie?
. Figur?
10.
. Porosität?
Naturlehre.
3. Alle Körper besitzen auch die Eigen-
schaft, daß sie von einem Orte zum andern
gebracht werden können, wenn sie hinreichen-
den Eindruck von Außen erhalten; sie heißt
Bewegbarkeit, Beweglichkeit.
4. Jeder Körper hat einen Mittelpunkt,
und fällt, wenn dieser nicht unterstützt wird.
Dieß heißt die allgemeine Eigenschaft der
Schwere, vermöge welcher alle Körper nach
dem Mittelpunkte der Erde streben.
5. Theilbarkeit ist die Eigenschaft der
Körper, sich in Theile zerfallen und auflösen
zu lassen. Sie ist oft außerordentlich, denn
eine einzige Blume erfüllt mit ihrem Gerüche
ein ganzes Zimmer, und ein Gran Karmin
färbt eine große Wandfläche.
6. Undurchdringlichkeit ist jene Eigen-
schaft, vermöge welcher nicht zwey oder meh-
rere Körper denselben Platz einnehmen kön-
nen, und in dem Raume, in welchem der
Eine ist, nicht auch der Andere seyn kann.
7. Anziehungskraft ist jene Eigenschaft,
vermöge welcher die Theile eines Körpers
sich zusammenhalten (Zusammenhang), oder
sich zu nähern und zu vereinigen streben (An-
ziehung). Z. B. wenn man Wasser ausschüt-
tet, bilden die Wassertheile Tropfen; ein
Beweis, daß die kleinern Theile zusammen-
streben. Bringt man die einzelnen Tropfen
einander näher, so fließen auch sie schnell zu-
sammen. Es ziehen alle Körper einander an.
2. Besondere.
Es gibt auch Eigenschaften, welche nicht
jedem Körper eigen sind, und diese heißt man
besondere Eigenschaften.
Solche sind: Härte, Weiche, Flüßigkeit,
Durchsichtigkeit, Elastizität u. a.
Nach ihren besondern Eigenschaften theilt
3
ii.
Was heißt Be-
wegbarkeit?
12.
... Schwere?
13.
... Theilbakreit?
14. '
. .. Undurch-
dringlichkeit?
15.
... Anziehungs-
kraft?
16.
Welche nennt
man des. Erg.
der Körper?
17.
Wie theilt man
1*
4 Natnrlehre.
man bte Körper kn feste und flüssige, harte
und weiche, dichte und lockere, durchsichtige
und undurchsichtige, dunkle und leuchtende:c.
Unter den leuchtenden Körpern sind außer
den majestätischen Gestirnen merkwürdig:
Der sogenannte Laternenträger, ein Kä-
fer in Asien und Amerika, beyläufig so groß,
wie unsere Schröter. Er gibt einen so starken
Schein von sich, daß er Nachts so gut wie
eine Laterne leuchtet, woher er auch Later-
nenträger heißt. Die Wilden bedienen sich
dieser Käfer auf ihren nächtlichen Reisen,
indem sie dieselben an ihre Stöcke binden,
und sich so den Weg auf mehrere Schritte
weit erleuchten.
Das Johanniswürmchen und faules Holz
leuchten im Dunkeln.
Der Lucujo-Käfer in Amerika, der zwey
Zoll lang ist, dient den Amerikanern statt
des Lichtes.
Elastizität ist jene Eigenschaft, vermöge
welcher ein Körper, dessen Gestalt durch Drü-
cken, Biegen rc. verändert wurde, seine vo-
rige Gestalt wieder annimmt, wenn Druck
und Biegung aufhört.
H. 4.
Wasser.
Es gibt drey Zustände, in welchen sich
das Wasser zeigt: i) als eigentliches Wasser,
2) als Eis, 3) als Dampf.
Es ist nicht nothwendig flüßig, sondern
kann auch in den Zustand der Festigkeit über-
gehen. Dieses geschieht durch Kälte, und das
Wasser wird Eis.
Eis entsteht, wenn die Wärmetheile aus
dem Wasser treten, und dieses durch die kalte
Luft zusammengezogen wird.
die.Körp. nach ih-
ren bes.Eig. ein?
18.
Welche unter den
leuchtenden Kör-
pern sind vorzüg-
lich zu erwähnen?
ly.
Was ist Elasti-
zität?
20.
Wie erscheint das
Wasser?
21.
Ist das Wasser
nothwendig flüs-
sig?
22.
Wie entsteht
EiS?
Nflturlehre.
Dampf entsteht durch Erhitzung, denn
diese lockt aus dem Wasser Dünste hervor.
Das Wasser hat außerordentlichen Nu-
tzen; es ist uns zu den alltäglichsten Lebens-
bedürfnissen nothwendig. Es dient zum Ko-
chen, Backen, Brauen, Waschen, Bleichen,
Schleifen, Walken; es bewegt Mühlen und
Schmieden mit Leichtigkeit, wahrend die Kraft
vieler Menschen und Thiere nichts ausrichten
würde. Auf ihm verfahren die Schiffe alle
Waaren leicht rc.
Das eigentliche Wasser bietet folgende
Erscheinungen dar:
1) Es leistet Widerstand, daher fühlen wir
den Schlag, welchen wir mit der flachen Hand
auf eine ruhige Wasserfläche machen, und
Flinten- und Kanonenkugeln prallen ab, wenn
sie unter schiefem Winkel auf das Wasser-
geschossen werden. Kugeln von Bley werden
sogar ganz platt.
2) Es macht naß und schwillt auf.
Arbeiter in den Steinbrüchen stecken in
die Spalten der Steine hölzerne Keule und
begießen sie mit Wasser. Nach kurzer Zeit
sprengen die aufschwellenden Keule die Steine.
Unvorsichtige Landwirthe tödten bisweilen
Schweine, indem sie die Futtererbsen nicht
genugsam schwellen lassen.
3) Ausnahme der Benetzung machen alle
mit Fettigkeiten oder Oelen bestrichenen Kör-
per.
Hkeher gehört das sogenannte Hexenmehl,
welches ein feiner gelblicher Same eines
Mooses ist, und Bärlappe, Wolfsklaue,
Kellermoos heißt. Wenn man ein Glas mit
Wasser füllt und dessen Oberfläche mit Bär-
lappsamen bedeckt, kann man von dem Bo-
den des Glases eine Münze herauf holen,
ohne daß ein Finger naß wird. Der Same
5
25.
Wie Dampf?
24.
Welchen Nu heu
hat das Wasser?
25.
Welche merk-
würdige Erschei-
nungen bietet
das eigentliche
Wasser dar?
a) durch Wider-
stand?
b) durch Bene-
tzung und An-
schwellung ?
26.
Wie kann man
mit trockn er
Hand etwas ans
dem Wasser zie-
hen?
d
6 Naturlehre.
bildet gleichsam eine Haut über dem Wasser
und legt sich wie ein gelber Handschuh über
die Finger.
Vor Zeiten hat man solche Versuche als
Wirkungen der Zauberey angesehen und den
Künstler als Hexenmeister verbrannt.
Es gibt Gewässer, welche mit Salzthei-
len vermischt, und eben deßwegen sauer sind;
denn wenn das Wasser Salz antrifft, löset
es dieses auf. Solche Gewässer heißen Salz-
quellen, Salz-Seen.
Fließt das Wasser über Mineralien, so
nimmt es auch von ihnen Theile an, und es
entstehen aus dieser Ursache die mineralischen
Wasser und Gesundheitsbrunnen.
Es gibt auch warme Gewässer, Bäder.
Diese entstehen, wenn ihre Quellen entwe-
der von einem unterirdischen Feuer erwärmt
werden, oder über Kies fließen, dessen Theile,
indem sie durch die Feuchtigkeit aufgelöst
werden, dem Wasser Wärme mittheilen. Ue-,
berhaupt sind sie in Gegenden, wo es viele j
Eisen- und Schwefelerze gibt, nicht selten
anzutreffen. Man nennt sie auch Gesundheits-
brunnen, weil sie kranken und gebrechlichen
Leuten sehr heilsam sind.
Das Wasser löset sich durch Erhitzung
in Dämpfe auf, wie wir oben hörten.
Dämpfe äußern eine erstaunungswürdige
Gewalt. Sie haben das Streben, sich nach
allen Seiten auszudehnen, und durchdringen
Hindernisse, welche sich ihrer Ausdehnung
entgegensetzen, mit furchtbarer Gewalt; —
eingeschlossen in Gefäße zersprengen sie diese.
Auf die Dämpfe gründen sich die soge-
nannten Knallkügelchen. Sie sind erbsengroße
Glaskügelchen, in welchen Wasser eingeschlos-
sen ist. Werden sie erhitzt, so zersprengt das
dampfende Wasser mir einem Knall das Glas.
27.
Was sind Salz-
und Mineral-
quellen?
23.
Wie entstehen
die warmen Bä-
der?
2Y.
Welche Gewalt
äußern die
Dämpfe?
30.
Was ist von den
Knallkügelchen
zu sagen?
Naturlehre.
Durch Dampfe werden auch ungeheuere
Maschinen besser als durch viele Pferde in
Bewegung gesetzt; aber das leichte Zersprin-
gen der Dampfkessel bringt große Gefahr.
Es ist ein Gesetz der Natur, welches sie
niemal überschreitet, daß in einem Saug-
brunnen das Wasser niemal höher als 22 Fuß
getrieben werden kann. Durch Druckwerk aber
wird es weit höher gebracht.
§. 5.
Wässerige Lufterscheinung^n.
Aus der Erde und ihren Gewachsen stei-
gen beständig viele Dünste auf in die Höhe
der Luft, sammeln und verbinden sich und
erzeugen Regen, Schnee, Hagel, Thau, Reif,
Nebel und andere Naturerscheinungen, die
man wässerige Lnfcerscheinuugen nennt.
Ausdünstungen der Erde, welche von der
Sonnenwärme hervorgelockt werden, sich aber
in der kältern Luft nicht mehr auflösen kön-
nen , sondern verdichten, werden sichtbar und
schweben in der Luft. Sie heißen Nebel, sind
leichter als die Luft, und schwimmen daher
in ihr.
Ist die Luft kalt, so vereinigen sich die
feinen Wasserbläschen zu ganz feinen Tro-
pfen, und fallen zur Erde nieder; wird aber
die Luft wärmer, so wird der Nebel so stark
ausgedehnt, daß er in die Höhe steigt; daher
werden auch die Nebel durch die Sonnenstrah-
len bald zerstreut. Im ersten Falle wird ge-
wöhnlich schönes Wetter, im zweyten regne-
risches.
Die Nebel sind ungesund und können
nachthcilig werden. Gegen Nachtheil kann
man sich schützen, wenn man am Morgen
Wachholderbeeren genießt.
7
31.
Wie wirkt
Dampf auf Ma-
schinen?
52.
Wie hoch kann
das Wasser ge-
trieben werden?
53»
Welche sind die
wässerigen Luft-
erscheinungen?
54.
Was ist Nebel?
55.
Warum steigt
oder fällt der
Nebel?
36.
Was schützt ge-
gen Nachtheil
des Nebels?
8 Naturlehre.
Zuweilen aber als seltene Erscheinung
zeigt sich eine Art Nebel, welche mehr durch-
sichtig ist, die Luft in großen Entfernungen
verdunkelt, und wie Rauch erscheint. Man
heißt es Höherauch.
Man schreibt sein Entstehen den Erdbe-
ben und Ausbrüchen feuerfpeyender Berge zu.
Dünste, welche sich hoch in der Luft
sammeln, heißt man Wolken. Sie sind Ne-
bel.
Die Verschiedenfarbigkeit der Wolken
rührt theils von ihrer Dichtheit, theils von
den Sonnenstrahlen her.
Sobald die Dünste, die als Wolken in
der Luft schweben, in Tropfen zusammenflief-
sen, fallen sie wegen ihrer Schwere als Re-
gen herab. Dieses Zusammenfließen kann
durch Warme, Kälte, Wind und durch Er-
schütterung des Donners befördert werden.
Der Regen ist sehr nützlich. Er erquickt
die Erde zur Zeit der Hitze; verschafft den
Quellen und Flüssen Nahrung; reiniget die
Luft von schädlichen Dünsten, erweicht und
befruchtet die Erde, und befördert den Wachs-
thum der Pflanzen.
Wird nun eine Wolke auf einmal durch
Winde zusammengedrückt und in Wasser ver-
wandelt, das plötzlich herabfällt, so ist es
ein Wolkenbruch, welcher sich auch ereignen
kann, wenn die Luft unter der Wolke plötz-
lich verdünnet wird.
Auf dem Meere bilden sich Wassersäu-
len, die sich zu den Wolken erheben, oder
die aus den Wolken zum Meere herabsteigen,
mit Stürmen verbunden sind, und wenn sie
zerreißen, mit furchtbarem Geprassel in die
See zurück stürzen. Man heißt sie Wasser-
hosen.
Merkwürdkge7Erscheinungen sind die so-
Was ist Höhe-
rauch?
59.
Wie entsteht er?
5Y.
Was ist Wolke?
40.
Woher die Ver-
schiedenfärbigkeit
der Wolken?
41.
Was ist Regen?
42.
Welchen Nutzen
hat der Regen?
45.
Was ist Wol-
ken brnch?
44.
Was sind Was-
serhosen ?
45»
Was nennt
Naturlehre.
genannten Wunderregen, als Schwefelregen,
Korn-, Weitzen-, Wurm- und Frosch-, auch
Vlutregen. Mit den Dünsten steigen verschie-
denfärbige Flüssigkeiten in die Hohe, und
Wirbelwinde erheben feinen Sand, Blüthen-
staub, auch Asche aus feuerspeyenden Ber-
gen, und bilden obige Regen.
Wenn das Regenwasser das Ansehen des
Schwefels hat, so ist es nur herabgeregneter
Blüthenstaub, besonders von Fichten, welchen
der Wind fortführte und der Regen herabzog.
Der sogenannte Korn- und Weitzenregen
enthält nie Getreide, sondern andere Pflan-
zen-Samen.
Der Wurm- und Froschregen regnet nicht
wirklich diese Thiere herab, sondern sie krie-
chen nach dem Regen schnell aus der Erde
hervor, oder es hatte sie vorher ein Wirbel-
wind in die Hohe gezogen.
Wenn wir auf Blättern und Bäumen,
auf Gebäuden und selbst an unsern Kleidern
rothe Tropfen bemerken, so ist es nicht Blut,
welches herabgeregnet worden wäre, sondern
die rothen Tropfen haben ihren Ursprung von
Schmetterlingen, welche bey ihren Verwand-
lungen blutige Tropfen von sich geben; oder
es rvthet zuweilen auch die Menge rother
Insekten das Wasser.
Der Unwissende wird durch die vermeint-
lich blutigen Regentropfen in Furcht und
Schrecken gesetzt; denn in seinem Aberglau-
ben wähnt er, daß es wirklich Blut geregnet
habe, welches etwas Böses, Krieg u. dgl. zu
bedeuten habe; der sogenannte Vlutregen hat
aber nichts besonders zu bedeuten.
Wenn die Regentropfen in ihrem Nie-
derfallen durch kalte Luftschichten kommen,
gefrieren sie zu Eisklumpen und fallen dann
als sogenannter Hagel herab.
9
man Wnnderre-
9 cu ?
4s).
Was ist Schwe-
felregen ?
47.
. .. Getreidre-
0CU?
48.
... Wurm- oder
Froschregen?
49.
. . . Blutregen?
50.
Welche Bedeu-
tung hat der so-
genannte Dlur-
regen?
51.
Was ist Hagel?
io Naturlehre.
Auch der Hagel, wenn gleich er Saaten
zerschlagt, hat seinen Nutzen. Er mindert die
Hitze, erschlagt viel schädliches Ungeziefer,
dünget Wiesen und Felder, und verhindert
Wolkenbrüche und Ueberschwemmungen.
Der Schnee ist gleichfalls eine Menge
gefrorner Dünste, welche sich in weißen Flo-
cken an einander setzen, und aus der Luft
als Schneeflocken zu Boden fallen, bevor sie
sich in Tropfen zusammenziehen können, wor-
an sie die Kalte hindert.
Die Schneeflocken sind bewunderungs-
würdig schön. Sie sind lauter niedliche Stern-
chen und Röschen, die alle 6 Ecke haben, und
mit 1000 kleinen Spitzen so regelmäßig ge-
zieret sind, daß der geschickteste Künstler nicht
im Stande ist, sie nachzuahmen.
Der Schnee hat großen Nutzen. Er ist
eine vortreffliche Decke des Erdbodens gegen
Frost; düngt Wiesen und Felder, befördert
ihre Fruchtbarkeit, wenn er schmilzt, und
mindert die Dunkelheit der langen Winter-
nächte. Durch die Wärme des Schnees kön-
nen erfrorne Glieder geheilt, und selbst er-
frorne Menschen wieder zum Leben gebracht
werden.
Bey großer Kälte hängen die gefrornen
Dünste wenig zusammen, daher sind alsdann
anch die Schneeflocken klein. Ist bey einer
großen Kälte der Zusammenhang solcher Dün-
ste so gering, daß sie leicht genug sind, in
der Luft zu schwimmen, so pflegen wir zu
sagen, daß es vor Kälte nicht schneyen könne.
Die dem Erdboden nähere Luft ist allzeit
wärmer, als die von demselben entfernte;
daher schneyet es oft auf Bergen, während
es in Thälern regnet.
Die unzählbare Menge Tropfen, die sich
des AbendS und Morgens auf dem Laube der
52.
Welchen Nahen
hat der Hagel?
6Z.
Was istSchnee?
54.
Welche Gestalt
haben dieSchnee-
floeken?
55.
Welchen Nahen
hat der Schnee?
5t).
Was heißt: »es
könne vor Kalte
nicht schneyen?"
57.
Wie kommt, daß
es in Thälern
regnet, und auf
Bergen schneyet?
63.
Was ist Thau?
Naturlehre.
Bäume und den Blättern der Pflanzen zek- *
gen, heißt Thau. Er ist theils Ausdünstung
von Pflanzen selbst, theils sind es wässerige
Dünste, welche Abends aus der Erde aufstei-
gen und, durch die Kühle der Nacht verdich-
tet, am Morgen wieder herabfallen.
Die Pflanzen schwitzen auch einen kle-
berigen Saft aus, der süß ist, und dieser
heißt Honigthau.
Wird der Honigthau nicht durch Wind
oder Regen weggeschafft, so verursacht er
röthliche Flecken, Rost genannt, auf einigen
Pflanzen.
Er erzeugt auch unzählig kleine Insekten,
die wie feiner Staub die Pflanzen bedecken,
und er wird Mehlthau genannt.
Mehlthau schadet den Pflanzen und be-
sonders dem Getreide; auch Thiere erkranken,
wenn sie solche vom Mehlthau befallene
Pflanzen fressen; der gute Thau aber befeuch-
tet zur Zeit der Hitze die Erde, und beför-
dert so den Wachsthum.
Wenn die Thautropfen bey kalter Nacht
gefrieren, heißt es Reif.
Die Luft löset beständig eine Menge Wasser
auf, und je wärmer sie ist, desto mehr kaun
sie auflösen. Sobald aber der Grad der Wär-
me geringer wird, kann sie das Wasser nicht
mehr aufgelöst in sich behalten, sondern es
scheidet sich wieder von der Luft, und wird
unsern Augen sichtbar. Darauf gründen sich
die wässerigen Lufterscheinungen. Salz löset
sich so im Wasser auf, daß seine Theile un-
sichtbar werden; sobald aber die Wassertheil-
chen durch die Hitze verdampfen, wird das
Salz wieder sichtbar.
11
5Y.
Was ist Honig-
thau?
60.
... Rost?
61.
... Mehltha»?
62.
Welchen Nutzen
oder Schaden
hat der Thau?
63.
Was ist Reif?
64.
Wie entstehen
die wässerigen
Lnftcrscheimm-
gcn im Allge-
meinen?
>
12
Naturlehre.
§. 6.
Luft.
Unsere Erdkugel umgibt eine sehr feine
durchsichtige und überaus flüssige Materie;
diese heißt man Luft.
Die Luftmaterie neunt man auch den
Luftkreis, weil sie den ganzen Erdkreis um-
gibt, und sich auch über den Mond erstreckt.
Die untere Luftmasse aber heißt der
Dunstkreis, oder Atmosphäre, weil sie be-
ständig mit wässerigen und schweflichten Dün-
sten angefüllt ist.
Die atmosphärische Luft besteht aus zwey
Theilen, aus Lebenslust und aus Stickluft.
Erstere heißt so, weil sie zur Erhaltung des
Lebens der Menschen und Thiere und zum
Brennen des Feuers dient; letztere hat ihren
Namen, weil in ihr Menschen, Thiere und
Feuer ersticken.
Um uns von dem Daseyn der atmosphä-
rischen Luft zu überzeugen, dürfen wir nur
mit der flachen Hand oder mit einem Fächer
u. dgl. gegen das Gesicht fahren, ohne es je-
doch zu berühren. Wir nehmen etwas gewahr,
welches an unser Gesicht schlagt, und dieses
ist die Luft.
Sie läßt sich zusammendrücken, und dehnt
sich nach dem Drucke in ihre vorige Lage
wieder aus; daher ist sie elastisch.
Ihre Elastizität beweiset man einfach
durch eine aufgeblasene Blase; denn durch
Druck ändert sich ihre Gestalt, nach Aufhö-
ren des Druckes aber nimmt sie ihre vorige
Gestalt wieder an.
Die Luft ist uns sehr nützlich und eine
der größten Wohlthaten Gottes; denn ohne
Luft könnten weder Menschen noch Thiere
65.
Was heißt Lust?
66.
... Luftkreis?
67.
... Dunstkreis?
68.
Aus welchen
Theilen besteht
die atmosphäri-
sche Luft?
69.
Wie überzeugen
wir uns vom
Daseyn ver Luft?
70.
Ist die Luft ela-
stisch?
71.
... Beweis?
72.
Ist die Luft
nützlich?
13
Naturlehre.
leben, keine Pflanzen wachsen, kein Feuer
brennen.
Die atmosphärische Luft ist aus Lebens-
lust und Stickluft zusammengesetzt, weil jede
für sich allein zum Leben untauglich wäre.
Stickluft würde uns ersticken, und Lebenslust
allein unser Leben so feurig und schnell ma-
chen, daß es bald aufhöre, so wie auch in
ihr ein Köper äußerst schnell verbrennt.
Die eingesperrte atmosphärische Luft wird
durch das Athmen der Menschen und Thiere
in kurzer Zeit verdorben und zum Athmen
untauglich; sie verwandelt sich zur sogenann-
ten Stickluft, in welcher kein athmendes
Geschöpf leben kann. In solcher Luft erlöscht
auch der brennende Körper.
Um zu erfahren, ob in einem Luftraume
gesunde oder zum Athmen untaugliche Luft
ist, senke man auf einem Gestelle eine bren-
nende Kerze voran. Je reiner die Flamme
brennt, desto reiner ist die Luft; in unreiner
Luft wird die Flamme endlich gar erlöschen.
Hat man in einem Brunnen u.dgl. die
Luft verdorben gefunden, so ist rathsam, viel
süßes Wasser, und noch besser, frisch ge-
brannten in vielem Wasser aufgelösten Kalk
hinein zu gießen - oder Schießpulver oder
Salpeter, auch Stroh anzuzünden. Dadurch
wird die Luft wieder rein.
Besonders schädlich ist der Kohlendampf.
Kohlendämpfe ersticken, daher weiß man
mehrere Beyspiele, daß Leute, die sich in
kalten Zimmern durch hineingestellte Kohlen
erwärmten und einschliefen, erstickten, und
am Morgen todt im Belte gefunden worden
sind. So starben im verstossenen Jahrhunderte
einige junge Leute, welche thöricht genug
waren, Geister zu beschwören, und Schatze
zu suchen. Damals zweifelte man nicht, daß
72.
Warum ist die
atmosphär. Luft
aus Lebenslust
und Stickluft zu-
sammengesetzt?
74.
Welche Wirkung
äußert einge-
sperrte Luft?
75.
Wie prüft man,
ob gesunde Luft
aneinemOrteist?
76.
Wie kann man
in Brunnen die
Luft reinigen?
77.
Welche Wirkung
haben Kohlen-
dämpfe ?
14 Naturlehre.
die Geister sie erwürgt haben, weil man die
Wirkung der Kohlendämpfe noch nicht kannte.
Die Ausdünstungen der Leichen können
den nahen Bewohnern leicht schädlich werden
und nachtheiligen Einfluß auf die Gesundheit
haben. Man hat Beyspiele, daß bey Eröff-
nung von Grüften die eintretenden Personen
schnell durch die Ausdünstung getödtet wur-
den. Man soll daher die Kirchhöfe außer die
Orte verlegen, und zur Begrabung der Tod-
ten einen geräumigen Platz im freyen Felde
erwählen.
Die Luft hat Elastizität, wie wir schon
wissen; — sie hat auch Schwere, und es
gibt auch eine Luft, welche brennbar ist.
Eine artige Erscheinung, welche aber die
Unwissenden in großes Erstaunen setzt, sind
die sogenannten chartesianischen Täucherlein,
die sich auf die Elastizität der Luft gründen,
und von ihrem Erfinder Chartefius so genannt
werden. Sie sind Puppen mit hohlem Bauche
und hohlen Füßen, und werden in ein Glas
mit Wasser geworfen, in welchem sie halb
untertauchen. Auf das Glas ist eine Blase
gebunden; wird nun diese gedrückt, so strömt
Wasser in den Bauch, und das Männchen
wird schwerer und sinkt. Läßt man die Blase
los, so steigt es, weil die im Bauch zusam-
mengedrückte Luft das Wasser wieder heraus-
drängt.
Daß die Luft auch Schwere habe und
einen Druck mache, beweisen angestellte Ver-
suche :
1) Zündet man ein Stück Papier an und
wirft es in ein Trinkglas, so wird die Luft
'verdünnt. Hält man nun, während das Pa-
pier noch ein wenig brennt, den Ballen der
Hand auf das Glas, daß keine äußere Luft
78.
Welche Wirkung
haben Ausdün-
stungen der
Kirchhöfe?
79-
Hat die Luft
Schwere und gibt
es brennb. Luft?
80.
Wie erklärt man
das chartesiani-
sche Täucherlein?
61.
Wie beweiset
man die Schwere
oder den Druck
der Luft?
_ Naturlehre. 15
hineinbringen kann, so bleibt das Glas an
der Hand hängen und kann getragen werden.
2) Auf ähnliche Art kann man auch
Wasser aus einem tiefen Teller in die Höhe
heben, so daß das Wasser in das Glas steigt.
5) Auch kann man ein mit Wein oder
Wasser gefülltes Trinkglas, mit einer Pa-
pierplatte bedeckt, umkehren, und das Wasser
wird vom Drucke der äußern Luft zurückge-
halten.
Eine mit Quecksilber gefüllte gläserne
Röhre dient auch zum Abmessen der Schwere
der Luft; ein solches Instrument heißt man
deßhalb Barometer.
Der Barometer zeigt schönes und schlech-
tes Wetter an. Die Luft ist bald mehr, bald
weniger schwer; — je schwerer sie ist, desto
mehr steigt das Qnecksilber, und da mit ver-
mehrter Schwere der Luft gewöhnlich heite-
rer Himmel verbunden ist, schließt man aus
dem Steigen auf schönes Wetter und aus
dem Fallen ans schlechtes Wetter. Je freyer
die Luft von Dünsten ist, also je reiner, de-
sto dichter, und also desto schwerer und stär-
ker drückend ist sie; wird aber die Luft un-
reiner, wird sie weniger dicht, ihr Druck also
auch geringer.
Es gibt eine Luft, welche sich entzündet,
wenn eine Flamme an sie kömmt; man heißt
sie brennbare, wohin insbesondere die soge-
nannte Sumpfluft gehört.
Brennbare, insbesondere Sumpfluft,
hält sich in tiefverschlossenen Kellern, in an-
dern Vertiefungen, auch Bergwerken auf. Sie
entwickelt sich aus faulen stehenden Gewäs-
sern, Sümpfen, Abtritten, so auch bey Ver-
dauung der Speisen im menschlichen Leibe,
wo sie unter dem Namen der Blähungen und
Winde aus dem Körper geht.
82.
Was ist ein Ba-
rometer?
63.
Was zeigt der
Barometer an?
64.
Welche ist brenn-
bare Luft?
85.
Wo findet sich
brennbare Luft?
lö Naturlehre»
Die Sumpfluft, welche man in Gefäße
auffangen kaun, ist schwerer als eine andere
Luft. Füllen wir mit ihr ein großes Glas,
so wird ein Kügelchen von lockerer Baumwolle
auf ihr schwimmen. Da sich nun die Luft durch
keine Farbe erkennen läßt, so fällt die Er-
scheinung den Unwissenden auf.
Zur Auffangung des Gases nehme man
eine mit Wasser gefüllte Flasche, halte sie
umgekehrt in den Sumpf, bringe unten in
den Hals der Flasche einen Trichter, dessen
weite Oeffnung nach unten gekehrt ist; hier-
auf rühre man den Boden des Sumpfes mit
einem Stocke auf, und es werden Luftblasen
aufsteigen, welche durch den Trichter in die
Flasche dringen, und das Wasser heraustrei-
ben. Die so gefüllte Flasche verstopfe man
dann, ehe man sie aus dem Sumpf empor-
hebet, und man hat Sumpfluft in der Fla-
sche, welche man wie andere Flüssigkeit in
ein leeres Glas gießt.
Die brennbare Luft ist
1. leicht entzündbar und erregt oft star-
ken Knall;
2. sie ist zum Athmen untauglich, wenn
sie nicht mit atmosphärischer Luft in Verbin-
dung ist.
Sie richtete schon großen Schaden an.
Beyspiele sind:
1. In einem verschlossenen Keller eines
Hauses hatte sich brennbare Luft gesammelt,
und als die Bewohner einmal mit Licht sich
dahin begaben, sahen sie einen an der Keller-
mauer sich hinschlangelnden Feuerstrahl, es
entstand Dampf und endlich Knall. Sie wur-
den durch Brand verletzt.
2. In einem Bergwerke war ein Arbei-
ter ohne Licht, und warnte einen Andern,
der mit Licht kam, indem sich an jener Stelle
86.
Welches Kunst-
stück mit Sumpf-
luft?
87.
Wie läßt steh
Sumpfluft auf-
fangen?
88.
Welche Eigen-
schaften hat die
brennbare Luft?
39.
Welche Beyspiele
ven Entzündun-
gen brennbarer
Luft lassen sich
anführen?
17
Naturlehre.
schädliche Dämpfe am Lichte entzünden. Die-
ser trat mit dem Lichte hinzu, aber plötzlich
entzündete sich die Luft, und die Flamme
stürzte Beyde zu Boden.
3. Auch in verschlossenen Abtritten ist
solche Luft, welche schreckliche Verheerung
anrichten kann. Eine Pariser Bürgerin warf
zufällig brennendes Papier in den Abtritt,
und sogleich war die Unglückliche von Hellen
Flammen umgeben.
Die Entzündung der brennbaren Luft ist
aber ganz natürlich, und nur Unkundige ha-
ben die abergläubige Meinung, daß es Ge-
spenster oder böse Geister seyen. Von solchen
Unholden erzählen die abergläubigen Berg-
leute und versichern, daß Erscheinungen von
Kobolden und Berggeistern, welche die Schä-
tze in den Bergen bewachen, nichts seltenes
seyen.
Solche Mährchen erzählt die abergläu-
bige Menge, welche nie in die unterirdischen
Gänge der Bergwerke kam, weiter, und
der lächerliche Aberglaube pflanzt sie fort.
Die Naturlehre und die Kunst, welche uns
solche Erscheinungen nachahmen lehrt, wider-
legen aber bald den Aberglauben.
§. 7.
Wind.
Die Luft ist nie ganz in Ruhe, aber erst,
wenn sie stark bewegt wird, wird sie wahr-
genommen, und eine merkliche Bewegung der
Luft heißt Wind.
Heftig bewegte Luft oder sehr starker Wind,
welcher in einer Sekunde 40 bis 60 Fuß
veit geht, heißt Sturm; auf der Erde reißt
r Bäume und Häuser nieder, auf dem Meere
stürzt er Schiffe um.
Y0.
Ist die Entzün-
dung der breun-
barenLuft natür-
lich, und ivaS ist
über den Glau-
ben an Berggei-
ster und Kobolde
zu sagen?
91.
Was heißt
Wind?
92.
Was ist Sturm?
18
Namrleyre.
Die Luft ist sehr flüssig, und daher immer
in großem Gleichgewichte, bis sie irgendwo
dichter oder dünner wird. Die dichtere Luft
strömt an den Platz der dünnen, erregt so Be-
wegung und es entsteht Wind.
Die Ursachen, welche den Wind erregen,
sind:
3) Schnelle Abwechslung von Kalte und
Warme, weil Warme die Luft verdünnt. Kalte
sie verdichtet.
k) Vermischung mit Dünsten;
c) ungleich drückende Gewitterwolken.
Durch Hitze wird die Luft verdünnt, und
in den luftverdünnten Raum dringt die be-
nachbarte dichtere Luft ein. Es entsteht da-
durch eine starke Bewegung der Luft, und so
entstehen anch bei Feuersbrünsten die Winde.
Die Bewegung der Luft geschieht manch-
mal im Kreise, und dann heißt man es Wirbel-
wind. Er entsteht, wenn zwey Winde einan-
der entgegen blasen.
Der Wirbelwind reißt manchmal durch
seine Gewalt Wolken vom Himmel auf die
Erde und mit sich fort, und da heißt man ihn
wegen seiner Aehnlichkeit mit einer Hofe —
Windhose; oder Sandhose, wenn er Sandsau-
len in die Höhe wirbelt.
Die Erscheinungen der Wirbelwinde und
der Windhosen werden nur durch die Kräfte
der Natur bewirkt, und es bedarf keiner Wi-
derlegung, daß es Aberglaube ist, zu meinen,
als kamen sie vom bösen Feinde oder einer He-
re, die ihr Unwesen trieben.
Die Winde haben nach den Gegenden,
woher sie blasen, ihre Beschaffenheit und ihren
Namen. Der Ostwind weht von Morgen,
ist trocken und im Sommer heiß; der Süd-
wind kommt von Mittag und ist mehrentheils
warm und feucht; der Westwind kommt von
92.
Wie entsteht der
Wind?
94.
Welche Ursachen
erregen den
Wind?
95.
Wie entstehen
bey Feuersbrün-
sten die Winde?
96.
Was ist Wirbel-
wind?
97.
... Windhose?
... Sandhose?
98.
Sind Wirbel-
winde u. Wind-
hosen natürliche
Erscheinungen?
99-
Welche Beschaf-
fenheithaben die
Winde im Allge-
meinen?
Naturlehre. 19
Abend und bringt mehrentheils Regen; der
Nordwind von Mitternacht und ist kalt.
Die Winde können durch ihre Gewalt viel
Schaden anrichten, aber ihr Nutzen ist über-
wiegend.
Sie reinigen die Luft von schädlichen
Dünsten; mindern die Sonnenhitze; bewahren
stehende Gewässer vor Fäulniß und trocknen
die Erde; befördern die Schiffahrt und bewe-
gen Mühlwerke; treiben Wolken zum Regen
herbey und führen sie fort; befruchten die
Pflanzen, indem sie den Vlumenstaub aus-
streuen rc. rc.
Im Sturme werden Saaten verwüstet.
Bäume entwurzelt, Häuser und Schiffe gestürzt;
doch ist der Nutzen, den Stürme schaffen, größer.
400.
Welchen Nutzen
hat der Wind?
101.
Welchen Scha-
den stiftet der
Wind?
§. 8.
Schall.
Schall entsteht durch das Anschlagen eines
Körpers und die dadurch bewegte Luft, welche
auch den Schall in die Weite fortpflanzt. Die
Luft wird nämlich durch das Anschlagen eines
Körpers schnell zusammengepreßt, sie dehnt sich
aber auch schnell wieder aus. Dadurch kommt
sie in eine zitternde Bewegung und wird Schall.
Der Schall ist verschieden, hellklingend,
oder dumpf u. dgl. Diese Verschiedenheit rührt
von der verschiedenen Härte oder Weichheit
der Körper her. Ein eiserner Hammer wird an
der metallenen Glocke hellen Schall erregen,
aber nichtein hölzerner; auch verhindert Schnee,
als ein weicher Körper, den Schall.
Der dumpfe Ton einer Glocke hat nichts
besonders zu bedeuten; er rührt nur von einem
weichen Körper her, von welchem die Glocke
berührt wird, z. B. von Wasser oder Schnee,
und hat also seine natürliche Ursache. Es ist
102.
Wie entsteht der
Schall?
103.
Woher kommt
die Verschieden-
heit desSchalles?
104.
Was hat der
dumpfe Ton ei-
ner Glocke zu be-
deuten?
2*
r
20 Naturlehre.
daher Aberglaube, zu wahnen, daß der dum-
pfe Schall einer Glocke z. B. Sterben bedeute.
Bisweilen geschieht es, daß ein Trink-
glas plötzlich zerspringt oder zerfallt. Abergläu-
bige Leute deuten es auf bevorstehenden Tod;
allein es geschieht eben so natürlich, als wie
das Glas durch einen Stoß zerbricht.
Es gibt Menschen, welche die Kunst ver-
stehen, ein Glas zu zerschreyen, und so kann
auch ein Schall, welcher dem gleich ist, den
das Glas gibt, sein Zerspringen verursachen.
Der Schall kann uns bey unsern Geschäften
unbemerkt bleiben und z. B. beym Auf- und
Zumache» einer Thüre entstehen.
Wenn der Schall in seinem Fortgange
auf einen festen Körper stößt, wird er zurück
geworfen, und indem wir den zurückgeworfe-
ueti Schall vernehmen können, heißt er Echo
oder Wiederhall.
Sind mehrere Gegenstände vorhanden,
welche den Schall zurückwerfen, so entsteht
auch ein vielfaches Echo. Je nachdem der zu-
rückwerfende Körper naher oder entfernter ist,
bildet sich ein ein- oder mehrsylbkges Echo, weil
bey entferntern Gegenständen mehr Zeit vor-
handen ist, um ein ganzes Wort hören zu
können *).
105.
Was bedeutet es,
wenn ei» Trink-
glas plötzlich zer-
springt oder zer-
fällt ?
106.
Wie entsteht
Echo?
107.
Wie entsteht ein-
faches u. mehr-
sylbiges Echo i
*) Gott hat jedes Element verhältnißmäßig für das
Geschöpf, das in ihm leben soll, geschaffen. Wie
erfreuen uns das Licht der Sonne, die Wohl-
gerüche der Blumen, die Laute der Sprechenden,
der Schall der Glocken, der Gesang der Vögel!
Nehmet die Luft hinweg, alles dieses hört auf,
und die Welt würde ein Jammer-Ort, lind kein
Mensch könnte die Gedanken und Neigungen
seiner Seele ausdrücken. — Kinder, lasch uns
daher täglich dem guten Gott für das herrliche
Geschenk der Luft danken!
§?I KZ !•!#.! p-IIí s :
—à ^ , «a# ^ •—V 7~* r ^ *“î ^ \
S'W ^ 3 fi ÍT O a-- L- r*- r> °0
S “Sa B _f 5=?á¡5(ii¡ás«” -
tl.C3 0)POO‘3¿->'2E',3'8'r5'jp^'r'i J2,
^H.^s5 ^?csWö33^«®re - .. „
2*ÄS.g^S5«®® «o. S s S .5 ^ 3 0
âI?.§ h. s
n
3 ^
E--GZ:
O'ifj*. §
0 ¿ __ s
^ °" So 43'
Çct' “s
» H H3
1
3 o
s 2, 2 w
O S>-^»
a 2"K
S —H O
' O
i cS
Ca œ 2 5 ^ 3- oA r£>- — ~ <-*
aÇ&^S'S
a^^JLs^cS 2 a a s s I
■<“T* ^ »-» *3 ~
3 f a» e%ß;
2 S- 5-c A3*
3 £0
“äs*
c§ S3<
O' o'
o' or 2
2 a
a
3
a
o*
G?r~ 2
S
~, o' A _ §,"?
Icr-iS ~f ?
u ~ s 3 îsi) I.
<5* ca 3 S' 3
„ s» P Cu
Í? 2 3 >i£3 3 ^ <3
o __^ rj A O) o
? - ,1 f.92¿I'
S =!“zl§ ?
'00
<*S
Sf
S -i
Ü»
glg
-■®5.i»
'3' rv ‘^. ^
3 3 <y ~ 'CS)
o o 2 3 3
o 3 w <¿
^ ' & Z. (si
Ì» 3 'ST o!
GP i» -a» r* -o'
="5" ^ er'
ca
I
I I
er A»
2 G A ^ 2 6> A
fé)
3
2 3j
_ « H»
S'-5 rs
•n 'ap^îfé asq u?fpiu(p© um? .ISZUL^UVH'
aiq ‘, uoiuiçj naja 3(piu qoa ajiad© achuvm
.lieu vq 'Cjijjqu uafpojy um? sa uaqvq .tjflft
•jcjoi qun jp?| ^.uv^joa a.n'cu §ap î mnipschvA
chou uaqaz aaqam chou ich;z aaqaar
Z I
i'ô 2
A 2 fé
.-h * O'
SSí.
cc= ô
2 o> r/
i^OS
3 sA
3 a»
C/
S_,3 cr
C5 A e> 2 »A —
3 •» o >à2 — —.
3 —^ Í3 w e a
or^« o 3' 53
or zz ■» a» ** a «,
"• eo _ Ht —V 3
3 2.
§3 »csi*ä
2n“ 3 2 S- S»-S
ZsñZ S €*»»3
- 2
a
cr '
2.A
3 a
o s
■C3
^5
r/ S
O
or
°1 ^2. o- ■» o'
=•3
S3
'S* 2 3 'p fe?)
A 3
= c*
er ~
a o
CU 3
er
ci5
«¿ rr
0,5 A
a
3
Q
îp o> ^
Cb
Oí)
ra
o»
O
O'
-S>
Il I
«1^
G-IO ? C«f>
o fé
=H a
is
fép
K)
^zhapnnW
22
Naturlehre.
114.
Was ist von den
sogena-nntenFeu-
ermenscheu zu
sagen?
Es sind auch sogar schon Menschen durch
Selbstentzündungen zu Asche verbrannt, die
durch hitzige Getränke, z. B. Branntwein,
entstanden sind, der sich im Leibe von selbst
entzündete.
Nicht alle Körper nehmen gleich hohen
Grad der Wärme in sich auf, und halten da
her gleichsam die Hitze von sich ab. Es gibt
daher Mischungen von Materien, durch deren
Ueberstrekchung es möglich wird, glühendes
und geschmolzenes Metall iu der Hand zu
halten, und über glühendes Eisen zu gehen
u. dgl. Menschen, welche solche Künste üben,
heißt man Feuermenschen. Durch Mischung ist
es auch möglich, kochendes Oel zu schlucken.
Damit das Feuer brenne, hat es freyen
Zutritt der Luft unumgänglich nothwendig,
und wird erlöschen, wenn die Luft entzogen
oder verunreiniget wird.
In einer Krankenstube pflegt das Licht
gemeiniglich schwach und matt zu brennen;! schwacher Schein
115.
Was ist zum
Brennen noth-
wendig ?
lió.
Was bedeutet
auch so die Altarlichter in einer kleinen, stark
mit Menschen angefüllten Kirche, und die
Lichter erlöschen manchmal sogar. Dieses wird
durch die Ausdünstungen verursacht, und hat
keine weitere Bedeutung, als daß ungesunde
Luft im Zimmer oder in der Kirche ist. Nur
Abergläubige deuten es auf den Tod des Kran-
ken oder des Predigers der Kirche.
Das Feuer bedarf, soll es nicht erlöschen,
des Zutritts der Luft. Es ist daher thöricht,
das Zimmer, in welchem unglücklicher Weise
Feuer ausgebrochen ist, zu öffnen, denn bey
verschlossenen Thüren und Fenstern wird es in
seinem eigenen Rauche ersticken.
Auch Wasser, welches man kn geringer
Masse auf die brennende Materie spritzt, erhöht
das Feuer, daher wir auch bey großen Feuers-
brünsten sehen, daß das Wasser, welches nur
der Lichter?
117.
Was soll matt
bey einem Bran-
de rnckstchtlich
des Oeffnens der
Zimmer beobach-
ten?
118.
Was wirkt ge-
ringeBesprißnng
mit Wasser bey
Feuersbrünsten?
23
Naturlehre.
durch enge Röhren in die Gluth getrieben
wird, die Flamme vermehrt.
Das Feuer erlischt unter andern auch
durch eine heftige Bewegung der Luft, indem
die Feuertheile schnell von dem brennenden
Körper entfernt werden; deßhalb erlischt das
Feuer in einem Schornsteine, wenn hinein ge-
schossen wird, und ein vom Wetterstrahle ent-
zündetes Haus kann durch einen gleich darauf
folgenden Schlag wieder ausgeloschen werden.
Aus der großen Gewalt des Feuers ergibt
sich von selbst, daß es wahre Unvernunft und
sündhafter Aberglaube«sey, zu wähnen, das
Feuer könne besprochen werden, und müsse
durch gewisse Sprüche und Zeichen, ohne daß
wir Hand anlegen, geloschen werden. Eben so
ist es mit dem Anschreiben der Hauser.
Das wahre und wirksamste Mittel zur
Löschung des Feuers ist das Wasser nebst der
thätigen Mitwirkung der von der Obrigkeit
getroffenen Feueranstalten. Asche, Lehm, Mist-
lacke und besonders Milch unter das Wasser-
gemischt, macht es zum Löschen sehr geschickt,
wie sich bewährt hat.
Die Wärme äußert vorzügliche Wirkungen
auf die Körper. Die Wärme - Materie durch-
dringt sie, und dehnt sie in einen großen Raum
aus; daher zerspringt Glas oder Porzellan,
wenn es schnell aus Kälte in Wärme, oder
aus Wärme in Kälte gebracht wird; fest zu-
gestopfte gefüllte Gefäße zerspringen im Som-
mer öfters, weil die Wärme die Flüssigkeiten
in größern Raum ausdehnt. Durch Wärme
werden die Körper sogar flüssig gemacht, d. h.
geschmolzen, z. V. die Metalle; — sie entzün-
det und verbrennt Körper und bringt Dämpfe
hervor.
Die Wärme kann man messen durch eine
Glasröhre, in welcher Quecksilber oder gefärb-
119.
Wie erlischt
Feuer durch
Schüsse?
120.
Kann der Brand
besprochen wer-
den?
121.
Welches ist das
wirksamste Mit-
tel zur Löschung?
122.
Welche Wirkun-
gen äußert die
Wärme im All-
gemeinen auf die
Körper?
123.
Kann man die
Wärme messen?
24 Naturlehre.
ter Weingeist und oben ein luftleerer Raum
sich befindet. (Thermometer, Wärmemes-
ser *).
§. io.
Elektricität.
Es gibt Körper, welche, nachdem sie an
andern Körpern gerieben worden sind, die Kraft
besitzen, kleine Sachen an sich zu reißen, und
wieder fortzustossen, einen leuchtenden knistern-
den Funken zu zeigen, und süßlichen Geruch
zu verbreiten. Diese Kraft heißt man Elektri-
cität, oder elektrische Materie, elektrisches
Feuer.
Man entdeckte diese Kraft zuerst am Bern-
steine, der auf lateinisch Electrum heißt, und
daher stammt der Name.
Die elektrische Materie, welche bey Rei-
bungen aus den Körpern geht, wird von spi-
tzigen Körpern leicht aufgenommen, und beym
Eingänge in die Spitzen leicht sichtbar, und
zeigt sich in Gestalt eines kleinen Sternchens;
beym Ausfluß aus der Spitze aber stellt sie
sich als ein Büschel dar.
Die elektrische Materie zeigt sich bey viel-
fältigen Versuchen. Wenn man z. B. eine rei-
ne trockene Glasröhre mit einem wollenen Lap-
pen reibt, und sie über kleine Stückchen Pa-
pier hält, werden diese einigemal angezogen und
*) Wer begreift die Wunder, welche die Kraft des
Feuers wirkt; wer zählt die Wohlthateu, die
es uns schenkt? Ohne ihn wäre ewige Nacht,
keine Wärme, und die Erde ein kalter, un-
fruchtbarer, todter Körper. Die _ Handwerker
würden nicht bestehen, und kein Ziegler Stein,
kein Bäcker Vrvd liefern können. Bewunderungs-
würdig ist cs, wie der Schöpfer mit jedem ein-
zelnen Elemente fo viele gute Zwecke und Ab-
lichten zu erreichen wußte!
124.
Was heißt Elek-
tricität ?
Woher der Na-
me Elektricität?
12b.
Ist die elektrisch«
Materie sicht-
bar?
127.
Bey welchen
Versuchen z. V-
erscheint die elek-
trische Materie?
Naturlehre. 25
zurückgestossen. Kommt man dieser Röhre mit
dem Finger nahe, so sieht man im Dunkeln
einen Funken, hört ein Knistern und fühlt ein
Stechen im Finger. Halt man die Röhre,
nachdem sie lange und stark gerieben ist, gegen
das Gesicht, so hat man die nämliche Em-
pfindung, als wäre das Gesicht mit Spinnen-
gewebe überzogen. Solche Beobachtungen macht
man auch, wenn man Bernstein, Schwefel,
Porzellan' oder Siegellack reibt. Wenn man
den erwärmten Rücken einer Katze im Finstern
streichelt, sieht man auch knisternde Funken
hervorkommen. In solchem Zustande heißt man
die Gegenstände elektrisirt.
Um die elektrische Materie leicht erregen,
durch Spitzen auffangen und sichtbar machen
zu können, hat man eine eigene Maschine er-
funden, durch welche man wunderbare Erschei-
nungen hervorbringen kann; man nennt sie
Elekrrisir- Maschine.
Auch hohe Stangen, welche aufgestellt
waren, zogen bey Gewittern die elektrische Ma-
terie an sich, so daß man die Funken sah.
Dieß brachte Franklin, einen der nordameri-
kanischen Weisen, auf den Gedanken, die
Wohnungen der Menschen auf diese Weise vor
den zerstörenden Wirkungen des Blitzes zu si-
chern, und so wurde der Blitzableiter erfunden.
12 3.
Was heißt Elek-
trisirmaschiue?
129.
Wie entstanden
die Blitzableiter?
§. 11.
Magnet.
130.
Es gibt ein gewisses Eisenerz, welches in
Gestalt eines Steines erscheint und die Eigen-
schaft hat, Eisen, das ihm nahe genug kommt,
und noch drey andere erst später entdeckte Mi-
neralien anzuziehen;.— und welches sich auch
mit einer Seite stets nach Mitternacht, mit!
der andern stets nach Mittag drehet, wenn ech
Was heißtMag-
net, und woher
der Name ?
26 Naturlehre.
an einem Faden frey hangt, oder im Wasser
auf einem Bretchen schwimmt. Man nennt es
Magnet oder Magneteisenstein, von der Stadt
Magnesia, wo man es zuerst gefunden haben
will.
Durch ihn kann man viele belustigende
Erscheinungen hervorbringen, z. B.
1) Nähnadeln auf dem Tische scheinen
von selbst sich zu bewegen, wenn wir einen
in der Hand verborgenen Magnet unter dem
Tische herumführen; denn er wirkt auch durch
Holz, Glas, Messing rc.
2) Mit einem Magnet, der in einem höl-
zernen Stabe versteckt ist, lassen sich Körper,
die auf dem Wasser sind, nach Gefallen len-
ken, wenn sie nur etwas Eisen enthalten, z. B.
ein kleines Stück Draht.
5) Eisenfeilspane u.dgl. werden auf einem
Blatt Papier in tanzende Bewegung gesetzt.
4) Hohle von Messingblech verfertigte
und schön lackirte Schwane und Enten in einer
Schüssel werden mittelst eines magnetischen
Stäbchens hin und her gelockt. Das Stäbchen
muß an dem einen Ende spitzig, am andern
stumpf seyn. Dem spitzigen Ende, welches den
Thieren vorgehalten wird, folgen sie, wohin
der Stab geht; — wird das stumpfe Ende
entgegen gehalten, so wenden sie sich schnell
um und fliehen immer weiter, je näher das
stumpfe Ende kommt. Dazu wird aber erfor-
dert, daß die Thiere einen kleinen künstlichen
Magnet im Schnabel haben.
5) Diese Erscheinungen zeigen auch mag-
netische Schiffchen und Fische, die geangelt
werden *).
*) Solche Täuschungen wenden auch Betrüger bey
Geisterbeschwörungen an.
131.
Welche Erschei-
nungen lassen steh
mit dem Magnet
z.B. hervorbrin-
gen?
27
Natmlehre.
Wird Eisen mit Magnet bestrichen, so
wird es magnetisch, und hierauf gründet sich
die Erfindung der Magnetnadel.
Diese ist ein spitziges Eisenstäbchen, mit
Magnet bestrichen, welches sich mit beyden
Enden stets nach derselben Gegend wendet,
und zwar nach den Polen der Erde; denn
der Magnet hat die Eigenschaft, daß er sich,
wenn er frey schwebt, mit zwey entgegen ge-
setzten Punkten nach den Erdpolen dreht.
Die Magnetnadel bestimmt also die Him-
melsgegenden, und ist daher auf dem weiten
Meere von Wichtigkeit, um sich in die Ge-
gend zu finden und seine Richtung nehmen zu
können.
H. 12.
Licht.
Dasjenige Wesen, welches die Dinge aus-
ser unS erleuchtet, und wodurch wir sehen,
heißt Licht.
Einige Körper bringen das Licht aus sich
selbst hervor, z. B. die Sonne, viele bren-
nende Körper, einige Arten vom faulen Holze,
saule Fische rc. — Solche heißen leuchtende.
An andern entsteht das Licht nur, wenn es
von andern Körpern auf sie fällt. Sie heißen
erleuchtete.
Der Gegensatz des Lichtes ist Dunkelheit,
und gänzliche Abwesenheit des Lichtes ist Fin-
sterniß.
Das Licht verbreitet Anmuth über die
ganze Schöpfung, bildet die verschiedenen Far-
ben, das sanfte Blau des Himmels, Das
Grün des Erdreiches. Wenn der Schöpfer-
Nacht und Schatten eintreten läßt, bereiteter
uns nur wieder neues Vergnügen zu Licht und
Farbe vor.
152.
Wie wird Eisen
magnetisch 2
Was ist Mag-
netnadel?
154.
Wozu dient die
Magnetnadel?
155.
Was heißt Licht?
156.
Wie entsteht an
den Körpern das
Licht?
157.
Was ist der Ge-
gensatz d. Lichts?
153.
Was wirkt das
Licht in der
Schöpfung?
23
Naturlehre.
13 Q.
Me bewegt stch
das Licht?
140.
Behalten die
Lichtstrahlen im-
mer ihre gerade
Richtung?
141.
Was ist Strah-
lenbrechung ?
142.
Welche Erschei-
nungen z. B. be-
ruhen auf Bre-
chung des Lichts?
a) «tu Stäbe?
Das Licht bewegt sich, so lange es auf
seinem Wege keine Hindernisse antrifft, auf
geradem Wege.
Die Lichtstrahlen behalten nicht immer
ihre gerade Richtung, sondern neigen sich
manchmal und machen einen Winkel, z. B.
wenn sie aus der Luft in das Wasser, oder
Glas gehen, und so umgekehrt.
Können die Lichtstrahlen den Körper nicht
durchdringen, so werden sie zurückgeworfen und
dann gesehen. Dieß heißt Strahlenbrechung.
Auf der Brechung der Lichtstrahlen beru-
hen verschiedene auffallende Naturerscheinun-
gen, und eigentlich Täuschungen:
1) Ein in das Wasser gehaltener Stab
scheint gebrochen, oder von der Seite betrach-
tet doppelt.
2) Im Wasser sehen wir einen Fisch um
ein Viertel naher an der Oberflache schwimmen,
als wirklich ist; daher mau auch beym Schie-
ßen unter ihn zielen muß.
3) Da auch die Luftschichten von verschie-
dener Dichtheit sind, so entstehen auch die
sogenannten Luftbilder. Sie gewahren oft die
höchste Ueberraschung und den seltensten An-
blick, und haben auch in frühern Zeiten zu
vielem Aberglauben Anlaß gegeben.
Solche Luftbilder sind:
3) Gegenden, welche von Wäldern und
Bergen völlig bedeckt sind, und durch die be-
sten Fernrohre nicht gesehen werden können,
werden an den Meeresküsten zuweilen sichtbar,
als wenn sie sich erhüben. Wälder, Berge,
Häuser, Rauch aus den Schornsteinen zeigen
sich, wie sie wirklich in der Natur sind.
b) In der Meerenge von Calabrien und
Sicilien zeigen sich Säulen, Festungen, Schlös-
ser, Menschen und Viehheerden in der Luft.
c) Niebuhr, ein dänischer Jnstizrath, sah b) an Gestalten?
b) am Fische?
c) an Luftbil-
dern ?
143.
Welche merkwür-
dige Luftbilder
gibt es?
a) an Gegenden?
Naturlehre.
am rothen Meere und auf großer Sandheide
einen Araber, den er in der Ferne erblickte,
und der auf einem Kamehle rirt, zugleich auch
höher als eine Kirche in der Luft.
d) So sahen Menschen auch ihre eigene
Gestalt in der Luft.
e) Da sich die Gegenstände der Erde in
der Luft abbilden, so ist es also möglich und
natürlich, daß in gewissen Gegenden und Zei-
ten in der Luft ein Kreuz s. a. gesehen werde.
f) Durch künstliche Brechung der Licht-
strahlen werden auch die sogenannten Geister-
erscheiuungen hervorgebracht, wodurch sich Un-
wissende tauschen lassen.
g) Auch das Doppelsehen beruht auf
Brechung des Lichtes. Es ist nämlich möglich,
daß ein Mensch ohne Anwendung eines Spie-
gels sich doppelt sehe. Ein berühmter Natur-
forscher entdeckte in seinem Arbeitssaale an dem
entgegengesetzten Ende sein Bild. Als er auf-
stand , es naher zu untersuchen, verschwand
es; als er sich wieder setzte, erblickte er es
wieder. Das Bild gestaltete sich durch die
Dünste, die von den chemischen Präparaten
im Saale waren; konnte aber nur gesehen
werden, wenn die Lichtstrahlen in der gehöri-
gen Richtung in das Auge sielen.
Jeder Lichtstrahl besteht aus sieben ver-
schiedenfarbigen Lichtstrahlen, und zertheilt sich
in diese, wenn er in einem durchsichtigen Kör-
per gebrochen wird. Dieses sieht man in einem
Glas Wasser, wenn die Sonne darauf scheint,
besser aber an dem Regenbogen. Die Farben
stehen von unten auf gezahlt, in folgender
Ordnung: roth, dunkelgelb, hellgelb, grün,
hellblau, dunkelblau, violett.
Der Lichtstrahl ist fast millionenmal ge-
schwinder, als der Schall, und durchläuft in
einer einzigen Sekunde 40,000 Meilen. Deß-
2Y
c) an Geister-
erscheimillgen?
sl) am Doppclse-
hen?
144.
Wiestst die Far-
be des Lichtstrah-
les ?
'45.
Wie ist die Ge-
schwindigkeit des
Lichtes?
30
Naturlehre.
146.
Was sind die
Höfe um Sonne
und Mond?
147.
Kann man die
Höfe nachah-
men ?
wegen sieht man den Blitz, ehe man den Don-
ner hört *).
§. iS.
Glänzende Lufterscheinungen.
Die Höfe um die Sonne und den Mond sind
nur Dünste unserer Atmosphäre, bilden sich
durch Brechung der Lichtstrahlen, und sind nicht
von Mond und Sonne selbst. — Die Dünste
sind die Ursache eintretenden Regens, wenn
sich ein Hof zeigt.
Ein solches Bild können wir selbst ma-
chen, wenn wir auf einem Küchenherde hinter
einen Kessel, aus welchem Wasserdampfe auf-
steigen, ein Licht stellen. Betrachten wir den
Mond durch gefrorne Fensterscheiben, so sehen
wir auch deutlich einen Hof, welcher aber ver-
schwindet, wenn wir das Fenster offnen. Auch
in Zimmern mit wässerigen Dünsten erblickt
man ihn um das Licht.
Durch eisige Dünste entstehen Neben-Son-
nen und Neben-Monde; sie bilden sich in dem
Spiegel der in der Luft befindlichen Eisblätt-
chen ab.
Morgen- und Abendröthe erscheinen nur,
wenn die Luft mit Dünsten angefüllt ist, die
so beschaffen sind, daß sie meistentheils nur
die rothen Lichtstrahlen zurückwerfen. Morgen-
röthe verkündet Wind und Regen; Abendröthe
aber mehrentheils gutes Wetter, weil Nachts
die Dünste auf die Erde fallen. 150.
Morgendämmerung ist, wenn die Sonne Wann ist Mor-
des Morgens noch unter dem Horizonte (Ge-sgen- und Abend-
*) Das Licht verbreitet Anmuth über die ganze Schö-
pfung, das schönste Farbenspiel, und wechselt mit
Schatten und Nacht, um uns neues Vergnügen
vorzubereiten. Sehet und betrachtet die Werke
Gottes und fühlet seine Freundlichkeit.
148.
Wie entstehen
Neben-Monde
und Sonnen?
149.
Wann ist Mor-
gen- und Abend-
röthe und was
zeigen sie an?
31
Naturlehre.
sichtskreis) ist, denn sie wirft ihre Strahlen
schon in den obern Dunstkreis, und erhellet
ihn stets mehr. Wenn sie unter dem Horizonte
Abends ist, wirft sie ihre Strahlen ebenfalls
noch in den Lnftkreis zurück und erhellet ihn
nur noch; da heißt es Abenddämmerung. Wird
die Sonne sichtbar, dann heißt es Aufgang der
Sonne.
Sie haben ihren Nutzen, weil dadurch
unser Auge nach und nach an die Abwechslung
des Lichtes und der Finsterniß gewöhnt wird,
und ein plötzlicher Uebergang vom hellen Tage
in die Dunkelheit der Nacht und umgekehrt
ihm höchst schädlich wäre. e
Die prächtigste der glänzenden Lufterschei-
uungen ist der Regenbogen.
Er entsteht, indem sich die Mondes- und
Sonnenstrahlen in den gegenüber niederfallen-
den Regentropfen brechen und zurückgeworfen
werden.
Wenn man aus einer Spritze das Wasser
dergestalt in die Höhe spritzt, daß es im Nie-
derfallen sich in einen Regen verwandelt, in
welchen die hinter uns stehende Sonne oder
der Mond die Strahlen werfen, bildet sich ein
künstlicher Regenbogen.
Um die Entstehung des Regenbogens zu
begreifen, muß man wissen, daß die Regen-
tropfen die Sonnen- oder Mondesstrahlen auf
eine ähnliche Art auffangen, wie die mit
Wasser gefüllte gläserne Kugel. Jeder Wasser-
tropfen, der in dem Regen herunterfällt, ist
als eine solche Wasserkugel zu betrachten. Es
wird das Sonnenlicht in jedem Tropfen zwey-
mal gebrochen und einmal zurückgeworfen.
Diese Brechung der Lichtstrahlen ist die Ursa-
che der Farben, mit welchen er spielt. Hat
nun der Tropfen die gehörige Stellung, so
muß aus ihm ein farbiger Strahl in's Auge
dammerung? —
Sonnenaufgang?
151.
Haben Morgen-
und Abenddäm-
merung Nutzen?
152.
Wie entsteht der
Regenbogen?
155.
Wie kann man
künstlichen Re-
genbogen erzeu-
gen?
154.
Wie kann man
die Entstehung
des Regenbogens
erklären?
32 Nctturlehre.
fallen; da nun im Regen eine Menge Tropfen
sind, und an die Stelle der herabfallenden im-
mer neue Tropfen kommen, so müssen aus
denselben eine große Menge rother, purpurner,
blauer, grüner, gelber Farben entstehen, die
unter dem gehörigen Winkel zum Auge gelei-
tet werden. So bildet sich der Regenbogen.
Damit wir den Regenbogen sehen, müssen
die Strahlen gerade unter dem gehörigen Win-
kel in unser Auge fallen; dieses geschieht aber
nicht, wenn wir uns an der Stelle befinden,
wo der Regenbogen niederfallt, und so ist er
uns auch dort gar nicht sichtbar. Es muß die
niedrig stehende Sonne uns im Rücken, und
die Wolken müssen vor uns seyn, aus welchen
die Regentropfen herabfallen, und sich in der
Sonne spiegeln. Wir können deßhalb die Stelle
des Niederfallens nicht finden, und also auch
ein goldenes Schüsselchen dort nicht treffen.
Wenn man auch einmal ähnliches dort fand,
wo man glaubte, daß der Regenbogen sich
niedergesenkt habe, so war es wohl nur eine
zufällig aufgefundene alte Münze rc.
§♦ 14.
Feurige Lufterscheinungen.
Wenn sich Blitze sehen und Donner hören
lassen, so heißt es Gewitter.
Ein Gewitter entsteht durch die in der
Luft befindliche elektrische Materie. Wenn sich
nämlich die elektrischen Wolken nähern, fährt
ein großer Funke von einer Wolke in die an-
dere, fährt schnell durch die Luft, erschüttert
sie und erzeugt sd den Schall — den Donner.
Der Blitz nach gewissen Beobachtungen
und Versuchen ist nichts andres, als ein hef-
tiger elektrischer Funke zwischen den Wolken,
und der Donner ist der Knall, welcher mit
155.
Was ist von dem
goldenen Schüs-
selchen zu halten,
das man der Sa-
ge nach da findet,
wo der Regenbo-
gen zur Erde
fällt?
156.
Wenn ist Gc- .
witter?
15?.
Wie entsteht ein
Gewitter?
158.
Was ist Blitz
und Donner?
Narurlehre.
53
Ausbrechung deS Blitzes verbunden ist, und
durch die heftige Erschütterung der Luft be-
wirkt wird.
Der Knall ist an sich einfach, wird' aber
vielfacher und ein Rollen, wenn durch mehrere
auf einander folgende Blitze sich die Knalle
vervielfältigen, oder sich der Schall an Gegen-
ständen bricht.
Durch die Elektrisirmaschine kann man
das Schlangeln und Einschlagen des Blitzes
auf eine lehrreiche Art nachahmen, was man
an dem sogenannten Donnerhause darstellt.
Nicht alle Blitze fahren zur Erde, was
sehr gefährlich wäre, sondern die meisten
schlängeln sich durch die Wolken oder fahren
aufwärts.
Wenn der Blitz in Körper fährt, welche
sich auf der Erde befinden, so heißt man es
Einschlagen.
Irrig ist die Meinung jener, welche glau-
ben, daß alsdann, wenn der Blitz einschlägt,
ein Stein mit größter Heftigkeit ans der Luft
geschleudert werde, den sie Donnerkeil, Don-
uerstein nennen. Steine, welche man auf der
Erde findet, waren schon immer da, und ha-
ben sie eine besondere Gestalt, so sind es
manchmal Opfermesser und Streitärte unserer
heidnischen Vorfahren, oder auch Versteinerun-
gen von Pflanzen und Thieren. Wie sollten
Steine in die Luft hinaufgekommen seyn, da
sie zu schwer sind, und da der Blitzstrahl nur
ein elektrischer Strahl ist, mit welchem kein
Stein herab kommen kann? Wird ein Baum
vom Blitze zersplittert, oder ein Mensch er-
schlagen, so müßte man solchen Keil finden,
was der Fall nicht ist, und man findet an
Menschen, welche vom Blitze getroffen wur-
den, oft nicht die mindeste Spur einer Wunde.
Alle geheimnißvotten Kräfte, welche Man
159.
Wie entsteht daS
Rollen des Dorr-
nerö?
160.
Kann man das
Gewitter nach-
ahmen?
161.
Fahren alle Bü-
ße znr Erde?
162.
Was heißt Ein-
schlagen?
163.
Wird beym Ein-
schlagen ein soge-
nannter Donner-
keil herabge-
schleudert?
164.
Was ist von den
5
04
Rarurlehre.
Kräften der sog.
Donnerkeile zu
haltend
1Ü5.
Welcher Aber-
glaube herrscht
noch manchmal
in Abwendung
des Einschla-
gen^?
cho dem Donnerkeile zuschreiben, z. B. daß
ein Haus, in welchem ein solcher Stein ist,
vor dem Einschlagen des Gewitters sicher sey;
daß die Kühe die durch Zauberey verlorne
Milch wieder bekommen, wenn ihre Euter mit
dem Donnerkeile bestrichen, oder durch das an
ihm befindliche Loch gemolken werden, beruhen
auf thörichten Meinungen.
Es ist unvernünftiger Wahn, daß der
Blitz kein Hans berühre, in welchem auf dem
Herde von solchem Holze Feuer angezündet
und unterhalten wird, das ehemals vom Blitze
getroffen wurde;— oder, daß der Blitzstrahl
das Dach nicht in Brand stecke, zwischen des-
sen Balken geweihte Palmzweige oder geweihte
Holzbrande stecken; — daß er in ein Haus
nicht fahre, in welchem auf dem Herde ge-
weihte Palmzweige glimmen: — denn der
Blitz hat schon viele solche Hauser in Asche
gelegt.
Gerade dann fahrt der Blitz eher in ein
Haus, wenn auf dem Herde Feuer ist. Es ist
mit Rauch verbunden, und dieser leitet die
elektrische Materie herbey; auch ist der Schorn-
stein höher als andere Gegenstände, und daher
vom Blitze leichter zu erreichen. Es ist daher
höchst gefährlich, sich bey Annäherung eines
Gewitters unter einem Schornsteine aufzuhal
ten, und viele Menschen sind, wahrend sie das
Feuer von geweihtem und ungeweihtem Holze
auf dem Herde unterhielten, vom Blitze ge-
troffen worden; denn das Feuer vom geweih-
ten und ungeweihten Holze bleibt immerhin
ein Leiter der elektrischen Materie. 167.
Viele Leute fürchten den Donner und ge- Ist der Donner
rathen in große Angst, wenn dabey Fenster Zu fürchten?
und Hauser zittern; aber der Donner ist nicht
zu fürchten, mag er noch so schrecklich krachen. 163.
Die Entfernung des Gewitters laßt sich Kann man die
166.
Warum ist es ge-
fährlich, bey Ge-
wittern Feuer
auf dem Herde zn
haben?
Naturlohre.
35
berechnen, denn man hat gefunden, daß, wenn
vom Blitzstrahle bis zum Donnerschlage fünf
Pulsschläge gezählt werden, das Wetter noch
eine halbe Stunde entfernt ist, u. s. f.
Die Gewitter haben sehr großen Nutzen.
Sie kühlen die Luft ab, zerstreuen und verbren-
nen die schädlichen Dünste, befördern den
Wachsthum der Pflanzen und die Fruchtbarkeit
des Erdreiches, nicht nur durch den Regen, son-
dern auch durch die Elektrisirung und durch die
Erschütterung des Donners.
Bey Gewittern hat man verschiedene Vor-
sichtsmaßregeln zu beobachten:
1) Man entferne sich von Wänden, Schorn-
steinen, Oefen u. dgl.; am sichersten ist man
in der Mitte eines geräumigen Zimmers im
untern Stocke.
2) Man öffne ein Fenster oder eine Thüre,
damit man nicht Gefahr laufe, von der schwef-
ligen erstickenden Luft überwältigt zu werden,
wenn der Blitz in das Zimmer fahren sollte.
5) Man lege alles Metall, also auch Geld,
von sich; denn Metall ist ein Leiter.
4) Nachts verlasse man das Bett, weil
es der Blitzstrahl schon manchmal entzündete;
auch ist man wachend geschickter, einer Ent-
zündung zu steuern, und unglücklichen Neben-
menschen zu Hülfe zu kommen.
5) Wenn der Blitz irgendwo eingeschlagen
hat, gehe man nicht sogleich an die getroffene
Stelle, denn es geschieht nicht selten, daß ein
zweyter Schlag nachfolgt.
6) Man entferne sich von Bäumen, Holz-
stößen, Getreidhaufen re.
7) Man hüte sich vor schnellem Gehen,
Fahren, Reiten, und lege sich lieber der Länge
nach unter freyem Himmel von allen Gegen-
ständen entfernt auf die Erde nieder; man
steige vom Wagen und Pferde, und trete nicht
Entfernung dcö
Gewitters fcc*
rechnen?
169.
Welchen Nutzen
haben die Ge-
witter-
170.
Welche Vorsicht
hat man bey Ge-
wittern zu beob-
achten?
a) in Wohnun-
gen?
b) Ocffnen der
Fenster.rc.
e) an Metall?
d) wegen Schla-
fend
e) beym Ein-
schlagen?
f) bey Gegen-
ständen?
g) beym Fahren,
Reiten, bey Feu-
er, Zugluft re.
36
Raturlehre.
nahe an Gewässer; man stelle sich nicht unter
Hausthüren, sondern bleibe lieber mitten auf
der Gasse. Alles Feuer im Hause lösche man
aus, und vermeide im Zimmer jede Zugluft.
6) Gefährlich ist es, wenn an Häusern
Klingeln sind, welche durch Eisendraht gezo-
gen werden, und wenn dieser durch Zim-
mer oder an der Mauer weiter geführt wird.
Statt desselben ist ein gut gespannter, in
Pechfirniß getränkter seidener Bindfaden räth
licher.
Man vermeide das Läuten der Glocken
auf Kirchthürmcn zur Zeit, da ein Gewitter
über unserm Scheitel schwebt. Viele tausend
Personen haben wegen dem Wetterlauten ihr
Leben eingebüßt, weil das Metall für sich
und besonders bey seiner Bewegung, wodurch
es erwärmt wird, die Gewittermaterie an sich
zieht. Im Jahre *785 sind nur in Teutschland
und Frankreich in Zeit von drey Monaten
96 Personen, die während der Wetter lau-
teten, vom Blitze erschlagen worden. Er be-
schädigte vier junge Leute, welche, ungeachtet
aller Gegenvorstellungen, sich zum Wetterläuten
begaben. In einem Zeiträume von 55 Jahren,
da das Wetterlänten noch nicht verboten war,
ereigneten sich in Teutsckland allein 586 be-
kannte Falle, daß der Blitz auf Glockenthürme
fiel und 105 Personen tbdtete. Es ist daher
eine große Wohlthat der weisen Regierung,
daß sie das schädliche Wetterläuten verbot.
Was brennt, wenn es eingeschlagen hat,
ist kein elektrisches Feuer mehr, sondern nur
das Feuer der brennbaren entzündeten Gegen-
stände, und der Name, »wildes Feuer", den
man ihm beylegt, hat gar keine Bedeutung.
Es ist also Vorurtheil, wenn Einige glauben,
ein durch Blitz verursachter Brand sey nur,
li) Hansklin-
geln?
171.
Soll man bey
Gewitter läu-
ten r
172.
Muß man zum
Löschen des durch
Blitz entstande-
nen Brandes
Milch haben?
37
Nctturlehre.
durch Milch zu löschen; denn er ist nach Erfah-
rung auch durch Wasser zu löschen.
Die Ursache, warum ein vom Blitze ent-
zündetes Haus gemeiniglich abbrennt, rührt
größtentheils daher, daß der Blitz an mehre-
ren Stellen zugleich gezündet hat, der Wind
das Feuer heftig anfacht, und das Haus da-
durch auf einmal in Flammen gesetzt wird.
Gegen den Blitzstrahl schützen die soge-
nannten Wetter- oder Blitzableiter, welche
aber mit Sorgfalt aufgestellt und unterhalten
werden müssen. Wenn ein Gewitter über einem
mit einem Blitzableiter versehenen Gebäude zu
stehen kommt, so fährt jeder Blitz gerade auf
den Ableiter, und gleitet au der Stange in
die Erde, ohne ein Gebäude zu beschädigen.
Für den gemeinen Mann wohlfeile Blitz-
ableiter sind:
1) Hohe Bäume, welche iu großer Zahl
um ein Dorf, jedoch gegen 20 Ellen von je-
der Behausung entfernt, gepflanzt werden.
2) Hohe Stangen, welche man um den
Ort von 500 zu 500 Schritten fest aufstellt,
oben mit einer scharfen metallenen Spitze ver-
sieht, und au deren Seite einen zwey Finger
breiten Streif von Messingblech befestigt, wel-
cher bis in die Erde geht. Sie müssen aber
über alle Häuser des Ortes hoch hinausragen.
Jene, welche glauben, daß die Aufrich-
tung von Blitzableitern ein Eingriff in die
göttlichen Majestätsrechte sey, und man sich
dadurch an Gott versündige, haben nur aber-
gläubige Grillen. Warum ist es denn kein
Eingriff, wenn man sich bemüht, das Feuer
zu loschen, das der Blitz entzündet hat? Da
uns Gott durch die Natur das Mittel gegen
die Wirkungen des Blitzes gegeben hat, so
handeln wir durch seinen Gebrauch nur den
göttlichen Absichten gemäß.
175.
Was ist die Ur-
sache, daß ein
durch Blitz ent-
standener Brand
nicht leicht zu
loschen ist?
174.
Was schützt ge-
gen den Blitz-
strahl?
175.
-Wie erhült malt
wohlfeile Blitz-
ableiter?
176.
Mreiftman nicht
GotL citi, wenn
man durch Ablei-
ter den Blitz ent-
fernen will?
38
Naturlehre.
Unwissende, welchen die natürlichen Ursa-
chen unbekannt sind, schreiben die Gewitter
dem Teufel, Hexen oder bösen Menschen zu;
aber es ist sündhaft zu glauben, daß es solche
gäbe, welche die Herrschaft über die Natur
hätten. Nur die Natur schafft die Gewitter
nach ihren Einrichtungen, die ihr Gott gege-
ben hat.
Außer dem majestätischen Gewitter gibt
es noch andere feurige Lufterscheinungen.
Zur Zeit des Gewitters fallt manchmal
außerordentlich viel elektrische Materie in den
Regentropfen herab, wodurch diese hellglän-
zend werden. Diese Erscheinung nennt man
Feuerregen.
Abends und NachtS läßt sich oft plötzlich
ein Schein am klaren Himmel sehen, der
schnell wieder verschwindet. Man heißt dieses
Wetterleuchten oder Abkühlung des Himmels.
Es ist entweder bloß der Wiederschein
entfernter Blitze, oder ein Blitz, dessen Don-
ner wegen großer Entfernung nicht gehört
wird, oder der keinen Knall verursacht hat.
Man kann nämlich einen Blitz, der nur eine
Viertelmeile hoch ist, über 22 Meilen weit
sehen, den Donner aber nur 5 Meilen weit
hören.
i In den nördlichen Gegenden laßt sich öf-
ter ein glänzender Lichistreif am blauen Fir-
mamente sehen. Man heißt ihn Nordlicht, weil
er in unsern Gegenden nur gegen Norden be-
merkt wird. Man nahm aber auch am Südpol
eine solche Erscheinung wahr, und sie heißt!
man Südlicht.
Diese Erscheinung ist nur eine Wirkung!
der in der Luft schwebenden elektrischen Dünste;
sie erhellen in den Nordgegenden die langen'
Winternächte, daß Menschen ihre Geschäfte wie
bey Tage verrichten können. I
177.
Können Teufel,
Heren oder böse
Menschen Ge-
witter machen?
178.
Was ist Feuer-
regen?
17Y.
Was heiftt Wet-
terleuchten ?
180.
Was ist das
Wetterleuchten?
181.
Was heißtNord-
licht— Südlicht?
182.
Was ist Nord-
oder Südlicht?
Naturlehre.
Manchmal laßt sich an den Spitzen der
Thürme, ans Mastbäumen der Schiffe, auch
auf Bajonneten der Soldaten, an Spitzen der
Wcttcrableiter, an Pferdeohren rc., im Dunkeln
eine Erscheinung in Gestalt eines flimmern-
den Lichtes bemerken. Man heißt sie Wetter-
lichter oder St. Elmusfener. Auch die Wet-
terlichter sind nur eine elektrische Materie, die
sich an die Körper ansetzt.
Kleine Flämmchen, die vom gestirnten
Himmel zu fallen scheinen und Sternschnuppen
genannt werden, sind auch nur Dünste, die
sich entzünden. Wo sie niederfallen, findet man
einen schleimartigen Körper.
Das nämliche sind Feuerkugeln und Feuer-
säulen, die oft mit einem Knalle zerplatzen,
und da erstere manchmal einen langen feurigen
Schweif nach sich ziehen, werden sie auch feu-
rige Drachen genannt.
Der feurige fliegende Drache ist auch eine
Entzündung der brennbaren Luft, welche langer
anhält, weil die Luft mit schleimigen Dünsten
versehen ist.
Der Aberglaube hielt ihn sür den Teufel,
weil er sich auch bisweilen den Schornsteinen
nähert. Dieses geht aber ganz natürlich zu,
denn die Luft am Schornsteine ist durch das
Feuer, welches den Tag hindurch auf dem
Herde unterhalten wurde, verdünnt worden,
und die Folge davon ist, daß die äußere Luft
in denselben hineinströmt. Kommt der Dra-
che in diesen Luftstrom, so folgt er ihm,
und wenn er gerade am Schornsteine erlischt,
hat es den Anschein, als fahre er in den
Schornstein hinab. Auch das Erlöschen am
Schornsteine ist natürlich, weil in einer sehr
verdünnten Luft das Feuer nicht brennen kann.
Au sumpfigen Orten, Richtstatten, Kirch
39
132.
Was sind ©Ci;
terlichtcr?
184.
Was heißt man
Sternschnuppen
und was sind sie?
135.
Was sind feurige
Kugeln u. dgl. ?
186.
Was ist der flie-
gende Drache?
137.
WaS. heißt man
Höfen, Schlachtfeldern, wo Pflanzen undjIrrlichter?
40 Naturlehre.
Thiere in FZulnkß übergehen, bemerkt man oft
kleine Flämmchen, welche bald da, bald dort
sich zeigen, verschwinden und wieder entstehen,
und den Wanderer Nachts oft verleiten, ihrem
Scheine zu folgen, indem er sie für wirkliche
Lichter in menschlichen Wohnungen halt, wo-
durch es aber vom rechten Weg abgeleitet wird.
Auch laufen abergläubige Leute aus Furcht
und Angst fort, ohne zu wissen, wohin. Die
Erscheinung heißt man Irrwische oder Irr-
lichter.
Sie sind nichts anders alö leuchtende
Dünste, die sich entzünden und hin und her
schweben, und werden von abergläubigen Leu-
ten für Gespenster gehalten, für böse Geister,
welche die Reisenden irre führen, oder für
Seelen der Verstorbenen. Man nennt sie auch
Fuchtel- oder Feuermänner.
Da sie vom geringsten Luftzuge bewegt
werden, können sie auch durch Blasen und
Schreyen entfernt werden. Unwissende kommen
daher zum Aberglauben, daß sie durch Fluchen
fortgejagt, durch Beten aber herbey gelockt
werden. Fluchende pflegen im Zorne die Luft
stark von sich zu flössen. Betende aber und
Furchtsame, die aus der Tiefe ihres Herzens
seufzen, ziehen die Luft an sich.
Wenn Wärme auf die Körper wirkt, bil-
den sich Dünste und Dämpfe und aus diesen
brennbare Luft, welche sich an der atmosphä-
rischen Luft mit bläulicher Farbe entzündet und
brennt, — uud so bilden sich die sogenannten
Irrwische.
Das sogenannte Geldbrennen ist auch nur
entzündete brennbare Luft, und wird auch öf-
ter durch ein Stück faulendes Holz verursacht.
Alle solche Erscheinungen in der Luft oder
auf der Erde haben aber nichts ^besonderes uud
kein Unglück zu bedeuten; denn sie sind ganz
138.
Was ftiiö die
Irrlichter?
18Q.
Werden die so-
genannten Fnch-
telmänner durch
Fluchen verjagt,
durch Beten
herbeygelockt?
1YO.
Wie werden die
Irrwische gebil-
det?
lyi.
Wie entsteht das
Geldbrennen?
1Y2,.
Was bedeuten
feurige Drachen,
Irrwische, Ne-
41
Naturlehre.
natürliche, wenn auch seltene, Erscheinungen.
Unkundige Leute sehen sie für plötzliche Wun-
der an und gerathen bey ihrem Anblicke in
Angst und Furcht, weil sie thörichter Weise
glauben, es werde Unglück oder wohl gar das
Ende der Welt angedeutet.
Glänzende und feurige Lufterscheknnngen
unterscheiden sich im Allgemeinen in der Art,
daß Erstere nur von Brechung der Lichtstrah-
len , Letztere aber von wirklicher Entzündung
der ^uft und von elektrischem Feuer herrühren.
bensonnen u.dgl.
195.
Wie unterschei-
den sich glänzen-
de und feurige
Lnfrerscheinnn-
gen?
§. 15.
Erde.
Die Erde, als Element angenommen,
ist ein trockener, lockerer Körper, welcher keinen
Geschmack hat, nicht aufgelöst und nicht aus-
gedehnt werden kann, und den größten Theil
unsers Erdbodens ausmacht.
Es gibt viele Erdarten, z. B. Sand-,
Thon-, Kalk-, Kiesel-Erde; sie werden aber
nie ganz rein, sondern immer vermischt ange-
troffen^
194.
Was ist Erde
als Element?
195.
Gibt es mehrere
Arten Erde?
§» 16»
Zersetzung der Körper.
Die Körper lassen sich ln ihre Bestand-
theile oder Stoffe, und diese sich wieder weiter
zerlegen oder zersetzen; endlich aber stossen wir
auf Bestandtheile, welche wir nach unsern ge-
genwärtigen Kenntnissen nicht weiter Mehr
zerlegen können, und sie daher als die ein-
fachsten ansehen.
Diese nicht weiter zerlegbaren heißen Ur-
stoffe oder Elemente.
Es gibt so viele Elemente, als es einfache
Stoffe gibt, die sich uicht weiter zerlegen las-
196.
Was heißt man
Elemente?
197.
Wie viel gibt es
Elemente?
42
Naturlehre.
sen, und deren sind eine Menge. Die vormals l
angenommenen vier Elemente reichen nicht
mehr hin, denn man hat nun gelernt, auch
sie in ihre Bestandtheile oder Stoffe aufzulö-
sen.^ So weiß man jetzt z. B., daß die atmo
sphärische Luft aus Lebensgas, Stkckgas und
kohlensaurem Gase bestehe, und daß sich jedes
dieser Gase wieder in besondere Gasarten auf-
lösen lasse. Das Wasser löset sich in zwey
Lnftstoffe auf; verbindet man diese Luftstoffe
wieder mit einander, so wird wieder Wasser.
Der Mensch zersetzt die Körper auf ver-
schiedene Art, z. B.
r) Er zieht durch Warme die flüssigen
Theile ans einem Körper, z. B. aus Getreid,
und es bildet sich Branntwein. Es sind hiezu
zwey Gefäße nothwendig, welche verschlossen
und mit einer Röhre verbunden werden. Das
eine wird mit der Substanz gefüllt und er-
wärmt, das andere bleibt kühl. Von der er-
wärmten Substanz steigen alsdann die Däm-
pfe oder Dünste in das andere Gefäß hinüber,
und verwandeln sich in Flüssigkeit. Man heißt
dieses Destillation.
2) Die Wärme zieht aus Körpern auch
Dämpfe, welche sich nicht zu flüssigen, sondern
zu festen Körpern bilden. So bildet der Apo-
theker durch Verdampfung des Schwefels die
sogenannten Schwefelblumen. Dieses heißt
Sublimation.
3) Das Trocknen der Wäsche, des Obstes,
Einsieden und Verdickung der Speisen, Backen
des Brodes u. dgl. geht durch Verdampfung
der Flüssigkeiten vor sich, was man auch deut-
lich bey nassen Hauödächern sehen kann.
4) Der Most der Weintrauben gährt in
freyer Luft; verhindern wir aber durch Zu-
pfropfen des Gefäßes den Zutritt der Luft,
so sieht die Gährung still, und man erhalt
193.
Wie zersett man
die Körper?
.1) wie duich De-
stillation?
h>)Snblimatioir?
c) Trocknen?
d) Bey Most?
45
Nctturlehre.
i
Wein; läßt man dis Gährung fortschreiten^
so wird Essig, und bleibt dieser der freyen
Luft ausgesetzt, so verdirbt er durch Fäulnis.
§. 17.
Anwendung allgemeiner Eigenschaften der
Körper auf Aberglauben.
Die Eigenschaften der Ausdehnung, Ela-
stizität, Schwere, Theilbarkeit rc. klaren uns
über manchen Irrwahn auf, und auf ihnen
beruhen manche Erscheinungen, die sich der
Unwissende nicht erklären kann; und durch
ihre Kenntniß verschwindet mancher Aberglaube.
Der menschliche Körper muß, wie jeder
andere Körper, einen Raum einnehmen; daher
ist es offenbar Aberglaube, wenn sich Jemand
einbildet, ein Mensch könne sich unsichtbar
machen. Nur wenn unsere Augen geblendet
würden, könnten wir den vor uns stehenden
Menschen nicht sehen.
Der Mensch nimmt mit seinem Körper
einen Raum ein, und muß sich daher auch
jederzeit an einem bestimmten Orte befinden.
Dadurch ist es unmöglich, daß er zu gleicher
Zeit an zwey verschiedenen Orten sey.
Es herrscht vielfältig der Wahn, daß
Menschen sich verwandeln können. Allein da
der Mensch, wie jeder Körper, einen Raum
einnimmt, so muß er sichtbar bleiben, und so
wenig er sich unsichtbar machen kann, eben so
wenig kann er sich anch in eine andere Gestalt
verwandeln, denn das Verwandeln setzt ja das
Unsichtbarmachen voraus. Nur Unkundige kön-
nen den Glauben haben, daß sich ein Mensch
durch eigene Kraft oder durch Beyhülfe des
Satans in Katzen, Hunde, Pferde u. dgl.
verwandeln könne.
199.
Kann sich der
Mensch unsicht-
bar machen?
200.
Kann sich ein
Mensch an meh-
reren Orten zu-
gleich befinden?
201.
Kann sich ein
Mensch verwan-
deln?
44
Naturlehre.
Dieser Glaube hat ohne Zweifel seinen
Ursprung im Mißverstände der Fabeln der al-
ten Weisen. Bey ihnen war die Verwandlung
der Menschen in Thiere eine bildliche Vorstel-
lung, wodurch sie zu erkennen geben wollten,
daß das Laster den Menschen in ein Ungeheuer
verwandle.— Solche Verwandlung findet noch
jetzt statt, wenn die Menschen die Neigungen
der Thiere annehmen,, denn eben dadurch wer-
den sie ihnen ähnlich.
Einige werden durch ihre Gefräßigkeit in
Wölfe, andere durch ihren Geitz und ihre
Kargheit in Hunde n. dgl. verwandelt. Es ist
daher sehr wahrscheinlich, daß im Mißverstände
der sittlichen Verwandlung der Ursprung jenes
unsinnigen und lächerlichen Aberglaubens zu
suchen sey.
Auf die Elastizität und zugleich Schwere
gründet sich das sogenannte Schlagen der
Wünschelruthe. Sie ist der Schuß von einer
Haselnußstaude von zwey Nebenzweigen, wird
festgehalten und gedreht. Da die Kraft der
Hände nachläßt, und die Ruthe elastisch ist,
so bewegt sie sich in ihre vorige Gestalt zurück,
und fängt an, sich ein wenig auf und ab zu
bewegen, was man Schlagen heißt.
Dieses Schlagen hat nichts besonders zu
bedeuten, aber den Aberglauben unvernünftiger
Leute machen sich Betrüger zu Nutzen, geben
an, durch sie verborgene Schätze entdecken zu
können, und prellen so leichtgläubige Leute
um ansehnliche Summen Geldes.
Jeder Mensch nimmt einen bestimmten
Ort ein, und es ist daher unmöglich, daß er
an einen andern Ort hinkommen könne, ohne
seinen bisherigen zu verändern. Diejenigen,
welche glauben, daß ein Mensch citirt werden
könne, bilden sich ein, daß er in einen tiefen
Schlaf verfalle, aus welchem er nicht ermun-
202.
Worin hat der
thörichte Glau
be des Vekwan
delns seinen Ur
sprang?
k 205.
Was ist das
Schlagen der
Wünschelruthe?
204.
Was bedeutet
das Schlagen
der Wünschelrn-
the?
205.
Können Men-
schen citirt oder
vorgefordert
werden?
Naturlehre.
tert werden kdnne, so lang seine Erscheinung
am andern Orte dauere, und daß die cirirte
Person anfalle Fragen ordentlich antworte. Allein
solches ist offenbar Unmöglichkeit und Unsinn.
Sogenannte Geisterbeschwörer suchen Un-
wissende zu betrügen, und geben vor, die
Todten rufen zu können; allein der Leichnam
hat keine Bewegung mehr, und die Mittel,
welche solche Geisterbeschwörer brauchen, sind,
natürliche. Es gibt verschiedene Werkzeuge,
wodurch mittelst der Lichtstrahlen Abbildungen
von allerley Dingen, also auch von schreckli-
chen Gestalten vorgestellt werden können, ob-
gleich diese Dinge selbst nicht vorhanden sind;
es können durch gewisse Spiegel selbst Men-
schen vorgestellt werden, wenn nur ihr Por-
trait zu haben ist.
Die allgemeine Eigenschaft der Vewegbar-
kekt widerlegt den Aberglauben des Bannens.
Es ist eine offenbare Unmöglichkeit, durch
Worte oder Zeichen einen Menschen, der gehen
will oder im Laufe ist, auf einmal unbeweg-
lich zu machen, ohne durch äußere Gewalt
auf ihn einzuwirken, denn es kommt ihm we-
sentlich freye Bewegung zu. Lächerlich wäre
es zu denken, daß eine plötzliche Lähmung
der Glieder im menschlichen Körper durch blos-
se Zeichen, durch bloßes Hermurmeln gewisser
Worte bewirkt werden könne.
Beyspiele, welche man erzählt, oder sich
auch zutrugen, beruhen auf Trug. — Jene,
welche als Banner gelten, haben gegen Bezah-
lung mit andern den Spaß abgemacht, sich
als Diebe auf einen Baum zu setzen und Obst
zu pflücken, das sie stehlen wollten; wenn der
Eigenthümer kommt, stellen sie sich, als wa-
ren sie festgebannt, und bitten um Loslassung.
Er gibt ihnen sodann auf ein verabredetes
Zeichen die Loslassung.
45
206.
Können Todte
vorgefordert
werden?
207.
Kann man durch
Zeichen oder
Worte Menschen
bannen?
c
208.
Man weiß aber
Beyspiele des
Bannens?
46
Naturlehre.
Die Kunst, derer sich einige rühmen, sich
selbst fest zu machen, so daß sie in diesem
Zustande weder ein Degen, noch ein Flinten-
schuß, noch sonst etwas verletzen kann, ist
unmöglich. Sollte sie möglich seyn, so müßte
der menschliche Körper so hart wie Stahl und
Stein werden; dann müßte aber der Umlauf
des Geblütes, und somit auch das Leben, auf-
hören.
Diejenigen, von welchen erzählt wird,
daß sie zur Probe des Festmachens eine Kugel
auf sich abschießen ließen, ohne verletzt zu
werden, haben die Zuschauer durch ein bloßes
Kunststück getauscht. ES werden nämlich Ku-
geln von dünnem Glase verfertigt und mir
Quecksilber gefüllt. Sie sind nicht leicht von
Vleykugeln zu unterscheiden; aber im Laufe
vom Ladstocke leicht zerflossen, und können
daher keinen Schaden machen.
Einige Taschenspieler stecken einen zwey-
ten Lauf von dünnem Metalle in die Pistole,
die sie vorher mit Pulver laden. Hierauf las-
sen sie von einem Zuschauer selbst die Pistole
mit Pulver und wirklicher Kugel laden; ehe
sie aber diese auf sich abschießen lassen, suchen
sie unbemerkt den falschen Lauf herauszuziehen,
und lassen erst dann auf sich Feuer geben.
Da nun nichts als Pulver in der Pistole ist,
kann der Taschenspieler auch nicht verletzt
werden.
Auf die Lehre vom Schwerpunkte gründen
sich verschiedene Spielwerke.
Wenn man in einem Körper fortwährend
den Schwerpunkt in eine andere Lage zu brin-
gen weiß, kann man ihn auch verschiedene
Bewegungen machen lassen. Dieß thut z. B.
i) Das sogenannte Purzelmännchen. Es
ist eine hohle Puppe, inwendig mit verschie-
denen Abtheilungen, und beweglich. In einer
209.
Kann sich ei»
Mensch fest ma-
che» 2
210.
Einige lassen
aber Kugel» auf
sich, ohne Verle-
tzung, abschieben?
211.
Welche Spiel-
werke grünbeu
sich z. B. aus die
Lehre ovni
Schwerpunkte?
Ncttarlehre. 47
Oeffnung befindet ftd> Quecksilber, welches dann
von einer Abtheilung in die andere läuft, und
ein Uebergewicht hervorbringt, so daß die
Puppe nach und nach die Stufen einer Stiege
überschlagt.
2) Der kleine Seiltänzer, welcher auch
eine kleine Puppe von Holz ist.
5) Der kleine Sagemann, welcher abwech-
selnd eine Bewegung vor und rückwärts macht,
als ob er sage.
§. 13.
Vom Weltgebäude im Allgemeinen *)♦
Unter Weltgebäude versteht man alle Kör-
per, welche sich im Himmelsraume befinden,
daher nicht bloß unsere Erde, sondern zugleich
auch die Sonne, den Mond und das ganze
Heer von Sternen.
Der Raum, welchen alle die sichtbaren
und unsichtbaren Sterne dahin schweben, heißt
Weltraum, Weltall, und der Theil ober uns
das Firmament, der Himmel, der uns als
eine blaue Wölbung erscheint. Ihn müssen
wir von jenem Himmel, welcher der ewig-
glückseligste Ort aller frommen Seelen und der
Seligen Gottes ist, wohl unterscheiden.
Die funkelnden Sterne, welche man
NachtS am blauen Himmelsgewölbe sieht, sind
ungeheuere große kugelförmige Körper, die un-
sere Erde an Größe übertreffen und nur wegen
ihrer unermeßlichen Entfernung so klein er-
scheinen.
212.
Was versteht
man unter Welt-
gebäude?
215.
Was heißt Welt-
raum, Himmel?
214.
Was sind die
Sterne?
*) Wenn man von Entfernung nnd Größe der
Weltkörper spricht, belächelt cs Mancher, oder
erklärt cs für Erdichtung. Aber der Unwissende
sollte lieber schweigen, als unwissend absprechen.
Die Astronomen oder Sternkundigen haben Hülfs-
mittel genug zu den genauesten Beobachtungen.
48 Naturlehre.
Man sieht sie bey Tage nicht, weil sie von
dem hohen Glanze der Sonne verdunkelt wer-
den; wenn man aber in einen tiefen Brunnen
steigt, kann man sie auch am Tage sehen.
Die Gestirne werden eingetheilt in Fix-
sterne und in Wandelsterne, je nachdem man
sie immer in derselben Stellung erblickt, oder
sie ihre Stellung verändern. Erstere heißen Fix-
sterne, letztere Wandelsterne oder Planeten»
Einige Planeten bekommen wir nicht im-
mer, sondern nur sehr selten, zu sehen; sie sind
auch in ihrer Gestalt von den übrigen Sternen
sehr verschieden, gehen in länglichter Bahn
um die Sonne, und ziehen gewöhnlich einen
Schweif nach sich. Sie heißen Kometen oder
Schweifsterne.
Einige Planeten haben kleine Himmels-
körper, welche sie immerwährend begleiten.
Man heißt diese Begleiter Nebenplaneten, Tra-
banten oder Monde.
Manche Fixsterne haben zu einander solche
Stellung, daß sie verschiedene Gruppen und
Gestalten bilden. Diese nennt man Sternbilder.
Bekannt ist das Siebengestirn, oder die
sieben Sterne des sogenannten Himmelswa-
gen, welche man allnächtlich in den Nordge-
genden sehen kann. Vier Sterne bilden ein
schiefes Viereck, und stellen den Wagen vor,
drey aber die Deichsel.
Bekannt sind die zwölf Himmelszeichen.
Die menschliche Einbildung hat nämlich um
einige Fixsterne Linien gezogen und Figuren
gebildet; auch haben Veranlassungen den Na-
men geschöpft. Es haben die Egyptier das
Sternbild, bey welchem die Sonne zur Zeit
-erschien, da man den Pflug bespannen mußte,
den Stier genannt; — jenes, bey welchem
man die Sonne sah, da der Nil anschwoll,
den Wassermann, u. s. f.
215.
Warum sieht
man die Sterne
bey Tage nichts
216.
Wie theilt man
die Gestirne ein?
217.
Was sind Kome-
ten?
213.
Was sind Tra-
banten?
219.
Was sind Stern-
bilder?
220.
Was ist das Sie-
bengestirn?
221.
Was sind die
zwölf Himmels-
zeichen?
Naturlehre.
Die zwölf Himmelszeichen heißen:
i. Widder. 2. Stier. 3. Zwillinge. 4. Krebs.
5. Löwe. 6. Jungfrau. 7. Wage. 8. Scorpion.
9. Schütz. 10. Steinbock. 11. Wassermann.
12. Fische; es gehören jeder Jahreszeit drey an.
Erstere sechs liegen gegen Norden; letztere
gegen Süden.
Sie bewegen sich alle um die Sonne in-
nerhalb einem breiten Streife, welcher deßwe-
gen der Thierkreis heißt.
Die Himmelszeichen durchlauft die Erde
alle Jahre, und der Mond jeden Monat.
Wenn daher gesagt wird, die Sonne stehe
z. B. im Zeichen des Krebses, so heißt es so-
viel, als sie stehe zwischen uns und denjeni-
gen Firsternen, welche das Zeichen des Kreb-
ses ausmachen. Die Erde und mit ihr der
Mond gehen nämlich in ihrem Laufe um die
Sonne unter den zwölf Zeichen durch.
Dieses Erscheinen bey einem Himmelszei-
chen hat nichts besonderes zu bedeuten. Es ist
Albernheit, ihnen oder einem andern Planeten
Kalte, Warme u. dgl. zuzuschreiben, oder nach
ihnen die Zeit des Aderlassens, Saens rc. zu
bestimmen, oder die Geburt eines Menschen
für glücklich oder unglücklich zu halten.
Nachts bey heiterer Luft bemerken wir am
Himmel einen weißen Streif, welcher wie ein
heller Bogen am Himmelsgewölbe ist, und
aus unzähligen kleinen Sternen besteht. Man
heißt ihn die Milchstraße.
Die Anzahl der Sterne ist unermeßlich.
Ein Beyspiel davon ist, daß man an einem
Theile der Milchstraße, welcher binnen einer
Viertelstunde an einem Fernrohre vorüberging,
116,000 Sterne zahlte, und übrigens mit gro-
ßen Fernrohren schon 12 Millionen entdeckt hat.
Es zeigen sich auch der Milchstraße ähn-
liche Flecken, welche nur mit dem Sehrohre
49
222.
Wie heißen die
zwölf Himmels-
zeichen?
223.
Was heißt
Thierkreis?
224.
Was heißtz.V.:
die Sonne stehe
im Zeichen des
Krebses?
225.
Hat das Erschei-
nen der Sonne
in den.Himmels-
zeichen etwas be-
sonderes zu be-
deuten?
226.
Was heißt
Milchstraße?
227.
Wie groß ist die
Anzahl der
Sterne?
226.
,Was heißen Ne-
belsterne?
50 Naturlehre.
zu sehen sind, und in welchen viele einzelne
Sterne unterschieden werden können; solche
heißt man Nebelsterne.
Unermeßlich ist die Entfernung der Ster-
ne von unserer Erde. Man berechnet, daß der
nächste Finstern nach der Sonne, für welchen
man wegen seiner Größe und seinem Glanze
den Sirius halt, viele hundert tausend Mil-
lionen Meilen von der Erde entfernt ist.
Die Fixsterne sind Sterne mit eigenem
Lichte, sonst waren sie in ihrer ungeheuern
Entfernung nicht mehr sichtbar, und sie müs-
sen also lauter Sonnen seyn.
Daraus folgt, daß sie erschaffen sind,
dunkle Weltkörper zu erleuchten und zu er-
wärmen, und daß sie daher auch ihre Plane-
ten und Kometen haben, und folglich also je-
der eine eigene Weltordnung bilde, wie unser
Sonnensystem ist. Unbezweifelt bewegen sich
auch diese unzähligen Weltorduungen endlich
um Eine Sonne, wie-um einen Mittelpunkt.
Die Planeten erhalten ihr Licht und ihre
Warme von einem Fixsterne, d.h. einer Sonne,
und sie wandern um sie in weiten langlichten
Bahnen; drehen sich aber auch zugleich um
ihre eigene Achse.
§. iy.
Sonne.
Der glänzendste und uns am nächsten ste-
hende Fixstern ist die Sonne.
Ihre Entfernung von der Erde beträgt
21 Millionen Meilen, so daß eine Kanonen-
kugel, wenn sie von der Erde abgeschossen in
gleicher Geschwindigkeit fortginge, 25 Jahre
zu fliegen hätte, bis sie zur Sonne käme, und
daß man 50,000 Jahre zu gehen hätte.
Da nun der Sirius über 400 tausendmal
22Y.
Wie groß ist die
Entfernung der
Sterne von der
Erde?
250.
Von welcher Be-
schaffenheit sind
die Fixsterne?
251.
Was folgt dar-
aus, das; die Fix-
sterne Sonnen
sind?
252.
Welche Beschaf-
fenheit haben die
Planeten?
255.
Welcher Fixstern
ist uns d. nächste?
254.
Wie weit ist die
Sonne von der
Erde entfernt?
Naturlehre.
weiter entfernt ist, so bedürfte eine Kanonen-
kugel in ihrem schnellsten Laufe über 10 Mil-
lionen Jahre.
Da die Sonne in ihrer erstaunungswür-
digen Entfernung doch noch sichtbar ist, und so
groß erscheint, muß sie auch ein ungeheuer-
großer Körper seyn.
Sternkundige berechneten, daß sie 1,448,000
mal größer sey, als unsere Erde. — Ware
daher die Sonne hohl, so hatte die Erde und
der Mond bequem in derselben Raum, und
zwar so, daß der Mond, in seiner wirklichen
Entfernung von der Erde abstehend, ohne
Hinderniß um diese laufen, und der Rand
der Sonne doch noch 50,000 Meilen dick seyn
könnte.
Die Sonne bewegt sich um ihre Achse
von Westen gegen Osten, und geht nicht
wirklich auf und unter, wie es uns scheint.
Dieses ist eine Täuschung.
Wenn wir in einem fahrenden Wagen
oder schwimmenden Kahne sitzen, so glauben
wir auch, wenn wir nicht an die Bewegung
denken, welche das Schiff oder der Wagen mit
uns macht, daß die neben dem Wagen oder
Schiffe sich befindlichen Gegenstände sich bewe-
gen, obschvn sie immer stehen bleiben. So steht
auch die Sonne still, und die Erde dreht sich
täglich einmal um sie herum, von Westen ge-
gen Osten, wodurch der sich annähernde Theil
stets mehr erleuchtet, der sich abwendende
verdunkelt wird.
Wir haben genug Gründe, uns überzeugt
zu halten, daß die Sonne stehe, und die Erde
gehe; denn
1) könnte man sich wohl einen Mann
denken, der, um Korn zu mahlen, den kleinen
Mühlstein unbeweglich mache, und das ganze
Mühlwerk um denselben herumrennen ließe?
51
225.
Wie groß ist die
Sonnet
226.
Welche Bewe-
gung hat die
Sonne?
227.
Aus welchen
Gründen können
wir uns über-
zeugt halten, daß
die Sonne stehe,
und die Erde ge-
he?
4*
ü2 . Naturlchre.
2) Laßt sich vernünftiger Weise glauben,
daß die millionenmal größere Sonne mit den
weit größer» Fixsternen alle 24 Stunden ein-
mal um unsere kleine Erde herumlaufe, um sie
zu erleuchten und zu erwärmen?
3) Ging die Sonne um die Erde, so
mußte sie in einer Minute 80,000 Meilen
durchlaufen, und gingen die Sterne mit ihr
mit, müßte der nächste Fixstern in einer Mi-
nute 720,000,000 Meilen machen. Wie un-
glaublich !
4) Seit jener Zeit, als die Naturforscher
begründeten, daß die Sonne stehe, ist alles
genau eingetroffen, was sie über Eintritt der
Mondes - und Sonnenfinsternisse und Ankunft
der Kometen re. berechnet haben. Hatten sie
sich in ihrer Meinung vom Stillstände der
Sonne geirrt, so waren auch ihre Berechnun-
gen unrichtig gewesen, und würden nicht in
Erfüllung gegangen seyn.
Die Sonne ist kein feuriger brennender
Körper, denn sie hatte ja eine ungeheuere und
in der That eine unendliche Nahrnngömasse
nöthig, um das Feuer so viele Jahrtausende
zu erhalten. Auf hohen Gebirgen, die doch der
Sonne näher sind, ist es kälter, als auf der
Erde; cs ist daher begründet, daß nur die
Lichtstrahlen der Sonne das Vermögen haben,
den in der Erde und ihren Körpern befindli-
chen Wärmcstoff zu entwickeln. Zwar ist auch
auf den Gipfeln der Berge Erde, aber hier
ist weniger Masse, daher weniger Warmestoff,
also mehr Kälte.
An der Sonne bemerkt man sogenannte
Sonnenflecken oder Sonnenfackeln; erstere sind
dunkle Stellen, letztere hellglänzende Wolken.
Die Sonnenflecken werden am wahrschein-
lichsten so erklärte Die Sonne ist ein dunkler
Körper, wie Erde und Mond, und ist auch
258.
Ist die Sonne
ein feuriger,bren-
nender Körper?
239.
Was sind Son-
nenfleckcn nnd
Sonnenfackeln?
240.
Wie erklärt mail
die Sonnenfle-
cken?
Naturlehre.
55
von einer Atmosphäre mit Wolken umgeben.
Je nachdem sich die Wolkenmasse, welche be-
deutenden Glanz hat, und wodurch die Er-
leuchtung der Erde geschieht, mehr oder we-
niger zertheilt, sieht man mehr oder minder
auf den dunklen Körper der Sonne, und sieht
daher graue und schwarze Flecken.
Wenn sich viele Sonnenflecken sehen las-
sen, mindert sich auch die Warme, weil durch
die Wolkenöffnnngen keine Lichtstrahlen ausge-
hen, es muß daher auch die Wirkung der
Sonne auf die Erde schwacher seyn.
Sonnenfackeln sind Lichtstreife, welche
sich oft mehrere tausend Meilen weit erstrecken,
und sie scheinen Anhäufungen und Aufthür-
rnungen von Lichtwolken zu seyn.
241.
Warum mindert
sich die Wärme,
wenn sich viele
Sonnenfleckeil se-
hen lassen?
242.
Wäs sind Son-
nenfackeln ?
§. 20.
Planeten der Sonne.
Unserer Sonne gehören eilf Planeten an,
die sich um sie bewegen, und von ihr Licht
und Leben und Warme, auch Jahreszeiten und
Tage erhalten.
Sie bewegen sich um die Sonne in ver-
schiedenen kleinern und größer« Bahnen.
Die merkwürdigern Planeten sind:
i) Merkur, 2) Venus, 3) Mars, 4) Ju-
piter, 5) Saturn, 6) Uranus, 7) Erde.
243.
Wie viele Plane-
ten gehören zur
Sonne, und wo-
zu dient sie ih-
nen?
244.
Wie heißen dm
ge Planeten?
§. 21.
Die Erde, als Planet.
245.
Die Erde, unser Wohnplatz, ist der dritt- Was ist die Erde
nächste Planet der Sonne. Sie ist ein dunk- als Planet?
ler Körper, der wie die übrigen Planeten von
der Sonne Licht und Warme erhalt. Sie
schwebt im unermeßlichen Welträume, und da
die Sonnenstrahlen von ihr zurückprallen, so
54 Naturlehre.
muß sie km Hkmmelsraume, wie die übrigen
Planeten, hell und glanzend erscheinen.
Sie ist von der Sonne 21 Millionen Mei-
len entfernt.
Ihre Bewegung ist zweyfach. Sie lauft
in einer Zeit von 365 Tagen, 5 Stunden, 48
Minuten und 3? Sekunden um die Sonne,
und beschreibt dadurch eine fast kreisförmige
Bahn von 151 Millionen Meilen, und zugleich
lauft sie in 24 Stunden, also täglich, um ihre
Achse.
Bey der Bewegung um die Sonne lauft
die Erde in einer Sekunde 4 Meilen, also
i5omal schneller als eine Kanonenkugel.
Von ihrer schnellen Bewegung fühlen wir
nichts, weil die Luft, welche die Erde um-
gibt, sich zugleich mit bewegt, und weil die
Bewegung äußerst gleichförmig und ununter-
brochen ist. Schon auf einem Schiffe, das ru-
hig den stillen Fluß hlnabschwimmt, merken
wir durch das Gefühl wenig oder gar nichts
von einer Bewegung, um wie viel weniger
können wir etwas von der Bewegung der Er-
ve merken, da sie durch den feinen Hirnmels-
äther schwimmt. Die Bewegung des Schiffes
fühlen wir erst, wenn es auf einmal anhält,
oder am Ufer anstößt.
Die Bewegung der Erde um die Sonne
bringt das Jahr und die vier Jahreszeiten
hervor, so wie auch Tag- und Nachklangen.
Die Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst,
Winrer entstehen, weil die Erde auf ihrer Bahn
um die Sonne dieser bald naher, bald entfern-
ter, gerade oder schief zu stehen kommt, da sie
sich langlicht oder eyförmig bewegt, und daher
auch die Sonnenstrahlen verschiedene Richtung
zur Erdflache erhalten, wodurch Warme undt
Kälte entsteht; denn je schiefer die Strahlen
einfallen, desto weniger wärmen sie (wie wir!
246.
Wie weit ist die
Erde von der
Sonne entfernt?
247.
Wie vielfach ist
die Bewegung
der Erde?
243.
Wie schnell ist
ihre Bewegung?
249.
Warum fühlen
wir die Bewe-
gung der Erde
nicht?
250.
Was erzengt die
Bewegung der
Erde um die
Sonne?
Naturlehre.
an Sommerabenden erfahren), obgleich im
Winter die Erde um 662,000 Meilen der Son-
ne naher ist, als im Anfange des Sommers.
Man könnte deßwegen eine dritte Bewe-
gung der Erde annehmen; allein sie ist nur
eine Neigung der Erde auf einer und derselben
Laufbahn, auf welcher sie bald mit dem Süd-
pole, bald mit dem Nordpole naher zur Sonne
kommt.
Durch die Bewegung der Erde um ihre
eigene Achse wird Abwechslung von Tag und
Nacht hervorgebracht.
Die gerade Linie, welche man sich zwi-
schen zwey Punkten denkt, und wobey man
sich vorstellt, als drehe sich die Erde um sie,
heißt Erdachse, und die beyden äußersten
Punkte selbst nennt man die Pole, Süd- und
Nordpol.
Wir beobachten auch zwey Punkte, einen
gerade ober unserm Scheitel, den andern ge-
rade unter unsern Füßen. Der erste heißt
Scheitelpunkt oder Zenith, der andere Fuß-
punkt oder Nadir.
Der Kreis, welchen wir ringsum, der
Flache nach, mit dem Auge erreichen können,
heißt Horizont oder Gesichtskreis.
Der Horizont wird in vier Theile einge-
theilt, und diese heißt man Weltgegenden,
nämlich Morgen, Mittag, Abend und Mitter-
nacht. Wo die Sonne aufgeht, ist Morgen
oder Ost, wo sie untergeht. Abend oder West;
— wenn man von Ost nach West blickt, zur
linken Seite Mittag oder Süd, zur rechten
Seite Mitternacht oder Nord.
Unwiderlegliche Beobachtungen bewahren,
daß unsere Erde, wie die Sonne, der Mond
und alle Planeten, kugelförmig ist; sie ist
aber keine vollkommene Kugel, sondern gleicht
mehr einer Pomeranze.
55
251.
Was entsteht
durch dieB.derE
um ihre Achse?
252.
Was heißt Erd-
achse, was Erd-
pol?
255»
Was ist Zenith
und Nadir?
254.
Was heißt Hori-
zont?
255.
Was heißt Welt-
gegend, und wie
findet man fie?
256.
Welche Gestalt
hat die Erde?
56 Naturlehre.
Ihre runde Gestalt bewahrt sich unter
andern insbesondere dadurch:
1) daß sie bey Mondesfinsternissen einen
runden Schatten auf den Mond wirft;
2) daß man bey Umschiffung der Erde,
die gewöhnlich von Morgen gegen Abend ge-
schieht, an den nämlichen Orr zurückkommt,
von welchem man abgesegelt ist;
o) Daß man von entfernten Gegenstän-
den zuerst die Spitzen sieht, und bey Annähe-
rung nach und nach stets mehr den Gegenstand
erblickt.
Die Berge hindern die kugelförmige Ge-
stalt der Erde nicht; denn bey der ungeheuern
Größe der Erde machen diese Ungleichheiten
wenig aus, wie die kleinen Warzen an einem
Apfel.
Der Umfang der Erde betragt 5400 Mei-
len, und ginge Jemand in gerader Richtung
täglich 5 Meilen um die Erde, wird er drey
Jahre zubringen. Der Durchmesser der Erde
betragt 1719 Meilen, dieOberfläche über 9 Mil-
lionen Quadratmeilen, und ihr körperlicher In-
halt über 2000 Millionen Knbikmeilen.
Die Oberstäche der Erde besteht aus fe-
stem Lande und aus Wasser; letzteres nimmt
zwey Drittheile ein, und ersteres ist ebenes
oder bergiges Land.
Merkwürdig sind jene Berge, welche zu-
weilen Feuer ansspeyen; man nennt sie feuer-
speyende Berge oder Vulkane. Sie haben auf
ihrem Gipfel eine Oeffuuug oder einen Schlund,
den man Krater nennt, aus welchem sie Feuer
und stüssige brennbare Materie (Lava) auswerfen,
welche wie ein glühender Feuerstrom das Land
oft meilenweit überschwemmt und verheert.
Der Vesuv in Neapel und der Aetna in Si-
cilien sind die bekannten Vulkane. Ihr Aus-
bruch verschüttete schon ganze Städte und
257.
Wie bewährt sich
diernndeGestalt
der Erde?
253.
Die Berge neh-
men aber der Er-
de die runde Ge-
stalt?
259.
Wie groß ist die
Erde?
260.
Wie ist die Ober-
fläche der Erbe
beschaffen?
261.
Was sind Vul-
kane?
57
Naturlehre.
brachte Tausende der Einwohner ums Leben.
Es gibt aber auch ausgebrannte Vulkane, de-
ren wir in Teutschland wohl 50 zählen.
Das Feuer Auswerfen der Berge entsteht
durch Selbstentzündungen in den Eingeweiden
der Gebirge, indem sich Wasser zum sogenann-
ten Schwefelkiese mischt; so entstehen Vulkane.
So schrecklich sie den Gegenden sind, wel-
che sie verheeren, so große Wohlthat sind sie
auch dem übrigen Erdboden, weil das in der
Erde befindliche Feuer durch sie einen Ausgang
findet, und sonst, wenn es sich mit Gewalt
aus der geschlossenen Erde einen Ausgang su-
chen müßte, noch mehr verheerende Erdbeben
entstehen würden.
Eine Erschütterung der Erde, welche ent-
steht, wenn sich das unterirdische Feuer einen
Ausgang sucht, heißt Erdbeben.
Die Erdbeben stürzten schon ganze Städte
ein, und verschütteten viele tausend Menschen
und Vieh; es versinken und entstehen Berge,
es verwandeln sich Meere in Landschaften, und
Land in Wasser.
Das schrecklichste Erdbeben war am 20.
Februar 1735 in Kalabrien und Messina, durch
welches 150 Städte zerstört und 100,000 Men-
schen getödtet wurden *).
Merkwürdig ist, daß in diesem Jahre sich
fast über ganz Europa ein sogenannter Höhe-
rauch verbreitete, der bis Juli anhielt, und die
Sonne in einem rothen Schleyer erscheinen
machte. Jenes Jahr war dessen ungeachtet
äußerst fruchtbar.
Eine unermeßliche Wassermenge umgibt
*) Wie furchtbar sind die Kräfte der Natur, weuu
sie zerstören! Wie ohnmächtig ist da der mächtig-
ste Mensch! Wie groß der Herr, dem die gauze
Schöpfung gehorcht!
262.
Wie entstehen
die Vulkane?
265.
Sind Vulkane
eine Wohlthat?
264.
Was ist Erdbe-
ben?
265.
Welche Wirkun-
gen haben Erd-
beben?
266.
Welches war das
schrecklichste Erd-
beben, und war-
um sonst noch
merkwürdig?
267.
Was heißtMeer?
58
Naturlehre.
das feste Land unserer Erde ringsum, bedeckt
etwa zwey Drittheile derselben, und ist an
manchen Stellen über 2000 Ellen tief. Sie
heißt Meer, Ocean, Weltmeer.
Das Meer hat die merkwürdige Erschei-
nung der Bewegung des regelmäßigen Stei-
gens und Falleus. Sechs Stunden hindurch
steigt es aus seiner ganzen Tiefe in die Höhe
und bleibt eine ganze Viertelstunde lange ste-
hen; dieses heißt Fluth. Dann fallt es sechs
Stunden hindurch, und bleibt wieder stehen; —
dieses heißt Ebbe. Nach längerem Stillstände
beginnt wieder die Fluth.
§. 22.
Mond.
Der Mond ist ein dunkler, runder Kör-
per und ein Nebenplanet der Erde, und ihr
beständiger Begleiter um die Sonne.
Er hat sein Licht von der Sonne.
Er ist 5omal kleiner als die Erde, und nur
51,000 Meilen weit von ihr entfernt, doch so,
daß man gegen 12 Jahre zu ihm zu gehen
hätte.
Er hat eine dreyfache Bewegung — um
seine Achse — um die Erde — und mit der
Erde um die Sonne. Die nämliche Bewegung
haben auch alle andern Nebenplaneten.
Seinen Umlauf um die Erde vollendet er
in 27 Tagen, 7 Stunden, 45 Minuten; und
in gleicher Zeit auch um seine Achse.
Durch seinen Umlauf um die Erde entste-
hen die Mondeswechsel, welche wir alle Mo-
nate gewahr werden, nämlich Neumond, erstes
Viertel, Vollmond, letztes Viertel; — indem
die Sonne immer nur eine halbe Seite des
Mondes beleuchten kann.
Neumond ist, wenn der Mond zwischen
268.
Welche merk-
würdige Erschei-
nung bietet das
Meer dar?
269.
Was ist d.Moud,
und woher hat er
sein Licht?
270.
Wie groß u. wie
weit entfernt ist
der Mond?
271.
Welche Bewe-
gung hat er?
272.
Wie lang braucht
er zum Umlauf
um die Erde, und
seine Achse?
' 275.
Wie entstehen die
Mondeswechsel?
a) wieNeumond?
50
Naturlehre.
Sonne und Erde steht, da sodann seine von
der Sonne erleuchtete Seite von uns abgewen-
det ist, und die dunkle gegen uns zuschaut.
In diesem Zustande sehen wir ihn nicht.
Im Fortlaufe wird uns immer mehr die
erleuchtete Seite sichtbar, und wenn nach sie-
ben Tagen der vierte Theil des Mondes gegen
uns im Lichte steht, ist es das erste Viertel.
Wird uns nach weitern sieben Tagen die
ganze Halbkugel des Mondes erleuchtet, wel-
ches alsdann geschieht, wenn die Erde so zwi-
schen Sonne und Mond tritt, daß jene diesen
bescheint, so ist Vollmond.
Wenn alsdann abermals nach sieben Ta-
gen während der Fortbewegung das Licht bis
zur Hälfte der Scheibe wieder abnimmt, heißt
es letztes Viertel, und bey gänzlichem Ab-
gange des Lichtes nach weitern sieben Tagen
tritt wieder Neumond hervor.
b) wie erstes
Viertel?
c)wie Vollmond?
d) wie letztes
Viertel und wie-
der Neumond?
§. 25.
Uebrige Planeten.
Es ist wichtig, auch außer der Erde noch
von den merkwürdigern Planeten der Sonne
etwas zu wissen.
Der Merkur braucht zu seinem Laufe um
die Sonne gegen 83 Tage, und zur Umdre-
hung um seine Achse 24 Stunden. Durch Fern-
rohre hat man auf ihm Gebirge entdeckt, die
höher sind, als die Gebirge der Erde. Seine
Jahreszeiten folgen sich schnell, da sein Jahr
nur 63 Tage dauert.
Die Venus ist zehnmal kleiner als unsere
Erde; ist jener Stern, welchen wir bald Mor-
genstern, bald Abendstern nennen, denn sie
geht zu gewissen Zeiten im hellen Glanze dem
Aufgange der Sonne voran, zu andern Zeiten
später als diese unter. Dieses ist dadurch mog-
274.
Was ist vom
Merkur merk-
würdig?
275.
Mas von der Ve-
nus?
60
Naturlehre.
lkch, daß sie auf ihrer Bahn um die Sonne
bald naher, bald entfernter ist. Auch auf ihr
entdeckte man Gebirge, welche man ebenfalls
ausgemessen, und zu vier Meilen hoch gefun-
den hat. 276.
Mars, auch ein Haupt-Planet, zeigt WasvomMars?
an seinen Polen ein weiß glänzendes Licht,
woraus man schließt, daß sie mit einer mei-
sten, unserm Schnee ähnlichen Masse eingehüllt
sind, welche mit zunehmender Kälte der einen
Halbkugel sich weiter nach dem Aequator zu
ausbreitet, uud mit zunehmender Warme wie-
der abnimmt. Es ist merkwürdig, daß die Po-
largegend dieses Planeten im Winter diese
unsern Wl'ntererscheiuungen ähnliche bemerken
läßt. 277.
Jupiter hat vier Trabanten. Diese vier
Monde müssen den Bewohnern Jupiters einen
herrlichen Anblick gewähren, wenn sie in einer
Nacht zugleich am Himmel stehen, da sie bald
alle Vollmond, oder erstes Viertel sind, bald
verschieden erscheinen.
Den Saturn umgibt ein doppelter Ring,
und ihn begleiten sieben Monde. Welch noch
herrlicheres Schauspiel, als bey Jupiter!
Den Uranus begleiten sechs Monde, und
er ist fast 400 Millionen Meilen von der
Sonne entfernt.
Die Zeit, binnen welcher sich die Plane-
ren um sich und um die Sonne bewegen, ist
sehr verschieden.
Es braucht z. B. Merkur zur Bewegung
um seine Achse 24 Stunden, und zur Bewe-
gung um die Sonne 88 Tage.
Jupiter braucht um seine Achse nur gegen
30 Stunden, aber um die Sonne gegen 12
Jahre; Saturn uni sich 10 Stunden, und um
die Sonne über 29 Jahre; Juno, Pallas,
Vesta gegen 4 Jahre, Uranus 64 Jahre.
Was vvm2»pi-
tcv?
273.
Was vom Sa-
turn uni? Ura-
nus?
279.
In welchen Zeit-
räumen bewegen
sich die Plane-
ten ?
Naturlehre.
Die Ordnung, tu welcher die Planeten
von der Sonne abstehen, nimmt man durch
ihre Bewegung wahr, indem jener immer wei-
ter entfernt ist, welchen ein anderer bedeckt,
und es zeigt sich sogar in ihren Entfernungen
das schönste Ebenmaß.
§. 24.
K o m e t c tu
Die Kometen werden auch Schwcifsterne
genannt. Ihren Schweif erklärt mau auf ver-
schiedene Art.
Vorzüglich halt man dafür, daß sie
ihre Lichtstrahlen bey ihrem außerordentlich
schnellen Fluge wie eine schnell bewegte Fackel
nach sich ziehen, und so den Schweif verursa-
chen;— oder, daß er eine Art durchsichtigen
Lichtnebels ist, denn man kann mittelst eines
Fernrohres die Fixsterne hinter ihm sehen; —
oder, daß vom Kometen Dünste aufsteigen, wel-
che die Sonne bescheint; es erscheint nämlich
der Schweif immer von der Sonne abgekehrt.
Der Kometen kennt man gegenwärtig yy,
deren Lauf und Eintreffen man berechnet hat.
Jener Komet, welcher im Jahre 1456 erschie-
nen war, kommt nur alle 75 Jahre; er zeigte
sich bisher fünfmal, und wird im Jahre 1324
wieder erscheinen. Der im Jahre 1759 er-
schienene, schon siebenmal beobachtete, wird
auch nach 75 biß 7ö Jahren, also 1355 oder
1854 erscheinen.
Im Jahre 146 vor Christi Geburt soll sich
ein Komet gezeigt haben, der größer ausgese-
hen hat, als die Sonne. Dieser muß also weit
spater erscheinen, da er weit größere Umlaufs-
zeit braucht.
Merkwürdig ist der im Jahre 4300 gese-
hene Komet, di'r sieben Monate lang sichtbar
6l
280.
Wodurch kennt
man die Entfer-
nnng der Plane-
ten?
281.
Woher kommt
der Schweif der
Kometen?
282.
Was weiß man
vom Laufe der
Kometen?
62
Naturlehre.
war. Nach Berechnung braucht er 1953 Jahre
zu seinem Umlaufe; er kann also erst im Jah-
re 3660 wieder erscheinen, und ist wohl jener
gewesen, welcher 146 Jahre vor Christi Geburt
gesehen worden seyn soll.
Die Kometen sind zum Weltgebaude ge-
hörige Körper, aber keine Unglüek'sboten von
Krieg, Hunger, Pest u. dgl., wie sie der Aber-
glaube dafür ausgegeben hat, da ihr Gang noch
unbekannt war. Man berechnete sogar das
Eintreffen jener, welche viele Jahrhunderte zn
ihrem Umlaufe um die Sonne brauchen. Die
gemeinen Leute halten sie freylich noch oft
für feurige Ruthen und Zeichen kommender
Drangsale; allein sie sind nur laute Verkündi-
ger der Herrlichkeit Gottes, der sie so wun-
derbar schuf, und ihnen so große Laufbahnen
vorschrieb, daß sie uns erst nach großen Zeit-
räumen, und selbst nach mehreren Jahrhun-
derten erst wieder erscheinen. Sie sind Zeugen
von der Unendlichkeit.
Das seltene und kurze Erscheinen der Ko-
meten beruht auf der Beschaffenheit ihrer
Laufbahn. Diese ist nämlich sehr schmal, aber
auch sehr lang, so, daß die Kometen sich von
der Sonne oft so weit entfernen, daß sie durch
die beßten Fernrohre nicht mehr sichtbar sind,
wahrend sie auch zuweilen der Sonne und der
Erde naher als irgend ein Planet kommen,
und daher mit bloßem Auge erkennbar sind.
285.
Sind die Kome
ten Unglücksbo
ten?
234.
Woher kommt
es, daß die Ko-
meten nur sel-
ten erscheinen?
§. 25.
Sonnen- und Mondeösinsternisse.
Zwey merkwürdige Erscheinungen, welche
aus dem Laufe des Mondes um die Erde ent-
stehen, sind die Sonnen- und Mondessi'nster-
nisse.
235.
Welche Erschei-
nungen entste-
hen ansdcmLau-
fe des Mondes
um die Erde?
Naturlchre.
Wenn der Neumond zwischen die Sonne
und die Erde tritt, bedeckt er jene für unser
Auge, und es erfolgt eine Verdunklung der
Sonne, die wir Sonnenfinsterniß, oder besser
Sonnenbedeckung oder Erdfi'nsterniß nennen;
denn die Sonne behält ihr Licht, und es ver-
hindert nur der Mond, daß ihre Strahlen auf
die Erde fallen. Der Mond, als ein dichter
Körper, laßt die Sonnenstrahlen nicht auf
die Erde durchbrechen, und wirft daher einen
Schatten auf dieselbe, und wir sehen we-
gen desselben am Hellen Tage die Sonne nicht.
Kommt der Vollmond in den Schatten
der Erde, d. h. kommt die Erde zur Zeit des
Vollmondes gerade zwischen Sonne und Mond
zu stehen, so kann die Sonne nicht an den
Vollmond scheinen, weil die Erde ihren Strah-
len im Wege steht, und es entsteht also eine
Mondesfinsterniß; denn der Schatten, welchen
die Erde, wie jeder andere dunkle Körper
wirft, fallt alsdann auf den Mond, und ver-
dunkelt ihn.
Sonnenfinsternisse lassen sich am beßten
durch ein Stück Glas, welches durch den Rauch
eines Talglichtes schwarz angelaufen ist, be-
trachten.
Diese Erscheinungen sind äußerst merk-
würdig; denn bey einer gänzlichen Verfinste-
rung der Sonne verwandelt sich, freylich nur
auf ein Paar Minuten, der Tag in dunkle
Nacht; die größer» Sterne und Planeten wer-
den sichtbar; es fallt Thau; die Hühner und
andere Vögel begeben sich zur Ruhe. Bey den
Mondesfinsternissen erscheint der Mond oft mit
einer ganz besondern dunkelrothen Farbe.
Mond - und Sonnenfinsternisse sind na-
türliche Erscheinungen, die nach den bestimm-
ten und unveränderlichen Gesetzen der Natur,
welchen die Himmelskörper unterworfen sind.
63
286.
Wie entsteht
Sonnenfinster-
niß?
23?.
Wie ensteht
Mondcsfinster-
niß?
283.
Wie lassen sich
Sonnenfinster-
nisse am leichte-
sten betrachten?
289.
Was macht die
Sonnen - und
Mond es finstere
nisse merkwür-
dig?
290.
Sind die Son-
nen- und Mon-
dcsfinsternisscna-
tnrliche Erschei-
nungen?
64
Naturlehrc.
geschehen, und deßwegen kann man solche Be-
gebenheiten nach Berechnungen lange und genau
vorhersagen. Es ist Thorheit, wenn sich Je-
mand vor diesen natürlichen unschädlichen Him-
melsbegebenheiten fürchtet, und Aberglaube ist
es, wenn gemeine Leute glauben, es falle zur
Zeit einer Sonnen- oder Mondesfinsterniß ein
giftiges Wesen vom Himmel, weßwegen sie
die Brunnen zudecken, und das Vieh nach Hau-
se treiben; — oder, wenn sie glauben, es be-
deute ein Sterben.
Durch Beobachtungen erfuhr man, daß
sich die Mondessinsternisse alle 19 Jahre wie-
der so einstellen, wie vor ig Jahren, und
Sternkundige haben das Eintreffen der Son-
nen- und Mondessinsternisse genau berechnet.
Die Sonnen - und Mondesfinsternisse wer-
den eingetheilt:
1) in totale, wenn nämlich Erde oder
Mond ganz verdunkelt wird;
2) in partiale, wenn sie nur zum Theile
verdunkelt werden;
3) in sichtbare, die wir in unserm Welt-
theile sehen;
4) in unsichtbare, die man nur in andern
Wclttheilen sehen kann.
2Y1.
Wie wiederho-
len sich die Mon-
desfinskerniffe?
2Y2.
Wie werden die
Mond- nndSon-
nenfinsternisse
eingetheilt?
§. 26.
Allgemeine Betrachtungen.
Neben den uns bekannten Weltkörpern
schweben aber noch unzählige uns unsichtbare
Welten im unermeßlichen Raume, und wir
dürfen nicht zweifeln, daß Alle ihre Bewohner
haben; denn
i) Viele Weltkörper haben Aehnlichkeit
mit unserer Erde, welche von Geschöpfen voll
ist. Sie sind auch rund, schweben auch frey
in der Luft, bewegen sich um ihre eigene Achse
2Y3.
Haben auch die
Weltkörper, aus-
ser unserer Er-
oe, ihre Bewoh-
ner?
Naturlehre.
und in Bahnen um die Sonne, haben alsol
Tag und Nacht, Jahreszeiten u. dgl.
2) Welche Bestimmung sollten die Welt-!
körper haben, wenn sie unbewohnt wären?!
Etwa blos unsere Nachte zu erleuchten? Dazu!
würde ein einziger Stern hinreichen.
Ueberdieß fiele ja den größten Theil des
Jahres hindurch ihre Bestimmung hinweg,
wenn nächtlich der Himmel trübe ist, oder kurze
und helle Nachte ihren Gebrauch hindern.
5) Da aber die Weltkörper auch große
Verschiedenheit haben, ist es auch wahrschein-
lich , daß die auf ihnen lebenden Wesen von
uns verschieden sind.
Die Erde ist nach.allen Seiten in ihrer
Kugelform bewohnt, was durch Umschiffungen,
und Reisen in ferne Welttheile erforscht wurde.
Alle Einwendungen, welche man gegen die
kugelförmige Gestalt der Erde macht, laufen
darauf hinaus : die Menschen auf der entgegen-
gesetzten Seite der Erde könnten sich nicht hal-
ten, wenn sie mit den Füßen oben, und mit
dem Kopfe unten waren; sie müßten hinab-
fallen.
Allein die Gegenfüßler sind nicht wie die
Fliegen an der Wand eines Zimmers, sondern
nachdem der Mittelpunkt der Erde das Untere
ist, und die Luft oder der Hkmmelsraum das
Obere, so mag der Mensch auf der Erde ste-
hen, wo er will, er hat den Mittelpunkt
immer unter seinen Füßen, und den Kopf ge-
gen den Himmel. Jeder Körper wird von der
Erde angezogen, und kann daher nicht in den
Himmel hineinfallen.
Das tägliche Schauspiel des Sonnen-
Auf- und Niederganges beweiset ja vollkom-
men, daß Gegenfüßler sind, wenn wir auch
die Möglichkeit nicht erklären könnten; denn
wir neigen uns ja selbst der über unserm Schei-
65
294.
Ist die Erde in
ihrem Umkreise
bewohnt?
295.
Können sich ans
der entgegenge-
setzten Seite der
Erdkugel Men-
schen halten?
296.
Welches tägliche
Schauspiel be-
weiset uns das
Daseyn der Ge-
genfüßler ?
5
Ó6
Naturlehre.
297.
Wie ist das In-
nere der Erde
wahrscheinlich
beschaffen?
2Y8.
Sind die Tages-
und Jahreszeiten
ans der ganzen
Erde gleich?
tel hingehenden Sonne entgegen, und nicht
von ihr weg , und da sic uns am nämlichen
Punkte auf- und niedergeht, müssen wir uns
selbst nach kngelgestalt gedreht haben.
Das Innere der Erde kennen wir fast gar
nicht, weil auch unsere tiefsten Bergwerke
nicht eine Stunde in die Tiefe gehen; — aber
Beobachtungen haben gezeigt, daß die Warme
steige, je mehr man in die Tiefe kommt, und
Berechnungen über Zunahme der Warme führ
ten zu der Folgerung, daß in einer Tiefe von
50 Meilen Eisen schmelzen, und im Innern
der Erde eine Hitze wie von flüssigem Glnt-
meere seyn müsse.
Jahres- und Tageszeiten sind nicht auf
der ganzen Erde gleich.
Wenn es in Europa Sommer wird, wird
es unterm Südpole Winter; — uns geht die
Sonne auf, wenn sie zwischen Asien und Afrika
untergeht; — in China wird Abend, wenn
bey uns Mittag ist, und in Amerika wird
zur nämlichen Zeit Morgen. — In den
Gegenden, welche dem Nordpole der Erde
nahe sind, bleibt es ein halbes Jahr hindurch
Tag, und fast die ganze andere Hälfte des
Jahres hindurch Nacht. Die Ungleichheit
der Zeiten entsteht durch die wechselseitigen
Stellungen und Bewegungen der Erde und
Sonne. Steht die Sonne gerade über dem
Aequator, so sind Tag und Nacht gleich, und
es ist Frühling und Herbst in den Ländern
gegen die Pole; tritt die Sonne in den Wen-
dekreis des Krebses, so haben die Nordländer
den längsten Tag, die kürzeste Nacht und
Sommer; die Südländer aber den kürzesten
Tag, die längste Nacht und Winter, und so
umgekehrt. 299.
Jede Jahreszeit hat ihre eigenthümlichen Worin bestehen
Erscheinungen. die Erscheinnn-
Naturlehre.
67
Der Frühling ruft die grünen Saaten,
Pflanzen und Blumen hervor, die Vogel keh-
ren, und der Mensch bearbeitet das Feld.
Der Sommer reift durch Hitze die Früch-
te, bringt wohlthätige Gewitter und nützlichen
Thau, erquicket das lechzende Feld.
Der Herbst mit geminderter Warme be-
deckt mit Früchten und reichem Segen die Er,
de, und füllt die Scheunen; — Waldungen
geben Holz, Teiche geben Fische, und Bienen
ihr Honig und Wachs.
Nun hat die Erde ihr großes Werk der
Hervorbringung grbßtentheils vollendet.
Es kommt endlich der Winter mit seiner
Kälte, und unter ihm ruhec die Erde aus.
Die Einflüsse, die man dem Monde auf
unsere Erde zuschreibt, beruhen vorzüglich aus
Unkenntniß über seine abwechselnden Lichtge-
stalten, und auf Aberglaube; z. B. daß das
Holz im zunehmenden Monde mehr Feuch-
tigkeit habe; daß die im Vollmonde abge-
wöhnten Kälber bessere Kühe werden; daß es
zur Zeit des Neumondes schädlich sey, Samen
auf das Feld zu streuen; daß die zur Zeit des
Vollmondes versetzten Blumen voll werden, u.dgl.
Sein Licht ist ja nur das Sonnenlicht
selbst, welches wir täglich genießen, und wie
soll daher sein ^schwaches Licht mehr und anders
wirken? Er äußert nur einen schwachen Ein-
fluß auf unsern Dunstkreis— Man überzeuge
sich nur selbst durch genaue Versuche.
Der Mond braucht zum Umschwünge um
seine Achse 27 Tage und fast 6 Stunden. Ein
Tag auf dem Monde muß daher 14 unserer
Tage, und Eine Nacht 14 unserer Nächte lang
seyn. Er beschreibt eine so große Bahn, daß
ein Mensch über 60 Jahre zu gehen hätte, um
dieselbe zu durchwandern.
Die Einbildungskraft des gemeinen Mau-
gen der Jahres-
zeiten im Allge-
meinen ?
oOO.
Welchen Einfluß
hat der Mond
auf unsere Erde?
501.
Wie lauge ist auf
dem Monde Tag
und Nacht?
302.
Hat der Mond
63
Naturlehre.
ries hat seit uralten Zeiten dem Monde ein
Menschengesicht angcdacht; aber durch Fern-
rohre hat man entdeckt, daß die mannigfal-
tigen Gestalten Berge, Thaler und große Ver-
tiefungen sind; ja man entdeckte ansehnliche
Gebirgsketten, und maß höhere Berge, als
auf unserer Erde.
§. 27.
Landkarte. Planiglob.
Man hat künstliche Abbildungen der Erde,
indem man sie in verkleinertem Maßstabe auf-
nimmt. Solche Abbildungen, welche entweder
einzelne Lander der Erde, oder auf einer Fläche
die ganze Erde darstellen, heißen überhaupt
Landkarten.
Ist die ganze Erde in zwey Hälften, der
östlichen und westlichen Halbkugel, auf einer
Fläche dargestellt, heißt es insbesondere Welt-
karte oder Planiglob.
Ist aber die Erde auf einer Kugel abge-
bildet, so heißt diese Abbildung Weltkugel,
Globus.
Das Planiglob zeigt viele Linien und Zir-
kel, durch welche die Oberfläche der Erde ein-
getheilt wird. Sie heißen
1) Der Aequator oder Gleicher. Er ist
eine Zirkellinie, welche man sich um die Erde
herum in gleicher Entfernung von den Polen
denkt, und welche die Erde in die südliche und
nördliche Halbkugel theilt.
2) Diezwey Sonnen-Wendekreise; der ge-
gen Süden, genannt Wendekreis des Steinbocks;
der gegen Norden, Wendekreis des Krebses.
Sie sind jene Kreise, welche dem Aequator
zu beyden Seiten gleich laufen, und haben ihre
Namen daher, weil auf diesen Punkten sich die
Sonne wieder gegen den entgegengesetzten Pol
wirklich ein
Menschcngesicht,
wie es scheint?
303.
Was heißt
Landkarte?
304.
... Planiglob?
305.
.. . Globus?
306.
Welche vorzüg-
liche Linien zeigt
das Planiglob?
307.
Was ist Acqua-
tor?
303.
Was sind die
Wendekreise?
i
69
Naturlehre.
zu neigen scheint, obgleich nur die Erde die
Bewegung macht.
3) Die Polarkreise. Ueber die Wendekreise
hinaus zog man sich zu beyden Seiten weitere
Zirkellinien; sie heißen Polarkreise, weil sie
sich den Polen nähern.
4) Die Sonnenlaufbahn, Ekliptik. Zwi-
schen den Wendekreisen läuft scheinbar die
Sonne in bogenförmiger Linie; — diese heißt
daher die Sonnenlaufbahn.
5) Die Meridiane, Mittagslinien. Sie
sind jene halben Zirkellinien, welche von einem
Pole zum andern gehen, und den Aequator
durchschneiden. Sie heißen so, weil alle Be-
wohner einer solchen Linie zu gleicher Zeit
Mittag haben.
Die Hitze auf der Erde ist verschieden,
und man theilt daher die Erde nach den Gra-
den der Hitze auch in besondere Erdstriche ab,
und diese heißen Erdgürtel oder Zonen.
Es gibt fünf Zonen; eine heiße, zwey
gemäßigte und zwey kalte.
Der Erdstrich zwischen den beyden Wen-
dekreisen ist sehr heiß; seine Länder liegen da-
her in der heißen Zone. In den beyden nächsten
Erdstrichen gegen die Polarkreise ist die Hitze
gemäßigt, und die Länder beyder Seiten lie-
gen in den gemäßigten Erdgürteln. In den
letzten Ländern gegen die Pole zu ist es sehr
kalt; sie liegen daher in der kalten Zone.
Eine Landkarte kann nicht wirkliche Ab-
bildungen der Gegenstände der Erde zeigen,
nicht Abbildungen der Städte, Berge, Bäume,
Thiere rc., sondern nur Namen und Umrisse;
denn wie ungeheuer groß müßte sonst eine
Landkarte seyn, und wie schwer wäre sie zu
übersehen!
209.
... Polarkreise?
210.
WaSistSonnen-
Lanfbahn?
Was sind Meri-
diane?
312.
Was sind Zo-
nen ?
313.
Wie viele Zo-
nen gibt es?
! 314.
Zeigt eine Land-
karte wirkliche
Abbildungen der
Erdgegenstände?
70 Naturlehre.
§. 28.
Zeitrechnung.
Das Jahr wird in vier Zeiten getheilt:
Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Der Frühling fangt den 21. oder 22. Marz
an, wo wir Tag - und Nachtlange gleich ha-
ben; der Sommer den 21. oder 22. Juni, wo
wir die kürzeste Nacht und den längsten Tag,
der über 16 Stunden dauert, haben; der Herbst
am 21. oder 22. September, wo Tag und
Nacht wieder gleich lang sind; der Winter am
21. oder 22. Dezember, wo wir die längste
Nacht und den kürzesten Tag haben, der kaum
8 Stunden dauert.
Das Jahr wird auch nach zwölf Mona-
ten eingetheilt, und hat gewöhnlich 565 Tage.
Die Monate heißen:
1) Jänner oder Wintermonat, mit 51 Tagen.
2) Februar oder Hornung, vom altteut-
schen Worte Hör, welches Koth bedeutet, weil
es in diesem Monate gewöhnlich thauet, und
alsdann viel Koth entsteht, mit 28 (29) Tagen.
5) Marz oder Lenz, oder Frühlingsmonat,
mit 51 Tagen.
4) April oder Ostermonat, mit 20 Tagen.
5) Mai oder Wonnemonat, weil er Won-
ne und Freude bringt, mit 51 Tagen.
6) Juni oder Brachmonat, weil die Brach-
acker zur Wintersaat zubereitet werden, mit
50 Tagen.
7) Juli oder Hcumonat, mit 51 Tagen.
8) August oder Erntemonat, nach dem
Namen des geehrten römischen Kaisers Augu-
stus genannt, mit 51 Tagen.
y) September oder Herbstmonat, mit 50
Tagen.
10) Oktober oder Weiunwnat, mit 51
Tagen.
515.
In welche Zei-
ten wird das
Jahr getheilt?
516.
Wann beginnen
die Jahreszei-
ten?
: 51?.
Wie wird das
Jahr nach Mo-
naten nnd Ta-
gen abgetheilt?
Naturlehre.
11) November oder Wintermonat, mit 50
Tagen.
' 12) Dezember oder Chrkstmpnat, weil Ln
diesem Monate das Christfest gefeyert wird,
mit 31 Tagen.
Ein Monat wird in vier Wochen getheilt,
und eine Woche hat sieben Tage, vom Mon-
deswechsel hergenommen, weil die Mondesver-
anderungen beynahe alle sieben Tage folgen.
Die Wochentage haben ihre besondern Na-
men. Die Benennungen stammen ans den Zei-
ten her, da unsere Vorfahren noch Heiden
waren, und sinnliche Gegenstände der Natur
und Menschen als Götter verehrten.
Der Sonntag erhielt seinen Namen von
der an diesem Tage bestimmten Verehrnng
der Sonne; der Mondtag von der Verehrung
des Mondes; der Dienstag war dem Dienste
des Kriegsgottes Mars gewidmet; der Mitt-
woch ist der Tag in Mitte der Woche; der
Donnerstag war der Verehrung des Donner-
gottes Jupiter, welcher für den Erreger des
Gewitters gehalten wurde, besonders gewid-
met; der Freytag war der Verehrung der
Göttin Freya gewidmet; der Sonnabend (Sam-
stag) war das Ende der Woche und der Vor-
bcreitnngstag auf den Dienst der Sonnenfeyer
oder des Sonntages.
Zu einem Tage gehören 24 Stunden,
weil sich die Erde wahrend dieser Zeit um ihre
Achse drehet.
Zwey Stunden machen eine Meile, oder
eine Strecke von 2400 gemeinen Schritten in
die Lange. Gne Strecke von einer Meile lang
und einer Meile breit, heißt Geviertmeile —
Quadratmeile.
Eine Stunde hat 60 Minuten, und eine
Minute ist also der doste Theil einer Stunde.
Eine Minute hat 60 Sekunden.
71
313.
Wie wird die
Zeit nach Wo-
chen eingetheilt?
31h.
Welche Namen
haben die Wo-
chentage und
woher?
320.
Wie viele Stun-
den hat der Tag?
321.
Was ist eine
Meile - Qua-
dratmeile?
322.
Wie wird die
Zeit nach Vck-
nuten und Se-
tnnden getheilt?
72 Naturlehre.
Der Tag hat vier Zeiten, genannt Ta-
geszeiten: Morgen, Mittag, Abend und Mit-
ternacht. Morgen ist, wenn die Sonne auf-
geht ; — Mittag, wenn sie ober uns am höch-
sten steht; — Abend, wenn sie untergeht; —
Mitternacht, wenn sie am tiefsten unter uns
steht.
Die Zeit dauert zwar immer fort, aber
man theilt sie nach gewissen Begebenheiten ein,
und fängt von ihnen zu zahlen an; dieses
heißt Zeitrechnung.
Nicht alle Völker haben gleiche Zeitrech-
nung. Wir zahlen unsere Jahre von Christi
Geburt an; dagegen die Juden von Erschaf-
fung der Welt; — die Römer von Erbauung
der Stadt Rom, 754 vor Christi Geburt; —
die Türken von der Flucht Muhameds aus
Mekka nach Medina, 622 nach CH. G. u.s.w.
Die Zeitrechnungen sind in den Kalendern
anschaulich gemacht, und dieses ist auch deren
Zweck. Allein ehemals setzte man auch verschie-
dene Albernheiten in die Kalender, z. B. Zeit-
bestimmungen, wann gut Aderlässen oder Samen
auszustreuen sey rc. Es gab genug Unkluge,
die es für Wahrheit annahmen, obgleich solche
Sachen nur beliebig in den Kalender gedruckt
wurden.
Wir haben einen julianischeu und
einen gregorianischen Kalender. Letzteren,
als den verbesserten, gebrauchen wir, und er
wurde im Jahre 1582 vom Papst Gregor XIII.
eingeführt.
323.
Was sind die
Tagszeiten?
324.
Was heißt Zeit-
rechnung?
325.
Haben alle Völ-
ker gleiche Zeit-
rechnung?
326.
Welchen Zweck
haben die Ka-
lender?
237.
Welchen Kalen-
der wenden wir
an?
73
Naturgeschichte.
§. 1.
Begriff.
Naturgeschichte ist die Wissenschaft, welche
alle Naturkörper beschreibt, nach ihren Kenn-
zeichen unterscheiden, und ihren Nutzen oder
Schaden kennen lehrt.
§- 2.
Eintheilung der Naturkörper.
Sämmtliche Naturkörper theilt man nach
ihren Hauptunterschieden in drey Bereiche:
1) in Thiere, jene Körper, welche sich will-
kührlich bewegen können, durch einen Mund
nähren, und fortpflanzen.
2) in Pflanzen, welche sich nicht selbst
bewegen können, und durch Wurzeln ihre Nah-
rung empfangen.
s) in Mineralien, die keine Bewegung und
kein Leben haben, und nur durch Anhäufung
von Außen größer werden.
Man theilt die Natur diesem nach in drey
Reiche: in das Thierreich, Pflanzenreich und
Mineralreich.
§. s.
I. T h i e r r e i ch.
Man kennt bereits über 16,000 Arten von
Thieren; aber die Summe aller Einzelnen ist
unzählbar.
1.
Was versteht
man unter Na-
turgeschichte?
2.
Wie theilt man
sämmtliche Na-
turkörper nach
ihren Hauptun-
terschieden ein?
5.
In welche Rei-
che theilt mall
die Natur?
4.
Wie vielerlei)
Arten von Thie-
ren kennt man?
V
74
Naturgeschichte.
In größerer Anzahl sind jene vorhanden,
welche wenig Nahrung nöthig haben, und da-
gegen Andern zur Nahrung dienen.
In kleiner Anzahl sind die schädlichen
Raubthiere vorhanden, welche andern Geschö-
pfen furchtbar sind, viel Nahrung brauchen,
und Schaden bringen.
Die Raubthiere gewahren auch Nutzen.
Dadurch, daß sie andere lebende Thiere fres-
sen und Aeser aufzehren, verhindern sie, daß
die Erde durch Leichname der Thiere bedeckt,
und die Luft mit schädlichen Ausdünstungen
angefüllt^ werde. Es gibt in heißen Gegenden
eine unzählige Menge Raubvögel, welche die
Aeser der Kameele und Esel verzehren, die
sonst bey der großen Hitze des Landes eine
unausbleibliche Pest verursachen würden. Die
Raubvögel ziehen den Karavancn der Reisen-
den nach, um auch in den Sandwüsten die
Kameele weg zu fressen, die auf der Reise
umkommen.
Die Thiere haben einen Saft, der sich im
ganzen Körper in zarten Gefäßen verbreitet;
mann nennt ihn im Allgemeinen Blut.
Der Saft ist verschieden. Bey einigen
Thierarten ist er roth und warm; bey andern
roth und kalt; und bey andern weiß und kalt,
eigentlich Saft genannt.
Nach diesem Safte, ^ und in Erwägung,
ob sie lebendige Junge gebären, oder Eyer legen;
ob sie durch Lungen athmen, ob sie Füße haben,
oder nicht, werden sie in sechs Klassen eingetheilt.
i) In Säugethiere, 2) Vögel, 5) Amphi-
bien, 4) Fische, 5) Insekten, 6) Würmer.
Säugethiere sind jern Thiere, welche
rothes warmes Blut haben, lebendige Junge
zur Welt bringen, und dieselben eine Zeit lang
mit ihrer Milch an ihren Brüsten nähren.
Vögel sind Thiere mit rothem warmem
5.
Welche Thiere
sind in größerer
Zahl vorhanden?
6.
Welche in klei-
ner Anzahl?
7.
Haben die
Naubthiere ei-
nen Nutzen?
6.
Welchen Saft
haben dieThiere?
Wie werden die
Thiere einge-
theilt?
10.
Was sind Sän-
gethiere?
11.
Was stndVögel?
Naturgeschichte.
-75
Blute, und mit Federn bedeckt, welche nie le-
bendige Junge hervorbringen, sondern Eyer
legen, und dieselben ausbrüten, zwey Beine,
zwey Flügel und einen Schnabel haben.
Amphibien sind die Thiere mit rothem
kaltem Blute, welche durch Lungen athmen,
theils Eyer legen, theils lebendige Junge zur
Welt bringen, und nicht nur auf dem Lande,
sondern auch im Wasser leben, und keine Haa-
re haben.
Fische sind Thiere mit rothem kaltem Blute
und mit Floßfevern; Thiere, welche im Was-
ser leben, meistens durch Eyer sich fortpflan-
zen, und keine Lunge haben, sondern mittelst
der Kiefer Athem holen.
Insekten sind Thiere mit weißem kaltem
Safte und mit Fühlhörnern; sie haben Einschnit-
te im Körper, auch ein Herz und äußere Glied-
massen, viele Augen und wenigstens 6 Füße.
Würmer sind Thiere mit weißem kaltem
Safte und mit Fühlfäden; haben kein Herz,
keine Lunge, auch keine äußern Gliedmassen;
bewegen sich durch Ringe und Muskeln, mir
welchen sie den Körper zusammenziehen und
wieder ausdehnen können.
In den sechs Klassen der Thiere herrscht
überdieß noch die größte Verschiedenheit, und
sie werden daher in Ordnungen, und die Ord-
nungen wieder in besondere Geschlechter abge-
theilt. So bilden z. B. die Raubthiere eine
ganze Ordnung der Saugethiere, und das
Huudegeschlecht wieder eine besondere Abthei-
lung der Raubthiere.
Die Klassen der Thiere lassen sich noch
in folgender gedrängter Ordnung darstellen:
tL. Thiere mit ro-^E? I. Klasse,
thcm warmem) Saugethiere;
Blute welche Eyer legen, II. Klaffe,
' ( Vögel.
12.
Waö sind Am-
phibien?
15.
Was sind Fische?
14.
Was sind
selten?
2n-
15.
Was sind Wär-
mer ?
16.
Wie werden die
sechs Klaffen der
Thiere weiters
eingetheilt?
17.
Wie läßt sich
die Eintheilnng
der Klassen des
Thierreiches ge-
drängt darstel-
len?
76 Naturgeschichte.
!mit Lungen, III. Klasse, Am-
phibien;
ohne Lungen, IV. Klasse,
Fische.
Diese vier Klassen haben innere Knochenstützen.
(mit Füßen, V. Klasse, Jn-
6. Thiere mit wer'-) selten;
ßem Blute, lohne ^ Füße, VI. Klasse,
( Würmer.
Diese zwey Klassen sind knochenlos.
Die Thiere haben einen merkwürdigen
Trieb, welcher sie antreibt, etwas zu thun,
oder etwas zu fliehen, ohne Anweisung oder
Uebung erhalten zu haben. Dieser angeborne
Naturtrieb, etwas zu begehren oder zu ver-
meiden, überhaupt gewisse Handlungen zu ver-
richten, welche ihnen oder den ihrigen vor-
theilhaft sind, heißt Instinkt.
Der Anstinkt veranlaßt die Thiere zu ver-
schiedenen Verrichtungen, z. B. die Biber und
Bienen zum Bau ihrer künstlichen Wohnun-
gen; — die Spinnen zur Ausbreitung ihrer
Netze, die Fliegen zu fangen; — die Vögel
zum Bau ihrer Nester, zur Wanderung in
wärmere Gegenden, zum Eyerlegen an solche
Orte, wo die Jungen sogleich ihre Nahrung
finden, zur Vermeidung schädlicher^ Nahrungs-
mittel, zum Sammeln ihrer Vorräthe für den
Winter, zur Flucht vor dem Feinde rc.— Die
junge Ente, von der Henne ausgebrütet, läuft
dem Wasser zu, und folgt nicht dem Locken
der Mutter. Das Hühnchen läuft sorglos dem
Ochsen unter den Füßen, flieht aber, sobald
es den Habicht erblickt.— Pferde und Ochsen
bilden Kreise, wenn sie ein Wolf angreifen
will; erstere schlagen aus, letztere vertheidigen
sich mit den Hörnern. Alle Thiere haben Mit-
tel zu ihrer Sicherheit und Vertheidigung, so
wie auch die geeigneten Werkzeuge zur Nah-
13.
Was heißt In
stinkt?
iy.
Welche sind
merkwürdige
Beyspiele des
Instinktes?
Naturgeschichte.
rung. Alle sorgen zärtlich für die Pflege ihrer
Jungen.
Für einige Thiere bringt die Natur im
Winter keine Nahrung hervor. Solche sammeln
sich nun entweder einen Vorrath, wie der
Hamster, die Bienen; — oder sie verschlafen
den Winter, indem sie an einem sichern Orte
auf einem gut zubereiteten Lager in eine Art
von Erstarrung fallen.
§. 4.
S ä u g e t h i e r e.
Diese Thiere haben, wie die Menschen,
Eingeweide, welche den Blutlaus, das Athmen
und Verdauen bewirken; auch haben sie die
Werkzeuge der äußern Sinne; sie haben aber
gewöhnlich vier Füße, daher man sie auch im
Allgemeinen vierfüßige Thiere nennt.
An Einigen macht man die sonderbare
Bemerkung des Wiederkauens nach dem Fres-
sen. I. B. Ochsen und Kühe stoßen das Fut-
ter nochmal aus dem Magen herauf, und
kauen es nochmal hinunter.
Die wiederkäuenden Thiere haben vier
Magen. Das grob gekaute Futter wird in dem
ersten großen Magen durchweicht, und geht in
kleinen Portionen in einen kleinern Magen,
und aus diesem wieder in das Maul zurück.
Nun wird es zum zweytenmale feiner gekaut,
und geht durch eine zweyte Röhre in den drir-
ten Magen, und von diesem in den vierten,
in welchem erst die Verdauung vor sich geht.
Dieses Verdauen verrichten die Thiere in ru-
higer Stellung.
Die vorzüglich bekannten Säugethiere sind:
1) Menschenähnliche: der Affe.
2) Als reißende oder Raubthierc: der Lö-
we, Heger, Leopard, Luchs, Hund, Wolf,
Bär, Jgl, Dachs, die Katze, das Wiesel re.
77
20.
Wie versorgen
sich jene Thiere,
für welche die
Natur im Win-
ter keine Nah-
rung hervor-
bringt-
Welche Ähn-
lichkeit istzwisch.
dem Körper des
Menschen und
der Sängethiere?
Welche Erschei-
nung bemerkt
man an manchen
Säugethieren
nachdemFressen?
25.
Wie findet das
Wiederkauen
statt?
24.
Welche sind die
vorzüglich be-
kannten Sänge-
thiere?
76
Naturgeschichte.
0) Als Nagethkere: der Hamster, Hase,
Biber, die Maus, Ratte, das Eichhörnchen rc.
4) Wiederkäuende: der Ochs, Hirsch,
das Schaf, Neh, Kameel rc.
5) Behufte: der Esel, das Pferd rc.
6) Mit Klauen oder Zehen oder dicken
Hauten versehene: der Elephant, das Schwein,
Nilpferd', Nashorn, rc.
?) Mit Floßfedern versehene: der See-
hund, Seelöwe, Seebar, das Wallroß.
8) Zahnlose: der Ameisenfresser, das Faul-
thier.
y) Wallfischartige: der Wallfisch, Delphin,
das Meerschwein.
Einige nennt man Hausthiere.
Sie sind jene, welche in Gesellschaft der
Menschen leben, und von ihnen gepflegt wer-
den , weil sie vor allen andern Thieren den
größten Nutzen bringen. Zu ihnen gehört das
Pferd, der Ochs, die Kuh, das Schaf, die
Ziege, das Schwein, das Huhn u. m. a.
Die Hausthiere geben uns vielfältigen
Nutzen. Sie dienen zum Reiten, Ziehen, Fah-
ren, Lasttragen; zur Ausübung und Vetrei-
bung von Gewerben, Manufakturen und Fa-
briken; zur Speise mit Fleisch und Milch; zur
Bekleidung mit ihrer Haut und Wolle; zur
Bewachung des Hauses; zur Jagd und zur
Ausrottung anderer Thiere rc.
§. 5.
Merkwürdige Säugethicre.
Von einigen Sangethicren wird Merkwür-
diges hier angeführt:
1) Der Affe lebt in Wäldern deö heißen
Erdstriches.
Er hat seiner Gestalt nach solche körperli-
che Aehnlichkeit mit dem Menschen, daß man
25.
Was sind Haus-
thiere?
26.
Welchen Nutzen
verschaffen die
Hausthiere?
27.
Welches Merk-
würdige ist von
einigen Sauge-
thiereu zu er-
wähnen?
28.
i.Von dem Affen
3. seiner Gestalt
nach?
79
Naturgeschichte.
lange Zeit kein Bedenken trug, ihn für eine
Gattung menschlicher Wesen mit geringern
Fähigkeiten anzusehen.
Er trinkt das Wasser nur ans hohler Hand,
und bedient sich der Vorderfüße wie Hände.
Allein er hat weder Vernunft noch Spra-
che, und alle Versuche, ihn reden zu lehren,
sind vergeblich gewesen, und müssen nach dem
Vau seiner Organe vergeblich bleiben.
Er hat aber ausnehmende Geschicklichkeit
und Trieb, menschliche Handlungen nachzu-
ahmen.
Diesen Trieb benutzen auch wohl die Men-
schen. Wenn z. B. die Indianer Pfeffer und
Kokusnüsse einsammeln wollen, so pflücken sie
in Gegenwart der Affen solche Früchte, legen
sie gleichsam spielend auf einen Platz zusam-
men und entfernen sich. Kaum sind sie weg,
so kommen die Affen, welche zugesehen haben,
machen es eben so, und ersparen mit dieser
Spielerey den Menschen viele Zeit und Mühe.
Durch diesen Trieb verleitet gerathen sie
auch in Gefangenschaft.
Man wascht sich vor den Augen eines
Affen das Gesicht, und setzt dann, statt des
reinen Wassers, einen Topf voll Leimwasser
hin. Der Affe macht es nach, verkleistert sich
aber das Gesicht, und wird gefangen. Oder
man zieht Stiefel an, und laßt andere mit
Leim stehen. Er ziehet sie an, kaun aber nicht
mehr laufen.
Der Affe ist außer dem Menschen das
einzige Geschöpf auf Erden, welches sich auch
anderer Waffen bedient, als die ihm Natur-
gegeben hat.
Er bricht starke Zweige von den Bäumen,
und schlagt um sich, oder wirft mit Steinen
und dergleichen Dingen nach seinen Feinden.
Gewöhnlich sieht man große Schaaren oft
b. seinen Gei-
steskräften nach?
c. seiner Ge-
schicklichkeit
nach?
ll. von seiner
Gefangenneh-
mnng?
o. von seiner
Vertheidigung?
80 Naturgeschichte.
von mehreren Hunderten beysammen, die sich
dann gegen einen Angriff gemeinschaftlich ver-
theidigen.
Ordnung, sirenge Zucht und Herzhaftig-
keit kann man bey solchen kriegerischen Vor-
fällen nicht genug bewundern. Sie haben ge-
wöhnlich Schildwachen an den äußern Posten
ihres Aufenthalts, die, wie man sagt, am
Leben gestraft werden, wenn sie nicht aufmerk-
sam genug waren, und einen Ueberfall nicht
zur rechten Zeit anmeldeten.
Besonders sind sie bey ihren Diebereyen
sehr vorsichtig. Wenn sie ein Reisfeld oder
einen Garten plündern wollen, stellen sie sich
in eine lange Reihe, deren vorderste Glieder
die Plünderung verrichten, und sodann die
Früchte den nächststehenden zuwerfen. So ge-
hen sie mit der größten Geschwindigkeit aus
einer Hand in die andere, bis zu den letzten,
die im Walde stehen, und sie in ein gemein-
schaftliches Magazin sammeln.
2) Der Hund ist durch die Treue zu sei-
nem Herrn, durch seine Gelehrigkeit und durch
die Feinheit seiner Sinne bekannt.
Er ist wachsam, und zu manchen Ge-
schäften abzurichten. Er hält z. B. eine zahl-
reiche muthwillige Heerde in Ordnung.
Aus Mangel an Wasser wird er leicht
krank und toll.
f. bey seinen
Diebstählen?
29.
2. Vom Hunde
Was ist vom
Hunde im All-
gemeinen zu sa
gen?
Bey allen seinen guten Eigenschaften und
Vorzügen ist aber doch nicht rathsam, ihn
ohne Noth und blos zum Vergnügen zu hal-
ten ; denn nicht zu gedenken, daß dieß ein un-
nöthiger Aufwand ist, und daß an einem Orte,
wo man viele solcher unnützen Thiere hält,
das Brod dürftigen Menschen entzogen wird,
macht auch noch die große Gefahr der Tollheit
die Liebhaberey bedenklich.
Naturgeschichte.
61
20.
Die Ursachen dieser fürchterlichen Krankheit Welche sind die
sind vornehmlich: schnelle Abwechslung der Kalte
und Hitze; vermodertes Fleisch in heißen Jahres-
zeiten; Mangel an Getränk, und zu heiße Speise.
Man hat drey verschiedene Grade dieser
Krankheit bemerkt.
Zuerst wird der Hund traurig, sucht die
Einsamkeit, verkriecht sich, frißt und sauft
nicht mehr, und laßt Schweif und Ohren hän-
gen, hat triefende Augen und lauft gerade vor
sich mit gesenktem Haupte hin. Er bellt nicht
mehr, fallt aber doch fremde Thiere und Men-
schen heimtückisch an. Sein Biß ist gefährlich.
Oer zweyte Grad ist. wenn er anfängt
zu keuchen, wenn er die Zunge aus dem schäu-
menden Munde hervorstrecket, seinen Herrn
verkennt und nach ihm schnappt. Sein Gang
ist taumeld, andere Hunde siiehen ihn.
Kurz vor dem Tode (und dieß ist der
dritte Grad) werden die Zufälle heftiger, und
der Biß ist am giftigsten.
Tolle und tollverdächtige Hunde schießt
man unnachsichtlich todt.
Menschen und Thiere, welche durch den
Biß verwundet werden, bekommen die näm-
liche Krankheit, die oft nach mehreren Iah
ren ausbricht *).
5) Der Biber. In Nordamerika verrichten
Ursachen der
Tollwuth?
31.
Welche sind die
Grade der Toll-
wüth?
52.
Wie wirkt der
Bis; toller Hunde
auf Menschen?
55.
3. Vom Biber?
*) Edel zeigte sich eine Magd. Ein toller Hund fiel
sie an, und der Herr wollte ihr zu Hülfe kommen.
Sie aber rief: rettet erst die Kinder, die im Hofe
sind; ich bin nun einmal unglücklich. Während
der Vater die Kinder in Sicherheit brachte, hielt
sie den Hund, der immer nach ihr biß. Der Herr
erschoß den Hund, und die Magd lies; sich in die
Kammer sperren. Ungeachtet aller Gegenmittel
brach an ihr die Wuth aus, und sie starb in trau-
rigem Zustande. Ihr Lohn bey Gott ist gewiß
sroß.
6
62 Naturgeschichte.
die Biber ln großen Gesellschaften wunderbare
Bane, menschlichen Wohnungen gleich. Sie
fallen mit ihren Zahnen das Holz, rollen und
flößen es sogar ans selbst gemachten Kanälen
zusammen. Der Bau ist wohl 100 Fuß lang
und 12 Fuß breit. Sie befestigen Pfahle in
den Boden, bringen Erde und Lehm herbey,
und führen 2 Fuß dicke Wände von künstlich
durchflochtenen Zweigen auf, die sie mit Lehm,
Schlamm und Moos ausfüllen. Da§ Gebäude
hat gemeiniglich drey Stockwerke und ein ge-
wölbtes Dach.
4) Das Kameel. Die Vorsehung vertheil-
, te ihre Geschenke auf der Erde mit unpar-
theyischer Hand. Auch für die dürren Sand-
wüsten Arabiens, so wie für die vor Kälte
starrenden Fluren des Nordpols, schuf sie ein
Thier, in welchem die nutzbaren Eigenschaften
aller unserer Hausthiere beysammen anzutreffen
sind.
Das einzige Kameel ist dem Araber das,
was uns unser Schaf, unser Rind und unser
Pferd ist. Es ist zu den weiten Reisen durch
die Wüsten ungemein geschickt, weil es 8 bis
10 Tage ohne zu trinken leben, und wohl
i5oo Pfund Last tragen kann. Es tanzet so-
gar nach dem Takte der Musik.
5) Der Löwe. Er heißt der König der
Thiere, denn sein Ansehen ist majestätisch,
seine Stimme furchtbar, die Nachts im Um-
kreise einer halben Stunde gehört wird. Die
Thiere ergreift allgemeiner Schrecken. In sei-
nem Benehmen zeigt er aber auch Großmuth
und edlen Stolz.
6) Der Tiger. Er ist grausam und blut-1
dürstig, denn er greift sogar sein eigenes
Weibchen an, tobtet andere Thiere aus bloßer
Mordlust, stillt seinen Durst am liebsten mit
Blut, und fallt sogar Menschen an. j
54.
4.VomKameele?
35.
5. Vom Löwen?
36.
i. Vom Tiger?
Naturgeschichte.
7. Der Ameisenfresser streckt seine
schmale Zunge ans, und läßt sie voll Ameisen
kriechen, alsdann zieht er sie zurück, und ver-
schlingt die Ameisen.
8) Der Elephant ist unter den Land-
thieren das größte.
Die weißlichen Elephanten werden in In-
dien fast göttlich verehrt, und über ihren Be-
sitz entstehen unter den dortigen Königen bis-
weilen blutige Kriege.
Bewunderungswürdig ist an ihm der Rüs-
sel oder die verlängerte Nase, die sechs bis
acht Fuß lang ist. Ec kann ihn bis auf eine
Elle lang einziehen. Er hat auf jeder Seite
einen Eckzahn, sieben bis acht Fuß lang.
Der Rüssel hat den vorzüglichen Zweck,
die Nahrung zu fassen, Athem zu holen und
zu riechen.
In ihm ist besondere Starke und Gelen-
kigkeit. Ohne Anstrengung hebt der Elephant
mit seinem Rüssel einen erwachsenen Mann in
die Höhe und schleudert ihn von sich; er kann
mit ihm Blumen pstücken, Knoten aufknüpfen,
Schlüssel umdrehen, die kleinsten Stücke Geld
von der Erde aufheben, einen Pfropf aus einer
Bouteille ziehen, s. a.
Der Elephant versteht die Worte seines
Führers. Wenn dieser ihn zu einer beschwerlichen
Arbeit ermuntern will, hält er ihm eine Fla-
sche Wein oder Branntwein vor, erklärt ihm
sein Vorhaben, und verspricht, nach vollende-
ter Arbeit ihm das Getränk zu geben. Jener hö
ret aufmerksam zu, und verrichtet das Ge
schäft mit vieler Bereitwilligkeit; hält aber
der Führer sein Versprechen nicht, so mißhan-
delt und tödtet er ihn.
Aehnliche Erzählungen von seiner Klugheit
und andern Eigenschaften findet man in Menge
aufgezeichnet.
LZ
37.
7. Vom Amei-
senfresser?
38.
8. Vom Ele-
phanten?
a. nach Größe?
b. nach seiner
Hochschätzung?
c. nach seinem
Körperbaue?
ck. nach Starke
und Geschicklich-
keit?
84
Naturgeschichte.
g) Das Faulthier hat einigeAehulichkeit
mit dem Affen. Es ist erstaunlich trage und
langsam, und kommt bey äußerster Anstren-
gung in einem Tage nicht weiter, als eine
Viertelstunde Weges. — Klettern kann es
zwar wegen seinen scharfen Klauen sehr gut,
braucht aber wohl zwey Tage, um einen »läs-
sigen Baum zu besteigen.
10) Das Stinkthier verjagt seine Feinde
durch einen übelriechenden Saft, den es ihnen
entgegen spritzt.
11) Der Wallfisch ist das größte aller-
bekannten Thiere, erreicht sogar eine Lange
von 120 Fuß, und ist 40 bis 5o Fnß dick.
Mitten auf dem Kopfe befinden sich zwey Luft-
röhren, jede anderthalb Fnß breit, und aus
ihnen blaßt er das Wasser sehr hoch in die
Luft mit gewaltigem Brausen, welches eine
Meile weit gehört wird. Da die Wallfische
oftmal zu Hunderten zusammen schwimmen,
so geben diese Wassersäulen von ferne einen
majestätischen Anblick. Anstatt der Zahne
haben sie in der Kinnlade dicke Lagen von
Horn, welches das sogenannte Fischbein liefert.
Mit ihrem Schweife können sie Fahrzeuge zer-
schmettern.
Der Wallfisch gehört zur Klasse der Säu-
gethicre, obgleich er beständig im Wasser lebt,
und der äußern Gestalt nach den Fischen ähn-
lich ist, — weil er nach seinem innern Baue
ganz den Säugethieren gleichet.
sg.
y. Vom Faul-
thiere?
40.
io. Vom Stink-
thiere?
41.
i i. Vom Wali-
sischer
42.
Warum zählt
man den Wali-
sisch zur Klasse
oerSäugethierc?
§. 6.
Vögel.
In Hinsicht der Gestalt der Vögel ist
merkwürdig, daß ihr Rumpf Aehulichkeit mit
einem Schiffe hat, um leicht die Luft zu
durchschiffen;— daß ihre Knochen leicht, dünne
45.
Was ist in Hin-
sicht der Gestalt
der Vogel merk-
würdig?
Naturgeschichte.
und znm Theil hohl und mit Luft angefüllt
sind, um leichter zu fliegen und zu schwimmen;
— daß die Brust wie eine Pflugscharre ist,
um die Luft und das Wasser leicht zu durch-
schneiden, und — daß die Lunge fast im ganzen
Körper ausgebreitet ist.
Sie haben Federn von allen Farben, von
außerordentlicher Pracht und Dauer, welche
im Allgemeinen an dem Männchen schöner
sind, als an dem Weibchen. Im Herbste fal-
len die Federn aus, und es entstehen neue,
wo man alsdann sagt: Die Vögel mausen
oder federn sich, wobey sie gewöhnlich krank
sind.
Ihr Gesang ist sehr verschieden; manche
singen bezaubernd angenehm und melodisch;
manche haben unangenehmes Gekrächze u. dgl.
Sie können mit ihren Tönen verschiedene Em-
pfindungen ausdrücken, als Freude, Traurig-
keit, Furcht, Sehnsucht nach Gesellschaft,
Hunger, Wahrnehmung naher Gefahr. — Es
singt aber nur das Männchen.
Am angenehmsten singen die Nachtigall
und die Grasmücke.
Einige Vögel besitzen eine dicke Zunge,
mittelst welcher sie befähiget sind, Wörter
nachschwätzen zu lernen. Sie sind: der Papa-
gey, die Amsel, der Staar, der Rabe, die Elster.
Die Vögel nützen durch ihr Fleisch, ihre
Eyer, ihr Fett, ihre Federn, welche letztere
insbesondere zu Betten, zum Schreiben, zu
Pinseln, Putz rc. dienen. Vorzüglich nützen sie
durch Aufzehrung schädlicher Insekten und des
Aases; letzteres würde durch Fäulung die Luft
vergiften, erstere würden durch Ueberhandnah-
me die Fruchtgewächse vertilgen, und Miß-
wachs erzeugen. Sie vertilgen Unkraut, und
leisten daher dem Menschen auch auf diese
Weise großen Dienst. Ihr Nutzen überwiegt
65
44.
Was ist in Hin-
sicht der Federn
merkwürdig?
43.
Was ist von
dem Gesänge
der Vogel be-
kannt?
46.
Welchesingenam
angenehmsten?
4?.
Welche können
nachschwützcn?
43.
Welchen Nutzen
und welches
Vergnügen ge-
währen die
Vögel?
86 Naturgeschichte.
bey weitem ihre Schädlichkeit, wenn z. V.
Raubvögel Hausthiere tobten und verzehren;
Sperlinge oder Singvögel der Saat und dem
Obste schaden, oder Unkraut verpflanzen. Die
Vögel gewähren auch großes Vergnügen durch
ihren Gesang, ihre Federn, ihre Gelehrigkeit re.
Unter den Vögeln nennt man einige Raub-
vögel, weil sie vorzüglich vom Raube leben.
Ihren Raub nehmen sie dadurch, daß sie
von großer Höhe auf Menschen und Thiere
herabschießen, sie lebendig forttragen, oder,
wenn sie zu schwer sind, ihnen die Augen aus-
hacken, sie mit den Flügeln niederschlagen,
und endlich mir Schnabel und Krallen vollends
tödten. — Wenn sie einen Vogel mit Federn
verschlungen haben, speyen sie die Federn als
einen runden Ballen wieder aus.
Unter allen Vögeln ist der größte der
Strauß, und der kleinste der Kolibri.
Die Sinne der Vögel sind außerordentlich
scharf, daher sieht der Adler aus den Wolken
einen Hasen in dem Lager liegen, und die
Krähe vom höchsten Baume den Wurm auf
der Erde kriechen. — Geyer und Raben haben
einen weit spürenden Geruch, und mit dem
leisesten Hauche kann man einen Vogel aus
dem Schlafe wecken.
Die Vögel zeigen auch Seelenfahigkeiten.
Sie haben außeroroeurliches Gedächtniß, in-
dem die Zugvögel nach halbjähriger Entfer-
nung ihr voriges Nest wieder finden; — viel
Gelehrigkeit, da sie sich zu Künsten und zur
Jagd abrichten lassen; — viel List und Klug-
heit, denn Vögel, welche in der Nahe von
Menschen wohnen, weichen den Gefahren klug
aus, welche ihnen die Menschen bereiten,
während in unbewohnten Gegenden ein Vogel
sich auf den Flinteulauf des Jagers setzt, der
gegen ihn anlegen will.
49.
Welche Hessen
Raubvögel?
50.
Wie finden die
Raubvögel ihren
Raub?
51.
Welcher ist der
kleinste, welcher
dcrgrös.teVogel?
52.
Was ist von den
Sinnen der Vö-
gel bekannt?
55.
Welche Seelen-
fähigkeiten zei-
gen sich bey Vö-
geln?
J
87
Naturgeschichte.
An den Vögeln findet man die merkwür-
dige Erscheinung, daß viele Arten vor Eintritt
der kalten Jahreszeiten in wärmere Gegenden
wandern. — Man heißt sie Zugvögel. Sie lo-
cken sich mit eigenen Tönen, und fliegen dann
in großen Gesellschaften nach Form eines
Dreyeckes.
Die Vögel erreichen ein beträchtliches Al-
ter, und ihr Leben dauert im Ganzen langer,
als das der Sängethiere; denn schon kleine
Singvögel wurden in der Gefangenschaft 20
bis 24 Jahre alt, und manche Papageyen so-
gar 200 Jahre.
§- ?.
Merkwürdige Vögel.
1) Der Adler. In dieser Gattung ist der
Goldadler der schönste, größte und mächtigste,
und heißt König der Vögel; er ist drey bis vier
Fuß hoch und bey ausgebreiteten Flügeln acht
Fuß breit.
Vor seiner fürchterlichen Stimme sollen
die Vögel fliehen, wie das Wild vor dem
Brüllen des Löwen. Kein Vogel schwingt sich
so hoch in die Luft. Er hascht Hasen, Läm-
mer und Rehe; sein Trank ist das Blut der
Thiere, und er baut sein Nest auf hohe Felsen.
2) Der Pelikan, oder die Kropfgans, hat
am Kopfe einen Hautsack.— In diesem bringt
der Vogel seinen Jungen Speise und Trank,
und laßt sie daraus fressen und saufen.
3) Der Pfau ist einer der schönsten Vö-
gel. Er kann seinen Schweif ausbreiten, wie
ein Rad, und zeigt einen Reif voll bunter
Augen.
4) Der Staar. Wenn ihm die Zunge ge-
löset ist, lernt er fremde Stimmen nachahmen
und Worte sprechen.
54.
Welche merk-
würdige Erschei-
nung findet man
an den Vögeln?
59»
Welches Alter
erreichen die
Vögel?
5t).
Was ist von
einigen Vögeln
Merkwürdiges
zn sagen?
1. Vom Adler?
^2. Vom Pelikan?
3. Vom Pfau?
4. Vom Staar?
88 Naturgeschichte.
5) Der Papagey. Die Speise bringt er
mit dem Fuße zum Munde. Er seufzet, la-
chet, räuspert sich, nieset, gähnet. Er lernt
sehr vernehmlich und bis zur Täuschung Worte
sprechen.
Mancher sprach spanisch und französisch,
und sagte auswendig gelernte Fabeln und Anek-
doten im Zusammenhange her. Sie sollen über
100 Jahre alt werden.
6) Der Kolibri ist der kleinste und schön-
ste aller Vögel. Einige haben auf dem Kopfe
einen glänzend schwarzen Federbnsch. Das Nest
ist nicht größer, als eine halbe welsche Nuß.
7) Der Strauß, der größte Vogel, ragt
mit seinem Halse über einen Mann zu Pferd
hinaus; gezähmt läßt er auf sich reiten, und
in Gefahr steckt er seinen Kopf in einen
Strauch oder ein Loch, daß es scheint, als
wenn er sich verborgen glaube.
5. Vom Papa-
gey?
6. Vom Kolibri?
7.VomStrauße?
57.
Was ist von
den Amphibien
besonders merk-
würdig?
§- 3.
Amphibien.
Von den Amphibien ist besonders merk-
würdig, daß einige die höchste Wärme, und
die größte Kälte ertragen können, daher
man schon Frösche im Magen des Men-
schen und in Eisschollen lebend gefunden hat.
Noch merkwürdiger ist ihre Kraft, verlorne
Theile ihres Körpers wieder zu ersetzen. So
wächst z. B. den Schlangen der abgeschnittene
Schweif wieder nach, und den Sumpf-Sala-
mandern wachsen neue Augen, wenn man sie
ihnen ausgestochen hat. Sie besitzen ein zähes
Leben, und können sehr lange ohne Luft und
Nahrung seyn, auch sehr viele in und außer
dem Wasser leben. 53.
Von Schlangen ist insbesondere merkwür- Was ist vou
Naturgeschichte. ZY
dig, daß sie jährlich ihre alte Haut ablegen,
und eine neue bekommen.
Die Amphibien verschaffen auch Nutzen,
denn sie dienen den Menschen zur Speise: —
wie die Schildkröten, Frösche re.; — auch den
Thieren, z. B. den Storchen. Sie dienen zu
Arzneyen und andern Dingen, und vertilgen
eine große Menge Insekten und Gewürme.
Ihre Schalen und Haute werden zu Kunstsa-
chen verarbeitet.
Manche sind aber auch Menschen und
Thieren durch ihr Gisc tödtlich, auch Gebun-
den , wo sie einnisten, sehr verderblich. Das
Krokodill in Egypten frißt selbst Menschen.
Die Amphibien theilt man in kriechende
und schleichende ein.
Zu den Kriechenden rechnet man: die
Frösche, Eidechsen, Schildkröten, Krokodille,
den Salamander, das Chamäleon und die
Drachen.
Zu den Schleichenden alle Arten von
Schlangen, von welchen schon über 200 Arten
bekannt sind.
Die giftigen Amphibien haben unter einem
hohlen beweglichen Zahne eine Giftblase, aus
welcher sogleich das Gift in die Wunde fließt,
sobald das Thier mit einem solchen Giftzahne
beißt.
§. y.
Merkwürdige Amphibien.
^Auch einiger Amphibien ist besonders zu
erwähnen.
1) Die Viper hat Giftzähne, beißt hef-
tig , und wiederholter Biß kann tödtlich werden.
2) Die Ringeln atter heißt auch Unke
oder Hausunke, Hausschlange. Der Aberglaube
fabelt von ihr, daß sie eine Krone auf dem
Schlangen merk-
würdig ?
5Q.
Welchen Nutzen
haben die Am-
phibien?
60.
Welchen Scha-
den machen sie?
61.
Wie theilt inan
die Amphibien
ein?
62.
Wie bringen die
Amphibien ihr
Gift an?
62.
Was ist von ei-
nigen Amphibien
zu erwähnen?
1. Von der
Viper?
2. . . Ringel-
natter?
r
90
Naturgeschichte.
Kopfe trage, dem Hause, in welchem sie sich
aufhalte. Glück bringe, verborgene Schätze
anzeige, zu Zeiten auch wohl durch ihre Er-
scheinung den Tod eines Hausgenossen verkün-
dige rc. Von allem dem ist nichts wahr. Sie
kann aber, als ein unschuldiges Geschöpf, das
überdkeß seinen Aufenthalt von Mausen und
anderm Ungeziefer reiniget, in einem Hause
leicht geduldet werden.
5) Die K la p p e r sch la ng e hat am Ende
des Schweifes eine Klapper, aus hornartigen
Gelenken bestehend, welche ein Geräusch, wie
eine Blase mit Erbsen, machen. Den Men-
schen fallt sie nur an, wenn sie beleidiget, oder
vom Hunger gequält wird. Der giftige Biß
einer Gattung derselben, der sogenannten
Schauerschlange, ist höchst gefährlich.
4) Die R i e se n sch l a n g e hat eine erstaun-
liche Größe, und die größte heißt die Königs-
oder Abgottsschlange, weil sie von einigen
Völkern göttlich verehrt wird. Sie soll 4oFuß
Lange und die Dicke eines Mannes haben. Sie
bemächtigt sich großer Thiere, indem sie ihnen
die Knochen im Leibe zerbricht.
5) Das K r 0 k 0 d i l l ist dem Menschen ge-
fährlich. Es läuft schnell, und schießt wie ein
Pfeil auf seinen Raub. Da es sich aber nur
mit Mühe umwenden kann, entgeht man ihm
leicht durch einen Seitensprung. Es hat die
Gestalt einer Eidechse.
6) Vom Drachen hatte die fabelhafte
Vorwelt eine abenteuerliche Meinung. Nach
ihrer Schilderung war der Drache eine unge-
heuere geflügelte Schlange mit zwey Füßen,
die auf ihre Feinde Feuer spie u. dgl.— Jetzt
ist jenes Unthier zu einer unschuldigen geflü-
gelten Eidechse von der Lange eines Fußes
Zusammengeschrumpft, die nicht Feuer spcyt,
mnd auch nicht viele Köpfe hat.
'z.VondcrKlap
perschlange?
4. . . Rieftii-
ch lange?
5. Vom Kroko-
dille?
6. Vom Dra-
chen?
91
Naturgeschichte.
7. Die Schildkröten haben meistens ei->7. Von der
neu harten Schalenschild, der aus mehreren durch SchUd'crote?
Nahte verbundenen Stücken besteht. Diese
Thiere haben ein sehr zähes Leben. Die größte
Schildkröte ist die Riesenschildkröte, welche
zuweilen ? Fuß lang, und an 800 Pfund
schwer ist.
§. 10.
Fische.
Ihre Größe ist außerordentlich verschieden,
denn es gibt Fische von der Größe eines Ha-
berkörncheus (die Pfrillen im Hallstadter See
Oesterreichs), und Fische, in deren Magen das
größte Pferd Platz hat, wie der Hay ist.
Ungeheuer groß ist die Zahl der Eyer,
welche die Fische von sich geben. Man siudet
in manchem Häringe über 30,000, im Kar-
pfen über 200,000, in der Schleihe gegen
400,000, im Flunder über eine Million, und
in einem großen Kabeljau noch mehrere Eyer.
Die Vermehrung der Eyer ist so außer-
ordentlich groß, weil eine Menge Wasservögel
und Amphibien davon leben, — und viele
Raubvögel und Raubfische von kleinen Fischen.
Ihr Alter ist bedeutend, denn sehr viele
Arten, z. B. Karpfen und Hechte, leben 150
Jahre.
Von den Fischen ist noch besonders merk-
würdig :
1) Daß manche Gattungen zu gewissen
Jahreszeiten große Reisen unternehmen, z.B.
die Häringe wandern aus dem Nordmeere in
die europäischen Meere und bis an die Küste
von Afrika.
2) Seefische ziehen oft über 100 Meilen
weit in dichten Reihen aus dem Meere in die
Mündungen der Flüsse, um zu laichen, z. V.
Lachse und Alscu.
Was wissen wir
von der Grosse
der Fische?
65.
Wie gross ist die
Zahl der Eyer
im Fische?
66.
Warum ist die
Vermehrung der
Fischeyer so
gross?
67.
Wie hoch geht
das Alter der
Fische?
68.
Was ist von
den Fischen im
Allgemeinen vor-
züglich merkwür-
dig?
r
92
Naturgeschichte.
3) Fast alle Fische haben einen Winter-
schlaf; einige wenige, z. B. die Goldbrachsen,
sogar einen täglichen Erholungsschlaf.
Zum Schwimmen haben sie Flossen und Wie ist Den Fi-
Schwimmblasen; jene dienen als Köder, dieseschen das
bewirken das Steigen und Sinken im Wasser;^Schwimmen
Ersteres, wenn der Fisch die Blase mit Luft möglich?
füllt. Letzteres, wenn er sie luftleer macht.
Wer Fischteiche vorzüglich nutzen will,
muß mit Fleiß darauf sehen:
1) daß er sie nicht übersetze, und die
Fische hinlänglich Nahrung haben;
2) daß er seine Fischteiche ein Jahr
trocken liegen lasse, und mit Rübsamen be-
säe. Sind die Rüben groß und stark, so läßt
man Wasser ein, und besetzt den Teich mit
Fischen.
§. 11.
Merkwürdige Fische.
69.
70.
Wie hat man
Fischteiche zu
pflegen?
71.
1) Der Häring ist in ungeheuerer Men- Was ist von ei-
ge vorhanden, und wird durch Einsalzen wohl-
schmeckender und gesünder gemacht; er ist zu jeder
Jah-reszeit genießbar, und auf den Tafeln der
Reichen und Armen zu sehen. Die Menge ist
oft so groß, daß sie den Lauf der Schiffe auf-
halten, und mit hölzernen Schaufeln aus dem
Meere geschöpft werden. Man hat berechnet,
daß jährlich ungefähr 1000 Millionen gefan-
gen, von Walisischen und andern Fischen gan-
ze Tonnen verschlungen, und von Vögeln
viele gefressen werden, ohne daß man zu
starke Abnahme merkt.
2) Der Kabeljau hat schmackhaftes
Fleisch; in Spalten getheilt und getrocknet, heißt
er Leberdan. Es gibt aber auch einen besondern
Fisch unter dem Namen Stockfisch, welcher
blätteriges Fleisch hat, am Strande gedörrt,
und steif wie ein Stock, auch eingcsalzen und
nigcn Fischen
merkwürdig?
t. Vom Häringe?
2. Vom Kabel-
jau?
93
Naturgeschichte.
getrocknet wird, und so auch bey uns zur
Speise dienet.
5) Der H a y ist ein fürchterliches Geschöpf.
Der sogenannte Menschenfresser, Ionasfisch,
ist unter ihnen der fürchterlichste.
In dem Magen eines Hay, der 15 Fuß
lang war, fand man zwey Tunfische und einen
Mann mit feiner Kleidung, und bey einem
andern gar ein ganzes Pferd. — Man glaubt
daher auch, daß dieser Fisch es sey, der den
Ionas verschlungen habe.
4) Der Fluß-Aal lebt vorzüglich vom
Raube. Er liegt bey Tage und während der
Winterzeit in Schlummer, und geht Nachts
auf das Land, wo er sich die Erbsen und den
jungen Weizen sehr gut schmecken laßt.
5) Elektrische Fische. Diese haben ih-
ren Namen, weil man, wenn man sie berührt,
oder ihnen mit der Hand im Wasser nur nahe
kommt, eine Erschütterung empfindet, wie von
einer Elektrisi'rmaschine, z. B. beym Zitteraal.
6) Fli egende Fische. So wie es in an-
dern Gattungen der Thiere fliegende Eichhörn-
chen, fliegende Eidechsen rc. gibt, so gibt es
auch unter den Fischen fliegende.
§. 12.
Insekten.
Der Name Insekt kommt von dem latei-
nischen Worte in8ec3re, d. h. einschneiden,
weil die meisten Insekten eingekerbt, oder ein-
geschnitten sind, und ihr Körper in drey Haupt-
theile, den Kops, das Bruststück und den
Hinterleib abgetheilt ist.
An den Insekten bemerkt man eine unge-
heuere Anzahl von Augen. Sie haben große
Augen mit vielen Nebenaugen. Die ersten sind
in lauter kleine Felder abgetheilt, wovon jedes.
z. Vom Hay?
4. Vom Aal?
5- Von elektri-
schen Fischen?
6. Von fliegen-
den Fischen?
72.
Woher kommt
der Name In-
sekt?
72.
Welche Anzahl
von Angen be-'
merkt man an
den Insekten?
Q4
Naturgeschichte.
Feld ein Auge enthält. Während z. V. der
Floh nur zwey Augen hat, und der Drehkäfer
vier, hat die Spinne acht, die Stubenfliege
8000, und der Schmetterling auf jeder Seite
14,000 Augen.
Am merkwürdigsten ist an den geflügelten
Insekten ihre zwey - oder dreyfache Verwand-
lung als Raupen, Puppen und Schmetterlinge.
Zuerst ist das Ey; aus diesem wird ein
lebendiges Junges, eine Made, Raupe (Lar-
ve), die viel frißt, so daß ihr die alte Haut
zu enge wird, daher sie sich zweymal hautet;
alsdann spinnt sich die Made in eine Hülse
oder sogenannte Puppe, und bleibt zwey bis
vier Wochen ohne Nahrung und Bewegung;
endlich schlieft aus dieser Puppe das Insekt,
z. B. der Schmetterling, die Spinne, der
Krebs rc.
Die Infekten haben Fühlhörner; sie dienen
ihnen zur Betastung der Gegenstände.
Man kennt gegenwärtig schon gegen 1600
Arten von Insekten.
Unter ihnen ist das kleinste die Milbe,
und das größte der Krebs.
Von dem kleinen Insekte, der Milbe, ist
merkwürdig, daß es ungeachtet der außeror-
dentlichen Kleinheit, da mehr als 1000 auf
einem einzigen Hirsekorn Platz haben, und
man es kaum mit den beßten Vergrößerungs-
gläsern sehen kann, doch Füße, einen Rüssel,
Eingeweide, Muskeln rc. habe.
Die Insekten geben oder dienen theils zur
Nahrung, z. B. Bienen und Krebse; theils
dienen sie zur Kleidung, wie die Seidenwür-
mer; theils zur Farbe, wie die Galläpfel zur
Tinte; theils zur Arzney, wie die spanischen
Fliegen und Ameisen; auch schaffen sie vieles
Aas im Thierreiche und vieles Unkraut im
Pflanzenreiche weg.
74.
Was ist an den
Insekten am
merkwürdig-
sten ?
75.
Wozu sind die
Fühlhörner?
76.
Wie viele Arten
von Insekten?
77.
Welches ist das
kleinste, welches
d. größte Insekt?
78.
Was ist an der
Milbe merkwür-
dig?
79-
Welchen Nutzen
gewähren die
Insekten?
95
Naturgeschichte.
Sie bringen aber auch Schaden, denn
dnrch ihre starke Vermehrung können sie ganze
Waldungen zerstören, alle Gewächse und Pflan-
zen verzehren, und eine wahre Landplage
werden.
Unter die Insekten rechnet man die Ka-
ser, Schwaben, Heuschrecken, Grillen, Wan-
zen, Lause, Flöhe, Schmetterlinge,' Fliegen ,
Wespen, Bienen, Ameisen, Bremsen, Mu-
cken, Spinnen, endlich, nebst andern, den
Vielfraß mit 200 Füßen, auch Tausendfuß
genannt.
Insbesondere sind die Flügel der Schmet-
terlinge noch zu berücksichtigen. Auf ihnen
scheint nämlich nur Staub zu liegen, allein
dieser Staub besteht aus einer Menge kleiner
Federn oder Schuppen, die wie Dachziegel
auf einander liegen.
80.
Welchen Scha-
den stiften die
Insekten?
81.
Welche Thiere
rechnet man im
allgemeinen zu
den Infekten?
82.
Was ist an
den Flügeln
der Schmetter-
linge merkwür-
dig?
§. 15.
Merkwürdige Insekten.
1) Die Ameisen sind sehr fleißige Thiere.
Sie tragen sich zu ihren Wohnungen große
Haufen zusammen, in welchen sie auch ihre
Eyer und Futtervvrräthe verwahren.
2) Die Bienen saugen den süßen Saft
aus den Blumen, und sammeln ihn in ihren
Stöcken. Den gesammelten Vorrath verarbei-
ten sie zu Honig und Wachs.
Die Biene ist das Sinnbild des Fleißes
und der Ordnung, eben so bewunderungswür-
dig durch ihren Kunsttrieb, als nützlich durch
ihre Arbeiten.
Die Bienen halten sich in großen Gesell-
schaften auf, und haben eine Königin, welche
sie zusammenhält, und nach deren Tode oder
Entfernung die ganze Gesellschaft in gänzliche
85.
Was ist von
einzelnen Insek-
ten zu erwäh-
nen?
1. vonderAmei-
2. von der Bie-
ne?
a. Sinnbild des
Fleißes.
b. Gesellschaft-
-liches Leben.
96 Naturgeschichte.
Unthatigkeit geräth, wofern nicht ihre Stelle
durch eine neue Königin ersetzt wird.
Die Ehrfurcht, welche die gemeinen Bie-
nen gegen ihre Königin bezeigen, ist außeror-
dentlich.
Ein ansehnliches Gefolge begleitet sie über-
all, wo sie hingeht, und scheint kein anderes
Geschäft zu haben, als der Königin aufzu-
warten. Diese Begleiter reichen ihr von Zeit
zu Zeit Honig dar, und putzen und streicheln
sie mit ihren Rüffeln.
Die Bienen sind theils Arbeitsbienen,
theils sogenannte Drohnen, welche nichts ar-
beiten, und nur zur Brut dienen. Sie werden
auch von den Erster» nach der Brutzeit getöd-
tet, weil sonst den Winter über Mangel an
Honig entstünde.
Die Arbeitsbienen verrichten alle Arbeiten
im Stocke, bauen die Zellen, sammeln Honig
und Wachs, und reinigen die Wohnung vom
Unrathe.
Zur Verfertigung des Wachses dient den
Bienen der Samenstaub von Blüthen und
Blumen. Sie verwandeln ihn in ihrem Leibe
zu Wachs, welches durch die sechs Ringe am
Hinterleibe hervorschweißt, und sich in Gestalt
zarter Blättchen ansetzt. Die Dienen nehmen
diese Blättchen mit den Hinterfüßen ab, und
bilden ihre sechseckigen Zellen. Der Honigstoff
liegt in Blüthen und im Honigthau. Die Bie-
nen verschlucken und prapariren ihn in ihrem
Honigmagen, und speyen ihn alsdann in die
zur Aufbewahrung bestimmten Zellen, welche
sie mit einer feinen Wachsdecke verschließen,
damit der flüssige Honig nicht herausrinne.
Die junge Biene tritt aus dem Ey als
Made, welche sich in 8 Tagen einspinnt. Die
Alten geben ihr auch ein wenig Futter, und
verschließen dann die Zellen mit einem feinen!
c. Ehrfurcht ge-
gen ihre Köni-
gin.
ä. Wie werden
die Bienen ein-
getheilt, und
welche sind ihre
Verrichtungen?
e. Wie wird
Honig nnd
Wachs?
si Wie entsteht
die junge Diene?
Y7
Naturgeschichte.
Wachsdeckel. Nach 14 Tagen frißt die junge
Biene den feinen Wachsdeckel durch und kommt
hervor. Nach etlichen Stunden fühlt sie schon
ihre Flugkraft, sucht das Flugloch und tritt
ihre bestimmte Arbeit an.
Zur Vertheidigung sind die Bienen mit
einem Stachel versehen. Sie schießen ihn ab,
wenn sie gercitzt werden, lassen dabey Gift
aus, und verursachen große Entzündung.
5) Die Spinne macht die künstlichsten
Gewebe zu ihrer Wohnung und zum Fang der
Insekten. Wenn die Spinnen auch in zahlrei-
cher Gesellschaft aufgewachsen sind, zerstreuen
sie sich bald und leben einsiedlerisch *).
4) Der T 0 dtengraber, ein Kaser, hat
die Gewohnheit, todte Mause und Maulwürfe
unter die Erde zu vergraben, und wenn sie ver-
fault sind, davon zu fressen.
5) Der Ameisenlöwe, ein Insekt von
der Größe einer Fliege, macht tm lockern
Sandboden eine trichterförmige Fallgrube, und
scharret sich selbst bis an den Hals in den
Sand. So lauert er, bis Ameisen unversehens
an den Rand seiner Grube kommen, und mit
dem lockeren Sande hinabfallen.
- \
g. Wie verthei-
digen sich die
, Bienen?
z.Von der Spin-
ne?
¡4. Vom soge-
nannten Tod-
tcngräber?
5. Vom Amei-
senlöwen?
§. 14.
Würmer.
64.
Zu den Würmern rechnet man im Allge-
meinen, nebst den Gattungen, die man ohne-
hin mit dem Namen Wurm bezeichnet, als
Welche Thiere
zählt man zu
-den Würmern?
*) Wer lehrte ihr die feinen Fäden spinnen, befesti-
gen und in einen Mittelpunkt vereinigen? Wer,
daß sich im Netze andere Thiere zu ihrer Beute
fangen werden? Wer, diese umspinnen, damit sie
nicht mehr entkommen? Die Weisheit Gottes
hat auch für dieses Thier gesorgt.
98 Naturgeschichte.
Regenwurm, Bandwurm, Springwurm, auch
die Egel, Schnecken, Asseln, Austern, Koral-
len, Polypen, Maden, Perlmuschel re.
Einige Würmer halten sich auch im mensch-
lichen Körper ans, wie der Bandwurm und
Spulwurm im Magen und in den dünnen Ge-
därmen; der Madenwurm im Mastdarm, auch
im dicken Gedärme.
An ihnen ist besonders die Lebens- oder
sogenannte Reprodnkrionskraft merkwürdig,
durch welche sie sich wieder ergänzen, wenn man
sie auch von einander schneidet, und den Schne-
cken, welchen der Kopf abgeschnitten wurde, ein
neuer wächst.
Die Würmer dienen theils zur Nahrung,
theils zu Farben und Schmuck. Man macht
aus ihren Schalen Kunstsachen; aus dein Ge-
spinnste Seidenzeug. Blutegel dienen zur Ge-
nesung. Die Würmer schaden aber auch in
Gärten, Wiesen und Feldern, und sind auch
oft der Gesundheit nachthcilig.
§. 15.
Merkwürdige Würmer.
Auch von Würmern ist Merkwürdiges zu
sagen.
1) Die Perle befindet sich in einer Mu-
schel, welche oft kostbare Perlen enthält, und
ihre Schale wird zu Kunffsachen verarbeitet.
Sie ist daher das geschätzteste Muschelthier.
2) Die Seidenraupe (Seidenwurm)
liefert uns die so wichtige Seide, und gehört zu
unsern Hausthieren. Sie macht ein Gespinnst,
von welchem ein etliche hundert Ellen langer
fester Faden abgewickelt, und sogleich bequem
zu Zeugen verarbeitet werden kann. Sie häu-
tet stch viermal, wird immer weißer und grö-
ßer, zuletzt erreicht sie die Länge und Dicke
eines kleinen Fingers.
65.
Welche War-
mer halten sich
im menschlichen
Körper auf?
6b.
Was ist an den
Würmern beson-
ders merkwür-
dig?
87.
Welchen Nutzen
und Schaden ge-
ben die Wür-
gn er?
63.
Was ist von ei-
nigen Würmern
zu bemerken?
i.VondcrPerle?
2. Von der Sei-
denraupe?
Naturgeschichte.
99
o) Die Ko rn motte, der sogenannte weiße
Kornwurm, richtet auf den Kornböden erstaun-
lichen Schaden an. Man thut besser, wenn
man ihre Einsiedlung ganz zu verhindern sucht,
als daß man erst, wenn sie schon eingenistet
hat, auf Mittel zu ihrer Vertreibung denkt.
4) Das Gespenst ist jenes kleine In-
sekt, Holzwespe, welches bisweilen in den
Spulen der Spinnräder sitzt. Es kommt bey
nächtlicher Stille hervor, und zernagt das ge-
sponnene Garn, um sich eine Hülle zum Ver-
puppen zu machen. Weil die Wenigsten wissen,
wie das zugeht, wenn sie die Fäden durch-
schroten finden, haben sie auf ein Gespenst
Verdacht, woher auch der Name kommt.
5) Die Höllenfurie. In Schweden soll
oft plötzlich aus der Luft auf Menschen und
Vieh ein fadenförmiger Wurm herabfallen, der
augenblicklich in den Körper eindringet und
Schmerzen zum Rasendwerden, ja gar den
Tod verursachet, wenn man ihn nicht bald
durch einen Schnitt herauszubringen sucht.
Dieser Wurm hat daher den Namen Höllen-
furie oder Mordwurm. Es ist aber noch sehr
zweifelhaft, ob es ein solches Insekt gibt, und
die Wirkungen können auch einem andern gift
tigen Insekte oder einer verpesteten Luft zu-
geschrieben werden.
6) Die Mitfresser oder Dürrmaden, die
bey Kindern in der Haut stecken sollen, sind
nur fabelhafte Thiere, und keine wirklichen
Würmer. Es finden sich nämlich bey unreinen
Kindern öfters in den Schweißlbchern auf dem
ganzen Leibe schwarze Punkte, und wenn man
diese mit den Fingern drückt, so fahrt ein ge-
kräuselter Faden hervor, woran oben ein schwar-
zer Punkt oder Kopf sitzt. Dabey kränkeln und
zehren die Kinder ab. Dieses ist aber nur eine
natürliche Folge des Schwitzes und der ver
z.VonderÄoru-
motte?
4. Vom Gespen-
ster
5- Von derHöl-
lenfnrie?
6. Vom Mit-
esser -
aa
100
Naturgeschichte»
7. Von Schne-
cken ?
Wie zieht man
Schnecken ans
künstliche Art?
8. Von Pflan-
zenthiercn?
stopften Schweißlöcher. Fleißiges Baden und
Abwaschen hilft.
?) Die Schnecke erhalt man am vorzüg-
lichsten durch künstliche Fütterung mit ange-
feuchteter Wekzenkleye. Man hat auch soge-
nannte Schneckenberge, die in Teichen angelegt
werden und Inseln bilden, um darauf Schne-
cken zu halten; auch legt man Schneckengarten
mit engen Verzäunungen und einem darüber
hinlaufenden Gitterwerke an.
8) Es gibt Thiere, besonders im Meere,
welche wie Pflanzen aussehen, und daher Pflan-
zenthiere heißen. Sie sind entweder mit ihrer
Schale an einem baumähnlichen Körper ange-
wachsen, und können sich nur Herausbiegen,
aber nicht entfernen; — oder sie sind ohne
Schale, jedoch auch größtenthcils angewachsen.
Erstere heißen Korallen, Letztere Polypen.
y) Unter den Würmern sind noch die so-
genannten I n fusi o n s t h i er ch e n merkwürdig.
Unter ihnen versteht man jene unzählige
Menge Thierchen, welche mit dem bloßen
Auge nicht gesehen werden können, ja selbst
kaum mit dem beßten Mikroskop, und welche
in allen flüssigen Substanzen leben.
Ihr Körperban ist sehr verschiedener Art;
einige haben sogar außer Magen und Darm-
band kein anderes Eingeweide/
Sie haben ihren Namen von dem latei-
nischen Worte »Infusio,« welches Aufguß heißt,
weil sie nämlich entstehen, wenn man Flüssig-
keiten auf Thier- oder Pflanzenkörper schüttet,
und eine Zeitlang stehen läßt; z. B. auf ge-
schnittenes Heu, Stroh, welke Blumen, Mehl
u. dgl.
Die Lebenskraft der Jnfusionsthierchen ist
von auffallender Verschiedenheit. Einige sterben
sogleich, wenn sie ans dem Wasser kommen;
andere können Jahre lang eingetrocknet liegen; thierchen?
y. Von dcn In-
fnsionsthierchen?
Woher der
Name Iufusi-
onsthrerchen?
b. Von welcher
Beschaffenheit ist
die Lebenskraft
der Infusions-
'101
Naturgeschichte.
vielen schadet weder die höchste Kälte, noch
auch die Hitze des siedenden Wassers.
Es sind bis jetzt an 200 solcher Infu-
siousthierchen bekannt; die wichtigsten davon
sind die Schildpolypen, die Afterpolypen,
die Haarpolypen, Beutelwürmer, Flaschen-
würmer und Aalwürmer.
§. 16.
U. GewächSrei ch.
Das Gewächsreich begreift alle Pflanzen
in sich, d. h. alle Gewächse vom größten Bau-
me bis zum kleinsten Schimmel.
An den Pflanzen zeigen sich merkwürdige
Eigenschaften, nämlich:
1) sie nehmen an den Vlumenkronen und
Blättern am Abende eine andere Gestalt an,
was man Schlaf nennt;
2) sie drehen sich nach dem Lichte, d. h.
ihre Zweige, Blätter und Blüthen;
3) sie athmen, denn man bemerkt an den
Blattern deutlich ein Einsaugen und Aushau-
chen.
Von den Gewächsen kennt man schon über
40,000 Arten.
Zur leichtern Uebersicht theilt man sie ein
in Bäume, Sträuche, Stauden, Kräuter,
Gräser, Lilien, Farrnkräuter, Moose, Flech-
ten und Pilze.
Die Pflanzen haben zwar kein Leben,
wie die Thiere; sie haben aber doch eine Art
der Empfindung für Warme, Kalte, Licht,
Dunkelheit, Trockenheit, Nässe, auch bey Ver-
letzungen und Schneiden; denn ihr besseres
oder minderes Gedeihen, und ihr Welken be-
weisen es.
Die Pflanzen haben auch eine Art Bewe-
gung, aber nicht so, daß sie sich von einem
Internationales
SchuibuciiiiistiliLt
;c. Wie viele Ar-
te» derselben sind
ssis jetzt bekannt?
69.
Was begreift
das Gewächs-
reich in sich?
90.
Welche merk-
würdigen Eigen-
schaften zeige»
sich an den
Pflanzen?
91.
Wie groß ist die
Anzahl der be-
kannt. Gewächse?
92.
Wie theilt man
dieGewächse ein?
93.
Haben die Pflan-
zen Leben?
94. <
Haben die Pflan-
zen Bewegung?
t '
102
Naturgeschichte.
Orte zum andern bewegen, sondern nur, daß
sie sich dem Lichte zuneigen, und ihre Blumen
öffnen oder schließen.
§. 17.
Bäum e.
Die Bäume werden eingetheilt: 95.
1) In Gartenbäume, die um des Obstes Wie theilt man
willen gezogen werden; die Bäume ein?
2) In Forst- oder Waldbäume, die zum
Brennen und Bauen benützt werden. ^ Y6.
Die Forstbäume werden wieder eingetheilt die Forst-
in Laub, und Nadelholz. bäume?^
Unter Laubholz versteht man jene Vau-^
me, welche im Frühjahre neue Knospen trei- unter Laub-
ben, und Blätter bekommen, die im Herbste hör??
abfallen. 1' 93.
Unter Nadelholz versteht man jene Wald- Was versteht
bäume, deren Blätter die Gestalt einer Nadellman unter Na-
haben, die immer grün bleiben, und deren delholz?
Frucht in einem holzartigen Zapfen besteht.
Zum Laubholze rechnet man die Eiche,
Buche, Birke, Erle, Linde, Esche, Ulme,
Pappel rc.
Zum Nadelholze die Fichte, Tanne, Fer-
che, Lerche, Ceder, den Wachholder-, den
Lebensbaum rc.
Nach Art und Beschaffenheit der Früchte,
theilt man die Bäume
1) in Kernobst, dessen Kern mit einer
feinen Rinde umgeben ist, z. V. Aepfel, Bir-
nen, Quitten rc.
2) in Steinobst, dessen Kern in einer
harten steinernen Schale liegt;
2) in Nüsse.
Nach ihrem Vaterlande theilt man sie inJb. nach ihrem
in - und ausländische. Unter den Letzter» sind Vaterlande?
merkwürdig: der Zitronenbaum, Pomeranzen-,
99.
Welche Bäume
rechnet man zum
Laub- und wel-
che zum Nadel-
holze?
100.
Wie theilt man
die Bäume
nach Art und
Beschaffenheit
ihrer Früchte
ein?
Naturgeschichte.
Kaffeebaum, Lorber-, Feigen-, Oehl-, Palm-,
Gewürz-, China-Baum und andere.
Au manchen Holzgewächsen läßt sich daS Al-
ter erkennen. Die Winterkälte verdickt ihre Säfte,
und der Umlauf steht stille. Dadurch geschieht,
daß sich ein Theil der innern Rinde jährlich
ablöset, aber wieder mit dem übrigen Holze
zusammenwächst. Die jährlich neue Holzlage
ist deutlich kennbar, und so kann man bey ge-
fälltem Baume in Kreisen die Holzlagen sehen
und zählen, und das Alter bestimmen.
§. 13.
Sträuche und Stauden.
Diejenigen Gewächse, welche mehrere
Stämme aus einer Wurzel treiben, nennt
man Sträuche; — wenn aber die Stämme
klein und dünne sind, wie Ruthen, heißen sie
Stauden.
Die Gesträuche theilt man 1) nach ihren
Früchten, 2) nach ihrem Holze oder ihrer Sel-
tenheit, 5) nach ihren Blättern und Blüthen,
und 4) nach ihrer Heimath ein.
Zu den fruchttragenden Sträuchen rech-
net man z. B. den Weinstock, die Johaunis-
becrstaude, Hagenbutte re.
Zu jenen, die sich durch ihr Holz, ihre
Seltenheit oder Schönheit auszeichnen: den
Buchs, das Süßholz, den Kirschbaum rc.
Zu jenen, die sich durch Blüthen und
Blätter hervorthun: die Rosenstaude, den Ros-
marinstrauch, die Jerichorose, den Epheu oder
das Immergrün, den Jasmin rc.
Zu den ausländischen: den Theestrauch,
Pfefferstrauch, die Baumwollenstaude, den Bal-
famstrauch rc.
Die Baumwolle gedeiht nur in warmen
Landern, theils an Bäumen, theils an Strau»
103
101.
W ie samt man
an bat Holzge-
wächftll das Al-
ter erkennen?
102.
Was nennt mau
Sträuche und
Standen?
105.
Wie theilt man
die Gesträuche
ein?
104.
WelcheGewächse
kommen in den
Einrheilnnas-
Arten derSträu-
ehe vor?
105.
'Was ist von der
Baumwolle zu
erwähnen?
104
Naturgeschichte.
chen. Sie hat glockenförmige Blumen und rund-
liche Samenkapsel von der Größe einer Hasel-
nuß. Diese springen zur Zeit der Reife mit
einem Knalle auf, die Sameuwolle dringt her-
vor, und dehnt sich ungemein aus. Die
Pflanze wird mit vieler Sorgfalt gepflegt, wie
bey uns Flachs und Hanf.
H. 19.
Kräuter.
Unter Krautern versieht man solche Ge-
wächse, welche mehr einen grasartigen, als
holzigen Stamm haben, und meisientheils auch
uur ein Jahr dauern.
Die Krauter dienen verschiedenartig, theils
zum Vergnügen durch ihre Schönheit und durch
ihren Geruch, theils zur Speise, theils zu
Arzneyen, theils zu Gewürzen, theils zum
Färben.
20.
Gräser und Schwämme.
Unter die Gräser rechnet man die Getreid-
arten, die Futtergewächse, die Futter- und
Wiesengräser, Flachs, Hans und andere.
Unter den übrigen Pflanzen sind noch be-
sonders die Schwämme zu betrachten.
Sie dienen vielen Thieren zur Wohnung
und Nahrung, auch den Menschen zur Speise.
Aber viele sind auch schädlich und tödtlich.
Ihre Schädlichkeit erkennt man an den
schwarzblauen, grünen oder bunten Farben,
am faulen Gerüche und hohlen Stiele, wel-
cher zähe isi, und im Kochen hart wird.
§. 21.
Giftige Kräuter.
Zu den Kräutern werden auch die Gift-
io().
Was nennt man
Kräuter?
107.
Wozu dienen die
Kräuter?
108.
Welche Ge-
wächse rechnet
man unter die
Gräser?
109.
Wozu dienen die
Schwämme?
110.
Woran erkennt
man die Schäd-
lichkeit der
Schwämme?
111.
Wie heißen die
Gift-Pflanzen,
Naturgeschichte.
105
gewachse, die sogenannten Giftpflanzen, ge-
zählt. Solche sind:
1. Die Zeitlose, oder Herbstzeitlose.—
Sie hat eine knollichte, von außen rothe, in-
wendig weiße Wurzel, treibt im Herbste hohle
Stengel mit schön-rothen geruchlosen Blumen,
erhält nach der Blüthe eine dreyeckige herzför-
mige Samenkapsel mit gelbem Samen , und
bar nur im Frühjahre große lanzetförmige
Blätter. Sie wächst auf nassen Wiesen, als
die letzte Wiesenblume, und hat als solche
keine Blatter mehr.
2. Der rothe Fingerhut. Er- hat lan-
zenförmige Blätter, und glockenförmige, dem
Fingerhure ähnliche Blüthen; der mit purpur-
rother Blüthe ist am giftigsten.
5. Der Gifthahnenfuß. Seine Blu-
menblätter sind inwendig so glänzend, als
wenn sie lackirt wären, meistens gelb und
weiß. Ein besonders Kennzeichen ist das ge-
riefte Grübchen vorne unter dem schmalen
Theile eines jeden Blumenblattes. Die Frucht
ist ein cylindrischer Knopf, der über ioo Sa-
menkörner hat. Er wächst an Wassergräben.
4. Die Wolfsmilch. Sie enthält schar-
fen atzenden Milchsaft, und die braungelbe
Blumenkrone hat zwey Hörner. Ihre Stengel
werden ungefähr einen Fuß hoch, und die
schmalen spitzigen Blatter stehen wechselweise
an denselben.
5. Das Bilsenkraut. Es hat blaßgelbe,
mit zarten purpurrothen Adern, wie mit einem
Netz, durchzogene Blumen, und ein Samen
behältniß, welches den Haselnüssen ähnlich ist,
auch einem Topfe gleichet, der einen genau
passenden Deckel hat. Der oft zwey Fuß hohe
Stamm ist wollig und die Pflanze klebrig an-
zufüllen, wobey sie einen widrigen Geruch von
und wie sehen
sie aus?
i. Die Zeitlose?
2. Der rothe
Fingerhut?
3. Der Gisthah-
nensuß?
4. Die Wolfs-
milch?
5. Das Bilsen-
kraut?
loö
/
Naturgeschichte.
sich gibt. Es wächst vorzüglich an Rändern
von Wegen, Dunghaufen , Schutthaufen rc.
6. Der Stechapfel. Er hat eine lange
trichterförmige weiße Blume, und eine Samen-
kapsel, welche stachlicht und der wilden Ka-
stanie ähnlich ist. Die Blätter sind dunkelgrün,
eyrund, und am Rande halbmondförmig aus-
gezackt.
?. Der Nachtschatte n. Er ranket sich
überall an, die Blatter sind eyförmig und
dunkelgrün, die untern herzförmig; vom Juli
bis August hat er radförmige Blümchen, auch
violette Blumeutrauben, und im September
cyrunde rothe Beeren. Seine Blüthe gleicht
der Kartoffelblüthe.
6. Die Tollkkrsche, Wolfskirsche oder
Velladona. Sie ist ein Kraut mir glockenförmi-
gen, bläulich schmutzig-rorhen Blumen und mit
einer der Herzkirsche ähnlichen schwarzglanzen-
den Beere. Sie wächst 4 — 6 Schuh hoch
in schattigen Waldgegenden, besonders auf
Schlägen.
9. Der kleine Schierling. Ersieht der
Petersilie sehr ähnlich, und wächst besonders an
feuchten und schattigen Orten. Von der Pe-
tersilie, unter welcher er öfters wächst, wird er
aber dadurch unterschieden, daß er einen sehr
widrigen Geruch und eine glanzende Unter-
seite der Blätter hat. Der Giftschierling,
auch Wasserschierling genannt, der Sellerie
ähnlich, hat gelblichten Saft, und lanzetför-
mige scharfzahnige Blätter.
io. Die W a sse r-P astinake. Sie hat haa-
rige Blätter, bald spindelförmige, bald kurze run-
de Wurzel mit einem dünnen Schwänzchen. In
Mitte der Wurzel ist ein hartes Korn. Sobald
die Wurzel im Frühjahre in Samen übergeht,
wird sie zähe und unschmackhaft, und ihr Ge-
nuß erregt gefährliche Anfälle und Raserey.
6. Der Stech-
apfel?
7. Der iNacht-
schatten?
8. Die Tollkir-
sche?
9. Der kleine
Schierling?
io. Die Wasser-
Pastinake?
Naturgeschichte.
11. Der Eisen Hut, oder das Eisenhüt-
chen. Er hat eine schone blaue, dem Rittersporn
ähnliche Blume, welche man oft in Gärten
findet.
12. Der S tu rmh u t (Eisenhütlekn, Wolfs-
wurz). Er hat schone, dunkelblaue Blüthenbüschel,
und jede Blume sicht einem Helme oder Sturm-
hute ähnlich, ist bald gelb, bald violet blau.
Die Wurzel gleichet einer Steckrübe. Wenn die
Blume verblüht ist, zeigen sich drey Samen-
schoten, in welchen eckige Korner liegen.
13. Der K e l l e r h a l s. Er ist eine strauchar-
tige Pflanze mit Beeren, welche zuerst dunkel-
grün, dann roth werden, und von der Größe
einer Erbse am Stengel sitzen.
§. 22.
Giftige Schwamme.
Giftige Schwamme sind:
1. Der Fliegenschwamm. Er wachst auf
trocknen sandigen Wiesen, auch in Nadelwäl-
dern 4 bis 6 Zoll hoch mit einem 12 Zoll brei-
ten Hut von hochrother Farbe, und mit wei-
ßen Warzen in kreisförmigen Reihen besetzt;
der Rand spielt öfters in's Gelbe, und der
knollige und schuppige Stiel hat eine weiße
Farbe.
2. Der Pfefferschwamm. Er ist weiß,
wird nach und nach gelblich und zuletzt braun.
Sein Hut ist anfangs flach, vertieft sich aber
allmahlig zu einem Trichter.
3. Der Kröten sch w a m m. Er wächst auf
Dungstätten, hat einen hohlen Stiel, einen
glockenförmigen zerrissenen Hut und zarte
schwarze Blättchen.
4. Der Birkenreizker.Er wächst an Bir-
kenwurzeln und verräth sich durch seinen am Rande
107
ii. Der Eisen-
hut?
12. Der Sturm-
hut?
15. Der Keller-
hals?
112.
Welche sind gif-
tige Schwämme
und wie sehen
sie aus?
1. Der Fliegen-
schwamm ?
2. Der Pfeffer-
schwamm ?
Z. Der Kröten-
schwamm ?
4. Der Dirken-
reizt er?
108 Naturgeschichte.
gestrichelten Sput, seine blasse Farbe und seinen
beißenden Geruch.
5. DerGifttänbling. Die eßbaren und
schädlichen Täublinge sind sich so ähnlich, daß
man eher alle Täubling-Arten ans den eßba-
ren Schwämmen ausstreichen soll.
6. DerGiftbräkling. Der Brätling ist,
mit Ausnahme einiger schädlichen Abarten,
eßbar, hat süßen Milchsaft und angenehmen
Geruch und Geschmack. Die besten sind der
rothbraune, gold - uno silberfarbige. Nur durch
Geruch und Geschmack kann man die giftigen
Abarten unterscheiden.
5> Der Gift-
tänbling?
6. Der Gift-
brätling?
§. 25.
111. Miiieralrei ch.
Das Mineralreich theilt man in 4 Klas-
sen. l. In Erde und Steine, 2. Salze, 5. brenn-
bare Mineralien, 4. Metalle.
115.
Wie theilt man
dñvMineralreich
ein?
§. 24.
Von Erden und Steinen.
Die Haupt-Erdarten sind:
1. Die Thonerde, 2. die Kalkerde, 5. die
Kieselerde, 4. die Dammerde._
1. Zur Thonerde gehören insbesondere: der
gemeine Thon, aus welchem die Töpfergeschirre
gemacht werden;—der Lehm, der zum Bauen
und zu den Ziegeln dient; — der Pfeifenthon,
der Probierstein, der Porzellanthon: — der
Schiefer und Wetzstein'; der Trippel und Ro-
thel.
2. Jur Kalkerd e: die kalkartigen Steine;
— der gemeine Kalkstein, Marmor, Kreide,
Gips, Alabaster, Tufstein, Mergel.
5. Zur Kieselerde: der Sandstein,Feuer-
stein, Krystall, Quarz, Lasurstein, Bimsstein,
114.
Welche sind die
Haupt-Erdar-
ten?
115.
Welche beson-
dere Erden oder
Steine gehören
zu jeder Erdart?
109
Naturgeschichte.
Jaspis, Porphyr, Serpentinstein und die Edel-
steine.
4. Die Da mm erde ist jene obere schwarze
oder fruchtbare Erde, welche aus verfaulten
Pflanzen und Thieren und Holz u. dgl. ent-
steht. Wenn die Pflanzentheile nur halb zer-
stört sind, so heißt die Erde Torf.
Unter den Erden und Steinen findet der
Marmor seinen Platz. Er ist ein feiner und
fester Kalkstein von verschiedener Farbe, und
nimmt eine schöne Politur an.
Man braucht den Marmor zu Aierathen,
Statuen, Tischen und verschiedenen Gerarh-
sch asten.
Der Pr ob ir stein ist ein Thonschiefer, an
welchem man das Gold und Silber durch Rei-
ben probirt.
Die Edelsteine sind sehr harte, glän-
zende durchsichtige Steine von verschiedenen Far-
ben, und haben wegen ihrer Seltenheit und
Schönheit einen sehr hohen Werth.
Die vorzüglichsten Edelsteine sind:
Der Diamant, welcher nach seinen ver-
schiedenen Formen bald Tafelstein, baio Rosette,
bald Brillant heißt; — der Rubin, Saphir,
Smaragd, Topas, Achat, Granat, Opal, Chry-
solith, Hyacinth, Beryll, Carneo! rc.
Eine Talksteinart ist besonders merkwürdig,
nämlich der Aspest. — Er ist von verschiede-
ner Farbe, und läßt sich in lauter Fäden thei-
len. Aus diesen Fäden kann man unverbrenn-
liche Leinwand, und unverbrennliches Papier
machen, welche, wenn sie schmutzig sind, durch
Ausbrennen wieder gereiniget werden.
Der Amian th ist auch eine Steinart aus
Fäden, wie Aspest; auch aus ihm kann man
unverbrennliches Papier und Leinwand berei-
ten, die so dauerhaft ist, daß man in einem
ri6.
Was ist der
Marmor?
117.
Wozu braucht
man den Mar-
mor?
113.
Was ist der
Probirstcin?
iiy.
Was sind Edel-
steine?
120.
Wie heißen die
vorzüglichsten
Edelsteine?
121.
Was ist der As-
pest?
122.
Was ist der
Amianth?
110
Naturgeschichte.
Beutel von solcher Leinwand Gold schmelzen
kann, ohue daß der Beutel versehet wird.
§. 25.
Von den Salzen.
Salze sind jene Stoffe, welche einen
scharfen eigenthümlichen Geschmack haben, im
Wasser sich auslosen, aber nicht im Oehle, und
welche im Feuer nicht brennen.
Unter den Salzen ist uns wichtig das
Küchen salz (Kochsalz), weil die Speisen da-
mit gesalzen und schmackhaft gemacht werden,
und weil es das Fleisch vor Faulniß bewahret.
Es ist dreyerley: Quellsalz, Steinsalz und
Meersalz.
Das Q u e l l fa l z wird aus dem Wasser der
Salzquellen, welches man Sole nennt, gesot-
ten, wo nämlich durch die Hitze das Wasser
verdampft, und das Salz in weißem Krystalle
anschießt.
Das Steinsalz wird entweder in Brocken
oder in großen Steinen aus der Erde gegraben,
die man in kleine Stückchen zerschlagt und
ans besondern Mühlen mahlet. Man löst es
auch in Wasser auf, und siedet es ein, oder
man füllt die Graben in den Salzbergwerken
mit Wasser, laßt dieses sich sättigen und siedet
es alsdann ein.
Das Meersalz wird aus dem Meerwasser
genommen, welches man in Gruben durch die
Sonne abdampfen, oder im Winter gefrieren
laßt, wo das Salz sich auf den Boden setzt *).
Was
Ze?
1 23.
sind Sal-
124.
Wie vielerley iß
das Kochsalz und
wie erhält man
Quellsalz?
125.
Wie erhält man
das Steinsalz?
126.
Wie erhält man
das Meersalz?
*) Noch sind unter die Salze zu rechnen: Glauber-
und Bittersalz, Salpeter, Alaun, Vitriol, Sal-
miak re.
111
Naturgeschichte.
§. 26.
Von den brennbaren Mineralien.
Brennbare Mineralien nennt man jene
brennbaren Stoffe, die sich im Feuer entzün-
den, und wie Oehl brennen, sich aber nicht im
Waffer, sondern im Oehle auflösen lassen.
Zu den brennbaren Mineralien zahlt man
Schwefel, Bernstein, Asphalt, Judenpech,
Naphtha - oder Bcrgbalsam, Steinkohlen, Torf,
Bergdhl, Reißbley, Ambra.
§. 27.
Von den Metallen.
Unter den Metallen sind die vorzüglichsten
die sogenannten edlen Metalle, welche im
Feuer keine andere Veränderung erleiden, als
daß sie schmelzen, und dahin zahlt man Gold,
Silber und Platina.
Die edlen Metalle zeichnen sich durch ihre
Schwere und durch ihren eigenthümlichen Glanz
aus; dann, daß sie sich im Feuer schmelzen,
und unter dem Hammer zu Blättchen schla-
gen lassen und nicht rosten.
Die übrigen sogenannten unedlen Me-
talle, als Kupfer, Zinn, Bley, Eisen und O.ueck-
silber,verlieren aber imSchmelzfeuer ihren Glanz.
Unter den Metallen zeichnet sich durch vor-
zügliche Schädlichkeit der Arsenik aus, denn
er ist eines der heftigsten Gifte, wovon eine
unbedeutende Portion todter.
Die Metalle äußern sich in unserm Kör-
per als schreckliche Gifte, und außer dem Ei-
sen sind fast alle mehr oder weniger schädlich.
Das Gold übertrifft an Schönheit, Dau-
erhaftigkeit und Dehnbarkeit alle Metalle. Wenn
es rein ist, enthalt die Mark 24 Karat; —
sind nur 16 Theile Gold und ñ Theile Ku-
127.
Was sind brenn-
bare Minera-
lien?
123.
Was rechn etm an
zu den brennba-
ren Mineralien?
129.
Welche sind die
vorzüglichsten
Metalle?
150.
Wie zeichnen sich
die Metalle ans?
151.
Was ist vom
Arsenik zu be-
merken?
Welche Wirkung
äußern die Me-
talle in uns?
155.
Was ist vom
^Golde zu erwäh-
nen?
112 Naturgeschichte.
pfer, so sagt man: das Gold ist 16 karatig,
u. s. w. Die goldenen Münzen gelten größten-
theils fast izmal mehr als silberne von glei-
cher Schwere. Die Platina, oder weißes
Gold, ist das schwerste unter den Metallen;
es wurde erst 1756 in Amerika entdeckt.
Das Silber hat schönern Klang als das
Gold, wird aber nur mit Zusatz, besonders von
Kupfer, verarbeitet. Wenn die Mark, d. i. 16
Loth, aus 15 Loth Silber und 1 Loth Kupfer
besteht, heißt es i5löthig u. s. w.
Quecksilber ist das einzige flüßige Me-
tall, wird aber durch hohe Kalte fest, und laßt
sich hämmern. Es quillt in Tropfen zwischen
Steinmassen hervor.
§. 23.
Versteinerungen.
Am Schlüße der Naturgeschichte ist noch
einer Merkwürdigkeit zu erwähnen, nämlich
der sogenannten Petrefakcen, d. h. Versteine-
rungen, welche sich in dem Thier- und Pflan-
zenreiche vorfinden; und der sogenannten Den-
driten, Abdrücke von Bäumen und Figuren
auf Steinen.
Die Versteinerungen sind jene abgestorbe-
nen organischen Körper, in deren Zwischen-
räume Erdtheile gedrungen, und welche durch die
Länge der Zeit verhärtet und steinartig gewor-
den sind, die also nicht verweseten, oder zerfie-
len, weil sie eine ganz ungestörte Lage hatten.
Wenn Körper bloß in Steine eingeschlossen
und so vor Fäulnkß bewahrt waren, übrigens
ihre ganze Gestalt und Figur dem Steine auf-
drückten, heißt man solche Abdrücke Dendriten.
Die meisten Versteinerungen sind in Kalk-
gebirgen, und zwar oft sehr tief, und oft Kör-
per aus einer ganz andern Gegend, z. B. auf,
154.
Was ist vom
Silber zu er-
wähnen ?
155.
Was ist vom
Quecksilber zu
erwähnen?
156.
Welche Merk-
würdigkeit ist
am Schlüsse der
Naturgeschichte
zu erwähnen?
157.
Was sind Ver-
steinerungen?
153.
Was Dendriten?
159.
Wo sind die
meisten Verstei-
nerungen ?
113
Mensch.
hohen Bergen versteinerte Fische, woraus man
mit Grund schließt, daß schon große Verän-
derungen auf und mit der Erde vorgegangen
seyn müssen.
Versteinerte Menschenknochen fand man
aber noch nicht, welcher Umstand Einige zu
der Behauptung, jedoch ohne Grund, führte,
daß zur Erdumwälzungszeit noch keine Men-
schen da waren.
§. 29.
Verbindung der Naturreiche.
In den Erzeugnissen und Geschöpfen der
Natur zeigt sich ein stufenweiser Uebergang,
welcher die drey Naturreiche in die innigste
Verbindung bringt. Es zeigt sich nicht blos
eine Art von Bewegung und Leben im Pflan-
zenreiche, sondern "sogar wirkliches Leben in
den Corallen, deren Wachsen ein Ansetzen klei-
ner lebendiger Thierchen ist. Durch sie besteht
der nächste innigste Uebergang zwischen dem
Pflanzen- und Thierreiche.
Mens ch.
§. 1.
Von dem Menschen überhaupt.
Unter den Wesen der Erde gebührt der
erste Rang dem Menschen, denn er erhebt sich
sowohl durch seinem Körper, als auch vorzüg-
lich durch seine Geistesgaben über alle übrigen
Thiere. Hätte er nicht so wesentliche körperli-
che Aehnlichkeit mit den Thieren, und wäre
er nicht doch ein Geschöpf der thierischen Na-
tur, man müßte ihn aus den Reichen der
140.
Gibt es auch
versteinerte
Menschcnkno-
cheu?
141.
Wie berühren
steh das Thier-
und Pflanzen-
reich?
1.
Welchem Wesen
gebührt der erste
Rang, und war-
um?
S
114
Mensch.
Natur «trostreichen, da er seinem Geiste nach
über sie erhaben und Herr der Welt ist, der
jedem Wesen seinen Nainen gibt, und sie alle
irr Reiche und Klassen ordnet und nützet.
Sein Körper ist von dem Körper der übri-
gen Thiere wesentlich verschieden. Der Mensch
hat aufrechte Stellung, hervorragendes Kinn,
natürliche Blöße, spare Reife und Mannbar-
keit, künstliche Hände, zu jeder Bewegung
geschickt, Schönheit, und das Organ der
Sprache, durch Laut und Geberde. Sein Blick
ist himmelwärts, zur Heimath, gerichtet, wah-
rend sich die Häupter der Thiere zur Erde
neigen. Er lebt in jeder Zone; das Thier
stirbt, wenn es in einen andern HimmelSstrich
kommt.
Der Mensch ist naher zu betrachten in
doppelter Hinsicht:
3) in Hinsicht auf seinen Körper, und
2) in Hinsicht auf seine Seele.
§. 2.
Körper des Menschen.
Der wundervoll künstliche Ban kann nicht
aufmerksam genug betrachtet werden, denn er
lehrt uns die Macht und Weisheit des Schö-
pfers abermals verehren.
Der Körper des Menschen wird durch die
Knochen gehalten und unterstützt, es befinden
sich 260 in einem erwachsenen Menschen und
sie sind inwendig hohl.
Am Ende der Knochen befinden sich wei-
che Theile, welche Knorpel heißen, und Bän-
der haben, welche die Knochen mit einander
verbinden, und durch feuchtende Drüsen ge-
schmeidig erhalten werden.
In' den hohlen Knochen befindet sich eine
fette Materie, und diese nennt man Mark. |
2.
Wodurch ist der
menschliche Kör-
per von dem Kör-
per der Thiere
verschieden?
5.
In wie vielfacher
Hinsicht ist der
Mensch beson-
ders zu betrach-
ten ?
4.
Wodurch wird
der Körper des
M. nttterstünt?
5.
Was befindet sich
am Ende der
Knochen, und
wozu?
6.
Was beißt
Mark?
115
Mensch.
Im Fleische befinden sich die Muskeln,
über 4oo an der Zahl. Sie find wie Faden,
und haben ungemeine Reitzbarkeit.
Sie dienen, die Glieder des Körpers nach
unserm Willen bewegen zu können; auch un-
willkührlich bewegen sich einige, insbesondere
die Herzmuskeln, welche der Schöpfer sogar
mit solcher Kraft versehen hat, daß sie bey
steter Bewegung nicht erschlaffen.
Den ganzen Körper bedeckt die Haut,
welche durch ihre Schweißlöcher die Ausdün-
stung, und durch kleine Wärzchen die Fühl-
barkeit möglich macht.
Den menschlichen Körper theilt man ge-
wöhnlich in Kopf, Rumpf und Gliedmassen.
§. 3.
7.
Was ist im
Fleische?
8.
Wozu dienen die
Muskeln?
y.
Womit ist der
ganze Körper
überzogen?
10.
Wie theilt man
den menschlichen
Körper gewöhn-
lich ein?
Kopf des Menschen.
Der äußere Theil des Kopfes besteht aus
der Hirnschale, dem Gesichte und den Ohren.
Das Auge ist beynahe das größte Kunst-
werk unsers Körpers.
Das Auge ohne dem Weißen heißt Aug-
apfel, hat die Gestalt einer Kugel, in der
Mitte den Augenstern oder die Pupille, und
ist mit fünf Hauten umgeben. Ein fester lin-
senförmiger Körper, Krystallinse genannt, liegt
gerade hinter dem Augenstern; dieser fangt die
Lichtstrahlen auf, und bildet uns die Gegen-
stände ab. — Der allweise Schöpfer hat für
die Erhaltung des Auges auch ungemein ge-
sorgt.
Die Augenbraunen müssen das Auge be-
schützen, und den scharfen Schweiß der Stirne,
so wie andere Unreinigkeiten, davon abhalten.
Die Augenlieder müssen durch ihre Bewe-
gung die Augen vor einfallenden Staub be-
wahren, und bey mindester Gefahr einer Ver-
ii«
Woraus besteht
der äußere Theil
des Kopfes?
12.
Was ist an dem
Auqe zu bemer-
kend
13.
Wozu dienen die
Augenbraunen?
14.
Wozu die Au-
genlieder?
8 *
>
116 Mensch.
lctzmig schnell verschließen. Sie fliegen mit
der Schnelligkeit zu, mit der ein Gedanke ge-
dacht wird. — Damit sie durch ihre Bewegung
und Reibung nicht schaden, sind sie mit rei-
chem Fette versehen.
Im Munde befinden sich 32 Zähne; die
Zunge mit den Geschmack-Wärzchen, deren
schleimige Feuchtigkeit die Speisen auflöset, und
die jene Empfindung hervorbringen, welche man
Geschmack nennt; — hinter ihr die Speichel-
drüsen, der Gaumen/ der Zapfen, die Mandeln.
Die Zunge dient auch zum Sprechen.
Das äußere Ohr ist der äußerlich sicht-
bare Theil.
Das innere Ohr besteht:
3. aus einem feinen Häutchen, dem Trom-
melfelle;
b. aus der Trommelhöhle;
c. aus den Gehörknochen, Kanälen und
Gängen;
d. aus den Gehörnerven. Diese sind bey ihrer
Feinheit leicht verletzbar, und haben einen Schutz
mehr nöthig. Deßwegen ist der Zugang so
klein, und zugleich mit einer bittern klebrigen
Materie versehen, welche die Insekten und
Würmer durch ihren unangenehmen Geschmack
und ihre Klebrigkeit davon ausschließt.
Die Nase ist weislich in der Nahe der
Zunge angebracht, weil sie den Geschmack un-
terstützen, und die Genießbarkeit der Speisen
durch den Geruch prüfen muß.
Wenn die Nerven in der Nase durch
Staub oder scharfen Tabak gereitzt werden,
entsteht die krampfhafte Bewegung, Niesen ge-
nannt.
Der innere Theil des Kopfes besteht aus
dem Gehirne und aus Nerven.
Das Gehirn ist eine feine, welche, mar-
kige Materie mit dreyfacher Haut umgeben,
15.
Was ist vom
Munde zu be-
merken r
16.
Was ist an dem
Ohre zu bemer-
ken?
17.
Warum ist die
Nase in der Nä-
he der Zunge an-
gebracht?
13.
Wie entsteht das
Niesen?
19.
Woraus besteht
der innere Theil
des Kopfes?
20.
Was ist das Ge-
hirn?
117
Mensch.
befindet sich in der Hirnschale, und ist die
Hauvtquelle aller Bewegungen und Empfin-
dungen, daher es auch bey dem Menschen am
größten ist *).
Eine Verlängerung des Gehirnes durch
die Rückenwirbel hindurch bildet das Rücken-
mark.
Die Nerven sind doppelte Fasern, welche
in 12 Paaren aus dem Gehirne kommen, und
die fünf Sinne möglich machen, auch Gehirn-
nerven heißen; und in 50 Paaren aus dem
Rückgrade, welche deßwegen auch Rückgrads-
nerven heißen.
Durch die Nerven, welche im ganzen Kör-
per verbreitet sind, entsteht das Gefühl, das
aber nicht in allen Theilen des Körpers gleich
stark ist.
An den Fingerspitzen ist das feinste Ge-
fühl, da sie mit der feinsten Haut und vielen
Nerven versehen sind. Man unterscheidet das
Glatte und Rauhe, Harte und Weiche, nnd
da jede Farbe sich anders anfühlet, so kann
man durch Anfühlen die Farben bestimmen,
und zwar ist dieses Gefühl bei Blinden am
feinsten, und man hat viele Beyspiele, daß
Blinde die Farben erkannten, und falsche Mün-
zen von echten unterschieden **).
21.
Was ist das Rü-
ckenmark?
22.
Was sind Ner-
ven?
25.
Wie entsteht das
Gefühl?
24.
Kann man durch
das Gefühl auch
Farben erken-
nen?
*) Die geringste Verletzung des Gehirnes kann au-
genblicklichen Tod nach sich ziehen. Wir müssen
daher auch hier die Weisheit des Schöpfers be-
wundern, welcher diese zarten Theile in eine
feste hart durchdri'ngliche Schale gelegt hat.
**) Alle Sinne des Menschen sind Beweise der WeiS-
T)et£ des Schöpfers, und fordern den Menschen zur
Anbetung auf. Im Auge hat der Schöpfer eine solche
himmlische Flamme angezündet, daß ihr aller Glanz
der Edelsteine nicht gleich kommt. Es erblickt die
Schönheiten der Welt. Was dem Auge entgeht,
118
Mensch
§* 4.
Rumpf des Menschen.
Der Rumpf besteht aus dem Ober- und
Unterleibe.
Jum Oberleibe gehören: 3. der Hals mit
der Kehle und dem Nacken; d. die Schultern;
c. die Brust; d. der Rücken mit dem Rück-
grad von 24 Wirbeln, an welchen die Rippen
mit dem Brustbeine verbunden sind.
In der Brusthöhle befinden sich die wich-
tigsten und edelsten Eingeweide; links das
Herz, und auf seinen beyden Seiten die
Lungen.
erfaßt das Ohr; uns entzückt Unterredung und Um-
gang und Musik. In Finsternissen lind bey ver-
schlossenen Thüren hört das Ohr, was das Auge
nicht sieht; es dient uns zur nothwendigen Un-
terweisung in Glaubens- und Sitten-Sachen,
Künsten und Wissenschaften. Selbst im Schlafe
wacht das Ohr. Sollte diese werthen Sinne ein
Unglück befallen, so hat uns der Schöpfer mit
weiser Güte sie doppelt gegeben. Der Geruch
warnet vor Schädlichkeit der Ausdünstungell, führt
uns balsamische Düfte zu, und gibt der Seele
neue Munterkeit, Stärkung und Vergnügen. Be-
wundernngswürdig ist das Sprachwerkzeng, die
Zunge. Die Sprache heilet den Irrthum, nimmt
Zweifel, die das Herz umklammern, öffnet die
Geheimnisse der Herzen, schafft Kenntniß und
Weisheit; sie prediget das Evangelium und prei-
set Gott in lautem Gebete und Jubel. Auf den
Lippen und Wangen verbreiten die Adern das
liebliche Roth; reißt man die Haut, so schwindet
die Schönheit und der offene fleischige Theil erregt
Grauen und Abscheu. Die innern Theile des Kör-
pers kann man nur mit einem geheimen Schauer,
ansehen. Der aufmerksame Beobachter wird stets
mehr des Schöpfers höhere Weisheit, Macht und
Liebe schauen.
25.
Woraus besteht
der Rumpf?
26.
Was gehört zum
Oberleibe?
27.
Was ist in der
Brusthöhle?
Mensch.
Das Herz ist ein hohler kegelförmiger
Muskel, von dem Herzbeutel umgeben, mit
zwey Kammern, und oberhalb mit zwey Vor-
kammern, welche man Herzohren nennt.
An ihm sind die Hauptstamme die Adern.
Die merkwürdigsten Adern sind:
1. Die Puls - oder Schlagadern, auch Ar-
terien genannt, welche das Blut ans dem Her-
zen in alle Theile des Körpers treiben;
2. Die Blutadern oder Venen, welche
das Blut wieder in das Herz zurückführen.
Der Kreislauf des Blutes wird durch die
Erweiterung und Znsammenziehung des Her-
zens (genannt Herzklopfen) veranlaßt, wodurch
in einer Minute 70 Pulsschlage geschehen. —
Der wunderbare Schlag des Herzens steht im
Menschen nie stille, so lange er lebt, und er-
müdet in Jahren nicht, obgleich alle übrigen
Glieder ermüden. Dieser Schlag gibt dem gan-
zen Körper Blut und Nahrung, und dem Blute
Warme. Bey einem gesunden Menschen wie-
derholt er sich in einer Minute auch gegen 80
mal, also in einer Stunde 48oo mal.
Jrn Körper des ausgewachsenen gesunden
Menschen befinden sich 50 bis 60 Pfund Blut,
welches in einer Viertelstunde durchs Herz
geht, und einen Weg von 150 Fuß macht.
Die Lungen bestehen aus zwey schwammi-
gen kegelförmigen Lappen oder Flügeln, wo-
von der rechte größer ist, als der linke) und
welche mit lauter Blaschen und Blutgefässen
versehen, und durch das dazwischenliegende
Herz von einander getrennt sind.
Mit den Lungen ist die Luftröhre verbun-
den, welche in zwey Aesten einer jeden Lunge
die Luft zuführt.
Oben an der Luftröhre befindet sich ein
Deckel, welcher beym Essen von den Speisen
119
23.
Was ist das
Herz?
29.
Welche sind die
merkwürdigsten
Adern?
20.
Wie geschieht der
Kreislauf des
Blutes?
21.
Wie viel Blut
befindet sich in:
Menschen?
22.
Woraus beste-
hen die Lungen?
22.
Was ist mit der
Lunge verbun-
den?
24.
Was ist der
Kehldeckel?
120
Mensch.
zugeflossen wird, damit nichts ln die Luftröhre
komme; er heißt der Kehldeckel.
Den obersten Theil der Luftröhre heißt
man Kehlkopf.
Am Kehlkopfe befindet fich eine Oeffnung,
welche die Figur eines Dreyeckes hat, und
Stimmritze genannt wird. Vermittelst des Kehl-
kopfes und dieser Stimmritze wird das Spre-
chen befördert.
Das sogenannte Zwergfell trennt den
Oberleib von dem Unterleibe.
Die Eingeweide des Unterleibes sind: Le-
ber, Galle, Magen, Gedärme, Milz, Nieren
und Gekröse.
Die Leber liegt rechts unter dem Zwerg-
felle neben dem Magen, zieht sich mitten un-
ter demselben hin, und liegt unten auf der
rechten Niere.
Sie dient zur Erwarmung des Magens,
und zur Absonderung der Galle vom Blute.
Die Galle ist ein häutiges birnähnliches
Behältniß an der Leber, und ist unten mit ei-
nem engen Halse versehen, aus welchem im
Zorne zum großen Schaden des Menschen der
Gattensaft in den Magen kommen kann.
Der Magen ist ein länglicht runder Beu-
tel, der links neben der Leber liegt, und eine
obere und eine untere Oeffnung hat, — jene
heißt der Magenmund, — diese der Pförtner.
Im Magen befindet sich der sogenannte
Magenschleim oder Magensaft, und die Mus-
kelhaut des Magens reibet sich beständig. Da-
durch geschieht, daß die Speisen im Magen
erweicht und verdauet werden.
Im leeren Magen erregt der scharfe Ma-
gensaft, und das beständige Reiben der Mus-
kelhaut mit der wnrmfdrmigen Bewegung den
Hunger, und die Trockenheit des Schlundes
erregt den Durst.
35.
Was heißt Kehl-
kopf?
36.
Wodurch wird
das Sprechen
befördert?
37.
Was trennt den
Oberleib v.Unt.?
33.
Welche sind die
Eingeweide d. U.
39.
Wo liegt die Le-
ber?
40.
Wozu dient die
Leber?
41.
Was ist die Gal-
le?
42.
Was ist der Ma-
gen?
43.
Wodurch werden
die Speisen ver-
dauet?
44.
Wie entsteht
Hunger und
Durst?
121
Mensch.
Die Speisen bleiben 2 bis 4 Stunden im
Magen, bis sie verdauet werden, und gehen
alsdann in die Gedärme über, welche weiche
Rohren von glatter schleimichter Haut, und
8mal länger sind, als der Mensch.
Aus den feinsten Theilen der Speisen
bildet sich der Nahrungssaft, der zu Blut ver-
arbeitet wird; die gröberen Theile gehen aus
dem Körper wieder ab.
Das Milz liegt gegen den Rücken zu,
links am Zwerg felle und Magen, und ist ein
runder vier Zoll langer blaurother Körper.
Es dient zur Verdünnung des Blutes und
Absonderung der Galle (des Gallensafres).
Die Nieren sind zwey Körper Ln Form
einer nach Lange geschnittenen Bohne.
Die rechte Niere liegt unter der Leber;
die linke unter dem Milze.
Die Nieren dienen zur Absonderung des
Urins aus dem Blute, und zur Abführung
durch die Harngänge in die Urinblase.
Das Gekröse sind die Falten des Bauch-
felles und häutigen Säcke, in welchen die Ge-
därme liegen.
Die verkochten Speisen gehen als Brey
aus dem Magen in die Gedärme, und em-
pfangen beym Ausgange etwas Galle aus der
Gallenblase, welche die Safte auflösen, und
alle Oeffnungen rein erhalten muß. Sie stoffen
durch ihre wellenförmige Bewegung die Spei-
sen immer weiter, bringen die guten milchigen
Theile in die Gefäße, welche wie die feinsten
Seicher an der Stelle der Gedärme liegen, und
wälzen die gröber« fort, die durch Auswurf
aus dem Leibe gehen.
Die Eingeweide des Oberleibes haben im
Allgemeinen die Bestimmung, den Kreislauf
des Blutes und das Athemholen ununterbro-
chen zu beleben; die Eingeweide des Unterlei-
45.
Wie lange brau-
chen die Speisen
zur Verdauung?
46.
Was bildet sich
aus den Speisen?
4?.
Wo liegt das
Milz?
43.
Wozu dient es?
49.
Was sind die
Nieren?
50.
Wo liegen sic?
51.
Wozu dienen sie?
52.
Was ist das
Gekröse?
53.
Was geht in den
Gedärmen vor?
54.
Welche Verrich-
tungen haben im
Allgemeinen die
Eingeweide?
122
Mensch.
beö, den Nahrungssafk für den ganzen Körper
zu bearbeiten, und die unnützen Theile abzu-
sondern.
§. 5.
Gliedmassen des Menschen.
Die Gliedmassen des menschlichen Kör-
pers sind die Arme und Beine.
Die Arme theilen sich in den Oberarm,
den Vorderarm und in die Hände.
Die Beine theilen sich in Schenkel, Schien-
bein und Fuß.
An den Handen und Zehen besi'nden sich
die Nagel. Sie sind hornartiges Gewächs aus
einer Spalte der Haut, beschützen die Spi-
tzen der Finger und Zehen, und sind zu allen
Handarbeiten so wie auch zum Gehen un-
entbehrlich.
Welche sind die
Gliedmassen?
56.
Wie theilen sich
die Arme?
57.
Wie theilen sich
die Beine?
53.
Was sind Nagel,
und wozu dienen
sie?
§♦ 6.
Farbe und Wohnort des Menschen.
Am Menschen ist besonders die Farbe ver-
schieden. Es gibt braungelbe, braune, schwarze
und weiße Menschen.
Die weiße Farbe ist die ursprüngliche
Farbe des Menschen, und die übrigen mit ih-
ren mannigfaltigen Abstufungen sind erst nach
und nach durch den Einfluß des Klima ent-
standen , insbesondere durch die Sonnenhitze.
Die Erfahrung lehrt uns ja, daß weiße
Menschen, welche in die heißen Zonen kom-
men, schwarze Farbe, und Neger in kalten
Landern nach einigen Generationen weiße Haut
erhalten.
Der Mensch bewohnt die ganze Erde, —
der heißeste Erdstrich unter den: Aeguator so-
wohl, als auch der beeiste Pol sind seine
Wohnplatze.
59°
Was ist hmsicht-
lich der Farbe
des Menschen zu
bemerken?
6o.
Welche Theile
derErde bewohnt
der Mensch?
Mensch
123
§. 7-
Lebensdauer des Menschen.
Einen Zeitraum von drey und dreyßig Jah-
ren heißt man ein Menschenalter oder eine
Generation.
Der Keim der Zerstörung liegt im Men-
schen, wie in allen irdischen Dingen. So lange
sich die flüßigen Theile in den festen frey und
ungehindert fortbewegen, kann der Mensch le-
ben. Aber je älter er wird, desto mehr werden
die stößigen Theile zähe, viele Knorpeln ver-
knöchern sich, die Gefäße werden enger, steifer
und fester. Wenn endlich das Blut nicht mehr
durch die Röhren laufen kann, steht die Ma-
schine still, und das Leben hört auf. Der Kör-
per geht durch Verwesung in die große Werk-
statte der Natur, und wird wieder Stoff zu
neuen Erzeugungen. So ist das natürliche Ende.
ß. 8.
Seele des Menschen.
Außer den Körperkräften besitzt der Mensch
auch geistige Kräfte: die Kraft zu denken, zu
erkennen und zu wollen.
Das, geistige unsichtbare Wesen in uns,
welches die Fähigkeit hat, zu erkennen, zu den-
ken und zu wollen, nennt man Seele. Sie be-
lebet alle Glieder und regieret den Leib nach ih-
rem Willen.
Wir haben wirklich eine Seele, denn un-
ser eigenes Bewußtseyn sagt uns, daß etwas
in uns ist, welches sich selbst fühlet, empfin-
det, denkt, sich zurückerinnert, urtheilet, und be-
gehret.
Die einzelnen geistigen Kräfte des Men-
schen heißen: Erkenntniß-, Erinnerungs -,
Gefühls - und Bcgehruttgsvermögeu ; oder
61.
Was heißt Ge-
neration?
62.
Wie ist des
Menschen natür-
liches Lebens-
ende?
65»
Welche Kräfte
besitzt der Mensch
allster seinenKor-
perkräften?
64.
Was heißt die
Seele?
65.
Haben wir denn.
wirklich eilie
Seele?
66.
Wie heißen die
geistigen Kräfte
des Menschen?
124
Mensch.
Verstand, Vernunft, Gedächtniß, Wille, Ein-
bildungskraft.
Die Seele steht mit dem Körper in der
innigsten Verbindung, und besonders durch das
Gehirn, weil aus diesem die Nerven ausgehen,
durch welche wir äußere Eindrücke fühlen, in
uns aufnehmen, und uns davon auch Vorstel-
lungen machen können.
Die Fähigkeit, äußere Eindrücke zu fühlen,
aufzunehmen und sich dann Vorstellungen zu
machen, nennt man den äußern Sinn.
Die Werkzeuge, wodurch die Seele mit
dem Körper in äußere Verbindung gesetzt ist,
und Eindrücke aufnimmt, nennt man die äus-
sern Sinnenwerkzeuge.
Der äußern Sinne sind fünf, und so auch
der äußern Sinnenwerkzeuge:
1. Das Gefühl, — dieses ist im ganzen
Körper verbreitet, aber am feinsten auf der
Zunge und den Fingerspitzen;
2. Der Geschmack, dessen Werkzeug die
Zunge;
5. Der Geruch, dessen Werkzeug die Nase;
4. Das Gehör, mit seinem Werkzeuge, dem
Ohre;
5. Das Gesicht, dessen Werkzeug das Au-
67.
In welcher Ver-
bindung steht die
Seele mit dem
Körper?
68.
Was nennt man
äußern Sinn?
69.
Was nennt man
Sinnenwerkzeu-
ge?
70.
Welche sind die
äußern Sinne
und Sinnen-
werkzeuge?
ge ist.
Der Mensch erhält nicht blos Eindrücke,
welche ihm durch seine äußern Sinnenwerk-
zeuge zukommen, sondern er nimmt auch Ver-
änderungen in seinem Innern wahr, und kömmt
zn Anschauungen, d. h. zur Kenntniß seines
innern Zustandes; — dieses Vermögen nennt
man seinen innern Sinn.
Das Vermögen, daß wir wissen, was in
unserm Innern vorgeht, heißt Bewußtseyn.
Das Gegentheil des Bewußtseyns ist der
Zustand der Ohnmacht, des Schlafes, des
Todes.
71.
Was heißt iiuie-
rcr Sinn des
Menschen?
Was heißt Be-
wußtseyn?
73.
Was ist das Ge-
gentheil des Be-
wußtseyns?
125
Mensch.
Wir haben auch das Vermögen, uns selbst
in Gedanken neue Bilder zu schaffen, und zu-
sammenzusetzen, oder schon gesehene Bilder, die
abwesend sind, als gegenwärtig vorzustellen,
und dieses heißt man die Einbildungskraft.
Sie hat auf unsere Zufriedenheit im Le-
ben und auf unsere Sitten den größten Ein-
fluß. Denn viele Menschen sind nicht deßwe-
gen unglücklich, weil ihnen die Mittel zu ih-
rem Lebensglücke wahrhaft mangeln, sondern
weil sie in ihrer Einbildung fehlen. So suchen
die meisten Menschen angenehme Genüsse, Geld,
Ehre, Ansehen, Macht, — nicht weil sie wahr-
haft gut sind, sondern weil sie in ihrer Ein-
bildung so reitzend erscheinen.
Einen Menschen, der selbst erschaffene Bil-
der seiner Einbildungskraft für wirkliche hält,
nennt man einen Schwärmer oder Phantast.
Das Vermögen der Seele, gehabte Vor-
stellungen und Gedanken zu behalten oder auf-
zubewahren, und sie willkührlich wieder zu er-
neuern und zurückzurufen, heißt Gedächtniß.
Das Vermögen, Vorstellungen als schon
gehabte anzuerkennen, und in das Gedächtnis
zurückzurufen, heißt Erinnerungskraft.
Der Mensch hat auch ein Vermögen, Ver-
stand genannt, nämlich er kann sich von einer
Sache einen Begriff machen, über sie urthei-
len, und weitere Schlüsse ziehen; — er kann
die unterscheidenden Merkmale angeben.
74.
Was heißt Ein-
bildungskraft ?
75.
Welchen Einfluß
hat die Einbil-
dungskraft auf
unser Leben?
76.
Wer heißt ein
Schwärmer?
77.
Was heißt Ge-
dächtniß?
73.
Was heißt Erin-
nerungskraft?
7Y.
Was ist der Ver-
stand?
80.
Dem Menschen ist auch die Kraft eigen,
unter mehreren Dingen zu wählen, etwas zu
verlangen oder zu verabscheuen; Willen und
eine Neigung, oder einen Widerwillen und
eine Abneigung zu haben. — Diese Kraft
nennt man das Begehrungs-Vermögen.
Das Begehrungsvermögen ist ein zweyfa-
cheö, ein sinnliches und vernünftiges, je nach-
Was ist dasBc-
gehrnngsvermö-
gen?
81.
Wie theilt man
dasBegehrnngs-
vermogen ab?
I
126
Mensch.
dem es auf einen Genuß mit dem körperlichen
Sinne abzielt, oder ans Sittlichkeit entspringt.
Die Vernunft fordert Liebe und Ausbil-
dung des sittlich Guten; die Sinnlichkeit hat
nur Liebe zum sinnlich Angenehmen.
Wir vernehmen eine Stimme in uns,
welche uns das sittlich Gute erkennen lehrt,
welche gebietet, das Gute zu wählen, und
alle Kräfte des Geistes und Körpers nur zum
Guten zu gebrauchen. — Diese innere Stim-
me heißt Vernunft.
Das Begehrungs-Vermögen artet aberlWas heißt Br-
auch ans, und wird zur Begierde und Leiden- gierde und Lei-
62.
Was ist die Ver-
NNNfL?
85.
schaff; erstere, wenn das Verlangen nach ei
ner Sache groß ist; letztere, wenn das Ver-
langen heftig und wie angewöhnt ist, ja das
vernünftige Wollen unterdrückt.
Dem Menschen ist von dem Schöpfer auch
ein Vermögen gegeben, sein ausgeartetes Be-
gehren zu bezähmen, seine Neigungen zu be-
herrschen, und dieses Vermögen heißt die
Freyheit des Willens, oder der freyeWille.
Der Mensch kann dadurch die Triebe seines
Körpers unterdrücken, um nur nach den For-
derungen der Sittlichkeit der Vernunft gemäß
zu leben.
Die sinnlichen Freuden sind jedoch an sich
nicht böse und unerlaubt, müssen aber ver-
nünftig genossen werden.
Eine Stimme im Menschen regt sich, wel-
che ihn vor seinem Handeln vom Bösen war-
net, oder zum Guten ermuntert; und nach
dem Handeln über Unrecht tadelt, oder über
erfüllte Pflicht Beyfall gibt, und diese innere
Regung im Menschen heißt Gewissen.
Das Gewissen ist zweyfach, ein gutes und
ein böses. — Ein gutes Gewissen hat jener
Mensch, welcher seine Pflicht erfüllt, und ein
böses, der seine Pflicht verletzt.
denschaft?
84.
Was ist der freye
Wille?
85.
Sind die sinnli-
chen Freuden bö-
se und unerlaubt?
86.
Was heißt Gc-
Was h
wissen?
87.
Wie vielfach ist
das Gewissen?
127
Mensch.
Das gute Gewissen wirkt Seelenwohl,
Freudigkeit des Herzens, und im Unglücke Hoff-
nung und Muth; — das böse Gewissen Un-
ruhe und Vorwürfe, im Unglücke Verzagtheit
und Verzweiflung.
Die Geisteskräfte, welche der Mensch be-
sitzt, hat er zum Theil mit dem Thiere ge-
mein, nämlich die Erinnerung, das Gedächt-
niß, die Einbildungskraft, und zum Theil auch
den Verstand. — In einem vorzüglichern Grade
besitzt aber der Mensch den Verstand, und aus-
schließlich besitzt er Vernunft, Dichtuugskraft
und die Gabe der Sprache.
Alle die mannigfaltigen Anlagen, welche
dein menschlichen Körper und Geiste von Gott
verliehen sind, haben vor Allem den Endzweck,
daß wir durch sie nur nach dem sittlich Guten,
und so zum Streben nach Seligkeit geleitet
werden.
Zum guten Handeln wird der Mensch nur
daun geleitet, wenn er sich den Willen eigen
gemacht hat, das Gute zu thun, weil es
gut ist, und das Böse zu meiden, weil es
böse ist; — nicht aber, weil ihm etwa das
Gute oder Böse gerade behaget oder nicht be-
haget.
Es sind auch Beweggründe vorbanden, wel-
che den Menschen leiten, nur das Gute zu
thun, weil es gut ist; nämlich die Bestim-
mung des Menschen und Gott.
1. Der zur Vernunft gelangte Mensch
denkt über seine Bestimmung nach, und findet
endlich nur im Gedanken an Gott seine
höchste Ruhe.
2. Im Gedanken an Gott aber wird er
sich stets zum Guten und zur Erfüllung seiner
Pflichten gestärkt fühlen, die ihm göttliche und
menschliche Gesetze auflegen.
2. So fühlt er endlich lebhaft seine Ver-
83.
Was wirkt das
Gewissen?
89.
Besitzen auch
Thiere die gei-
stigen Kräfte des
Menschen?
90.
Welchen End-
zweck haben alle
die mannigfalti-
gen Anlagen des
Menschen?
91.
Auf welchem
Wege mag der
Mensch vorzüg-
lich zum guten
Handeln geleitet
werden?
92.
Welche Beweg-
gründe sollen den
Menschen zum
guten Handeln
leiten?
128
Mensch.
pflkchtungen, und schreitet von selbst vor kn
Liebe und Ausübung des Guten.
Das Wesen der Seele ist Unsterblichkeit;
sie hat ewige Fortdauer, wenn gleich der Leib
im Grabe vermodert.
Y5.
Welches ist das
Wesen dcrSccle?
§. y.
Aberglaube des Menschen.
Der Mensch verirrt sich oft zum Aberglau-
ben. Durch den Aberglauben sinkt der Mensch
zur Klasse der unvernünftigen Thiere herab;
abergläubische Thorheiten schänden aber die
Würde des Menschen und seine Vernunft.
Solche sind nebst unzähligen andern:
1. Das sogenannte Alpdrücken. Manchem
Menschen kommt bisweilen im Schlafe vor,
als wenn etwas auf ihn fiele, das ihn so
stark drücket, daß er nicht Athem holen, und
nicht schreyen, sondern nur winseln kann. Al-
berne Menschen halten es für einen Geist
oder für Heren, und nennen es den Alp oder
die Drud. Aber das ganze Gefühl rühret nur
von einer natürlichen Ursache im menschlichen
Körper selbst her. Es ist nur ein Krampf in
Füssen und Brust, der vom dicken Blute ent-
steht, oder auch von Schwache und Ueberla-
dung des Magens.
2. Das Klingen in den Ohren.
Abergläubige halten es für eine Wirkung,
welche dadurch verursacht wird, daß abwesende
Leute von Jemand reden, und da schon in
den ältesten Zeiten die rechte Seite für eine
glückliche und die linke für eine unglückli-
che Seite gehalten wurde, so hat man es auch
auf das Öhrenklingen angewendet. Wenn da-
her Gutes von einem Menschen gesprochen
wird, soll sein rechtes Ohr klingen, wenn Bö-
ses, das linke Ohr.
94.
Weicht nicht
auch der Mensch
oft von der Ver-
nunft ab, und
laßt steh durch
Aberglaube lei-
ten?
95.
Was bedeutet
das sogenannte
Alpdrücke»
(Drud)?
96.
Was ist das
Klingen in den
Ohren?
129
Mensch.
Allein das Ohrenklingen entsteht nur durch
Vollblütigkeit und Erhitzung in den Gehörgan-
gen des Ohres.
3. Das Wachsen des Mehles aus der Erde.
Aufgelöster Kalk und Spath sieht dem
Mehle ähnlich, und wird manchmal auf freyem
Felde getroffen.
In der Vorzeit bildete man sich ein, Gott
lasse solches Mehl für die Armen aus der Erde
kommen; man glaubte eine Mehlguelle gefun-
den zn haben, und die Einfältigen assen da-
von; allein da die weiße Materie nur Kalk
war, hat der Genuß die rothe Ruhr und auch
den Tod verursacht.
4. Martern der Thiere, um sie als Arz-.
neymittel gebrauchen zu können.
Manche spießen im Monate Mai an ei-
nem Holze Kröten, lassen sie daran absterben,
und machen sie gegen Krankheiten zu Pulver.
Der Nutzen ist blos eingebildet, und dieser
abergläubische Gebrauch ist sündhaft.
5. Anwendung abergläubischer Mittel in
Krankheiten.
Anstatt, wie vernunftgemäß wäre, bey
Menschen und Vieh einen Arzt um Rath zu
fragen, wendet man z. B. Segenswünsche an,
da doch zwischen der Heilung eines leiblichen
Uebels und der Aussprechung gewisser Worte
nicht die geringste Verbindung ist.
6. Wahrsagungen.
Gott hat mit weiser Vorsicht die Zukunft
verhüllet, aber der Abergläubische will Z.B. seine
Todesstunde erforschen. Ihm dienen gern Be-
trüger als Wahrsager, die sich reichlich zahlen
lassen, und ihm aus der Hand oder aus Figu-
ren, die in einem Glase mit Wasser durch das
hineingegossene Weiße aus dem Ey entstehen,
prophezeyen.
97.
Wie ist es mit
Wachsen des
Mehles aus der
Erde?
98.
Wie ist cö mit
dem Martern der
Thiere zu Arz-
neimitteln?
99-
Wie mit Anwen-
dung abergläu-
bischer Mittel
in Krankheiten?
100.
Was ist von
Wahrsagungen
zu erwähnen?
y
130
Mensch.
Ein vernünftiger Mensch muß sich solcher
Versuche schämen.
7. Der Nachtrabe — ein vermeintliches
Gespenst.
Ein Thier Nachtrabe ist eigentlich gar
nicht vorhanden, sondern wenn man ihn zu
hören glaubt, sind es nur die Rohrtrommel oder
der Fischreiher. Wenn diese in der Luft fliegen,
machen sie einen lauten einförmigen Ton. Ein-
fältige haben den Aberglauben, der vermeint-
liche Nachtrabe sey der Teufel und breche dem-
jenigen Hals und Bein, der ihm nachzurufen
wagt.
8. Das Ziegenmeckern in der Luft.
Dem Landmanne, der bisweilen Abends
oder in der Nacht über moosige Gegenden
geht, begegnet es oft, daß er eine Stimme
hört, als wenn ein Ziegenbock meckere. Da er
nichts sieht, und die Stimme bisweilen aus
der Luft kommt, wird er in Furcht versetzt,
und glaubt wohl gar, dieser Ort sey ein Auf-
enthalt der Gespenster und Nachtgeisier. Aber
es ist nur eine Art kleiner Schnepfen, welche
man Heerschnepfen und Haberböcke nennt, die
solchen Ton hervorbringen.
y. Die Todtenuhr.
Man hört bisweilen in der Wand und
besonders in den Bekleidungen der Fenster ei-
nen lauten Ton, der mit dem Tiktaken oder
Schlagen einer Taschenuhr große Aehnlichkeit
hat.
Die Abergläubischen bilden sich ein, es
sey Anzeigen von bevorstehendem Tode eines
Menschen, und nennen es Todtenuhr. Aber
dieses Schlagen verursacht nur ein kleines In-
sekt, das sich gewöhnlich in den Bekleidungen
der Fenster aufhalt.
io. Das Heimchen.
Auch nur Aberglaube halt das Heimchen
101.
Was hat cs
mit dem soge-
nannten Nacht-
raben für eine
Bewandtnis;?
102.
Was mit dem
Ziegenmelkern,
das manchmal
aus der Luft
kommt?
102.
Was ist die so-
genannte Tod-
tenuhr?
104.
Ist die Haus-
grillesHeimchen)
ein Todtenvo-
gel?
131
Mensch.
für einen Todtenvogel, wenn es nämlich in
einem Hause langsam zirpt, allein es verirrt
sich manches, und das Männchen stimmt als-
dann ein langsames Zirpen als Klaglied an,
wenn es das Weibchen verloren hat.
11. Das Nachtgejaid (Nachtjagd).
Wenn mehrere Uh» Nachts zusammen-
fliegen, machen sie ein Geschrey, das mit dem
Vellen der Jagdhunde, wenn sie das Wild ja-
gen, und mit dem Rufen der Jager viele
Aehulichkeit hat, und das Nachtgejaid ist da-
her nur das Geschrey einer Eulen-Versamm-
lung. Es macht ein schnell daher rauschendes
Sausen mit allerley Stimmen, heult und
rauscht immer fürchterlicher, je näher es kommt,
bisweilen scheint es, als ob schwache Flämm-
chen vorüberflbgen. Diese sind die großen Feuer-
augen der Eulen, die im Finstern leuchten.
Beherzte Jäger haben schon öfters in das so-
genannte wüthende Heer geschossen und es fie-
len Eulen getroffen zur Erde.
12. Das Sunwendfeuer, (Sonnenwend-
feuer.)
Das sogenannte Sunwendfeuer gewannen
sich schon vor Loo Jahren unsere Vorältern
durch Reiben aus starken Zaunstecken, und
sprangen darüber, um so vom Fieber befreyt
zu bleiben; auch kochten sie daran Wurzeln
und Kräuter, um durch deren Genuß die Ge-
sundheit zu sichern. Dieser Aberglaube ist aber
langst abgelegt, wenn gleich das Landvolk das
verbotene Feuerspringen noch manchmal als
ländliche Freude übt.
Wie sehr sich der Mensch durch Aber-
glaube erniedriget, beweiset unö die Größe, in
der er erscheint. Ihn belebt ein vernünftiger
unsterblicher Geist, dessen Erft'uduugs- und
Wirkungskraft an das Unendliche reichet. Er
> wißt den Lauf der fernsten Gestirne, und holt
105.
Was ist von
dem sogenaun-
ten wutbendcn
Heere, Nachtge-
jaide oder ver-
wünschtem Jäger
zu halten?
loö.
Welchen Aber-
glauben trieb
man mit dem
Sunwendfeuer?
107.
Wie stellt sich
die Erniedrigung
des Mensche»
durch seinen
Aberglauben dar?
9*
132 Allgem. Erdbeschreibung.
den Edelstein auS den Tiefen der Erde; er stürzt
die hohe Eiche, und bändigt daö grimmigste
Thier, und zwingt der Erde die kostbarsten
Schätze ab. Das Wasser muß ihm die Schätze
der Welttheile verfahren; das Feuer dienet
seine Kunstwerke zu bereiten; und seine Melo-
dien erschallen erhaben durch die Lüfte. Die
Elemente dienen ihm. Wie kann ihn oft aber-
gläubischer Wahn fesseln!
Allgemeine Erdbeschreibung.
§. l.
W e l t t h e i l e.
Die Erde wird in fünf Theile, genannt
Welttheile, eingetheilt; in Europa, Asten, Afrika,
Amerika und Australien, welches auch Neuhol-
land, Südindien oder Polynesien heißt.
Man theilt sie auch in die alte und neue
Welt, zu jener gehören: Europa, Asien und
Afrika; zu dieser: Amerika und Australien; —
nicht aber, weil sie etwa erst neu entstanden
wären, sondern weil sie erst in neuerer Zeit
entdeckt wurden.
l.
Wie wird die
Erde einge.
theilt?
§. 2.
Bestandtheile der Erde.
Unsere Erdkugel besteht ganz aus Erde
oder festem Lande; es ist jedoch ein sehr gro-
ßer, tiefliegender Theil derselben mit Wassel-
bedeckt.
2.
Woraus besteht
unsere Erdku-
gel?
133
Allgein. Erdbeschreibung.
Das Wasser, welches die Erdoberfläche be-
deckt, nimmt drey Viertheile ein, und eö be-
steht daher nur ungefähr der vierte Theil auö
trockenem Lande. Dieses große Gewässer nennt
man Weltmeer oder Ocean.
Das feste Land ist in kleinerm oder
größcrm Umfange von Wasser umgeben. Die
größer« Theile, welche man entweder gar nicht,
oder nur nach langer Zeit 'umschiffen kann,
nennt man festes Land oder Continent; die
kleinern aber, die aus dem Meere hervorragen,
oder auch blos von Flüssen und kleinen Seen
ganz umgeben werden, heißen Inseln oder Ei-
lande.
§. 2.
Berge.
DaS über das Wasser sich erhebende Land
erreicht oft eine beträchtliche Hohe, und bildet
Berge und Thäler, also Unebenheiten der Ober-
fläche der Erde. Diese nehmen ihr aber nicht
die runde Gestalt, von welcher uns die Natur-
lehre sagt, denn der höchste bekannte Berg
von 20,862 Fuß Höhe, der weiße Berg (Dha-
walagiri) in Asien, obgleich er über eine teut-
sche Meile beträgt, verhält sich nur wie ein
Sandkorn gegen eine große Kugel.
Unter den Bergen sind besonders die Vul-
kane oder feuerspeycnden Berge merkwürdig.
Sie haben oben eine trichterförmige Oeffnung,
Krater genannt, und werfen manchmal unter
einem dem Donner ähnlichen Krachen geschmol-
zene Materie in Feuerstrdmen aus (Lava ge-
nannt), wodurch Land und Menschen verwüstet
werden.
Die merkwürdigern zwey sind der Vesuv
in Neapel und der Aetna in Sicilien.
L.
Wie verhält sich
das trottn e
Land zur Was«
sermasse, und
wie nennt man
Letztere?
4.
Was versteht
man unter Con-
tinent und Ei-
land?
6.
Ist die Ob erstä-
che der Erde
eben?
6.
Welche Berge
sind vorzüglich
merkwürdig?
134
Allgem. Erdbeschreibung.
Der Nutzen der Berge ist sehr grost. Sie
liefern vorzugsweise Mineralien und Metalle,
heilsame Kräuter und unzählige Thiere, deren
Pelzwerk und Fleisch uns dienet. Sie sind
Dämme gegen Winde und Ueberschwemmun-
gen, und zugleich die Wasserbehältnisse, denn
die meisten Flüsse, entspringen in den Bergen,
und enthalten das beste Trinkwasser.
§. 4.
Gewässer.
In den Vergklüften sammeln sich Dünste
und Regen, dringen in Tropfen abwärts, bis
sie auf einem festen Boden stehen bleiben, su-
chen endlich Ausgang, kommen in Bachen her-
vor, und diese bilden endlich, da sie zusam-
menströmen, die Flüsse.
Die Flüsse geben vorzüglich der Handlung
Vortheile, weil die Unkosten der Fracht ver-
mindert werden, ohne daß die Geschwindigkeit
verliert. Eine Last, welche 48 Karren und 240
Pferde erfordern würde, kann durch 4 Schiffs-
knechre und 6 Pferde sehr bequem auf einem
Schiffe fortgebracht werden.
Die Flüsse liefern uns Fische, tranken die
Wurzeln der Früchte und erfrischen die Auen.
An ihnen sammeln sich unzählige Vögel zum
Vergnügen der Menschen. Aus solchen Ursachen
bauen auch die Menschen ihre Städte und
Orte vorzüglich an Flüsse.
Auch stillstehende Gewässer gibt cs, wel-
che in keinem bekannten Zusammenhange mit
dem Meere stehen, und diese heißt man Seen.
/ \
§. 5.
M e e r.
ES gibt nur Ein Meer, das Weltmeer;
7.
Welchen Nutzen
haben die Berge?
8.
Wie entstehen
die Gewässer?
y.
Welchen Nutzen
haben die Flüs-
se?
10.'
Was sind <3<:
CH V
/11.
Wieviele Meer?
gibt es?
Allgem. Erdbeschreibung.
225
man gibt ihm aber in seinen verschiedenen
Theilen nach seiner Lage auch verschiedene
Namen; und so entstehen fünf Theile: das
nördliche und südliche Eismeer; das westliche,
atlantische oder amerikanische Weltmeer; das
indische Weltmeer, und das große Weltmeer
oder die Südsee, welches manchmal auch das
stille Meer genannt wird.
Das Meer hat Abwechselungen von Ver-
tiefungen und Erhöhungen, wie das trockne
Land, und ist an mehreren Orten über 2000
Ellen tief. In ihm befindet sich eine zahllose
Menge von Fischen, Korallen und Muscheln rc.
Das Meer wird fast immer durch Winde
in Bewegung erhalten, und die Stürme thür-
men 12 Fuß hohe Wellen auf. Die beständige
Bewegung der Ebbe und Fluth ist unentbehr-
lich, um seiner Faulniß abzuwehren, die ans
den Millionen der im Meere verfaulten Pflan-
zen und Thiere entstehen, und der Gesund-
heit der Menschen und Thiere schaden müßte.
Alle Flüsse gehen in das Meer, aus ihmlWas ist vom
aber keiner zurück, und doch wird es nicht Kreislauf des
überfüllt. Die Wassermenge geht blos durch
Ausdünstungen wieder ab; die Dünste sam-
meln sich in Wolken, und diese werden von
den Winden in die verschiedenen Lander ge-
trieben , wo sie als Schnee und Regen den
Flüssen Nahrung geben, und mit ihnen wie-
der in das Meer zurückkehren.
12.
Wie ist das
Innere des
Meeres beschaf-
fen?
13.
Was ist von
der Bewegung
des Meeres zu
sagen?
14.
Wassers zu er-
wähnen?
§. 6.
Klima.
Jedes Land hat einen gewissen Grad von
Wärme und Kälte, Feuchtigkeit und Trocken-
heit der Luft, und daher auch eine eigene Be-
schaffenheit und Furchtbarkeit des Bodens,
15.
Was versteht
man unter Kli-
ma?
136
Allgein. Erdbeschreibung.
und alles dieses zusammen versteht man unter
Klima.
Das Klima ist daher im Allgemeinen heiß
oder kalt, trocken oder feucht, oder gemischt.
§. ?.
Produkte.
Produkt heißt Alles dasjenige, was die
Natur, oder die Kunst der Menschen, hervor-
dringt.
Die Produkte werden daher eingetheilt in
Natur- und Kunst-Produkte.
Naturprodukte nennt man jene Erzeug-
nisse der Erde in den drey Naturreichen, wel-
che ohne unmittelbare Einwirkung der Menschen
hervorkommen; — Kunstprodukte jene, welche
die Menschen durch ihre Arbeit und Kraft
erwirkt haben.
Die Kunstprodukte werden vorzüglich in ;jn wncycn vc-
Fabriken und Manufakturen bearbeitet. Mann-!sondern Anstal-
faktur ist eine Anstalt, in welcher Waaren un bearbeitet
durch bloße Handarbeit, ohne Feuer und Ham-
mer in Menge verfertigt werden, z. B. Wol-
lenmanufaktur; — Fabrik nennt man jene
Werkstatte, in welcher die Waaren mittelst
Feuer und Hammer verfertiget werden, z. B.
Stahlfabrik.
16.
Wie ist das
Klima im All-
gemeinen?
17.
Was heißt Pro-
dukt?
18.
Wie theilt man
die Produkte
ein?
E u
§• 6.
r o
st.
Europa ist jener Erdtheil, in welchem un-
ser Vaterland liegt. Es ist auf drey Seiten
vom Meere umgeben, auf der vierten hangt
es gegen Morgen mit Asten zusammen, und
liegt größtentheils in der gemäßigten Zone.
Es ist der kleinste, aber mächtigste, volkreich-
ste und knltivirteste Erdthcil, mit beyläufig
iy.
In welchen be-
man die Kunst-
produkte?
20.
Wrs ist von
Europa im All-
gemeinen zu er-
wähnen?
Allgem. Erdbeschreibung.
180 Millionen Menschen und 170,000 Geviert-
meilen.
Seine Fabriken und Manufakturen haben
hohe Vollkommenheit, seine Landstraßen sind
gut, sein Handel ist ausgebreitet. Was die
Europäer aus ihren Landern ausführen, sind
fast einzig nur Produkte ihrer Kunst; was sie
aus andern Welttheilen einführen, Produkte
der Natur.
Europa umfaßt vorzüglich folgende Län-
der: Drey Kaiserthümer: Oesterreich, Rußland
und Türkey; —
Die Königreiche: Portugal, Spanien,
Frankreich, Italien, England, Schottland, Ir-
land, Dänemark, Ungarn, Böhmen, Galizien,
Norwegen und Schweden, Preußen, die Nie-
derlande, Sicilien, Sardinien;
die Republik Schweiz oder Helvetien;
Teutschland mit den Königreichen: Bay-
ern , Würremberg, Sachsen; — den Herzog-
thümern Baden, Hessen rc. :c.;
dann die vier freyen Städte: Hamburg,
Lübeck, Bremen und Frankfurt am Main.
Die Hauptstädte der einzelnen Länder mit
ihrer Einwohnerzahl sind:
In Portugal: Lissabon mir Eknw. 300,000
Porto - - 40,000
j> Spanien: Madrid - - 170,000
» Frankreich: Paris - - - 800,000
Lyon - - e 100,000
Marseille - s 100,000
Bordeaux - - 3 10,000
„ Italien: Mailand - - - 150,000
Turin - - s - 70,000
Rom - - ? - 130,000
auf 12 Hügeln stehend mir
der schönen Peterskirche.
137
21.
Welcbe vorzüg-
liche Länder um-
faßt Europa?
22.
Welche sind die
Hauptstädte der
enropäischenLäu-
der u: welche ist
ihre Einwohner-
zahl?
138
Allstem. Erdbeschreibung.
Ei uw.
Neapel mit - - 540,000
Venedig - - - 148,000
5. In Oesterreich: Wien mit - - 240,000
auf 5L M. im Umf.
6. » Bayern: München - - - 70,000
7. » Württemberg: Stuttgart - - 25,000
Ulm - - - - 15,000
L. » Preußen: Berlin - - t 160,000
Königsberg - - 96,000
9. » Sachsen: Dresden - - - 50,000
Leipzig - - - 55,000
10. » England: London - - - 1000,000
Edinbnrg - - - 100,000
11. In den Niederlanden: Brüssel - 70,000
Amsterdam - - 195,000
12. In Dänemark: Koppenhagen - 100,000
15. » Schweden: Stockholm - - 60,000
14. » Norwegen: Christiania * - 10,000
15. » Gallizien: Lemberg - - 9 40,000
16. » Polen: Warschau - e 80,000
17. » Rußland: Petersburg - - 280,000
Moskau - - 0 250,000
13. » Ungarn: Presburg - 0 50,000
Öfen - - - - 25,000
19. In der europ. Türkey: Konstan-
tinopel mit ----- - 900,000
20. In Böhmen: Prag - - - - 30,000
Der vorzüglichern Lander Einwohnerzahl ist:
Der K a i s e r t h ü m e r:
1. Oesterreich 29,000,000 auf 12,000 lUM.
2. Rußland 46,000,000 auf 542,000 - - -
5. Turkey, in Europa, Asten und Afrika,
25,000,000 auf 4b,ooo - - -
Des Freystaates:
4. Schweiz (Helvetien) 2,000,000 Einw.
25.
Welche ist die
Einwohnerzahl
der vorzüglichern
Lander?
Allgem. Erdbeschreibung. 139
Der Königreiche:
5. Portugal 5,600,000 auf 5,656 □ M.
6. Spanien 11,000,000 auf <5,000 - - -
7. Frankreich 29,000,000 auf 10,000 - - -
L. Großbrittanien (England, Schottland und
Irland) 17,160,000 auf 56,000 - - -
y. Preußen 10,500,000 auf 5,000 - - -
10. Bayern 5,745,523 auf 1,532 - - -
11. Würtemberg 1,586,000 auf 530 - - -
12. Schweden 5,400,000 auf 13,800 - - -
15. Italien mit Neapel, Sicilien, Sardinien
2,420,000 auf 816 - - -
re. rc.
§. 9.
T e u t s ch l a n d.
Die Gränzen Teutschlands sind:
1) Gegen Ost das Königreich Preußen,
Herzogthum Posen, die Königreiche Polen, Un-
garn und Kroatien;
2) gegen Süd das adrkatische Meer, das
lombardisch-venetianische Königreich und die
Schweiz;
3) gegen West das Königreich Frankreich
und die Niederlande;
4) gegen Nord die Nordsee, das König-
reich Dänemark und die Ostsee.
Teutschland wird in das südliche und
nördliche Teutschland eingetheilt, und da der
südliche Theil größtentheils gebirgig, der nörd-
liche aber größtentheils eben ist^ wird jener
Oberteutschland und dieser Niederteutschland
genannt. Es hat auf 11,600 Q. M. 32 Mill.
Menschen.
Teutschlands Staaten (Bundes-Staaten)
sind folgende:
Oesterreich mit seinen teutschen Ne-
benlandern; 2) Preußen, mit Schlesien,
24.
Welche sind
Teutschlands
Gränzen?
25.
Wie wird
Teutschland ein-
getheilt, und wie
groß ist die Ein-
wohnerzahl?
26.
Welche sind
Teutschlands
Staaten?
140
Allgem. Erdbcschreibung.
Lippe; 20) Re usi
21) die vier freyen
L ü b e ck, Bremen
Pommern, Brandenburg und Niederrhein;
s) Bayern; 4) Sachsen mit Lausitz; 5)
Hannover; 6) Würtemberg; 7) H es-
se nkassel; 8) Badén und Hessen-
Darnistadt; 9) Weimar; io)Lurem-
burg; 11) Mecklenburg-Schwerin;
12) Nassau; 15) H 0 l st e i n; 14) Braun-
schweig; 55) Oldenburg; 16) Meck-
lenburg - Strelitz; 17) Anhalt; 18)
Schwarzburg; 19)
mit ihren Zweigen re.:
Stadtc: Frankfurt,
und Hamburg.
Teutschlands merkwürdigste Flüsse sind:
1) die Dona», 2) der Rbein, 5) die Weser,
4) die Elbe, 5) der Main, 9) die Oder.
Ilebrigens Hat es km Ganze» 500 Flusso, un-
ter welchen gegen 60 schissbar sind.
Scine vorzüglichsten Gebirge sind:
1) die Alpe», welche von St. Gotthard
in Helvetien ostwàrts ziehen;
2) der Gebirgszug, welcher von St. Gott-
hard westlich durch Helvetien an das Iura-
gebirg geht;
5) der Gebirgszug, welcher von St. Gott-
hard nordosrwàrts zum Schwarzwald und Arl-
berg geht;
4) das Fichtelgebirge, in Mitte von
Teutschland, mit ansehnlichen Vergaste» : 3)
dem Bohmerwalde; d) Riesengebirge; e) sach-
sischem Erzgebirge; à) Sudettengebirge; e) mit
den Karpathen; f) dem Thüringerwalde re.
Teutschland gehort zu den gebildetsten
Staaten Europas. Künste und Wissenschaften
werden sehr geschatzt, wozu ungemein vkele
Lchranstalten vorhanden sind. Ackerbau und
Viehzucht sind zn groster Vollkommenheit^ ge-
bracht. Die teutschen Handwerker und Künst-
ler bilden sich durch weite Reisen, und werden
27.
Welcke sind
Teutschlands
merkwürdigñe
Flüsie?
23.
... Gebirge?
29.
Wie'ist Teutsch-
landS Gewcrb-
fleisi beschaffeu?
Allgem. Erdbeschreibung.
selbst in fremden Ländern geschätzt. Die Teut-
schen verarbeiten nicht nur ihre Naturprodukte,
sondern auch alle ausländischen, die sie be-
kommen können. Teutsche Schiffe segeln auf
allen europäischen Meeren. Das Hauptvolk
Teutschlands steht an Geist und Ruhm über-
haupt, wie an Geburtswürde seiner Fürsten
und Edlen, mit den Ersten des Erdballs auf
gleicher Stufe.
§. 10.
A s i e n.
Asien ist mehr als viermal so groß, als
Europa; es enthält bey 700,000 Quadratmei-
len und gegen 500 Millionen Einwohner, wel-
che in Ansehung der Religion, Kultur und
Sprache sehr verschieden sind.
Die Hauptflüsse sind: der Euphrat, Ti-
gris, Indus, Wolga, Ganges, Menon,
Amur rc.
Asien hat theils ungeheure Sandwüsten,
theils die herrlichsten und fruchtbarsten Ge-
genden. Ueber den Süden ergoß die Natur ihr
ganzes Füllhorn, und der Boden tragt bey
leichter Bearbeitung die herrlichsten Früchte.
Es ist jener Welttheil, in welchem der
Erlöser geboren wurde, lehrte und für uns
den Tod litt. Da befindet sich der merkwürdige
Fluß Jordan, an welchem Johannes taufte;
der See Tiberius; die Stadt Jerusalem; die
Berge Sinai, Horeb, Carmel, Tabor, Zion;
das rothe und todte Meer.
In Asien waren die ersten Menschen, und
Asien bevölkerte die übrigen Welttheile.
§. 11.
Afrika.
Afrika ist eine sehr große Halbinsel der
heißen Zone, in seinem innern Lande aber
141
30.
Wie groß ist Asi-
en , und wie vie-
le Menschen zählt
es?
21.
Welche sind Asi-
ens größte Flü-
ße?
Wie ist Asiens
Boden beschaf-
fen?
Wie ist Asien in
der Religionsge-
schichte merkwür-
dig?
34.
Was ist von Afri-
ka zu erwähnen?
142
Allgem. Erdbeschreibung.
noch größtentheilS sehr unbekannt, weil die
Rohheit der Einwohner und die meilenlangen
Sandwüsten alle Reisen in das Innere den
Europäern erschweren.
In Nordafrika befindet sich die ungeheue-
re Wüste Sahara, deren Größe auf 60,000
Meilen geschätzt wird. Durch die Ueberschwem-
rnungen des Nilflusses werden Egypten und
alle Gegenden, die er durchfließt, sehr fruchtbar.
§. 12.
Amerika*).
Amerika liegt auf der westlichen Halbku-
gel der Erde, und wurde im Jahre 1492 von
Kolumbus entdeckt. Es ist eine ungeheuere
Insel mit beyläufig 600,000 Quadratmeilen
und 300 Millionen Einwohnern. Amerika
schreitet in der Bildung mächtig vor.
35.
Was ist von
Amerika zu
wähnen?
§. 15.
Australien.
Australien, auch Neuholland genannt,
besteht aus einer großen Insel und aus einer
zahllosen Menge Eilande, welche Jnselhaufen
bilden, weswegen man auch diesen Welttheil
Polynesien, d. h. Inselwelt, zu nennen pflegt.
Dieser Welttheil wurde nach und nach theil-
weise von den Schiffern entdeckt; die berühm-
teste dieser Inseln, Otaheite, wurde erst im
Jahre 176? entdeckt.
Die Bewohner Australiens find noch Gö-
tzendiener, haben sogar auch Menschenopfer,
und viele gehen nackt.
36.
Was ist von
Australien zu
wähnen?
*) Die Entdeckung von Amerika mag vom Lehrer-
in kurzen Umrissen vorgelesen werden.
Landeskunde von Bayern.
§. l.
Gränzen.
Bayern besteht aus zwey getrennten Thei-
len. Beyde liegen in Eurepa, der größere im
südlichen Teutschland, der kleinere jenseits des
Rheins.
Die Gränzen Bayerns müssen daher dop-
pelt beschrieben werden.
Der größere Theil gränzt gegen Ost an
den österreichischen Kaiserstaar, und zwar an
das Königreich Böhmen und Erzherzogthum
Österreich;— gegen Süd an denselben Staat,
und zwar an Tyrol, Salzburg und Vorarl-
berg; — gegen West an das Königreich Wür-
temberg und an die Großherzogthümer Baden
und Hesseu-Darmstadt; — gegen Nord an die
sächsischen Herzogthümer Meiningen, Hildburg-
hausen, Koburg und an das Königreich Sachsen.
Der jenseits gelegene kleinere Theil gränzt
gegen Ost an die Großherzogthümer Baden
und Hessen; — gegen West und Nord an die
preußische Provinz Niederrhein; — gegen Süd
an das Königreich Frankreich.
Welchen Theil
des Erdbodens
nennt man Bay-
ern, oder welche
sind die Grän-
zen Bayerns?
§. 2.
Größe und Bevölkerung.
Die Größe Bayerns wird zu 1232 Qua-
dratmeilen angenommen, und da man auf
eine Quadratmeile 16,000 Tagwerke rechnet,
faßt der bayerische Staat 21,729,000 Tag-
werke.
2.
Wie groß ist
Bayern nach
Quadratmeilen
und nach Tag-
werkzahl?
144
Landeskunde von Bayern.
Die Bevölkerung wird beyläufig auf
3,743,523 Seelen berechnet.
Der ganze bayerische Staat zahlt unge-
fähr 130 Städte, 4oo Marktflecken, und über
50,000 Dörfer, Einöden und Weiler.
Die vorzüglichsten Städte mit ihrer
Bevölkerung sind:
Im Ober-Donaukreife: Augsburg mit
50.000, Kempten mit 5200, Memmingen mit
7000, Neuburg an der Donau mit 6000 Ein
wohnern.
Im Unter-Donaukreise: Passau mit 10,500,
Straubing mit Y000, Deggendorf mit 2500,
Burghausen mit 5000 Einwohnern.
Im Jsarkreise: München über 70,000,
Landshut mit 7900, Freist'ng mit 5600, Berch-
tesgaden mit 5000 Einw.
Im Regenkreise: Regensburg mit 20,000.
Amberg mit 7500, Eichstädt mit 6600, In-
golstadt mit 6000 Einw.
Im Rezatkreise: Nürnberg mit 40,000
Fürth mit 15,000, Ansbach mit ¿4,000, Er
langen mit 9500, Schwabach mit 7400, Nörd
lingen mit 6100 Einw.
Im Ober-Mainkreise: Bamberg mit
20.000, Baireuth mit 12,100, Hof mit 6200,
Forchheim mit 5000 Einw.
Im Unter-Mainkreise: Würzburg mit
21,800, Aschaffenburg mit 6600, Schwein-
furth mit 6000, Kitzingen mit 4500 Einw.
Im Rheinkreise: Speyer mit 7300, Awey-
brücken mit 7000, Landau mit 5200, Pirma-
sens mit 4700, Kaiserslautern mit 5300 Ew.
Bayern muß seine verhältnismäßig mög-
liche Bevölkerung erst erzielen; denn sie ist
noch nicht vorhanden:
1) Sie ist verschieden nach Kreisen. Es
bat insbesondere der kleinste Kreis, der Rhein-
kreis, die größte Bevölkerung; dagegen der
WelcheBevölrcr-
ung hat Bayern?
4.
'Welche ist die
Gesammtzahlder
Orte Bayerns?
5.
Welche sind die
vorzüglichsten
Städte Bay-
erns und mit
welcher Bevöl-
kerung?
6.
Welches ist das
Verhältniß der
Bevölkerung
Bayerns?
145
Landeskunde von Bayern.
Jsarkreks, welcher im Umfange der größte ist,
die kleinste Bevölkerung. Jener hat auf einer
Quadratmeile über 5000 Seelen, dieser nur
wenig über 2000.
2) Im Nachbarstaats Würtemberg woh-
nen auf einer Quadratmeile im Durchschnitte
4000 Menschen, in Bayern nur 2700.
3) Da Würtemberg auf seinem Flächen-
inhalte von 58o O.uadratmeilen geger;i*/LMill.
Ew. zählt, kann Bayern verhältnißmäßig sei-
ner Größe noch einen Zuwachs von 1,400,000,
daher im Ganzen eine Bevölkerung von 5,100,000
Menschen erhalten.
Zwar laßt die Population in einigen Thei-
len des Reiches keine große Vermehrung mehr
zu, z. B. in Franken; allein eine beträchtliche
Menschenzahl wäre doch im eigentlichen Bayern
noch sehr nothwendig und wünschenswert!).
Durch einige Grabenleitungen, z. B. in den
Mösern von Moosburg bis Landau, könnten
auch noch herrliche Grundstücke hergestellt werden.
Die Bevölkerung ist doch ziemlich so ver-
theilt, wie es ein Land erfordert, welches
mehr Ackerbau treibender, als Fabrik-Staat
ist. Es gibt im Königreiche wenig stark be-
völkerte Städte, die kleinen aber sind in gro-
ßer Zahl durch das ganze Land vertheilt, da-
mit der fleißige Ackersmann überall einen Ab-
satz der Produkte seines Bodens und seiner
Industrie findet, und aus der Hand des ar-
beitsamen Handwerkers die ibm unentbehrlichen
Bedürfnisse ohne Mühe erhalten kann.
7.
Läßt Bayern
noch eine Ver-
mehrung seines
Volkes zu?
6.
Wie ist in Bay-
ern die Bevöl-
kerungvertheilt?
§. 3.
Religion.
Im Königreiche bestehen drey christliche
Religionsgesellschaften:
a) die Katholische,
y.
Welche Religio-
nen bestehen in
Bayern und mit
welchen Rechten?
10
146 Landeskunde von Bayern.
Ir) Protestantische;
c) Reformirte.
Sie haben gleiche Rechte. In Gegenstän-
den des Glaubens und des Gewissens herrscht
durchaus kein Zwang, und frey ist die Wahl
des Glaubensbekenntnisses jedem Staatsein-
wohner.
Die nicht christlichen Glaubensgenossen
haben nicht ganz dieselben Rechte, aber ihre
Gewissensfreyheit bleibt unangetastet.
). 4.
E i n t h e i l u n g.
Bayern, welches im Jahre iso8 in 15
Kreise, 1810 in y Kreise eingetheilt wurde,
ist seit dem 20. Februar 1817 in 8 Kreise ein-
getheilt, nämlich: Jsarkreis, Uuter-Donau-
kreis, Regeukreis, Ober-Douaukreis, Rezat-
kreis. Ober - Maiukreis, Uuter-Maiukreis, und
Rheinkreis.
Die Kreise haben ihre Namen von den
Flüssen, welche sie durchströmen.
Jeder Kreis hat eine Hauptstadt, in wel-
cher zugleich der Sitz der königlichen Kreis-
Regierung ist. Die Hauptstädte heißen:
München für den Jsarkreis, ist zugleich
die Haupt- und Residenzstadt für das ganze
Königreich.
Passau für den Unter-Donaukreis.
Regensburg » Regeukreis.
Augsburg » » Ober-Donaukreis.
Ansbach » » Rezatkreis.
Baireuth » » Ober - Mainkreis.
Würzburg ^ ^ Unter-Mainkreis.
Speyer -> » Rheinkreis *).
*) Es mögen die Landgerichte und Rentämter rc. eines
jeden Kreises vom Lehrer selbst berücksichtigetI
werden. j
10.
Wie wird Bay-
ern eingetheilt?
11.
Woher haben die
Kreise ihre Na-
men?
12.
Welche sind die
Hauptstädte
Bayerns?
Landeskunde von Bayern.
147
15.
Hat dieKreisein-
theilung auf
Land und Leute
verschiedenarti-
gen Einfluß?
14.
Welche Merk-
würdigkeiten
einzelner Städte
Bayerns sind
wissenswerth?
t. München?
Ungeachtet der Trennung nach Theilen
oder Kreisen bildet Bayern doch nur einen und
denselben Staat, und kein Kreis hat besondern
Vorzug oder besonderes Interesse. Alle Provin-
zen haben nur Ein Gesetz, Ein Interesse, Ei-
nen König, und Bayern, Franken, Schwaben
und Rheinländer erkennen sich überall als
Brüder.
§. 5.
Merkwürdigkeiten einiger Städte.
Mehrere Städte Bayerns haben Merk-
würdiges :
1) München ist die Residenz des Kö-
nigs und der königlichen Familie, der Sitz der
höchsten Behörden, der Wissenschaften und
Künste, und hat vortreffliche Erziehungsanstal-
ten, Kranken- und Armenanstalten, Manu-
fakturen und Fabriken; herrliche Gebäude, Kir-
chen, auch eine Synagoge der Juden, und
liegt an der Isar.
Im Jahre isos verlieh der König der
Residenzstavt München statt des bisherigen
Wapens (ein Mönch mit einem Evangelienbu-
che in der Hand) ein neues, wodurch stets be-
wiesenen Vürgertugenden dieser Stadt ein blei-
bendes Denkmal errichtet wurde. Es stellt ein
offenes Portal mit zwey Säulen und einem
streitfertigen Löwen vor; auf dem Schwibbo-
gen eine Krone.
Unter den altern Denkmälern Münchens
zeichnet sich das Grabmal Kaisers Ludwig IV.
in der Frauenkirche aus.
2) Augsburg. Diese Stadt hatte in^2. Augsburg?
altern Zeiten eine Bevölkerung von 83,000 Ein-
wohn. Sie hat Uuterrichtsanftalten, Manufaktu-
ren und Fabriken ; ihr wichtigster Handelszweig
ist der Wechselhandel. Sie liegt zwischen der Wer-
10
148 Landeskunde von Bayern.
tach und dem Lech, und ist die zweyte größte
Stadt des Königreichs, ehemals Reichsstadt.
5) Nürnberg ist die größte Stadt des
Königreichs, und eine der vornehmsten Han-
delsstädte, wichtig wegen ihres außerordentli-
chen Kunstfleißes. Sie liegt an der Pegnitz.
4) Passau, mit der Bergfestung Ober-
haus, liegt am Zusammenflüße der Jlz, des
Inns und der Donau, und ein Theil dersel-
ben, die Innstadt, wurde schon ungefähr 8
Jahre vor Christi Geburt von den Vojoaren
erbaut.
5) Straubing liegt an der Donau.
Von der Brücke dieses Flusses wurde die un-
glückliche Agnes Bernauer, mit welcher sich
Herzog Albert III. in Geheim trauen ließ, im
Jahre 1435 in die Donau gestürzt.
6) Regens bürg, an der Donau gele-
gen, hat Erziehungs- und Wohlthätigkeitsan-
stalten, auch Fabriken. Um diese Stadt sind
herrliche Alleen mit Monumenten berühmter
Männer.
7) Ingolstadt war seit 1539 eine nicht'
unbedeutende Festung, wurde aber 1800 durch
die Franzosen zerstört. König Ludwig stellt sie
von neuem wieder her. Sie liegt an der Donau.
6) Bamberg, eine der schönsten Städter
des Königreichs in einer der reitzendsten Ge-
genden Teutschlands, an der schiffbaren Reg-
nitz, die sich unweit mit dem Main vereinigt,
und sich hier in zwey Arme theilt, rvelche bey-
de die Stadt durchströmen, hat vortreffliche
Volksschul-Anstalten, vornehme Gebäude und
mehrere Fabriken. Sie treibt beträchtlichen
Handel mit Sämereyen, Blumen, Gartenge-
wächsen, Obst und Vieh.
9) Baireuth liegt in einer angenehmen 9
Gegend am rothen Main, ist mit Alleen ^und
schönen Spatziergängen umgeben, regelmäßig j
3. Nürnberg?
4. Passau?
5- Straubing?
6. Regensburg
Ingolstadt?
>. Bamberg?
. Baireuth?
149
Landeskunde von Bayern.
und schön gebaut. Baireuth hat Fabriken und
gute Volksschulanstalten.
10) Schwabach hat beträchtliche An-
stalten in Draht, Nadeln, Hüten, Kattun re.
n) Ellingen, ein schön gebautes Städt-
chen, ist der Hauptort des dem Feldmarschall
Fürst Wrede gehörigen Herrschaftsgerichts glei-
chen Namens.
12) Würzburg, eine alte, schöne, be-
rühmte Stadt, war die Winter-Residenz des
Königs, als Kronprinz, und liegt zu beyden
Seiten des Mains in einer schönen Gegend
zwischen Bergen mit Weknstöcken bepflanzt.
Die Stadt hat prachtvolle Gebäude, Wohlthä-
rigkeits-. Armen- und Unterrichts-Anstalten.
15) Asch affen bürg an der Mündung
der Aschaff in den Main. In der Nähe der
Stadt sind die schönsten Lustschlösser, und die
Juden haben hier eine Synagoge.
14) Speyer am Rhein, in den sich hier
der Speyerbach ergießt, liegt in einer ange-
nehmen Gegend, und hat eine schöne Dom-
kirche mit den Begräbnissen mehrerer teutschen
Kaiser.
15) lZ weybrücken. Diese Stadt war
vor der französischen Revolution die Haupt-
und Residenzstadt des Herzogthums Zwey-
brücken.
16) Landau ist stark befestiget, und zu
einer teutschen Bundesfestung erklärt.
17) Deggendorf, ein lebhaftes gewerb-
reiches Städtchen, treibt starken Garn-, Flachs-
und Leinwandhandel.
18) Fürth ist der größte Marktflecken im
Königreiche, vielmehr eine offene Stadt, in
der sich 800 Judeufamilien befinden, hat fast
alle Zweige der Manufakturen und Fabriken,
wie sie Nürnberg besitzt, und treibt wichtige
Handelsgeschäfte.
10. Schwabach?
11. Ellingen.
12. Würzburg?
13. Aschaffen-
burg ?
14. Speyer?
lö.Zweybrückeu?
16. Landau?
17. Deggendorf?
ik>. Fürth?
150 Landeskunde von Bayern.
iy. Aich ach. Unweit davon liegt das
Dorf Wirtelsbach, wo das Stammschloß der
Wittelsbacher, unsers regierenden Hauses,
stand *).
§. 6.
Gebirge.
Die Gebirge Bayerns sind bedeutend:
1) Das böhmisch-bayerische Granzgebkrge,
welches eine Fortsetzung der durch Tyrol lau-
fenden helvetischen Gebirge ist, — auf diesem
bildet sich ini Nordost des Reiches das Fich-
telgebirge.
2) Das Gebkrg, welches an der östlichen
Gränze Bambergs von Nord nach Süd lauft.
3) Ein Theil des Steigerwaldes im süd-
westlichen Theile Bambergs.
4) Die Reihe von Bergen, welche bey
dem Stekgerwalde beginnt, und von Südwest
nach Nordost beynahe mitten durch das Land
fortzieht.
5) Westlicher das Rhöngebirge.
6) Das vogcsische Gebirg im Rheinkreise,
welches sich mit seinen Aesten über den halben
Rheinkreis ausbreitet.
Sie haben bedeutende Höhe.
Die höchsten Spitzen der bayerischen Ge-
birge sind im Fichtelgebirge, nämlich:
a) der Schneeberg 5682 Fuß hoch.
b) ;> Ochsenkopf 56i7 » »
c) » Todtenkopf 5352 »
d) j> Farmleiten 3316 » »
19. Aich ach?
15.
Welcbe Gebirge
fjctt Bayern und
welche Richtung
nehmen sie?
16.
Welche sind die
höchsten Spitzen
der bayerischen
Gebirge?
*) Diesen Beyspielen mag der Lehrer weitere an-
reihen.
151
Landeskunde von Bayern.
Waldungen.
Bayern hat auch bedeutende Waldungen.
An Staatswaldungen 2,502,529 Tagwerke.
An Privatwaldungen 3,942,54? » »
6,444,876 » »
daher sie mehr als den vierten Theil de§ gan-
zen Flächenraumes des Reiches einnehmen.
§. 6.
Gewässer.
Bayern hat zwey große Hauptflüsse:
1) die Donau, 2) den Main.
Der Rhein fließt nur längs der östlichen
Gränze der Rheinprovinz vorüber; übrigens ist
dieser Landesstrich von einer Menge kleiner
Flüsse durchwässert, unter welchen die Speyer
zu nennen ist.
Die Donau entspringt bey Donaueschingen
im Schwarzwalde, tritt bey Ulm in das Kö-
nigreich, läuft von West nach Ost, theilt das
Land in zwey etwas ungleiche Hälften, die
südliche und nördliche, und ergißt sich nach
einem Laufe von 400 Meilen in das schwarze
Meer.
Ihr strömen von Süden und Norden Flüs-
se zu.
Von Süden: 1) die Iller, welche der
Gränzfluß zwischen Bayern und Würtemberg
ist; sie macht die Donau schiffbar, und fällt
in diese bey Ulm;
2) der Lech. Er fallt bey Augsburg in die
Donau, und wird wegen seinem reißenden Lau-
fe nur stromabwärts mit Flößen befahren;
5) die Isar, welche bey Deggendorf in
die Donau fallt;
17.
Welchen Flä-
chen raum neh-
men die Wal-
dungen Bayerns
ein?
13.
Welche sind
Bayerns Hanpt-
flüsse?
19.
Wo entspringt
und welchen Lauf
nimmt die Do-
nau?
20.
Welche bedeu-
tendere Flüsse
nimmt die Do-
nau während ih
rem Laufe durch
Bayern auf?
152
Landeskunde von Bayern.
4) Der Inn, welcher sich zu Passau in
die Donau ergießt.
Von Norden: i)die große Laber Zwischen
Sinzing und Bruck;
2) Die Naab, welche kn 3 Quellen ent-
springt, und nach derer Vereinigung oberhalb
Regensburg in die Donau fallt;
3) der Regen, welcher bei Regensburg in
die Donau fallt;
4) die Jlz bey Passau,, und 5) die Alt-
mühl unterhalb Kellheim.
In den Inn ergießen sich;
1) die Salza; sie bildet eine Meile lang
die Gränze gegen das Jnnviertel;
2) die Mangfall bey Rosenheim.
Die Naab hat drey Quellen: 1) die si'ch-
telbergische, entspringend auf dem Fichtelberge;
2) böhmische, im böhmischen Walde;
3) Haidnaab, auf der Haide bey Wke-
dcnberg.
Der Regen theilet sich a) in den schwar-
zen, b) weißen, c) kleinen.
Der Main kommt in zwey Quellen: 1)
der weiße entspringt im Fichtelgebirge auf der
hohen Farmleiten;
2) der rothe bey Knenßen im Ober-Main-
kreise. Sie vereinigen sich unterhalb Kulmbach,
nehmen dann den einfachen Namen Main an,
und dieser fallt in den Rhein.
Der Main nimmt nebst andern Flüssen
die Rednitz auf, welche schiffbar ist, und ihn
an Breite übertrifft. Sie erhalt ihren Namen
erst bey Vereinigung der fränkischen und schwä-
bischen Rezat, bey Friedrichs Gemünd.
Bayern hat auch beträchtliche Seen. Sie
sind:
1) Der Chimsee, wegen seines ungeheuern
Umfanges das bayerische Meer genannt, wie
der Vvdensee das teutsche Meer. Er liegt west-
21.
Welche bedeu-
tende Flüsse er-
gießen sich in den
Inn?
22.
In welche Quel-
len theilen sich
die Naab und
der Regen?
25.
Welchen Ur-
sprung und Lauf
hat der Main ?
24.
Welchen bedeu-
tenden Fluß
nimmt der Main
auf-?
23.
Welche beben-
de Seen hat
Bayern?
Landeskunde von Bayern. 153
lich von Traunstein, ist 2l/2 Meile lang und
1% breit, dann 80 Klafter tief. Aus ihm ra-
gen drey Inseln, genannt Herren-, Frauen-
und Oekonomie-Insel, hervor.
2) Der Würm- oder Starnberger-See.
Bemerkenswerth ist, daß sich dieser See immer
mehr Raum macht, und hie und da hat er
bey Mannesgedenken schon so bis 60 Schritte
Erdreich weggenommen.
5) Der Amersee. 4) Walchensee. 5)^Ko-
chelsee. 6) Tegernsee. 7) Schliersee. 6) Staf-
felst.
Bayern hat auch großen Reichthum an
vorzüglichen Mineralquellen, so daß wir viel-
leicht in wenigen Fällen zu ausländischen unsere
Zuflucht zu nehmen nöthig hätten. Sie besitzen
vorzügliche Heilkräfte, und ihrer zählt man in
den verschiedenen Kreisen gegen 60. Von vie-
len wird auch das Wasser in Flaschen zum
Trinken versendet.
Auch Kanäle besitzt Bayern, welche den
Handel befördern, und zum Wohlstände des
Landes wirken.
Die vorzüglichen Kanäle Bayerns sind:
1) Der Kanal bey Großweil, 43,000 Schuh
lang. Durch ihn wird bey der Floßfahrt auf
der Loisach der Kochelsee vermieden, und die
Fahrt abgekürzt.
2) Der Kanal bey Rosenheim, 7400 Fuß
lang. Durch ihn sind 1500 Tagwerke des
fruchtbarsten Bodens entstanden, und ein Dorf
dem drohenden Untergange entrissen worden.
26.
Was besitzt Bay-
ern an merk-
würdigen Quel-
len und Wassern-
27.
Welche vorzügli-
che Kanäle be-
sitzt Bayern?
§. y.
K l i m ö.
In einem Lande, welches neben großen
Ebenen auch beträchtliche Gebirge hat, wie
Bayern, können Luft und Witterung sich nicht
23.
Wie ist Bayerns
Klima beschaf-
fen ?
154
Landeskunde von Bayern.
überall gleich seyn. — Mild, angenehm und
warm ist es in den südlichen Thalern; — an
der böhmischen Gränze und im bayerischen
Walde fallt bald tiefer Schnee, welcher lange
liegen bleibt; — viele der Alpengebirge sind
mit ewigem Schnee bedeckt;— die weiten Ebe
neu zwischen dem Lech und der Donau beglückt
ein milder wohlthätiger Himmel, so auch die
Gegenden von AnSbach und Eichstadt, von
Bamberg und Würzburg, uud am Rheine.
In Niederbayern ist die Luft mehr trocken,
als feucht; häufiger Regen würde da bey der
Fettigkeit des Bodens dem Gedeihen des Ge-
treides hinderlich seyn;— in Oberbayern aber
kommen viele nasse Tage dem sandigen magern
Boden wohl zu statten. 29.
Die herrschenden Winde im Königreiche Welche sind die
find der Westwind und der Nodwestwind (beyde herrschenden
gewöhnlich feucht und mit Stürmen begleitet), Winde?
selten der heitere Nordostwiud und Ostwind,
noch seltener aber der Nord- und Südwind.
§. 10.
Boden und Erzeugnisse.
Bayerns Boden reihet sich nach seiner
Güte im Ganzen an die vorzüglichsten Teutsch-
lands. Die Strecke von Regeusburg bis über
Osterhofen, welche 8 Meilen lang, und 5 bis
6 Meilen breit ist, hat außerordentliche Frucht-
barkeit an üppigen Wiesen, und 12- bis i5fa-
chen Samen. Man nennt sie mit Recht die
Getreidkammer Bayerns. Feiner Sand mit
dünnen Thonlagen find die Hauptbestandtheile
der Erdscholle.
Auch die Gegend von Vilshofen sichert
reichen Ertrag, und die Landstrecke von Lands-
Hut bis Erding mit dem schwarzen fetten Bo-
den. Eben so auch die Bezirke von Landsbcrg,
50.
Wie ist Bayerns
Boden beschaf-
fen ?
u. Von RegenS-
bürg? '
b. Von Vrlsho-
ftn?
.Landsbcrg dgl.
155
Landeskunde von Bayern.
Ingolstadt, Bamberg, Würzburg; von Schwa-
ben, z. Memmingen, Dillingen u. st f.; — in
der von Lehm und Mergel gemischten Erdart,
oder in dem mit fettem Donau^chlamme ge-
mischten Sandboden.
Einer der fruchtbarsten ist der Boden des
Rbeiukreises mit seiner fetten schwarzen Gar-
tenerde.
Die außerordentliche Fruchtbarkeit verdankt
das Land in vielen Gegenden den Ueberschwem-
mungen schlammreicher Wassermassen.
Schlechte Gründe enthalt dagegen der baye-
rische Wald; die gebirgige obere Pfalz ist
durchaus mager, auch hat Bayern noch un-
fruchtbares Sumpfland.
Das bekannte Donau- und Jsarmoos, so
wie auch das Rosenheimermoos am Inn, er-
fordern noch angestrengte Kultur.
Bayern besitzt aus allen drey Reichen der
Natur Produkte, und hat alle jene selbst, de-
ren es bedarf.
Das Pflanzenreich liefert ihm alles Holz;
die Küchengewächse;— von Handelsgewachsen
vorzüglich Flachs, Hanf, Tabak, Hopfen,
Färb- und Oelgewachse, Arzneypflanzen, Fut-
rerkrauter aller Gattungen; — auf den Alpen
und Gebirgen die besten Grasarten, und an
Getreidarten liefert das Land Weitzen, Korn,
Gerste, Haber, Fesen oder Dünkel, Heidekorn
und Hirse, endlich auch Weine und Obst.
Das Thierreich liefert ihm die Haus- und
Iagdlhiere, das Geflügel, Gänse, Fische, Vö-
gel re.
Das Mineralreich liefert Edelsteine, Bau-
steine, und unter ihnen die vielfältigsten und
vorzüglichsten Marmorgattungeu, Erdarten zu
Gefäßen, Salze, brennbare Mineralien, Me-
talle. Waldbäche haben Perlenmuscheln, wor-
d. Im Nhcin-
kreise?
e. Ursache der
Fruchtbarkeit?
f. Im Wald
u. dgl.
31.
Worin bestehen
Bayerns Er-
zeugnisse im All-
gemeinen ?
».Pflanzenreich?
b. Thierreich?
c. Mineralreich?
i
156
Landeskunde von Bayern.
32.
Erzeugnisse Bay-
erns ?
aus zuweilen Perlen von beträchtlichem Werthe
gewonnen werden.
An edlen Metallen besitzt das Königreich
nur wenig. Die Ausbeute an Gold, welche
die Schwefelkiese von Vodenmais geben, ist
nicht groß, und aus dem Sande der Isar,
Donau und dem Inn ist keine beträchtliche
Quantität Waschgold zu erhalten. Die Kosten
der Bearbeitung lohnet es nicht.
Silber findet sich nur im Rheinkreise. —
Am häufigsten hat das Land das unentbehrli-
che Eisen.
Die Getreidarten sind das Hauptprodukt Welche sind die
und der größte Reichthum des Landes, und vorzüglichsten
neben ihnen macht das gemeine Koch- und
Küchensalz, das in unermeßlichem Verrathe
vorhanden ist, noch vorzüglichen Reichthum^
des Königreiches ans.
Es ist in dem Grade ergiebig, daß nicht
nur das ganze Königreich, sondern auch noch
einige Länder in und außer Teutschland damit
versehen werden können.
Bayern ist ein Ackerbauland. Schon in
ältern Zeiten konnte es jährlich mehr als
170,000 Schäffel Getreide in das Ausland
führen, und um das Jahr. r??o brachte es
jährlich gewiß mehr als 4 Millionen hervor.
Allein besonders seit 1799 machte Bayern im
Ackerbau bedeutende Fortschritte, und nach
Rechnungen vom Jahre 1803 war auf den
inländischen Schrannen ein Werth von g Mil-
lionen , und es wurden um mehr als 4 Mil-
lionen Gulden in das Ausland verkauft.^ Es
wurden seitdem noch 200,000 Tagwerke öden
Grundes kultivirt, und der Ertrag erhöhte sich
daher noch mehr.
Die königl. Regierung räumt die Hinder-
nisse hinweg, welche nachrheilig auf den Acker-
bau wirken, nämlich sie sichert das Eigenthum
33.
Welche sind die
Resultate des
Ackerbaues im
Allgemeine» 's
54.
Wie wird der
Ackerbau beför-
dert ?
157
Landeskunde von Bayern.
gegen Wildschaden, hebt lästige Dienstbarkei-
ten auf, entfernt die Gebundenheit der Gü-
ter, vermindert die Zahl der Feyertage, ent-
fernt durch Unterricht die Vorurtheile gegen
Stallfütterung und Brache, und trifft andere
vortreffliche Einrichtungen. Insbesondere trock-
net sie Moräste aus, und bringet immerfort
bde Gründe zur Kultur.
Schon des Ackerbaues wegen mußte auch
die Kultur der Wiesen steigen, und sie stieg.
Vom Regierungsantritte des angebeteten Kö-
nigs Max Joseph bis Ende 1803 wurden über
11,000 Tagw. einmadiger Wiesen zweymadig
gemacht, und auf 48,000 Tagw. Brachfeld
Futterkräuter gebaut. Auch vervollkommnete
sich die Wiesenkultur durch den starken Klee-
bau, und durch den landwirthschaftlichen Ver-
ein ist noch höhere Vervollkommnung zu er-
warten.
In den unfruchtbaren Gegenden, wo we-
nig Getreid gebaut wird, besonders im baye-
rischen Walde, ist der Flachsbau einheimisch.
Die Landgerichte Waldmünchen, Vohenstrauß,
Nabburg, Neuburg und Roding berechnen einen
jährlichen Ertrag von 67,000 Zent. Flachs.
Er gedeiht in der obern Pfalz, im Paffauischen,
und die Fluren des Rheinkreiseö sind mit
Flachs bedeckt.
Die Kultur dieses Produktes nimmt jähr-
lich zu.
Der Tabakbau ist besonders in Ansbach
sehr beträchtlich, und man berechnet jährlich
einen Ertrag von 20,000 Zent. Tabak.
Der Rheinkreis versendet einen großen
Theil in das Ausland.
Der Hopfenban ist im Aufnehmen, und
für die vorzüglichern Gegenden der obern Pfalz,
Nürnberg, Ansbach, Eichstädt, Abensberg,
55.
Wie ist Bayerns
Wiesenbau be-
schaffen?
56.
Wie ist Bayerns
Flachsbau be-
schaffen?
57.
Wie ist der Ta-
bakbau in Bay-
ern beschaffen?
53.
Wie ist der Ho-
pfenbau?
158
Landeskunde von Bayern.
Sulzbach, berechnet man einen Ertrag von
jährlichen 22,000 Zent.
An Obst verführt die Gegend von Bam-
berg jährlich nach allen Gegenden Teutschlandö,
nach Böhmen, auch England viele Tausend
Zentner Zwetschgen; das Landgericht Gräfeu-
berg allein verkauft jährlich um mehr als
50,000 si. Obst. Viele Gemeinden bildeten
Alleen mit Tausenden von Obstbauinen, und
der Landmann im Lallingenwinkel im bayeri-
schen Walde erzielt eine Menge Borstorfer
(Maschanzker) Aepfel.
Aber noch in vielen, und besonders auch
unsern Gegenden, ist die Unkunde des Land-
mannes und Bosheit und Muthwille großes
Hinderniß der Obstkultur.
Solchen Gewinn zwingt der Mensch der
Erde ab, er kann sich aber durch Veredlung
der gewonnenen Erzeugnisse noch weit höher»
Gewinn sichern.
59.
Wie ist dieObsi»
banmzncht?
§. 11.
Manufakturwesen.
Der Inbegriff alles dessen, was die na-
türlichen Erzeugnisse zur Veredlung und zu hö-
herem Werthe bringet, nennt man das Fabrik-
oder Manufakturwesen.
Die vorzüglichsten Fabrik- oder Manufak-
tur - Orte sind: Augsburg — Nürnberg — Ans-
bach — Baireuth — Schwabach — Fürth —
München — Erlangen -— Hof — Speyer —
Frankenthal — Zweybrücken.
Sie liefern Leder, Tuch, Kattun, Vaud,
Musselin, Messing, Eisen- und Stahlwaaren,
Tabak, Papier, Strümpfe, Spiegel, chirurgi-
sche und mathematische Instrumente rc.
Der Kunstfleiß erhielt in der neuesten Zeit_
größere Regsamkeit, so daß Bayern nunmehr denffrik« und Ma
40.
Was versteht
man unter Fa-
brik- und Ma-
nufakturwesen ?
Al.
Welche Städte
zeichnen sich als
Fabrik- oderMa-
nufaktnr-Orte
ans, und was
liefern sie?
42.
Wie ist das Fa-
\
Landeskunde von Bayern.
größer« Theil seiner Kunstbedürfnisse selbst auf-
bringt, und der eine Kreis dem andern aus-
belfen kann. Manche Manufakturen und Fabri-
ken liefern sogar eine Menge ihrer Waaren
zur Ausfuhr.
Im vorzüglichen Aufblühen ist das Fabrik-
nnd Manufakturwesen in den Strafarbeitshau-
sern. Jum eigentlichen Manufakturlande aber
inüßte der bayerische Wald werden, wenn die
sonst so emsigen Bewohner dieses Landstriches
sich an ein Fortschreiten in ihrer Industrie ge-
wöhnen wollten.
Die wichtigsten Manufakturen und Fabri-
ken, welche ihre Stoffe
1. aus dem Pflanzenreiche nehmen, sind:
a. die Leinwebereyen, b. Tabakfabriken, c.
Bierbrauereyen, d. Vranntweinbrennereyen, e.
Essigsiedereyen, k. Pech- und Pottaschsiedereyen.
2. Aus dem Thierreiche:
a. Die Wollenmanufakturen, b. Leder-
fabriken , c. Wachsbleichen, d. Kerzen- und
Seifenfabriken.
5. Aus dem Mineralreiche:
a. Die Eisen- und Stahlfabriken, b. Glas-
hütten, c. Steinarbeiten, d. Salzsiedereyen, e.
Anstalten zur Verarbeitung edler Metalle.
4. Aus den gemischten Naturreichen:
a. Papiermühlen, b. Strumpfmanufak-
turen.
Im Manufakturwesen hat Bayern, vor-
züglich im bayerischen Walde, einen Haupt-
zweig in seiner Leinweberey. Sie gibt ein aus-
gebreitetes Gewerbe. Im Unterdonaukreise al-
lein beschäftigen sich über 4ooo Weber, die je-
doch beinahe alle nur grobe Leinwand machen.
Im Oberdonaukreise sind mehr als 5000 We-
ber, und noch andere Landstriche zeigen sel-
tenen Gewerbsfleiß in der Weberey. Veredlung
159
nnfakturwesen
Bayerns im All-
gemeinen be-
schaffen?
42.
Welche sind die
wichtigsten Ma-
nnfaktureil und
Fabriken?
44.
In welchem Zu-
stande befindet
sich die Leinwc-
bercy ?
160 Landeskunde von Bayern.
dieses Erzeugnisses würde dem Landmanne hö-
her» Wohlstand sichern.
Die Tabakfabrikation ist so weit gekom-
men, daß man Hoffnung hat, in kurzer Zeit
den ausländischen Tabak ganz entbehren zu
können.
Man kann den jährlichen Umsatz ans 3
Millionen Gulden anschlagen, und das, was
an Fabriklohn, Veredlung und Gewinn dem
Lande erhalten wird, ans wenigstens eine halbe
Million.
Die Bierbrauereyen sind begünstigt durch
den großen Vorrath von Getreide.
Sie betragen gegen 5000, und man kann
den Bierverbrauch im Jsarkreise allein auf 110
Millionen Maß mit Zuverlässigkeit annehmen.
Die Branntweinbrennereyen spielen im
Rheinkreise ihre Rolle. Es werden hiezu alle
geeigneten Stoffe, die Abfalle des Weinbaues,
Weinhefe, Getreid, Trebern, Obst, und vor-
züglich die Kartoffeln verwendet. Jeder Land-
mann von einer starken Oekonomie sucht die
Branntweinbrennerey damit zu verbinden, weß-
halb die Zahl dieser Brennereyen im Rhein-
kreise schon 2000 betragen hat.
Den Vorzug vor allen Fabrikanstalten be-
haupten des großen Nutzens wegen, den sie
dem Lande gewahren, die Salzsi'edereyen. Ihr
Ertrag ist in der neuesten Zeit bedeutend ver-
mehrt worden. Die Salinen zu Reichenhall,
Traunstein, Rosenheim, Berchtesgaden, Phi-
lippsthal bei Dürkheim, liefern im Durch-
schnitte über 1,120,000 Zentner Salz, und
rechnet man den Zentner nur auf 5^ ff.
30 kr., betragt der jährliche Salzverkauf über
6,204,000 fl.
45.
In welchem Zu-
stande ist dle Ta-
bakfabrikation?
46.
Wie der Zustand
der Bierbrau-
ereyen ?
47.
WiedcrBrannt-
meinbrenncr-
eyen?
48.
Wie sind Bay-
erns Salzsicdcr-
eyen beschaffen?
Landeskunde von Bayern.
§. 12.
Handel.
Erst wenn das Land seine Natur- und
Kunsterzeugnisse mit Vortheil absetzen kann,
erhebt es sich durch den Handel zum höhern
Wohlstand.
So günstig die Lage der Flüsse wegen ist,
hat Bayerns Handel doch viele Hindernisse,
und die Berechnung zeigt kleinen Vortheil;
denn man schlägt den Werth der in das Aus-
land gehenden Waaren auf 55,000,000 Gulden,
und der eingehenden ans 54,000,000 an. Eine
günstigere Lage hat Altbayern für sich in Be-
zug auf Handel, weil es in allen seinen Thei-
len natürlich zufammenhängt, und weil auf
seinen hundert Flüssen alle Produkte und Fa-
brikate mit Sicherheit und geringen Kosten
versendet werden können. Die neuerlichen Han-
delsverbindungen mit den Nachbarstaaten sol-
len für Bayern wohlthätig wirken.
Die hauptsächlichsten Ausfuhr-Artikel
sind: Getreid, Holz, Obst, Flachs, Hopfen,
Wein, Vieh, rohe Häute, Salz, Garn, Lein-
wand, Leder, Eisen, Schnitzwaaren von Berch-
tesgaden und Ammergau rc.
Ans fremden Ländern bezieht das König-
reich Artikel des Bedürfnisses und des Lnrus,
als: feine Leinwand, Spitzen, feine Tücher,
Zeuge, Baumwoll- und Lederwaaren, russisches
Pelzwerk, feines Leder und Papier, Hopfen,
Tabak, Kaffee, Thee, Zucker, Weine, Spe-
zereyen, Galanteriewaaren rc.
Befördernisse des Handels sind:
1) die vielen Flüsse;
2) die Billigkeit der Frachtgebühren, wel-
che die bayerischen Landboten und Fuhrleute
fordern;
5) die gute Beschaffenheit des Postwagens;
161
4Y.
Wie hebt sich ein
Land auch er dem
Reichthume von
Erzeugnissen
vorzüglich?
50.
Wie ist Bayerns
Instand fürHan-
del beschaffen?
5 U
Welche sind
Bayerns haupt-
sächliche Aus-
fuhr-Artikel?
52.
Welche sind
Bayerns haupt-
sächliche Ein-
fuhr - Artikel?
55.
Welche sind die
Besvrdernissedes
Handels?
11
162 Landeskunde von Bayern.
4) die vortrefflichen Straßen;
5) die Verbindungen mit einigen Nach-
barstaaten.
Hauptsächliche Hindernisse des Handels
sind:
1) Mangel des eigentlichen Handelsgeistes
im Allgemeinen;
2) Ausschließung unserer Erzeugnisse in
andern Ländern, während Bayern die Einfuhr
fremder Produkte gestattet.
5) Ungünstige geographische Lage Bayerns,
so daß es allein gegen das Ausland keine ern-
ste Maßregeln mit Erfolg durchführen, sondern
höchstens in Verbindung mit andern teutschen
Staaten ein Zollsystem gegen die Fremden gel-
tend machen kann.
4) Es konnte der in den Hauptffüssen ent-
springende große Vortheil bis jetzt nicht in dem
Grade benützt werden, als er es verdiente,
denn
H ist die Schiffahrt noch nicht auf ihren
möglichen Grad der Vollkommenheit erhoben;
b) Main und Donau treten bald in frem-
des Gebiet, welches durch strenge Mauthge-
setze die Ausfuhr dahin erschwert;
e) der Ausfluß der Donau in das Meer
ist von den unnachbarlichen Türken in Besitz
genommen, und der Verkehr gestört, welcher
sonst in andere Weltheile getrieben werden
könnte, indem die Donau die Wasserverbindung
mit allen andern Welttheilen gibt.
6) Auch die Natur bietet Schwierigkeiten
dar. Die Donau ist ein sehr reißender Fluß;
daher ist stromaufwärts die Fahrt, langwierig,
und mit Kosten verbunden; daher werden die
meisten Fahrzeuge-avelche von Regensburg u. s. w.
nach Wien gehen, nicht von Pferden zurückge-
zogen, sondern da verkauft.
„ '
54.
Welche sind die
Hindernisse des
Handels?
Landeskunde von Bayern.
Die vorzüglichsten Handelsstädte sind:
Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Würz-
burg, München, Landau, Memmingen, Kauf-
beuern, Passau, Nördlingen, u. a.
Den Handel, und somit den Wohlstand
des Landes zu befördern, dienete vor allem die
Vereinigung des Rheins mit der Donau, oder
des schwarzen Meeres mit der Nordsee. Schon
Karl der Große hatte vor 1000 Jahren dieses
wichtige Werk auszuführen angefangen. Ware
diese Vereinigung erzielt, und der Ausfluß der
Donau in den Händen gebildeter Völker, so
würden wir die Produkte Asiens für unsere
Ueberflüsse des Anbaues und Kunstfleißes mit
der größten Leichtigkeit bekommen, unser über-
flüssiges Holz nach den Schiffswerften Hollands
senden, und von daher die ost- und westindi-
schen Produkte in den billigsten Preisen bezie-
hen können.
163
55.
Welche sindBay-
erns vorzüglichste
Handelsstädte?
56.
Welche Anle-
gung von Kanä-
len wäre zu wün-
schen u. wichtig,
um den Handel,
und so denWohl-
stand des Landes
zu erheben?
§. 13.
Verhältniß des Ackerbaues und der
Gewerbe.
Man hat berechnet, daß in einem Staate,
welcher wohl geordnet seyn soll, s/5 Theile der
Bevölkerung sich mit Anbau des Landes be-
schäftigen, und 2/5 Theile in Gewerben. In
Bayern besteht daher noch ein Mißverhältniß;
denn z. B. der Jsarkreis beschäftiget im Acker-
bau bey 500,000, und in Gewerben nur bey
30,000 Einwohner. Das richtige Verhältniß
kann erst mit der Freyheit der Gewerbe erzielt
werden, aber in so lange nicht ganz, als selbst
der Ackerbau noch ein Drittel der Bevölkerung
zu seinem Betriebe bedarf.
57.
Welches ist daS
Verhältniß der
Gewerbe zum
Ackerbau?
11*
£>
CS
'S
cr
>-+
o
N «
vc
if-i
'—' . . ui) à» ^ .;— ”
7-* !" Cla <^> S >*0 2-* ^ '-W—
O îi 5 C w 44 ■*-» ■*-♦ «“* *4— cs g
g « o ^ ^ c ^ 3 •“ & <5 Zî
= ©3 = e™J§ .5l.seè
S *>> •— 14 c o " r* tr
jo n L â '
«cs «> *j û û
■ ■-£ «5 =
S-« äcS,2
■e © " jg ^
^5J5.£_£ 2 ££> _ *—
^3 H«3 § 3
SS o xs ^ ^ c!3- ^ o
3 3 2 14 ^4 ^ «cs cs
o fg- J?Clo®«Ä
^ _ wf*“S •-• ^ Ck> ¿ C \ -f—»
-5 »Iler
= 2 c-.i'rs.^^ §
rs S ^3 *"* -£i «-> <0 C v
s£> " cs — rr <4. ceje-
“S' 3 ^ Jg (n^ " a 3 (
©'
|¿¡U.I||s»
ss >f> cs îzî 3 - 5
• 14 14 dj „ rc 14 -2 3
,C v< w S p u - ü
— r- . r- 3 3S cs cs
_ _ . (¿5 » _
’S « r-4 rts. â sgi
~ « £? Z -SvK £ £ » ° G*
g«©S-H3-H" '-E- -
à •- ^ L- s£{Â!U*
■ « «> tjry 14 SS ^ — -2 W
§ § si
"wfi'û jaa r -'■
~ ■?> «ite „."0 H
P
: crc
2-'
^ "N
es:
:íü^> o W.
5
>0
Q
rr ^“* ,
et-» •— «j fis. î> <s
QGf /i C *4 «-4~
14 ¿S
« «
£ ^u_ —w^> o cui ,
s 3 - 3 S ^ tO“S - -_
•s''“5 EÍf-«'SS¿.E
->-. 14 ,£> sst4 — " s " /J X S c e «ci - j_, ^ —
^ »5 3Ü ß s3-gi© ’^«n «3-0 i,
»cs CY ^ t- ir -cam ^os-ps^iOrr^o ^ 3 ¿è 3 4-4
P» P c s cp^.ccs^^-s ' •£ « 5* «- o •-
S-2i '-«'“‘•Si g 3 •££-&£) «v.-eôggeSgS
5-^- £ 14 « £ £û
333 ^.ti A* - .S ~ ~ 5 â'— t: ^ à- ^ ^ —
CS 1“ °-3 <s- Z «O W j-Qc*“^ 4-iä 3 Q 3
*k O ^ Ses?, a* ^ua
- -3 .S3 .3* «Q 3 «3 ts ;2- 3 §> î -
¿Í s- d « CS «3 ca 3 '3- O .ït d 4>.3 3
£5 Æt »4— co ôoîWww î>0 ^clgaííí
L©^
N ^4
“íR ,*3
2 ® e
!? 5 2-es»
R ^
Landeskunde von Bayern.
305
den Gewerbe in sämmtlichen Theilen des Kö-
nigreichs.
§. 15.
Charakter.
Die Bayern bilden ein gutes ruhiges
Volk, das die Ordnung liebt, den Gesetzen
willig gehorchet, von falscher Freyheit und sla-
vischem Sinne, von Religionsschwärmerey und
Irreligiosität gleich entfernt, und arbeitsam ist.
Es ist ein kraftvolles, biederes, teutsches Volk,
das mit Leib und Seele dem Vaterlande und
seinen Wittelsbachern anhängt, und in allen
Verhältnissen, im Gluck und Unglück, immer
nur eine und dieselbe Loosung kennt:
»Für Gott, König und Vaterland!"
Seine einzelnen Stämme unterscheiden sich
aber durch Charakterzüge.
1) Der Altbayer ist kräftig, und noch den
Gebräuchen seiner Vorfahren ergeben. Patrio-
tismus und Tapferkeit hat er bey jeder Gele-
genheit beurkundet. Der gemeine Mann aber
konnte bisher dem Vorwurfe nicht entgehen,
daß er bey einer ziemlich großen Portion von
Rohheit Zu Schlägereyen geneigt, und dem
Trünke und Aberglauben, ergeben sey.
2) Der Schwabe ist lebhaft und gesprä-
chig; seine häusliche Lebensart beweiset Ge-
nügsamkeit.
5) Der Franke spricht ohne Verstellung
und unnütze Komplimente, und handelt unge-
zwungen; er hält sehr auf Ehre, und ist da-
her gegen die Ehre, gelobt zu werden, nicht
gleichgültig.
4) Für alles Gute und Bessere empfäng-
lich ist der Rheinländer.
61.
WetchüN Charak-
ter hat das Volk
der Bayern?
a. Im Ganzen?
b. In seinen
Stammen?
1. Der Alt-
bayer?
2. Der Schwa-"
be?
3. Der Frauke?
4. Der Rhein-
länder?
166
Landeskunde von Bayern.
§. 16.
Verfassung und Verwaltung.
Bayerns Verfassung ist monarchisch, mit
einer Volks - Repräsentation. Der König re-
giert nach gegebenen Staatsgesetzen, die nur
mit Beyrath und Zustimmung der Stande
geändert werden können, daher auch die Ver-
fassung konstitutionell ist, und das Staats-
grundgesetz die Konstitution heißt.
Die Regentschaft ist erblich im Manns-
stamme des regierenden Hauses uach dem
Rechte der Erstgeburt.
Der Titel des Monarchen ist: »Von Got-
tes Gnaden, König von Bayern." In der
Anrede bedient man sich des Ausdruckes: »Al-
lerdurchlauchtigster. Großmächtigster König!
Allergnädigster König und Herr!" Im Conter-
te: »Euer Majestät!" Unterschrift am Schlüs-
se : »Euerer Königlichen Majestät allerunter-
rhanigst treugehorsamst.
Die allerhöchsten Personen der königlichen
Regentenfamilie sind:
1) Se. Majestät König Ludwig Karl Au-
gust, geb. den 25. August i?86.
2) Ihre Majestät Königin Therese Char-
lotte Louise, Prinzessin vonSachsen-Hildbnrg-
hausen, geboren den 8. Juli 1792.
2) Kronprinz Maximilian, geb. den 23.
Nov. 1811.
Den Thron umgeben vier hohe Beamte
des Reiches, genannt Krön-Beamte, als:
1) Der Krön-Oberst-Hofmeister.
2) Der Krön-Oberst-Kämmerer.
3) Der Krön - Oberst - Marschall.
4) Der Krön-Oberst-Postmeister.
Sie stehen bey feyerlichen Gelegenheiten
auf der obersten Stufe des Thrones, neben
den Staats- und Konferenz-Ministern, und
62.
Was hat Bay
ern für eine
Staatsverfas-
sung?
65.
Wie ist der Ti
tel und die An
rede des Mo-
narchen ?
64.
Welche sind die
allerhöchsten
Personen der
Negenten-
familie?
65.
Welche sind
Kronbeamte?.
167
Landeskunde von Bayern.
tragen die Insignien des Reiches, die Krone,
das Scepter, das Schwert und den Reichsapfel.
Jur Erhöhung des Glanzes der Krone,
aber auch zur Belohnung des Kriegs- und
Civil-Verdienstes haben Bayerns Regenten
verschiedene Orden gestiftet.
Die Grundverfassuug oder Konstitution
Bayerns sichert das Volk vor Willkühr, da
es nicht nach Willkühr der Richter und Be-
amten, sondern nach dem Gesetze regiert wird;
sie gibt ihm Gemeinde-Verwaltungen, damit
die Gemeinden an der Verwaltung der sie zu-
nächst betreffenden Angelegenheit selbst Antheil
haben, und ihr Beßres bewahren können; ■—
und eine Versammlung der Staude als Stell-
vertreter des Volkes, damit auch die öffentli-
chen Interessen allseitig und vom Volke selbst
berathen und entschieden werden.
Bayern hat eine Volks-Repräsentation,
und diese besteht:
1. aus Reichsrathen,
2. auö Abgeordneten des Volkes jeder
Klasse.
Die Versammlung der Stände wird we-
nigstens alle drey Jahre vom Könige einberu-
fen, und alle sechs Jahre geschieht eine neue
Wahl der Abgeordneten. Der König kann auch
die ganze Versammlung auflösen, alsdann
muß aber wenigstens binnen drey Monaten
eine neue Wahl der Kammer der Abgeordneten
vorgenommen werden.
Ohne Beyrath und Zustimmung der Stän-
de kann kein allgemeines neues Gesetz, welches
die Freyheit der Personen, oder das Eigen-
thum der Staatsangehörigen betrifft, erlassen,
noch ein schon bestehendes abgeändert oder auf-
gehoben werden.
Der Köuig erholt ihre Zustimmung zur
Erhebung aller Steuern; den Ständen werden
66.
Warum gibt es
Ehrenzeichen
oder Orden?
6?.
Welche sind die
Hauptpunkte der
Grimdverfassung
oder Konstitution
Bayerns?
68.
Woraus besteht
Bayerns Reprä-
sentation?
69.
Wann tritt die
Versammlung
der Stände ein?
70.
Welchen Wir-
kungskreis haben
die Stände?
168
Landeskunde von Bayern.
die Staats-Einnahmen und Ausgaben vorge-
legt, und die Verwaltung nachgewiesen. Zu
jeder neuen Staatsschuld ist ihre Zustimmung
erforderlich, und ihrer Genehmigung wird der
Schuldentilgungsplan vorgelegt. Auch dürfen
sie Wünsche und Anträge stellen, und Be-
schwerden über Verletzung der Staatsverfassung
vor den König bringen.
Zum Andenken der Entstehung der Ver-
fassung wurde eine eigene Medaille, die Kon-
stitutions-Denkmünze, geprägt. Sie stellt auf
der einen Seite einen Würfel, als Symbol
ihrer Festigkeit und Unverletzlichkeit, dar, mit
der viel sagenden Aufschrift: »Magna Charta
Bavariae” da sie als das große Gesetzbuch
die politische Freyheit des Volkes fest begrün-
det und sichert. Sie stellt auf der andern Seite
das Vildniß des erhabenen Gesetzgebers, Kö-
nigs Mar Joseph!, dar, welcher mit der Ver-
fassung dem Volke eine Reihe glücklicher Jahr-
hunderte schaffen wollte.
Zu seiner Vertheidigung hat der bayerische
Staat
1) Eine stehende Armee, welche in Kriegs-
zeiten 66,000 Mann betragen muß. Im denk-
würdigen Jahre 1L15 betrug sie 66,000 Mann.
2) Reserve - Bataillons zur Verstärkung
des Heeres, die im Falle des Aufgebothes alle
Verpstichtungen, Ehre und Vorzüge mit dem-
selben theilen.
5) Die Landwehr, bestehend aus 200 Ba-
taillons Infanterie und 60 Eskadrons Kaval-
lerie. Sie dient jedoch nur innerhalb der Grän-
zen des Reiches.
Als echte Grundlage aller Volks-Aufklä-
rung, als wahres National-Jnstitut, bestehen
über 5000 planmäßig eingerichtete Volks- und
Feyerragsschulen im Königreiche.
Uebrigens unterhält der König zur Beförde-
rt.
Was bedeutet
die sogenannte
Constitutions-
Münze?
72
Welche Anstal-
ten hat der
Staat zu seiner
Vertheidigung?
73.
Wie sorgt der
Staat für das
moralische Wohl
seiner Bürger?
169
Landeskunde von Bayern.
ntticj der Wissenschaften eine Akademie der
Wissenschaften und der bildenden Künste, auch
bestehen 5 Hochschulen, Lyceen, Gymnasien,
und einzelne Studien-Vorbereitungs- und hö-
here Bürgerschulen.
Die vorzüglichsten Quellen des Staats-
Einkommens sind:
1. Die Grundsteuer. Sie ist in wenigen
Staaten so mäßig, wie in Bayern, und be-
tragt im Simplum Vs Prozent des Mittel-
werths der Güter, somit im Ganzen Vs Prozent;
2. Die Hausersteuer, gleich billig und
um so mäßiger als nur drey Simpla mit Vs
Prozent erhoben werden;
5. Die Dvminikalsteuer;
4. Die Gewerbsteuer, welche mäßig ist,
und wobey das Au- und Abnehmen des Ge-
werbs-Betriebes berücksichtiget wird;
5. Die Familiensteuer.
6. Die Einnahmen aus Maurh-, Auf-
schlags-, Stempel-Tar- und Sportelgefällen.
Bayern ordnet seine Angelegenheiten durch
verschiedene Stellen und Aemter.
Die oberste Leitung der acht Kreise ha-
ben die königlichen Staats-Ministerien.
In jedem Kreise besorgt ein Appellations-
gericht die Rechtspflege, und eine Regierung
die übrige Verwaltung. Die Appellationsge-
richte sind einem höchsten Justiztribunale, dem
königlichen Oberappellationsgerichte untergeben.
In den Kreisen selbst sind wieder als
unterste Aemter: Stadt - Land - Herrschafls-
Patrimonial-Gerichte, Rentämter, Forstäm-
rer rc., zur Verwaltung der Justizsachen
und polizeylichen Angelegenheiten rc., auf-
gestellt. Der Landgerichte sind insbesondere
206 in den ältern sieben Kreisen. Die geistli-
chen Angelegenheiten stehen unter der Leitung
des Ministeriums des Innern. Die katholi-
74.
Wie ist Bayerns
Staalv-Eilikoin-
men?
75.
Durch welche
Einrichtungen
wird Bayern
verwaltet?
170
Landeskunde von Bayern.
scheu Angelegenheiten besorgen zunächst -zwey
Erzbischöfe und sechs Bischöfe; die protestanti-
schen ein General-Konsistorium und drey Kon-
sistorien.
Jeder Kreis hat ein eigenes Appellations-
gericht, und solches befindet sich in Landshut,
Straubing, Amberg, Neuburg an der Donau,
Ansbach, Bamberg, Würzburg und Zweybrü-
ck'en. In München ist das Öberappellationö-
gericht.
Bayern steht, wie jeder Staat, mit Nach-
barstaaten und andern Mächten in Berührung;
insbesondere steht es im Bunde mit den Fürsten
und freyen Staaten Teutschlands zum Zwecke der
Erhaltung der Unabhängigkeit und ^Unverletz-
lichkeit der einzelnen teutschen Staaten.
Hieraus gehen verschiedene Vertrage mit
den auswärtigen Staaten hervor.
Einige Vertrage bestimmen den Besitz der
Lander, welche zu Bayern gehören, oder an
dasselbe kommen, oder welche es andern Mäch-
ten überlassen mußte; —
Andere Vertrage bestimmen, daß den Un-
terthanen der gegenseitigen Staaten gestattet
ist, ohne besondere Vermögens-Abzüge in ei-
nen fremden Staat hinzuwandern, welche man
Freyzügigkeits-Verträge nennt; andere bestim
men, daß die Deserteurs und Konscriptions-
pflichtigen von den kontrahirenden Staaten ge-
genseitig ausgewechselt werden; andere die
wechselseitige Uebernahme der Vaganten und
Ausgelieferten rc. rc.
Die teutschen Fürsten und freyen Städte
haben unter sich den Bund geschlossen, und
sich das gegenseitige Versprechen gemacht, so
wohl ganz Teutschland als auch jeden einzel-
nen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz
zu nehmen, sich unter keinerley Vorwand
76.
In welchen
Städten sind
Appellationsge-
richte?
77.
In welchem Ver-
hältnisse steht
Bayern zu an-
dern fremden
Staaten?
73.
Welche sind im
Allgemeinen die
Verträge Bay-
erns mit andern
Mächten?
79.
Was ist der
teutsche Sraa-
tenbund?
Landeskunde von Bayern.
zu bekriegen, und ihre Streitigkeiten nicht mit
Gewalt zu verfolgen, sondern sie bey der Bun-
desversammlung anzubringen, welcher alsdann
obliegt, die Vermittlung durch einen Ausschuß
zu versuchen, und falls dieser Versuch fehl-
schlagen sollte, und demnach eine richterliche
Entscheidung nothwendig würde, solche durch
ein wohlgeordnetes aus sich selbst gebildetes
Gericht zu bewirken, dessen Ausspruche sicl) die
streitenden Theile zu unterwerfen haben. Je-
der Staat hat zu einem Bundeskriege nach
seiner Volksmenge eine gewisse Anzahl Trup-
pen zn stellen.
Die Versammlung der Vundesmitglieder,
Bundes-Versammlung genannt, hat ihren Sitz
zu Frankfurt am Main.
Die vorzüglichsten Mitglieder der Bundes-
versammlung sind:
1. Oesterreich, 2. Preußen, 5. Bayern,
4. Sachsen, 5. Hannover, 6. Württemberg,
7. Baden, 8. Hessen, y. Dänemark, 10. Nie-
derlande, 11. mehrere andere, und endlich 12.
die 4 freien Städte: Lübek, Frankfurt, Bremen,
Hamburg. Ihre Stimmenzabl ist verschieden.
Unter den europäischen Staaten hat Bay-
ern den dritten Rang im deutschen Bunde nach
seiner Ausdehnung und Volkszahl.
§. 17.
Existenz.
Bayerns geographische Lage ist nicht gün-
stig.
Denn, 1. ein bedeutender Bestandtheil
hangt mit dem Mutterlande gar nicht zusam-
men, und dadurch ist die Kraft des Staates
geschwächt.
2. Es ist nur im Osten durch das Vöh-
merwald-Gebirge und im Westen durch den
171
60.
Wo hat die
Bimdesver-
samm'llng ihren
Siy?
61.
Welche sind die
Mitglieder deS
teutschen Bun-
des?
82.
Welchen Rang
hat Bayern?
83.
Ist Bayerns
geographische
Lage günstig für
seine Sicherheit?
172
Landeskunde von Bayern.
Steigerwald durch natürliche Gränzen geschützt.
Das unverwahrte Vaterland ist daher, im
Ganzen genommen, jedem feindlichen Angriffe
offen gestellt.
Seit Garibald Vojoarien selbst herrschend
machte, ist Bayern die Scheidewand oder Mit-
telmacht zwischen Frankreich und Oesterreich;
verhindert, daß diese Machte sich reiben und
sichert die Ruhe Europas, und das Daseyn
der kleinen Staaten, denn, wohin es sich neigt,
ist Gleichgewicht und auch Uebergewicht. Als
Karl der Große diese Scheidewand niederrieß,
und Bayern nahm, hatte er Uebergewicht, und
er wurde Herr von ganz Europa.
So lange daher Frankreich und Oester-
reich den Frieden der Welt und das Wohl der
Menschheit lieben, werden sie Bayern nicht
untergehen lassen. Daher hat aber auch Bay-
ern an allen großen Welrbegebenheiten An-
theil genommen, und wurde in alle Kriege
hineingezogen; aber immer stand es aufrecht
durch eigene Kraft, und sinkt es auch, erhebt
es sich bald wieder.
6a.
Wie ist die
Existenz des
Vaterlands
sichert?
Vaterlands-Geschichte
§. i.
Eingang.
Darstellung der Begebenheiten eines Lan-
des, welches ein Volk sein Vaterland nennt,
heißt Vaterlands-Geschichte.
Man lehret Vaterlandsgeschichte auch in
Landschulen, um durch die edlen Beyspiele die
Liebe zum Vaterlande und zum Regenten,
und edle Nacheiferung zu wecken, — um durch
traurige Beyspiele vor Verirrungen zu war-
nen, — und um durch den Gang der Bege-
benheiten einsehen zu lernen, wie ein Ereign iß
das andere nach sich zieht.
Wir behandeln die Geschichte Bayerns,
weil es unser Vaterland ist.
Sie soll uns in Kurzem lehren, den Ur-
sprung der Nation; — ihre und des Vater-
landes merkwürdigen Schicksale unter den ver-
schiedenen Regentenhausern; — der Regenten
heilbringende Thaten, auch Fehlgriffe, und der
Bewohner nachahmungswürdige oder warnende
Thaten ; endlich den Stufengang der Gesittung,
und den Zustand des Landes.
§. 2.
Urgeschichte.
Das Volk der Bayern har ein ehrwür-
diges Daseyn. Es kam ursprünglich aus Asien
nach Gallien, in das heutige Frankreich, mit
Völkern, die man Gallier oder Celten nannte *).
1.
Was heißt Va-
terlandsgeschich-
te?
2.
Warum lehret
man auch in den
Landschulen Va-
terlandsge-
schichte?
3.
Welche Landes-
geschichte haben
wir zu behandeln
und was?
4.
Welche ist die
älteste Geschichte
Bayerns?
*) Ist die Landkarte damit zu verbinden.
374
Vaterlands; Geschichte.
Vor mehr als 2000 Jahren wohnte m
Gallien ein König von großer Macht; sein
Name ist Am big a t.
Ihm wuchs des Volkes soviel, daß es
sein Reich nicht fassen konnte. Da gebot er
den Söhnen seiner Schwester, mit Leuten aus-
zuziehen, und es zogen Belloweö und Sigo-
wes mit streitbaren Männern. Sie zogen nach
entgegengesetzten Richtungen.
Belloweö lagerte sich nach vielen Käm-
pfen an der Donau, Sigowes in Böhmen.
Sie waren 5 bis 600 Jahre getrennt. —
Sigowes Nachfolger wurden endlich von an-
dern heranziehenden Volkerstammen aus Böh-
men vertrieben, sie wandten sich zur Donau,
und vereinigten sich mit ihrem stammverwand-
ten Volke.
So waren sie in das heutige Bayern ge-
kommen , welches auch zum Theil das alte
Stammland ist.
Die Vereinigung der beyden Urstamme
geschah um das Jahr vor Christi Geburt.
Sie nannten sich Bojer, und das Land
Bojenland.
Ihr Name schöpfte sich daher, daß sie in
Frankreich eine waldige Gegend bewohnten,
daher Waldbewohner, Bojer, Boaren genannt
wurden. Ihre Tapferkeit erwarb ihnen auch
den Namen Tolisto-(Helden) Bojer.
Persönliche Tapferkeit und Treue des
Wortes waren die größten Tugenden der Bo-
jer. Krieg war ihre National - Neigung , und
sie waren kampffertig auf den ersten Wink.
Ihre Religion war Heidenthum, denn sie
beteten mehrere Götter an, und verehrten sie
unter Eichen auf Höhen, an Bächen und in
Thälern. Ihre vorzüglichen Gottheiten waren:
der Thor oder die Sonne, Herta oder die
Erde, und der Kriegsgott Altmann, welchen
5.
Wann geschah
die Vereinigung
der getrennten
Urstamme der
Bayern?
ti.
Welchen Namen
hatten ursprüng-
lich die Bayern,
»nd welchen ihr
Land? woher?
7.
Durch welche
Eigenschaften
zeichneten sich
die Bojer auö?
3.
Welche Religion
hatten die Bojer?
175
Vaterlands; Geschichte.
ihre Priester, die sie Druiden oder Eichherren
nannten, Vieh und Menschen schlachteten, aus
deren Eingeweiden sie wahrsagten. Alte Jung-
frauen , die sich ebenfalls auf das Wahrsagen
verlegten, hießen sie Druidinen oder Alraunen.
Die Bojer hatten eine freye Verfassung
unter einem eigenen Fürsten, denn sie König
nannten.
Die Teutschen, und so auch die Bojer, hat-
ten zur Zeit der Völkerwanderung nur Dörfer,
und in des Hofes Nahe grünte oft ein Bauin-
garten, und ihn zu schänden, war strafllich.
Nachdem die Urstämme der Bojer sich
wieder vereinigt hatten, streiften sie über das
Gebirg, die Alpen genannt, und fielen öfter in
das jenseits liegende Land der Römer ein. Die-
sen war das Bojerland noch unbekannt. Nun
aber kamen auch sie über die Alpen, und nah-
men das Land in Besitz. Sie nannten es V i n-
d e l i c i e n.
Sie bebauten es, und in beynahe 2oojäh-
riger römischer Verwaltung erfreute es sich ho-
hen Wohlstandes.
Aber es begann die große Völkerwan-
derung, und Völker aus Norden nahmen auch
das Bojerland im 4ten Jahrhunderte nach
Christi Geburt in Besitz.
Dem Lande blieb der Name Vojenland,
doch hieß da§ Volk nach der Mundart des
Zeitalters der neuen Bewohner — Vojoaren.
Die Vojoaren hatten einen Adel, und der
bojoarischen Adelsgeschlechter waren fünf.
Am höchsten war das Haus der Agilol-
finger geachtet, und aus ihm wurde zu Krieg
und Frieden des Volkes Herzog gewählt.
§. s.
A g i l o l f i n g e r.
Das agilolfingische Regentenhaus ist das
y.
Welche Verfas-
sung hatten die
Bojer?
10.
Wie waren die
Wohnungen der
Teutschen zur
Zeit der Vo lkcr-
wanderung be-
schaffen?
11.
Welches Schick-
sal hatte das
Bojerland bald
nach Vereini-
gung seiner Völ-
kerstämme?
12.
Hatten die Bo-
lo aren einen
Adel?
15.
Welches Adclge-
schlecht der Bo-
joaren war vor
allen.geachtet?
14.
Welches ist daS
erste Regenten-
176
Vaterlands - Geschichte.
erste bekannte, welches über Bojoarr'en Herr-
schaft pflog, und Herzogthum besaß.
Als die Völkerwanderungen Alles umge-
stalteten, behauptete Niemand mit Nachdruck
die Herrschaft über die fernen Bojer. Sie er-
griffen daher die Herrschaft selbst und wähl-
ten ungefähr im Jahre 555 einen eigenen
König, auch Herzog genannt.
Die Herrscher zu Bojoarien verloren schon
bald zu Ende des 6ten Jahrhunderts ihre Un-
abhängigkeit, und mußten die Oberherrschaft
der Franken anerkennen. — Die Franken wa-
ren ein mächtiger teutscher Völkerstamm, wel-
cher schon im 5ten Jahrhunderte ein großes
Reich, besonders im heutigen Frankreich, ge-
stiftet hatte.
Mit diesen Franken schlossen die Vojoaren
Vündniß, da ihr Land immer von gefährlichen
Nachbarn bedroht war; jene mischten sich aber
bald in alle Landes - Angelegenheiten, und
errangen die Oberherrschaft. — Ohne Einwil-
ligung der fränkischen Könige durften die Her-
zoge zu Vojoarien nicht Krieg und Frieden
schließen, und nicht mit Feinden des Franken-
landes halten.
Ausserdem waren sie unabhängig.
Als erster Herzog zu Vojoarien ist Ga-
ribald I. bekannt. Von seinen Schicksalen aber
schweigt die Geschichte.
Ihm folgten sein Verwandter Tassilo I.;
dann dessen Sohn Garibald II.
Unter Garibald II. Regierung erzählt uns
die Geschichte eine schreckliche That.
Ein Volk, genannt die Vulgaren, em-
pörte sich um Oberherrschaft, wurde aber in
Schlachten geschlagen, und rief den damaligen
fränkischen König Dagobert an, es in sein
Reick aufzunehmen.
Er beredete den Herzog Zu Vojoarien, sie
haus zu Vojo-
arien ?
15.
Wie kamen die
Agilolf.znrHerr-
schaft über Boj.?
16.
Regierten die
Herrscher zu Bo-
je arten unab-
hängig?
17.
Wer ist als erster
Herzog in Do-
joarien bekannt?
18.
Welche zwey Re-
genten folgten
Garibald l. ?
iy.
Welche schreckli-
che That führt
die Geschichte
unter Garibald
dem II. auf?
Vaterlands- Geschichte.
über den Winker zn beherbergen. Den König sen-
kte aber bald die Zusage, und er befahl dem Her-
zoge, alle Bulgaren zu todten. Unmenschlich,
wie das Gebot, war des Herzogs Gehorsam.
In einer einzigen Nacht wurden 9000 Gast-
freunde ermordet./
Garibald dem II. folgten noch 5 Regenten
aus dem agklolfingischen Stamme,ohne daß jedoch
die Geschichte besonders Merkwürdiges erwähnt;
endlich als der letzte Sprosse, Herzog Tassilo II.
Wie andere benachbarte Volker, suchten
auch bald die Bojoaren das Joch der Franken
abzuschütteln, wurden aber überwunden, und
ihr Reich als fränkisches Land betrachtet.
Damals lebte am Hofe des fränkischen
Königs Pipktt der junge Agilolfinger Tassilo,
und ihn belehnte nach erlangter Großjährigkeit
Pipin mit Bojoarien. Tassilo und die Ersten
Bojoariens mußten in Pipins und seiner Söhne
Hände den Eid der Lehentreue schwören.
Er war nun Herzog Tassilo der II.
Tassilo der II. brach schon gegen Pipin den
Leheneid, dessen Leistung er bereuete; folgte
auf den Ruf des Königs nicht zum Heerbann,
und erklärte sich und seine edlen Bojoaren für
frey und unabhängig; Pipin verzieh, obgleich
schon Heerverlassung strafbar war.
Tassilo ergriff auch gegen Pipins Nach-
folger, König Karl, die Waffen, wurde über-
wunden , schwur wiederholten Leheneid, aber
brach ihn, da er mit Nachbar-Völkern Auf-
stand unterhandelte.
Er wurde verrathen, selbst von Bojoaren
des Meineides angeklagt und überwiesen, und
vom König Karl mit seiner Familie in ein
Kloster gesperrt.
Karl nahm das Land.
Der Eroberer Karl erschrack vor dem ver-
geltenden Schicksale, und er wollte noch Tas-
L77
20.
Wer war der
letzte Regent ans
dem agtlolsingi-
schen Stamme?
21.
Wie stand cS mit
der Unabhängig-
keit Bojoariens,
als Tassilo II. zur
Regierung kam?
22.
Welches Schick-
sal hatte Herzog
Tassilo H., und
mit ihm das
Land?
- .X,
23.
Was that der
fränkische König
12
178 Vaterlands - Geschichte.
silos Verzicht ans das Reich, damit die Besitznah-
me nicht als Gewaltthat erscheine. Er berief nach
sechs Jahren eine große Kircheuversammlung, in
rvelche er auch Tassilo führen ließ. Hier gab
dieser unwiderruflich Anspruch und Eigenthum
hin, und wanderte wieder in das Kloster.
Vojoarien fiel unter die fremde Votmäs-
sigkeit der fränkischen Könige.
Seit der Völkerwanderung, drktthalb Jahr-
hunderte lang, hatte Vojoarien Fürsten aus
eigenem Volke, aus dem Herrschergeschlechte der
Agilolfinger.
Nach ihnen kamen die Regenten Vojo-
ariens aus dem Stamme der Karolinger, so
genannt vom fränkischen Könige Karl, dem
Großen.
§. 4.
Karolinger.
Karl der Große regierte Vojoarien 25 Jahre
hindurch so gütig und klug, daß man ihm die
Gewaltthat gegen Tassilo, dem er das Land
nahm, verzieh. Unter ihm blühte das Land,
und schwand der Aberglaube durch Unterricht in
den Schulen, deren Einrichtung er sich vor al-
lem angelegen seyn ließ. Er, der auf gute Er-
ziehung den größten Werth setzte, fand es
nicht unter seiner Würde, selbst in den Kreis
der Kinder zu kommen; er besuchte die Schu-
len, um die Kinder zu prüfen und zu ermun-
tern. Er traf die schönsten Anstalten zur Got-
tes-Verehrung, errichtete Pfarreyen, und ver-
ordnete 794, daß man den Geistlichen den
Zehent geben müsse.
In allem war dieser große Monarch mu-
sterhaft, er lebte äußerst genügsam und ein-
fach, und seine Kleidung war gemeines Land-
tuch.
1 >
Karl, um Vojor
anen ganz an
sich zu bringen-
24.
Wie lange hatte
Vojoarien Für-
sren aus eigenem
Volke?
25.
Aus wclchemNe-
gentcnhanse sind
nach den Agilol-
angern Dojoari-
ens Herrscher?
26.
Nie regierte
Karl der Große
aber Vojoarien?
Vaterlands * Geschichte.^
Unter den Karolingern wurde Bojoarien
ein Königreich. !
Karl des Großen Sohn, Ludwig, theilte
sein Kaiserreich im Jahre 825 unter seine drey
Söhne, und sein Sohn Ludwig erhielt Bo-
joarien als Königreich. Er bezog als König
Ludwig I. Regenöburg zur Residenz.
Ihm war wenig Friede geworden.
Mit äußern Feinden kämpfend, hatte er
auch 14jährigen Hader mit Vater und Brüdern.
Sein Vater, Ludwig der Kaiser, hatte sich
noch als Wittwer vermählt, bekam einen Sohn,
und ihn reuete nun die frühere Theilung
des Landes. Als Vater der Könige und Herr
des gesammten Reiches theilte er das Land
wieder, und darum entstand Krieg zwischen
Söhnen und Vater, und nach des Vaters
Tode zwischen den Brüdern.
Im Kampfe wegen Ländertheilung siegte
Ludwig über seine Brüder, und es wurde der
Antrag gemacht, daß das teutsche Land zu allen
Zeiten ein unabhängiges mit eigenen Königen
seyn soll, und er wurde König in Teutschland.
Daher heißt er auch Ludwig der Teutsche.
Wie Ludwig der Teutsche gegen Vater
und Brüder seinen Söhnen das Beyspiel gab,
thaten auch diese gegen ihn. Sie verlangten
Theilung und begannen Krieg gegen den Va-
ter. Er erfüllte ihren Willen, und zeigte je-
dem sein künftiges Erbtheil aus.
Der Söhne Zwietracht erfüllte Ludwig
des Teutschen Alter mit Schmerz. Er war
ohne Ruhe und Lust.
Aber auch sein Vater sagte, als er ver-
blich, zu den Umstehenden: »Sagt meinem Soh-
»ne Ludwig, daß ich ihm "verzeihe, aber er
»habe mir das Leben entrissen." Und wirklich
mußte diesen Schmerz auch der König der
Teutschen noch fühlen.
179
27.
Wie und wann
wurde Bojoarien
ein Königreich?
2 L.
Hatte Ludwig!.
König Bojoari-
ens friedliche Re-
gierung ?
29.
Wanun heißt der
König der Bojo-
aren Ludwig I.,
auch der Teut-
sche?
20.
Trat das Bey--
spiel eines Vat.
u. Vznid.-Kriegs,
wie Ludwig d.T.
mit Vat. und V.
hatte,wieder ein?
21.
Wie wirkten auf
Ludwig den Kai-
ser und Ludwig
den Teutschen die
Vater- und Bru-
derkriege?
121
IST)
Vaterlands - Geschichte.
Während Ludwig der Kaiser schon gerü-
stet dem Heere seiner Sohne gegenüber stand,
wollte er noch gütlich unterhandeln, denn es
eckelte ihn vor der Schlacht mit Söhnen. Aber
in einer Nacht gingen des Vaterö bewaffnete
Schaaren in der Söhne Lager über, nur we-
nige Treue blieben zurück. Sie fragten den
Kaiser, was sie nun thun sollten. »Geht zu
»meinen Söhnen, sagte Ludwig, ich will nicht
»haben, daß meinetwegen auch nur ein Einzk-
»ger das Leben oder ein Glied verlieren soll."
Sie weinten und gingen. Das Feld zwischen
Straßburg und Basel, woraus das Heer sich
wegstahl, wurde hernach Lügenfcld geheißen.
Die Regentenreihe, welche aus karolin-
gischem Stamme über Bojoarien herrschte,
starb endlich mit Ludwig IV., genannt dem Kinde,
aus. Er wurde nämlich bey dem frühen Able-
ben seines Vaters schon im 7ten Lebensjahre
zum König der Teutschen gewählt, und starb
unvermahlt im lyten Lebensjahre.
Unter Ludwig dem Kinde fielen km Jahre
900 die Ungarn das erstemal in Bayern ein,
kamen 907 wieder, und überzogen das ganze
Land. In einer großen Schlacht blieb fast die
ganze bayerische Armee, und die Einwohner
wurden grausam mißhandelt. Auch fiel der
durch seine Tapferkeit berühmte bayerische Feld-
herr Markgraf Luitpold von Ostbayeru (Oester-
reich), welcher der Stammvater von Pfalzbay-
ern ist, und dessen Haus noch nach 900 Jah-
ren blühte. Der junge König Ludwig mußte
an sie jährlichen Tribut bezahlen.
Des karolingischen Stammes Herrschaft
über Bayern dauerte 122 Jahre.
52.
Wodurch wurde
die Fläche zwi-
schen Straßburg
und Basel be-
rüchtigt?
Ó J.
Mit wem starb
der karolingische
Stamm aus?
34.
Welcher feindli-
che Uebcrfall ist
unter Ludwig
dem Kinde merk-
würdig?
55.
Wie lange dau-
erte des karolin-
gischenStammcs
Herrschaft über
Bayern?
Vaterlands; Geschichte.
161
§. 5*
Die fremden Häuser.
Nachdem mit König Ludwig dem Kinde
der Stamm der Karolinger ausgestorben war,
hatten die teutschen Völker keinen gemeinsa-
men Herrn und König. In jeglichem Lande
gebot der Herzog, in Bayern Arnulf, des bay-
erischen Herzogs Luitpold Sohn.
Als Arnulf die Regierung antrat, verlang-
ten die Ungarn jährlichen Tribut, und drohe-
ten bey Verweigerung mit Feuer und Schwert.
Arnulf wies solche Zumuthung mit edler
Verachtung von sich, und sagte ihren Ge-
sandten :
»Schweigt, und saget euern Barbaren, sie
»sollen kommen, wir haben Eisen und Schwer-
ster, und fünf Finger in der Faust, um Fein-
»den zu begegnen, wie sich's gebührt."
Die Ungarn kamen, plünderten und ver-
heerten, aber Arnulf griff sie auf ihrem Rück-
züge an, und brachte ihnen eine so fürchterli-
che Niederlage bey, daß kaum so Mann übrig
blieben, welche bey ihrer Flucht die Nachricht
vom Verluste nach Hause bringen konnten.
Schrecken und Wehklage ergoß sich durch
das ganze Ungarland, und es zitterte vor dem
teutschen Namen.
Auch bey dem Stamme Luitpolds blieb die
Herrschaft über Bayern nicht, sondern sie wech-
selte unter mehreren Regentenhansern, so daß
man diese Periode die Herrschaft der fremden
Hauser über Bayern nennt. Es kamen jedoch
fast gegen 100 Jahre die Regenten aus säch-
sischen Hausern.
Die Völker entzweyten sich nach Abster-
ben des karolingischen Stammes in der Wahl
ihrer Könige für Teutschland, und je nachdem
Einer der Gegenkönige siegte, verloren die Für-
26.
An wen kam die
Herrschaft Bay-
erns nach Aus-
sterben des karo-
lingischen Stam-
mes ?
Was litt Bay-
ern unter Herzog
Arnulf von den
Ungarn, und wie
begegnete er ih-
nen d
33.
Blieb die Regie-
rung bey dem
Lnitpolb'schcn
Stamme?
5st.
Was führte die
Herrschaft der
fremden Häuser
übe» Bayern her-
bey?
182
Vaterlands - Geschichte.
sten, bio itjm entgegen standen, die Herrschaft
in ihren Landen.
Arnulf verlor seln Herzogthum, denn .er
unterwarf sich dem gewählten Könige nicht.
Er wurde daher auf der Reichsversamm-
lung zn Regensburg geachtet, und mit Bann-
fluch belegt.
Die Priester verdammten ihn und seine
Anhänger zum höllischen Pfuhl, wo er gleich
IudaS dem Verrather unerlösbar mit den bö-
sen Geistern des ewigen Feuers Pein leiden soll.
Er mußte zur Schande des damaligen bay-
erischen Volkes mit seiner Familie nach Un-
garn fliehen, dessen barbarische Einwohner ihm
einen sichern Aufenthalt gewahrten.
Da Arnulf Niemand fürchtete, und den
Mönchen nicht hold war, gaben sie ihm den
Bcynamen des Bösen, und erzählten auch, wie
nach seinem Tode der Teufel den Leib aus
dem Sarg geholt, und in den Sumpf bey Schey-
ern geworfen habe.
Arnulf verdiente den Namen des Bösen
nicht; — der Gerechte hatte er heißen sollen,!
denn er führte sich königlich auf, und that je-
dem sein Recht. An keinem Priester, der ihm
geflucht, übte er Rache, als er wieder zum
Herzogthume gelangte. Großmuth krönet den
Sieger.
Der teutsche König Konrad, der ihn be-
siegt hatte, starb. Die Bayern, welche durch
traurige Erfahrung klüger geworden waren,
riefen nun voll heißer Sehnsucht ihren gelieb-
ten Regenten zurück, und erklärten, als ein
unabhängiges Volk, ihn zu ihrem Könige.
Die andern teutschen Völkerstamme wähl-
ten Herzog Heinrich von Sachsen zum gemein-
schaftlichen teutschen König. Nun drohte schon
zwischen Beyden Krieg. Aber Heinrich sprach
vor der drohenden Schlacht zu Arnulf: »Gott
40.
Wie verlor Ar-
nulf sein Herzog-
thum Bayern?
41.
Welchen Veyna--
mcn erhielt Ar-
nulf, und welche
Sage ging von
ihm?
42.
Verdiente Ar-
nulf den Bey-
namen des Bo-
sen ?
43.
>Wie gelangte
Arnulf wieder
zu dem verlornen
Herzogthume?
Vaterlands ; Geschichte.
» lenks die Gemüther der Völker bey der Wahl
»ihrer Könige; er soll daher zum Wohle des
»gemeinschaftlichen Vaterlandes den Königs-
» Titel ablegen, und ihn als das gemeinschaft-
»liche Oberhaupt anerkennen, dafür als Her-
»Zog in Bayern unumschränkt regieren." Ar-
nulf hatte Sann für wahre Fürstengröße, und
entsagte zum Wohle des teutschen Vaterlandes
dem Königstitel. Er ließ sich dafür angelegen
seyn, in seinem Lande des Guten unendlich
viel zu wirken, weßhalb er als einer der edel-
sten Fürsten noch jetzt im gesegneten Andenken
de.r dankbaren Nachwelt fortlebt.
Das Herzogthum blieb noch nicht bey sei-
nem Stamme, denn Kaiser Heinrich, genannt
der Finkler, verstieß Arnulfs Söhne, weil sie
nicht feine Lehenträger seyn wollten.
Es kamen nun die Herrscher über Bay-
ern aus verschiedenen Regentenhausern, näm-
lich aus sächsischem und fränkischem Hause,
und aus dem Geschlechte der Welfen.
Die fremden Häuser übten 252 Jahre
ihre Herrschaft über Bayern.
Aus ihnen regierte vor 700 Jahren Her-
zog Heinrich, genannt der Stolze. Er bekam
Krieg mit dem Grafen von Wolfertshausen.
Drr Herzog sah sich in Gefahr, gefangen zu
werden, da die Feinde sein Roß erkannten.
In diesem gefahrvollen Augenblicke nahte sich
ihm ein gemeiner bayerischer Reiter, und bot
ihm an, Pferde zu wechseln. Kaum war der
Tausch vollzogen, durchbohrte im Gefechte der
Graf mit feinet* Lanze den Reiter, welchen er
seines prächtigen Reitzeuges wegen für den
Herzog hielt, und der Herzog entkam.
Die Geschichte hat versäumt, den Namen
dieses edlen Bayern aufzuzeichnen, aber seine
That wird keine Zeit aus dem Gedächtnisse
der Nachwelt vertilgen.
183
44.
Wie ging dem
Luitpoldschm
Stamme Bayern
wieder verloren,
nachdem es Ar-
nulf zum zweyten
Male erhalten
hatte?
45.
Wie lange re-
gierten die frem-
den Häuser über
Bayern?
46.
Welches Bey-
spiel von Edel-
muts) weiset uus
die Periode der
fremden Häuser
in der Fehde der
Hrn. v. Wol-
fertshausen auf?
184
Vaterlands,-Geschichte.
Der letzte aus den fremden Regentenhäu-
sern war Heinrich XII., genannt der Löwe. Er
fiel in Kaiser Friedrich des Rothbärtigen Un-
gnade, und in Reichsacht; verlor auch sein
Land.
Pfalzgraf Otto von Wittelsbach war der
treue Waffengenosse Friedrichs. Auf dem Rück-
züge nach Teutschland und von dem Kriege,
welchen Friedrich gegen den Papst unternom-
men hatte, gedachten die feindseligen Verone-
sen, den Kaiser und das Volk in große Noth
zu bringen, und sperrten ihm die Schluchten.
Mit 500 Kriegsknechten und Rittern hatte
Alberich, ein Edler der Stadt Verona, die
Höhen besetzt. Große Felsenblöcke lagen be-
reit, Mann und Roß zu zerschmettern, und
jedem teutschen Ritter ward Harnisch und
Pferd abgefordert.
Solche Vermessenheit empörte den Kaiser.
Er rief: »Otto, es würde euerer Tapferkeit;
»anstehen, solchen Schimpf zu rächen."
Otto rächte ihn. Mit 200 kühnen Teutschen
umzog er die Felsenwand, und tödtete die
Veronesen mit dem Schwerte, oder stürzte sie
in den Abgrund.
Ueberall erscholl nun der Ruf: »der Wit-
»telsbacher hat die Ehre des Kaisers und des
»teutschen Volkes gerettet."
Von nun an war der Wittelsbacher stets
Wie kam nach
der Periode der
fremden Häuser
Bayern wieder
an eine bestimm-
te Herrscherfami-
lie, und an wel-
che?
an des Kaisers Seite erblickt, und aus Dank-
barkeit verlieh ihm dieser das vaterländische
Herzogthum. Im Jahre 1180 erhielt Bayern
wieder einen Herrscher aus bayerischem Ge-
schlechte der Schyren, und hat seitdem seine
Herrscher aus diesem Geschlechte, genannt das
wirtelöbachische Geschlecht.
Zur Zeit der fremden Häuser und zwar
unter Heinrich dem Stolzen (X.) war Bayern
am größten, denn es erstreckte sich vom mit-
49.
Wie groß war
Bayern zur Zeit
der fremden Häu-
ser?
. 185
Vaterlands r Geschichte.
tellandischen Meere bis zur Nord- und Ostsee.
Als aber Otto der Größere das Herzogthum
erhielt, wurden Istrien, Krain und Steyer-
mark und die italienischen Besitzungen von
Bayern getrennt.
Unter den Landen des Herzogthums Bay-
ern befand sich auch Oesterreich. Heinrich der
Stolze fiel in Acht und verlor sein Land. Hein-
rich Jasomirgott erhielt es. Heinrich des Stol-
zen Sohn, Heinrich der Löwe, forderte sein
Erbe zurück. Er rettete in einer Schlacht den
Kaiser Friedrich vom Todesstreiche des Feindes,
und derselbe verlieh ihm sein Erbe, doch trennte
er davon die östlich bayerische Markgrafschaft
Oesterreich, und erhob sie zum selbstständigen
Erzherzogtum, das Jasomirgott erhielt.
§. 6.
Die Wittelsbacher.
(Don Otto dem Größer» bis Ludwig dem Bayer.)
(1180 — 1313).
Otto, der erste Herzog aus dem wittels-
bachischen Hanse, und genannt der Größere,
verwaltete das Land trefflich. Mit weiser Spar-
samkeit vermehrte er sein Eigenthum, und
legte so den Grund zu der Wittelsbacher dau-
ernden Herrschaft.
Das Vaterland liebte er über alles. Des
edlen Herzogs Leben endete aber zu früh, und
schon im dritten Jahre seiner Herrschaft. Er
wurde zu Scheyern begraben.
Otto erhielt den Beynamen des Größer»
durch seine weise Regierung, Geistesbildung,
seinen edlen Charakter und Muth.
Ihm folgte sein Sohn, Herzog Ludwig I.,
auch genannt der Kellheimer. Er ist zn Kell-
heim geboren.
Er ist der Erste, welcher den Gewerben
und Künsten Aufnahme in Bayern gab; er
4Y.
Wie kam Oester-
reich von Bayern
weg?
5o.
Wie regierte Ot-
to der Größere?
51.
Wodurch erhielt
Otto den Bey-
namcn des Gro-
ßer»?
52.
Wer folgte Oitt
in d. Regierung!
53.
Wie regierte
13Ö
Vaterlands L Geschichte.
beschränkte den räuberischen Feh d eg ei st und
Uebermuth der Großen; vergrößerte tngendvoll,
wie keiner vor ihm, seines Stammes Macht,
und begründete auch die Freyheit und Gesit-
tung seines Volkes für nachfolgende Jahrtau-
sende.
Wahrend der Regierung Herzog Ludwig I.
ereignete sich ein Kaisermord.
Pfalzgraf Otto von Wittelsbach war
furchtbar tu Schlacht und Gerichtstag, aber
jung und jähzornig. Kaiser Philipp hielt ihn
hoch, da er im Kriege seinen Muth erprobte,
und hatte selbst seine Tochter Kunigunde zur
Gemahlin ihm zugedacht. Allein Otto schreckte
durch zügellose Wildheit Verlobte und Vater,
denn es wird gesagt, er habe einen edlen Herrn
nichtiger Dinge wegen ermordet, und wenn er
zn Gericht ritt, selbst Seile in seinen Gürtel
gesteckt, um sogleich mit denselben jeden Dieb
hangen zn lassen.
Es wird nun versichert, Otto habe nach
Kunigundens Untreue sein Herz einer Fürstin
ans Pohlen zugewandt, und vom Kaiser Phi-
lipp ein Empfehlungsschreiben begehrt. Dieser
aber schilderte des Grafen rauhe Gemüthsart.
Voll Argwohn erbrach Otto den Brief, und
fand ihn ungünstigen Inhaltes. Darüber em-
pört, schwur er Philipps Tod. Er kehrte zurück,
trat in des Kaisers Gemach, und tödtere ihn
beym Schachspiele.
Mit Abscheu vernahm die ganze Welt
den Kaisermord, und gegen Otto erging der
Achtspruch des Reiches. Ihn vollzog Herzog
Ludwig selbst an seinem Anverwandten, zer-
störte seine Schlösser Wittelsbach und Andechs,
iit'.b rächte seines eigenen Hauses Schimpf.
Otto, flüchtig und verborgen, wurde end-
lkch entdeckt, mit vielen Wunden getödtet, und
sein Haupt in die Donau geschleudert.
Herzog Ludwig
der Erste?
54.
Was erzählt die
Geschichte unter
HerzogLudwigl.
von einem gewis-
sen Pfalzgraf
Otto von Wit-
telsbach?
5o.
Wie wurde Kai-
ser Philipps
Mord gerächt?
Vaterlands- Geschichte. 187
Herzog Ludwig I. endete unglücklich, denn
er starb von Meuchelmördershand, unbegründet
aus welcher Veranlassung. Auf der Brücke zu
Kellheim lustwandelte er mit seinem Hofgeleite.
Es näherte sich ihm ein Unbekannter mit ei-
nem Briefe. Wahrend der Herzog das Schrei-
ben öffnete, stieß ihm derselbe den Dolch durch
den Hals. Des Herzogs Geleite säbelte sogleich
den Mörder nieder, brach aber auch so alle
Forschung nach dem Anstifter dieser ruchlosen
That ab. Am Tage des Begräbnisses that sein
Sohn Otto alle Getreidkammern ans, denn im
Lande war große Theuerung.
Auf Herzog Ludwig den Ersten folgte sein
Sohn Otto, genannt der Erlauchte, weil er
stets kluges und standhaftes Betragen in den
Kriegsunruhen bewies.
Unter ihm ist der päpstliche Bannfluch,
genannt das Interdikt, merkwürdig, welches
im Jahre 1249 das Land traf.
Otto der Erlauchte hing nämlich dem
Kaiser an, mit welchem der Papst haderte,
und wich nicht von demselben, obgleich er vom
Papste in den Bann gethan war. Wegen der
treuen Anhänglichkeit an des Reiches Oberhaupt
schlenderte der Papst den Bannfluch über ganz
Bayern. Er hieß die Tempel Gottes schließen,
die Glocken schweigen. Sterbende ohne letzten
Trost des Todes seyn, wenn sie nicht bezeug-
ten, den Kaiser und den Fürsten ihres Landes
gehaßt zu haben, aller Gottesdienst sollte auf-
hören; Ehen sollen nur über den Gräbern ein-
gesegnet, und keine Leichen mit kirchlichen
Feyerlichkeiten mehr beerdiget werden.
Dadurch war Bayern unter Otto dem Er-
lauchten ein Schauplatz der größten Unruhen
geworden; denn die Bischöfe widerstanden dem
Herzoge, und kämpften mit großer Heeresmacht
- 56.
Dir nrdi te Her-
zog Ludwig?
57.
Wer folgte Her-
zog Ludwig I.?
58.
Welche Kirchen-
strafe ist unter
Otto des Er-
lauchten Negie-
rung merkwür-
dig?
138
Vaterlands - Geschichte.
gegen ihn. Es wurde Morden, Brennen und
Verheeren zur Tagesordnung.
Den Bannfluch hatte Otto nicht verschul-
det. Er pflegte Recht und schirmte seine Un-
terthanen gegen das Faustrecht. Durch weisen
Haushalt war er jederzeit reich genug, tapfere
Streiter zu belohnen. Er hielt die Unholden
mit Schrecken, die Getreuen mit Liebe, und
war durch gerechtes Maaß in allen Dingen
seines Stammes Preis, der Bayern Stolz und
der Fremden Bewunderung.
Des Bannfluches Wirkungen waren ohn-
mächtig; denn nichts schadete er seinem Ruh-
me, und im Schutze des Herzogs fuhren auch
viele getreue Pfarrer fort, Gottesdienst zu
halten.
Otto trug den Bann 7 Jahre lang, und
starb auch in demselben, doch wurde er begra-
ben. Aber 10 Jahre nach seinem Tode wurde
noch auf Anregung des Papstes Klemens un-
tersucht, ob er Spuren bußfertiger Reue ge-
geben habe. Man erkannte dafür seine Stif-
tung der Krankenherberge zum heiligen Geist
in München.
Otto dem Erlauchten folgten seine beyden
Söhne, Ludwig II., genannt der Strenge; —
und Heinrich der XIII., denn sie theilten das
Reich.
Ludwig erhielt Oberbayern, Heinrich Nie-
derbayern; gegen Fremde aber soll das Land
als »»getheiltes Ganze betrachtet seyn.
Eine rasche Tbat im heftigen Zorne
schöpfte Ludwig dem II. den Veynamen des
Strengen.
Er reifete zum Kriegeszug, und in seinem
Gefolge war auch sein Feldhauptmarm. Es
wird erzählt, daß dieser beym Schachspiele ciu-
mal Ludwigs Gattin gebeten habe, ihn als ih-
ren eigenen Ritter zu dutzen, wie sie auch
5Y.
Hatte Otto der
Erlauchte den
Bann fluch ver-
schuldet-
60.
Welche Wirkung
hatte der gegen
Otto den Er-
lauchten und
Bayern geschleu-
dcrteBannfluch?
61.
Wie endete Otto
des Erlauchten
Bann?
62.
Wer folgte Otto
dem Erlauchten
in des Landes
Negierung?
63.
Warum heißt
Ludwig II. der
Strenge?
189
Vaterlands - Geschichte.
wohl andern hohen Unterthanen gepflegt; aber
sie habe es gemieden.
Die Herzogin sehnte sich nach dem all zu
lang entfernten Gemahl, und flehte ihn um
seine Rückkehr. Auch dem Rauhgrafen schrieb
sie, wenn er den Herrn bewege, wollte sie ihm
gewähren, was er einst von ihr gebeten. Sie
siegelte dem Herzog mit rothem Wachs, schwarz
dem Ritter, damit die Schreiben nicht ver-
wechselt würden, denn der Bote war des Le-
sens unkundig. Der falsche Brief gerieth in
Ludwigs Hand. Von Argwohn und Eifersucht
verwirrt, gab er dem Ueberbringer statt Boten-
lohn mit eigener Faust den Tod, eilte im jä-
hen Zorne heim, rodtete die Diener und ließ
seine Gemahlin enthaupten.
Nun von der Raserey genesen, vernahm
er durch nnverwerfliche Zeugen die unbefleckte
Treue seiner Gattin, erkannte sie aus ihren
Briefen, und aus des Rauhgrafen lauter An-
klage vor den Reichsfürsten. Er ging zu spät
in Schmerz und Reue über. Es sprach das
Volk, Gram habe in einer Nacht seine Haare
entfärbt.
Die Leidenschaft, die er in seiner Jugend
nicht beherrschen konnte, machte ihn unglücklich.
Er stiftete das Kloster Fürstenfeld, wie
ihm als Buße vom Papst aufgelegt wurde,
und die Kirche hielt sich versöhnt. Aber der
Nachwelt ist es vorbehalten, auch der Fürsten
Thaten zu richten.
Ludwig der Strenge mag aber auch der
Gerechte heißen, denn er hütete seine Völker
in Recht und Frieden; keinem furchtbar, als
den Feinden ihrer Ruhe.
Fünfzig Raubritter sammt Knechten ließ
er, wie erzählt wird, an einem einzigen Tage
enthaupten. Weltliche wie geistliche Herren for-
derten und ehrten seinen Schiedsspruch in ih-
64.
Was that Lud-
wig der Strenge
zur Sühne der
Ermordung sei-
ner Gemahlin?
65.
Welchen Beyna-
men verdient
Ludwig der
Strenge noch?
390
Vaterlands- Geschichte.
ren Handeln, und er war einer der Tugendhaf-
testen unter Teutschlands Fürsten, nachdem
schmerzhafte Erfahrung oder reiferes Alter den
natürlichen Ungestüm seines VlnteS gemaßiget
hatten.
Ludwig dem Strengen folgte in der Re-
gierung zuerst fein Sohn Rudolph, dann auch
nach befchrittener Großjährigkeit gelangte sein
Sohn Ludwig zur Mitherrschaft. Spater über-
ließ diesem Rudolph die Alleinherrschaft, und er
erscheint als Ludwig III. auch genannt der IV-
§. 7.
Von Ludwig dem Bayer.
(1513 — 1347).
Es starb Otto III., damals Herzog zu
Niederbayern. Als er seinem Hinscheiden nahe
war, übertrug er Ludwige» die Pflegschaft sei-
ner drey unmündigen Söhne.
Herzog Friedrich von Oesterreich behaup-
tete aber gegen des Todten Willen als älte-
ster Schwager die Pflegschaft. Sie kamen zum
Kriege, aber Ludwig siegte bei Jsareck und
Gamelsdorf am y. November 1212, und sein
Siegesruhm flog durch ganz Teutschland.
In diesem Kampfe zeichnete sich das
schöne Fußvolk der Bürgerschaften von Ingol-
stadt, Landshut, Straubing und Moosburg
aus. Ludwig ehrte auch ihre Tapferkeit: In-
golstadt mit dem Schilde des blauen feuer-
speyenden Panther; Landshut anstatt ihrer
drey Pickelhauben mit drey Helmen zum Anden-
ken des Tages, an welchem sie gleich Rittern für
ihre drey jungen Fürsten gestritten; auch Strau-
bing und Moosburg beehrte er durch Dankes-
Erklärungen.
Es starb damals Kaiser Heinrich VI. und
dem Herzog Friedrich von Oesterreich gelüstete
nach der Kaiserkrone. Er schloß wieder Frcund-
66.
Wer folgte Lire
wig öem Strem
gen in der Ne-
gierung?
67.
Was ereignete
sich unter Lud-
wig KI. in Be-
treff der Regent-
schaft Niederbay-
cvué ?
63.
Welche Städte
zeichneten sich im
Siege Lndwigs
III. gegen Her-
zog Friedrich von
Oesterreich bey
ffsareck und Ga-
melsdorf aus?
6).
Was ergab sich
zu Ludwig lii.
Zeit rücksichtlich
191
Vaterlands; Geschichte.
schaft mit seinem Iugendgespielcn Ludwig,
und gewann sein Herz vollkommen zurück.
Friedrich lauschte, ob dem Freunde nach
der Krone gelüste, und Ludwig erklärte seinen
Freund würdiger, und verhieß ihm brüderlichen
Beystand. Aber die Fürsten wählten Ludwig.
Er verweigerte, und sandte ihre Machtboten
zu Friedrich. Erst nach langem Unterhandeln
gab er dem Schicksale nach, überzeugt, daß
die Ruhe seiner Tage unwiederbringlich verlo-
ren sey. Aber auch Friedrich wurde von einer
Parthey zum Kaiser gewählt.
Zwischen den Gegcnkaiscrn kam es zürn
Kriege. Nach siebenjährigen Kämpfen sammel-
ten endlich die Herrscher ihre Kräfte, und ihre
Kriegsheere breiteten sich vor Mühldorf aus.
Es war am 28. September 1522.
Ludwig hatte vorzüglich nur seine treuen
Bayern zu Beystander. Wer von ihnen Waf-
fen zu führen im Stande war, sammelte sich
uw so großer Landesnoth unter die Fahnen des
geliebten Fürsten. Ihn begleiteten manche Bür-
ger und Handwerker, und 500 Bäckergesellen
aus seiner Hauptstadt reiheten sich an. Auf
dem Zuge nach Mühldorf eilten alle Einwoh-
ner der Städte und Dörfer ihm zu, fest ent-
schlossen, für ihren Ludwig und das Vaterland
zu siegen oder zu sterben.
Da wurde Friedrich bey Ampfing geschla-
gen und gefangen, und in das Schloß Traus-
nitz bey Landßhut abgeführt.
Ganz Deutschland war von dem Ruhme
des Tages bey Ampfing erfüllt.
Die Schlacht leitete der Feldhauptmann
Siegfried Schweppermann. Nach der Schlacht
vertheilte Ludwig die wenigen Eyer, denn es
war im Lager Noth an Lebensrnitteln, und
Ludwig ohne Geld. Mit lohnendem Zartgefühle
des teutschen
Kaiftrlsrciieö?
70.
Welcher der bey-
den Gegcnkaiser,
Ludwig oder
Friedrich, ge-
wann. die Ober-
hand ?
7t-
Wer leitete die
Schlacht beyAm-
Mg?
192
Vaterlands; Geschichte.
72.
Wie behandelte
Ludwig seinen
gefangenen Ge-
genkaiser Frie-
drich?
sprach er: »Gebt jedem Mann ein Ey, dem
»frommen Schweppermann zwey."
Ludwig behandelte seinen gefangenen Geg-
ner nicht als Feind. Er setzte Friedrich in Frey-
heit ohne Lösegeld. Friedrich entsagte der Reichs-
krone und verhieß Ludwigen ewige Aussöhnung
mit seinen Feinden zu erwirken. Gelange es
ihm nicht, wolle er wieder in sein Gefängniß
nach Trausnitz zurückkehren.
Friedrichs Bemühen war eitel, und er-
ging daher zum Könige nach München, wie er
gelobt, sein Gefangener zu seyn. Herzlich em-
pfing Ludwig den edlen Jugendfreund, theilte
sofort mit ihm Tisch und Bett, und endlich
auch Mitherrschaft.
In den Kampf der Gegenkaiser hatte sich
auch der Papst gemischt. Er bestätigte Keinen
und verwarf Keinen, aber er sprach: »Vis zu
»beygelegtem Zwiste gebühre dem heiligen Va- Daseyn d?r Gc-
»ter als Oberhaupt der Christenheit die Ver- « - -
»wesung des hauptlosen Reiches". Er er-
klärte Ludwig als Anmasser, und befahl ihm,
bey Strafe des Bannes, binnen drey Monaten
der Herrschaft zu entsagen.
Ludwig that es nicht, und der Papst sandte
das Verdammungs - Urtheil au die Fürsten der
Welt, kraft welchem Ludwig der Bayer ewig-
lich der Reichs-Krone unfähig, und jeder in
den Bann erklärt wurde, der dem strafwürdi-
gen Sünder gehorche.
Ludwig unterließ nicht, Versöhnung mit
dem Papste zu suchen, — aber vergebens.
Selbst mit Johannens Nachfolger, Benedikt
XII., der im Stillen des Kaisers Klugheit und
Unschuld ehrte, und ihn wohl selbst den vor-
trefflichsten Herrn auf Erden nannte, kam die
Versöhnung nicht zu Stande.
Der hochberühmte Ludwig erlebte die Wir-
kungen des Interdikts nicht. Bey fröhlichem.der Bayer die
75.
Wie benahm sich
der Papst, da-
nals Johann
genkaiser Lud-
wig nnd Frie-
drich ?
74.
Versuchte Lud-
wig der Bayer
sich vom Banne
los zu machen?
75.
Erlebte Ludwig
Vaterlands - Geschichte. 193
Mahle überfielen ihn Schmerzen der Einge-
weide. Er ritt deßhalb zur Jagd nach Fürsten-
feld, sank aber plötzlich vom Pferde.
Mit brechendem Auge starrte der sterben-
de Kaiser zum Himmel: »Vergib, sprach er,
»Allmächtiger, was ich gesündiget habe; ich
»habe viel gefehlt, doch Treue dir gehalten in
»Herz und Glauben." Es wich der edle Geist
von seinem Leibe im Jahre 1247*
Ludwig III. hatte sich, unter dem Namen
Ludwig der Bayer, weltberühmt gemacht. Seit
den 500 Jahren, als er den Thron sei-
ner Vater bestieg, lebte auf demselben kein
Fürst, der ihn an Regenten-Einsicht, Herzens,
güte und Tapferkeit übertraf. Er kann nur
das Musterbild für alle künftige seyn. Er be-
herrschte das teutsche Reich 52 Jahre, und
vergrößerte Bayern.
In der Frauenkirche zu München hat
Churfürst Maximilian dem großen Kaiser ein
herrliches Denkmahl aus Erz und Marmor 1622
gesetzt. An diesem seinem Grabmahle wird je-
der Bayer Ludwigen das Opfer ewiger Be-
wunderung und der dankbarsten Liebe darbrin-
gen; auch an der Stätte seines Todes bey
Fürstenfeldbruck, wo König Maximilian i80st
ein sprechendes Denkmahl errichten ließ. Wie
da über den marmornen Felsen eine Quelle
herabrieselt, so rinnet auch Kaiser Ludwigs
nie versiegender Ruhm in der Geschichte seines
Volkes und der Menschheit fort, welche ohne
dieses Fürstens kräftiges Regiment nicht auf
der Stufe ihrer jetzigen Ausbildung stehen
würde.
Noch müssen wir zurückblicken auf den
Krieg der Gegenkaiser, denn es stellt sich uns
eine merkwürdige edle That vor.
Ritter Heinrich Schweinkenrist von Oester-
reich warf sich fechtend gegen den Mannlich-
Wirkungcn des
Interdikts ?
76.,
WieregierteLnd-
wig der Bayer?
77.
Durch »velche
Denkmahle ist
Ludwig derBay-
er verewigt?
78.
Welche denkwür-
dige That in der
12
194
Vaterlands; Geschichte.
sten der Bayern, und verwundete ihn mit har-
ten Streichen, daß ihm das Blut den Pan-
zer überfloß. Der Bayer unerschrocken stieß den
Gaul des Ritters nieder, entwaffnete den Feind,
und machte ihn zum Gefangenen.
Da stürmten andere herbey, den Oesterrei-
cher zu todten. Der Bayer aber schützte ihn
mit eigenem Schwerte, gab ihm sein eigenes
Schlachtroß, hob ihn hinauf, und ließ ihn ge-
gen Wort und Handschlag von dannen ziehen,
daß er sich wieder einstellen werde, seine Frey-
heit zu losen.
Dieser Bayer ist Stephan von Gumpen-
berg gewesen, dessen Geschlecht, bis zu diesem
Tage an biedern Männern reich, schon damals
unter den Edelsten des Vaterlandes ehrenwerth
blühtet
Und zur bestimmten Frist erschien der Rit-
ter aus Oesterreich mit Roß und Waffen, dem
großmüthigen Ueberwinder dqs Lösegeld zu zah-
len. Doch Gumpenberg sprach: Dieß habe ich
nicht noth! — und erließ ihm die Schuld.
Ludwig der Bayer vergrößerte vorzüglich
durch Heirath das Bayerland. Seine Gemah-
lin, eine Erbprinzessin Hollands, brachte 1545
die holländischen Besitzungen Holland, Seeland,
Friesland und Hennegau als Heirathgut zu.
§. 8.
Die Albrechte.
(1347 — 1508).
Mit Ludwig des Bayers Tode sank Macht
und Glanz des Vaterlandes, und ein Jahrhun-
dert verstrich, ehe Bayern wieder seine Selbst-
ständigkeit und Würde rettete. Söhne und En-
kel zersplitterten durch Theilung, Krieg und
Zwietracht ihre Erbe, ungeachtet der Vater ge-
bot, daß 20 Jahre nach feinem Tode keine
Theilung des Erbe geschehen soll. Ungeachtet
Schlacht der Ge-
gen - Kaiser Lud-
wig n. Friedrich
erzählt uns die
Geschichte?
79.
Wie vergrößerte
Ludwig der Bay-
er daö Land?
80.
Was stellt uns
der Zeitraum
von Ludwig des
Bayers Tode
i34?bisAlbrecht
IV. 1460 im All-
gemeinen dar?
Vaterlands; Geschichte.
195
des feyerlichen Hausvertrages zu Pavka, »daß
»Wittelsbachs Gut unveräußerlich seyn soll,"
machten sie Veräußerungen. — Was des Vaters
weise Kraft gesammelt, zersplitterte der Sbhne
Selbstsucht, und Ruhe und Friede war aus
dem heimischen Boden verschwunden, bis Al-
brecht der Weise die Einheit wieder herstellte.
Krieg und Unruhen dieser Periode brach-
ten das Land in Verwirrung. Was Ludwig
der Bayer dem Stammlande der Schyren er-
worben hatte, um es groß und mächtig zu
machen, ging gleichfalls verloren. Tyrol, auf
welches die Besitzerin, Gräfin Margaretha
Maultasche, schon zu Gunsten Bayerns verzich-
tet hatte, fiel an Oesterreich; die Lande: Hen-
uegau, Holland, Seeland und Friesland nahm
nach Absterben der Herzoge des Zweiges von
Bayern-Straubing — Philipp, Herzog von
Burgund, in Besitz.
In diesen Zeitraum siel auch der Hussi-
tenkrieg.
Johann Huß, Lehrer auf der hohen Schule
zu Prag, lehrte wider Mißbrauche der Kirche.
Seine Lehre fand viel Eingang, und viele
Städte und Gemeinden Teutschlands sahen die
Lehre von Weihbrunn-Wasser, Ablaß, Palm-
nnd Kräuterweihen re., für Erdichtungen an.
Kaiser Sigmund berief Huß vor die Kir-
chenversammlung zu Konstanz, versprach ihm
aber sichere Heimkehr. Sigmund brach sein
Wort, denn er gestattete, daß die Väter der
Kirche den Eiferer für Reinigung des christli-
chen Glaubens zum Scheiterhaufen verurtheil-
ten. Huß starb mit Seelengrbße, betend in
den Flammen.
Seine Anhänger ergriffen das Schwert,
und kamen verheerend. Sie verbreiteten Schre-
cken auch über Bayern und die Furcht war so
groß, daß alles Volk täglich zu einem »Huß-
81.
Wie entstand
der Hussiten-
krieg, welchen
Fortgang hatte
und wie endete
er?
a. Anfang.
b. Fortgang.
12*
1 Qö Vaterlands r Geschichte.
gebete" mit der Abendglocke versammelt wurde.
Noch im achtzehnten Jahrhunderte horte man
diese Glocke *).
Der schreckliche Krieg dauerte von 1415
bis 1455, in welchem Jahre die Sache zu
Basel auf einer Kirchenversammlung im Wege
der Güte ausgeglichen wurde.
Bald nach geendigtem Hussitenkriege kam
im Jahre 1455 Albrecht III., genannt der From-
me, zur Regierung.
Albrecht III. erhielt den Beynamen des
Frommen:
1. weil er mit allem Ernste und Eifer be-
mühet war, den ärgerlichen Lebenswandel, der
damals in Klöstern herrschte, abzustellen;
2. weil er die ihm angebotene Krone Böh-
mens mit den Worten ausschlug: »billig soll
»man Waisen unterstützen, aber nicht berauben,"
denn es lebte noch ein Erbe des verblichenen
Böhmen-Königs, der Säugling Ladislaus.
Albrechts des Frommen Jugendzeit aber
wurde durch ein trauriges Schicksal getrübt.
Als ein sanfter gefühlvoller Prinz zog
ihn ein sehr schönes gebildetes und geistvolles
Mädchen, Namens Agnes Bernauer, eine Bür-
gerstochter aus Augsburg, so an, daß er ihr
die Ehe versprach, und sich auch in der Folge
heimlich mit ihr trauen ließ. Er erklärte sie
später bey einem gehaltenen Turniere öffentlich
für seine Gemahlin, und gab ihr herzoglichen
Hofstaat. Sein Vater Herzog Ernst erzürnte
*) Im Süden der Donau ist das Hußausläuten et-
was Anders und gleichbedeutend mit Hausaus-
läuten. Es bestimmte nämlich eine Polizei-Ver-
ordnung des Magistrats München i>n Jahre
1370, man solle den Gästen aus den Trinkstu-
ben der Stadt bey guter Zeit nach Hanse
läuten»
c. Ende.
82.
Wer regierte
nach geendigtem
Hussitenkrieg
in Bayern?
65.
Warum erhielt
Albrecht der Hl.
den Beynamen
der Fromme?
64.
Wie war Al-
brechts desFrom-
men Jugendzeit?
Vaterlands; Geschichte.
und fürchtete auch, daß wegen solcher Verbin-
dung für die Nachkommenschaft unvermeidliche
Kriege entstünden. Er ließ daher eines Tages
Agnes in Albrechts Abwesenheit verhaften, zum
Tode verurtheilen, und von der Brücke zu
Straubing in die Donau stürzen. Ihr Leich-
nam ist zu Straubing in dem Kirchhofe zum
heiligen Peter begraben. Sinnlos stürzte Al-
brecht zu Boden, als er alles dieses bey seiner
Zurückkunft erfuhr, und ergriff die Waffen, um
den Tod seiner Agnes furchtbar zu rachen.
Die Vermittlung des Kaisers Sigmund
aber, und des Vaters gute Worte brachten
Aussöhnung zu Stande.
Gleichzeitig mit Albrecht dem III. regierte
zu Landshut Herzog Heinrich der XVI.
Dieser ließ seinen Sohn Ludwig im Schlosse
zu Vurghausen erziehen, er mußte aber mehr
einem Gefangenen als einem künftigen Herr-
scher ähnlich leben, denn er hatte oft Mangel
an Geld und kaum das nothdürftige Gewand
und die Rosse zu ritterlichen Uebungen.
Ungeachtet des Druckes und der Kargheit
hatte Ludwig zärtliche Ehrfurcht gegen seinen
harten Vater. Er duldete noch im sojahrigrn
Alter' desselben unwürdige Behandlung. Man
rieth ihm seine Freyheit zu suchen, und nach
Wien zu gehen. Er aber erwiederte: »Das sey
»ferne, daß ich meinen Vater verlasse, ich
»möchte ihm mit keinem Blicke meines Au-
»ges weh thun." Er hieß spater der Reiche.
Ein Fürst, der seinem harten Vater so
ergeben war und so zu gehorchen verstand,
verkündete, wie würdig er einst den Befehl
führen werde. Er tauschte auch nicht. Der
kriegerische Geist und die Rohheit der Ritter
konnten ihm kein Wohlgefallen abgewinnen,
er zerstörte daher ihre Burgen, und gründete
Recht und Ruhe.
10?
65.
Wer regierte
gleichzeitig mit
Albrecht III.
in Landshut?
86.
Wie behandelte
Heinrich XVI.
seinen Sohn
Ludwig?
87.
Wie benahm sich
Ludwig von
Landshut gegen
seinen Vater-
Heinrich XV!.?
83.
Wie regierte
Ludwig der Rei-
che?
198
Vaterlands/ Geschichte.
Er hatte den vortrefflichen Grundsatz: »Ich
»bin nur dann reich, sobald meine Bürger und
»Bauern es seyn werden."
Da Erbtheilungen die Kraft des Vater-
landes schwächten, so verordnete Herzog Al-
brecht III. noch vor seinem Hinscheiden, daß
nie wieder das Erbe durch Theilung zersplit-
tert werde, sondern daß nach seinem Tode
immer nur die ältesten zwey Sohne gemein-
schaftlich regieren sollen. Er starb 1460.
Der väterlichen Anordnung gemäß führ-
ten anfangs die ältesten zwey Söhne die Re-
gierung. Die Brüder überließen aber endlich
dem Bruder Albrecht die Alleinherrschaft, und
da auch die Linie von Bayern-Landshut aus-
starb, vereinigte er ganz Bayern unter seinem
Scepter, alsAlbrecht IV., auch genannt der Weise.
Albrecht IV. erhob im Jahre 1506 das
Recht der Erstgeburt als ein .yansgesetz, und
laut diesem sollte nun künftig für ewige Zei-
ten nur der erstgeborne Prinz allein regieren.
Die Klugheit seiner Regierung, und vor-
züglich die Einführung des Rechtes der Erst-
geburt erwarben ihm bey dem Vaterlande und
bey dem teutschen Reiche den Namen, »der
Weise." Das Land wurde nie wieder getheilt,
und nie wieder durch brüderliche Uneinigkeit
zerrüttet. Er starb im Jahre 1508.
8Y.
Welche wichtige
Anordnung traf
Albrecht III. noch
vor seinem Tod 9
90.
Wie wurde Al-
brecht des III.
letztwilliges Ver-
both, das Erbe
zn theilen, ge-
halten?
91.
Welchemerkwnr-
dige Anordnnng
machte Albrecht
der IV.
92.
Was erwarb Al-
brecht dem IV.
den Bcynamen,
der Weise?
§. 9.
Die Religionskriege.
(1508 — 1651.)
Bald nach des ruhmreichen Albrechts des
IV. Tode traten die Tage der großen Kirchen-
trennung hervor.
Im Anfange des löten Jahrhunderts
sehnte sich alles nach reinerer Erkenntniß und
nach Kkrchenverbesserung, und es bereitete sich
die Spaltung der allgemeinen Kirche vor. |
93.
Was heißt, und
wie entstand die
Kirchentrcn-
nung?
Vaterlands; Geschichte. 1Q9
Da traf es, daß der damalige Papst Leo
X. für den wunderreichen Bau der Pcterskir-
che zu Rom aus allen Ländern, fern und nah,
Steuern sammeln, und Ablasse um Geld er-
theilen ließ.
Dieses empörte manche Priester, und sie
griffen die Mißbräuche der Kirche an. Unter
allen am heftigsten that es Luther. Er brachte
mehrere von der Lehre der römischen Kirche
abweichende Meinungen in Umlauf, nach wel-
chen in den Ländern, wo sie Eingang fanden,
die ganze Kirchenverfassung eine andere Ge-
stalt annahm.
Die verschiedenen Meinungen und Lehren
in Religionssachen erzeugten Glaubensgährun-
gen, und diese brachen endlich im i?teu Jahr-
hunderte in Religionskriege aus.
So ging am Ende Verschiedenheit der
Religions-Parteyen, und somit die Kirchen-
trennung hwvor.
Lange suchte man auf Reichstagen in
Güte zu vermitteln, um einem Religionskriege
vorzubeugen.
Einer der thätigsten Vermittler, "kewohl
er am Religionskriege keinen Antheil nahm,
war Herzog Albrecht V. von Bayern, obgleich
er ein Gegner des neuen Glaubens war.
Er ließ sogar durch seinen Abgeordneten
auf dem Reichstage vortragen: »Es sey ge-
»lehrter und frommer Männer Rath, daß zur
»Einigung des Glaubens drey Dinge voll-
» bracht werden:
1. Müsse der Geistlichkeit schnödes Leben
abgestellt, und ihr Unterricht vollkommener in
verbesserten Schulen werden;
2. Müsse das Verbot der Priesterehe auf-
gehoben ;
5. Das Mahl des Herrn in beyderley Ge-
stalt allem Volke gestattet werden.
Y4.
Was versuchte
man zur Abwen-
dung der Kir-
chcntrcnnung u.
eines Religions-
krieges ?
200
Vaterlands; Geschichte.
95.
Welcher ist der
Anfang des 50
jährigenKrieges?
Vergeblich aber war gütliche Ausgleichung,
und auch selbst der Vertrag zu Passau, in
welchem Kaiser Karl V. versprach »Keinen des
»Glaubens halber zu vergewaltigen, sondern
»einen jeden bis zum Entscheiden allgemeiner
»Kirchenversammlung in gottesdienstlichen Din-
»gen ungekränkt zu lassen," beugte dem Kriege
nicht vor.
Die Feindseligkeiten der Relkgionspar-
teyen wurden immer heftiger, und es begann
endlich im Jahre 1613 der Krieg, um gegen-
seitigen Glauben zu retten.
Auch Bayern wurde in diesen Krieg ver-
wickelt, und war plötzlich, nachdem es auf
seinem Boden 100 Jahre keinen Feind mehr
sah, von den Heeren des Schwedcnkönigs Gu-
stav im Jahre 1651 überschwemmt.
Das Elend wurde groß, denn die Schwe-
den übten Grausamkeiten, welche ihren Na-
men in teutschen Ländern zum Entsetzen und
Sprichwort machten.
Alles Elendes Gipfel war aber der Men-
schen Ruchlosigkeit. Aus Groll wegen Bedrü-
ckungen und aus Religionshaß vergriff sich der
bayerische Unterthan an einzelnen feindlichen
Soldaten, schnitt ihnen Nase und Ohren ab,
und verstümmelte ihre Arme und Beine. Da-
für nahm der Schwede bittere Rache, wüthete
mit unerhörter Grausamkeit auf dem platten
Lande, und verwandelte ganze Strecken in
Wüsteneyen. Güter, die sonst 10 — 20,000 fl.
galten, wurden um 70 — 80 si. feilgeboten.
In manchen Gegenden des Landes war viele
Meilen weit kein Einwohner, kein Vieh, kein
Fruchtbaum.
Der Krieg dauerte 50 Jahre, und hat
daher auch seinen Namen, denn ihn endete .
erst der zu Osnabrück und Münster in West- n3en -
6.
Welcher ist der
Fortgang des 50
MrigenKrieges?
97.
Welches ist das
Ende des 50 jäh-
Vaterlands, Geschichte.
vhale» im Jahre i648 geschlossene sogenannte
westpbälische Friede.
Am Ende galt es aber schon nicht mehr
blos Glaubensdinge, sondern der Streit ging um
Lander und Titel', ^und jeder suchte mit Ge-
winn oder unbeschädigt zu entkommen.
Den Protestanten wurden gleiche Rechte
mit den Katholiken im teutschen Reiche zuge-
sichert, und das Haus Wittelsbach erhielt noch
eine 2tc Churwürde, denn es wurde auch die
herzogliche Linie in Bayern damit belehnt.
Aber auch in der Zeit der Glaubens-
gahrungen und Religionskriege zeigte das Volk
der Bayern Biedersinn, Vaterlands- und Für-
stenliebe.
Da die Bauern an der schwäbischen Do-
nau von ihren Herren zu hart gedrückt wur-
den , so standen sie auf, um ihre unerträgli-
chen Leiden zu enden. Durch ganz Teutschland
ging schon die Empörung; aber Bayern stand
ruhig, und gab das schönste Beyspiel der
Treue.
Die Empörer forderten das bayerische
Volk zum Beytritt auf, aber dieses schwur
bey seinem Landesfürsten bis in den Tod Zu
verharren.
Als die Empörer solche Treue sahen, zo-
gen sie von Bayern zurück.
Ein zweytes Beyspiel der Bayern Treue ist:
Ein gewisser Johann von Wörth war vom
Churfürst Max der Reiterey vorgesetzt. Er
versuchte abtrünnig zum Feinde überzugehen,
und hatte schon 4 Schaaren der Reiterey und
5 zu Fuß dem Feinde nahe geführt. Im La-
ger wurde endlich des Feldherrn wahre Absicht
bekannt, und die Kriegsleute geriethen in zor-
nige Bewegung, vor Allen aber zuerst die
treuen Bayern. Eine Schaar riefs der andern
zu: »Wer will an Mar Verrather seyn? Sie
201
93.
Wie zeigten sich
die Bayern in der
Zeit der Glau-
benskriege?
i. Im Aufstande
der, Bauern?
2.WegcnIohann
v. Worth?
202
Vaterlands ; Geschichte.
.M'iffen zu den Waffen, und schwuren Tod
über Wörth. Er floh.
Ein drittes Beispiel von Treue und Hel
denmuth gab die Stadt Landsberg.
Die Schweden forderten Uebergabe. Da
schwuren die Bürger, bis auf den letzten Mann
zu kämpfen, und heldenmüthig kämpften sie
im Kugelregen, der ihre Tempel und Häuser
zerstörte. Nach einigen Tagen waren sie ohne
Pulver, und dieses zwang sie, ehrenvolle Ue-
bergabe zu begehren. Aber der schwedische Feld-
herr forderte Ergebung auf Gnade und Un-
gnade. Das thaten die Landsberger nicht;
doch Einer aus dem Rathe sprach zu den
Bürgern: »Wir haben gefochten, wie Bayern
»sollen, für Gott und Fürst und Vaterland.
»Trotz zur Unzeit vergrössert das Unglück. Fü
»gen wir uns also in das Schicksal wie
»Christen."
Die Bürger waren dazu entschlossen, als
plötzlich bey Nacht die Feinde einbrachen. Kampf
entstand, und 4 Tage dauerte Raub und Mord.
Tugendhafte Jungfrauen flohen auf die Höhe
des Berges, und stürzten sich, um ehrlich zu
sterben, über den Felsen hinab.
Die Zeiten der Glaubenskriege, insbeson-
dere die Zeit des ganzen 50jährigen Krieges,
fallen in die Regierungs-Periode des Herzogs
und Churfürsten Marimilian I., welcher von
1593 bis i65i regierte.
Er bestrebte sich, alles kennen zu lernen,
was Vorzeit und Gegenwart Grosses, Schönes
und Lehrreiches erzeugte. Strenge seiner Sit-
ten, Lebendigkeit für Gottesfurcht, war des
ganzen Hofes Gesetz. Zum Wahlspruch hatte
er: »Der Vater des Vaterlandes dürfe kein
»Tyrann seyn." Er wollte auch dem vertilgenden
Glaubenskriege gewachsen seyn, und stellte da-
her das Heer und Kriegswesen auf starken Fuß.
5. Die Stadt
Landsberg?
99.
In wessen Ne-
gierung fallen
die Zeiten der
Glaubenskriege?
100.
Wohin gingMa-
rimilians I. vor-
zügliches Bestre-
ben?
Vaterlands- Geschichte.
203
). io.
Bayern als Churfürstenthum.
Die Erbfolgekriege.
(1651 — i?99-)
Den Glaubenskriegen, und sohin dem
30jährigen Kriege folgten bald andere merk-
würdige Kriege: Der spanische Erbfolgekrieg,
der österreichische Erbfolgekrieg, der bayerische
Erbfolgekrieg.
Der letzte spanische König, welcher aus
österreichischem Hause abstammte, Karl II.,
setzte den Sohn des bayerischen Churfürsten
Mar Emanuel, Namens Joseph Ferdinand
Maria, zum Erben ein; aber er starb noch
sehr jung, als er eben gehen wollte, daö da-
mals größte Reich der Welt in Besitz zu neh-
men. Nun begann 1701 Frankreich und Oe-
sterreich Krieg um die Erbschaft, und Max
Emanuel trat auf Seite der Franzosen. Der
Krieg dauerte 5 Jahre.
Der spanische Erbfolgekrkeg führte über
Bayern harte Zeiten herbey, tödtete viele Men-
schen und verheerte durch Brand.
Kaiser Joseph von Oesterreich unterjochte das
Vaterland, hielt es 10 Jahre lang besetzt, und
legte ihm schwere Abgaben auf; seinen Re-
genten erklärte er in die Reichsacht. Des Kai-
sers Absicht war, daß das Haus Wittelsbach
in Bayern für ewige Zeiten aus der Reihe der
Herrscher verschwinden solle; daher zerstückelte er
es durch große Schankungen an seine Lieblinge.
Maximilian Emanuel und sein Haus er-
neuerten dem Zeitalter das traurige Schicksal
Tassilo des Agilolsingen.
Die Zeit brachte Rettung. Kaiser Joseph
starb, und sein Nachfolger Karl VI. wurde
von England und Holland verlassen, focht auch jährig
101.
Welche merkwür-
dige Kriege folg-
ten bald den
Glanbenskrie-
gen?
102.
Wie entstand
der spanische
Erbfolgekricg?
103.
In welchen Zu-
stand versetzte
der spanische
Krieg Bayern?
104.
Wie entging
Bayern der 10-
en Ober-
204
Vaterlands - Geschichte.
minder glücklich gegen Frankreich. Er mußte
auf die spanische Krone verzichten, nnd im
Jahre 1715 Bayern zurückgeben. Das getreue
Land war hoch erfreut, sich seinem Fürsten
wieder gegeben zusehen. Es knüpften sich auch
sogar in der Folge mit Oesterreich die altbestan-
denen freundschaftlichen Verhältnisse wieder an.
Schon 2.0 Jahre nach dem spanischen Erb-
folgekrieg prangte auch das Land wieder in
Fülle und Glückseligkeit, als hatte es Jahr-
hunderte v-oll Frieden gehabt. Man suchte ver-
gebens die Spuren der Verheerungen. So
mächtig ist die Natur des Bayerlandes. Vieh-
zucht und Ackerbau sind der Grundstock des
Staatsvermögens, und geben, wenn schon mas-
sigen, dock ewigen Zins.
Auch im spanischen Erbfolgekriege bewies
sich des bayerischen Volkes Treue.
Vaterländische Obrigkeit war ohne Macht,
und fremde Botmäßigkeit schwer drückend. Es
lösten sich die Bande der Geduld und Langmuth.
Da ging der große Aufstand des bayeri-
schen Volkes in den Jahren 1705 und 1706 her-
vor, und das Vaterland zu retten, trat der
Jüngling Plinganser an desselben Spitze. Es galt
für Fürst und Vaterland, darum stand das
bayerische Volk entschlossen im Kampfe. Sein
Aufstand ist gerechtfertigt, da er für die Rechte
des Fürstenhauses, und des Landes Bayern
geschah, und da das Kriegsvolk keinen Muth-
willen übte. Aber die Bayern unterlagen, und
Plinganser floh das unterjochte Vaterland, das
er nicht retten konnte.
Auf dem Rückzüge aus Tyrol versuchten die
Gebirgsbewohner dem Churfürsten Mav Ema-
nuel den Weg zu versperren; darum eilte
der Churfürst, aber es hätte ihm bald das
Leben gekostet. Er mußte den engen Weg, ge-
nannt die reissende Wand, vorbey.
Herrschaft Oester-
reichs u. seiner
Zerstücklung?
105.
Wie erhob sich
Bayern nach dein
spanischen Erb-
folgekriege wie-
der?
106.
Wie bewies sich
im spanischen
Erbfolgekriegedie
Treue des bayeri-
schen Volkes?
107.
Welche That ei-
nes Arko ist. im
spanischen Erb-
folgekriege uierk-
würdig?
Vaterlands - Geschichte. 205
Da lauerte im Gebüsche ein tyrolischer Ja-
ger auf den Fürsten. Die Gefahr merkte noch
zur rechten Zeit der edle Graf Ferdinand von
Arko. Der Churfürst mar einfach, wie ein
Dragoner, gekleidet, Arko aber ritt im goldge-
stickten Rocke auf der Linken desselben.
Dringend bat der Graf jetzt zur rechten
Seite reiten zu dürfen, und sehr wohl gefiel
die Bitte dem fürstlichen Herzen. Kaum ge-
schah die Gewährung, so knallte der Schuß,
und leblos stürzte Arko vom Pferde.
Wohl dem Fürsten, der solche Männer
seine Unterthanen heißt!
Bey hergestelltem Frieden kam aber auch
Arko's Mörder nach München in der Meinung,
daß ihn dort Niemand kennen würde. Indeß
erfuhr der Churfürst bald seine Gegenwart.
Mar ließ ihm bedeuten, er sollte sich in aller
Stille ans der Stadt ziehen, weil er ihm für
sein Leben nicht gut stehen konnte, wenn sein
Aufenthalt den Bürgern bekannt würde, und
legte zu dieser geheimen Warnung 12 bayeri-
sche Thaler für Handel, so hieß der Tyroler,
bey. Solche Beyspiele stellen Fürsten zur Be-
lehrung ihrer Unterthanen auf.
Im spanischen Kriege wurde die churfürst-
liche Familie ganz von einander getrennt. Die
Churfürstin lebte in Venedig, die vier ältern
Prinzen wurden in Oesterreich in Gefangen-
schaft gehalten, und die jüngern fürstlichen
Kinder in München verwahrt, welche Trennung
und Behandlung den guten Eltern besonders
schmerzhaft^ fiel. Als nach hergestelltem Frie-
den die fürstliche Familie wieder zusammen
kam, erkannten kaum die Kinder ihre Eltern,
und die Eltern ihre Kinder mehr.
Die Freundschaftsbande, die zwischen Oester-
reich und Bayern erneuert wurden, zerriß bald
ein zweyter Erbfolgekrieg, der österreichische.
108.
Was trug sichmit
dem Mörder des
Grafen Ferdi-
nand von Arko
zu?
109.
Welches Loos
traf im spani-
schen Kriege die
churfnrstliche
Familie?
Q 3
o 2
S> o
3 Tra
COa..
ir? d-
2 ^ ^ 3 ^ <Io £> 2.
^ ™ rz^CX) S 13 o, » o S'- ^
~©l^l¿j:ís
Ss. a
S-Ö
Cb '
' CO »">
cr Î? ’S
* <5 o;
^ «j ■
3'2 ■
è ^ '
O
os
3 2
er^
ti o.
©21
"tí ra
,0
■ ■&
\St
» » S
» 5=5 »
cr 77 .&1
•>& 8 H 2 Æf /a n o
» -* 77 i¿?<» s
,-. O CO er S 2 3^ S'
/C\ er ve íg Ss S' Cb
-t? 0# ö> » o 2
5s <5 ?“ « _ ?íp
ccn- ♦-* o co -i 3. (?; S?
"3Á2 ca Sr 3"
22 3 O O S *r ~t
- 3 3 —r, 3
> —t, cr ra
£- cr -& H
^ 3 ra cr ^ " ™ O
e/ o
O 3' o
»a fi2 —r*
3 2T 3 ™
2"á,^ 2
6s o ¿2 O"
2 S ‘ »
©Z2
A'3 "co
3 eo
©S^Zs
^ er Cb
SÖ5 =
-* ra O O
♦ r !? cr
cr
sos
Sr=3 S 3 H 3 3 ra 3» O» 2
322 ♦ ¿.-* e<yg,o(
- - . f! 2?) Ö ~ S ¿2 C'A £g r? s' 2? 3
2 o S «* 2 3 © S g 2.~ ^ «-«g ^
o «»O rv 52 V&- . -&* ^ —*» cr
r-v M2 ^ «-»- ^ ~ <— r-a —
^ o .., r» Er*3 2 O n> 2 û n
cr ^ -3> 3 3 w ÇS *~
o H
o er'S E -o' 2 fjT 22
Sí. 5 o S 1
^ Q, £T 3 O) 3 o
va 3' “ o ♦ r> “
*“/ 3 1
;, íy o
-a ^5
»23-
3
.- _, Ä
1? ^ 8
a o 3f
S'2C3'» §3*
— 3 i g 3 - § egg»
22 . ra —, p*(o ' O 2
X* $p 3 ^ ^5 ™ cr^é
3 LêeZZ 2|^S-
° ' & 3 cr g ~
0”~ e - S
£2 cr £0 Ck
2 S
_. o
§s
o 5
3 CO ^ er<S
2^ c "> 2
— — ra rs *
3 3
3 ^
<zr
3' 2 3
3 3 o-
§ 3?
c^)L
«&
è
S§r
©
O' .
~^~
22 8' o
-^0^2
8" 3 3
Ô»
0
-“n
Si 2s
AI,3*
O S
ra
° 3»a 1 n.
*3 -2 Q» "2 ^la
o 2£3 » 3
n r>
tí W , *e *e O
2 3 5s> Q *->*
2 2,2,^n 2 - *j.
^ O, t C>b ^ ^ ^
8 22 ^ s "2^ 3 er
3 * 3«. 32 ra _ ^
cr
e e£> St-gt 3 ‘
O o’ S 3r
“ 3 2
& 3
O- o 3 -S' 22 w o 3
5-)^^, O & -a -
O 3 ra o 3 3
27 '— 2^ °
ra 2
3 3
™ ^ O
î ©-s
■ &
S'^í
2 3
o -
, Cb
o
■ 3 ¿s
<D
5^)1
£?f M
««j:
c» :
..o ^
K>
O
O
a
»
S'
cr
o
0
3^
Vaterlands- Geschichte. 207
der Freywllllgen nicht selten unter dem Feinde
gräßliches Blutbad anrichtete.
Für die Treue in diesem Kriege beehrte
der Kaiser im Jahre 1744 die Stadt mit ei-
ner goldenen Schaumünze.
In diesem Kriege war auch Rosenheim
mit großer Gefahr bedroht.
Die Feinde verheerten auf ihrem Rückzü-
ge durch Flammen, und auch Rosenheim ge-
rieth in Gefahr, von den Panduren in Brand
gesteckt zu werden, weil dort im Herbste zuvor
200 der ihrigen in bayerische Gefangenschaft
gefallen waren.
Jung und alt floh bleich und zitternd aus
den Häusern, als die wilden Rotten sich an-
schickten, die Brandfackeln anzuzünden.
Da ging Vater Remedius, Vorsteherder
Kapuziner, zum Panduren-Hauptmaun, Ge-
org von Schlangen, sprach zu ihm von dem
Elende und der Unschuld des Volkes, wies
auf die Heiligkeit der Gotteshäuser, und auf
die rächende Wiedervergeltung des Himmels
hin, und das Herz des Hauptmannes wurde
weich, und Rosenheim durch Priesters Wort
gerettet.
Der österreichische Erbfolgekrkeg nahete
endlich durch Karl des VH. Tode, der schon
im dritten Jahre erfolgte, zum Ende; denn
sein Sohn Maximilian Joseph III., dieser vor-
treffliche Fürst, machte sogleich Friede, und
gab dem Lande die ersehnte Ruhe.
Max Joseph III. regierte wahrhaft väter-
lich, und erwarb sich die Liebe seiner Unter-
thanen dergestalt, daß er den Namen des Viel-,
geliebten erhielt. Er trachtete nur nach Er-
füllung des edelsten Fürstenwunschcs »ein glück-
liches Volk um seinen Thron zu erblicken."
Er tilgte Landesschulden, hob entbehrlichen
412.
Wie wurde das
im österreichischen
Erbfolgekrieg be-
drohte Nosen-
heim gerettet?
113.
Wie endete der
österreichische
Erbfolgekrieg?
114.
Wie regierte
Mar Joseph HI.?
208 Vaterlands? Geschichte.
Troß lm Hofe auf, und schrankte seine Be-
dürfnisse ein.
Dem verschuldeten Vaterlande aufzuhel-
fen, faßte er sogar den heldenmüthkgen Ent-
schluß in fernes Land und fremden Dienst zu
ziehen, um einen Hofstaat zu ersparen. Seine
Mutter, Verwandte und Rathe hinderten ihn
aber durch Bitten an der Ausführung.
Er führte bürgerlich stilles Leben, und er-
schien vor dem Volke, wie der Vater vor sei-
nen Kindern. Der gemeine Mann hieß ihn
nur den guten Mar. Seine Tagesordnung hieß:
»Fange Alles an mit Gott." Er unterzeichnete
mit Schmerz die vielen Todesurtheile, und
lebte allzeit einen traurigen Tag nach Hand-
habung der schrecklichsten seiner Fürstenpflichten.
Er legte den ersten Grund zur bessern
Bildung, welcher sich jetzt das bayerische Volk
zu rühmen hat, und das Land erfreute sich
unter ihm seines Aufblühens. Alles Streben
ging dahin, die Jünglinge zu brauchbaren
Staatsgliedern in jedem Verhältnisse zu ma-
chen. Sein Geist der Duldung ist merk-
würdig, so wie auch die Erhabenheit seines
Geistes. Er gestattete zuerst den Protestanten
in München den Gebrauch ihres Gottesdien-
stes, und warf einst eine Liste, in welcher meh-
rere Personen als gefährliche Freygeister zur
Bestrafung und Landesverweisung aufgezeich-
net waren, mit dem Ausdruck in's Feuer: »ge-
»rade die beßten Köpfe meines Landes."
Mit Churfürst Mar Joseph III. starb die
bayerische Linie aus. Er starb an den Kinds-
pocken, die der Arzt nicht erkannte.
Selbst Fremdlinge weinten um den gu-
ten Mar, welchen Reiche und Arme ihren ein-
zigen Freund hießen. So allgemein ist vielleicht
noch kein Fürst der Erde betrauert worden.
Bayern kam in den Besitz des damaligen
115.
Wie entstand
der bayerische
Erbfolgekrieg
Ox
O
Ci
•o
S->
zz
<3
N
a «>
s —
ti'S'
/3
S§5
w S-* Ä
S CO"
^C'ô'o
WH s(j)
î"0 .O O
^ í¡ uS C
0 <§&&•-
L-
«ê c
3'
35
«
‘O J?
' 2 j= ä « «
>»5,; Q n <3
C«ü-C¿ o
Jo ' 2
<£* <y *0" “¿Í *£ 2
«->- ° HL
w 5 ’s ^ o
o
S Jp'/w
S2 o /3 ^
<£ o §|»uw
„2 d'§ H 3. «
è-^- ^ ^
fc.
ÜoQ s £
§ §1 «
S'? ¿ «^3
ä-sä ^?"z n s Ä
“O 2-,..Z £ CS
ill-SlIs
If^l'eS-
—- vct- 3 S ®
3 2 ^ CS
[ü u « 2 «5*333. £J
Si ä «a * 3 P
|Sttl&î
'-* Ä. '— .S . (O.
QSg
s Jgc> f S CS ^
<u CS _ CO 3 —
—.J-.^ 3 * * ^ ^
' ^ 3>'H.L P /3 d
b 2 '3 3 2s-
^ JO .3 3 § ^ 'T
=- gk 2î
t¿ ^ JÈÎ ^ .35 ^ **
» ¿ Sx
*3 tz *-< g
-2? «
iß .
^ -rca 3^^ §
^ ¡2 M 3
rH ^ C _gr .._» j— j-*
Z AZ HH'K
KZLZsK
52
» 3^
co --- >b
^ 13 3 <& ‘S
*
c> 5
<H B
ZsLK
éñ'^
or>
Cî çj
yQ ^
'é
CT5
»■O
<j£
3* ^
Sa
-•* 3
«O ^
. L-; >
H ^ *>
^ « L
O
rr er?
r-»
o 52
j> 3
*Â 3
-> H
^ ^ \r
8ë
» €N*
o
60 O.
GN-S
Ltz a.
>
*2-~
b
§
:«
3ct,“¿ g 'S-^r 3
: 3
> >3»
j3 g-
«5 3, £
/->
35 P *3 3 2
0*3’£9 <—
..s^||§tS'§l.^
ri 3 3 3 tei «uooO«-» yo
32^ e "/5 ^ -r. •—
3S- te ¿ ^ >T> «J O rj «>
x-' 5 35.*—r 'j /j " « „ a« 3 o
««Ci-;-. «û 3 —- 3 3 "
a-û'S'SÎS " "¿Lie 3 3
w’í i í,<3 CCT S“ v0QOQ.
3 S .Si 3 ?,"2 3 - tel «■* Æ. ?* P?
C2^ 35.S
3
P Ä
S 3>
3 3
K
O
o c
00 O
tH S
ö.s>
J§
0e? «5
§s^-2.'
t-
H
- -g ^cnê' ^ __________
S . . 3 ~ «> CS)
v h3‘ .2 3 ru yoi
«S> <3 >5> yo =-* 35”
P’ f ' C
O -°
Si
K -A âZ îâ Z H
. 3
,.°L
û o " , S S S " •§ " .s
_. g -Si 00 ¿ S 43-«Ü. v*w "
X2 53 î>> «—. y^) î-+ «j
3 eu yo 3 53°--3 —
3 ^ v 3 .2 3> fcOsSi
I— »x-1. „ ru >—■» V ru 3, ru
2 ru 3 ^ .35 3.
uw çj _. 2 35 3 3 3 flj .
- «5 te-^. ^ *2 .2 3 Ä 3 r-
„ a<-tctup4?
u 4_i >3- «-» 3 »-> ru — J5 tel .ö
3 3b 3 eu S->
«’¿Ä « ««S' v 3 .2 3)
J *-* O î— <2. «u ru >—» v ru ru
-° ao 2 y.^2r « •— - ^
Î3 X* ^ ' y— ^ ^
3 o ^ . . v°. ^
A s
2 C
*2.-3 .35 g'iS
rz ^ ^ § » er: v_*y --—
3Û>C^SU^<Q ct-eit'2 3
^ >—» ar> Ci> . i_k •*■* CO
e-
o -s
<-n P 3)
3> ¿i 2,~ Stn n
ru iVt ç- 'P yo P C3-tiQ ter 35
SÌ 3 3 '*“* Ä ^ •—
3> .2 3
210
Vaterlands - Geschichte.
eru unter dem Namen Marimillan Joseph !.
ausgerufen.
Königs Mar Joseph I. Sorge ging uner-
müdet dahin, aus Bayern einen beglückten
Staat zu bilden.
Er gab daher den verschiedenen Landes-
theilen einerley Gesetze, sicherte Rechtspfle-
ge, beförderte Künste und Wissenschaften,
bildete durch eine durchgreifende Verbesse-
rung der Elementar- und hdhern Schulen das
Volk, und schirmte in seinem Reiche das Recht,
daß jede der drey christlichen Hauptkirchen
Gott auf ihre Weise ungestört verehren könne.
Endlich als Krone seiner Verdienste gab
er dem Königreiche eine Grundverfassung. Er
wollte, daß seiner Nation die höchst mögliche
Freyheit gegeben werde, und damit sein könig-
liches Vaterwort also geehrt und gehalten
werde, setzte er die Staatsvcrfassung vom 26.
May 1613 seinen treuen Bayern zur heiligen
Bürgschaft ein.
Er gab der Erste unter allen Fürsten
Tentschlands dem Volke eine dein allgemei-
nen Wohle und den Forderungen der Zeit heil-
bringende Constitution.
Der gute Vater Mar Joseph erlebte nicht
mehr die Früchte aller seiner vortrefflichen Ein-
richtungen, und die Erfüllung seines Haupt-
wunsches, sein treues Volk recht glücklich und
zufrieden zu sehen; denn durch Zeitverhaltnisse
verarmte, wie alle kleinen Staaten, so auch
Bayern.
Der unvergeßliche Mar endete am 13.
Oktober 1325 sein Leben äusserst sanft, denn
man fand ihn am frühen Morgen, sein von
Regentensorgen müdes Haupt auf seine Hand
gestützt, im Bette todt liegen.
120.
Wodurch glänzt
Königs Marimi-
lian Joseph I.
Regierung?
121.
Erlebte König
Mar die Früchte
seiner vortreffli-
chen Einrichtun-
gen?
211
Vaterlands; Geschichte. ,
§• 12.
König Ludwig I.
Max dem I. folgte sein Sohn, König Lud-
wig I., in der Regierung.
Seine erste Sorge, wodurch dem verarm-
ten Lande vor Allem aufgeholfen werden kann,
war, daß er die möglichste Sparsamkeit am
Hofe, bey der Armee, und bey allen Staats-
zweigen einführte.
Sein edles für Menschheit und wahren
Regentenruhm schlagendes Herz lassen auch
in ihm einen zweyten Vater des Vaterlandes
erblicken.
122.
Wer folgte Kö-
nig Mar dem I. ?
123.
Womit bezeich-
nete König Lud-
wig den An-
tritt seiner Ne-
gierung glor-
reich ?
§. 12.
E i n t h e i l u n g.
Bayerns Geschichte kann man zweckmäßig
in sechs Perioden umfassen.
Die iste Periode umfaßt die älteste oder
Urgeschichte, nämlich die Zeit vor Christi Ge-
burt bis in das sechste Jahrhundert nach Chri-
sti Geburt;
die 2te Periode die Herrschaft der Agi-
lolfinger vom Jahre 555 bis 783;
die 3te Periode die Herrschaft der Karo-
linger vom Jahre 783 bis 911, d. i. von je-
nem Zeitpunkte, in welchem Bayern von den
Franken völlig unterjocht wurde, bis zu jenem,
in welchem der karolingische Stamm erlosch;
die 4te Periode die Herrschaft der frem-
den Hauser vom Jahre 911 bis 1180, nämlich
von jenem Zeitpunkte, als Prinzen aus ver-
schiedenen fürstlichen Häusern auf den bayeri-
schen Thron kamen, bis zu jenem, da Otto
von Wittelöbach die Regierung arrtrat;
die 5te Periode die Herrschaft der Wit-
telsbacher bis zur Erhebung Bayerns zum Kö-
nigreich von 1130 bis 1806;
124.
Nach welchen
Zeiträumen
überblickt man
am besten dle
ganze bayerische
Geschichte?
14*
21.2
Vaterlands r Geschichte.
die 6te Periode die Herrschaft der Wit-
telsbacher als Könige von iLoo bis zur neue-
sten Zeit.
§♦ 14.
Bildungs/Perioden.
Wir gehen die Perioden durch, um die
Entwicklung der Bildung des Volkes zu sehen.
In der ersten Periode:
Unsere Vorältern waren in Sitten rauh,
Krieg war ihre National - Neigung, und das
ganze Volk kampffertig auf den ersten Wink.
Persönliche Tapferkeit und Treue des Wortes
waren ihre größten Tugenden.
Im fünften Jahrhundertewurdedas Chri-
stenthum in Bayern bekannt. Cs ist nämlich
gerade zur Zeit, als die wandernden Völker
die Länder überschwemmten, der heilige Se-
verin gekommen, deu Gekreuzigten zu predi-
gen. ES wirkten noch lange nicht mildere Sit-
ten, und bessere Erkenntnisse.
Die 2te Periode zeigt, daß im siebenten
Jahrhnnderte das Christenthum im ganzen Lande
eingeführt, und durch den heiligen Emeram
und Bonifazius geprediget wurde.
Unter die Lehren des göttlichen Nazare-
ners mischten sich aber auch heidnische Mahr-
chen und Gebrauche, und man opferte den
Götzen noch Vieh und Menschen. e
So geschah es, daß die anfänglich schö-
ne Lehre auch in Bayern getrübt wurde.
Noch im Lten Jahrhunderte war das Volk
roh und in jeder Sache unkundig, die nicht
seine Nahrung oder Sicherheit betraf. Abwech-
selnd vor dem Schrecken böser Geister zittern,
erlernte Gebete hersagen, sich mit dem Zeichen
des Kreuzes segnen, hieß Christenthum. —
Man glaubte sich von dem Abgrunde der Ver-
125.
Wie entwickelt
sich die Bildung
des bayerischen
Volkes nach den
Epochen seiner
Geschichte?
a. In der ersten
Periode?
b. In der 2ten
Periode?
213
Vaterlands; Geschichte.
dämmn iß zu retten, und die Seligkeit des
Himmels zu erwerben, wenn mau reiche Ga-
ben den Verkündern des Christenthums spende.
Auch in der s. Periode, nämlich im 10. und 11.
Jahrhunderte, glaubte man noch, ruchlose Tha-
ten verüben zu dürfen, wenn man nur from-
men Sinn habe. Wenn mau nur die Hand
vor dem Altare zum Gebete erhob, hielt mau
es nicht für Sünde, sie gegen den Bruder
zum Mord zu erheben.
Die 4te Periode entwickelt sich mit dem
Ausgange des 1. Jahrtausendes nach des Hei-
lands Geburt.
Es ging 1097 bis 1101, also im 11.
Jahrhunderte, das allgemeine Geschrey, das
Ende der Welt sey vorhanden, das Jahrtau-
send erfüllt, von dem die Offenbarung spricht,
daß Erde und Himmel in Flammen schmelzen
fohlen. Damals war nämlich überall Krieg und
Unruhe.
Von allen Uebungen der Buße wurde
damals das Wallfahrten zum gelobten Lande,
wo Jesus zur Welt kam, am höchsten ge-
achtet, und die Pilgrime waren geschätzt, jo
lange die Kaliphen der Araber aufgeklärt und
duldsam herrschten. Aber es überwanden sie
die Türken, und diese mißhandelten die Chri-
sten. Es wurde der Ruf laut, daß die heilige
Stadt nicht länger in der Ungläubigen Gewalt
entweiht liegen dürfe.
Da begann die Zeit der Kreuzzüge. Es
zog Peter der Einsiedler durch alle Lander und
predigte zum Krieg gegen die Ungläubigen.
Wer Theil nahm, besam ein tüchernes Kreuz
auf seine Kleider und hieß Kreuzfahrer. Diese
Kriege hießen daher die Krenzzüge.
Ihrer sind fünf unternommen worden.
Im Jahre 109s, brach der erste Kreuz-
zug auf, woran auch 15000 Bayern Theil
c. In der stell
Periode?
d. In der 4ien
Periode?
126.
Was sind die
Kreuzzüge?
127.
Wie viele Krenz-
züge geschahen
und mit welchem
Erfolge?
214
Vaterlands ; Geschichte.
nahmen; aber sie kamen um, und nur we-
nige erblickten den vaterländischen Boden wieder.
So wurden noch vier Kreuzzüge von Hun-
derttausenden unternommen; aber sie kamen
durch das Schwert der Feinde um, oder wur-
den ein Opfer des Hungers und Durstes.
Der letzte, 1243 unternommen, war auch
erfolglos. Jerusalem blieb in den Handen der
Feinde, und Europa hatte nicht blos ? Mil
lionen Menschen verloren, sondern auch die
verheerenden Blattern geerbt.
Die 5te Periode stellt uns die Zeitraume
des Faustrechts, der Schwärmerey, des Müßig
ganges und des Aberglaubens, aber auch das
Beginnen der Aufklärung dar
In die Zeit der Kreuzzüge fallt auch
die Zeit des sogenannten Faustrechts, das bis in
das iste Jahrhundert dauerte.
Der Stärkere warf sich in eigner Sache
selbst zum Richter auf, und verfolgte mit dem
Schwerte in der Hand den verhaßten Nachbar.
Der Adel trotzte auf seine Felsenschlösser, und
plünderte auf offenen Straßen die Vorbeyge-
henden aus. Im ganzen Lande war Unfriede.
Erst im Jahr 14*95 gelang es Kaiser Marmi-
lian dem I., den allgemeinen Landfrieden her-
zustellen. # 130.
Müßiggang und Schwarmerey äusserten Wie äußerte sich
123.
6. In der 5ten
Periode?
129.
Was.ist das so
genannte Faust
recht, und zu
welcher Zeit
herrschte es? .
sich in drey Gestalten, 1) in den sogenannten Schwärmere
_ ? rt'i. t__ . ..... __ 1t .i. ... it ï> Osigli ft ï /1 î** .
Geißlern, 2) in den Zigeunern, 5) in Ueber-
zahl der Feyertage.
Man hielt damals schauderhafte Büssun-
gen für gute Werke. So trieben schwärme
rische Müjfiganger, die sich Geißler nannten,
ein volles Jahrhundert ihren Unfug. Es ka-
men Tausende von Männer» und Weibern
aus Italien, und zogen von Land zu Land
paarweis mit brennenden Kerzen, rothen Kap-
pen und rothen Kreuzen, und trugen Ketten
lUldMüßiggang?
151.
Wer waren die
Geißler?
215
Vaterlands -Geschichte.
an Füßen und Händen. Sie geißelten sich öf-
fentlich.
Bayerns Herzoge wiesen sie aber zurück,
und befahlen den verirrten Inländern zu ar-
beiten.
Im 14. Jahrhunderte durchwanderte mü-
ßiges Gesindel, das zuvor nie gesehen war,
die Lander.
Es waren unsaubere Banden von Män-
nern, Weibern und Kindern. Sie kamen von
Morgenland nach Ungarn, hießen Zigeuner,
und hatten keine bleibende Stätte. Die Städte
ließen sie nicht ein, denn sie wurden als Aus-
späher des Landes gefürchtet, mit grdßerm Rechte
noch als listige Diebe.
Die Feyertage waren in Ueberzahl.
Im Jahre 1772 erging durch Pabst Kle-
mens XIV. die Verminderung der Feyertage,
aber das Volk hieß den hl. Vater Ketzer und
feyerte die unterdrückten Tage.
Karl Theodor legte die Feste auf Sonn-
tage , aber das Volk fand sie in der Woche
erbaulicher bey heiligem Müffiggange.
Man nannte solche Vorurtheile unschuldig,
und wegen des grauen Alters ehrwürdig, aber
unbedacht, daß die Vernunft alter als das äl-
teste Vorurtheil, und kein Irrthum ohne Ver-
wirrung und Gefahr für offentlicheWohlfahrr sey.
Auch nach der Zeit der Kreuzzüge beherrsch-
te der Aberglaube noch lange Hohe und Nie-
dere. Es schreckte der Glaube an schwarze
Kunst, an Heren, an umher wandelnde Ge-
spenster, bedeutsame Träume, und weissagen-
de Gestirne; — ein Glaube, der alles Gute
vernichtet. Schon Karl der Große bemühte
sich, den Glauben an Zauberey und Hererey
auszurotten.
Im i5ten Jahrhunderte lebte rr wieder
mehr als jemals auf, denn dieser Glaube war
152.
Wer waren die
Zigeuner?
155.
Was geschah
wegen Ueberzahl
der Feyertage?
154.
Wie äusserte sich
der Aberglaube
in der 5ten
Periode?
1
216
Vaterlands - Geschichte.
der erste und tägliche Unterricht, mit welchem
vornehme und gemeine Eltern die Einbildungs-
kraft ihrer Kinder erfüllten. Noch um die Mit-
te des isten Jahrhunderts weissagte man künf-
tige Dinge aus Sternen, Sieben, Krystallen und
Ringentrachtete in Christ-, Andreas- und Tho-
mas-Nächten unter schauerkgen Vorkehrungen
nach den Geheimnissen der kommenden Tage;
rief auf Kreuzwegen nächtlicher Weile die Gei-
ster der Finsternisse; suchte Wundermittel, be
schwor verborgene Schätze und bannte Hoch-
gewitter, Ratten und Mäuse. Sich schuß - und
stichfest zu machen, war der Wundersegen
geliebt; Thüren, Truhen und Bettstätte tru
gen Zauber - und Segen - Sprüche wider die
Macht des Bösen. Eltern verschmähten ärzt
liche Hilfe am Sterbebette ihrer Kinder, wenn
der Segen der priefterlichen Hand nichts half,
und Landleute ließen Vieh ohne Hilfe, wenn
es behext hieß. — Kranke, die man nicht zu
heilen wußte, hielt man für ehrlose Leute;
Uebel als unmittelbaren Beweis göttlichen Zor-
nes, daher man auch hauptsächlich nur geist-
liche Mitt^U dagegen anwendete und unmittel-
bar himmlische Hilfe erwartete. 155.
Veychsr verkehrten abergläubischen Behänd- Welchen Einssnst
lung der Kranken und der damaligen unrein-!hatte der Aber-
lichen Lebensart entstanden nicht selten anste-jchaure auf ze-
ckende Krankbeiten und Pest, welche gal»ze>1"^^^Z^'
Städte und Provinzen entvölkerten. Isäeirt "
Dieses geschah besonders 1315 bis 1517, A
und 1448 und 1449. Dieser schrecklichen <3eud)C
gingen Erdbeben voraus, und selbst in Bayern
stürzten in mehr als 22 Städten und Schlößern
die Mauern ein. Auch kamen Heuschrecken-
schwarme über das Meer, verzehrten die jun-
gen Saaten, und brachte» unerhörte Hungers-
uoth. — Man nahm aber stets lieber zu über-
natürlichen als zu natürliche» Mitteln fcfuc.
217
Ackerlands-Geschichte.
Zuflucht, und ließ sich von Sterndeutern sein
Rettuugsmittel angeben. — Erst nachdem
man die betrübtesten Erfahrungen gemacht,
sing man an zu begreifen, daß man zu na-
türlichen Mitteln seine Zuflucht nehmen mühe.
Aber auch in der Zeit der Unwissenheit
und des Aberglaubens wankte der Bayern Treue
nicht. Herzog Stephan mit der Hafte hielt
1255 einen Kriegszug nach Italien, und sprach
dort zu den italienischen Fürsten, welche den
Meineid ihrer Volker fürchteten, die ewig
denkwürdigen Worte: »Ich weiß keinen mei-
ßner Unterthanen, bey dem ich nicht sicher schla-
ffen könnte."
Der Sittlichkeit, den Wissenschaften und
jeder Art von Wohlstand gab aber die Erfin-
dung der Buchdruckerkunst im Jahre 1440 ei-
nen ganz neuen Schwung und neue Wendung.
Jetzt war es leichter die menschliche Bil-
dung zu befördern, und Wissenschaften und
Künste und allerley nützliche Kenntnisse allge-
mein zu verbreiten.
Ehe diese Erfindung gemacht wurde, konn-
ten nur bemittelte Leute zu einigen Büchern
gelangen, welche abgeschrieben werden mußten,
was meistens von Klostergeistlichen geschah,
ohne deren mühsamen Fleiß die schätzbarsten
gelehrten Werke des Alterthums für unsere
Zeiten verloren gegangen waren.
Alles, was man anfing, verbesserte sich,
man sah allenthalben Hellern und glücklichern
Zeiten entgegen, als sich auf einmal eine Be-
gebenheitereignete, die alles verschlimmerte, und
für ganz Europa heillosen Schaden herbeyführte.
Diesig Begebenheit ist die Reformation,
oder Einführung des Lutherthums.
Die Reformationskriege hatten die ge-
meine Volksklasse in eine traurige Lage versetzt.
Die Schulen, die im 16. Jahrhunderte errich-
126.
Wie stand es in
der 5icit Periode
mit der Treue
des bayerischen
Volkes?
127.
Was begründete
in der 5. Perio-
de einen bessern
Stand der Din-
ge?
123.
Was störte in
der 5. Periode
wieder die glück-
liche Fortschritt-
tnng der Bil-
dung tu des
Wohlstandes?
218
Vaterlands - Geschichte.
rct wurden, kamen wieder in den tiefsten
Verfall, und Unwissenheit und Aberglaube
rissen weiter um sich. Man strafte zwar derley
Unfug mit aller Strenge, aber man that da-
bey wenig oder nichts, dem Aberglauben und
der rohen Unwissenheit durch Verbreitung bes-
serer Kenntnisse Einhalt zu thun; ja man dul-
dete die größten Mißbrauche sogar öffentlich
auf Schrannen und Jahrmärkten, wo sich
nicht selten öffentliche Schreyer vorfanden,
die auf großen Tafeln oder Gerüsten standen,
und das Volk durch gräßliche Erzählungen von
Hcrentänzen, Goldmachen, Fest- und Unsicht-
barmachen , Wettermachen rc. mit feyerlichem
Ernste unterhielten, und derley Wesen zu Ver-
kauf ausboxen, wodurch das Volk in seinem
Wahne und Aberglauben erhalten und bestärkt
wurde. 139.
Endlich erst mit Endender 5ten ^Periode In der 6ten
begann das Licht der Aufklärung zu dämmern,^Periode?
und schritt in der 6. Periode mächtig vor,!
wie uns Marmilian des 1. glorreiche Regie-'
rung gezeigt hat.
§. 15.
Stamm bau m.
Der Stammbaum stellt uns die ununter-
brochene Reihe des Wittelsbachischen Regeu-
renhauses dar, von Markgraf Luitpold her,
welcher wahrscheinlich ein Agilolsinger und naher
Anverwandter der Karolinger war.
Otto der Größere, welcher von Kaiser Fried-
rich Bayern erhielt, ist ein Abkömmling Otto
I. von Scheyern und Wittelsbach, —• daher
ein Wittelsbacher; dieser Otto der!, aber Luit-
polds jüngster Sohn.
Luitpold stammt von dem unglücklichen
Tassilo, dem Agilolsinger. Er vermählte sich
aber mit Radagundis, einer Fürstentochrcr
140.
Wie bildete sich
die Stammtafel
des bay. Hauses?.
a. Was stellt
der Stamm-
baum dar?
141.
b. Wie steht de:
Wittclsbach'sche
Stamm mit dem
Agilolsing'scheu
n. Karolim,'-
schcn in Verbin-
dung?
2 IQ
Vaterlands - Geschichte.
aus Karolingischem Stamme, und so führt sich
die Wicrelöbachische Stammfolge bis auf Karl
den Großen zurück.
Otto der Größere erhielt durch Tapferkeit
aus Kaiser Friedrich I. Hand das alte Stamm-
land Bayern. Man darf es das alte Stamm-
land nennen, weil schon Otto des I. Bruder,
Arnulf, ein Herzog zu Bayern war.
Ihm folgte Ludwig I. der Kellheimer,
dann dessen Sohn Otto der Erlauchte. Dieser
erwarb durch seine Heirath mit der pfälzischen
Prinzessin Agnes 1227 die Rheinpfalz.
Orro des Erlauchten Söhne waren Lud-
wig der Strenge und Heinrich.
Otto hatte das Land unter sie getheilt.
Ludwig der Strenge erhielt Oberbayern und
die Rheinpfalz; Heinrich — Niederbayern.
Ludwig des Strengen Söhne theilten wie-
der das Land.
Ludwig, genannt der Bayer, erhielt Ober-
bayern, Rudolph erhielt die Rheinpfalz.
Nun war die Regierung über Bayern mit
dem Jahre 1294 unter drey Linien getheilt.
In Oberbayern hatte die Ludwig'sche bay-
erische Hauptlinie,
in der Pfalz die Rudolphische,
in Niederbayern die Heinrich'sche die Re-
gierung.
Im Jahre 1340 starb die niederbayerksche
Linie aus, und Niederbayern fiel an die Lud-
wig'sche bayerische Linie in Folge Vertrages zu
Pavia.
Diese regierte nun in Ober- und Nie-
derbayern bis zum Jahre 1777, wo sie mit
Churfürst Marmilian Joseph III. ausstarb.
Jetzt vererbte sich die Regierung über Bay-
ern an die pfälzisch Rudolphische Linie.
Diese hatte sich inzwischen weit verzweigt,
aber fast alle Zweige waren ausgestorben.
142.
c. Wie ist die
Regentcnfolge
Bayerns nach
Hauptzügcn?
220
Weltgeschichte.
Es waren nur noch i. die sogenannte
Sulzbachische Linke, in der noch Karl Theodor
lebte, 2. von der Zweybrückischen noch die
Virkenfeldische Linie.
Im Jahre 1777 war Karl Theodor der
nächste Erbe, und eö fiel also mit ihm das
Land an die Sulzbachische Linie.
Im Jahr 1797 starb mit ihm auch die
Sulzbachische Linie aus.
Die Reihe kamen nun an die Zwey-
brückische Linie aus dem pfälzischen Stamm,
und zwar an den Zweig Birkenfeld.
In ihm lebte nur mehr Marmiliau Jo-
seph, damals Herzog zu Zweybrücken.
An ihn gelangten die Gesammt-Lander
Pfalz-Bayerns, und auf seinem Haupte hatte
nun das Schicksal alle Kronen Bayerns ver-
einiget, aber auch noch spater die Königskrone
hinzugefügt.
Er entschlummerte. Seit dem 13. Oktober
1825 regiert nun sein glorreicher Sohn, Lud-
wig der I., unser allergnädigster König!
Welt- und Menschen-Geschichte.
§ 1.
Ursprung und Ausbreitung des Men.'
schengefchlechtö.
Das erste Menschen-Paar lebte in dem
milden fruchtbaren Mittelasien zwischen dem
Euphrat und Tiger. Asien' ist also die Wiege
der Menschheit, und von diesen Stammelrern
1.
Wo entstand
das erste Men-
sch en paar?
3984 Jahre vor
Eh. G.
221
Weltgeschichte.
hat das ganze Menschengeschlecht seinen Ur-
sprung, nemlich von Adam und Eva.
Adam hatte drey Söhne, Kain, Abel und
Seth. Kain erschlug seinen Bruder Abel aus
Neid, und entfloh nun mit einer der Tochter-
Adams, die unter den übrigen Geschwisterten
seine Vertrauteste war, in ferne Gegenden.
Der unselige Brudermord veranlaßte die erste
Trennung der kaum entstandenen Menschen-
Familie, und bewirkte ihre weitere Ausbrei-
tung auf der Erde.
Die Menschen rückten zwar allmahlig in
ihrer Bildung vor, verschlimmerten aber auch
ihre Sitten. Gott ließ nun, sagt die Geschichte,
eine schreckliche Ueberschwemmung kommen,
genannt die Sündfluth, welche alles Lebendi-
ge vernichten sollte.
Es geschah, und nur Noe mit seiner Fa-
milie und mit vielen Thieren rettete sich durch
das große Schiff, die Arche genannt.
Als die Gewässer sich verlaufen hatten,
stieg Noe an das trockne Land, und brachte
als sein erstes Geschäft Gott ein Dankopfer
für feine wunderbare Rettung, und während
die heilige Flamme loderte, erschien wie ein
liebliches Bild der Versöhnung der buntfarbi-
ge Regenbogen.
Die Noahiden zogen in das weidcnreiche
Babylon, vermehrten sich aber bald sehr, und
waren genöthigt auseinander zu gehen. Um
sich gegenseitig wieder zu finden, begannen
sie einen Thurmbau, der bis an den Himmel
reichen und unermeßlich weit gesehen werden
sollte. Aber Gott vereitelte das stolze Unter-
nehmen durch Sprachverwirrung, und zwang
sie dadurch, sich in alle Welt zu zerstreuen.
Die Nachkommen der Söhne Noes bevöl-
kerten die verschiedenen Theile der Erde, und
bey Vermehrung der Menschen entstanden die
2.
Wie entstand
die erste Ans- '
brcitnng der
Menschen über
.die Erde?
3.
Welche Vertil-
gung drohetedem
Menschenge-
schlechte schon
bald nach seiner
Entstehung?
2444 v. CH. G.
4.
Wie bewies Noe
seinen Dank für
die Errettung?
5.
Was ist der ba-
bylonische
Thurmban?
2135 V. CH.G.
6.
Welche sind die
ältesten und
merkwürdigsten
222
Weltgeschichte.
Reiche und Völker; insbesondere sind die älte-
sten und merkwürdigsten: Babylonien, Assyrien,
Phönizien, Aegypten und Palästina.
I Reiche Hub Völ-
ker S
§. 2.
Babylonien.
Babylonien, zwischen den Flüßen Euphrat und
Tiger mit der Hauptstadt Babylon, gründete
Nimrod, der nach der hl. Schrift ein Enkel
Chams, und ein gewaltiger Herr und Ja-
ger war; aber schon nach 100 Jahren unter-
jochte der assyrische König Ninus das babylo-
nische Reich, und machte es zu einer assyri-
schen Provinz.
7.
Was ist von
Babylonien zu
sagen?
2100 v. Ch. G.
2000 v. CH.G.
§. 5.
Assyrien.
Assyrien, nördlich von Babylon, gründete
Assur,.ein Sohn Sems.
Sein Nachfolger Nirms und seine Ge-
mahlin Semiramis bildeten das große assyri-
sche Kaiferthum, und erhoben die Hauptstadt
Babylon zu einem Weltwunder.
Das große Weib fiel endlich durch den
Dolch ihres Sohnes Ninias, der sich, wie alle
seine Nachfolger, ganz der Trägheit und Weich-
lichkeit ergab. Dreyßig Regenten waren trag
und weichlich, und ganz der Regierung un-
werth.
Der letzte assyrische König war? Sardana-
pal, ein Mann, der immer im Kreise der
Weiber war, sogar ihre Kleider trug, und ih-
re Arbeiten verrichtete. Da standen seine Heers-
führer, insbesondere Arbazes, Satrap von
Medien, gegen ihn auf, belagerten ihn, und
zwangen ihn, sich in den Flammen den Tod
zu geben. DaS Reich zerfiel.
Wie erhob sich
Assyrien?
y.
Wie nahete
Assyrien seinem
Verfall?
10.
Wie ging Assy-
rien unter?
223
Weltgeschichte.
Das assyrische Reich dauerte 924 Jahre
und loste sich iu drey Staaten auf: Neu-As-
syrien, Neu-Babylon und Neu-Medien.
Nebucadnezar, der König von Neubaby-
lon, eroberte Aegypten, Syrien, Phönizien
und Palästina, und gründete dadurch das gro-
ße babylonische Reich, welches vom Nyl in
Aegypten bis jenseits des Tigris reichte.
In seiner Siegeswnth zerstörte er die
Stadt Jerusalem, schleppte die Inden sammt
ihrem Könige Zedekias in die babylonische Ge-
fangenschaft, legte Tyrus in Phönizien in
Schutt, plünderte Aegypten, und mordete
mit wilder Ausgelassenheit. Es knüpfen sich
daher gräßliche Erinnerungen an den Namen
dieses Fürsten.
Ihn befiel am Ende ein solcher Stolz über
seine Thaten, daß er dadurch wahnsinnig wurde.
Die Macht der neugestifteten drey Reiche
war auch nur vorübergehend, denn schon nach
526 Jahren wurden sie alle vom Perser König
Cyrus besiegt, und dem großen persischen Rei-
che einverleibt.
§. 4»
Phönizien.
Die Armuth des Bodens zwang die Phö-
nizier sich dem Kunstfleiße zu widmen, 'und
so erfanden sie bald mehrere Kunstprodukte,
z. B. Glas, Papier, Leinwand rc. Ihre Lage
am Meere und am holzreichen Libanon leitete
sie zur Schiffahrt, und sie machten immer.grö-
ßere Handelsunternehmungen, wodurch sie sich
Reichthum und blühenden Wohlstand erwarben.
Die Hauptstädte Phöniziens waren Car-
thago und Tyrus; sie wurden weltberühmt, aber:
gingen gleichfals unter.
11.
Wie lange dau-
erte das assyri-
sche Reich?
12.
Wie entstand
das große nenba-
bylonische Reich?
13.
Wie benahm sich
Nebucadnezar
als Sieger?
14.
Wie endete Ne-
bucadnezar?
15.
Wie gingen die
dreyReicheNeu-
Babylon, Assy-
rien, Medien
unter?
555. I. v. CH.
Gb.
16.
Wie wurden die
Phönizier ein
Handelsvolk?
1?.
Welche waren
die Hauptstädte
Phöniziens?
224
Weltgeschichte.
Phöniziens Reichthum lockte raub süchtige
Nachbar-Reiche, und zuerst erschien der Neu-
assyrier Salmanassar, und urrterwarf sich alles
bis auf Tyrus. Aber nach wenigen Jahren
rückte der Ncnbabylonker Nebucadnezar in das
friedliche Land, und zerstörte nach 13 jähri-
ger Belagerung die Stadt Tyrus. — Er konnte
wohl die Mauern der Stadt, aber nicht den
Muth der Einwohner brechen, denn sie erbau-
ten auf einer nahen Meeresinsel ein neues Tyrus,
welches gar bald den Glanz des alten verdunkelte.
Tyrus kam endlich in die persische Ge-
walt. —
Die Carthager waren bemüht, den Han-
del und die Herrschaft zur See an sich zu rei-
ßen, gingen daher auf Länder-Entdeckungen
und Eroberungen aus, und bekriegten vorzüg-
lich die Syrakusaner um den Besitz von Si-
cilien, eine an Getreid, Wein und Oel geseg-
nete Insel. Carthagos Größe dauerte nur i8ü
Jahre, und diesen Zeitraum füllten die Kriege1
um den Besitz Siciliens ans.
Und diese unselige Insel war die Veran-
lassung, die Carthager mit den Römern zu
entzweyen, und jene drey schrecklichen Kriege
herbey zu führen, welche unter dem Namen der
drey panischen Kriege bekannt sind, und Car-
thagos Zerstörung nach sich zogen.
Sie dauerten mit kurzen Unterbrechungen
42 Jahre.
§. 5.
Aegypten.
Aegypten liegt in Afrika, und wird vom
Nil durchströmt, und jährlich durch seine
Ueberschwemmungen gesegnet, daß man mehr-
mal erntet. Die Aegyptier waren schon früh
zur hohen Bildung gelangt, hatten gute Ge- :
setze, Künste und Wissenschaften, welche erst
18.
Welches Schick-
sal hatte Tyrus?
587. v. C. G.
555. v. Eh. G.
ly.
Welches Schick-
sal hatte Ear-
thago?
146 I. v Eh. G.
20.
Was ist im All-
gemeinen von
Aegypten zu sa-
gen?
225
Weltgeschichte.
durch Auswanderer nach Griechenland kamen.|
Aegyptens Könige errichteten Wunderwerke der
Baukunst.
Solche sind:
1. der 15 Meilen lange künstlich ange-
legte See, der auf Fruchtbarkeit und Bewohn-
barkeit des Landes ungemein Vortheilhaft wirkte;
2. die 57 Meilen lange Schutzmauer,
welche Aegypten von Asien scheidet;
5. Obelisken und Pyramiden von Stein,
zu mehrern hundert Fuß hoch ans einem Stü-
cke, die zu Begrabnißstatten der Könige dien-
ten, deren Leichname hier zu Mumien ver-
härteten und der Verwesung trotzten.
Die Mumien sind getrocknete Mcnschen-
körper. Weil die Aegyptier glaubten, die
Seele des Verstorbenen kehre nach 5000 Jah-
ren in den ersten Körper zurück, suchten sie
diesen durch Einbalsamiren vor Faulniß zu be-
wahren.
4. das Labyrinth, ein prachtvolles 'Gebäu-
de mit 12 Palästen und mehr als 5000 Zimmern.
König Sethon hielt seine Soldaten hart,
und sie empörten sich, wodurch zwölf unabhän-
gige Regenten (Dodekarchen) hervorgingen.
Diese erbaueten das Labyrinth, um die Freund-
schaft unter sich zu befestigen, aber sie war
doch nur von kurzer Dauer, denn bald unter-
jochte Psammitkch seine eilf Mktköuige.
Nachdem später einige rühmlose Fürsten
herrschten, erhob das Volk seinen Feldherrn
Amasis auf den Thron. Er wollte im Bunde
mit Lydien die Uebermacht des persischen Kö-
nigs Cyrus brechen, wurde aber besiegt, und
von Cyrus Nachfolger Kambyses wurde Aegyp-
ten zu einer persischen Provinz gemacht.
21.
Welche vorzüg-
liche Werke der
^Baukunst wei-
set uns Aegyp-
ten aus?
22.
Wie Estand
Las Labyrinth?
671. I.v.C-G.
25.
Wie ging Aegyp-
ten unter.
15
220
Weltgeschichte.
§. 6.
Palästina.
Palästina ist das Land, in welchem sich
die Lebens - und Leidens-Geschichte Jesu zu-
trug, und in welchem die in seiner Geschichte
merkwürdigen Orte liegen. Da entstammen auch
das israelitische Volk und die Juden.
Abraham war von Babylonien (Chaldaa)
nach Palästina als ein reicher Nomade gezo-
gen. Sein Sohn Jsak hinterließ zwey Söhne,
Jakob und Esau. Jakob hieß auch Israel, und
nach ihm erhielt spater die Nachkommenschaft
den Namen israelitisches Volk. Er hatte 12
Söhne, und so theilte sich auch das Volk in
12 Stamme, und da ein Sohn Judas hieß,
erhielt sein Stamm den Namen der Juden.
Joseph, einer der Söhne Jakobs und sein
Liebling, wurde von seinen neidischen Brüdern
an israelitische Kaufleute und von diesen nach
Aegypten verkauft. Da gelangte er zu hohen
Ehrenstelleu, berief seine Familie und brachte
sie im Landchen Gosen unter.
Jakobs Familie, welche bey ihrem Ein-
züge in Egypten nur 70 männliche Häupter
zählte, vermehrte sich bald ungemein, wurde
aber den Aegyptern immer verhaßter. Man
legte ihnen allen Druck auf, und Pharao ließ
sogar die Erstgebornen im Nil ersäufen.
Dieses Loos stand auch dem Säugling
Moses bevor; er aber wurde in Geheim ge-
rettet, und genoß am Hofe selbst eine bessere
Erziehung. In einem gerechten Streite erschlug
er einen Eingebornen, und floh nach Arabien.
Er faßte den Entschluß, das Volk Israel aus
der Knechtschaft zu befreyen, und in das ver-
heißene Land Kanaan zu führen. 29.
Nachdem es über 200 Jahre in Aegyp- Wie kam das
24.
Wie ist Palästi-
na durch Christi
Geschichte merk-
würdig?
25.
Wie entsprangen
das israelitische
Volk und die
Inden?
2000. I.v.C.G.
26.
Was geschah mit
Jakobs Sohn
Joseph?
27.
Welches Loos
hatte das israe-
litische Volk in
Aegypten?
28.
Welches Schick-
sal hattcMoses?
22?
Weltgeschichte.
ten wohnte, und sich auf 2 ^ Millionen Men-
schen vermehret hatte, zog es mir Moses über
das rothe Meer an den Berg Sinai, erhielt
da die 10 Gebothe Gottes, wurde von Moses
40 Jahre hindurch im wüsten Arabien umher-
geführt, um es kriegerisch und abgehärtet zu
machen, und nahm sodann erst einen Theil
Kanaans mit Waffengewalt.
Moses starb mitten in seiner Heldenbahn
auf dem Berge Nebo.
Moses ist Einer der größten Männer ans
Erden, — der Befreyer, Gesetzgeber und Re-
gent der Israeliten, und ein vorzüglicher Ge-
lehrter, dessen Schriften die einzigen Denkmä-
ler sind, aus welchen wir den Zustand der Welt
in den ersten dritthalbtausend Jahren erkennen.
Noch zu seinen Lebzeiten ernannte Moses
zu seinem Nachfolger Josua. Dieser erroberte
ganz Kanaan, und vertheilte sodann das Land
unter die 12 Stämme.
Zuerst herrschte ein Hoherpriester über das
Volk im Namen Jehovas, der sein König war,
und zur Zeit des Krieges oder der Gefahr tra-
ten tapfere und kühne Männer unter dem Na-
men Richter auf.
Die unsichtbare Regierung Jehovas ent-
sprach aber dem Volke nicht, und es forderte
nach dem Beyspiele benachbarter Völker einen
sichtbaren König.
israelitische
Volk nach Ka-
naan?
1500I.V.CH.G.
30.
Wie endete Mo-
ses?
31.
Wie war Moses
ausgezeichnet?
32.
Wer war Moses
Nachfolger nnd
was geschah mit
Kanaan?
53.
Wie war Kana-
ans erste Regie-
rungssorm?
54.
Wie entstand bey
den Israeliten
chas Königthum?
! 35.
Saul war der Erste zum Könige der Is-
raeliten gewählt.
Ihm folgte David, eln Mann eben so
tapfer im Kriege als gvttesfürchtig, und einge-
nommen für Künste und Wissenschaften.
Diesem der weise Salomon, der aber ge-
gen das Ende seines Lebens sich der Ueppig-!
kett und Ausschweifung ergab, und die Na-
tion zum Mißvergnügen und zur Empörung
brachte.
Welche Könige
folgten bey den
vereinigten israe-
litischen Stäm-
men?
223
Weltgeschichte.
Ihm folgte sein Sohn Rehabeam.
Rehabeam war ein noch strengerer Ge-
bieter, als sein Vater, und seine Härte mach-
te, daß 10 Stämme ihm abstelen, und nur
Inda und Benjamin ihm treu blieben. Diese
gründeten das Reich Juda mit der Hauptstadt
Jerusalem; jene 10 das Reich Israel mit der
Hauptstadt Samarla, und wählten Jeroboam,
einen Feldherrn Davids, als ihren König.
Diese Trennung hatte schlimme Folgen;
denn wahrend sie sich in gegenseitigen Kriegen
selbst schwächten, empörte sich auch Israel un-
ter seinem Könige Hoseas gegen die assyrische
Oberherrschaft und Hoseas kam in assyrische
Gefangenschaft. Zedekias, König von Inda
fiel von Babylon ab; Nebnkadnezar aber zer-
störte Jerusalem sammt dem prächtigen Tem-
pel, und führte den König nebst dem größten
Theile des Volkes in die babylonische Gefan-
genschaft.
Erst nachdem auch Babylons Thron gefal-
len war, gab dessen Besteger Cyrus den gefan-
genen Juden die Erlaubniß, in das Land ih-
rer Vater zurückzukehren, und die heilige Stadt
und Salomons zerstörten Tempel wieder auf-
zubauen.
Siebenzkg Jahre nach Ch. G. vernichte-
ten aber die Römer die Hauptstadt Jerusa-
lem und das jüdische Reich, und seitdem le-j
den die Juden in der ganzen Welt zerstreut.
§. 7.
Griechenland.
Aegypter und Phönizier wanderten aus,'Wie gelangten
legten in Griechenland Kolonien an, und brach-jdieGriechen zur
ten den rohen Bewohnern ein höheres Licht. el'^cn
Ihr Wort und Beyspiel lud die rohen Wilden
zur Geselligkeit, Kultur und Götterverehrung,
36.
Wie entstand die
Trennung der
israelitischen
Stämme?
37.
Welche Felgen
hatte die Tren-
nung des israe-
litischen Volk es?
722 I.v. Ch.G.
5882-v.CH.G.
38.
Wann kamen die
Jnden aus der
babylonischen
Gefangenschaft?
5382.0. CH.G.
5Y.
Wie ging das
jüdische Volk
unter?
40.
229
Weltgeschichte.
41.
aus?
und bewirkte so -früher und rascher die Kün-
ste des Friedens, durch welche Griechenland
tu der Folge alle Länder der Erde überstrahlte.
Unter den griechischen Kolonien oder Staa-Welche Kolons, n
ten zeichneten sich vor allen Sparta undAthen ans. L.ichnctn, sich in
Sparta errang durch Lykurgs weise Ge- ^uechenlauo
setzgebung, welche die Spartaner von Kind-
heit auf zum Kriege erzog, und zu unüber-
windlichen Helden machte, die Oberherrschaft
über die andern griechischen Staaten.
Athen erhob sich durch Solons muster-
hafte Gesetzgebung zum bürgerlichen Glücke.
Den Athenern galt zwar Muth und Tapfer-
keit, aber weit mehr ehrten sie Künste und
Wissenschaften, und Athen war der erste Sitz
der Gelehrsamkeit.
Ihre glänzende Kraft stellt sich in den
berühmten Kriegen gegen Persien dar.
Die Griechen in Asien empörten sich gegen
die Perser, und wurden von den europäischen
Griechen, den Athenern, unterstützt. Der Per-
ser König Darlus beschloß nun, die europäi-
schen Griechen für die geleistete Hülfe zu züch-
tigen, und zog mit 600000 Mann heran.
Die Griechen wurden von den Athenern
gerettet. Ihr Feldherr Miltiadeö schlug mit
10000 Mann das stolze Perser Heer bey dem
Flecken Marathon.
Der herrliche Sieg bey Marathon führte
die Griechen zur Vereinigung, und als Zkerxes
10 Jahre spater mit seinen zahllosen Schaaren
kam, standen sie schlagfertig. Der Sparta-
ner Lconidas vertheidigte mit 500 Mann den
Engpaß bey Thermopylä gegen das ganze
persische Krieg Sheer, bis diesem ein Verrath
den Weg in ihren Rücken öffnete. Alle star-
ben den Heldentod. Dessen ungeachtet wurden
die zahllosen persischen Heere, welche Griechen-
land überschwemmten, zu Wasser und zu Land
42.
Wie kamen die
Griechen mit den
Persern inKrieg?
500 v. Ch G.
43.
Wie endete der
Krieg derGriech.
gegen D arino *
44.
Wie ging der
Krieg gegen den
Perser König
àcrres?
230
Weltgeschichte.
zugleich geschlagen, unedle Griechen befreyten
sogar ihre Landsleute in Kleinasien.
Das dankbare Vaterland errichtete den
gefallenen Helden an der Statte ihres Todes
ein Denkmahl mit der einfachen Inschrift:
Sag's Wanderer in unserm Vaterlands:
Hier starben wir der Pflicht getreu.
Eine Mutter gab selbst ihrem Sohne den
Schild mit den Worten: Entweder mit die-
sem oder auf diesem, d. h. entweder mit ihm
als Sieger, oder auf ihm verwundet oder todt.
Es hatte sich die Sage verbreitet, die
Athenienser würden gegen ihre Feinde siegen,
wenn ihr König Kodrus umkäme. Die Fein-
de nahmen sich in Acht, Kodrus zu todten.
Er aber ging aus Vaterlandsliebe verkleidet
in das feindliche Lager, stiftete Zwist an und
wurde erschlagen. Nun wichen die Feinde
furchtsam, da sie ihn erkannten.
Um diese Zeiten und bald nachher blühten
Künste und Wissenschaften; — es lebten die
größten Helden und Staatsmänner, Redner,
Dichter, Geschichtschreiber, Maler, Bildhau-
er, Aerzte und Philosophen.
Diese Männer stellten die vollkommensten
Muster der Selbstverläugnung im Frieden, der
männlichen Kraft im Kriege, des reinsten Ge-
schmackes in der Kunst und deö tiefsten Sin-
nes in der Wissenschaft dar, und sind Muster
für Rom und für Mit- und Nachwelt ge-
worden. Als aber ihre Furcht vor den Persern
verschwand, verfielen sie in Schwelgerey und
Lasterhaftigkeit, bekriegten sich selbst, und mor-
deten ihre bravsten Bürger. Dieß verursachte
endlich ihre Unterjochung durch den König von
Mazedonien.
Unter die Zahl der unschuldigen Schlacht-
opfer gehört auch Sokrates. Er war einer der
edelsten und weisesten Männer, die je aufEr-I
45.
Welches Denk-
mahl wurde den
spartan. Helden
errichtet?
46.
Welche Vater-
landsliebe be-
wies eine Mut-
ter; welche Kö-
nig Kodrus?
47.
Welche war die
Lage Griechen-
lands wahrend
und nach dein
persischen Krie-
ge?
43.
Welches war
Sokrates Schick-
sal ?
231
Weltgeschichte.
de gelebt haben. Er hatte sich vor dem herr-
schenden sittlichen Verderben freygehalten, und
suchte durch die vortrefflichsten Sittenlehren
die Jugend vor dem Verderben zu bewahren.
Dennoch gaben ihm die Athener, als einem
Verächter der Götter und Verführer der Ju-
gend, den Giftbecher, den der Weise ruhig
unter sanften Gesprächen über Tod und Un-
sterblichkeit austrank. Seine Schüler wollten
ihm zur Flucht behülflich seyn, aber er hielt
es für Pflicht, Gesetze und Obrigkeit auch im
Tode zu ehren.
Griechenlands schöne Zeit dauerte kaum
5o Jahre.
§. 9.
Italien.
Zu Italien wird nicht blos Ober -, Mittel-
und Unter-Italien, sondern auch Sicilien,
Sardinien und Korsika gerechnet.
Italiens Hauptstadt ist Rom. Sie er-
bauten die beyden Enkel des Königs Numi-
tor, Romulus und Remus im Jahre 754 vor
Christi Geburt. Die Brüder regierten anfangs
gemeinschaftlich, entzweyten sich aber bald über
Benennung und Beherrschung der neuen Stadt,
und im Streite wurde Remus von seinem
Bruder Romulus erschlagen, und nun nach des-
sen Namen die Stadt Rom genannt.
Die Römer wurden immer mächtiger durch
glückliche Kriege, und ungeachtet andere Für-
sten und Reiche, auf ihre Macht eifersüchtig,
ihnen öfter den Untergang schworen, trugen
die Kriege nur bey, den Ruhm der Römer zu
erhöhen, und ihr Staatsgebiet zu erweitern.
Es wuchs ihr Kriegsgeist, die Heere wurden
au Winterfeldzüge und Gebirgskriege gewöhnt.
4Y.
Wie lange dau-
erte Griechen-
lands schöne
Jett?
50.
Welche Länder
werden zu Ita-
lien gerechnet?
51.
Welche ist Ita-
liens Haupt-
stadt, und wie
wurde sie ge-
gründet?
52.
'Wie erhob sich
Rom zu seiner
Macht?
232
Weltgeschichte.
und drangen endlich selbst erobernd weiter
vorwärts.
Rom vernichtete das nebenbuhlerische Car-
thago, und unterwarf sich hierauf die übrigen
Reiche und Völker Ln Europa, West-Asien
und Nord-Afrika.
Während die Heere Roms kn Afrika,
Asien und Europa siegten, herrschten in Rom
selbst böse Unordnungen. Man theilte sich in
Reiche und Arme, und der Reiche konn-
te das Volk zu allem, was er wollte, durch
Gold erkaufen. Senat, Feldherrn und Volk
vergaffen ihre Pflichten, und an die Stelle
der altrömischen Rechtschaffenheit und einfa-
chen Sitten trat Prachtliebe, Weichlichkeit
und ein allgemeines Sittenverderbniß.
Rom wurde Zuerst von Königen regiert,
machte sich aber endlich zur Republik. Zwi-
schen den freyen Bürgern trat aber Zwiespalt
ein, und Geldgierde, Herrschsucht und Sitten-
losigkeit stürzten den Staat ins Elend, und
führten dir Republick ihrem Untergange zu.
Unter gräßlichen Verschwörungen und Mord-
scenen rissen zweymal drey Männer die Herr-
schaft an sich, und theilten sie gemeinschaft-
lich. Man hieß es das Triumvirat, oder den
»Drey-Herrn Bund." Auch sie verdrängten sich
gegenseitig, und so entstand zweymaliges Du-
umvirat, d. h. die Herrschaft Zweyer.
Zuletzt stand Oktavian allein, überwand
seinen Nebenbuhler nnd kehrte siegreich nach
Rom. Ihm übertrugen auch die Römer die
Alleinherrschaft, erklärten seine Person für hei-
lig und unverletzlich, und die Republik wur-
de zum Kaiserthum. Oktavian erhielt den Na-
men Augustus.
Was Augustus Regierungs-Zeit besonders
und einzig verherrlicht, ist die Geburt des
Weltheilandes, welche in sein Zeitalter fallt.
53.
Wie war der
innere Zustand
des römischen
Reiches?
54.
.23k wirkte das
Sitten» erd erb-
laß auf Noms
Verfassung?
55.
Was verherrlich-
te Augustus Ne-
gierung?
233
56.
Was ist von
Äugustus ersten
Nachfolgern zu
erzählen?
Weltgeschichte.
AugustuS regierte gelinde, gab gute Gese-
tze, beschützte die Gelehrten, brachte Künste
und Wissenschaften in Flor, und vergrößerte
sein Reich durch wichtige Eroberungen.
Äugustus nächste Nachfolger waren laster-
hafte ober schwachköpsige Männer. Unter Ti-
berius wurde Christus auf Golgatha gekren-
ziget. Calignla zeigte den höchsten Grad von
Verschwendung und Grausamkeit. Diese zu be-
friedigen, wünschte er oft, das römische Volk
mochte nur einen Kopf haben, damit er es mit
Einem Streiche zu Boden schlagen könne. Nero
mordete Mutter, Gattin, Bruder, seinen Leh-
rer Seneka und die edelsten Menschen; er ließ
Rom anzünden, und schob die Schuld auf die
Christen, die er deßhalb unmenschlich verfolg-
te und hinrichtete.
Nach Nero kam bald Vespastan auf den
Kakserthron, und es folgten sich viele gure
Regenten vom Jahre 6y bis i8o nach Christi
Geburt, welche recht eifrig bemüht waren, ih-
re Unterthanen glücklich zu machen. Diese
110 Jahre waren die glücklichsten Tage der
römischen Monarchie, — und ein wahres gold-
nes Zeitalter.
Im goldenen Zeitalter herrschten sieben
würdige Regenten, unter welchen wir Einige
nennen:
1. Vespastan stellte die innere Ruhe des
Staates wieder her, legte neue Städte undZ^^ers, und
Strassen an, und errichtete öffentliche Lehr-Iwodurch zeichnc-
anstalten. Die Juden, welche die römische Herr-sten sie sich aus?
schaft abschütteln wollten, besiegteer durch fei-!i- Vespastan?
neu Sohn Titus, welcher 70 Jahre nach Chri-
stus ihre Hauptstadt Jerusalem verwüstete,
und das jüdische Reich auf immer vernichtete.
Seit dieser Zeit leben die Juden in alle Welt
zerstreuet.
2. Titus Freude war Wohlthuen. Jeden 2 Titus?
-67.
Welche ist die
Periode des gol-
denen Zeital-
ters Noms?
53.
Welche vorzüg-
liche Regenten
herrschten wäh-
rend der Perio-
de des goldenen
L
234
Weltgeschichte.
Ailtonill?
4. Marc Aurel?
59»
Wie war Roms
uem Ende?
i80 — 400 I. ».
Tag, an dem er nichts Gutes vollbracht hat-
te, hielt er für verloren. Er hieß die Liebe und
Wonne des Menschengeschlechtes.
3. Antonin der Fromme hatte den goldenen
Spruch: er wolle lieber Einen Bürger erhal-
ten- als tausend Feinde todten. Die ganze
römische Welt beweinte ihn als Vater.
4. Markus Aurelius war ein Weiser in
Lehre und Leben, streng gegen sich, mild ge-
gen andere, nach seinen Worten nur Regent,
um Diener der Götter zum Wohl der Volker
zu seyn. Mit seinem Tode endeten Roms glück-
liche Tage, die mit Vespasi'an begonnen hatten.
Ein hundert vier und neunzig Jahre hin-
durch waren im Reiche höchst elende Fürsten, dieiLage nach dem
durch Lasterthaten den römischen Thron besteck-goldenen Zeital-
ten. Auch bedrohten schon seit dem Jahre 200 ttl' z" .sti-
n. CH. G. wilde Völker das römische Reich.
Da trat 323 Kaiser Konstantin der Grosse
auf, schlug die feindlichen Völker an den Grän-
zen, und stellte Macht und Ansehen des römi-
schen Reiches wieder aus einige Zeit her; er
wird aber auch noch dadurch gepriesen,
daß er die christliche Religion in seinem Rei-
che einführte. Auch erbaute er Konstantiuopel
(Konstantins Stadt). Endlich führte noch Kai-
ser Theodosius der Große die Herrschaft mit
Klugheit und Tapferkeit, aber bey seinem Tode
theilte er das Reich unter seine zwey unmü-
digen Söhne, an Arkadius das östliche, und
an Honorius das westliche, und schwächte so
die Gesammtkraft des Reiches, welche um so
mehr hatte erhalten werden sollen, als um das
Jahr 400 n. Ch. G. die große Völkerwande-
rung ausbrach. Sie machte dem abendländischen
Reiche ein Ende.
Roms letzter Regent war Romolus Au-
«chstulus, welcher durch ein sonderbares Spiel
des Zufalles den Namen des Erbauers der
CH. G.
60.
Wer war Roms
letzter Regent?
225
Weltgeschichte.
Stadt Rom und des ersten römischen Kaisers
führte.
Das weströmische Reich dauerte 123 Jahre.
Das morgenländische Kaiserthum erhielt
sich fast 1000 Jahre langer als das abendlän-
dische. Es gingen endlich zur Zeit der Kreuz-
züge die Türken als Sieger gegen ganz Eu-
ropa hervor, und stürzten auch U53 Konstan-
tin XL Sie nahmen ihm die Hauptstadt Kon-
stantinopel, den Thron und das Leben, und
pflanzten an die Stelle des, heil. Kreuzes den
Halbmond auf.
61.
Wie lange daucr-
Le das weströmi-
sche Ne ich?
62.
Wie lange dau-
erte das mvr-
genländische
Kaiserthmn?
§. y.
Teutschland.
Um das Jahr 113 vor Christi Geburt ka-
men germanische Völkerstämme — Cimbern und
Teutonen genannt, gegen das Gebiet der Rö-
mer, um sich bessere Wohnsitze zu erkämpfen,
und nun traten Teutsche zuerst in der Ge-
schichte auf. ^
Die Häupter der Germanen entzweyten
sich aber, und die Volksstämme trennten sich
daher. Der römische Feldherr Marius griff die
Stämme einzeln an; die Teutonen wurden in
einer Schlacht 102 vor Ch. G. gänzlich auf-
gerieben, und auch die Cimbern waren schon
101 vernichtet. Sie verschwanden von nun an
in der Geschichte.
Die Römer drangen in ihren Eroberun-
gen vor, und unterwarfen sich den ganzen
Süden von Teutschland. Sie unterjochten auch
den Westen Germaniens. Da erwachte der Ger-
manen Freyheitssinn. Der Fürstensohn Her-
mann oder Arminius lockte die Römer in das
Land, und vernichtete sie 9 Jahre vor Ch. G.
nn Teutoburgerwalde. Diesem Siege verdankt
Teutschland seine Freyheit, und wir, daß wir
63.
Wann erschei-
nen die Teut-
schen zuerst in
der Geschichte?
64.
Welches Schick-
sal hatten die
Cimbern und
Teutonen?
65.
Wie war Ger-
maniens Loos
wenige Jahre
vor Christi Ge-
burt?
9 I. v. Ch. G.
236
Weltgeschichte.
Teutsche sind, und daß noch teut sch auf der Welt
gesprochen wird, denn die Römer zwangen die
Germanen, Sprache und Gesetze anzunehmen.
Von nun an beunruhigten fortwährend die Ger-
manen in einzelnen Horden das römische Gebiet.
Um das Jahr 400 n. Ch. G. drangen aber die
germanischen Völker in Vereinigung vorwärts,
nämlich: Allemanen, Gothen, Franken, Sach-
sen, Vandalen, Burgunder und Alaunen. Es
trat die große Völkerwanderung ein.
Unter der Völkerwanderung versteht man
das gewaltsame Vordrängen barbarischer, mei-
stens teutscher Völker gegen Westen und Sü-
den. Sie heißt die große, weil viele Völker
Theil nahmen; weil sie vom 4ten bis in das 7te
Jahrhundert dauerte; und weil sie das weströ-
mische Reich zertrümmerte, und neue Staaten
gründete. Auch zertraten die wilden Barbaren
Ackerbau, Handel, Gesetze, Kunst und Wissen-
schaft, und setzten die vorangeschrittene Mensch-
heit um ein Jahrtausend zurück.
Alle die gewanderten Völker haßten ein
stilles Leben, und hatten Freude an Krieg und
Abenteuern, und weil ihr rauher Boden nur
kärglich nährte, waren sie nach südlichern Wohn-
sitzen lüstern, und so zu beständigen Wanderun-
gen geneigt.
Die wandernden Völker gründeten sich
Staaten, und unter diesen erhob sich auch die
große fränkische Monarchie mit Karl dem Gro-
ßen. Die Söhne theilten sie im Jahre 845 in
5 Theile, Frankreich, Teutschland und Italien,
und so ist Teutschland seit Mitte des yteu
Jahrhunderts ein eigener Staat.
66.
Was ist die gro-
sse Völkerwan-
derung?
! 67.
Wie wurde die
Völkerwander-
ung veranlaßt?
63.
Wie und wann
wurde Teutsch-
land ein eigner
Staat?
§. 10.
K r e u ; z ü g e.
Am Ende des eilften Jahrhunderts began-
nen die sogenannten Kreuzzüge.
6y.
'Was sind die
! Kreuzzuge?
237
Weltgeschichte.
Die Kreuzzüge sind jene Kriege, welche
die christlichen Europäer fast 200 Jahre lang
(von ioy6 bis 1248) in Asien gegen die Tür-
ken geführt haben, um .diesen Feinden des
Christenthums das heilige .Land und Grab zu
entreissen. Wie eine zweyte Völkerwanderung
zogen die Kriegsheere aus Teutschland, Frank-
reich, Spanien, England, Italien und aus
Norden zu Land und zu Wasser nach Asien.
Die Züge sielen unglücklich aus, und' in
der Heimath kam das Faustrecht empor.
Die Türken mißhandelten die Wallfahi'-
ter nach Jerusalem, und es entstand laute'
Klage und der Wunsch, daß die Europäer mit
vereinigter Macht hinziehen, und das heilige
Land den Handen der Ungläubigen entreissen
mögen. Da kam Peter von Amiens, ein fran-
zösischer Einsiedler, ans dem gelobten Lande
zurück, und schilderte die Leiden der Christen,
die er selbst gesehen und erduldet hatte, mir
gräßlichen Farben. Nun berief Papst Urban
der II. eine Kirchenversammlung, und kaum
hatte der Papst seine Rede über das Verdienst,
und den gewiß glücklichen Erfolg eines Kreuz-
zuges gegen die Türken vollendet, so tönte es
aus tausend Kehlen: »Gott will es; — Gott
»will es;" und die Kreuzzüge waren beschlossen.
J^dem, der sich dem Zuge anschloß, wur-
de gewöhnlich ein rothes Kreuz auf der rech-
ten Schulter befestiget, und dieses Zeichen gab
den Zügen nach Palästina den Namen Kreuz-
Züge.
Der Ausgang war ungünstig. Der erste Zug
mit 600,000 Mann eroberte zwar das gelobte
Land, und Gottfried von Bouillon wurde als
König von Jerusalem ausgerufen; aber dieses
Königreich dauerte nur 88 Jahre, denn die Tür-
ken gewannen wieder die Oberhand, und noch
vier große Kreuzzüge vermochten nichts. Europa
70.
Was veranlaß-
te die Kreuz-
züge?
71.
W ober haben
¡.'i': Kreuzzüge
ih een Namen?
72.
W eichen Erfolg
hauten die Krenz-
iüjc?
233
Weltgeschichte.
wurde durch sie um mehr als sieben Millio-
nen Menschen entvölkert, Blattern und Pest
wurden zu uns gebracht, und das Faustrecht kam.
Ohne allen Vortheil waren sie aber nicht,
denn Wissenschaft, Künste und Handel gewan-
nen; auch starben viele Rirterfamilien aus,
wodurch die Kaiser zu größerer Macht, und
die Unterthanen zu bessern Verhältnissen ge-
langten.
§. ii.
Faustrecht.
Wahrend der Kreuzzüge gewann das Faust-
recht Uebergewicht, und das Recht des Stär-
ker» galt.
Nach den Kreuzungen waren endlich Für-
sten und Städte bemüht, den Ucbermuth der
Raubritter zu brechen, und die öffentliche Si-
cherheit wieder herzustelleu. Es machten die
großen Städte Hamburg und Lübeck einen
Bund Han sa genannt, welchem 70 Städte bey-
traten. Kaiser Rudolph von Habsburg bän-
digte die Raubritter, und stellte die lang er-
sehnte öffentliche Ruhe, Ordnung und Recht
wieder her; endlich Kaiser Maximilian der I.
gründete d>?n ewigen Landfrieden, der das
Faustrecht auf immer beendigte.
Was heißtFanst
recht, und wie
endete es?
1241.
1290.
1490.
§. 12.
Bvrchdruckerkunst.
74.
Gegen Ende des Faustrechts ereignete sich
eine'wichtige Erfindung, nämlich die derBnch-
druckerkunst. Wahrend bisher die Bücher ab-
geschrieben werden mußten, und höchst selten,
und theuer waren, kamen nun die beßten
Schriften in zahllosen Abdrücken um wohlfei-
len Preis mit größter Schnelligkeit in die
Hände Aller. Hiedurch gewann die Bildung
Was hatte ge-
gen das Ende
des Faustrcchts
auf die Bildung
der Menschen
besondern Ein-
fluß?
239
Weltgeschichte.
große Fortschritte, und eö erwachte die Ver-
nunft.
Diese große Erfindung verdankt die Welt
dem Teutschen, Johann von Guttenberg. Sein
erster Versuch war, Buchstabe für Buchstabe,
und Wort für Wort in hölzerne Tafeln fein zu
schneiden, und mit Dinte bestrichen abzudru-
cken; es gelang, aber die hölzernen Tafeln
wurden stumpf. Hierauf ließ er jeden Buch-
stab einzeln, jedoch ioo,ooofach aus Metall
gießen, und mir dieser beweglichen Schrift
druckte er die Bücher.
Mit Guttenberg war Johann Faust, ein rei-
cher Goldschmid ausMainz, in Verbindung getre-
ten, und hatte das nöthige Geld vorgeschossen.
Faust wurde von Habsucht verleitet, for-
derte sein Geld zurück, und weil Guttenberg
nicht zahlen konnte, eignete er sich Druckap-
parat, Lettern und Pressen zu, setzte aber die
gestohlne Kunst geheimnißvoll fort.
Die Buchdruckerey brachte die bisherigen
Schreiber in Unmuth, und sie verschrien den
Farrst als einen Teufelsbanner, was ihnen um
so leichter gelang, als Faust selbst aus Eigen-
nutz seine Kunst mit dem Schleyer des Ge-
heimnisses deckte. Er pflegte nämlich selbst von
sich zu sagen: ich schreibe mehr an einem Tage,
sonder Hand und Kiele, als Tausende der flüch-
tigsten Schreiber binnen Jahresfrist jemals zu
schreiben vermögen. Faust lachte des seichten
Volksglaubens, und setzte seine einträgliche
Kunst mit seinen beeideten Gesellen fort.
Es wurde endlich im Kriege Mainz ero-
bert, die Gesellen Fausts Zerstreuten sich nach
Frankreich, Spanien, Italien, und übten da
glücklich die Buchdruckerkunst auZ. So wurde
sie endlich allgemein bekannt.
O •. *
75.
Wann und wie
entstand die
Buchdrucker-
kunst?
1456?
76.
Wer machte
mit Gutten-
berg das Ge-
schäft?
77.
Wie benahm
sich Faust?
73.
Welches Loos
hatte Faust?
7y.
Wie wurde das
Geheimniß der
Buchdruckerkunst
ausgebreitet?
1462.
ca» s.«»
S H. s = S
a ® M ta <a
^3^3^3(3 0» ' a »w
ÎS,N^^‘ ns «— <3» -72^) ^ ^—>,
cz.' 3 -v »- V r> 3 ’■* ï? es 3 to _
o ¡3
s CO g. « ».
*-s _ to ' © » ' S, ' u2ï"
g §' S^Cifi Q-. M ^ g ^ S M ^ S co
3 “ 2, CO g, « £
-^>_2 t-h 5 °
^ Cf 3 fi s <T sî ^ c —^
tF 0 S' 2.eo ^ 2 2. .ro«'w =
S ^CO
S* 0 2 to O" «S
CO
TO 3 » »
b ' C9S s » «s®-
&!?5'¡^aS5-f«i‘-|-3-¿'
-co r-fi ’ o re nCô «Ä 2 -TO>CO
©3 s gfs^Cf s-a'Sffi'a
HL-ZZA«s°-.sîS>--
3 2^ -O *S — to O 3» £2 Û«^- rj TO
O» »! cO? » 2 3.^ " O'-O'0 S
C T3> •T*’ 3 <"»■ C(J e» L V
«-»S'-¡r*^**5^s- Uo Ç® S8-m>4? .■
S» s »
TO s
-UK
EZ
3
<-t
©
w?
£>
«-- -3^
e eu
HT H*
- or f
O O.
£ «
* ru
oST'
3
<<2>>
fi»
A
^ ÿ) '
'to' S
^§2 5
TO- ~ n 03
s ^ £'$$ w
-3>LP o 2. *
S. » S tS
3
3 o
^ 3»
iP«
TO 2. Seo
«à 3 s to 3,œ>
o-3J
¿»j? 3 ci 3’ ___ H ____ . ______
o
«S £3 «* — ^ 2 H 3* 2. O >2
TO O O -* ' ^ <_7ij TOS TO« Cií
TO — Oto to. '-'“to Toto
3 TO' ,3'3 >£> ' 2 TO To s TO —
o 3 s
»«
i s'f to ^ ° o 3 o £ 5'S-Sj
1 = w « 3 - -
o 2. o ^ TO S / ^2 3
TO = O O O' TO ^Lyr^s
' Ñ) ^-^TO ^s TO.' Z ^ TO « ^
3» O 2. >0(3 ^ - TO. n* 3
§*S”5iS
r* ^ 5 ^ <"*
55 f—». ^ £3 £1! «-* C/
» a. to', s to-^^to g to «
c> ' e-fSs
s s ^3 ' 3
S o|
«& 2s
—
TO CO -3»
3
8» 5
©|*5
2 aoco
3 'S ^ -33 5 S. ¡^ ^
TO “<3 2> TO
* «» 3 2 g 03 -
lcö^3 5
O ö r—»
?3 Ñ KZîZ-
Í3 w O o
s ^ es
R
TOS -O
2. 3 O —
3 —
O'
o TO TO
S o'* CO
LZ^CO
"to3 to
o ^
tí TO
o
o
O TO
3.
O'
«-Í
ra 1
3
O
a
CO
In. ^
g)TO §
১D
«o Z.
» Z !
© 5 ^(
ZI o
L^ès
*0 'O ^ co
..o^l
_ co
Si
Ni "to'
S' (S' <■?> ?
»schr^sbiiZW ovz
Weltgeschichte.
241
85.
Was ist die fran-
zösische Revolu-
tion?
66.
Welche Folgen
hatte die fran-
zösische Revolu-
tion?
pfen, ging groß aus dem Kampfe, und verlor
nicht einen Fuß breit Landes.
Die französische Revolution ist der Auf-
stand des französischen Volkes gegen Adel und
Geistlichkeit, und gegen seinen König, wobey
man nur das Loosungowort »Freyheit und
» Gleichheit" hörte.
Sie brachte namenloses Elend und Grauel-
thaten aller Art für Frankreich und andere
kriegführende Länder, und zahllose Familien
wurden in's größte Unglück gestürzt. Die Für-
sten Europas suchten den wilden Ausschwei-
fungen des französischen Volkes Einhalt zu thun,
da sie auch ihre Thronen bedrohten, und so
begannen Preußen, Oesterreich, England, Spa-
nien, Holland und Italien Krieg gegen Frank-
reich; aber sie waren unglücklich. Die Franzo-
sen jagten sie über die Gränzen des Reiches,
welches sie nun Republik nannten, und führ-
ten den Krieg in das fremde Gebiet. Der
Friede zu Lüneville 1802 gab Hoffnung zur
allgemeinen Wiederherstellung der Ruhe.
Die Hoffnungen der Ruhe wurden ge-Wie wurde die
tauscht, denn bald warf sich Napoleon selbst durch den Lüne-
rum Kaiser auf, suchte sich immer mehr zu Sff1®!''’
erheben, und Frankreichs Uebermacht fest 5« uiUCn«il t2
gründen. Er bedrohte die Freyheit Europas. * 1
Sie zu retten ergriff Oesterreich im Bündnisse
mit Großbrittanien und Rußland die Waffen,
aber mit unglücklichem Erfolge. Napoleon
siegte, und durch den Frieden zu Preßburg ver-
lor Oesterreich das veuetianische Tyrol, Vorarl-
berg und Vorderösterreich.
Die Lande, welche Oesterreich durch dersiWie wurden
Preßburger- Frieden verlor, theilte Napoleon Bayern und
seinen Bundesgenossen^ Bayern, Würtemberg Würtembcrg
und Baden zu; auch Souveränität gab er ih- Königreiche?
neu, und den Churfürsten von Bayern und
Würtemberg auch die Kbnigswürde. j
16
87.
88.
Q \Q
Welkgcschichre.
Ly.
Teutschland hatte bisher eia allgemeinesl Welches Schick-
Oberhaupt; Napoleon aber schloß mit mehren»¡sai hatte nach
Reichsfürstea von Sudteutschland und lang
beS Rheins zu Paris den sogenanuteu rhei-
nischen Bundes-Vertrag, und sie trennten sich
vom allgemeinen teutschen Verbände. Kaiser
Franz legte nun die teutsche Rerchskroue nie-
der, und das heil, römische Reich zerfiel, nach-
dem es ioo5 Jahre gedauert, und 55 Kaiser
gezahlt hatte, nämlich vom Karl dem Große,»,
der im Jahre 6oo nach CH. G. diese Wurde
antrat, bis auf Franz II., der sie im Jah-
re ±8oö niederlegte.
Napoleon eroberte die Hälfte der preusii-
vem Presck'nrger-
friedc» Teutsih-
fstllÖ ?
90.
Wie verfuhr Na-
schen Monarchie; entriß den Königen von poleon gegen die
Portugal und Spanien ihre Kronen; führte den
Papst gefangen nach Frankreich; entriß im
fernern Kriege dem österreichischen Staate meh-
rere Lander, und vertheilte seine Eroberungen
cm seine Verwandte. Endlich beschloß er auch
Rußlands Vernichtung.
Im Jahre 1312 rückten die feindlichen
Heere gegen einander, aber Napoleons präch-
tiges Heer wurde fast gänzlich aufgerieben.
Oesterreich suchte durch Vermittlung den Welt-
frieden herzustellen, da aber Napoleon Hin-
dernisse machte, erklärte es ihm, als allgemei-
nem Feind der Ruhe, den Krieg. Alle Völker
wünschten von Frankreichs Joche frey zu seyn,
und auch Bayern trat nun gegen Frankreich
auf. Es geschah die entscheidende Völkerschlacht
bey Leipzig; Napoleon floh, wie noch nie, und
bey Hanau brachten ihm die heldenmnthigeu
Bayern noch eine große Niederlage bey. Die
verbündeten Heere drangen bis Paris, Napo-
leon wurde des Thrones entsetzt, und das vo-j
rige Königshaus der Bourbonen wieder anf,i3i4
seinen Thron gehoben.
Reiche uni) Herr-
scher?
1812.
91.
Welchen Gang
nahm Napoleons
Krieg gegenRns;-
lano?
243
Weltgeschichte.
Napoleon erhielt die Insel Elba als ei-
genes Fürstenthum.
Zu Wien wurde einige Monate nachher
der teutsche Bund geschlossen, nach welchem
sich alle Staaten Teutschlands wieder mit ein-
ander vereinigten.
Napoleon verließ am 26. Februar 1815
Elba, landete in Frankreich, und dieses hing
ihm auch sogleich an, so daß König Ludwig
XVIII. fliehen mußte.
Die verbündeten Machte aber traten aufdes
Königs Seite, Napoleon wurde geschlagen und
ergab sich selbst an die Engländer.
Er wurde nun auf die Felseninsel St.
Helena im atlantischen Ozean, 1200 Meilen
von der englischen Küste entfernt, abgeführt,
und dort bewacht, wo er auch im Jahre
1321 starb.
Nach Napoleons Verbannung war der
vieljährige blutige Kampf ausgerungen, und die
Völker und ihre Fürsten waren vom Joche ge-
rettet, welches ihnen Napoleon für Jahrhun-
derte zu schmieden schien. Von nun an rnhe-
ten beynahe von ganz Europa die Waffen.
Griechenland aber düngete vor Kurzem
noch Menschenblut. Seit dem Jahre 1321
kämpften die Griechen gegen ihre Unterdrücker,
die Türken, mit Muth; endlich kämpfte auch
Rußlands Macht gegen die Türkey, zwang
sie zum Frieden und befreyte im Jahre 1328
Griechenland vom türkischen Joche.
Der Freund der Menschheit muß wün-
schen, daß alle Zerwürfnisse zwischen Völ-
ker und Fürsten auf immer beygelegt
werden.
92.
Welchen Bund
I stifteten die Für-
sten nach Napo-
leons Enthro-
nung?
93.
Mit welchem Er-
folge versuchte
Napoleon noch-
mals auf Frank-
reichs ^hron zn
kommen?
94.
Wie steht es seit
Napoleons Ver-
bannung mit dem
Frieden?
244
Obstbaumzuchr.
O b st b ä u in z u ch t *).
§. r.
Kern e.
Am leichtesten erhält man eine Menge
Obstbäume, wenn man die Kerne im Spät-
herbste, oder auch im Frühjahre in die Erde
und zwar ungefähr einen Zoll tief steckt.
Man heißt solche Anlage eine Obstbaumschule.
Zur Baumschule wähle man einen freyen,
sonnenreichen Platz gegen Morgen und Mit-
tag, ober wenigstens gegen Mittag und^Abend;ìba"mschule wäh-
auch ist Vortheilhaft, wenn die mitternächtlicheicn*
Seite von einem Berge oder einer Wand
Schutz hat, und die Baumschule an einem
mäßigen Abhang und hoch zu liegen kommt.
Die Kerne der Aepfel, Birnen und Kir-
schen müssen aus heimischen Wäldern genom-
men werden, und zwar zu den Aepfelwildlin- ,5 , zu
gen die Kerne des süßen Holzapfels, zu den u' 1
Birneuwildlingen Holzbirne von nicht steini
ger Beschaffenheit. Auch die Kerne unserer
Pflaumen (Zwetschgen, Kriechen u. dgl.) geben
kräftige Wildlinge, und der hochstämmig gezo-
gene Zwetschgenwildling liefert ohne alle Ver-
edlung die schmackhaftesten Früchte des Mut-
kerstammes. Pstrschen - und Aprikosenbäume
dürfen nicht aus ihren Steinen gezogen wer-
den , da man sie mit weit größerem Nutzen
auf Pflaumstämme veredelt.
Die gereinigten Kerne läßt man km Schat-
ten abtrocknen, füllt hernach einen Topf mit
Wie erhält man
am leichtesten
Obstbäume?
2.
Welche Lage soll
man zur Obst-
3.
Von welchen
Bäumen sind
*) Nachlese in Wilhelm Hinkerkv „Unterricht in
der praktischen Obstbaumzucht.«
4.
Wie behandelt
man die gerei-
nigten Obstker-
nc?
Obstbaumzucht.
Sand und vermischt mit diesem die Kerne.
Für Aepfel- und Birn - Kerne muß der Sand
trocken seyn und an einem kühlen Orte aufbe-
wahrt werden, wenn die Aussaat nicht sogleich
oder gar erst im folgenden Frühlinge geschieht.
Pflaumen- und Kirschenkerne fordern etwas
feuchten Sand, und das Gefäß muß auch zur
Erhaltung der Feuchtigkeit bis an den Rand
in die Erde versenkt und vor Mausen gesichert
werden. Wallnüsse überwintert man in etwas
feuchtem Sande, in welchem sie im Frühlinge
zu keimen beginnen. Pflaumen - und Kirsch-
Kerne dürfen im Sande nicht überwintert, son-
dern nur bis zum Spatherbste aufbewahrt
werden, und müssen nun auch ausgebaut werden.
Die Aepfel- und Birnen-Kerne werden so
gesaet, daß sie ungefähr i% bis 2 Zoll von
einander zu liegen kommen; für die Kerne des
Steinobstes, der Pflaumen und Kirschen,
sind beynahe doppelt so große Zwischenräume
erforderlich.
Ist die Zeit zum Ausbauen der Wallnuß-
kerne herangerückt, so müssen sie ohne Verle-
tzung des Keimes aus dem Sande genommen,
und in 1 Schuh weiter Entfernung von ein-
ander in 2 Zoll tiefe Furchen eines fruchtba-
ren jedoch ungedüngteu Bodens, mit dem
Keime nach unten zu, gelegt, und alsdann mit
Erde bedeckt werden.
Zum Aussäen sind diejenigen Kerne be-
sonders geeignet, welche von zeitigem Obste,
rund und schwer, hübsch glatt und braun sind.
Die beste Zeit, die Kerne einzulegen, ist
der Herbst, und zwar Ende November. Die
Kerne von Steinobst darf man auch im Som-
mer einlegen.
Kerne gedörrten Obstes sind aber nicht
brauchbar, weil der Lebenssaft in ihnen schon
erstickt ist.
245
5.
WiewerdenAep-
fel- undBirnen-,
pflaumen? und
Kirsch-Kerne ge-
iViei?
6.
Wie werden die
Wallnußkerne
^ausgebaut?
7.
Welche Kerne
sind zum Aus-
säen geeignet?
8.
Um welche Zeit
müssen die Kerne
gesaet werden?
y.
Sind Kerne ge-
dörrten Obstes
brauchbar?
246
Obstbaumzucht.
Kerne, welche aus Wein- oder Essig-Pres-
sen kommen, geben die besten Wildlinge, be-
sonders wenn sie mit ihrer Umgebung (die
Klampern genannt) unter die Erde gebracht
werden.
Wenn die Kerne gesaet sind, ebnet man
die gemachten Furchen mit dem hölzernen Re-
chen ein, und bezeichnet jedes Beet mit dem
Namen der Kernsorte, nebst Zeit der Aussaat,
und halt ein genaues Verzeichniß darüber.
Die Kernsaat schützt man vor Mäusefraß
und Frost dadurch, daß man die Beeten einen
Finger hoch mit gefaultem, nicht zu nassem
Hornviehdünger bedeckt. Der Dünger wird,
wenn keine Kälte und Nachtfröste mehr zu be-
fürchten sind, hinweggeräumt. Wendet man
aber Pferdedünger an, so kaun das Hinweg-
räumen ganz unterbleiben.
Kern- und Stein-Obst, welches nicht rechts
schmackhaft und genießbar ist, werfe man in
einen hölzernen Trog, zerquetsche es ganz, be-
gieße es sodann mit Wasser, daß es über den
Obstbrey stehe, und durchwasche diesen, bis
die brauchbaren Kerne zu Boden fallen, und
sich alle Kerne sondern.
Die Abfälle des Obstfleksches werden zu
einem gesunden Getränk für das Vieh ver-
wendet.
§. 2.
Wildlinge.
Sobald die jungen Baumpflanzen sich zei-
gen, jäte man mit der Hand das Unkraut
aus, begieße sie bey Trockenheit durch einen
Spritzkolben, und bereite im nämlichen Herbste
zu ihrer Aufnahme für das nächste Frühjahr
ein Stück Land vor, das man zwey Fuß tief
umgrabe und eben reche.
10.
Sind Kerne aus
Wein- oder Es-
sig-Pressen an-
wendbar?
11.
Was geschieht
nach dem Säen
der Kerne?
12.
!Wie schützt man
idie Kernsaat vor
jMänsefras; und
Frost?
15.
Wie behandelt
man die Kerne
des Obstes, wel-
ches nickt mehr
schmackhaft und
genießbar ist?
14.
Wozn verwendet
man die Abfalle
desObststeisches?
i 15.
Wie behandelt
man die Wild-
linge im ersten
Jahre?
Obstbaumzucht.
Im Frühlinge des zweyten Jahres, und
zwar von Ende Marz bis Ende April, wer-
den die Wildlinge mir Ausnahme des Wall-
nußbäumchens ausgehoben, sobald sie wenig-
stens die Stärke eines Federkieles erlangt ha-
ben. Man sondert sie nach gleicher Starke und
beschneidet sie, wornach man sie in die Bee-
ten und zwar in schaufelbreite Graben von 2 zu
2 Fuß versetzt, so tief sie früher standen. Sich
werden 1 bis il/2 Fuß auseinander gesetzt, und
die Graben mit den Schaufeln eingeworfen.
Diese Versetzungsart befolgt man in gro-
ßen Baumschulen; in kleinern ist es aber bes-
ser, wenn man die jungen Bäumchen einzeln
mit der H and in die Graben pflanzt, die Erde
ohne Rütteln und Lupfen des Stammchens an
die Wurzel bringt, und die Wurzeln ausbreitet.
Nach dem Versetzen werden die Wildlinge
tüchtig mit Waffcr eingeschlemmt, und nach
Versitzen des Wassers wird Erde au die Säm-
linge gebracht.
Bey dem Ausheben der Bäumchen fangt
man mitdenKsischenwi'dllngen,da sie am frühe-
sten in Saft kommen, an, geht dann zu den Pflau-
men-, spater zu den Birnen-, und zuletzt zu
den Aepfel-Wildlingen über.
Birnwildlinge, welche im ersten Jahre
noch nicht die erwünschte Stärke erreicht ha-
ben, bleiben mit Vortheil noch ein Jahr in der
Saatschule stehen, müssen aber in diesem Falle
auf 5 bis 6 Zoll mit dem Messer zurück ge-
worfen werden.
e Sobald vom Mai anfangend sich an dem
Stammchen Blätter entwickeln, streife man
sie, unter den obersten drey Augen angefangen,
mit der Hand von oben nach unten zu ab.
Jene Wildlinge, welche die Starke eines
Schwanenkielcs erreicht haben, sind zur Ver-
edlung geeignet. «
24?
16.
Wie behandelt
man die Wild-
linge im zweyten
Jahre?
17.
In welcher Ord-
nung hebt man
die Vaumpflan-
zen aus?
18.
Wie behandelt
man Birnwildl-,
die im 1. Jahre
die erwünschte
Stärke nicht
haben?
ly.
Was geschieht
mit den Blättern
der Stammchen?
20.
Welche Wildlin-
ge sind zum Ver-
edeln geeignet?
248
Obstbaumzucht.
§. 5.
Veredlung.
Veredeln heißt. Bäume mit unschmackhaf-
ten Früchten durch Augen und Reiser guter
Fruchtbaume dahin bringen, daß sie eben so
gutes Obst tragen, wie der Mutterstamm des
ihm einverleibten Auges oder Reises hat.
Die vortheilhaftern Veredlungsarten sind:
1) das Oculiren oder Anaugeln;
2) das Kopuliren oder Zusammmenfügen;
5) das Pfropfen oder Pelzen.
§. 4.
Oculiren.
Oculiren heißt jene Veredlungsart, bey
welcher aus den Sommertrieben eines veredel-
ten Baumes die Augen genommen, und in die
Rinde von Wildlingen verwandter Gattung
eingesetzt werden.
Das Oculiren ist zweyfach:
1) Oculiren in das treibende oder wa-
chende Auge;
2) Oculiren in das schlafende Auge.
Oculiren in das treibende Auge heißt
man es, wenn es um Johanni, nach dem ersten
Safttriebe, vorgenommen wird, weil das Auge
in demselben Sommer treibt, — was aber nur
bey Pfirschen und Aprikosen vortheilhaft ist.
In das schlafende Auge heißt es alsdann,
wenn es von Anfang August bis in den Sep-
tember hinein, so lange nämlich sich die Rinde
noch vom Holz löset, vorgenommen wird, wo
das Auge sodann erst im nächsten Frühjahre
treibt, und den Winter über gleichsam schlaft.
Um in das treibende Auge zu veredeln,
wähle man zum treibenden Auge die gesünde-
sten und kraftvollsten Reiser der Pfirschen- und
21.
Was versteht
man unter Ver-
edeln der Obst-
bäume?
22.
Welche sind die
vorzüglichern
Veredlnngs-
arten?
25.
Was heißt Oen-
liren?
24.
Wie vielfach ist
das Oculiren?
25.
Was heißt Ocn-
liren in das trei-
bende und schla-
fende Auge?
26.
Wie verfährt
man beym Ocg-
liren in das trei-
bende Auge?
_L
Obstbaummckr.
24Q
Aprikosenbäume, schneide die Blätter bis ge-
gen den Blattstiel ab, und stelle die Reiser in ei-
nen Topf mit etwas Wasser, damit sie wäh-
rend des Veredlungsgeschäftes nicht zu trocken
werden, sondern die Augen sich leicht ablösen
lassen. Hierauf schneide man das Auge mit
markigem Kerne gehörig aus (wird praktisch
gezeigt), trenne es von der Rinde, stecke es
zwischen die aufgeschlitzte Rinde des Stämm-
chens, und lege dann mit dünnen Vaststreifen
nicht gar zu festen Verband an.
Das Oculiren in das schlafende Auge
geschieht eben so, wie das Oculiren in das
treibende Auge.
Vierzehn Tage nach dem Oculiren sieht Wie beobachtet
man nach, ob die Augen noch grün sind, sich
27.
Wie geschieht
das Oculiren in
das schlafende
Auge?
28.
man bey den
gehörig umwölbt haben, und auch die Blatt- Vcredlnngsartcn
stiele abgefallen sind, was für ein besonders
gutes Erkennungömittel gelungener Arbeit gel-
ten kapn.
Die in das treibende Auge ocnlkrten Wild-
linge werden 2 bis 5 Augen oberhalb dem
Edelauge und rückwärts desselben von unten
nach oben abgeschnitten, und hat der Augen-
trieb die Lange eines halben Schuhes erreicht,
so schneidet man auch den am Wildlinge ste-
hen gelassenen Stumpf dicht und rein an der
Veredlungsstelle ab, und belegt die Wunde mit
etwas Baumwachs.
Die auf das schlafende Auge oculirten
Baume aber bleiben bis zum nächsten Früh-
jahre unbetastet stehen, und werden erst Ende
März oder Anfang April in der Breite eines
Strohhalmes rückwärts ober dem Auge schräg
abgeschnitten und die Wunde mit Pelzwachs
belegt.
Zum Oculiren taugen nur Stamme von
Dicke eines Federkieles; Auge und Stamm müs-
sen aber voll Saft seyn.
bieAugentriebc?
2Y.
Welcher Stamm
taugt zum Ocu-
liren ?
250
Oösibaumzucht.
K o p
S- 5.
li l i
e r e n.
Kopulieren heißt es, wenn das Edelreis
mit dem Wildlinge durch einen schrägen Lau
genschnitt in der Art zusammengefügt wird, daß
Holz ans Holz und Rinde auf Rinde möglichst
genau auf einander passen.
Das Kopulieren geschieht am vortheklhaf-
tcsten in den Monaten März und April. Man
wählet einen dem Kopulier-Reise möglichst gleich
starken Wildling, und fügt sie so, daß Rinde
auf Rinde paßt, unter Verband aneinander.
Das Kopulier-Reis soll höchstens nur drey Au-
gen behalten.
Am aufgesetzten Reise treiben manchmal
alle drey Augen, und unter ihnen wird Eines
kraftvoller. Dieses läßt man alsdann zum
Hanptstamme stehen, gibt ihm einen Pfahl,
und zwickt den übrigen jungen Trieben die
Spitzen ab. Ist die Zeit des ersten Cafttrie-
bes vorüber, so kann man ohne Gefahr die
abgeknickten Nebenzweige dicht am Stamme
wegschneiden.
Hochstämmige Wildlinge mußmran ent
weder in die Kronen-Aeste oder am Schafte un-
ter der Krone kopulieren, und das Abzwicken
der veredelten Nebenzweige gänzlich unterlas-
sen, weil diese die Krone des Baumes bilden
helfen, und nur das überflüssige Holz im kom-
menden Frühjahre wegzuschneiden ist.
Bey Psirschen und Aprikosen ist das Ko-
lleren nicht wohl auzurathen, weil sich bald
der verderbliche Gummifluß bey ihnen einstellt,
und das Anwachsen des Edelreises sehr selten
vollständig geschieht.
Um den günstigsten Erfolg zu haben, muß
man Folgendes beobachten:
1) Die Kopulier-Reiser müssen nicht später
30.
Was Heists Ko-
pulieren oder Zu-
sammen fügen?
21.
Wann und wie
geschieht das Ko-
pulieren?
52.
Was geschieht
ant den Augen-
trieben des copn-
lierten Wild-
lings ?
55.
Wie copnliert
man hochstäm-
mige Wildlinge?
54.
Zey welchem
Obst ist das Ko-
pulieren nicht
auzurathen?
Welche' Vorsicht
ist bey dem Ko-
pulieren anzu-
wenden?
Obstbaumzucht.
als im Februar oder Anfang Marz vor dem
Safteintritte geschnitten werden, und völlig
reif seyn;
2) sie müssen von guten Baumen seyn;
3) keine Reiser mit Blüthenknospen,
4) und von gleicher Gattung seyn, auch
bis zur Zeit des Gebrauches zusammengebun-
den an einem schattigen Orte im Garten oder
in einem luftigen Keller^ in feuchtem Sande
auf ein Drittheil ihrer Länge eingegraben und
aufbewahrt werden.
§. 6.
Pelzen.
Das Pfropfen ist zweyfach:
1) in deu Spalt,
2) in die Rinde.
Das Erstere ist, indem man den Wild-
ling am Stamme oder bey Hochstämmigkeit an
den Kronästen mit der Handsäge quer durch-
sägt, und glatt zuschneidet, dann in die Platte
den Spalt macht, und das Ende eines zweyaugi-
gen Pfropfreises nächst demstmterniAuge einsetzt,
so daß dessen Rinde mit der Rinde des zu ver-
edelnden Stammes oder Astes genau zusammen
paßt. Hierauf geschieht der Verband, der auch
mit Baumwachs belegt wird.
Letzteres ist, indem am abgeplatteten
Stamme oder Aste das Reis nur zwischen
Holz und Rinde eingeschoben wird. — Man
macht in die Rinde einen Schnitt von oben
nach unten, und setzt zwischen die Flügel das
Reis ein.
Die Zeit des Pfropfens in den Spalt ist
nur Hälfte März bis Hälfte April; je nach-
dem der Saft früher oder später aufsteigt.
Die Zeit des Pfropfens in die Rinde ist April
ooer Anfangs May.
251
36.
Was heißt Pfro-
pfen vderPelzcn?
37.
Wann sott das
Pfropfen gescye-
hcn?
252
Obstbaumzucht.
Bey den Arten des Pfropfens muß insbe-
sondere beobachtet werden, daß jedem der zu
pfropfenden Baume ein oder zwey Zweige sie-
ben gelassen werden, welche nicht allein den
überflüssigen Saft aufzunehmen, sondern auch
den Pfropfreisern mitzutheilen vermögen.
Der Pelzzwekgmuß ein Sommerzweig, und
zwar ein Holzzweig seyn, der aber nicht von
der Nordseite des Baumes genommen werden
darf. Es gibt nämlich dreyerley Zweige: Was-
sergeschosse, welche aus einem dicken Asie in
die Höhe hervorschießen, die Augen weit von
einander haben, und in einem Jahre höher als
andere Zweige und fingerdick wachsen; —
Fruchtzweige, welche aus allen Sommerzwei-
gen die kleinsien und zartesten find, und die
Augen nahe beysamen haben; — Holzzwekge,
jene nämlich, welche nicht so früh, wie die
Wassergeschosse, aber auch nicht so dünne, wie
die Fruchrzwekge gewachsen sind.
Pfropfreiser tauglich zu erhalten, muß man
sie in eine Grube versenken, diese mit Schnee
ausfüllen, mit Vretern bedecken, und mit
Streu belegen.
Bey dem Pelzen find folgende Regeln zu
beobachten:
1) der Stamm, auf welchem man pelzen
will, muß gesund und gut eingewurzelt, und
daumendick seyn;
2) je starker der Stamm ist, desto starker
muß auch der Pelzzweig seyn;
5) dieser muß auf der gesundesten Seite auf-
gesetzt werden, wo der Saft in gerader Linie
aufsteigen kann;
4) man pelze Aepfel auf Aepfel, Birnen
auf Birnen; auf einem Kittenstamme kann
man auch die besten Birnen pelzen.
58.
Was muß bey
dem Pfropfen
insbesondere be-
obachtetwerden?
59.
Wie mnß das
Zweig zmn Pet-
zen seyn?
40.
Wie bewahrt
man Pfropfrei-
ser?
41,
Welche Regeln
hat man bey dem
Pelzen Zn be-
obachten?
253
Obstbaumzuchr.
§• r.
Von Veredlung im Allgemeinen.
Zum Veredeln darf man nur die zwey oder
drey untersten Augen eines Zweiges des vorig-
jährigen Triebes nehmen; übrigens sollen schone
ausgewachsene Zweige und Augen gewählt
werden, die auf der Sommerseite am Gipfel
des Baumes sich befinden.
Die Zweige sollen im Anfange Februar,
Marz und April, und sogar noch im Anfange
des Mayes gebrochen und geschnitten, und bis
Zum Gebrauche in den Keller oder sonst an ei-
nen kühlen Ort gelegt werden.
Alle und jede Veredlungsart müssen immer
nur bey trockener Witterung vorgenommen
werden.
Nach dem Veredeln kommen manchmal
unter dem Verbände Nebentriebe hervor. Diese
hat man sorgfältig wegzunehmen, und die Wun-
de mit Wachs zu verstreichen.
Auch ungepelztes Kernobst kann gutes
und schmackhaftes Obst geben; aber man musi
1) Kerne von besonders guter Art haben;
davon
2) Baume erhalten haben, welche keine
stachlichten oder spitzigen Zweige haben, denn
solche sind schlecht und müssen gepelzt werden;
5) müssen die Stamme nach zwey Jahren in
einen andern Ort, und nach weitern zwey Jah-
ren noch einmal in einen andern Ort versetzt
werden, an welchem sie alsdann stehen bleiben.
Auch Baume, aus veredeltem Obste gezo-
gen, müssen noch veredelt werden, weil unter
hundert Bäumen oft nicht Einer ist, der die
Frucht des gesäeten Kernes trägt. Es kann
aber durch öfteres Beschneiden und Versetzen
die Wildheit benommen, und die Frucht zum
42.
Welche Augen
und Zweige
wähle man zum
^Veredeln?
43.
Wann sollen die
Zweige gesam-
melt werden?
44.
Wann muß die
Veredlung über-
haupt vorgenom-
men werden?
45.
Was geschieht
mit Nebentrie-
ben?
46.
Gibt auch unge-
pelzte» Kernobst
i schmackhaftes
Obst?
47. '
Müssen auch
Bäume, aus ver-
edeltem Obste
gezogen, noch
fveredelt werden?
234 Oöstbaumzucht.
Grade eines ziemlich schmackhaften Obstes ge-
bracht werden.
Die Ursache, warum auch aus den Ker-
nen edler Fruchtgattungen Wildlinge entstehen,
liegt in der Verschiedenheit des Klima, indem
jene Früchte ursprünglich aus dem entfernte-
sten Auslande kamen.
Wildlinge aus Hecken und Wäldern sind
zum Veredeln nicht recht tauglich, weil sie
nicht abgehärtet sind. Sie wachsen in guter
Erde, das Gehölz schützt sie gegen Kälte und
Ungewitter, und es werden ihre feinen Haar-
würzchen bey dem Heraushacken leicht beschä-
digt. Die auf freyem Felde stehenden und dem
Gewitter trotzenden sind tauglich.
43.
Warum entste-
hen aus Keruen
edler Fruchte
Wildlinge?
49.
Sind Wildlinge
aus Hecken und
Wäldern auch
zum Veredeln
tauglich?
§. 8.
B a u m s ch n i t t.
Die fernere Behandlung der veredelten
Wildlinge beruht hauptsächlich auf dem gere-
gelten Baumschnitte.
Im ersten Jahre werden bey den oculir-
ten Wildlingen die einjährigen Schosse aufge-
bunden ; bey den kopulirten werden am Edel-
reise die Nebenzweige rein hinweggeschnitten.
Im zweyten Jahre werden die veredelten
Wildlinge im Frühjahr vor Eintritt des Saf-
tes an ihren Trieben auf 10 oder 12 Augen
dicht am letztgelassenen Auge von unten nach
oben zurückgeschnitten, aber keine Nebenzweige
abgezwickt. Im Herbste wird ein Stück Land
zu ihrer Verflanzung im kommenden Frühjahre
hergerichtet.
Im dritten Jahre und zwar im Monate
März, ehe noch der Saft in Bewegung kömmt,
werden die Bäume aus der Schule gehoben,
ihnen Wurzel und Triebe gehörig beschnitten,
und sie in das hergerichtete Stück Land auf 5
50.
Worauf beruht
die Behandlung
der veredelten
Wildlinge?
51.
Wie behandelt
man die ocul.
Wildl. im ersten
Jahre; wie die
kopulirten?
52.
Wie im zweyten
Jahre?
53.
Wie im dritten
Jahre?
255
Obslbaumzucht.
Fuß Weite gepflanzt. Es wird die Erde ein-
geschlemmr, neue Erde aufgefüllt, und die
Baume werden mit einer Weidenrnrhe locker
au die Baumstauge gebunden.
Kein Baum darf tiefer in die Erde gesetzt
werden, als er früher stand.
Im vierten Jahre werden mit Eintritt des
Frühlings die Nebeutriebe am Stamme wegge-
schnitten, und der Sommertrieb auf die Kro-
nenhdhe von 7 Schuh eingekürzt.
Im fünften Jahre bereitet man durch!
den Schnitt nur die Krone des Baumes vor,
ob. er Vuschform oder Pyramidenform erhal-
ten soll.
§. 9.
Erdreich.^
Das Erdreich, ln welches man die Kerne
säet, darf eben nicht das beste, soll aber mehr
schwer, als leicht, mehr trocken als naß seyn.
und nicht aus thonig- sandigem oder moosi-
gem, oder schwerem Lehm bestehen. Es taugt
weder all zu magerer noch all zu üppiger
Boden.
Sollte der Boden der Anlage einer Baum-
schule hinderlich seyn, so kann man durch Ver-
mischung des Erdreiches s. a. nachhelfen:
1. einen allzu festen Lehmboden mische man
mit Sand, oder mit schwarzer dichter Erde,
die zusammengeschlagen und abgelegen war;
2. sandigen mit Lehm oder sonst schwerer
Erdart;
5. steinigen reinige man von Steinen;
4. allznnafsen Grund lege man durch Ab-
zugsgraben trockner.
• Die Verpflanzung der gezogenen Bäum-
chen fordert eine sonnige luftige Lage, und ge-
hörige Tiefe guten Erdreiches.
54.
Wie im vierten
Jahre?
55.
Wie im fünften
Jahre?
56.
Wie muß das
Erdreich beschaf-
fen seyn, auf
welches man die
Kerne säet?
57.
Was hat man zu
thun, wenn der
Boden für Anla-
ge einer Baum-
schule nicht ge-
eignet ist?
58.
In welches Erd-
reich müssen die
gezogenen Bäu-
me verpflanzt
werden?
25Ö
Obstöaumzucht.
Bey seichtem Grunde muß man die Erdkruste
bis auf das schlechte Unterlager in einem Zirkel-
Durchmesser von 10 bis 12 Schuh auflockern,
und die dadurch entstandene Scheibe mit so viel
guter Erde ausfüllen, daß ste mit der aufgelo-
ckerten Erde eine Hobe von 5 bis 4 Fuß erhalt.
In Mitte der Scheibe steckt man eine starke
Stange, und bindet den Baum locker an die
Seite von Sonnen-Aufgang.
Bey gutem tiefem Grunde mache man
Baumgruben von 6 Fuß Breite und 3 Fuß
Tiefe, und setze die Baume nicht tiefer, als
sie in der Edelschule standen, an lange
Stangen.
Die allgemeine Regel ist, keinen Baum
aus einem guten in einen schlechten Boden zu
setzen, und seine bisherige Nordseite wieder
Norden zuzuwenden, ihn auch nicht tiefer als
vorher zu setzen.
Das Erdreich wird zur Aufnahme und
Ernährung eines Obstbanmes tauglich gemacht
durch Bedungen oder Wegeilen.
Zu mageres oder ansgesaugtes Land be-
geile man stark; man muß aber solchen frisch-
gedüngten Boden vorerst mehrere Jahre hin-
durch als Ackerland behandeln, und darf ihn
von dem Jahre an, als man ihn zur Obst-
baumzucht nimmt, nicht mehr düngen.
59.
Wie wird der
Baum bey seich
tem Erdreiche ge
pflanzt?
60.
Wie i» gutem
Grunde?
61.
Welche Regel
beym Versetzen
der Bäume?
62.
Wie wird das
Erdreich taug-
lich gemacht?
65.
Was ist wegen
Düngen einer
Obstgarten-An-
lage zu beob-
achten ?
§. 10.
64.
Welche Regel bey
Verpflanzung der Bäume und ihre Pflege.
Bey Baumpflanzungen, Kern- und Zucht-
Schulen gilt als allgemeine Regel, daß maniDaumpflanzun-
Bäume nie in einem frisch gedüngten Lande g Z^mümt
erziehe.
Obstbaumzucht.
Das Verpflanzen der gezogenen Obstbaume
geschieht im Frühlinge und Herbste; — im leich-
ten Sandboden ist die Herbstpflanzung, in mehr
feuchtem Erdreiche die Frühlingspflanzung anzu-
rathen; in wärmern Gegenden werden beyde
Pflanzungen angewendet. Jedesmal muß man
aber die Baumscheiben schon einige Monate
früher geöffnet haben.
Nachdem die Baume vorsichtig ausgehoben
und gehörig beschnitten worden sind, setzt man
sie um, schlemmt sie gehörig ein, und bindet
sie locker an starke Stangen. Erst nach drey
Monaten kann man sie fester nachbinden, muß
aber zur Verhinderung der Reibung Moos
zwischen Baum und Stangelegen. Bey ansehn-
lichem Wurzetwerke laffe man die Kronaste
langer, bey schwachem kürze man die Zweige
bis auf zwey oder drey Augen ein.
Bey dem Versetzen soll das Wurzelwerk
257
65
Wann verpflanzt
man die Obst-
bäume?
66.
Wie geschieht
bas Verpflanzen
der Bäume?
67.
Was hat man
der Bäume rnck-
"j sichtlich derWur-
* zeln zu bcobach-
nkcht beschädigt werden. Man darf die Stäm-ibeym Versetzen
me niemals ausziehen, sondern muß die Erde! '
behutsam ablösen. Die eine vorhandene söge
nannte Stechwurzel schneidet man bis stufjtüi*?
Hand-Breite ab, und verstreicht den Schnitt
mit Baumwachs; auch die Wurzeln, welche
gar zu lange sind, und bey dem Ausgraben
beschädigt wurden, werden zugeschnitten. Die
Wurzeln werden gleich weit aus einander in
die Fläche gebreitet.
Bey Anpflanzungen muß man gewisse
Ordnung beobachten:
i. In Baumgarten setze
man sie reihenweise:
66.
Welche Ordnung
hat man bey bell
Pflanzungen zn
beobachten?
i. in Vanmgär-
tcn?
Bey Aevfeln und Birnen muß die Entfer-
nung nicht weniger als so bis 4o Fuß betra-
gen; bey Süßkirschen 20 bso; bey Sauer-
Obstöaumzucht.
kirschen und Pflaumen 15 bis 20; bey Nuß-
bäumen 5o bis 60; letztere soll mau insbeson-
dere zut Abhaltung der rauhen schneidenden
Winde an die Nordosiseite der Garten, und
um Dörfer und in Vorhöfe pflanzen. Empfeh-
lenswerth sind die Steinnuß, spate Nuß und
Riesenwallnuß.
2. Auf Wiesgründen werden die Baume,
wie in Obstgarten gepflanzt, doch müssen ihre
Kronen in einer Höhe von 8 bis y Fuß von
der Wurzel abstehen, und sie 26 — 40 Fuß
weit gesetzt werden.
2. An Ackerrainen und Vicinalwegeu hat
nur die Abweichung statt, daß die Baume 50
Schuh von einander abstehen.
4. An Landstrassen sollen die Baume in
gegenseitiger Entfernung von 45 bis 50 Schuh
und nicht in dir Strasse selbst, sondern mit
Anwendung großer Baumscheiben in die Ab-
zugsgraben, oder noch besser ausserhalb dersel-
ben gesetzt werden.
Jeder wohlgestaltete Baum soll so bewach-
sen seyn, daß seine untersten Aeste sieben
Schuhe von der Erde entfernt sind. Im ersten
Jahre beschneidet man nichts; aber in den
folgenden bis zur Höhe von sieben bis acht
Schuh. Bey Pflaumen- und Weichsel-Bäumen
sind fünf Schuh hinlänglich.
Die verschiedenen Obstgattungen fordern
auch verschiedenes Erdreich.
Der Apfelbaum komme in einen mürben
fetten Boden, tief; — derBirnbaum in trocke-
nes Land bey warmer Lage; — der Pflaumen-
baum in leichte trockene Erde; — Kirsch - und
Weichsel-Baume in trockene und sonnenreiche
Lage.
Die verpflanzten Baume müssen ferner
sorgfältig gepflegt werden, und zwar
1. indem man die Scheiben Zwepmal im
2. auf Wicö-
gründcn?
5. an Ackerrai-
ncn und Vicinal-
wegeu?
4. an Landsiras-
sc» ?
69.
In welcher Ent-
fernung sollen die
Aeste von der
Erde stehen?
70.
WelchesErdreich
fordern die ein-
zelnen Obstgat-
tungen?
71.
Wie pflegt inan
die verpflanzten
Bäume?
Obstbaumzucht. 259
Jahre, im Frühlinge und Herbste vom Unkraut
reinige, und seicht auflockere;
2. die Bäume an starke Pfähle binde;
3. die sich entwickelnden Austriebe ihnen
wegschneide;
4. das Moos und die Flechten, auch auf-
gestandene Rinde abkratze, und zu ihrer
Verhütung im Herbste die Baumrinde mit einer
Mischung von 4 Theilen Kalk, 1 Theil Asche
und 1 Theil Lehm, in Wasser aufgelöst,
überstreiche; endlich
5. indem man die Raupen als Eyer oder
sogleich nach dem Ausbrüten vertilge.
Die jungen Bäume vor Frost des Win-
ters zu bewahren, binde man sie im Novem-
ber, nicht zu dick, mit Stroh nach Höhe der
Strohhalmen ein. Um sie vor Kälte zu schützen,
begieße man sie schon im Herbste mit fettem
Mistwasser, und belege die Wurzeln mit Blut-
Erde. Nach überlebtem Winter nehme man
das Stroh ab, und reinige die Bäume von
Mies und abgestorbenen Zweigen, Laub und
Raupen, welch' letztere man verbrennen muß,
sonst kriechen sie wieder an den Baum. Die
Mitfresser, d. i. jene Sprossen, die vom Stam-
me oder von der Wurzel auswachsen, muß
man wegschneiden, das Gras ausrupfen, und
jedem Baume ein paar Schaufeln frischer Erde
geben.
Blüthenbäume werden vor Reif bewahrt
durch sogenannte Kälteablekter. Man dreht
nämlich aus Stroh lange Bänder, bindet sie
an die Spitzen des blühenden Baumes und
läßt das Emde des Strohbandeö in ein Ge-
schirr mit Wasser gehen. Es können mehrere
Bänder von den Spitzen der benachbarten
Bäume in das nämliche Geschirr geleitet wer-
den. Zu bemerken ist, daß das Gefäß frey
72.
Wie verwahrt
man junge Bau-
me vor dem Fro-
ste deS Winters,
und wie behan-
delt man sie nach
dem Winter?
75.
Wie bewahrt
man Blüthen-
bäume vor Reif?
17*
2Ö0
Obstbaumzucht.
stehen müsse, und von keinem Aste bedeckt
werde.
§.
Beschneiden der hochstämmigen Bäume,
nach der Auspflanzung.
Das Beschneiden der Obstbaume ist ein
Hauptgeschäft des Baumpflanzers, und be-
steht darin, daß der Pflanzer den Baumen das
ihrer Fruchtbarkeit hinderliche, überflüssige oder
auch kranke widernatürliche Holz wegschneide.
Ehe man an das Beschneiden der Obst-
baume geht, muß man sich über sämmtliche
Theile eines Baumes genaue Kenntniß ver-
schaffen, so wie auch über die Zeit des
Schnittes.
An einem Obstbaume unterscheidet man
vorzüglich:
n. Holzzweige;
diese bestehen i. ans Mutter- oderLeitzwekgen;
2. 5> Wurzeltrieben;
3. » Wnchertrieben;
4. » Laubaugen.
74.
Was heißt Be-
schneiden der
Bäume?
75.
Worüber muß
mau sich vor Be-
ginnen des
Schnittes beleh-
ren ?
76.
Welche Theile
unterscheidet man
vorzüglich an ci-
neul Obstbaume?
b. Fruchttriebe;
diese zerfallen i. in Fruchtruthen;
2. » Fruchtspieße oder Ringel-
wüchse;
5. » Bouquetzweige, welche nur
beym Steinobste vorkom-
men;
4. » Blüthenaugen oder Frucht-
knospen.
Die Zeit des Obstbaumschnittes ist im
Allgemeinen in kalten Gegenden vom Ende
Februar bis Ende März, auch noch bis Ende
April.
Uebrigens wird der Schnitt des Kern-
obstes sowohl, als äuch des Steinobstes nach
dem Auspflanzen noch fünf Jahre nach einan-
77.
Wann ist die Zeit
des Obstbaum-
schnittes ?
Obstbaumzucht.
261
der und zwar jedesmal im Frühling vorge«
nommen. 78.
Die Art des Schnittes und die Auswahl Wie geschieht der
der wegzunehmenden Zweige hangt von derMhuitt nach der
natürlichen Bildung der Krone ab. Auspflanzung?
Im ersten Jahre, d. i. im Jahre lidcf) 'i1,u'ul^1^u -
dem Aussetzen der Baume, erwägt man Zuerst
die Gestalt der Krone, ob sie sich kugel-, busch-
vder pyramidenförmig macht, und schneidet
dem gemäß nur die entbehrlichen Haupt- und
Nebenleitzweige weg.
Bey pyramidenförmiger Gestalt muß man
den beybehaltenen mittlern Hauprlektzweig bis
auf 6 oder a Augen einkürzen und trachten,
daß alle Aeste und Zwerge durch den Schnitt
in etwas vom Stamme abstehend erzielt wer-
den. Bey kugel- und buschfdrmiger Krone hat
man fast dasselbe Verfahren. 79.
Im 2ten Jahre ist es derselbe Schnitt, Wie im 2tcn
es müssen aber mehrere Nebenleitzweige stehen Jahre?
gelassen, und die wegzunehmenden Zweige mit
einem scharfen Messer dicht am Aste wegge-
schnitten werden. Ausserdem werden an dem
mittlern Hauptleitzweige ungefähr drey stehen
gelassen; jedoch so, daß sie nicht gerade über-
einander, sondern abwechselnd zu stehen kom-
men, und werden dann auf drey bis vier Au-
gen eingekürzt.
Gleiches Verfahren ist im sten Jahre;
man kürzet aber das junge. Holz bis auf 6
und 8 Augen ein, und sorgt immer für freyen
Zutritt der Sonne und Luft.
Eben so im 4ten Jahre; es muß aber
das sich bereits angesetzte Frucht - und Tragholz
sorgfältig verschont bleiben.
Im fünften Jahre wird die bisherige Be- Wie im 5ten
Handlung noch fortgesetzt; alsdann aber der Jahre?
Baum seinem freyen Wachsthume überlassen. so.
Der Pflaumen - und insbesondere der Wie wird der
Wie im ztcn
Jahre?
Wie im 4ten
Jahre?
202
Obstbaulnzucht.
Awetschgenbaum wird in beschriebener Art wie
der Apfelbaum beschnitten, bleibt aber nach
dem dritten Jahre mit dem Messer verschont.
Der Kirschbaum darf nur zur Zeit seines
Aussetzens auf den bleibenden Standort an
seinen Zweigen eingekürzt werden; alles spatere
Schneiden muß aber unterbleiben.
Bey dem Nußbaume werden an dem
Stamme alle hervorbrechenden Nebentriebe früh-
zeitig weggeschnitten, dagegen wird der Haupt-
stamm durchaus nicht geschnitten.
Als allgemeine Regeln beym Baumschnei-
den gelten:
1. Wenn zwey Aeste nahe aneinander ste-
hen und einander hinderlich sind, wird der
schwächere weggeschnitten;
2. Wasserschosse und Wuchertriebe müssen
bey jungen Baumen bald nach ihrem Entste-
hen weggeschafft werden;-bey schon ausgetra-
genen alten Baumen nimmt man die Wasser-
triebe nicht hinweg.
Pflaumen - und
Zwetschgenbaum
beschnitten?
61.
Wie der Kirsch-
baum?
82.
Wie der Nuß-
baum ?
63.
Welche sind all-
gemeine Regeln
beym Baum-
schneiden?
§. 12.
Verjüngung der Baume.
84.
Alte, beynahe aus lauter Fruchtzwergen
bestehende Bäume, die man wegen Vorzüglich-
keit der Früchte noch mehrere Jahre gesund
zu erhalten wünscht, verjüngt man, so zu sa-
gen, wenn man sie nicht nur von allem dür-
ren Holze mit der Baumsäge befreyt, sondern
auch die schlechten Aeste ausschneidet, damit
die gesunden einen wohlthätigen Saft-Zuwachs
erhalten.
H. 13.
Wie
mau
verjüngt
Bäume?
65.
Krankheiten der Bäume. Welchen Krank-
- - * sind die
Die Baume sind innerlichen und ausser-tBaume uutcr-
lichen Krankher'teu unterworfen. lworftu?
Obstbaumzucht.
263
Innerliche sind:
r. die Unfruchtbarkeit, d. h. Unvermögen,
Blüthe und Frucht zu tragen. Sie kommt bald
von Vollsaftigkeit, bald von Mangel an Nah-
rungssäften. Das bewährteste Heilmittel gegen
erste Ursache ist Aderlässen oder Schröpfen im
Frühjahre, d. i. man ritzt den Stamm und
die Hauptzweige an der Oberhaut von oben
nach unten mit einem sehr scharfen Messer.
Hat der Baum zu wenig Saft, so beschneidet
man seine Aefte stark, legt Bluterde, Kuhmist,
auch todteö Vieh nächst den Wurzeln, sucht
die Pfahlwurzel wegzuräumen, uu& begießet sie
öfters mit frischem reinem Wasser Abends oder
Morgens.
2. Der Mißfall, d. k. wenn der Baum
aus Vollsaftigkeit alle Früchte verliert. —
Aderlässen hilft. Fallen und verdorren Vlüthcn-
knopfe vor der Zeit aus Mangel an Saft, so
behandle man den Baum wie bey Unfrucht-
barkeit.
5. Der Mißwuchs. Er zeigt sich durch ei-
nen magern schwachen Wachsthum des jungen
Baumes, so wie am Bleichen und Kleinwer-
den der Blätter. Schmarotzer-Pflanze» und
unpassender Standort veranlassen ihn, es müs-
sen also diese Ursachen entfernt werden.
4. Die Wnrmkrankheit. Sie wird nur
durch das Todten der Insekten entfernt.
5. Schwache, Bleichsucht, Abzehrung. Sie
erkennt^ man am Erschlaffen und Erbleichen
der Blätter und Blüthen. Mangel an Feuch-
tigkeit, Mangel an tauglicher Luft und Licht,
Hitze und Kälte verursachen sie und müssen
daher entfernt werden.
6. Wassersucht. Sie entsteht von zu gros-
ser Nässe, und verläßt den Baum nur mit
dem Tode.
66.
Was ist Un-
fruchtbarkeit, we-
her rührt sie, und
welche sind die
Gegenmittel?
67.
Was Mißfall,
woher und wel-
ches Gegen-
mittel?
68.
Was Misiwachs
re.?
89.
Was Wnrm-
krankheit re.?
Y0.
Schwäche,
Bleichsucht, Ab-
zehrung?
91.
Wassersucht?
264
Obstbaumzucht.
Aeusserliche Krankheiten sind:
1. Die Maser. Die Holzgewachse bilden
einen Ballen, der bey Nasse in Geschwüre
übergehen kann, und durch Witterungswechsel
und Insekten entsteht. Sie schadet oft nicht
im Mindesten.
2. Der Rost. Er kann weder abgewendet
noch geheilt werden, und ist ein pulveriger
gelber oder brauner Ueberzug der Blätter.
3. Der Honigthau. Er ist eine durchsichtige
süße Feuchtigkeit auf den Blättern. Ist der
ganze Baum vom Honigthau ergriffen, so ist
keine Rettung möglich; einzelne Zweige aber
müssen unverzüglich weggeschnitten werden.
4. Der Mehlthau. Er ist ein weißlicher,
schleimiger Ueberzug der Blätter, welcher von
Blattläusen herrührt. Anhaltender Regen und
fleißiges Bespritzen der Blätter mit Wasser
kann das Uebel wieder heben.
Der sogenannte schwarze Mehlthau rührt
auch von Insekten her, welche die obersten
Blätter an den Spitzen zusammenrollen. Man
vertilgt sie durch Bestreuung der naßgemach-
ten Blätter mit Tabakasche.
5. Wunden. Sie entstehen aus gewaltsa-
men Verletzungen; Spalten, aus Vollsäftig-
keit. Sie werden durch Auflegen von Baum-
wachs wieder gut.
6. Das Geschwür. Es sondert eine tödtli-
che Jauche ab, und muß ganz rein ausge-
schnitten und mit Baumwachö oder Kitt das
Eindringen des Wassers verhindert werden.
7. Der Krebs. Er ist ein schwammiger
92.
Maser?
93.
Rost?
94.
Honigthau?
95.
Mehlthau?
96.
Wuird^, Spalte
9?.
Geschwür?
93.
Krebs?
Ansatz mit atzender Feuchtigkeit, und muß rein
weggeschnitten werden, sobald man ihn ent-
deckt. , 99.
6. Der Gummifluß oder Harzfluß. Er ist Gummrflus;?
eine bräunliche Feuchtigkeit, die an der Luft
zu einer dicken Masse wird. Die schadhafte
205
Obstbaumzucht.
Stelle muß gleichfalls ausgeschnitten und mit
Baumwachs gedeckt werden.
Die Ursachen sind häufiger Zudrang von
Saft, Düngen, heftiges Beschneiden, auch
Quetschungen und Frost.
y. Schaden durch Regen. Er wird dadurch
vermindert, daß man die blühenden Obstbäu-
me einige Mal des Tages fleißig schüttle, wo-
durch nicht allein die Blüthen von den Was-
sertropfen befreyt, sondern auch bey gutem
Wetter tausende von schädlichen Insekten ent-
fernt werden.
10. Schaden durch Frost. Glaubt man
junge Bäume durch Frost beschädigt, so wer-
den sie 12 Stunden in kaltes Wasser gestellt,
und hierauf, wenn sie nicht sogleich gesetzt
werden können, so tief als möglich in die Erde
eingegraben.
Bäumen, welche stark vom Froste gelitten
haben, schält man sogleich im Frühlinge die
Oberhaut am Stamme bis auf die innere
grüne Rinde ab, und verbindet dann den ge-
schälten Stamm zur Abwehrung der Sonnen-
strahlen mit Moos.
Die Bäume lassen sich auch durch starkes
Beschneiden der Kronäste retten, doch muß
man dabey das Fruchtholz, ja bey großer Be-
schädigung sogar einen Theil des alten Holzes
abwerfen.
Gegen die Beschädigung der Blüthen durch
Frühlings - Nachfröste ist das Räuchern mit
Moos, Laub und Reisig vorzüglich anzurathen.
Man macht zu dem Ende in einiger Entfer-
nung von den Baumen mehrere Moos- und
Laubhaufen, und zündet sie zur Zeit, da man
Reif befürchtet, noch vor Sonnenaufgang an,
und zwar auf der Seite, wo der Wind den
Rauch^auf die Bäume führen rann.
100.
Schaden durch
Regen?
101.
Schaden durch
Frost?
102.
Beschädigung
der Blüthen
durch Frühlings-
Nachfrvste?
266
Obstbaunizucht.
§. 14.
Feinde der Bäume.
Dem Baume sind schädlich:
1. Die Insekten. Sie schaden oft den
Obstbäumen, sie dürfen aber deßwegen nicht
ausgerottet werden, weil dieses gleichfalls zur
Unfruchtbarkeit beytragen würde; denn die
Erfahrung bewahrt, daß reichblühenden Ge-
wachsen ein Theil der Blüthe und des geilen
Ausschusses geraubt werden müsse, wenn man
viele und vollkommene Früchte haben will.
Diese Mühe übernehmen für uns die Insekten.
2. Die Hasen. Man verscheue sie durch Auf-
stellung verschiedener Gegenstände.
5. Die Mause. Man lege zu jedem Baume
einen Krebs oder wenn die Baume Ln der Baum-
schule beysammen sind, ziehe man einen Graben
um dieselben, etwa einen Schuh tief, und fülle
solchen mit Hügeln, Dörnern und Machhol-
derstauden bis oben an.
4. Die Ameisen. Man lege ungefähr zwey
Schuh vom Baume weg riechendes Fleisch oder
Beine, so kommen sie hervor und ihre Vertil-
gung ist leicht.
5. Raupen. Sie müssen sorgfältig von
den Bäumen genommen und zertreten werden.
6. Baumwanzeu. Sie verursachen, daß
die Zweige schwarz werden, weil sie den Saft
herausziehen. Man kaun sie mit einer starken
Bürste von niedern Bäumen abbürsteu und
zertreten.
7. Blattläuse. Sie werden wie Baum-
wanzen behandelt.
105.
Welchen Einfluß
haben im All-
gemeinen die
Insekten ans
Obstbaume?
104.
Welche Feinde
haben die Bäu-
me außer den
Insekten beson-
ders, und wel-
che sind die Ge-
genmittel ?
g. 15.
Emtheilung des Obstes.
Das Obst wird im allgemeinen der Zeit
nach in Sommer-, Herbst- und Winterobst ab-.
ioZ.
Wie theilt man
im allgemeinen
Obstbaumzucht. 267
getheilt, was der Landmann wissen muß, da-
mit er sich durch alle Jahreszeiten fortdauern-
den Erlös sichere.
Sommer- oder Frühobst nennt man je-
nes, das meistentheils schon vom Baume her
eßbar ist, und sich nur kurze Zeit zum frischen
Genuß halt. Wenn diese Obstgattung saftrei-
cher und nicht bald mehlicht werden soll, muß
sie vor der völligen Reife abgenommen werden.
Das Herbstobst reift gewöhnlich nicht völ-
lig am Baume, aber wird schon nach einigen
Wochen lagerreif, und halt sich bis im Novem-
ber in voller Güte.
Das Winterobst oder Spätobst umfaßt
jene Baumfrüchte, die zwar oftmal auch schon
im November genießbar werden, sich aber den
Winter über ohne Nachtheil aufbehalten lassen.
Winterobst laßt man lange an Bäumen hän-
gen, wenn man es gut und haltbar haben will.
§. 16.
Pflücken deö Obstes.
Im allgemeinen pflückt man das Obst
zur Zeit, da es sich leicht vom Baume ab-
löst, oder wenn ein Theil der Blätter gelb zu
werden anfängt; man muß es aber mit mög-
lichster Schonung bey trockner Witterung ab-
nehmen.
Das gepflückte Obst muß nicht in Sacke
gefaßt und auf Schubkarren heimgefahren wer-
den, sondern man muß es behutsam in Körbe
bringen, an einem kühlen trockenen Orte in
Haufen sammeln, bald aber auf hölzerne Ge-
stelle legen.
daS Obst der
Zeit nach?
106.
Was ist Som-
merobst?
107.
Herbstobst?
103. .
Was ist Win-
terobst?
10Y»
Wann pflückt
man das Obst?
110.
Wie wird das
gepflückte Obst
gefasst und auf-
bewahrt?
268
Obsibauinzrlchr.
§. 17.
Baum e-K auf.
Die Bäume von herumziehenden Obst-
händlern zu kaufen, ist nicht rathsam,
s. weil theils die Baume aus warmern
Gegenden und besserem Erdreiche kommen, und
daher in anderm Klima und anderer Erde nicht
so gedeihen;
k». theils weil sie durch das lange Herum-
tragen verdorren;
0. theils weil die Wenigsten gut veredelt sind.
ß. 13.
Hindernisse der Obstkultur.
Irrige Ansichten, ererbte Vorurtheile und
Mangel an gründlicher Belehrung, dann Baum-
frevel und Obstdiebstahl sind noch die Hinder-
nisse der .Obstkultur.
Der Einwendungen gegen Obstbaumzuchr
gibt es mehrere:
1. Die Baume seyen entweder völlig zu
Grunde gegangen, oder armselig verkrüppelt,
es gedeihe also die Obstbaumzucht nicht. —
Allein man nehme seine Obstbaume aus
königl. Baumschulen oder von bewährten un-
eigennützigen Männern, und verfahre gehörig,
so wird Segen erblühen.
2. Es wird eine Reihe von Jahren zur
Ernte von Früchten erfordert. —
Hatten wir vor io Jahren gepflanzt, hät-
ten wir schon Gutes gewonnen; und hätten
unsere Väter nicht anders gedacht, würden wir,
keine Obstbäume haben.
5) Obstbaume an Feldrainen, ans Wiesen,
Weiden und Straßen sind mehr schädlich als
nützlich, da sie weder Feldfrüchte noch Gras
aufkommen lassen. — I
an.
Ist cs gut,
sich die Bäume
von hernmzie-
hcuden Baum-
Händlern zu
kaufen?
| 112.
Welche sind noch
die Hindernisse
der Obstknltnr?
113.
Welche sind die
Einwendungen
gegen die Obst-
knltur, und wie
begegnet man
ihnen?
Bienenzucht.
26Q
Die Erfahrung beweiset das Gegentheil,
wenn man nur die Baume nicht zu dicht an
einander pflanzt, damit Einwirkung der Sonne
und der Luft auf Baum und Erdreich nicht
abgehalten wird. Insbesondere werden Vieh-
weiden besser.
4) Baumfrevel und Obstdiebstahl lassen
weder Obst noch Baume aufkommen. —
Dagegen wird Belehrung und Bildung der
Jugend und Bestrafung der Frevler wirken.
§• iy.
Vortheile der Obsikultur.
Die Obstkultur gewahrt dem Landmanne
außerordentliche Vortheile; denn wenn Miß-
wachs, Hagelschlag, Ueberschwemmung und
Mausefraß seine Feldfrüchte zerstören, deckt
Obstbaumpflanzung die Bedürfnisse seiner Fa-
milie, und nach Berechnung tragt ein Morgen
Acker jährlich hundert Thaler ein.
Herbstobst soll weniger, Winterobst kn be-
trächtlicher Menge gezogen werden, wenn man
die sehr bedeutenden Summen ersparen will,
die dem Auslande für Obst noch zufließen.
114.
Welche sind die
Vortheile der
Obstkultur?
B i e n e n z u ch t *).
Honig und Wachs sind für jedes Land und
beynahe für jedes Haus nothwendige Artikel,
ch Nachlese in Professors Götz „Unterricht in der,
praktischen Bienenzucht ch Beuefiziaten Unhochzu
Schongau; Lehrers Vitzthum in Freysing.
1.
Warum lehrt
man von Bie-
nenzucht?
270
Bienenzucht.
die wir uns selbst verschaffen können, wenn
wir die Bienenzucht mit Geschicklichkeit weiden.
Auch soll man, was man selbst erzielen kann,
nicht vom Auslande holen, und das Geld
hinaus senden. Sie schafft uns Freude und
Gewinn.
Der Erfolg der Bienenzucht hangt von
einer guten Lage, wie vom guten Wetter ab.
Je wärmer die Gegend, und je reicher an blü-
henden Pflanzen, Laub- und Nadelholz und
Obstbaumen, desto mehr gedeiht die Zucht.
Auch kleine Bache müssen in der Gegend flie-
ßen, denn das Wasser ist den Bienen ein noth-
wendiges Element, und sie suchen reines und
unreines Wasser auf. Das Meiste aber thun
in guten Jahren die Honigthaue, und fehlt es
an diesen, so ist auch sicher kein ausgezeichnet
gutes Jahr. Man pflanze aber auch zum Be-
sten der Bienen etwas an, das auch in ökono-
mischer Hinsicht für uns und unser Vieh nütz-
lich ist. Insbesondere sind nützliche Bienen-
gewachse: die Esparsette, Luzerne, der weiße
Wiesenklee, der Reps, das Haidekorn, Erbsen,
Bohnen, Vogelbeerbäume, Kohlarten u.s. a.m.
Der Bienenstand wird auf verschiedene
Weise gebaut. Seine Vorderseite muß allezeit
halb gegen Aufgang und halb gegen Mittag
in schiefer Richtung stehen, damit die Sonne
auf die Bienen früh hinscheine, sie erwärme,
und zum Fliegen reize; der Stand soll mög-
lichst nahe zum Hans an einem windstillen
und trockenen Orte, am besten an die Mauer-
oder Wand des Hauses gebaut und keinem
Zugwinde ausgesetzt seyn. Der Eingang in
die Bank soll vom Rücken und von der Seite
gemacht werden, und niedrige Baume in der
Nahe sind des Schwärmens wegen sehr Vor-
theilhaft; so auch kleine Bäche und Pfützen.
Der Platz soll rein gehalten werden, und am
2.
Welche Lage for-
dert die Vieueu
Zucht?
Wie soll der
Bienenstand ge-
stellt seyn?
271
Bienenzucht.
besten bestreut man ihn mit Sand oder Kies,
weil sich im Gras Ungeziefer aufhält, das die
niederfallenden Bienen frißt.
Der Bienenstand soll nicht hoch stehen,
indem man so die Bienen nicht wohl schwär-
men lassen kann, und es ihnen schwer fällt,
beladen in die Höhe zu stiegen, auch von den
Schwalben, welche sich meistens in der Hohe
aufhallen, leicht gefangen werden.
Nachtheilig ist den Bienen ihre Richtung
nach Norden, wegen mangelnder Sonne; nach-
theilig ist es, wenn sie dem Schlagregen aus-
gesetzt sind. Hohe Bäume und Gebäude in
Nähe der Bienenhütte sind schädlich, weil die
Schwärme gern hoch gehen, und so schwer zu
bekommen sind, auch weil sie einen hohen An-
fing gewöhnen, und daher leicht durchgehen, ohne
sich anzuhängen. Nähe,eines Flußes ist einem
gegen Süden stehenden Stande schädlich, weil
der Wind die überfliegenden Bienen leicht hin-
ein wirft. — In Nähe von Abtritten soll man
sie auch nicht anrichten; auch nicht, wo er-
schütternde Arbeiten vorgenommen werden.
Es gibt mehrere Gattungen von Bienen-
stöcken ; einige nennt man Klötze, andere Ma-
gazine. Die Magazinstöcke sind wieder ent-
weder Stander oder Lagerstöcke.
Die Klötze sind von Stroh gestochten, oder
von Vretern zusammengefügt, und bleiben im-
mer in ihrer Form auf der Bank stehen, ohne
vergrößert oder verkleinert zu werden.
Die Magazinstöcke sind theilbare Bkenen-
Wohnungen von kleinen hölzernen Kästchen
oder Strohringen.
Ständerstöcke stehen aufrecht; man setzt
ihnen unter, und vergrößert sie so; man nimmt
sie von oben ab, und verkleinert sie. Lager-
4.
Wie hoch soll
oer Bienenstand
gestellt werdend
6.
Welche Lage ist
den Bienen nach-
thcilig?
6.
Wie viele Gat-
tungen LZieuen-
stocke gibt es?
7.
Was sind Klichr?
8.
Was sind Ma-
gazin st ocle?
9.
Was sind Stän-
der und Lager-
i stocke?
272
Bienenzucht.
stocke liegen nach der Lange neben einander
auf einem Flugbrette.
Haben die Bienen ihr Kästchen bis auf einen
Zoll angebaut, so gibt man ihnen ein neues
und so in einem guten Jahre ein zweytes, drit
tes und viertes. Man beobachtet ihr Arbei
ten durch Fensterchen, welche man aber nicht
lange offen lassen darf, indem sie sonst von
den Bienen überschmiert werden.
Auf diese Weise werden die Bienen durch
einen Betrug zum Weiterbauen gereizt, so
lange sie gute Weide haben, was dem Bie
nenwirth sehr großen Gewinn verschafft.
Die Klötze geben nicht so viele Ausbeute
denn haben die Bienen vollgebaut, kann man
sie nicht leicht zu neuer weiterer Arbeit zwin-
gen, oder anlocken, sie auch nicht gehörig pfle
gen. Lauter Klötze sind daher nicht vortheil-
haft und eine größere Bienenzucht soll daher
gemischt seyn von mehreren Magazinstöcken,
Ständern, Lägern, auch etlichen Klötzen. Eine
solche Zucht wird allezeit gedeihen.
Klötze sollen nicht zu groß und nicht zu
klein seyn. Die kleinen Klötze schwärmen oft,
der Mutterstock geht zu Grunde, und aus ei-
nem kleinen Stocke gewinnt man auch nicht
viel. Ist der Klotz zu groß, so stoßt er kei
nen Schwarm ab, denn er hat mit seinem
Ausbauen zu thun, leidet Kälte und arbeitet
langsam. Der Strohklotz soll inwendig 14 Zoll
hoch und 16 Zoll weit seyn; der Holzklotz kann
etwas kleiner seyn. Kleine Schwärme werden
aber allerdings in kleinere Klötze gefaßt.
Jeder Stock hat dreyerley Gattungen Bie-
nen: Eine Königinn, mehrere Tausend von
Arbeitsbienen, und mehrere Hunderre von
Drohnen.
Die Königinn ist die Mutter aller Bienen,
die schönste unter Allen, und 2 bis 2 mal so
10.
Wie wendet tmm
die Lagerstätte
und Stander an?
11.
Sind Klötze vor-
thcilhaft?
12.
Wie groß sollen
die Klöpc seyn?
13.
Wie viel Gat-
tungen Bienen
enthält jeder
Stock?
14.
Wie erkennt man
die Königinn?
1
Bienenzucht.
groß, als die gemeine Biene; sie hat einen
spitzigen Hinterleib, hellbraunen Rücken, gelb-
braunen Unterleib, hohe und gelbbraune Füße,
und schreitet langsam. Sie legt jährlich wohl
60,000 Eyer.
Wenn in einem Stocke mehrere Köni-
ginnen aufkommen, so theilen sich die Bienen
in Schwarme und ziehen fort, oder der mäch-
tigere Schwarm tddret den schwächer».
Ist keine Königinn mehr vorhanden, und
weiß der Bienenwirth dem Stocke keine aus
einem andern Stocke zu geben, oder ist keine
taugliche Brut mehr im Stocke, aus welcher
eine neue Königinn entstehen könnte, so ist der
verweisete Stock verloren; — er geht zu
Grunde *).
Die Zeichen der Weisellosigkeit sind: Gleich
nach dem Tode der Königinn brausen die Bie-
nen viel, suchen um den Korb herum, summen
Geheul ähnlich, das durch plötzliche Stille un-
terbrochen wird, trauern und sitzen müßig da,
und beißen im Spät-Sommer die Drohnen
nicht ab.
Um zu wissen, ob der Stock nicht weisel-
los ist, sehe mau nach, ob der Weisel in den
Tafeln am Flugloche herunter frische Brut an-
gesetzt habe. Ist dieses, so ist er nicht wei-
sellos.
Die Weisellosigkeit laßt sich heben. Ist
der Stock schwer, und ist er im Herbste wei-
sellos geworden, so nimmt man die Königinn
eines schwachen Nachschwarmes heraus, und
läßt sie in den weisellosen Stock hineinlaufen,
oder vereiniget einen Nachschwarm; ist aber
der Stock schon früher weisellos, da man noch
keinen Nachschwarm bekommen hat, so schnei-
*) Wunderbar ist die Auferstehung der jungen Kö-
niginn. (Es werde vom Lehrer darüber vorgelesen.)
273
15.
Was geschieht,
wenn in eurem
Stocke mehrere
Bienenkönigin-
nen entstehen-
16.
Was geschieht,
wenn keine Kö-
niginn mehr vor-
handen ist?
17.
Wie erkennt mau
die Wersellosig-
keit?
13.
Wie erkennt
man, ob der
Stock nicht wei-
sellos ist?
19.
Wie hebt man
die Weisellosig-
keit?
16
274
Bienenzucht.
der man von dem weisellosen Stocke ein Stück
Waden heraus, und heftet von einem andern
Stocke ein eben so großes Stück junger Ar-
beitsbrut, oder wenn es seyn kann, eine ver-
spündete Weiselzelle hinein, und es werden sich
die Bienen bald eine Königinn verschaffen. Im
Frühlinge aber ist am sichersten, den weisello-
sen Stock auszuschneiden und die Bienen flie-
gen zu lagen; sie werden beym Nachbar ein-
ziehen und diesen verstärken. 20.
Hat der weisellose Stock eine Afterkönk- Was ist zu thun,
ginn, so suche man sie, indem man sie mit ih- wenn derweisel-
rem Volke austrommelt, oder durch Speise Ae Stock eine
Afterkö uiginu
hat?
21.
Wann und wie
lockt, und todte sie alsdann. Am besten aber
wird die Vereinigung eines Nachschwarmes an-
gewendet, indem die in den Korb gebrachten
Bienen die Afterkönkginn umbringen.
Zur Besorgung seiner Bienenstöcke beobachte
man 8 bis 12 Tage hindurch den Flug der Bienen,! ist eine Haupt-
wechsle die Flugbreter, wie nach dem ersten Aus- Untersuchung
fluge, noch einmal, und nehme dann eiueHaupt-f'^^'""^"^ *
Untersuchung vor, d. i. man treibe die Bienen
durch Rauch aufwärts, und habe Acht, ob die
Tafeln rein und ohne Schimmel sind, deßglei-
chen, ob keine todten Bienen zwischen denselben
stecken. Von all'solchem muß der Stock gereinigt
werden. Ist ein Stock sehr alt, welches man an
den schwarzen Tafeln und sehr magern Zellen er-
kennen kann, so schneidet man unten eine quere
Hand hoch hinweg, was zur langem Dauer des
Stockes sehr viel beytragt. Dergleichen schwarze
Tafeln kommen aber nur bey einfachen Stroh-
körben vor; bey Magazinstöcken nicht.
Die weiblichen Bienen, welche die einzigen
Arbeiter im Bienenstöcke sind, bauen die Zellen
aus Wachs, welches sie durch die Ringe ihres
Unterleibes, wie die kleinsten Schuppen aus-
schwitzen. Sie brüten die Eyer der Königinn
aus, ernähren die Jungen und führen sie an!
22.
Was vollziehen
Die Arbeitsbie-
nen -
275
Bienenzucht.
das Tageslicht. Sie sammeln den Saft der
Blumen und bereiten ihn zu Honig.
Die Drohnen sind die Männer der Köni-,
ginn. Sie bauen nicht, tragen nichts ein, fres-!
sen viel, und flattern an warmen Tagen viel
herum. Ueber den Winter werden sie nicht im
Stocke geduldet, sondern von den Arbeitsbienen
getbdtet.
Schwache Bienenstöcke sind jene, welche
über Winter, oder auch im Sommer zufällig
durch Witterung, oder durch Räuber, Krankheit
und Vergiftung, auch durch Thiere am Volke
verarmt sind, aber doch noch eine gesunde Kö-
nigin haben; — oder welche erst zu spät als
Schwärme gekommen sind *).
Schwache Bienenstöcke können im Früh-
linge und im Sommer durch Versetzen oder
Verstellen erhalten werden. Man setzt nämlich
den schwachen Stock an die Stelle eines gu-
ten, und den guten Stock an die Stelle eines
schwachen. Das Ende des MonatS Septem-
ber ist auch die rechte Zeit, schwache oder uoth-
leidende Stöcke mit andern zu vereinigen. Hat
nämlich ein Stock nicht 20 bis 22 Pfunde in-
neres Gut, so ist er kaum werth, auf dem
Stande gelassen zu werden. Hat er einen Nach-
bar, der Ueberfluß hat, so schneidet man ihm'
alles Gewirke aus, und läßt die Bienen flie-
gen. Ist dieses aber nicht der Fall, und war
der Jahrgang überhaupt nicht von der Be-
schaffenheit, daß die Stöcke Ueberfluß einge-
tragen hätten, so schwefelt man ihn todt.
Das Versetzen soll aber nicht früher vor
sich gehen als 12 bis 14 Tage nach Anfang
der guten Weide, d. ü, nach der Kirschen- und
Schleeblüthe, und am Tage nicht früher als
um 5 oder 4 Uhr Abends, damit sich die Kö-
- *) Vorräthigcr Honig vergifteter Bienen ist nicht oh-
ne Gefahr zn gebrauchen.
22.
Was hat es mit
den Drohnen für
eine Beschaffen-
heit?
24.
Welche nennt
man schwache
Bienenstöcke?
2 5.
Wie werden
schwache Bienev-
> stocke verbessert?
26.
Was ist bey dem
Versetzen der
Bienenstöcke zu
merken?
18*
270
Bienenzucht.
niginn, welche um Mittagszeit, wie wohl nur
selten, ausfliegt, nicht verirre. Man darf auch
nicht später versetzen, als bis Ende Juny, weil
da gemeiniglich die gute Weide schon wieder
aufhört, und die versetzten Stöcke sich so leicht
nicht mehr erholen.
Die Körbe sind oft verdorben und unrein;
auch werden die Stöcke durch Zudecken zu
warm gehalten und schwitzen, oder sie sind
durch Feuchtigkeit mürb und schimmlicht. Man
muß sie daher vor dem Versetzen reinigen, ihnen
wider Nasse und Warme Luft machen, und die
Bienen mit Honig laben, auch zugleich gegen
die Räuber durch ein enges Flugloch bey war-
men Tagen schützen.
Manchmal kommen benachbarte Bienen
und rauben den Stock aus.
Dieses geschieht:
1. Wenn das Flugloch zu weit offen ist,
oder der Stock nicht genug auf das Flugbret
paßt, oder sonst mehrere Oeffnungen hat. Es
dringen die fremden Bienen ein. Man ver-
schließe daher gehörig die Oeffnungen.
2. Wenn der Stock weisellos ist; denn
die weisellosen Bienen sind muthlos, sich zu
vertheidigen. Man hebe daher die Weisellosigkeit.
2. Bey warmen Tagen riechen benach-
barte Bienen den Honig, der ausgeschüttet
wird, und sie kommen anfangs einzeln zum
Schlecken, dann in-Haufen zum Rauben.
Man muß daher vorsichtig füttern, und nicht
bey Tag, außer mit Honiggläsern.
4. Es rauben aber auch nicht selten die
Bienen von der Bank. Da verstelle man den
Räuber mit dem Beraubten, und gebe diesem
zugleich eine Brut hinein, weil etwa die Kö-
nigin nicht mehr am Leben ist.
Das Schwärmen der Bienen heißt so viel.
27.
Welche Hülfe
muß dem Ver-
setzen der Stocke
vorausgehen?
28.
Wann geschieht
das Rauben der
Bleyen?
2Y.
Was ist vom
als vom Mutter-stocke ausziehen, um anders-iSchwärmen der
277
Bienenzucht.
lvo eine besondere Haushaltung zu fuhren.
Der Mutterstock wird allzeit schwach, und gebt
meistens zu Grunde, wenn er mehrmals ei-
nen Schwarm ausgestossen hat. Man muß
ihm bald untersetzen, und ihn mit einem schwa-
chern verstellen. Bey dem Schwärmen kommt
eine Menge Volkes in aller Eile mit einer-
neu ausgebrüteten Königinn heraus, dreht sich
in einem Wirbel herum und erhebt lautes Froh-
locken und Freudengeschrey. Ist die Königinn
nicht wohl fliegbar, so fällt sie zur Erde, und
der ganze Schwarm stürzt sich auf sie nieder;
bleibt sie aber im Mutter-stocke zurück, so muß
der ganze Schwarm wieder heimziehen. Fin-
den die Bienen ihre Königinn nicht, so muß
uran sie suchen, und man findet sie auch leicht,
denn wo ein kleines Häufchen Bienen liegt, ist
auch die Königinn. Man bringe sie in den Korb.
Jener Schwarm, der zuerst ans einem
guten vollgebauten Korbe kommt, heißt Vor-
schwarm. Wenn nach 5, 7, y, 15 Tagen ein
Schwarm folgt, heißt er Nachschwarm, wel-
chem auch mehrere folgen. Jnngfernschwarm ist
jener, den ein dießjähriger Vorschwarm arrs-
stoßt, und Hungerschwarm heißt er (aber un-
eigentlich) wenn aus Mangel an Nahrung
sämmtliche Bienen ausziehen.
Nur die Nachschwärme kann man vor-
aus wissen, denn man hört das Rufen oder
Tüten der ausgelaufenen jungen Königinnen,
wenn man am stillen Abend das Ohr an den
Stock hält. Je vernehmbarer es ist, desto siche-
rer ist zu vermuthen, daß der Schwarm am
nächsten Tage erfolgen werde.
Ob ein Schwarm noch am nemlichen Ta-
ge abgehe, läßt sich aus folgendem so ziem-
lich abnehmen.
Die Bienen fliegen wenig und nur ein-
zeln, werden aber mir steigender Sonne im-
Bienen zu er-
wahnen?
30.
Was heißt Vor-
schwarm, Nach-
schwarm, Jung-
fernschwarm,
Huuger-
schwarm?
31.
Kann man Vor-
oderNachschwär-
me voraus wis-
sen?
32.
Welche sind die
Kennzeichen des
Schwärmcns?
278 - Bienenzucht.
wer unruhiger, und drehen sich in Kreisen;
es lassen sich auch Drohnen sehen; einige Bie-
nen schlüpfen wie auf dem Bauche zum Flug-
loche heraus, singen um den Korb, und be-
schreiben immer weitere Kreise. Endlich strömt
alles aus.
Man sey ruhiger Zuschauer und gebe
blos acht, ob und wann sich der Schwarm
anlegt. Legt er sich nach mehreren Minuten
nicht, und merkt man, daß die Bienen zu
hoch geben, so ist ein Schuß aus einer blind
aber stark geladener Flinte ein sicheres Mittel,
ihnen das Durchgehen zu vereiteln.
Mit dem Fassen der Schwarme eile man
nicht zu sehr; sondern warte, bis die Bienen
ruhig auf einem Klumpen beysammen liegen;
an einige herumfliegende hat man sich aber
nicht zu kehren. Man fasse sie übrigens nicht
in allzu großen Wohnungen, denn sie verza-
gen leicht, wenn sie den gegebenen Raum zu
groß finden.
Liegt der Schwarm an einem dunen Aste
oder Zweige, so schüttelt man ihn in den Korb,
deckt schnell ein Flugbret über die Oeffnnng,
wendet den Korb langsam um, und stellt ihn
etwas gelüftet so nahe als möglich an den Ort,
wo der Schwarm gehangen hat, in Schatten;
spritzt mit einem neuen Besen auf allen Sei-
ten reines Wasser an den Korb, und die Bie-
nen werden eingehen.
Hierauf bringt man ihn auf den Stand,
wo man ihm ebenfalls mehrere Tage lang Schat-
ten machen muß.
Liegt der Schwarm an einem Baumstam-
me, so bediene man sich eines Brötchens,
welches in der Mitte langlicht rund (oval)
ausgeschnitten ist. Mit diesem streiche man
aufwärts, und suche den dicksten Klumpen in
den Korb zu bringen.
33.
Was hat man
beymSchwärmen
zu beobachten?
34.
«Was ist im All-
gemeinen über
das Fassen der
Bienenschwärme
,ju sagen?
55.
iWie fasset man
den Schwarm,
wenn er an einem
dünnen Aste ober
Zweige liegt?
36.
Wie saget man
den Schwarm,
der sich an einem
Baum stamme
angelegt hat?
Bienenzucht.
Haben sich die Bienen in einen dichten
Strauch gelegt, so begieße man sie tüchtig mit
Wasser, und schüttle sie los, haue den Strauch
ganz am Boden ab, und stürze den Korb dar-
über.
Liegt der Schwarm an einem Stakctcn-
zanne, begieße man ihn mit Wasser, und
werfe ihn durch einen tüchtigen Schlag an die
Staketen zu Boden. Man bespritze die her-
untergefallenen Bienen nochmal mit Wasser
und stelle einen gelüfteten Korb über sie.
Liegen die Bienen zu hoch, so störe man
den Schwarm sachte mit einem starken Bün-
del grüner Reiser, die mit Honigwasser be-
spritzt sind, und halte den Büschel an die
Stelle, wo der Schwarm gelegen. Den ange-
legten Schwarm ziehe man vorsichtig nieder,
binde den Büschel auseinander, und suche die
Königinn, welcher man sodann in den Korb hilft.
Am schlimmsten ist es, wenn sichder Schwarm
in einen hohlen Baum zieht. Hier ist nichts
besser, als ihn stiegen zu lassen, und sich mit
den Schwärmen zu begnügen. Ist er aber ein
dicker hohler Ast, so kann man ihn absagen,
und als Klotzbeule bey dem Bienenstände auf-
stellen.
Nachschwarme, welche einzeln gefaßt wer-
den, tragen nur in ausserordentlich honigrei-
chen Jahren ihren Ausstand ein, und deßwe-
gen muß man sie vereinigen.
Nachschwarme werden auf mancherley Art
vereiniget. A. B.
i. Man setze den ersten Nachschwarm und
weitere zwey Nachschwarme nebeneinander, und
lasse Letztere 4 bis 5 Tage lang fliegen. Im
stärksten Fluge werfe man mit einem tüchtigen
Schlag das ganze Tafelwerk der Letzter» sammt
den Bienen auf ein ausgebreitetes Tischtuch,
todte die Königinu, und schleudere die übrigen
279
37.
Me, wenn er
steh In einen dich-
ten Strauch ge-
legt hat?
36.
Wie am Stake-
tenzaune?
3Y.
Wie, wenn der
Schwarm zu
hoch liegt?
40.
Wie, wenn der
Schwarm in ei-
nem hohlen
Baume ist?
41.
Was geschieht
mit den Nach-
schwärmen?
42.
Wie geschieht die
Vereinigung der
Nachschwärme?
;
230
Bienenzucht.
Bienen mit dem Tischtuchs in die Höhe. Sie
werden nun bey dem auf dem Stande belas-
senen Nachschwarm einziehen.
2. Sind die Nachscharme an einem und
demselben Tage gekommen, so fasse man den
ersten Nachschwarm in einen Korb von gewöhn-
licher Größe; den folgenden in einen Korb
ohne Krcuzhölzer. Am spaten Abend hebe man
beyde vom Stande, mache eine kleine Vertie-
fung nach Weite des Bienenkorbes in den Bo-
den, stosse den Schwarm, der vereinigt werden
soll, darauf, setze geschwind den andern Nach-
schwarm darüber, und lasse ihn so über Nacht
stehen. Am Morgen wird die Vereinigung ge-
schehen seyn.
2. Einen Stock, der bereits Bau, Brut
und eine gesunde Königinn hat, durch einen
Nachschwarm zu verstärken, fasse man letzter»
in einen Korb ohne Kreuzhölzer, und stosse ge-
gen Abend die Bienen aus dem Korbe auf ein
Tischtuch. Man bespritze sie sogleich mit Was-
ser, und suche die Königinn. Hat mau sie ge-
funden, so stelle man den Korb, in welchen
der Nachschwarm kommen soll, gelüftet vor
die Bienen hin, und sie ziehen ein. Ist der
Korb weisellos, so laßt man die Königinn mit
einziehen.
Nachschwarme kann man verhüten, indem
man am Abend jenes Tages, an welchem ein
Korb den Vorschwarm ausgestossen hat, den Korb
umwendet, und mit einem scharfen Messer an
einigen Drohnentafeln die Deckel von den Zel-
len schneidet.
Manchmal fallen Schwarme zusammen,
und da verhalte man sich so:
i. Fallen ein Paar Nachschwarme spat
im Fahre zusammen, oder ein Vorschwarm
und ein Nachschwarm, so lasse man sie bey
einander.
42.
Wie können
Nachschwärme
verhütet werden?
44.
Was ist zu thun,
wenn Schwarme
zusammenfallen?
Bienenzucht.
2. Fallen zeitige Vorschwarme zusammen,
so muß man jeden allein zu bekommen suchen.
Dieses bewerkstelliget man so:
1. Fallen zwey zusammen, so fasse man
den ganzen Klumpen, und schütte ihn in ein
großes Schaff, in welches man an zweyen
Stäben ein paar Reiser hängt. Hierauf be-
hänge man das Ganze mit einem Tischtuche,
und stelle es in Schatten.
Nach ein paar Stunden wird man an je-
dem Reise einen Schwarm finden, und jeden
schütte man in einen Korb.
2. Fallen drey, vier oder mehrere Schwar-
me zusammen, so breite man etliche Tischtü-
cher im Schatten aus, und stelle eben so viele
Korbe, als Scharme abgezogen sind, auf. Hier-
auf schüttle man den ganzen Klumpen in ei-
nen großen Waschkorb, und die Bienen vor
die Körbe hin. Es werden sich allzeit mehrere
Körbe mit Bienen füllen.
Kommen mehrere Schwarme schnell nach-
einander, so daß man nicht Zeit hat, sie zu
fassen, so umbinde man den ersten, der sich
angehängt hat, mit einem Tischtuche. Er wird
ruhig liegen bleiben, bis er gefaßt wird.
Ein Magazin-Bienenstock darf gar nicht
zum Schwärmen gelassen werden, und der
Korb-Bienenstock höchstens bis Johanni, wo-
nach ihm untergesetzt werden muß.
Den Bienen nimmt man ihren entbehr-
lichen Vorrath von Honig und Wachs ab,
läßt aber doch solchen Vorrath, daß sie
den Winter über bis zur künftigen Ernte Nah-
rung haben; denn ein guter Stock hat gegen
35,ooo, einige so bis 4o,ooo Bienen. Dieses
heißt man Zeideln und es geschieht mittelst eines
krumm gebogenen Messers.
Tritt nach dem Beschneiden der Stöcke
strenge Kalte ein, so verstopft man demjenigen,
231
45.
Wie trennt man
zusammengefal-
lene zeitige Vor-
schwärme?
46.
Wie verfährt
man, wenn
Schwärme schnell
nacheinander
kommen?
4?.
Soll man alle
Stöcke schwär-
men lassen, wann
sie wollen?
48.
.Was heißt daS
Zeideln der Bie-
nen?
4Y.
Wie schützt man
gezeideiteStöcke?
282 Bienenzucht.
der an Volk nicht allzustark ist, am Abend das
Flugloch mit einigem Heu. Hat der Stock selbst
in dein Loche ein Vorwachs angesetzt, so lasse
man es, die Bienen räumen es schon von
selbst weg, wenn es nöthig ist.
Sobald die Bienen anfangen, Höschen
in zahlreicher Menge und von verschiedenen
Farben einzutragen, hört man mit dem Fut-
tern auf, und macht sich zum Zeideln der
Stöcke bereit. Es geschieht aber erst, wenn die
Bienen schon 8 bis 10 Tage lang eingetragen
haben.
Die beste Zeit zum Zeideln ist ein schö-
ner Oktobertag für Magazinstöcke. Gegen Ende
September hört die Nahrung der Bienen im
Felde auf, und nun nimmt man eine Haupt-
untersuchung in Betreff des eingetragenen Ho-
nigs vor. Strohklötze werden insbesondere im
Februar gezeidelt, weil sie sonst im Winter zu
viel Kälte leiden würden.
Das Verfahren bey Strohkörben ist so:
Man trägt an einem schönen Tage früh
Morgens den am Flugloche verstopften Korb
bey Seite in Schatten, lüftet oben den De-
ckel ein wenig, und bläst Tabak oder sonst
Rauch hinein, wodurch die Bienen sich abwärts
ziehen, und endlich der ganze Honigvorrath
offen liegt. Von diesem nimmt man nun mit
dem krummen Zeidelmesser so viel heraus, als
es der vorhandene Vorrath erlaubt. Zeidelt
man im letzten Drittel des Märzes, so muß
man dem Stock wenigstens noch 15 Pfund las-
sen, denn man kann nicht wissen, welche Wit-
terung noch eintreten werde. Nach dem Zei-
deln wird der Deckel wieder aufgelegt, und
sorgfältig verkittet. — Nun öffnet in an das
Flugloch ein wenig, bläst ebenfalls Rauch hin-
ein, und die Bienen werden sich wegen des
50.
Wann geschieht
das Zeideln?
51.
Wie geschieht
das Zeideln?
a. bey Stroh-
korben?
Bienenzucht.
oben bloß liegenden Honigs bald in die Höhe
ziehen.
Den Magazinstöcken wird der Ueberfluß.-. —
so abgenommen. Hat ein Stock fünf Käst: steten.
chen vollgebaut, von welchen drey mit Honig
gefüllt sind, so nimmt man den obersten mit
einem dünnen Klavierdraht ab. — Hat aber
ein Stock nur zwey Kästchen mir Honig ge-
füllt, so braucht er seinen Verrath selbst, und
man nimmt nur unten einen Kasten mit lee-
rem Raase mit dem Messer hinweg. Man durch-
schneidet die Tafeln der Länge nach. Sind die
Magazinstöcke von Stroh und ohne Glasschei-
ben, so muß man sich nach dem Gewichte rich-
ten, und den Honig ausschneiden, wie beym
Zeideln im Frühjahre.
Die Bienenstöcke muß man ausstellen, und
den Bienen den Flug gestatten, sobald im Fe-
bruar oder März warme windstille Tage kom-
men, und der Schnee, wenn nicht ganz, doch
in der Nähe vor der Bank geschmolzen ist,
damit sie sich ihres Unrathes entledigen kön-
nen, welchen sie den ganzen Winter über in
sich behalten haben. Wenn die Luftwarme
langer anhält, bleibe die Bank Tag und Nacht
offen, und werde nur bey rauher Luft und
Nacht geschlossen.
Sind die Bienen einmal ausgeflogen, so
muß man die Flugbreter bey allen Stöcken
wechseln und reinigen, und getrocknet unterle-
gen. Das auf den Bretern vorfindige Gemülle
ist das feinste Wachs, welches gesammelt, in
eine Schüssel geschüttet, mit Wasser genetzt,
und zu Ballen gemacht werden soll, um es
dereinst mit anderm Wachs auszulassen. Wie
die Breter müssen auch die Waben gereinigt
oder wohl gar beschnitten werden, wenn sie zu
viel vom Schimmel, der Faulbrut und dem
Unrathe der Ruhr leiden.
285
b. beyMagazin-
52.
Wann soll den
Bienen der Flug
gestattet werden?
55.
Wie soll man
Bienenstöcke rei-
nigen?
284
Bienenzucht.
Manchmal tritt bey den Bienen im Früh-
jahre der Hunger ein. Solche Stöcke muß
man gut füttern, bis man mit Grund glaubt,
daß sie bis zu ibrer Ernte mit ihrem Futter
auskommen. Man schiebe durch die hintere
Oeffuuug in Futter-Tröglein warmen reinen
Honig (etwa mit 12 Theilen Wasser verdünnt)
nach Sonnen-Untergang in den Stock, und
auf den Honig streue man Hölzchen, damit
die Bienen aufsitzen können. Bey Magazinstd-
ckeu, d. h. bey Ständern und Lägern geschieht
das Futtern dadurch, daß man dem armen
Ständer einen reichen untersetzt, und dem ar-
men Lager einen reichen zusetzt. Wenn man
im Herbste füttert, gebe man reinen Honig
und zwar in drey - höchstens vier malen unun-
terbrochen nacheinander so viel, daß der Stock
seinen Ausstand hat.
Erst wenn der Winter ernsthaft wird, ist
es nöthig, die Bienen in die Häuser zu stellen,
man stelle sie aber an einen trockenen wind-
freyen ruhigen und finstern Ort; jedoch in kein
Zimmer, unter welchem geheitzt wird, weil sie
wegen Wärme auszufliegen trachten; auch in
kein Gewölb, weil die Waben leicht naß und
schimmlicht werdeu. Gute volkreiche Stöcke kön-
nen aber den ganzen Winter über auf der
Bank stehen bleiben, und bedürfen auch
keiner Bedeckung zu ihrer Erwärmung, wenn
nicht die Kälte gar zu groß einfällt; sie müs-
sen aber gegen Feinde und Diebe verwahrt
werden. Das Flugloch muß nur verkleinert
werden, so wie es auch im Herbste nicht ganz
verschlossen werden soll.
Die Magazinzucht hat vor der Klotzstöcke-
Zncht viele Vortheile, und man kann auch
Strohklötze dadurch verbessern, daß man sie
nach und nach in Magazinstöcke umwandelt,
indem inan ihnen Kästchen untersetzt. Den anf-
34.
Was ist vom
Füttern hunger-
leidender Dienen
zu sagen?
Wie werden die
Bienen überwin-
tert?
56.
Wie werden
Sttühklbtze ver-
bessert?
285
Bienenzucht.
gesetzten Klotz kann man schon im ersten Herbste
abnehmen, und zur Bente machen, je nachdem
die Bienen drey oder vier Kästchen voll mit
Wachs und Honig angebaut und sich aus dem
Strohkorbe in die untergesetzten Kästchen hin-
abgezogen haben, welches durch die Glasschei-
ben gesehen wird.
Beym Untersetzen der Stöcke ist zu merken:
1. Man untersetze nicht eher, als bis der
Bau etwa zwey Zoll vom Flugbrete entfernt ist;
2. der Stock muß gewichtig seyn, weil
man sonst leicht bis zum Herbste Magazine
von 5 bis 6 Kästchen bekommen könnte, wor-
in sehr wenig Honig ist;
5. man untersetze nie zm früh und nie zu
spat im Jahre. Selten kann man eher als im
Monate May untersetzen, und in den meisten
Jahren ist Anfang August Der Zeitpunkt, wo
man damit aufhören muß, auch selbst, wenn
die Bienen vorliegen sollten;
4. man gebe den Bienen nicht zu viel
Raum auf einmal, weil sie sonst leicht verzagen.
Die Zeit zum Untersetzen der Magazin-
stöcke ist erst, wenn die schönen Tage kommen,
volle Weide da ist, und die Bienen anfangen,
an ihren Waben zu bauen. Ist bey den Stän-
dern das untere Kästchen von allen Seiten
bis auf einen Zoll gegen das Flrigbret her-
abgebaut, so wird den guten Stöcken ein neues
Kästchen untergesetzt; bey schwachen Stöcken
ist aber noch acht Tage zu warten. Eben so
verfährt man beym Ansetzen der Lagerstöcke.
Die besten Stunden zum Ansetzen sind von io
bis ii und von 3 bis 4 Uhr.
Die Bienen sind auch Krankheiten unter-
worfen:
i. Der Ruhr. Diese sucht die Bienen beim,
wenn sie bey gefallenem Honigthau wenig
Blumenmehl einsammeln konnten, und daher
57.
Was ist bey deM
Untersetzen der
Stöcke zu beob-
achten?
58.
Wann werden
Magazinstöcke
untergesetzt?
59.
Welchen Krank-
heiten sind die
Bienen unter-
worfen ?
a. Wie entsteht
die Ruhr? -
23-6 Bienenzucht.
siöh blos von Honig nähren mußten, oder wenn
sie bey lange anhaltendem Winter nicht aus-
flicgen, und sich ihres Unrathes nicht entleeren
konnten.
2. Die Faulbrut. Sie entsteht bey schwa-
ch cn Stocken, die nicht Volk genug haben, sich
zu erwärmen. Fallen im April oder May kalte
Tage ein, so zieht sich das Volk zur Warme
zusammen, und verläßt die Brut; diese aber
erkaltet, stirbt und fault. Bey dem Gestaute
entfernen sich die Bienen, wenn man die sau-
lau Waben nicht ausschneidet. Auch stirbt die
Brut bey Mangel an Nahrung.
Für die mit der Ruhr behafteten Stöcke
ift folgendes Mittel vortrefflich: Man reibe
ein wenig Muskatnuß in Honig, mische ein
Paar Löffel voll guten spanischen Wein, und
si.'tze es erwärmt dem Stocke unter. Er wird
wieder munter werden.
Tiefgehende Blitze vernichten allen Honig
in den Frühliugsblüthen, und die dabey sich
entwickelnde Luftsäure macht auch den Honig
in den Blumen sauer. Im May können durch
Hagelschlag die Blüthen vernichtet werden, und
aus Mangel an Nahrung leidet die Brut
Stillstand, und der Stock verliert folglich an
Bevölkerung. In solchen Fallen ist das Beste,
wenn man seine Stöcke in eine Gegend fah-
ren laßt, die vom Hagelschlag verschont ge-
blieben ist, und wäre es auch Stunden weit.
Die gehabte Mühe und Unkösten werden sich
reichlich vergüten.
Spechte und Mause klopfen mit dem
Schnabel auf die Körbe, bis die Bienen her-
auskommen, die sie dann fressen. Schwalben
fangen sie in der Luft mit unglaublicher Schnel-
ligkeit; so auch Grasmücken, Bachstelzen,
Rothschweife, Störche. Hornisse und Wes-
pen beissen sie in Mitte ab, und saugen den
b.DieFanlbrut?
60.
Welches Mittel
gegen die Ruhr ?
61.
Welches Mittel
gegen Nachtheile
des Hagelschla-
ges, Blipe n.dgl.2
62.
Welche sind als
feinde der Bie-
nen bekannt?
Bienenzucht.
Honig aus. Marder, Ratten und Mause kön-
nen den Strohkorben viel schaden; auch Mot-
ten, Würmer, Käfer und selbst Tauben sind
den Bienen schädlich.
Gegen die Bienenfeinde sind im Allgemei-
nen folgende Mittel:
In der Nähe des Bienenstandes dulde
man keine Schwalben, Bachstelzen, Roth-
schwänzchen und Störche. Die Nester der Hor-
nisse, Ameisen tilge man durch siedendes Was-
ser, das man Abends in sie gießt, wenn sie
in der Erde gebaut sind; sind die Nester in
Baumen oder Gebäuden, muß man sie vorsich-
tig verbrennen.
Bey dem Einkaufe der Bienen hat man
verschiedene Vorsichtsmaßregeln zu beobachten:
1. Man kaufe nur gute Stöcke, und habe
acht, ob sie nicht weisellos sind.
2. Man kanfe im Herbste oder Winter.
Die beste Zeit wäre der Frühling, aber zu die-
ser Zeit bekömmt man sie um vieles Geld
nicht; denn die Vienenwirthe verkaufen ihre
Bienen schon im Herbste an die Lebzelter und
andere Ankäufer. Im Sommer sind sie hart
zu behalten, da sie gewöhnlich wieder auf ih-
ren alten Stand zurückfliegen, wenn sie nicht
über eine Stunde weit zu stehen kommen. Im
Herbste kaufe man besonders heurige Schwärme.
5. Der Stock soll wenigstens 50 bis 40 Pfund
schwer seyn; auch müssen die Drohnen bereits
abgebissen seyn, sonst stirbt der Stock ab.
4. Man verfahre sie sanft auf Unterlager
von Stroh, auf die Krone gesetzt, und die
Oeffnung mit einem Tuche verbunden; hefte
auch die Stöcke leicht mit zwey Nägeln auf das
Vret, damit sie nicht abweichen. Wenn man
bey weiterm Transporte den bestimmten Ort
vor Tagesanbruch nicht erreicht, müssen die
Stöcke früh Morgens vom Wagen genommen.
297
63.
Welches Mittel
gegen dieBiencn-
feinde?
64.
Was hat man
bey dem Ein-
käufe der Bienen
zu beobachten?
a. über Güte?
b. über Zeit?
c. Gewicht;
d. Verfahren;
233
Feldbau.
und es muß den Bienen der Ausflug gestat-
tet werden.
5. Will man eine kleine Bienenzucht von
6 — 12 Stöcken errichten, so sind zwey Stö-
cke zum Ankäufe hinlänglich; will man Eine
mit so — 40 — öo Stöcken haben, so müs-
sen 6 — 9 Stöcke den Anfang machen.
Die Güte der Bienenstöcke erkennt man,
wenn beym Auflüpfen des Stockes, Anklopfen
oder Einblasen die Bienen summen, oder-
schnell hervorkommen; denn dieses zeigt viel
Volk an.
e. Anzahl.
64.
Wie erkennt
man die Güte
eines Bienen-
stockes?
Feldbau *)*
§. i.
Eingang.
Die Menschen waren in ihrem ersten Zu-
stande Wilde, wie man sie noch heut zu Tage
in den Wäldern oder Wüsteneyen von Amerika
und Afrika antrifft.
Die ursprünglich wilden Menschen traten
nach und nach in Gesellschaft, nährten sich von
Jagd und Fischfang, sammelten sich aber auch
Heerden, neue Nahrung zu finden; wanderten
von einer Gegend zur andern, und waren daher
wandernde oder herumirrende Völkerstamme,
die man Nomaden heißt.
Die Nomaden wurden endlich des Herum-
ziehens müde, blieben in bestimmten Gegenden,
und bauten sich Hütten. Jagd und Fischerei
1.
Wie war der
erste Zustand der
Menschen?
2.
Wie entstand
der Nomaden-
stand?
5.
Wie entstand x
der Feldbau?
*) Nachlese in Hrn. Staatsraths v. Hazzi Ka-
techismus. 1326.
289
Feldbau.
reichte aber zur Nahrung nicht mehr hin, und
sie bebauten nun die Erde. — So entstand der
Feldbau.
Mit der Bearbeitung der Erde allein be-
gnügten sich die Menschen nicht mehr, sondern
sie suchten von den Erzeugnissen der Erde und
vom Vieh noch andern Nutzen zu ziehen, trie-
ben die Viehzucht und andere Hauswirthschafts-
Gewerbe, z. B. mit Milch, Butter, Käse, Fe-
dervieh rc., und richteten dafür Gebäude und
Anderes ein. So entstand die Landwirthschaft.
Wer nun blos das Feld bearbeitet, heißt
Bauer; wer aber Landwirthschaft treibt, heißt
Landwirth.
Der Feldbau lag lange vernachläßkgt; aber
in neuester Zeit, nämlich seit 15 bis 20 Jah-
ren, hat er sich am meisten gehoben durch die
landwirthschaftlichen Gesellschaften oder Vereine.
Es verbanden sich nämlich mehrere Große
des Reiches, und Freunde der Landwirthschaft
zum edlen Zwecke, die Landwirthe oder Bauern
durch Schriften und Beyspiele im bessern Feld-
bau zu unterrichten, und ihren Fleiß mit Prei-
sen und Auszeichnung zu belohnen; wie dieses
in Bayern durch das Oktoberfeft geschieht.
Zu den landwirthschaftlichen Vereinen ist
Jedem, auch dem Bauer der Zutritt gestattet,
daher auch schon Mehrere Mitglieder derselben
sind. Ihr Zutritt ist auch erwünscht, da sie sich
immer mehr unterrichten und Nutzen verschaf-
fen können.
Ihnen ist aber auch der Zutritt dadurch
erleichtert, daß uicht jeder Bauer Mitglied zu
seyn braucht, sondern nur seine Dorfgemeine,
wodurch dann jedem Einzelnen auch die glei-
chen Wohlthaten zugehen können.
Unter den Bauern ist aber leider der Eifer,
einen verbesserten Ackerbau zu treiben, noch nicht
allgemein erwacht. Viele wollen nichts davon
4.
Wie entstand die
Landwirth«
sch a ft?
8.
Wer heißt Bau«
er, wer Land-
wirth?
6.
Was hat in der
neuesten Zeit
den Feldbau am
meisten gehoben?
7.
Wem ist der
Zutritt zu den
landwirthschaft-
lichen Vereinen
gestattet?
8.
Ist unter den
Bauern der Eifer
erwacht, verbcs-
2Q0
Feldbau.
wissen, und lassen Alles bey dem alten Schlen-
drian, wie vor tausend Jahren.
Hartnäckig verharren sie bey dem schändli-
chen Vorurtheile, »daß man nichts Neues auf-
und nichts Alres abbringen soll". Solche Bauern
bleiben aber auch überall zurück.
Zum verbesserten Ackerbau gelangt man
durch drey Hanptstücke:
1) Durch genaue Kenntniß und Veredlung
des Erdbodens;
2) durch die Kenntniß der verschiedenen
Pflanzen, ihrer Eigenschaften und Früchte, dann
der nöthigen Pflege;
5) durch Kenntniß der vorzüglichsten Hilfs-
und Beförderungsmittel.
' fersen Ackerbau
zn treiben?
Y.
Wie gelangt
man zum verbes-
serten Ackerbau?
I. H a u p t st ü ck.
§. 2.
Vom Boden.
io.
Der Erdboden hat verschiedene Bestand-
theile, und sollen in ihm die Pflanzen und
Früchte wachsen, muß seine Oberfläche mit ei-
ner schwärzlichen Rinde überzogen seyn, welche
man Dammerde, oder auch Pflanzenerde nennt.
Je tiefer diese Erdrinde ist, desto fruchtbarer
und besser nennt man den Boden; im Gegen-
theile, wo sie schmal ist, nennt man ihn magern,
schlechten Boden. Wer daher einen Grund
kauft, sieht sogleich auf diesen Umstand, näm-
lich auf die stärkere oder schmälere Erdkrume,
oder eigentlich auf die Tiefe der Dammerde.
Den magern Boden kann man durch den
Dünger veredeln; denn er vermehrt und ver-
bessert die Dammerde, welche sich aus den ver-
faulenden Körpern des Thier- und Pflanzen-
reiches formt.
Was nennt man
einen fruchtba-
ren, was einen
magern Boden?
11.
Wie kann man
einen magern
Boden zu mehr
Fruchtbarkeit'
bringen oder ver-
edeln ?
Feldbau.
291
§. s.
Vom Dünger.
Der Dünger ist ein Gemisch von Abfällen
und Moder aus dem Thier- und Pflanzenreiche.
Es gibt mehrere Arten Dünger, und zur
Unterscheidung theilt man sie
1) in Düngcrmaterialien,
2) in Düngungsmittel.
Die Düngermaterialien theilt man wieder:
1) in trockne, 2) flüssige, 3) grüne.
Düngermaterialien sind z.B. die Ercremente
oder der Koth aller Thiere, Abfalle von Schlacht-
häusern, Knochen, Mauerschutt, Spülwasser,
Pflanzen, verwesende Körper (Aeser), Wasser der
Flachs- und Hanfröstungen, Harn der Thiere re.
Düngungsmittel sind eigentlich kein Dün-
ger, dienen aber zum Auflösen der Körper:
als z. B. Kalk, Gyps, Salz, Asche, Erd-Mi-
schungen, Wässerungen, Mergel.
$. 4.
Düngermateri alien.
Das wesentliche Erforderniß zur Berei-
tung guten Düngers ist eine zweckmäßige Düng-
stätte, welche so hergerichtet seyn muß, daß
das Zusammenwirken von Warme und Wässe-
rigkeit gehörig vor sich gehen kann, und wel-
che daher nach besondern bewahrten Regeln
hergestellt werden muß.
Es haben aber nicht alle Düngerarten
gleiche Kraft und Wirkung und gleiche Güte,
daher sie auch nach Beschaffenheit des Bodens
verschieden angewendet werden müssen.
Rücksichtlich der Mistgattungen der Thiere
bestehen die allgemeinen Regeln, daß gut ge-
füttertes fettes Vieh viel zahlreichern und bes-
sern Mist, als mageres und schlecht genährtes
12.
Was ist der
Dünger?
15.
Wie theilt man
die Dünger-Ar-
ten ein?
14.
Wie theilt man
die Dünger-Ma-
terialien ein, und
was gehört z.B.
dazu?
15.
Was sind Dün-
gungs-Mittel,
z. V.?
16.
Wie wird guter
Dünger bereitet ?
1?..
Haben alleDnn-
gerarten gleiche
Kraft und Wir-
kung?
iS.
Was hat man
für allgrmeme
Regeln bey den
Mistgattungen
der Thiere?
9*
292 Feldbau.
gibt, und daß das gut gemästete Vieh noch
den allerbesten verschafft.
Die Masse des Mistes hangt auch von der
Masse des Futters ab, von der Einstreuung
und der weitern Behandlung.
Nicht jeder Mist dient zur Düngung eines
jeden Feldes, sondern die verschiedenen Arten
haben auch verschiedene Wirkungen, z. B. der
Pferdmist taugt am besten zur Erwärmung der
Mist- und Treibbeeten, und allenfalls auch nasse,
kalte und zähe Thonerde.
Mit Gärberloh und Kalk vermengt und
abgelagert, macht er einen ganz vortrefflichen
Dünger.
Der Rindviehmist dient für jeden Boden.
Der Schweinmist leistet auf Wiesen und
Baumschulen gute Dienste.
Der Taubenmist gilt als der beste und
wärmste aller Dünger, und taugt für jede Art
der Kultur, so daß er schon in kleinen Portio-
nen sehr große Vortheile bringt. Die besten
Dienste leistet er in Wein- und anderen Gär-
ten. Ueber ihn muß aber Regen kommen,
sonst wird er mehr schädlich.
Die Ercremeute der Menschen sind am
kräftigsten. Dieser Mist muß aber mit Vor-
sicht gemischt, und auf die Düngerstatte ge-
bracht werden. Will er für sich allein benützt
werden, so mengt man z. B. 2 Karren Men-
fchenkoth und 1 Karren Kalk mit 10 Karren
Erde, wodurch man den vorzüglichsten Dünger
nach einiger Ablagerung für einen Morgen
Waizen- oder Gerstenacker erhalt.
Der Dünger aus den Ercrementen der
Menschen geht aber durch Unverstands und
Nachlässigkeit der Menschen zu ihrem größten
Nachtheile meistens verloren.
Sie verwahren ihn in ihren Häusern Mo-
nate und Jahre lang, und lassen sich durch ihn
iy.
Wozu sind di.'
einzelnen Arten
Mist am dien-
lichsten ?
Pferdemist?
Rindviehmist?
Schweinmist?
Tanbenmist?
Ercremente der
Menschen?
20.
Was versteht
man beym Men-
schendünger ?
293
Feldbau.
die Grundfeste» der Gebäude zerstören, die
Luft verderbe» und ihre Gesundheit angreifen.
Mehrere setzen sogar die Abtritte als sogenannte
Häuseln frey neben ihren Wohnungen hinaus.
Durch die lange Aufbewahrung und Freystel-
luug in der Luft geht die beste Kraft verloren.
Um das vorzüglichste Düngungsmittel, die
Ercremente des Menschen, zu sichern, gibt es
nur Ein Mittel, nämlich die Einführung der
beweglichen geruchlosen Abtritte.
Um thierische Körper (Aeser) als Dün-
gungsmittel anzuwenden, muß auch ihre Ver-
wesung gehörig bereitet werden. Die Verwe-
sung laßt man in Gruben vor sich gehen, und
bedeckt die Körper stark mit Kalk und Erde.
Die Auflösung mengt man dann in einiger Zeit
mit 10 mal so viel Dammerde.
Knochen und hornartige Substanzen wer-
den am besten zu Mehl gemacht. Säet man
es mit dem Samen aus, oder überstreuet man
die Felder, so gibt es wunderbaren Vorschub,
bringt Felder und Wiesen zu 5 — 6fach höhern
Werth, und vertilgt alles Unkraut.
Auch Mauerschutt bildet trefflichen Dün-
ger, und soll mühsam gesammelt, anstatt wie
bisher verworfen werden. Man mengt ihn mit
anderm Mist oder mit Erde, und laßt ihn in
Haufen einige Zeit ablagern.
Der Harn der Thiere nützt auf zweyfache
Art: i) indem man mit ihm bloß die Düng-
stätte befeuchtet, oder 2) eine Masse von Erde,
Torf und Kalk benetzt, und so Dünger für leich-
ten sandigen Boden macht.
Vor allem nützt er aber, wenn er beson-
ders bereitet, und zur sogenannten Gülle ge-
macht wird, wozu aber auch die Stalle beson-
ders gebaut und hergerichtet seyn müssen.
Die Erfahrung zeigt, daß das Wasser der
21.
Wie sonnen die
Ercrem. des M.
als Düng.Mittel
gesichert werden ?
22.
Wie muß die
Verwesung an-
derer thierischer
Körper bewerk-
stelliget werden?
23. '
Wie müssen die
Knochen behan-
delt werben?
24.
Wie wird Mau-
erschutt zu Dün-
ger bereitet?
25.
Wie nützt der
Harn der Thiere
und Menschelt?
26.
Wie nützt das
294
Feldbau.
Flachs- und Hanf- und derley Röstungen, über
Wiesen gegossen, noch kräftiger als Harn wirkt.
Die Anwendung dieses Wassers, so wie
auch der Gebrauch des Bodensatzes aus den
zum Rösten bestimmten Gruben können daher
nicht genug empfohlen werden.
Unter der grünen Düngung versteht man
alle umgestürzten Saaten, wenn man nämlich
Erbsen, Bohnen, Wicken, Reps, Klee, Rü-
ben und saftreiche Pflanzen, und vorzüglich
Korn in voller Blüthe umpflügt. Dabey muß
immer berücksichtiget werden, daß das Brachhal-
ten vermieden bleibe, sonst wäre der Nutzeu nicht
groß, außer dem ist er aber außerordentlich
bedeutend. Noch mehr wird der Nutzen erhöht,
wenn man zur Beförderung des Zersetzens der
Pflanzen die Saaten vor dem Sturze mit Kalk,
Mergel, Kreide oder Gypö bestreut.
Wasser der
Flachs- und
Hanfröstungen?
27.
Was versteht
man unter grü-
ner Düngung?
>. 5.
Düngungsmittel.
Auch die Anwendung der Düngungsmkttel,
wenn sie zweckdienlich und nützlich seyn soll,
fordert eigene Behandlung, über die man sich
vorerst belehren muß.
Da jeder Landwirth immer zuerst seinen
Boden zu untersuchen hat, ob die Erdart
Kalk, Thon oder Kiesel ist, so versteht sich,
daß er schon durch Mischung der Erdarren,
z. B. des Thons mit Kalk oder Kiesel den
Boden verbessern kann. In dieser Hinsicht lei-
stet eine Ueberführung mit einer solch' entge-
gengesetzten Erdart dem Felde allzeit großen
Nutzen, indem die Dammerde immer von der
Haupt? Erdart auf selbem Boden mehr durch-
drungen iss, wie z. V. die Dammerde auf ei-
nem Kalkboden größtentheils auch Kalk in sich
enthalt, und eine neue Ueberführung mit Kalk
28.
Was ist rück-
sichtlich der Dun-
guugsmittel zu
bemerken?
2Y.
Wie dient die
Mischung der
Ur-Erdarten als
Düngungsmit-
tel?
Feldbau.
hier nicht räthlich wäre, wohl aber eine mit
Thon oder Lehm. Noch besser ist eine Ueber-
führung mit Dammerde, weßwegen die fleißi-
gen Bauern sie überall aufsuchen, z. B. in
Wäldern, Thälern, auf Hügeln.
Ueber Anwendung des Mergels besteht das
Sprichwort: »Der Mergel macht reiche Väter
und arme Kinder!" Dieses entsteht aber durch
Mißbrauch des Mergels, besonders, wenn man
auf das Feld alle Jahre nur Mergel bringt.
Die ersten Fluren werden ergiebig seyn, aber
die letzten schwach, weil die von den Pflanzen
ausgezogenen Kräfte durch keine andern Stof-
fe ergänzt werden. In der Regel sollte man
nur alle 6 Jahre mergeln, und unter der Zeit
mit anderm Dünger dazwischen kommen.
Auch verschiedene Dünger-Recepte hatte
man früher, allein die Erfahrung zeigte mehr
Betrügereyen, und man hat gefunden, daß
sich jeder Landwirth selbst die besten Dünger-
Sorten, und Dünger-Pulver machen kann.
Auch Wasser verbessert das Erdreich. Der
Herbst ist die günstigste Zeit zum Wässern der
Wiesen, und sie gewinnen sowohl an Menge,
als Güte des Grases; aber nicht jedes Wasser
ist dazu geeignet. Das beste Wasser zum Wäs-
sern ist dasjenige, welches rein und reichlich
aus der Quelle fließt. Findet sich nahe dabey,
wo es herkömmt, ein theils hell grünlicher,
theils brauner, klebrichter Stoff, der sich an
den Kies im Wasser hangt, und wächst da-
bey Vrunnenkresse, so kann man unbedenk-
lich das ganze Jahr hindurch wässern. Sehr
kaltes, kreidigtes, sumpfigtes, eisen- oder
vitriol-haltiges Wasser iss. den Wiesen sehr
nachtheilig. Dergleichen Wässer verbessert man,
wenn man sie entweder durch Sand durchsei-
hen läßt, oder noch besser, mit Kalk oder
Jauche mischt.
2Q5
30.
Welches Vornr-
thcil steht der
Anwendung des
Mergels als
Düngnngsmittel
entgegen, und
wie wird es ge-
hoben?
31.
Was ist von
Dünger - Arka-
nis, Salzen,
Rezepten re. zu
halten?
32.
Wie dienenWas-
sernngen als
Düngungsmit-
tel?
296
Feldbau.
H. 6.
Behandlung des Düngers.
Auch das Ausführen, Ausbreiten und Un-
terbringen des Düngers muß sorgfältig gepflegt
werden, es hängt davon auch der Ertrag der
künftigen Ernte ab. Als Regeln dienen:
1. Der Dünger soll in gut geschlossenen
Wagen in gleicher Quantität ausgefahren wer-
den, damit kein Acker zu kurz komme.
2. Da bey einem großen Düngerhaufen
nicht alle Schichten von gleicher Güte sind,
soll man ihn nicht in horizontaler, sondern
vertikaler Richtung abstechen, damit die Schich
len durcheinander gemengt, auch das Stroh
abgestochen werde.
3. Der Dünger muß kurz vor dem Saat
fahren auf das Feld kommen, damit er nicht
ohne Zweck daliege, ihm nicht Sonne und
Winde die besten Safte rauben, oder er nicht
unnütz in der Erde sich verzehre.
4. Der Dünger muß bald untergepflügt
werden. Es darf daher an heißen Sommerra-
gen nie mehr Mist ausgefahren werden, als
man noch am nämlichen Tage umackern kann.
Auch zu jeder andern Zeit soll die Unterpflü-
gung wenigstens am 2ten oder 5ten Tage vor
sich gehen.
5. Die Einpflügung muß so gut geschehen,
daß sich der Dünger mit der Ackerkrume ganz
vermenge.
Aus Unwissenheit und Faulheit benützet
man die Menge der Düngermaterialen nicht,
sondern läßt den Unrath unbeachtet, daher
man auch meistens die größte Unreinlichkeit
antrifft, die der Gesundheit schadet; man be-
wahrt auch den Dünger nicht vor Verderben;
sorgt nicht für seinen Erwerb, denn die Ab-
tritte sind zur Schande der Menschheit als be-
33.
Was ist beym
Ausführen, Aus-
breiten undbeym
Unterbringen
des Düngers zu
beobachten?
34.
Woher kommt
es, daß man bey
der ungeheuern
Menge von
Dungmateria-
lien doch immer
die Klage über
Düngermangel
Hort?
297
Feldbau.
sondere Häuseln, meistens im Freyen hinge-
stellt, oder an Bache, damit der kostbare Dün-
ger, der in andern Landern mit Gold ausge-
wogen wird, verloren gehe; — und so ver-
nachlässiget man überhaupt alle Düngungsmittel.
li. Hauptstück.
§- 7-
Feldbau-Pflanzen.
Wir haben hier nur von den Pflanzen
zu sprechen, die zum Feldbau gehören.
Die zum Feldbau gehörigen Pflanzen theilt
man i. in Getreidpflanzen, 2. Futterpflanzen,
3. Handelspflanzen.
§. 8.
G e t r e i d - P f l a n z e n»
Die Getreidpflanzen theilt man unter sich
wieder in Winter- und Sommer - Getreidar-
ten; indem erstere Pflanzen die Gabe haben,
den Winter zu ertragen (versteht sich auch im
nördlichen Theile von Europa), die Andern nicht.
Die Wintergetreide sind: Waizen, Spelz,
Einkorn, Roggen, und zum Theil auch Gerste.
Sommergetreide: Waizen, Spelz, Em-
mer, Roggen, Gerste, Haber, Hirse, Mais,
und Haidekorn.
Man muß immer den schönsten und rein-
sten Samen wählen, nie den selbst gebauten,
sondern einen fremden. Zweckmässig ist es auch,
den Samen eben vor der Einsaat zu waschen,
indem die unvollkommenen Körner dann auf
dem Wasser schwimmen, daher weggenommen
und dem Vieh gegeben werden können. Dieses
wiederholt man dreymal mit frischem Wasser,
35.
Wie theilt man
die zum Feldbau
gehörigen Pflan-
zen ein?
36.
Wie werden die
Getreidpflanzen
hauptsächlich un-
ter sich wieder
abgetheilt?
37.
Welche sindWin-
ter, welche Som-
mergetreide?
38.
Was ist rücksicht-
lich des Samens
zu beobachten?
298
Feldbau.
59.
Wie vielfach ist
die Art zu säen?
trocknet dann die Samenkörner auf einem
Luche, und säet sie sogleich ans.
Es gibt eine dreyfache Art zu säen, wel-
ches hier für alle andern Samereyen gilt, und
Zwar
1. breitwürfig — ans der Hand nämlich
nach der ältesten Art;
2. mit dem Drillpflnge oder der Säema-
schine. Dadurch erspart man ein Drittheil
des vorigen Samens, erhält ein geregeltes
Feld, die Pflanzen wachsen üppiger, und kön-
nen leichter durch das Jäten vom Unkraut be-
freyt werden;
3. Durch das Legen der Körner in Rei-
hen oder durch Stecken derselben, wie es der
Gärtner thut.
Hier ersparet man gar die Hälfte des Sa-
mens, und erlangt damit die schönsten und
reichsten Ernten. Für den, der nur ein kleines
Feld besitzt, ist dieses die einzige und beste Art,
das Feld zu bebauen, weil der Feldban um
so vollkommener wird, je mehr er sich der
Gärtnerey nähert, indem der Bauer auch nur
eigentlich den Gärtner vorstellt, und nur we-
gen der Größe seines Landes nicht jedes Stück
so sorgsam wie der Gärtner bearbeiten und
pflegen kann.
Es ist besser, die Aecker in Beeten anzu-
legen. Das Furchenziehen oder die Pifangel den Acker in Fur-
sind die alte Art. jcheli oder ui^aee-
Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Bee-
ten mehr Ernte bringen, und für die Bear-
beitung besser sind. Unterdessen macht es bey
Anhöhen und Bergen eine Ausnahme. Hier
richtet man Furchen wie Terassen um den Hü-
gel herum und durch Qnerfurchen wird für
den Abfluß der Regen-Güße gesorgt.
Die Beeten sollen einen bestimmten Flä-
chenraum von % oder '/» oder halben Morgen,
40.
Was ist besser,
teil anzulegen,
und wie?
299
Feldbau.
der Berechnung wegen, nach niederländischer
Art, vorstellen. Kleine, künstlich, d. i., flei-
ßig angelegte hohe, gewölbte, schmale Beeten
hält man für die zweckmäßigsten.
Eine jede Getreidart fordert mehr oder
minder besondere Pflege, und auch eigene Felder-
bestellung, eben so aber auch die Futterpflan-
zen, und die Handelspflanzen.
§. 9.
F u t t e r p f l a n z e n.
Unter Futterpflanzen versteht man jene
Pflanzen, welche ausschließlich oder doch größten-
theils zur Ernährung der Thiere gebaut und
gepflegt werden.
Der Bau der Futterpflanzen ist so wich-
tig, wie der Getreidbau, weil davon der ganze
Vichstand, ja die ganze Landwirthschaft, und
selbst die Feldbestellung rc. abhängt.
Die Futterpflanzen erfordern daher die
größte Sorge. In England z. B., wo die
Landwirthschaft am besten betrieben wird, sind
zwey Drittheile des Landes mit größtem Fleiße
den Futterpflanzen gewidmet, und nur ein
Drittheil dem Getreidbau.
Die^ Futterkrauter erlangt man 1) auf
Weideplätzen, 2) auf Wiesen, 3) auf Feldern.
Auf Weiden erlangt man die Futterkräuter
nur durch Kultur. Die öden Weidestrecken
bringen keinen Nutzen, denn: 1) ist der Er-
trag, den das weidende Vieh herabfrißt, un-
bedeutend, und derselbe Raum wirft im kulti-
vkrten Zustande 6—lomal mehr ab; 2) ist das
Weiden dem Vieh schädlich, und fuhrt Krank-
heiten und Viehseuchen herbey.
41.
Fordert jede Ge-
treidart beson-
dere Felderbestel-
lung?
42.
Was versteht
man unter Fut-
terpflanzen ?
43.
Ist der Ban der
Futterpflanzen
von Wichtigkeit?
44.
Wo erlangt man
die Futterkrau-
ter?
45.
Wie erhält man
die Futterkräu-
ter auf Weiden,
und welchen Nu-
tzen bringen die
gewöhnlichen
Weidestrecken,
ober Geineiu-
weiden?
300
Feldbau.
Wie
S-
'en
10.
i Anbau.
47.
Welche nennt
nist» süße, welche
sauere Wiesen?
43.
Welche Pflege er-
heischen die na-
türlichen Wie-
en?
Wird auf den Gründen der Graswuchs,
oder werden die Gräser ganz der Natur über-
lassen, so nennt man sie natürliche, baut man
dazu aber eigene Graser oder Kräuter, so hei-
ßen sie künstliche Wiesen.
Jene Wiesen, welche nur eine verhältnis-
mäßige Portion von Feuchtigkeit im Boden ent-
halten, heißen gute oder süße; schlechte, sauere
Wiesen hingegen, wo zu viel Wasser fortwäh-
rend im Boden steht.
Da Feuchtigkeit das Element der Graser
ist, so muß die Pflege der natürlichen Wiesen
darin bestehen, daß man das Zuströmen und
Abfließen des Wassers Ln eine geeignete Ord-
nung bringt, den Boden in einem angemesse-
nen Zustand erhält, durch Dünger-Materialien
und Dünger-Mittel den Wachsthum der Pflan-
zen befördert, sie schützt, und endlich den Bo-
den von schlechten und giftigen Gräsern befreyr.
Die sauern Wiesen müssen vorerst durch
gehörige Abzugsgräben geheilt werden, und siche:scheu
dann pflegt man sie, wie natürliche 2BtßfenJ,fi)ieci)it’n Ln'1’1’
Die eigentliche Wiesenwasserungszeit ist rm
Frühlinge, eine andere im Herbste. Es soll die
Wässerung auch nach jedem Schnitt oder Ab-
mähen in etwas eintreten, um die Wurzeln zu
erfrischen, und zum neuen Austrieb von Sten-
geln und Blättern zu reitzen.
Die Oberfläche der Erde kommt durch Eb-
nen des Bodens, Zereggnen der Maulwurfs-
und Ameisen-Haufen und darauf folgendes Wal-
zen, wozu auch der sogenannte Wiesenhobel
und eine mit Reisig durchflochtene Egge noch
mit Nutzen anzuwenden ist, in den gehörigen
Zustand. 52.
Gut zu bewässernde Wiesen brauchen keine Ist auch eine
46.
Was nennt man
natürliche, was
künstliche Wiese?
49.
Welche Pflege
säuern Wiesen?
50.
Wann ist die^
eigentliche Wie-
senwässerungs-
zeit?
51.
Wie kommt die
Oberfläche der
Wiesen in gehö-
rigen Zustand?
301
Feldbau.
v . l
andere Düngung; ausserdem geschieht sie am
Vortheilhaftesten durch die Gülle oder flüssigen
Dünger, durch Ueberstreuung des Kompostdün-
gers, des Gypses, der Seifensieder-, Torf- und
Steinkohlen - Asche rc.
Die Zeit dazu ist der Spätherbst, Winter,
und die ersten Wochen des Frühlings.
Die Wiesen haben meistens einen Schutz
nöthig gegen das Verdorren durch die versen-
genden Sonnenstrahlen und auszehrenden Winde.
Diesen Schutz verleihen mäßige Beschattungen
mittelst Obstbaumen, Maulbeerbäumen rc., in
schicklicher Entfernung gepflanzt.
Um die Wiesen von schlechten und gifti-
gen Gräsern zu befreyen, muß man diese mit
aller Sorgfalt vor der Blüthe aufsuchen, aus-
ziehen oder ausschneiden.
Es gehört also die Kenntniß der guten und
süßen, wie nicht minder der schlechten und gif-
tigen dazu.
Zu künstlichen Wiesen wird das Feld
durch Umpflügen und Lockern, selten zugleich
auch mittelst Dünger zubereitet, und es wird
durch Anbau von Futterkräutern dem Mangel
des Wiesengrases abgeholfen.
Unter den eigentlichen Futterkräutern ver-
steht man die Kleearten und den Cpörgel.
Die Kleearten sind mehrere. Es gibt i)
den rothen oder spanischen Klee, 2) die Luzerne,
di) die Esparsette, 4) den weißen oder Stein-
klee, 5) den gelben oder englischen, 6) den in-
carnat oder italienischen Klee rc.
Unterdessen werden die 5 ersten Arten bis-
her als die vorzüglichsten geachtet.
Die Futterkräuter verlangen ebenfalls, wie
die Getreidarten, ihren besonders geeigneten
Boden, und geeignete Behandlung, so wie auch
bey der Ernre verschiedenes zu beobachten ist;
nicht minder die sogenannten Hülsen- und
Düngung der
Wiesen erforder-
lich?
55.
Wie schützt man
die Wiesen?
54.
Wie befreyt man
die Wiesen von
schlechten oder
giftigenGräsern?
65.
Wie geschieht die
Zubereitung der
künstlichen Wie-
sen?
56.
Was versteht
man unter den
eigentlichen Fnt-
terkräutcrn?
57.
Wie vielcrlcy
Kleearten gibt
es?
58.
Verlangt auch
der Anban des
Klees und an-
derer Futterkrün-
ter besonders ge-
/
302
Feldbau.
Knollengewächse, als: Rüben, Erdapfel, Erb- eignete Behänd-
sen, Bohnen rc. lung?
§. H.
Handelspflanzen.
Die Handelspflanzen verdienen in der Lehre
über Feldbau einen Platz, weil ihr Anbau zwey
große Zwecke erfüllt, und zwar i) zum Ab-
wechseln im Anbau der Felder dient, und 2)
weil die Früchte davon dem Landwirthe meistens
größer» Gewinn einbringen, als das beste
Weizenfeld.
Zu den Handelspflanzen rechnet man:
1) Oelpflanzen, 2) Gespinnstpflanzen, 2) Farbe-
pflanzen , 4) Gewürzpflanzen, 5) Fabrikpflan-
zen, insbesondere z. B. Reps, Mohn, Lein,
Hanf, Saflor, Krapp, Hopfen, Safran, Senf,
Tabak.
Unter den Gespinnstpflanzen versteht man
Lein und Hanf.
Der gemeine Lein ist der Vortheilhafteste;
besonders der aus 5 — 4jahrigem Rigaer-Sa-
men gezogene. Allein man muß nicht immer
Rigaer-Samen haben, man kann ihn auch
selbst erziehen.
Das Dörren des Leines in Backöfen ist über-
flüssig, und sehr nachtheilig. Es wird meistens
der Flachs und die Leinwand verdorben, und
man kann im 2. Jahre die beste Zeit zum
Rösten und Trocknen aussuchen.
59.
Warum verdie-
nen die Handcls-
pflanzen in der
Kunde über Feld-
bau einen Platz?
60.
Welche rechnet
man zudenHan-
delspflanzen?
61.
Was versteht
mau unter Ge-
spinnstpflanzen?
62.
Was ist binsicht-
lich des Flachs-
saMens zu wis-
sen ?
62.
Was lst vom
Dörren des Lei-
nes in Backöfen
zu halten?
in. H a u p t st ü cf.
§. 12.
Hilft - und Beförderungsmittel. ,
Die vorzüglichsten Hülfs- und Beförde-Welche sind die
rnngsrnittel des Feldbaues sind: j vorzüglichsten
303
Fcldbcm.
1) Bebauung aller zustäudkgeu Gründe;
2) Aufhebung der Dreyfelderwirthschaft;
5) Einführung des Früchtenwechsels;
4) Ablösung der Grund-, Scharwerks - und
Zehent-Rechte;
5) Arrondirung der Gründe;
6) Bestimmung des Flächenraumes eiuek-
jeden Grundstückes;
7) Wahl des Samens und seines Wechsels;
8) Anschaffung nöthigen guten Arbeits-
viehes ;
9) Anwendung der besten Feldwerkzeuge
und Maschinen;
10) Haltung eines ordentlichen Tagebuches
und genaue Rechnung;
11) ökonomische Spéculation, und
12) Vesuchung der Kulturscongresse.
Der Landwirth muß alle seine öden Stre-
cken in Kultursstand setzen, und wo eine Ge-
mein - Viehweide, oder sogenannte Gemeinde-
Gründe bestehen, seinen Theil zur Abtheilung
begehren, weil ödes Land nichts tragt, sondern
Luft und Vieh verdirbt.
Das Vieh verlangt, gleich dem Menschen,
Zur Gesundheit und zum Gedeihen gute Nah-
rung und gute Pflege. Dieses kann nur im
Stalle geschehen. Daher gewahrt die Stall-
fütterung zehnmal größere Vortheile, als das
Austreiben des Viehes auf die öden Weiden.
Kein Landwirth, wenn er die Stallfütte-
rung einmal begriffen und eingeführt hat,
weicht mehr davon ab. Von dem Raume, wel-
chen eine einzige Weidkuh bedarf, kann er im
Stalle 4 Kühe füttern. Nur bey ihm sieht
man schönes, gesundes Vieh.
Auch nur durch die Stallfütterung kann
eine große Masse Dünger erobert werden, der
durch die Weide verloren geht, und doch zu
Hülss - und Be-
förderungsmittel
beym Feldbau?
65»
Was heißt das,
der Landwirth
soll alle seine
Gründe be-
bauen?
66.
Warum sind Ge-
meiuweideu
schädlich, und
wie kann ihnen
begegnet wer-
den?
304 Feldbau.
einem guten Feldbau so dringend nöthig ist.
Es bleibt deßwegen bey der Stallfütterung das
Vieh nicht den ganzen Tag eingesperrt, son-
dern man verschafft ihm auch Luft und Bewe-
gung, und so gedeiht es, wie der Mensch, am
besten.
Das Vorurtheil, daß für das Vieh das
Austreiben auf eine Weide durchaus nothwen-
dig sey, und der vermeintliche Mangel am
Dünger haben in der Vorzeit hervorgebracht,
daß man jährlich einen Theil der Felder zum
Winker-, den andern zum Sommerbau be-
stimmte, und den Zten Theil davon unange-
baut, oder brach ließ, auch das Vieh zur Wei-
de darauf trieb.
Die Dreyfelderwirthschaft soll aufgehoben
werden, denn
1) das Weiden auf den unangebauten
Gründen ist schädlich;
2) man hat ja eine Menge von Mitteln,
sich Dünger zu verschaffen;
5) und indem ein Drittheil mehr ange-
baut und geerntet werden kann, erwachst ja
dem Gute ein neuer Gewinn.
Fehlerhaft wäre es aber auch, alles Feld
blos in Sommer - und Winterfeld abzuthei-
len, und man würde bald die schlechtesten Ern-
ten um sich sehen, weil jede Pflanze ihre eige-
nen gleichartigen Zuflüsse und Stoffe aus dem
Boden zu ihrer Entwicklung und Ausbildung
zieht, und also den Boden in dieser Art für
dieses Jahr aussangt. Wollte man nun das
zweyte Jahr wieder dieselbe oder eine ähnliche
Pflanze auf dem nämlichen Boden bauen, so
müßte natürlich jetzt die zureichende Nahrung
dafür mangeln, die Pflanze schwächer, also die
Ernte schlechter werden.
Man läßt daher nicht Weizen auf Wei-
zen, oder Roggen auf Roggen rc. auf dem
/
67.
Was heißt Drey-
felderwirth-
schaft?
63.
Soll die Drey-
felderwirthschaft
aufgehohen wer-
den ?
69.
Soll man alles
Feld blos in
Sommer- und
Winterfeld
theilen?
Feldbau.
nämlichen Felde folgen, sondern wechselt ab,
und führt den Turnus ein.
Die Wesenheit des Fruchtwechsels besteht
darin, daß man eine kluge Früchtenfolge ein-
führt, und immer ein anderes Gewächs wählt,
für welches der Boden durch das vorhergegangene
noch nicht erschöpft ist. Daher erzielt auch der
Gärtner auf dem nämlichen Gartenbeete 5, 4
und 5 Ernten im nämlichen Jahre, weil er
kluge Früchtenfolge einführt.
Die Forderungen an Grund- oder Schar-
werks- und Zehent-Rechten sind oft sehr will-
kührlich und unbestimmt, daher mit Prozessen
verbunden, wodurch Zeit, Geld und Ruhe ver-
loren wird.
Aber der Landmann ist auch gehindert, mit
seinem Gute Veränderungen vorzunehmen, weil
er immer den grundherrlichen Consens braucht;
ebenso ist er durch Scharwerksleistungen häu-
fig an seinen eigenen Arbeiten gehindert. Er
wird sich daher eine große Wohlthat verschaf-
fen, wenn er solche lästige Schuldigkeiten durch
eine bestimmte jährliche Abgabe in Getreid oder
Geld abzulösen sucht, wozu sich auch in den
meisten Fallen die Grund - oder Zehent-Herr-
schaften selbst gerne verstehen. Noch besser
wäre es, wenn er im Stande wäre, sich mit
einem Kapitale von der Abgabe ganz los zu
kaufen.
Die Grundstücke sind oft so getrennt, daß
die Bearbeitung sehr beschwerlich ist, sie oft
nicht bebaut werden können, und daß oft
mit angranzenden Nachbarn Streitigkeiten ent-
stehen. Der Landmann muß daher trachten,
alle Gründe in ein Stück zusammen zu brin-
gen, und das heißt arrondiren.
Um aber dieses zu können, muß er erst
die Grund-, Scharwerks - und Zehent-Rechte ab-
lösen, weil er sonst nicht frey, und nicht ohne
205
70.
Welche ist die
Wesenheit des
Fruchtwechsels?
71.
Wie ist die Ab-
lösung oder Fi-
nning der Rechte
ein Beförde-
rungs-Mittel?
72»
Was heißt Ar-
rondirung, und
welchen Nutzen
öat sie?
500
Feldtau.
viele Kosten sie verkaufen, oder vertauschen
kann. Die Arrondirung bringt daher großen
Nutzen.
Zum geregelten Feldbau ist die Bestim-
mung des Flächenraumes eines jeden Grund-
stücks nothwendig ; denn i) man kann sich nicht
mit Sicherheit arrondiren, wenn man nicht
die Graste des zu vertauschenden und einzu-
tauschenden, oder des zu verkaufenden und ein-
zukaufenden Grundstückes kennt;
2) man kann nicht wissen, wie viel man
Samen zur Aussaat braucht, und kann
3) keine richtige Rechnung über Ausgaben
und Erträgnisse, und keine Vergleichung mit
übrigen Aussaaten und Erträgnissen machen.
Die Auswahl des Samens ist von größ-
ter Wichtigkeit, indem davon hauptsächlich
die Ernte abhängt.
Der Saure soll vorzüglich gut seyn, und die
gehörigen Eigenschaften haben.
Zum bessern Feldbau gehören auch Feld-
werkzeuge und Maschinen, weil durch sie die
Arbeit besser und schneller vor sich geht.
Auf den Niederländer-Pflug setzt man den
«leisten Werth, nämlich auf den mit zwey Ster-
zen, einem mehr gekrümmten Streichbret und
geradem Rech, weil er durch das höhere oder
niedrige Stellen des Spündels für die meisten
Böden paßt, besser wendet, und den Gang der
Arbeit erleichtert.
In Ansehung des Pflügens ist aber im
Allgemeinen zu bemerken, daß es dem Acker
und der künftigen Saat um so mehr Vortheile
bringt, je öfter und fleißiger es geschieht, weil
das Pflügen die Schaufel des Gärtners erse-
tzen soll. Ferner ist eine HauptregeO lischt zu
rief uno zu seicht zu pflügen. Vorzüglich ist
das tiefe Pflügen bis auf die todte Erde, oder
Urerdart immer nachtheilig.
75.
Warum ist für
jedes Grund-
stück die Bestim-
mung des Flä-
cheuraumes
nothwendig?
74.
Was ist über die
Wahl des Sa-
mens zu erwäh-
nen ?
75.
Was kann man
von Anwendung
der Feldmaschi-
nen sagen?
76.
Welcher ist der
beste Pflug?
77.
Was ist in An-
sehung des Pflü-
gens im Allge-
meinen zu be-
merken?
Feldbau. 307
Sämaschinen bringen die größten Vor-
theile; nicht allein, weil ein großer Theil von
Samen damit erspart wird, sondern auch,
weil die Fluren dadurch für jede Arbeit gere-
gelter, und für jede Ernte gesegneter sich
darstellen.
Für die beste Gasmaschine hält man die
sogenannte Cook'sche.
Auch die Dreschmaschinen leisten sehr viele
gute Dienste, denn während das Dreschen viele
Zeit und Menschenhände fordert, und große
Kosten verursacht, geben die Maschinen viele
Ersparnisse.
Heuwender sind Maschinen, mit einem
Pferde bespannt, welche schnell so viel leisten,
als 10 —12 Menschen, und in 2 — 4 Stunden
die ganze Heu-Ernte auf den Wagen zum
Einführen bringen.
Durch richtige Aufzeichnung lernt man alle
Verhältnisse, Vortheile und Mängel kennen,
und es ist also die Haltung emes Tagebuches
und einer Rechnung sehr nützlich.
Das Wesentliche der ökonomischen Spe-
kulation besteht darin, daß der Landmann im-
mer jene Artikel bearbeite und suche, die am
besten gehen, und am meisten einbringen.
Endlich sind auch die Kulturs-Cvngresse sehr
großes Beförderungsmittel. Dadurch, daß man
sich die Kenntnisse und Entdeckungen mittheilt,
lernt der kluge Landwirth Versuche anstellen,
und macht sich Verbesserungen eigen. Daher
sind durch die Einrichtung des landwirthschaft-
lichen Vereins in den Landgerichts - Bezirken
mehrere Kulturs-Kongresse entstanden; d. i.:
Beamte, Pfarrer und Bauern kommen in je-
dem Monate ein- oder zweymal zusammen, um
sich über Gegenstände der Landwirthschaft und
über die neuern Artikel deö Wochenblattes des
landwirthschaftlichen Vereins zu besprechen.
73.
Welche Vorthei-
le bringen Sä-
maschinen?
Welche Säcma-
schine die beste?
80.
Was hält man
von Dreschma-
schinen?
61.
Was sind Heu-
wender, und
welchen Nutzen
gewähren sie?
82.
Was ist von Ta-
gebuch und Rech-
nung über Feld-
bau zu jagen?
83.
Was ist das We-
sentliche d. okon.
Spekulation?
84.
Wie sind Knl-
tnrs-Congresse
Beförderungs-
mittel?
20*
308
Viehzucht.
Um über das ganze Geschäft des Feld-!
baues die nöthigen Einsichten und Belehrungen!
zu erhalten, müssen sich nicht bloß Schüler,
sondern auch die Landwirthe fleißig mit dem
Katechismus des Herrn Saatsraths v. Hazzi
(herausgekommen im Jahre 1823) bekannt ma-
chen, und aus demselben noch ferners lernen,
z. B. 1) die verschiedenen Düngermaterialien;
2) die Art und Weise, wie Misthaufen oder
Düngerstätten zur Erzeugung guten Düngers
hergerichtet werden müssen; 5) wie man auch
ohne Düngstatten in Viehstallen den Dünger
bereitet; 4) die Verschiedenheit der Mistarten,
da jede verschiedene Wirkung hat; 5) Ein-
richtung beweglicher Abtritte; 6) Reihenfolge
bey Fruchtwechsel, 7) Behandlung der verschie-
denen Kleearten, u. s. f.
Denn die Schule kann auch nicht umfas-
senden Unterricht geben, hat aber vor Allem
den Zweck, die Schüler zum Nachdenken anzu-
spornen und zu Versuchen aufzumuntern.
85.
Aus welchem
Buche sott man
sich noch die be
sondere Beleh-
rung verschaffen
und über welch
Hauptpunkte?
Viehzucht.
s>-1.
Die Viehzucht entstand, indem der Mensch
die nutzbarsten Thiere gezähmet und zu Haus-
thieren gemacht hat.
Die Grundsätze, auf welchen die Verbes-
serung des Viehstandes beruht, sind kurz fol-
gende:
1. Sorgfältige Auswahl starken und ge-
sunden Viehes;
2. Reichliches und gutes Futter;
s. Behandlung deö Viehes seiner Natur
1.
Wie entstand die
Viehzucht?
2.
Ans welchen
Grundsätzen be-
ruht die Verbes-
serung des Vieh-
standes?
309
Viehzucht.
gemäß, und besonders Ordnung und Reinlich-
keit in der Pflege.
Ein gutes Stück bringt ja so viel ein,
als drey bis vier schlechte; und doch braucht
natürlich ein Stück, wenn es auch auf das
Beste gepflegt wird, weniger Futter und we-
niger Bedienung.
$• 2.
Schaf.
Das Schaf bringt meistens mehr Vor-
theile, als irgend ein anderes Hausthier. Sein
vorzüglicher Nutzen besteht in der Wolle, aber
nicht so fast in vieler als in guter Wolle.
Trockne, gewürzhafte und süße Krauter
sind der Schafe liebstes Futter, dabey trin-
ken sie wenig und lecken gerne Salz. In un-
sern Gegenden, wo krauterreiche Triften selten
sind, ersetzt man diesen Mangel durch Klee-
bau sehr zweckmäßig.
Nichts ist dem Schafvieh schädlicher als
Nasse und unreine Luft; auch gedeiht im Fin-
stern kein Vieh so gut, wie im Hellen.
Das Schaf ist mancherley Krankheiten
unterworfen. Sie sind:
1. Die Räude. Sie entsteht wie Grind
und Krätze bey Menschen, meistens aus Un-
reinigkeit.
2. Die Schafpocken, gut und bösartige,
— jene stehen einzeln, diese fließen zusam-
men. An den bösartigen sterben die Schafe
gewöhnlich schon am dritten Tage nach dem
Ausbruche.
Im Anfange der Krankheit gebe man
ihnen Morgens und Abends jedesmal ein hal- ,
bes Loth gestossene Lorbcrn mit eben so viel
Schwefel und etwas Kleye vermischt. Essig,
Salpeter, Kampfer sind nicht weniger rath-
u.
Welchen Nutzen
bringt das
Schaf?
4.
Welches soll des
Schafes Futter
seyn?
5.
Was ist dein
Schafe am schäd-
lichsten ?
6.
Welchen Krank-
heiten ist es
nttterwvrfen?
7.
Wie entsteht
die Rande?
8.
Was sind gute
lind bösartige
Schafpoeten?
9.
Wie behandelt
man die Schaf-
poeten?
310
Viehzucht.
sam; überdkeß aber unterwerfe man sie arzt-!
licher Behandlung. io.
5. Das Drehen oder der Kreisel. Das'Was ist der
Schaf halt den Kopf nach einer Seite ge- Kreisel?
krümmt, dreht sich in Kreise herum, fallt plötz-
lich nieder, steht ^wieder auf, taumelt und
knirscht mit den Zahnen, bis es stirbt.
Die Ursachen des Kreisels sind Sonnenhitze
und Würmer. Man bewahre daher das Vieh
vor Nahe, und bringe es bey starker Hitze in
Schatten.
4. Die Würmer, wozu sie natürliche Anlage
haben, werden durch Pfützen- und Sumpf-
Wasier befördert.
Bemerkt man Spuren vom Daseyn der
Würmer, so gibt man ihnen eine ziemliche
Portion warm gemachten Bieressig, worin ei-
ne Handvoll Küchensalz aufgelöst worden ist.
Es gehen alsdann die Würmer durch Maul
und Nase ab.
Ein allgemeines Vorbeugungsmittel ge-!Welches ist ein
gen viele Krankheiten der Schafe ist roherjVorbeugungs-
11.
Welche sind die
Ursachen des
Kreisels?
12.
Wie werden
die Würmer be-
fördert?
13.
Wie behandtlt
man die Wurm-
Krankheit?
14.
Gyps, den man gestossen unter Salz mengt,
und sie täglich davon lecken laßt.
§. 3.
Rind.
Der Rkndstall muß luftig und trocken,
und gegen Hitze und Kalte gesichert seyn; Ord-
nung und Reinlichkeit tragt zum Gedeihen am
meisten bey.
Federvieh und Schweine dürfen nicht in
den Rini>stall kommen.
Krankheiten des Rindviehes sind:
i. die sogenannte Viehseuche, die in we-
nig Wochen ganze Lander verheert.
Ihre Entstehung schreibt man unreiner
Luft, und dem durch böse Dünste und Nebel
mittel gegen
Krankheiten der
Schafe?
15.
Wie soll der
Rindstall gehal-
ten werden?
16.
Welchen Krank-
heiten ist das
Rindvieh unter-
worfen?
17.
Wie entsteht
Rindviehseuche?
311
Viehzucht.
verdorbenen Futter zu, woraus Faulniß und
Entzündung der Safte entsteht.
Sie äußert sich bey dem Vieh anfangs
durch Traurigkeit, Mangel an Appetit, Auf-
hören des Wiederkauens und Fiberschauer; die
Hörner und Ohren sind bald warm, bald kalt;
der Harn ist ungewöhnlich roth; das Thier hat
bald Verstopfung, bald Durchfall. In der Fol-
ge laßt es Kopf und Ohren hängen, bewegt
den Schweif nicht mehr, und gibt keinen Laut
von sich. Aus Maul und Nase fließt ein dün-
ner Schleim, die Augen schwellen auf, das
Athemholen wird schwer, und das Thier fängt
an zu keuchen und stirbt bald.
Das Gift der Viehseuche steckt ausseror-
dentlich an. Nicht blos unmittelbare Berührung
und Nachbarschaft der Ställe, sondern auch
die ans der Entfernung durch die Winde her-
beygeführte verpestete Luft theilt sie mit; selbst
Menschen, so wenig sie selbst davon angegrif-
fen werden, können sie von einem Ort zum
andern tragen.
Man verhütet die Nindviehseuche durch
Einführung der Stallfütterung, durch Rein-
lichkeit, Räucherung des Stalles mit Essig
und Wachholderbeeren, Vermischung des Fut-
ters mit Salz, und des Getränkes mir Vitri-
olspiritms und Essig; auch durch Einim-
pfung, und endlich durch schnelle Vergrabung
des krepirten Stückes, und tiefe Verschüttung
mit Kalk.
2. Oie Pestblattern. Sie entstehen bey
großer Dürre und Hitze an der Zunge oder
an dem Mastdarme. Sie haben die Größe einer
Haselnuß, und sehen bleyfarbig aus. Mau
muß sie sogleich herausschneiden, die Wunde
mir Essig auswaschen, und dem kranken Vieh
eine Zeitlang Essig unter-das Getränk geben.
ö. Blaue und blutige Milch. Sie entsteht
i x
Welche sind die
> Kennzeichen der
Seuche?
ly.
2st die Vieh-
seuche ansteckend?
20.
Wie verhütet
man die Rind-
viehsenche?
21.
Wie entstehen
die Pestblatteui
und wie behan-
delt man sie?
22.
Wie entsteht
312 Viehzucht.
gewöhnlich von dem Genüße gewisser Krauter, [Matte und blu-
und von unordentlicher Diät; Schwalbenkraut tige Milch, oder
macht besonders schwächlichen Kühen die Milch J*^eJCK
blutig. Veränderung im Furtcr und gute Witte-
rung sind die Mittel wider diesen kränkelnden
Zustand.
Aehnliche Bewandtniß hat es auch mit
dem Vergehen der Milch. 23.
Die Ochsen sind zum Ziehen sehr brauch- Was ist über
bar; es ist aber besser, sie am Halse, wo sie das Bespannen
ganz ihre Starke gebrauchen können, als an der Ochsen zu
den Hörnern anzujochen; zwey zusammen,fagcn *
geschnürt ziehen ungleich beschwerlicher als je-
der einzeln für sich.
§. 4.
Pferd.
Die Krankheiten des Pferdes sind:
1. Die Drüse. Sie äußert sich durch Träg-
heit, Traurigkeit, heisern Husten, und schlei-
migen Ausfluß aus Nase oder Maul. Auch
entstehen zuweilen um die Kinnbacken oder an-
dere Orte kleine Beulen.
Ein plötzlicher Uebergang vom grünen
zum trockenen Futter und vom trockenen zum
grünen im Herbste und Frühlinge soll nebst
andcrm die Krankheit verursachen. Man muß
daher von Einem zum Andern allmählig über-
gehen.
Die ganze Kur der Drüse besteht haupt-
sächlich in Beförderung der Ausdünstung. Man
hält den Stall warm, behängt das Thier mit
einer guten wollenen Decke, und gibt ihm lau-
lichtes Wasser mit Gerstenmehl und Honig
vermischt.
2. Der Rotz. Er entsteht oft aus der
schlechten Behandlung der Drüse. Ein weißer,
gelbgrüulichter oder röthlichter Schleim fließt
24.
Welchen Krank-
heiten sind die
Pferde nnter-
worfen?
Wie äußern sich
die Drüsen?
25.
Was verur-
sacht die Drüse?
26.
Wie behan-
delt man die
Drüse?
2?.
Wie cnrsteht
der Roy?
<J io
Viehzucht»
gemeiniglich nur aus Einem Nasenlochs; der
Ausfluß hört zuweilen eine Zeitlang auf, und
dann kann ein unvorsichtiger Käufer sehr be-
trogen werden.
Im allgemeinen wird der Rotz eben so be-
handelt, wie die Druse, nur daß man noch
vier Loth Goldschwefel zu obiger Latwerge
hinzusetzt.
5. Der Koller; der stille und der rasende.
Bey dem stillen ist das Thier ganz unem-
pfindlich, laßt sich die Füße kreuzweis über-
einander stellen, verdreht die Augen, und sieht
starr auf einen Fleck rc.
Bey dem rasenden wüthet und tobet es,
und springt die Wände hinan; nach dftern
Anfallen stirbt es unter Zuckungen.
4. Die Räude (Schabe). Sie vertreibt man
mit einer scharfen warmen Lauge von Holz-
asche, Kalk und Hühnermist, wom't man das
Thier wascht, und es dann mit einer Decke
überbreitet.
§. 5.
Schwein.
Die Finnen- und Braune-Krankheit der
Schweine entsteht besonders durch kaltes
Saufen bey großer Hitze, oder durch zu hei-
ßes Getränk; auch wenn sie unordentlich, bald
viel, bald wenig, bald nichts zu fressen bekom-
men. Dieser Krankheit sink die Schweine sehr
unterworfen. Die Finnen snd harte weiße Kör-
ner an der Zunge und au Fleische, in deren
jedem ein Blasenwurm steckt.
Ziege.
Im Magen der Siege erzeugt sich zuwei-
len ein harter Körper, Haarballen, auch Haar-
28.
Wir wird der
Rotz behandelt?
29.
Wie äußert sich
der Koller?
50.
Wie vertreibt
man die Rande?
51.
Wie entsteht die
Finnen- und
Braune - Krank-
heit der Schwei-
ne?
52.
Was har cs mit
der Haarkugel
3U
Viehzucht.
kugel genannt. Früher trieb der Aberglaube
viel Unsin niges damit, weil man sich die Ent-
stehung erklären rennte. Er sindet sich
auch bey a Thieren, und rührt von zä-
hen und nach und nach verhärteten Säften,
oder von angehäuften unverdauten Psianzen-
fasern, oder a,ch von Haaren und andern
Unreinigkeiten he. , hg die Thiere die Gewohn-
heit haben, einand.<.x zu belecken.
Anmerk. Die Ziege 's,udet sich nicht häufig in Haus-
wirthschaften, Zuck gewöhnlich nur in so kleinen,
welche zu wenig Lutter haben, eine Kuh zu un-
terhalten.
7.
H u h n.
Warme und gutes Futter befördern die
Fruchtbarkeit der Hühn^. Außer Gerste und
Haber dienen a g,uteö Futter, vorzüglich
Buchweitzen, gel ' te Neseln, Häuf und Heu-
samen, rn laueng^ Wasser geweicht.
Die Eyer, vor Fäulniß zu bewahren, muß
man ihre Ausdünstung hindern. Man tauche
ste h/a'yer, sobald sie gelegt sind, in Talg,
welches die Zwischenräume der Schaale ver-
schließt, und lege sie an trockene Orte. Auch
kann man sie in Asche, Mehl u. d. gl. lange
gut erhalten.
Reines Wasser und Sand darf den Hüh-
nern nie fehlen; Letzterer dient ihren zu besse-
rer Verdauung. Da sie sehr begieriz nach Wür-
mern und Ungeziefer sind, so lege man auf
dem Hofe einen Wurmhaufen für Je an, in-
dem man Sägspanne oder Mist mit Blut, mir
Gedärmen von Fischen und Hühnerr und mit
andern thierischen Theilen vereiniget, wodurch
die Erzeugung des Gewürmes befördert wird.
Gekochte und kleingesiampfte Kartofel sind
ebenfalls ein gutes Futter für Hühner.
int Magm der
Thiere für eine
Bewandmiß?
33.
Gas befördert
die Fruchtbar-
keit der Hühner?
34.
Wie bewahrt
man Eyer vor
Fäulniß?
35.
Was dient zur
besondern Pflege
der Hühner?
Viehzucht.
Die Stangen, auf welchen die Hühner
sitzen sollen, müssen eckig seyn, weil sie sich
besser anklammern können und die Klauen nicht
verletzen, wie auf den runden.
Die Krankheiten der Hühner sind:
1. Der Pips, welcher in einer Versto-
pfung der Drüsen und Verhärtung der Junge
besteht.
Er rührt vom Trinken des unreinen und
faulen Wassers her, oder wenn das Wasser in
frischen eichenen und fichtenen Trögen steht,
oder auch vom Genüße des frischen warmen
Brodes.
Bey der Kur zieht man die harte Haut
von der Junge ab, und gibt dem Thiere einige
klein geschnittene Stückchen Speck in geschab-
tem rothen Spießglase umgewalzt.
2. Dicke Kröpfe entstehen vom feuchten
dämpfigen Futter. Man reibe die Zunge flei-
ßig mit Salz, und gebe Knoblauch mit Butter
oder weißem Thran ein.
5. Zipperlein oder das steife Bein wird
durch Kälte und Unreinlichkeit im Stalle ver-
ursacht. Wenn diese Ursachen der Krankheit
entfernt sind, reibe man öfters die Füße mit
Butter.
4. Mausen. Jur Zeit des Mausens muß
man sie besonders warm halten und gut füttern.
Petersilie., bittere Mandeln, Kaffebohnen
und Kaffesatz sind für die Hühner tödtlich.
§. 6.
Gans.
Tabakasche nebst etwas Salz, täglich
auf das Futter gestreut, bewahrt die Gänse vor
manchen Krankheiten, wenn sie aber sonst gut
gefüttert werden, ist dergleichen nicht leicht
zu besorgen. Besonders sind die jungen Ganse
*? j 5
36.
Wie sollen die
Sitze der Hüh-
ner seyn?
Welche sind die
Krankheiten der
Hühner?
33.
Was verursacht
den Pips?
59»
Wie heilt man
den Pips?
40.
Wie entstehen
Kröpfe; welche
Mittel dagegen?
41.
Wie entsteht
das Zipper-
lein und welche
Behandlung?
42.
Wie muß man
sie beym Mausen
halten?
43.
Welche Früchte
sind den Hüh-
nern tödtlich?
44.
Welche sind Vor-
beugnngsmittel
gegen Krankhei-
ten der Ganse?
31Ö
Viehzucht.
vielen Zufällen ausgesetzt, und vorzüglich von
Mücken und andern Insekten oft so geplagt,
daß sie sterben. Eine Lange von Rauchrabak-
asche, womit man sie täglich wascht, soll das
beste Mittel dagegen seyn.
Krankheiten der Gänse sind:
1. Der Pips. Dagegen gebraucht man
die große Pimpinelle, die man im Wasser
brühet, bis sie weich wird, und ihnen dann
zu fressen, und die Brühe zu saufen gibt.
2. Die Lause. Farenkraut in den Stall l
gestreut, soll sie vertreiben.
45.
Welchen Krank-
heiten sind die
Gänse unter-
worfen?
Was gebraucht
inan gegen den
Pips?
46.
Gegen dieLäuse?
§. 9
Ente.
47.
Ihre Wartung ist wie die der Ganse; je- Was ijt von
doch verlangen die Enten alles Futter stark an- der Ente zu
gefeuchtet. Halt man sie nicht mit Gewalt zu- ^Qfn-
rück, so führen sie ihre Jungen zu früh auf
das Wasser, was ihnen schädlich ist.
§. io.
Tauben.
48.
Der Tauben schlag muß eine hohe Lage,
freye Aussicht und Sonnenschein haben. Einen
Taubenschlag im Wohnhause anzulegen, ist
nicht rathsam, denn die Tauben fressen den
Kalk von den Dächern, verunreinigen das Haus,
und ziehen Wanzen und anderes Ungeziefer hin.
Die Tauben zu erhalten nehme man Eber-
wurz, Liebstbckl, Annis, Fenchel, stosse alles
klein zusammen, vermische es mit fein gesieb-
tem alten Lehm von Wellerwanden, mache es
mit Haringslacke zu einem Teig, und stelle
cs in den Taubenschlag. Fleißige Reinigung
ihres Aufenthaltes und reines Wasser be-
Wie soll ein
Tanbcnschlag an-
gelegt werden?
4Y.
'Welche Pflege
sollen die Tau-
ben haben?
i
317
Forstbaumzucht.
wahrt sie vor mancherley Krankheiten; übler
Geruch vertreibt sie aus ihrer Wohnung.
Ihre Krankheiten sind:
i. Die Dürrsucht. Sie entsteht ans Man-
50.
Welche Krank-
heiten ?
51.
gel an frischem Wasser, und von zu häufigem Wie entsteht
Genüße des Roggen- und Leinsamens. Esldie Dürrsucht,
entstehen Drüsen. Diese öffne man behüt- ->"d wie wrrd
sam, bestreiche sie mit ungesalzenem Butter und^ gn-elit.
sorge für gesunde Nahrung. j 52.
2. Grütze und Pocken. Sie werden durch Wie Krätze und
unreines Getränk verursacht. Spießglas ini'Pockeu?
reinem Wasser wird dagegen empfohlen. !
F 0 r st b a u m z u ch t.
§. 1.
u e b e r h a tt'p t.
Sorglose Wirthschaft würde empfindlichen
Mangel an dem unentbehrlichen Produkte des
Holzes herbey führen, daher muß man auf
Erhaltung und bessere Benützung der Wälder
bedacht seyn.
Damit es nicht am nöthigen Holz mangle,
muß man seine Waldung in so viele Strecken
abtheilen, als das Holz Jahre zum Nachwüchse
braucht, und nur stets eine Strecke füllen.
Einen Forst von Laubholz z. B., welches bloß
zum Brennen benützt werden soll, theilt man
in 50 bis 40 Gehaue, und treibt alle Jahre
ein Gehau ab, so daß man nach 30 bis 40
Jahren wieder bey dem ersten anfängt. —
Ist die Strecke unbedeutend und das Holz von
verschiedenem Wuchst, so muß man den Baum
fein gehöriges Alter erreichen lassen. ,
1.
Ist besondere
Pflege der Was-
duugen nöthig?
2.
Wie benützt man
die Waldungen
zweckmäßig?
3 IS
Forstbaumzucht.
3.
Was mnfaßt die
Pflege eines
Waldes?
Die Pflege eines WaldeS umfaßt:
1) das gehörige Holzfällen,
2) die Reinigung und Anpflanzung des
Platzes, auf dem bereits das Holz gefällt ist,
3) Verhütung des Schadens durch Wild
oder zahmes Vieh,
4) die Laubdüngung.
Die Holzschläge sind zweyerley, dunkle
und lichte. Dunkler Schlag heißt es, wenn
man einen bestimmten Platz nicht ganz auf
einmal, d. i. nicht alle Bäume zugleich ab-
haut; — lichter, wenn alle auf einem bestimm-
ten Platze stehenden Baume auf einmal abge-
hauen werden.
Dunkle Schläge macht man bey Laub-,
Forchen - und Tannenwaldungen; lichte nur bey
Fichtenwaldungen.
Die Nadelwaldungen müssen an der nörd-
lichen oder östlichen oder nordöstlichen Seite
angehauen werden; — die Laubwaldungen
dürfen nie an der südlichen oder westlichen Seite
angehauen werden.
Die Verbesserung der Waldungen geschieht
durch Saat und Anpflanzung von der Saat.
Die Samen reifen zu verschiedenen Zeiten.
Im May oder Juny reift der Same der
Ulmen; — im August oder September der Same Samen ?
der Birken; im Oktober der Same der Ei-
chen, Buchen, Eschen, Ahorn, weißen Erle,
Förchen, Fichten, Tannen; — im November
der Same der Eichen, schwarzen Erste, För-
chen, Fichten, Lerchen.
Die Samen werden auf einem luftigen Wie werden die
Boden dünne aufgeschüttet und öfters umgewen- Samen bchan-
det, um sie los zu machen. Am leichtesten ge=|i>cit *
schieht es durch wechselweises Anfeuchten und
Trocknen an Stubenöfen. Hierauf werden sie
durch Reiben mit Händen oder Dreschen in
4.
Wie vielerlei)
find die Holz-
schlage?
5.
Welche Schläge
sollen gemacht
werden?
6.
Wo sollen die
Schläge begin-
nen?
7.
Wie geschieht
Verbesserung der
Waldungen?
8.
Wann reifen die
y.
319
Forstbaumzucht.
Säcken abgeflügelt, und durch Siebe oder
Schwingen mit der Schaufel gesondert.
Nach Verschiedenheit der Holzart muß der
Same mannigfaltig aufbewahrt werden.
Im fließenden Wasser wird aufbewahrt
der Same der Eichen, Buchen; an luftigen
Orten der Same der Birken, Ulmen, Er-
len, Förchen, Birken, Tannen, Fichten, Lerchen;
an feuchten Orten Eschen, Ahorn; — meisten-
theils in Sacken und Fässern.
Die Aussaat der Samen geschieht am
besten im Frühjahre, wenn keine Fröste mehr
zu gewarten sind, aber weder zu dick noch zu
dünne. Die Samen dürfen nur mäßig unter
die Erde gebracht werden. Die sehr feinen und
kleinen Samen kommen mit der Erde nur in
Berührung; die großer» kommen tiefer als
die kleinern, oder jene, welche nicht gleich auf-
keimen.
Sollte die Saat richt den gewünschten
Erfolg versprechen, so gebraucht man die An-
pflanzung, wozu man eine Samen- und eine
Baumschule nöthig hat. In ersterer werden
die Samen gesaet, in letztere die Saatpflan-
zen versetzt, erzogen und zur Auspflanzung vor-
bereitet. Der Same muß nach Verschie-
denheit der Gattung auch in verschiedener Ent-
fernung gelegt werden; so wie auch dereinst
die Pflanzen in verschiedener Entfernung ge-
steckt, und auch die Bäume selbst ausgepflanzt
werden.
Zur Pflege begieße man die Baumpflan-
zen mit Wasser, und lege Reisig über sie, um
die Sonnenhitze zu mindern. Man reinige sie
von Unkraut, und sichere sie gegen Thiere. Ge-
gen die Winterkälte überstreue man sie quer
Hand hoch mit Laub, und bedecke sie mit Rei-
sig; das Reisig wird im Frühlinge abgenom-
men, die Laubdecke aber bis zum Austrieb der
ic.
Wie wird der,
Same aufbe-
wahrt?
11.
Wann und Vie
geschieht das
Säen?
12.
Wann nnd wie
geschieht ine An-
pflanzung?
15.
Was hat man
zur Wart der
Baumpflanzen
zu thun?
320
Forstbaumzucht.
Blatter gelassen. Hat bei* Frost mehrere Pflan-
zen ausgezogen, drücke man sie beym Thau-
wetter wieder behutsam in den Boden ; im Win-
ter läse man den häufigen Schnee behutsam
wegschaufeln, und verschaffe im Frühjahre dem
Schneewasser Abzug.
So lange in einer Waldung Streu, Un-
terwuchs, altes und junges Holz sich am näm-
lichen Platze befinden, kann das Streurechen
nie ohne Schaden geschehen; denn der Unter-
wuchs wird ausgerissen, und das juuge Holz
an der Wurzel seiner Decke beraubt, also für
Hitze und Kalte empfänglicher gemacht. Ge-
hörige Sonderung des Anfluges, des jungen
und alten Holzes, und Ordnung regelmäßiger
Schläge machen das Streurechen im bald
schlagbaren Holze unschädlich. Uebrigens dient
das abgefallene Laub den Baumen zur Düngung,
und soll daher so wenig als möglich eingesam-
melt und zur Streu genommen werden.
Die Höhe eines Baumes zu messen, ma-
14.
Welchen Ein-
fluß hat das
Streurechen auf
Waldungen?
r5.
Wie mißt man
che man sich eine Stange von z. B. 9 Schu->die Hohe eines
hen, stecke sie bey Sonnenschein in die Erde,I^^'meö?
und messe ihren Scharten; hierauf messe man
den Schatten des Baumes, und setze folgende
Rechnung an:
Der Schatten des Stockes sey 18 Schuhe,
der des Baumes 180. Nun sage man, wie
sich 18 zu 9 verhält, so verhält sich 180 zu x.
18 — 9 — 180 : x.
Man multiplickre nämlich von den gefun-
denen drey Ziffern das zweyte und dritte, und
dividire mir dem ersten. Die herauskominende
Zahl (hier 90) ist die Höhe des Baumes.
Um die Stärke eines Baumes zu messen,
suche man den Durchmesser, indem man vor-
erst die Peripherie sucht; hat man diese gefun-
den, und hat z. B. der Umfang des Baumes
16.
Wie mißt man
die Stärke eines
Baumes?
Forstbaumzucht.
66 Zoll, so findet man den Durchmesse nach
folgendem Ansätze:
22: ? — 66 : x (21).
§.2.
Von einzelnen Bäumen.
Eiche.
Die Eiche ist der größte und dauerhafteste
inländische Baum, der zu seiner Vollkommen-
heit 200 Jahre braucht, und über 500 Jahre
alc wird. Das Holz dient vorzüglich zu Was-
serbauten, Maschinen, verschiedenen Geräth-
schaften und Arbeiten.
Das stärkste Holz gibt die Eiche auf ei-
nem lockern, mehr trocknen als feuchten Bo-
den, und an der Mittagsseite eines Waldab-
hanges.
Versuche bewiesen, daß Eichenholz, im De-
zember und Jänner gefällt, am saftreichsten
und schwersten; im July gefällt am leichtesten ist.
Buche.
Die Buche lieb«- einen schwarzen, etwas
frischen Boden, und dient nicht blos zu Brenn-
und Kohlholz, sondern auch zum Bearbeiten.
Linde.
Die Blüthen der Linde liefern den Bienen
reichliche Nahrung; die innere Rinde liefert
vortrefflichen Bast, und das Holz gibt vorzüg-
lich brauchbare Kohlen.
521
17.
Was ist von der
Eiche im allge-
meinen zu sa-
ugen?
18.
Welche Lage ist
der Eiche vor-
teilhaft ?
19.
Wann ist die
Zeit des Fül-
lens der Eiche?
> 20.
Welchen Boden
liebt die. Buche,
und wozu dient
sie besonders?
21.
Was ist von
der Linde im
Kurzem zu sa-
gen?
21
522
Technologie.
Technologie
oder
K u n ft - E r z e u g n i ß *)♦
Dle Lehre, welche uns anweiset, die Na-
turprodukte zur Befriedigung unserer Bedürf-
nisse, unserer Bequemlichkeit und unsers Ver-
gnügens zu verarbeiten, heißt Technologie.
Technologie wird auch in Landschulen ge-
lehrt,
1) damit mancher künftige Handwerker zu
- seiner Bestimmung möglichst vorbereitet werde;
2) damit Vorurtheile verschwinden, welche
bey Vielen das Bestreben nach weiterer Voll-
kommenheit ersticken;
s) damit die Jugend schon in den Schu-
len über die Geschäfte deö gemeinen Lebens
angeleitet werde.
AuS allen drey Reichen der Natur-verar-
beitet der Mensch die Produkte.
§.i.
Blut und Fett dev Thiere.
Das Blut verschiedener Thiere wird zwar
unter allerley Zubereitungen genossen, aber eö
ist ungesund, und rathsamer, damit den Acker
zu düngen ; mit Lehm und Kalk vermischt, gibt
es fetten Ofenkitt.
Das Fett der Thiere ist bald fest, bald
*) Hier werden hauptsächlich nur jene Knnst-Erzcug-
niffe behandelt, welche dem Landmanne von Be-
deutung sind.
1.
Was heißt Teeh-
HüiOÖK;?
2.
Warum lehret
man in Laud-
,schulen Techno-
logie?
8.
Aus welchen Na-
turreichen wer-
den die Pro-
bnlte verarbei-
tet?
4.
Wie ist das
Blnt der Thiere
zu benuuen?
5.
Welche Sorten
Fett gibt es?
Technologie.
325
weich, bald flüßkg, und es sind daher drey
Sorten: die erste heißt Talg, die zweyte
Schmeer, die dritte Thran.
Talg dient zur Verfertigung der Talg-
lichter.
Zur Verfertigung der Talglichter nimmt
man am zweckmäßigsten zwey Drittheile Ham-
meltalg, und ein Drittheil Rindertalg; denn
letzterer für sich allein ist zu weich, ersterer zu
spröde.
Die Dochte macht man von Flachs, Hanf
oder Baumwolle. — Je frischer und reiner der
Talg ist, desto besser werden die Lichter; auch
sind die baumwollenen Dochte die besten.
Die Lichter werden entweder gezogen oder
gegossen. Zu diesem Ende wird jede Sorte deö
gereinigten Talges besonders in einem Kessel
geschmolzen, weil Rindertalg eher zergeht, als
Schöpsen- oder Ziegentalg, und damit es nicht
brenne, gießt man ein wenig Wasser auf den
Boden deö Kessels.
Man seihet nun beyde Sorten Talg durch
ein Haarsieb in ein irdenes oder eisernes Ge-
fäß, unter welchem eine Kohlenpfanne steht,
damit es in einer mäßigen Flüssigkeit erhalten
werde.
Werden die Lichter gezogen, so hängt man
die Dochte an die Lichtspieße, welche Vrctchen
wit eisernen Haken sind, taucht sie zuerst in
heißen Talg, damit dieser in den Docht ein-
ziehe, hierauf aber in lauwarmen. Das Eintau-
chen wird so oft wiederholt, bis die Kerze die
gehörige Dicke hat. Man taucht auch die
Dochte zuerst ganz allein in Rindertalg, und
Zuletzt blos in Hammeltalg, wodurch sie schö-
ner und besser werden sollen.
Wenn man die Lichter gießen will, braucht
wan Formen von Kupfer, Zinn, Blech oder
Glas, in deren Mitre man den Docht hangt.
6.
Wozu dient
Talg?
7.
Wie werden die
Talglichter ver-
fertiget?
». nach Bestand-
theilen?
b. nach Gestal-
tung?
aa. bey Ziehen?
bb. bey Giesrcn '
21"
524 Technologie.
unten und oben ihn befestigt, und den lauwar-
men Talg eingießt.
§. 2.
Milch.
Die Milch wird theils frisch gegessen, theils
zu Speisen verwendet, und aus ihr werden ins-
besondere Butter, Käse und Molken bereitet. Die
Milch scheidet sich nämlich in drey verschiedene
Theile; auf der Oberflache bildet der fettere
öhlige Theil den Rahm (Sahne); — schöpft
man diesen ab, so sondert sich beym Sauerwer-
den der schleimige vom blos wässerigen Theile
(Gerinnen). Der bhlige Theil gibt bey gehöri-
ger Behandlung den Butter, der schleimige den
Käs, der wässerige die Molken.
Die Güte des Butters hängt von der
Güte der Milch ab, und diese von guter Nah-
rung; man muß also gute Milch haben, und
die Sahne so frisch als möglich von der Milch
abschöpfen. Es ist die größte Reinlichkeit zu
beobachten, und wenn man aus vorausge-
gangenen Fehlern nicht ausrühren kann, werfe
man nur einen kleinen Messerspitz voll Buch-
asche in das Rührfaß, und man wird buttern
können; oder man stelle das Rührfaß in kal-
tes Wasser, und träufle eine halbe Zitrone in
die Milch.
Der Käse wird um so besser und wohl-
schmeckender, jemehr von dem fetten Theile
der Milch darunter gemischt wird.
Man schüttet nämlich die Milch in einen
Kessel und setzt sie über ein gelindes Feuer,
oder man gießt heißes Wasser in die Milch-
gefäße, was noch besser ist, wodurch sich die
Molken von dem käsigen Theile absondern.
Hierauf legt man die Käömasse mit einem
Durchschlage schichrenweise in Körbe, und
3.
Wie wird die
Milch beuupt-
y.
Was iti bey
Bereitung des
Butters zu be-
merke» Ì
io.
Was ist über
Iilbereituilg des
KaseS zu erwäh-
nen ?
Technologie.
läßt das Molkige völlig ablaufen. — Zwi
schen jede Schichte streue man sodann Küm-
mel und etwas Salz, und setze die Körbe in
einen besondern Kasten, mit einem Deckel und
einem Zapfloch im Boden. Den andern Tag
bringe mau die Käse aus den Körben auf
Horden, die mit Stroh belegt sind, an die
Luft, oder in eine warme Stube, doch so, das!
keine Fliegen oder Vögel dazu kommen können.
Wann sie trocken sind, legt man sie in Töpfe
oder Fässer.
Die Molken empfiehlt man als ein leicht
abführendes, blutreinigendes Mittel im Früh
jähre unter dem Namen Molkeukur;— auch bes
reitet man Milchzucker und brennt sogar Brannt-
wein aus ihnen.
Zur Mvlkenkur wird die Milch von Kü
heu, die grüne Weide haben, gekocht, und wenn
sie im vollen Kochen ist, wird auf ein Mäßchen
Milch ein Theelöffel voll Cremor tartari hinzu
gethan, und die Mischung durch ein Haarsieb
gegossen.
Eine säuerlich gewordene Milch kann ver-
bessert werden. Mau setze ihr reines Pstau-
izciilaugensalz zu, und sie läßt sich ohne Ge-
rinnen kochen. Das nämliche geschieht, wenn
sich die Milch auch über dem Feuer bereits in
griesartige Flocken geschieden hat.
325
Wozu dienen
die Molken?
12.
Wie werden
Molken als Kur-
mittel bereitet?
12.
Wie wirb säuer-
lich gewordene
Milch verbessert?
§. 3.
Honig und Wachs.
Der Honig wird von den Bienen aus dem
bafte der Blumen in der Honigblase bereitet,
sie geben ihn durch den Mund wieder von sich,
»nd speyen ihn in ihre Zellen. Nach Beschaf-
fenheit der Bienen und des Blumensaftes ist
der Honig auch nach Farbe, Geruch und Güte
verschieden. Derjenige, welcher von selbst auS
14.
Wie entsteht
Honig?
326 Technologie.
den Zellen fließt, wenn man sie ans den Kör-
ben oder Stöcken nimmt, ist der beste.
Honig seimen, d. h. vom Wachs sondern,
geschehe so:
t) Man nehme zwey erdene Töpfe, 2'
weit und 2' hoch, von welchen einer tief in
den andern paßt und siebartig durchlöchert ist,
und lege obenauf einen Deckel von Thon oder
Kupfer. Auf den durchlöcherten Boden lege
man dle durchgeschlitzten Wachstafelu schich-
tenweise, schlitte glühende Kohlen über den De-
ckel, rühre das Wachs zuweilen um, und fahre
so lange fort, bis aller Honig durchgeseihet
ist. Was im obern Topfe noch zurück bleibt,
wird in einen Kessel mit Wasser gethan und
ausgekocht, und ist Honigwasser.
Daö Auslassen des Honigs und Wachses
kann auch 2) auf folgende Art geschehen:
?i) Ist deö Honigs wenig, so lege man die
Tafeln in einen erdenen Hafen, der unten eine
Oeffnung hat, welche mit einem Zäpfchen ver-
schlossen werden kann, setze ihn in einen Back-
ofen, der schon meistens abgekühlt ist, oder auf
den Ofen, und rühre alles fleißig um. Hat
sich daö Wachs obenauf gesetzt, so ziehe man
den Zapfen heraus, und lasse den Honig ab-
fließen.
b) Ist des Honigs viel, so fülle man ei-
nen Kessel mit Wasser, mache cS fiepend, und
hänge einen kleinen Kessel mit den Honigtafeln
so in denselben, daß das kochende Wasser nicht
eindringen kann. Alles muß gehörig umge-
rührt werden.
Das Honigwassee bringt man öfter ins
Kochen und schäumt es fleißig ab; man kann
es sogar zur Honigdicke einkochen lassen, und
so dient es als Futter für nothleidende Stöcke.
Honig dient als Zucker in Speisen, und
15.
Wie feinte man
den Honig?
(Honig anslas-
ftn).
16.
Wie und wozu
behandelt man
Hvriigwaffer?
17.
Wozu dient Ho-
nig?
ä
Technologie.
zum Gewerbe der Honig-, Pfeffer- und Lebku-
chenbäcker und Methsieder.
In den Bienenstöcken findet sich Vorwachs
(Bienenkitt) und eigentliches Wachs. Letzteres
ist gelb, wenn es von alten Bienen kömmt;
weißlich, wenn es von jungen Bienen ist.
Die gewöhnliche Behandlung des Wachses
ist: Nach abgesondertem Honig legt man die
Wachstafeln in einen Kessel mit Wasser, und
laßt sie bey gelindem Feuer unter Umrühren
schmelzen. Die Masse ist erst im Kochen, wenn
sich oben ein leichter gelber Schaum zeigt. Das
geschmolzene Wachs schüttet man in einen rei-
nen Sack von Leinwand, bringt es unter die
Presse, unter welche ein Gefäß mit reinem
Wasser gesetzt ist, und preßt es durch den Sack
aus. Nun wird es hart. Was in der Presse
übrig blieb, wird noch einmal mit rohem
Wachse geschmolzen und wieder gepreßt, bis
die bloßen Hülsen zurückbleiben. Das gepreßte
Wachs schmelzt man abermals, damit sich die
Unreinigkeit zu Boden senke, und alsdann gießt
man es behutsam in eine mit Fett ausge-
schmierte Pfanne, aus welcher es nach dem Er-
kalten leicht herausgenommen werden kann.
Nun ist es verkäustiches Wachs, das gelb ist.
Die verbesserte Behandlung des Wachses
ist: Man werfe das Wachs stückweise in einen
Kessel, in welchem etwas Wasser ist, und bringe
es ins Kochen. Aller im Wachs befindliche
Unrath steigt nun in die Höhe, und nuiß sorg-
fältig abgeschäumet werden. Zeigt sich kein
Schaum mehr, so hebt man den Kessel ab,
laßt ihn noch einige Minuten stehen, und gießt
das Wachs in Schüsseln, in welche man zu-
vor etwas kochendes Wasser schüttet.
Ein so behandeltes Wachs ist erst eigent-
liche Kausmannswaare, und sollte es nicht so-
gleich verkauft werden können, so hebe man es
327
18.
Wie vielfach ist
das Wachs?
ly.
Wie behandelt
man das eigent-
liche Wachs?
». in gewöhn-
licher Art?
b. in verbesser-
ter Art?
323
Technologie.
an einem feuchten Orte auf, und hat man sos
chen nicht, so begieße man es von Zeit zu Zeit
mir reinem Wasser, weil es sonst durch die
Austrocknung zu viel von seinem Gewichte
verliert.
Auch die blossen Hülsen sind brauchbar
und verkäuflich, man braucht sie gewöhnlich zu
gemeinen Wachsfackeln.
Das gelbe Wachs wird durch Bleichen
veredelt. Es sollen nämlich durch Hülfe der
Sonne und der Luft die fremden Theile, wel-
che die gelbe Farbe des Wachses verursachen,
und die meistens Honigtheile sind, heraus ge-
bracht und das Wachs weiß gemacht werden.
Ehe das Wachs gebleicht werden kann,
muß es eingeschmolzen und in sehr dünne
Stückchen verwandelt oder gebändert werden,
weil Sonne und Lust auf die innern Theile
einer dicken Masse nicht genug wirken würden.
Zn diesem Ende schmelzt man die Wachsku-
chen in einem stark verzinnten kupfernen Kes-
sel, der am Boden einen Zapfen hat, und mit
Wasser gefüllt ist. Während des Schmelzens muß
das Wachs beständig umgerührt werden, damit
es nicht anbrenne; auch darf es nicht so lange
über dem Feuer stehen, daß es braun werde.
Wenn eS hinlänglich geschmolzen ist, läßt man
es durch den Zapfen in die Körn- oder Bän-
dermaschine rinnen, in welcher es, durch Um-
drehung einer hölzernen Walze, welche halb in
Kaltem Wasser läuft, sich in dünne Bändchen
zertheilt, welche augenblicklich erhärten.
Nach anderer Methode taucht man den
Boden eines hölzernen Tellers zuerst in kaltes
Wasser, dann in das geschmolzene Wachs, und
nun wieder in kaltes Wasser, wo das dünne
Wachshäutchen sogleich abspringt. Auf diese
Weise bekömmt man größere und zum Vlei-
20.
Wozu dienen
die Wachshiil-
sen?
21.
Wie wird Wachs
veredelt?
22.
Wie geschieht
das Wachsblei-
chen?
25.
a. lste Methode
des Bänderns?
24.
b. 2te Methode
des Vanderns?
Technologie.
chen geschicktere Blättchen, als durch jene Ma-
schine'; — es ist aber auch mühsamer.
Das gebänderte Wachs kömmt sodann auf
die Bleiche, und wird auf hölzernen leiterför-
migen Flächen, die auf Pfeilern vier Schuh
von der Erde erhaben stehen, und mit leinenem
Tuche bedeckt sind, dünne ausgebreitet, jedoch
an einem windstillen, nicht staubigen Orte.
So bleibt das Wachs Tag und Nacht liegen.
Drohet die Sonnenhitze, das Wachs zu er-
weichen, so besprengt man es mit reinem Was-
ser; überdieß muß es aber fleißig mit hölzer-
nen Schaufeln umgewendet werden. Nach ei-
nigen Wochen nimmt man es von der Bleiche,
schmelzt und bändert es nochmal, und vollen-
det dann die Bleiche in wenigen Tagen. End-
lich schmelzt man die Bänder nochmal, und
gießt das Wachs in verschiedene Formen.
Aus dem Honigwasser oder Futterhonig
kann sehr guter Estig bereitet werden.
Man verdünne den Honig vorerst mit rei-
nem Wasser, schütte hierauf gepulverte Kohlen
von Buchenholz (ein Loth auf die Maß) hin-
ein, und bringe das Ganze ins Kochen, wo-
bey fleißig abgeschäumt werden muß. Diese
Maße lasse man durch Flanell ablaufen,
um die Kohlen davon abzusondern, ver-
dünne sie wieder mit Wasser, bis sie so flüssig
wird, wie Essig, und bringe die Flüßigkeit in
ein wohl verspundetes Faß. Nun zerstoße man
weißen Pfeffer, geröstete Brodrinde und gerö-
stete Gerste, und mache diese Mischung mit
echtem Weinessig zu einem Teige. Diesen
trockne man auf dem Ofen oder an der Sonne,
und werfe ihn in das Faß. Will man diesen
Essig noch verbessern, so ziehe man ihn auf gut
verpfropfte Bouteillen ab. Er wird alsdann
dem -Weinessig nichts nachgeben. Läßt man
ihn auf dem Fasse liegen, so darf der Hahn
i
320
, 25.
c. Verfahren
nach dem Bän-
dern?
26.
Wie wird Ho-
nigessig berei-
tet?
530
Technologie.
nicht von Messing, sondern er muß von Horn
oder Holz seyn.
§. 4.
Obst und Früchte.
Das Obst genießt der Mensch theils in
natürlichem Anstande, theils mit Zuberei-
tung, insbesondere getrocknet; oder als Obst-
wein, Obstessig und sogenannten Geist.
Das Trocknen geschieht entweder an der
Luft und an der Sonne, oder auf einem Ofen,
auf Heerdplatten und in Backofen.
Die Gewächse werden gereiniget und ge-
waschen, sodann zum Abtrocknen aufgeschüt-
tet und fleißig umgewendet. Nach dem Abtrock-
nen werden sie in einen mäßig warmen Ofen
gebracht, wo die Wärme von unten kommt,
sich aber über den Gewachsen nicht aufhalten
kann. Am bequemsten ist ein mit Horizontal-
zügen versehener niedriger Ofen. Sie werden
öfters gewendet und bleiben so lange liegen,
bis alles so trocken ist, daß sich die Stengel
zerbrechen und die Blätter zu Pulver reiben
lassen.
An der Sonne werden nur Süß- und
Sauerkirschen gedörret. Sie müssen auf Bre-
tern ausgebreitet liegen, und öfter umgewen-
det, nie aber dem Regen oder Thau ausge-
setzt werden, wenn sie ihren guten Geschmack
unverändert behalten sollen.
Sind sie an der Sonne genug gedörrt,
so bringt man sie in einen Backofen, nachdem
das Brod bereits heraus genommen ist, und
läßt sie vollends austrocknen. Hiezu soll man
sich Horden von Weiden oder andern Ruthen
machen, sie mit Leisten umgeben, und so das
darauf ausgebreitete Obst in den Ofen brin-i
27.
Wie wird Obst
getrocknet?
28.
Welche Früchte
werden an der
Sonne gedörrt,
lind wie?
Technologie.
gen, damit mäßige Hitze und Reinlichkeit be-
obachtet werde.
Die Aepfel, wie überhaupt das feinere
Obst, schalt man und schneidet sie kn Schnitze;
auch muß man sie, um sie schon weiß zu er-
halten, sogleich nach dem Schälen in den Back-
ofen bringen, denn laßt man sie längere Zeit
außer dem Ofen, so werden sie braun und weni-
ger schön.
Sobald die Schnitze sich nicht mehr flei-
schig, noch auch allzuweich anfühlen, können sie
ohne Schaden aufbewahrt werden, doch ist es
besser, sie mehr als weniger auszutrocknen,
weil sie bey feuchter Witterung doch wieder
um etwas weicher werden.
Birnen feinen Obstes werden wie Aepfel
gedörrt; aber die größer» in vier, die kleinern in
zwey Theile geschnitten. Geringe Sorten schält
man nicht, und sie heißen Hutzeln und Kletzen.
Will man Süß-und Sauerkirschen anstatt
an der Sonne in Oefen dörren, so werden sie
so vom Baume genommen, daß die Stiele zu-
rückbleiben, und dann in einen nicht zu sehr
geheitzten Ofen gethan, damit der Saft nicht
auslaufe; erst wenn sie anfangen, runzlicht
zu werden, verstärkt man die Hitze in etwas.
Ganz austrocknen läßt man sie erst an der
Luft, wobey sie ihren Saft behalten, etwas
weich bleiben und sich doch viele Jahre auf-
heben lassen.
Sollen sie einen schönen Glanz bekom-
men, so werden sie aus der Hitze schnell in
die Luft gebracht.
Zwetschgen werden wie Kirschen behan-
delt; jedoch sollen sie vor dem Dörren schon
so reif seyn, daß sie gegen den Stiel faltig
werden. Unzcitige, kleine und magere Zwetsch-
gen taugen nicht zum Dörren.
Das getrocknete Obst legt man an einen
oo 1
29.
Wie dörrt mau
Aepfel?
30*
Wie werden
Birne gedörrt?
31.
Wie dörrt man
Süß- und Sau-
erkirschen an-
statt an der Son-
ne im Ofen?
32.
Wie dörrt man
Zwetschgen?
33.
Wie behandelt
3o2
Technologie.
nicht allzufeuchten Ort, und wenn die Früch-!man getrockne-
te etwas zähe geworden sind, daß sie sich zu-!kes Obst?
sammendrücken lassen, ohne zu zerbrechen,
stampft man sie in papierene Tuten zu 4 bis
8 Loth fest ein, und verwahrt sie in einer
feuchten Kammer. So halten sie sich über ein
Jahr lang.
Nicht blos Obst, auch alle Baumfrüchte
und alle Arten von Feldfrüchten und Küchen-
gewächsen, z. B. Kohl, Salat, Wurzeln rc.
können getrocknet werden, was in kleinen und
grossen Wirthschaften von ausnehmendem Nu-
tzen ist.
Der Vortheil des Trocknens der Früchte
und Gewächse besteht nicht nur darin, daß
man alle Speisen aus dem Gewächsreiche zu
allen Jahreszeiten in Bereitschaft hat, sondern
auch, daß sich ein beträchtlicher Vorrath in
einem engen Raume aufbewahren läßt; daß
man sie auf Reisen zu Wasser und zu Lande
bequem mit sich führen, und die meisten der-
selben in einer Virtelstunde gar kochen kann.
Das Trocknen zieht die flüßigen Theile,
welche das Verderben der Früchte veranlas-
sen, heraus, d. i. die wässerigen; der zähe
Schleim bleibt als Kleber in den festen Theilen
zurück, und die Früchte behalten also ihren ei-
genthümlichen Geschmack.
Schwer ist es, die Früchte frisch und
vor Fäulniß zu bewahren. Die Fäulniß wird
34.
Können außer
Obst noch an-
dere Früchte ge-
dorrt werden?
35.
Worin besteht
der Vortheil des
Früchte - Trock-
nens?
mrch einen gewissen Grad der Wärme und
durch den Antritt der atmosphärischen Luft
verursacht, daher man sie durch mögliche Ab-
wendung dieser beyden Ursachen auf lange Ieit
verhindern kann.
Dieses geschieht: i. wenn man vorsichtig
gepsiückte Früchte in einen Brunnen in das
Wasser hinabhängt, und sie dadurch Winter
und Sommer frisch hält;
36.
Werden nicht
durch das Trock-
nen die Früchte
verdorben?
37.
Wie bewahrt
man Früchte
vor Fäulniß?
a. rste Art.
Technologie.
2. wenn man ein altes Weinfaß mit ei-
ner dauerhaften Sorte Aepfel oder Birnen
füllt, doch so, daß oben ein halber Fuß Raum
bleibt; sodann den Deckel ans das Obst legt,
ihn mit Steinen beschwert, und das Faß mit
Wasser füllt.
Gegen Erfrieren bewahrt man die Früchte
sicherer durch blosse Abhaltung der Kalte als
durch künstliche Warme; und es ist also am
gerathensten, die Früchte in guten Kellern oder
in schicklichen Gruben in der Erde zu verwah-
ren, wo man sie mit trockenem Moose bedeckt.
Will man aus Obst Wein machen, so
muß es zwar vollkommen reif seyn, aber auch
eine gewisse Herbigkeit behalten, weil der Wein
sonst weder stark noch dauerhaft genug wird.
Der wahre Obstwein wird hauptsächlich nur
aus Aepfeln und Birnen bereitet, deren Saft
einer geistigen Gahrung am fähigsten ist; am
liebsten nimmt man Herbst- und Winterapfel
von ungepfropften Stämmen.
Man sammelt die nach und nach abgefallenen
Früchte in besondere Haufen, und so auch die ab-
genommenen, und legt sie unter freyen Himmel,
wo man durchEinwirkung des Regens undThaues
sie mürbe werden läßt; es schadet sogar nicht,
wenn sie der Faulniß sich nähern. Sie können
Tag und Nacht in trockner und nasser Witterung
liegen, denn wollte man sie im Hause aufschüt-
ten , so würden sie sich erhitzen und gähren.
Das mürbe Obst , das nun den rechten
Grad der Reife erhalten hat, wird sodann in
einer eigenen Maschine zerrieben und in ge-
wöhnlichen Schraubpressen gepreßt.
Man muß nur so viel zerreiben, als man
noch an demselben Tage pressen kann, weil es
über Nacht leicht in Gahrung gerath; man
preßt aber so stark und so oft, bis das Mus
ganz trocken ist.
223
b. 21< Art.
38.
Wie bewahrt
man Früchte
gegen Frost?
39.
Wie macht man
aus Obst Wein?
Ans welchem
Obste?
40.
Wie wird das
Obst mürbe
gemacht?
41.
Wie wird das
mürbe Obst
weiter behan-
delt?
üti1*!-
Technologie.
42.
Was geschieht
mit dem ausge
preßten Obst-
safte?
Das Pressen geschieht in einem Kelter, in
welchen das Aepfelmus zwischen mehreren La-
gen von reinem und geruchlosem Waitzenstroh ge-
bracht wurde.
Den ausgepreßten Saft laßt man in ei-
nem Faße gähren, und zapft ihn sogleich ab,
wenn sich auf der Oberflache weiße Blasen
zeigen. Man faßt ihn in kleinere zuvor wohl
ausgebrannte Fässer, und wenn man am Spund-
loche wieder weiße Blasen bemerkt, so zieht
man ihn von Neuem ab. Hat er nun in klei-
nern Fässern ausgegohren, so bringt man ihn
in große Gefäße, welche ganz voll und einen
Monat lang täglich aufgefüllt werden müssen.
So lange er aufstdßt, bedeckt man das Spund-
loch mit einem leichten breiten Stein; wenn
er ruhig wird, spündet man fest zu, und
trachtet, ihn durch Abziehen in Bouteillen vor
dem Werfen oder erneuertem Gahren zu sichern.
Den ausgepreßten Saft laßt man manch-
mal nicht zur Gahrung kommen, sondern trinkt
ihn ungegohren, und da ist er Most. Er schmeckt
süßlich, aber nicht weinartig, und verursacht
leicht Bauchflüße und andere Beschwerden.
Der bey dem erstem Auspressen zurückblei-
bende Kuchen kann noch mit einer verhält-!Kuchen des aus
nißmäßigen Menge Wasser abgegossen, umge-.gepreßten Ob-
rührt und nochmal unter die Presse gebracht'""'
werden, und liefert noch immer ein angeneh-
mes weiniges Getränk. Der neuerdings verblei-
bende Kuchen dient zur Mästung des Rind-
viehes und der Schweine, oder auch als Dün-
germittel.
Aus dem Obstweine, so wie aus jedem
Weine wird durch Destilliren Branntwein, zu-
nächst aber auch aus Getreidkörnern, was am
gewöhnlichsten ist. Durch sauere Gahrung wird 46<
auch aus Obst, aus Wein und Bier Essig. Wie wird aus
Das Obst zerstampfe man nämlich in einemjObst Essig?
45.
Was ist Most?
44.
Wozu dient der
45.
Woraus wird
Branntwein und
Essig?
335
Technologie.
reinen Troge ziemlich klein, bringe es in einen
Zuber, und übergieße es mit warmem aber
nicht heißem Wasser. So lasse man es zwey
bis drey Wochen stehen, rühre es täglich
ein paarmal mit einem Stocke um, und gieße
einiges Wasser daran. Hierauf wird alles aus-
gepreßt, und der erhaltene Most in einer war-
men Stube in ein aufgeschlagenes Faß gegossen.
Da die Wärme die nothwendigste Bedin-
gung zur Essigbereitung ist, muß man von
Zeit zu Zeit einen guten Theil der Flüßigkeit
in einer Pfanne erwärmen, aber nicht zum
Sieden erhitzen, und noch warm in das Faß
zurück gießen. Gährt die Flüßigkeit, so schöpft
man ab, bis der Most hell wird, und hat die
Flüßigkeit ziemliche Säure angenommen, so wird
sie in Fässer abgezogen und in Keller oder sonst
kühles Behältniß gebracht.
In der Medizin ist der Essig wegen sei-
ner zusammenziehenden und der Fäulniß wider-
stehenden Kraft sehr geschätzt. Wider giftige
Dünste, Pest und andere ansteckende Krankhei-
ten beweiset er sich wirksam, insbesondere der
sogenannte Räuberessig.
Er hat seinen Namen von vier Räubern,
welche bey einer entstandenen Pest mit diesem
Essig gegen Ansteckung gesichert in die Häu-
ser drangen, plünderten und Kranke ermordeten.
Will man Gebrauch davon machen, so
spület man sich den Mund damit aus, nimmt
auch wohl einen angefeuchteten Schwamm in
den Mund; so kann man sich ohne Gefahr in
Krankenzimmern aufhalten.
§. 6.
$ $ i b
Das wichtigste des Kohlenbrennens be-
steht darin, daß man das Holz von einem
blossen Dampf-Feuer, ohne Flamme, ganz durch-
47.
Welchen Ruhen
hat der Essig in
der Medizin?
48.
Woher der
Name Nau-
beressig?
4g.
Wie sichert man
sich durch Näu-
bcressig gegen
Ansteckung?
50.
Wie geht das
Kohlenbrennen
vor sich?
356
Technologie.
dringen lassen, damit die wässerigen Feuchtig-
keiten herausgetrieben werden.
Man steckt auf einem ebenen gereinigten
Platze eine Stange auf, legt harzige Spanne um
sie und schichtet senkrecht die Scheiter um sie auf,
doch so, daß an einer Seite eine kleine Oeff-
nung von der Stange bis an den äußersten un-
tern Rand, wie ein Zündloch bleibt. Dieser
Haufen, genannt Meiler, wird sodann mit Ra-
sen, Moos und Erde bedeckt, damit das Feuer
nicht offen brennen kann, und wird mir der Zünd-
stange angezündet, welche durch das Zündloch
bis an die Stange, wo die harzigen Spane
liegen, hingebracht werden muß.
Die Kohlen werden nach Verschiedenheit
des Holzes und des Brandes verschieden. Die
besten sind schwer, klingend, schwarzen wenig,fohlen für eine
und haben hin und wieder glanzend stahlblaue ^emmdenhett.
Flecken; so wie das Holz, ist auch die Kohle
hart oder weich; — wenn das Holz nicht ge-
hörig durchgebrannt ist, gibt es Löschkohlen,
welche nocheinmal gebrannt werden müssen,
weil sie bey dem Gebrauche rauchen.
51.
Was herrscht
rückstchtlich der
Kohlen für i
Verschiebenhe
§. 6.
Harz.
♦ Unser gemeines Harz gewinnt man aus
den Kiefer-, Fichten- und Tannenbäumen; die
Kiefer gibt das gröbste, die Fichte besseres,
die Tanne das beste. Um es in Menge zu ge-
winnen, werden die Baume im Frühjahre mit
Messern geritzt, da es alsdann im Sommer
desto reichlicher hervorquillt; — im Herbste
sammelt inan es.
Aus Harz macht man Theer. Man hktzt
das Harz in kupfernen Kesseln mit gelindem
Feuer; es wird siüßig und träufelt durch eine
im Boden des Kessels angebrachte Oeffnung
52»
Woraus gewinnt
man Harz?
55.
Wie bereitet
man Theer?
Technologie.
in einer Rinne in ein untergesetztes Gefäß ab.
Es ist nun Theer. So bereitet man auch
weißen Theer, uud gemeinen Schiffstheer aus
Kienholz.
Aus dem Theer wird durch Einkochen in
Kesseln das Pech, welches^ durch Zusatz von
Essig etwas trockner und härter wird.
§. ?.
Flachs und Hanf.
Wenn Flachs und Hanf vom Felde kom-
men, wird der Samen mit der Raufe abge-
streift und die Stengel werden in die Roste
gelegt, d. h. man legt sie zwischen eingeschla-
genen Pfählen in das Wasser, und beschwert
sie mit Steinen. Das Rösten ist vollendet,
wenn sich bey Umwicklung um die Finger die
Haut der Stengel am dicken Ende leicht auflöset.
Man läßt die Stengel an Luft und Son-
ne trocknen, und legt sie sodann zum Dörren
in Bündel. Das Dörren bey Feuer ist schäd-
lich. Man vollendet Dörren und Rösten am
vortheilhaftesten im zweyten Jahre an Luft
und Sonne.
Der gedörrte Flachs kommt zum Brechen,
wird alsdann geschwungen, und durch die He-
chel gezogen, wodurch er um so feiner wird,
je öfter man ihn hechelt.
Der gearbeitete Flachs gibt als groben
Abgang das Werch, der übrige ist der eigent-
liche Flachs. Beyde werden gesponnen, und
der gesponnene Flachs heißt Garn, welches
noch weiter zugerichtet, und endlich zy Lein-
wand verarbeitet wird.
Die Leinwand wird durch gute Bleiche un-
gemein verbessert. Das Hauptsächliche bey dem
Bleichen besteht darin, daß man die harzigen
Theile, welche die graugelbliche Farbe der Lein-
wand verursachen, herausbringe, und den Fa-
337
54.
Wie wird Pech?
55.
Wie bereitet
man Flachs und
Hanf?
». bey Rösten?
56.
b. bey Dörren?
57.
c. bey Brechen?
58.
Was wird ans
dem bearbeite-
ten Flachse?
59.
Wie wird Lein-
wand verbessert?
22
333
6o.
Wie wird vor-
thcilhaft ge-
bleicht?
61.
Wie verfährt
man
a. bey dem Ein-
weichen der Lein-
wand?
Technologie.
fern die Weiße gebe. Dieses geschieht durch
Absechteltt tu Laugensalz, wonach Luft und
Sonne die vollkommenste Reinheit erzeugen.
Um unsere gewöhnliche Hausleinwand zu
höherer Güte zn bringen, behandle man sie
nach holländischer Art. Der unverdrossene Hol-
länder scheuet die mühsamen Arbeiten nicht,
um seiner Leinwand den ersten Rang zu ver-
schaffen.
Es geschieht so:
1. Zuerst wird die Leinwand eingeweicht.
Man schichtet sie in ein großes Faß, schüttet
halb Lauge und halb Wasser darauf, oder noch
besser, warmes mit Roggenmehl vermischtes
Wasser, so daß sie vollkommen bedeckt ist. Sechs
bis zwölf Stunden nachher fangt es an zn
gahren und zu schäumen; die Leinwand schwillt
auf, und man muß sie mit einem Deckel nie-
derhalten. Nach 56 bis 43 Stunden sinkt
der Schaum zu Boden, rmd noch ehe dieses!
geschieht, nimmt man die Leinwand heraus, l 62.
2. Nach dem Einweichen wird die Leinwand d- bey dem Wal-
gewalkt, in einer Walkmühle, oder blos durch *cu-
Klopfen und Stampfen. 6s.
5. Nach dem Walken geschieht das Bauchen, c. bey demBau-
Man trocknet nämlich die Leinwand auf der chen?
Bleiche, schichtet sie dann wieder in ein Faß
und gießt die eigentliche Lauge darauf, welche
aus Weinsteinasche und Pottasche oder Soda
holz gemacht wird. Man löset von beyden
gleichviel in kochendem Wasser auf, und wenn
sich alles gesetzt hat, klart man die Lauge oben
ab. Zugleich laßt man schwarze Seife in heis-
fem Wasser zergehen, gießt den 2osten Theil
davon zu jener Lauge hinzu, und laßt sie
ein wenig mit einander kochen. Diese Lauge
schüttet man lauwarm in das Faß auf die
Leinwand, tritt sie mit reinen Holzschn-
hen, und laßt sie dann noch einige Zeit
Technologie.
339
weichen. Wenn die Lange kalt geworden ist,
zapft man sie ab, wärmt sie, gießt sie wieder
ans, und fährt damit 6 bis 7 Stunden fort.
Zuletzt bleibt alles 3 bis 4 Stunden ruhig ste-
hen, worauf die Lauge wieder abgezapft wird.
4. Den folgenden Morgen bringt man die
Leinwand auf die Bleiche, und begießt sie,
wenn die Sonne scheint, sechs Stunden nach-
einander unaufhörlich, nachher aber, so oft sie
trocken wird; Nachts aber gar nicht. Den an-
dern Morgen begießt man sie noch ein paar-
mal, und schichtet sie sodann wieder zum Bau-
chen in das Faß. So fahrt man wechselweise
fort, indem man den einen Tag baucht, und
den andern bleicht; nach 4 bis 6 Wochen ist
sie fertig. Die letzte Zeit macht man die Lau-
ge etwas schwacher.
5. Zuletzt schüttet man Buttermilch oder
saure Milch, mit einem Drittheil Wasser ver-
mischt, in das Faß, so viel als hinreichend ist,
eine Lage Leinwand zu bedecken, und tritt sie
mit blossen Füssen; hierauf wieder Buttermilch,
und wieder eine Lage Leinwand, und so fahrt
man unter beständigem Treten fort, bis das
Faß voll ist, welches dann mit einem durchlö-
cherten Deckel beschwert wird. Bald darauf
entsteht eine Gährung, welche man fünf bis
sechs Tage dauern läßt. Nun spült man die
Leinwand im siießenden Wasser ab, wäscht sie
noch in Seifenwasser, legt sie wieder auf die
Bleiche, begießt sie einigemal, trocknet sie daun,
und zieht sie durch blaue Stärke.
Auch der Flachs selbst laßt^sich verfeinern,
seidenartig und der Baumwolle ähnlich machen.
Es sind einige Methoden bekannt, den Flachs
zur künstlichen Baumwolle zu machen. Das
Wesentliche besteht in der Behandlung durch
Laugensalze.
Hanf wird eben so bearbeitet und benützt.
64.
ll. bey dem Blei-
che»?
65.
c. in letzter Be-
handlung?
66.
Laßt sich auch
Flachs verfei-
nern?
67.
Wie wird Hans
behandelt?
340
Technologie.
wie der Flachs, nur daß man ihn bisher nicht
zu ganz feinen Geweben brauchen konnte; er
läßt sich aber ebenfalls veredeln.
§. 8.
Brandsteine.
Brandsteine werden aus Lehm gemacht,
und eine Ziegeley kann nur da angelegt wer-
den, wo in der Nahe guter Lehm ist.
Man unterscheidet in Hinsicht auf die
Güte fetten, magern und unreinen Lehm.
Fett oder lang heißt er, wenn er zähe ist,
und weil dieser bey dem Trocknen gern Risse
bekömmt, oder doch stark schwindet, so ver-
mischt man ihn mit etwas Sand.
Der magere oder kurze Lehm, der sich
nicht gut treten und formen läßt, und nie
vollkommen hart brennt, wird durch einen Zu-
satz von fettem Lehm verbessert.
Die Fettigkeit des Lehms rührt von der
größer» Menge des darin besindlichen Thones
her; die Magerkeit aber von Sand und Kalk.
Unrein nennt man den mit vielen fremd-
artigen Theilen z. B. Kalk oder kleinen Kie-
seln vermengten Lehm. Dieser ist fast gar-
nicht zu gebrauchen, und lohnt kaum der Mü-
he des Schlemmens und Reinigens.
Der Lehm wird im Sommer oder Herbste
gegraben, und bleibt dann den Winter über
in freyer Luft liegen, damit ihn Frost und
Witterung recht durchdringen, und mürbe ma-
chen, also verbessern.
Im Frühjahre kömmt er in Breter- Gru-
ben, und wird mit Wasser begossen, nach Er-
fordern gemischt, dann getreten oder geschlagen.
Die teigarlkge Masse kommt endlich in
Model und wird nach Bedarf geformt, in
63.
Woraus werden
Brandsteine?
69.
Wie wird der
Lehm behandelt?
a. nach seinem
Gehalte?
70.
b. in seiner Zu-
bereitung?
71.
nach Formen?
Technologie.
einzelne Stücke, oder durch Maschinen in
mehrere zugleich.
Die geformten Steine werden unter Zke-
gelscheunen getrocknet, und dann in Ziegelöfen
mit besonderer Kunst und Vorsicht aufgesetzt
und gebrannt. Anfangs wird ein ganz gelin-
des Feuer gemacht, weil die Steine sonst sprin-
gen, dann aber verstärkt man die Glut schnell.
Der Brand dauert etwa fünf Tage, und wenn
die Steine gar sind, verstopft man die Oeff-
nungen des Ofens, läßt das Feuer aus-
gehen, und die Steine im Ofen allmählig kalt
werden, weil sie sonst zerspringen würden, wenn
man sie sogleich in die Luft brächte.
Die dauerhaftesten Braudsteine sind jene,
welche ein glashaftes Ansehen haben, und ei-
nen Hellen Klang geben, wenn man daran
schlägt.
Ein ganzer Brand, der gegen fünf
Tage dauert und hunderttausend Stück Ziegel
liefert, fordert ungefähr sechs Klafter Holz.
§. 9.
Naturprodukte im Allgemeinen.
Alle drey Naturreiche liefern ausser den
benannten Produkten noch eine Menge anderer,
welche durch Kunst des Menschen verarbeitet
werden, und wodurch sich die verschiedenen
Handwerke bilden.
i. Aus dem Thierreiche nützt uns das
Fleisch der Thiere nach verschiedener Zuberei-
tung zur Nahrung; — Därme dienen nicht
blos in Haushaltungen, sondern auch zu Schnü-
ren und Stricken, vorzüglich zu Darmsai-
ten und Goldschlägerformen; — Häute und
Felle zu Leder, Pelzwerk und Pergament;
die Haare zu Hüten, Perücken, Tüchern, Bür-
sten, Sieben; Wolle zu Tüchern und Zeu-
241
72.
d. beym Trock»
tun und Bren-
nen?
73.
Welche sind gute
Brandsteine?,
74.
Wie viel Holz
braucht man zum
Ziegelbrennen?
75.
Welche vorzüg-
liche Natnrpro-:
dnkte werden im
Allgemeinen noch
zu Kniistprodnk-
te gemacht und
wie?
76.
3. Ans dem
Thierreiche?
342
Technologie.
gen, Teppichen; — Federn^ zu Betten, zum
Schreiben; Knochen zu Kämmen und an-
dern Beinarbeiten; Seide zu den schönsten
Zeugen; Galläpfel zur Färberei), insbesondere
auch zur Dinte; — endlich selbst der thieri-
sche Auswurf, der Harn, schafft uns noch ein
Kunstprodukt, nämlich den Harnphosphor. Der
Phosphor hat die Fähigkeit, von selbst im
Dunkeln zu leuchten; er verbrennt in freyer
Luft leicht, und muß daher im Wasser aufbe-
wahrt werden. Selbst der Koth der Thiere
wird in Manufakturen und Fabriken verwen-
det, und nichts ist so gering, was nicht auf
irgend eine Art benützt werden könnte.
AuS dem Pflanzenreiche geben uns die Oli-
ven, oder Früchte des Oelbaumes das Baumöl;
Rüben-, Lein - und Hanf-Samen geben Oele; —
Getreide, Grütze und Gries geben Mehl, Brod,
Stärke, Bier, Essig, Branntwein; — das Holz
dienet zu Hausgeräthschaften, Bildnissen rc.;
aus den Kohlen wird Pottasche; der Ruß der
Kamine liefert die schwarze Farbe für Buch-
drucker und Anstreicher, und den Maler-Tusch;
— das Stroh ist in Dörfern und Städten vie-
len ein Nahrungszweig, indem sie Verschiede-
nes daraus verfertigen: Strohhüte, Teller,
Kästchen, Decken rc. Nicht blos die Papier-
staude und das Bambusrohr geben Papier,
auch selbst Lumpen; — die Baumwolle wird
zu Zeugen verarbeitet; die Tabakpflanze gibt
den Tabak, welcher auch aus andern Pflanzen
bereitet wird; — auch liefert uns das Ge-
wächsreich die meisten und schönsten Farben;
endlich das Zuckerrohr den Zucker.
Im Mineralreiche gibt uns der gewöhn-
liche" Thon die verschiedenen Töpferwaaren,
das Porzellain der reine Thon; es liefert uns
Kalk und Gyps, den Marmor zu Bauwerken
und zur Bildhauney; die Kieselerde zur
77.
b. Aus dem
Pflanzenreiche?
78.
c-. Aus dem Mi-
neralreiche?
343
Gesundheitslehre.
Glasbereitung; die Edelsteine, welchen verschie-
dene Formen gegeben werden; — das Salz,
welches in besondern Gradir- und Sudhäuser»
bereitet wird; — Kupfer, Eisen, Bley s. a.
was auf verschiedene Art verarbeitet wird.
Handwerker, welche die Naturprodukte
aus dem Thierreiche verarbeiten, sind die Tuch-
macher, Wollenspinner, Stricker, Schuster,
Taschner, Sattler, Riemer, Metzger, Garber,
Kirschner, Kammmacher u. a.
Handwerker, welche die Naturprodukte
aus dem Pflanzenreiche verarbeiten, sind Mül-
ler, Bäcker, Bräuer, Papiermacher, Wagner,
Bildhauer, Weber, Drechsler, Zimmermann,
Seiler, Tischler, Buchbinder, Pechler re.
Handwerker, welche Naturprodukte des
Mineralreiches verarbeiten, sind Töpfer, Mau-
rer, Schmiede, Schwertfeger, Büchsenmacher,
Drahtzieher, Kupferschmiede, Nagelschmiede,
Schlosser, Spangler, Geschmeidmacher, Schlei-
fer, Glaser, Münzer, Uhrmacher, rc.
79.
Welche Hand-
werker verarbei-
ten die Natur-
produkte?
3. des Thier-
reiches?
80.
b. des Pflanzen-
reiches?
81.
c. des Mineral-
reiches ?
Lehren
über Rettung der Gesundheit und des Lebens.
S- 1.
Allgemeine Regeln.
Den Körper gesund und stark zu erhal-
ten, beobachte man:
1. Massigkeit im Essen und Trinken,
2. Bewegung und Arbeit,
3. gehörige Zeit des Schlafes,
4. reine Luft,
1.
Was soll man be-
obachten, um den
Körper gesund
und stark zu er-
halten?
344
Gesundheirslehre.
5. Reinlichkeit,
tj. öfteres Baden,
7. Vermeidung schneller Erhitzung und Er-
kaltung, deS Schlagens an den Kopf,
6. ein heiteres Gemüth,
y. zweckmäßige Bekleidung,
io. Vorsicht bey Krankenbesuch,
it. Vorsicht gegen Gifte.
Aber nicht blos für das eigene Leben muß
man besorgt seyn, sondern auch für das Le-
ben Anderer und daher besonders für Rettung
Scheintodter sorgen.
Mäßigkeit im Essen und Trinken heißt:
i. nicht zu viel essen und trinken; 2. keine,
oder doch nur wenig starke und hitzige Spei-
sen und Getränke genießen; 2. dabey Ordnung
beobachten.
Bewegung und Arbeit erwecken Eßlust,
befördern Umlauf der Safte und des Blutes,
bewirken Verdauung, Ausdünstung und Heiter-
keit des Gemüthes.
' 2.
Was heißt Mä-
ßigkeit im Esten
und Trinken?
> 3.
Was wirkt Be-
wegung und Ar-
beit?
4.
Der Schlaf dienet zur Erholung und Stär-
kung der Nerven, daher alles vermieden wer-
den soll, was ihn unruhig und unvollständig
macht.
Starke Abendmahlzeiten, hitzige Getränke,
heftige Gemüthsbewegungen u. dgl. stören den
Schlaf und sollen daher vermieden werden.
Eben so hindert auch Mangel an Bewegung
einen sanften Schlaf.
Die Zeit des Schlafens sollte (die kleinen
Kinder ausgenommen) nie unter sieben und
nie über neun Stunden dauern.
Das Schlafzimmer muß geräumig, tro-
cken, kühl und den Tag über dem Eindränge
frischer Luft geöffnet seyn.
Die Luft wird auf mannigfaltige Art
verdorben. So wie man reines Wasser da-
Wozu dienet der
Schlaf?
5.
Was störet den
Schlaf?
6.
Wie lange dau-
ere der Schlaf?
7.
Wie soll das
Schlafzimmer
seyn?
Gesundheitslehre»
ran erkennt, daß es keinen Geschmack hat,
ist auch reine und gesunde Luft ohne Geruch.
Verunreinigte, lange eingesperrte Luft ist
der Gesundheit sehr nachtheilig, wir müssen
daher trachten, stets reine Luft elnzuathmen,
und daher folgende Regeln beobachten:
1. Wir sollen täglich wenigstens einmal,
um die Mittagsstunde Fenster und Thüren
öffnen, um durch den Luftzug alle schädlichen
Dünste hinaus, und reine Luft hereinzulassen;
auch sollen wir uns nicht an Orten aufhalten,
wo unreine und verdorbene Luft ist.
2. In stark bewohnten Zimmern sollen
Luftreiniger angebracht werden.
2. Stinkende Dünste und Ueberbleibsel
der Speisen sollen aus Aufenthaltsorten ent-
fernt, und die Zimmer reinlich gehalten werden.
4. Frisch mit Kalk übertünchte oder mit
Farben bemahlene Wände sind schädlich; auch
alles, was stark riecht, als Obst, Blumen,
Wäsche, starke Oellichter, glimmender Docht
von Unschlittkerzen u. dgl.
5. Krankenzimmer, welche nicht gelüftet
werden dürfen, reinige man durch gepulverten
Salpeter, welchen man auf glühendes Eisen,
wozu die Biegeleisensteine sehr schicklich sind,
streuet; aber nicht auf Kohlen.
6. Eltern sollen ihre Kinder nicht von der
freyen Luft abhalten, und nicht die Wiegen
ihrer Kinder mit Tüchern umhängen, um nicht
Schwächlinge zu ziehen.
7. In Keller, in welchen sich viele gäh-
rende Flüssigkeiten befinden, muß man, bevor
man hineingeht, einen brennenden Strohwisch
oder dergleichen hineinwerfen; verbrennt er,
so hat man nichts zu befürchten; im Gegen-
theile muß man den Keller einige Zeit offen
lassen, und die Luft reinigen.
245
8.
Welche Regeln
har inan rück-
sichtlich der Ge-
sundheit in An-
sehung der Luft
zu beobachten?
-i. Ueber Aus-
lüftung der Zim-
mer?
b. Ueber Luft-
reiniger?
c. Speisen-
geruch?
ci. Z immerüb er-
tüttchung?
e. Krankenzim-
mer?
k.Kinderwartcn?
§. Keller?
346
Gesundheitslehre.
Q.
Was wirkt Zug-
luft?
io.
li.
Was ist bey dem
Baden zu beob-
achten?
8. Diejenigen, welche Mistlacken, Kloa- fa. Kloaken,
ken u. dgl. zu reinigen, oder sich an einem
mit faulen Dünsten angefüllten Orte aufzu-
halten haben, müssen ein Stück Brod, das in
starken Essig oder Branntwein getunkt wurde,
in den Mund nehmen.
Zugluft schadet einem gefunden'und kraft-
vollen Menschen nicht leicht, kann aber nach-
rheilig werden, wenn man schwitzt, oder-
krank ist.
Durch Reinlichkeit wird die Gesundheit^Welchen Einfluß
erhalten; denn selbst unsere Hausthiere gedei-!hatReinlichkeit?
hen besser, wenn sie von Staub und Schmutz
sieißig gereiniget werden.
Das für Gesundheit sehr gedeihliche Ba-
den soll nie ohne Erlaubniß der Eltern oder
des Lehrers, auch nicht in zu tiefem, oder reis-
sendem Wasser und mit Sittsamkeit geschehen
Man darf nicht sogleich nach dem Essen, oder
wenn mau erhitzt ist, baden, denn man hat
schon Beyspiele, das solche Menschen auf der
Stelle gestorben sind. Mau tauche sogleich
mit dem ganzen Körper unter, bewege sich
stets, und mache auch nach dem Bade noch
einen gemächlichen Gang.
Schnelle Erhitzung ist schädlich, noch mehr
aber plötzliche Abkühlung. Nach Erhitzung, sie
mag von Bewegung des Körpers oder von Ge-
müthsbewegung herrühren, kalt zu trinken, oder
in Kalte und Zugluft gehen, ist gefährlich; denn
die Lufrgefässe sind sehr erweitert, werden abel-
schnell zusammengezogen, wenn sie durch einen
kalten Trunk plötzlich erschreckt werden; es stockt
das Blut in denselben, und kann Entzündung,
Geschwüre und Schwindsucht veranlassen. 15.
Die Nachtheile der Erkaltung verhindert Wie entfernt
man am besten durch starke Bewegung und man die Nacv-
warmes Getränk, wodurch die Ausdünstung
12.
Zst schnelle Er-
hitzung und Er-
kältung schädlich?
Gesundheitslehre.
der innern Theile wieder hergestellt wird; an
heißen Sommertagcn ist eö für Bauersleute
sehr gut, wenn sie unter das Wasser etwas
guten Essig mischen, und wieder rasch fortar-
beiten.
Wenn das Gehirn durch einen Schlag
sehr erschüttert wird, kann der Mensch um
den Gebrauch seiner Seelenkräfte kommen; es
ist daher gefährlich, im Ernste oder Scherze an
den Kopf zu schlagen.
Ein heiteres Gemüth bewirkt leichten Um-
lauf der Safte, Verdauung, ruhigen Schlaf
und Munterkeit.
Heftige und anhaltende Leidenschaften stö-
ren die Heiterkeit des Gemüthes, daher muß
man sich vor ihnen hüten; denn man harkeine
Rast noch Ruhe mehr, schwächt die Nerven
und verliert am Ende alle Munterkeit.
Die Bekleidung soll sich nach Jahreszeit
und Witterung richten, damit sich oer Körper
nicht zu sehr erwärme, auch nicht zu sehr er-
kälte. Die Kleidung darf den Körper nicht
drücken, daher insbesondere Zusammenpressen
des Leibes, festes Schnüren der Strumpfbän-
der und Halstücher rc. schädlich ist. Vor allem
soll aber der Kopf kühl gehalten und jede un-
nöthige Kopfbedeckung vermieden werden.
Bey Krankenbesuch sey man vorsichtig,
gehe nicht unnöthig nahe zu solchen Kranken,
welche hitzige, faule und ansteckende Krankhei-
ten haben, und setze sich nicht so, daß man
ihre Ausdünstung an sich ziehe; man schlucke
den Speichel nicht, spüle den Mund oft mit
Weinessig oder Wasser aus, und bediene sich
auch des Weinessigs, mit Wasser vermischt,
zum Trinken.
O-i i
14.
Wie können
Schläge an den
Kops wirken?
15.
Was wirkt ein
heiteres Ge-
müth ?
16.
Was störet ein
heiteres Ge-
müth?
17.
Wie soll die Be-
kleidung seyn?
13.
Welche Vorsicht
hat man bpy
Krankenbesuch
zu beobachten?
348
Gesundheilslehre
§. 2.
Vergiftungen.
An Pflanzengiften unterscheidet man Ma-
gengifte, Wundgifte, und widernatürliche Gifte.
Magengifre sind jene, die nur schaden,
wenn sie genossen werden; Wundgifte, welche
nicht nur genossen schaden, sondern auch wenn sie
an eine verwundete Stelle des Körpers kom-
men; widernatürliche Gifte, die in ihrem
gesunden Zustande unschädlich sind, aber im
verdorbenen Zustande schädlich werden.
Zu diesen zählt man
i. das Mutterkorn; 2. den Brand vor-
züglich bey dem Weitzen; 3. den Rost; 4. sol-
che Früchte, welche ölige Theile enthalten,
aber schon alt, somit scharf und ranzig ge-
worden sind, z. V. Nüße, Mandeln rc.
Bey Pflanzenvergiftungen muß man vor
Allem den Arzt rufen, und nur wegen allen-
falls zu später Ankunft Mittel vorkehren.
Man muß vor Allem durch Erbrechen das
Gift aus dem Leibe zu schaffen suchen.
Ist es noch nicht lange in demselben, so neh-
me man 5 bis 6 Gran Brechweinstein, oder 3 bis
4 Gran Brechwurzel; bricht sich aber der Kranke
schon für sich stark, so reitze man ihn nicht noch
mehr; hat er Neigung zum Brechen ohne
Erfolg, so kitzle man ihn mit einer in Oel
getauchten Feder, oder wenn der Schlund von
der Schärfe des Giftes zusammen gezogen ist,
halte er Baumöl mit Eyerdotter vermischt im
Munde, welches endlich hinabgleitet, und die
Geschmeidigkeit des Schlundes wieder herstllet.
Ist das Gift schon länger im Körper, und
hat schon Entzündung des Magens und der
Gedärme begonnen, was man durch heftige
Schmerzen erkennet, so muß man vor Allem
t9.
Wie vielerlei
Arten vvii Pflan-
zengiften gibt es?
20.
Welche Gifte
zählt man zu
den widernatnr-
lichen?
21.
Welche Mittel
hat man gegcu
die Pflanzengifte
anzuwenden?
349
Gesundheitslehre.
das Gift einzuwickeln und zu verdünnen trach-
ten, und zwar
1. durch lauwarmes Wasser in Menge
getrunken, und besser, wenn es etwas schlei-
mig ist, z. B. von gerolter Gerste, von Reiste.;
2. durch Butter in Wasser aufgelöst,
oder durch Oel in Menge getrunken;
2. durch süße Milch.
Rücksichtlich der Metalle unterscheidet man
vorzüglich vier Vergiftungen:
i. durch Arsenik, 2. durch Quecksilber,
5. durch Kupferlack, 4. durch Bleykalk.
Durch Arsenik vergiftet man sich:
1. durch den sogenannten Fliegentodt;
2. durch das Rauschgelb, womit man Kinder-
spielzeuge anstreicht; s. durch den weißen Arse-
senik, oder Arsenikstaub.
Vergiftung durch Quecksilber geschieht mei-
stens dadurch, daß man Salben aus demsel-
ben bereitet, und durch Einreibung Ungeziefer
vom Körper zu vertreiben sucht, wodurch aber
schädliche Wirkungen hervorgebracht werden.
Auch durch Quecksilberdämpfe wird man ver-
giftet. '
Die Vergiftung durch Kupferlack geschieht
durch Grünspann, welcher sich in kupfernen Ge-
fässen ansetzt, wenn Säure oder fette Speisen
in ihnen gekocht werden.
Durch Bley kann man vergiftet werden
durch den sogenannten Bleyzucker, durch Staub
bey Reibung der Bleyfarben und durch deren
Ausdünstung rc.
Die allgemeinen Kennzeichen einer mine-
ralischen Vergiftung sind heftige Schmerzen;
Brennen an Zunge, Schlund und Magen;
Würgen, auch Erbrechen, Aufschwellung der
Zunge, Auftreibung des Unterleibes, Starren
der Augen und convulsivische Zuckungen.
Man muß bey solchen Zufällen sogleich
22.
Welche Vergif-
tungen unter-
scheidet man in
Beziehung auf
die Metalle?
25.
Wie kann man
sich durch Arsenik
vergiften?
24.
Wie geschieht
Vergiftung durch
Quecksilber?
25.
Worin besteht
die Vergiftung
dllrch Kupfer-
lack?
26.
Wie wird durch
Bley vergiftet?
27.
Welche sind im
Allgemeinen die
Kennzeichen ei-
ner mineralischen
Vergiftung?
28.
Welche Vorkeh-
Sci"
350
Gesundheitslehre.
um den Arzt schicken; hindert aber die zn gros-
se Entfernung seine baldige Ankunft, so su-
che man einstweilen durch Erbrechen das Gift
aus dem Körper zu bringen, gebe daher dem
Kranken viel Del, oder lauwarmes Wasser,
in welchem viel Butter oder Seife aufgelöst
wurde, zn trinken, oder reitze mit dem Fin-
ger oder einer Feder Schlund und Magen zum
Erbrechen.
Bey einem vergifteten Natternbisse suche
man vor Allem, bis der Lkrzt kommen kann,
das Gift durch Auswaschen aus der Wunde
zu schaffen, und verbinde sogleich fest das
Glied, damit der Blutlaus gehemmet werde.
Ist ein Mensch von einem tollen Hunde
gebissen worden, so muß sogleich die Wunde
mit Seifenwasser oder Essig oder Aschenlauge
sorgfältig ausgewaschen und der Vlutfluß
nicht gestillt, sondern erhalten werden, bis
der Arzt kommt.
ringen muß mau
gegen minerait*
scheVergiftun-
gen treffen?
2Y.
Welche Mitt l
hat man bey Js
nein Nattern biß
anzuwenden?
20.
Was soll man
bey dem Bis; ei-
nes tollen Hun-
des anwenden?
). 3.
Erstickte.
So wie jemand, wenn er Betäubung
und Schwindel durch unreine Dunste bemerkt,
sich schleunig in freye Luft zu begeben, und
das Gesicht mit kaltem Wasser oder Essig zu
waschen hat; eben so muß auch ein Mensch,
welcher aus Erstickung von Dampfen und Dün-
sten Bewußtseyn und Empfindung bereits ver-
loren hat, sogleich in reine Luft gebracht wer-
den. Man entkleide den Leblosscheinenden, setze
ihn aufrecht auf einen Stuhl, und spritze ihm
aus einiger Entfernung sehr kaltes Wasser
mit Essig vermischt heftig und anhaltend in
das Gesicht, und über den ganzen Leib; zu-
gleich reibe man Brust, Arme, Füße mit ei-
ner in kaltes Wasser getauchten Bürste, und
21.
Wie solleil die
von schädlichen
Dünsten und
Dämpfen Erstick-
ten behandelt
werden?
351
Gesundheikölehre.
fahre so etliche Stunden fort, bis der Arzt
kommt.
Ein vom Blitze getroffener Mensch wird
wie ein Erstickter behandelt, denn der Blitz
tddtet nicht immer wirklich, sondern betäubt
oft nur. Auch hat man in diesem Falle von
einem sogenannten Erdbade gute Folgen wahr-
genommen. Man grabt ein Loch in frische Er-
de, stellt den Beraubten bis an den Hals hin-
ein, überschüttet ihn bis zum Kopf mit Erde,
und bespritzt sein Gesicht mit kaltem Wasser
und Essig.
§. 4.
Ertrunkene.
Wenn gleich ein im Wasser Verunglück-
ter kein Lebenszeichen mehr von sich gibt,
muß man ihn doch zu retten suchen, denn Men-
schen, welche schon mehrere Stunden im Was-
ser lagen, wurden noch gerettet.
Man ziehe ihm Kleider und Hemd schnell
ab, und hülle ihn in trockene warme Decken
oder Kleidungsstücke, die jemand eben ausge-
zogen hat. Bey übler Witterung bringe man
ihn in das nächste Haus.
Kopf und Brust müssen etwas hoch lie-
gen, doch darf der Kopf nicht auf die Seite
oder vorwärts auf die Brust niederhängen.
Eine kalte Stube, welche nach und nach
mäßig warm gemacht wird, ist am zweckmäßig-
sten. Man reinige den Mund, erwärme den
Körper gelinde, und lege ihn dann ganz ent-
kleidet auf ein leicht erwärmtes Bett, oder
auf ein Lager von Heu, und decke alle Theile
seines Körpers genau mit trockenen, erwärmten
Decken, die stets von Neuem erwärmt werden; an
die Fußsohlen lege man warme Backsteine u.
dgl. Endlich bringe man den Körper in ein
52.
Wie soll ein
vom Blitz getrof-
fener Mensch be-
handelt werden?
53.
Wie müssen im
Wasser Benin-
glückte behandelt
werden?
>. in Beklci-
niitcj ?
b. Lage?
c. Erwärmung?
(1. im Bade?
352
Gesundheitslehre.
lauwarmes Bad, welches durch Zuguß heißen
Wassers immer wärmer gemacht wird. In die-
sem Bade lasse man ihn einige Stunden, wo-
bey man nichts weiters zu beobachten hat,
als daß man den ganzen Körper sanft mit
wollenen Tüchern reibe.
Langst ist bekannt, daß Ertrunkene nicht
auf den Kopf gestellt, nicht bey den Füßen aufge-
hangen, oder sonst gewaltsam bewegt und ge-
rüttelt werden dürfen.
Ware der Ertrunkene zugleich erfroren,
oder^ sehr erkaltet, so darf er durchaus in kein
erwärmtes Zimmer gebracht werden.
§. 5.
Erfrorne.
Erfrorne sind gewöhnlich leichter zum Le-
ben zu bringen, als Ertrunkene; denn es wur-
den Menschen wieder hergestellt, die schon ei-
nige Tage als Erfrorne im bewußtlosen Zu-
stande waren.
Man bringe den Erfrornen vor Allem in
ein kaltes Zimmer, entkleide ihn, lege ihn nackt auf
ein Lager von ein Paar Hände hohen Schnee,
und bedecke ihn eben so hoch mit Schnee, au-
ßer Mund und Nasenlöchern. Man drücke den
Schnee etwas fest an, und lege, wenn er schmilzt,
so lange frischen über, bis der Körper auf-
gethauet ist, der alsdann mit einer Eisrknde
überzogen erscheint, welche bald abschmilzt.
Hierauf trockne man ihn mit warmen
Tüchern, und bringe ihn in ein schwach er-
wärmtes Bett, aber nicht in eine geheitzte
Stube.
In Ermanglung des Schnees lege man
ihn in eiskaltes Wasser, oder wickle ihn in lang an Schnee.
Tücher, welche in kaltes Wasser getaucht si'nd.^
Das kalte Wasser oder die kalten Umschlags
e. in Bewe-
gung?
f. bey Erfrie-
rung?
54.
Wie sind Erfror-
iiezn behandeln?
a. in erster Be-
handlung und
Anwendung von
Schnee?
b. in Ermang-
Gesundheitslehre. 353
wiederhole man so lange, bis der Körper auf-
rhauet.
Im Bette reibe man den Körper von al-
len Seiten mit Tüchern, und wenn das Athem-
holen noch ausbleibt, so blase man vorsichtig
Luft durch den Mund in die Lunge. Man kann
sich hiezu eines kleinen Vlasbalges bedienen.
Sind die Kinnbacken fest geschlossen, so muß
mau sie unter den Ohren her mit kaltem Brannt-
wein und Oel stark reiben.
Sobald die Person wieder zu sich gekom-
men ist, und schlucken kaun, gibt man Hol-
lunderthee mit etwas Weinessig und Zucker
vermischt, umwickelt die Füße mit warmen
Tüchern, und legt Säckchen mit warmer Asche
an den Unterleib.
Die gerettete Person darf aber noch nicht
in eine geheitzte Stube gebracht werden, auch
sind Wein, Branntwein oder andere hitzige Ge-
lranke sehr schädlich.
Wie erfrorne Körper werden auch erfror-
ne Glieder behandelt.
Im Winter suchen sich manche Reisende
durch ein Glas Branntwein stärken; allein
das macht schläfrig und müde, und veranlaßt
zum Niedersitzen und Einschlafeu, wvbcp sie
erfrieren.
e. im Bette
und bey aus-
bleibendem
Athem?
<1. bey eingetre-
tenem Leben?
Wie werden ein-
zelne erfrorne
Glieder behan-
delt?
36.
Sollen Reisende
im Winter
Branntwein
trinken?
§. 6.
Erhängte.
Einem Erhängten oder Erwürgten löse
man sogleich das zuschnürende Baud, und
bringe ihn an einen kühlen Ort.
Man lege ihn ausgestreckt, so daß Kopf,„^.
und Brust etwas hoch liegen, auf ein wei-jben?
ches Lager, und entkleide ihn. ». w Lage?
37.
Wie mnß an
Erhängten oder
Erwürgten der
Rettungs - Der-
nch gemacht wer-
25
354
Gesundheitslehre.
Nun ritze man ihm die Drosselader am
Halse auf, oder auch eine von den Schlafpuls-
adern, dicht vor der Mitte des äußern Ohres,
lasse einige Teller von Blut ausfließen, und
binde dann ein in Leinwand gewickeltes Stück-
chen Metall auf die Oeffnung.
Fließt kein Blut, so bindet man die Ader
nicht, sondern blast Luft ein, gibt ein Kly-
stier aus warmem Wasser mit Hälfte Wein-
geist und einem Löffel Salz, und reibt den
ganzen Körper mit wollenen warmen Tüchern,
die Fußsohlen und Schenkeln mit starken Bür-
sten, die Füße setze man bis an das Knie in
warmes Wasser, spritze kaltes Wasser und
Weinessig in das Gesicht, und wehe viel fri-
sche Luft zu. —
Unter diesen vorläufigen Versuchen über-
gebe man ihn dem herbeygeholten Arzte.
h. bei Bluttas-
sen?
c. wenn kein
Blut fließt?
ß. 7.
S ch e i n t o d t c.
58.
Um Scheintodte zu retten, können auch
an Gestorbenen Rettungsversuche gemacht
werden. —
Es soll bey Scheintodten das Athemho-
len und die Bewegung des Blutes wieder in
Gang gebracht werden.
Man reibe den ganzen Körper mit Tü-
chern und Bürsten, tauche Arme und Füße in
warmes Wasser, begieße das Gesicht mit kal-
tem Wasser, drücke schnell und abwechselnd
Unterleib und Brust zusammen, blase Luft in
die Lunge, wende Essig, Nießmittel, reitzende
Klystiere rc. an; aber alles in gemäßigter rei-
ner Luft. Man darf nicht ermüden, wenn sich
auch in etlichen Stunden kein glücklicher Er-
- folg zeigt. , -
Können auch an
Gestorbenen
Rettungsversu-
che gemacht wer-
den?
.5Y
Wie behandelt
man Schein-
rodte?
355
Gesundheitslehre.
Auf jeden Fall muß man unterlassen, das
Kopfkissen dem erst Verblichenen wegzuziehen,
und ihn, da er kaum den letzten Athemzug ge-
than hat, sogleich aus dem Bette auf Stroh
in eine kalte Stube zu legen, ihm das Ge-
sicht zu bedecken, oder gar den Mund zuzubin-
den, die Hände zu schnüren, und so unbe-
wacht liegen zu lassen.
Nur die angehende Verwesung ist das
sichere Zeichen des wirklichen Todes.
Erfrorne Personen sollen nicht bald be-
graben werden; denn das Grab ist ja weit
warmer, und daher das Mittel, wieder leben-
dig werden zu können. Der Körper wird nach
und nach aufthauen, und zu seiner schrecklich-
sten Qual wieder aufleben.
Menschen, welche mit Fraisen oder
Fallsucht befallen sind:
1. löse man sogleich ihre Daumen aus,
und halte sie fest, bis der Anfall vorüber ist,
2. wenn sie sich verbeissen, so drücke man
ihnen die Nasenlöcher fest zu, und sie werden den
Mund öffnen, und Athem holen können;
5. besprenge und wasche man sie mit Es-
sig oder Wasser, bis sie wieder zu sich kom-
men.
§. 3.
H e i l u n g s f o r m e l n.
Die Natur schreibt dem Menschen allge-
meine Regeln zur Erhaltung der Gesundheit
und Abwendung der Krankheiten vor. Gewöhn-
lich ist aber auf Dörfern, daß abergläubische Leute
Krankheiten von Vieh und Menschen durch Be-
ten und Aussprechung gewisser Segensformeln
zu kuriren suchen, und heilen zu können vorgeben,
weil sie aus Aberglaube die Kranken für be-
hext halten. Allein solche unvernünftige Art zu
40.
Was soll man
nach dem Hiil-
scheiden unter-
lassen.
41
Welches ist das
sichere Kennzei-
chen des Todes?
42.
Was ist über
das Begraben
Erfrorner zu
sagen?
43.
Was ist mit
Menschen, die
von Fraisen,
oder Fallsucht
befallen wer-
den, zu thun?^
44.
Kann man durch
Segensformeln
kuriren?
35ö Gesundheitslehre
kuriren, und Vernachlaßigung natürlicher Arz-
neymittel führen zum Tode. — Wer nur ei-
nige Kenntniß von der Natur hat, wird sich
vor solchen Thorheiten bewahren, und bey
entstehenden Krankheiten zu solchen Aerzten
seine Zuflucht nehmen, die von der hohen Lan-
des-Obrigkeit verordnet sind.
nationales
H a tt d b u ch
uber
gemeinn^hige
K e n n t n t s s c
f u r
Dvlksschulen.
I m A u S z u g
------------------------------l^-wternationata
Schulbuchfortchunfl
Braunschweio
Von SchulbuchbibltoiheW
Dr. Anton Kienast/
konigl. Layer. Landgeri6)LS-Aktuar in Vilshofen.
P a s s a u.
Gedruckt in der Pustet'schen Buchdruckerey.
1 L 3 0.
Internatiorades SchlIbuchinsiitut *
Braunschweig
g_B i b i i a 1 b e k *.
fnventarisïerî untai
ISBI-SB fl 01?-—
Natu r lehre
§. 1.
Vorbegrisfe.
Die verschiedenen Dinge, welche sich in der
Welt,.über, auf und unter der Erde befinden,
heißen zusammen genommen Körperwelt oder
Natur.
Jener Unterricht, welcher von der Natur
handelt, d. h. von den in der Welt befindlichen
Körpern, und welcher uns ihre Beschaffenheit,
Kräfte und Wirkungen kennen lehrt, heißt Na-
turlehre.
Ein Körper ist jedes Ding, welches einen
Raum einnimmt, und auf irgend eine Art em-
pfunden werden kann.
Alle Körper bestehen aus den vier von uns
leicht erkennbaren Hauptstoffen: Wasser, Luft,
Feuer und Erde. Sie werden auch Elemente ge-
nannt.
§. 2.
Eigenschaften der Körper.
1. Allgemeine.
Alle Körper kommen in gewissen Stücken
überein, sie haben gleiche Eigenschaften. Solche
nun, welche einem jeden Körper zukommen, heis-
sen allgemeine Eigenschaften.
Zu den allgemeinen Eigenschaften der Kör-
per zählt man: i. Ausdehnung, 2. Porosität,
3. Bewegbarkeit, 4. Schwere, 5. Theilbarkeit,
6. Undurchdringlichkeit, 7. Anziehungskraft.
1.
Was heißt Na-
tur r
2.
WashcißtNa-
turlehre?
3.
Was ist ein
Körper?
4.
Woraus beste-
hen alle Kör-
per?
5.
Welche nennt
man allg.Eig.
der Körper?
6.
Wie heißen die
allg. Eig. der
Körper?
l
2 Naturlehre.
,. Ausdehnung heißt jener Raum, den je-
der Körper einnimmt; denn er laßt sich nach
Lange, Breite und Dicke betrachten, und muß
daher einen Platz haben, an welchem er sich
befindet.
Dasjenige, waS den Raum ausfüllt, nennt
man Materie, Masse des Körpers; seine äu-
ßere Begrenzung heißt Figur.
2. Alle Körper haben leere Zwischenräu-
me, wie z. V. am Holze mit freyem Auge
gesehen werden kann, d. h. sie sind poros,
und diese Eigenschaft heißt Porosität.
3. Alle Körper besitzen auch die Eigen-
schaft, daß sie von einem Orte zum andern
gebracht werden können, wenn sie hinreichen-
den Eindruck von Außen erhalten; sie heißt
Bewegbarkeit, Beweglichkeit.
4. Jeder Körper hat einen Mittelpunkt,
und fallt, wenn dieser nicht unterstützt wird.
Dieß heißt die allgemeine Eigenschaft der
Schwere, vermöge welcher alle Körper nach
dem Mittelpunkte der Erde streben.
5. Theilbarkeit ist die Eigenschaft der
Körper, sich in Theile zerfallen und auflösen
zn lassen. Sie ist oft außerordentlich, denn
eine einzige Blume erfüllt mit ihrem Gerüche
ein ganzes Zimmer, und ein Gran Karmin
färbt eine große Wandfläche.
6. Undurchdringlichkeit ist jene Eigen-
schaft, vermöge welcher nicht zwey oder meh-
rere Körper denselben Platz einnehmen kön-
nen, und in dem Raume, in welchem der
Eine ist, nicht auch der Andere seyn kann.
7. Anziehungskraft ist jene Eigenschaft,
vermöge welcher die Theile eines Körpers
sich zusammenhalten (Zusammenhang), oder
sich zu nähern und zu vereinigen streben (An-
ziehung). Z. B- wenn man Wasser ausschüt-
tet, bilden die Wassertheile Tropfen; ein
Was heißt
Ausdehnung?
6.
. . . Materie?
. . . Figur?
y.
.. - Porosität?
10.
Was heißt Be-
wegbarkeit?
11.
... Schwere?
12.
...Thcilbakreit?
13.
. .. Undurch-
dringlichkeit?
14.
... Anziehungs-
kraft ?
Naturlehre.
BewelS, daß dke klcknern Theile zusammen-
sireben. Bringt man die einzelnen Tropfen
einander näher, so fließen auch sie schnell zu-
sammen. ES ziehen alle Körper einander an.
2. Besondere.
Es gibt auch Eigenschaften, welche nicht
jedem Körper eigen sind, und diese heißt man
besondere Eigenschaften.
Solche sind: Härte, Weiche, Flüßigkeit,
Durchsichtigkeit, Elastizität u. a.
Nach ihren besondern Eigenschaften theilt
man die Körper in feste und flüssige, harte
und weiche, dichte und lockere, durchsichtige
und undurchsichtige, dunkle und leuchtende rc.
ES gibt drey Zustände, in welchen sich
das Wasser zeigt: i) als eigentliches Wasser,
2) als Eis, 5) als Dampf.
Es ist nicht nothwendig flüßig, sondern
kann auch in den Zustand der Festigkeit über-
gehen. Dieses geschieht durch Kälte, und das
Wasser wird Eis.
Eis entsteht, wenn die Wärmetheile auS
dem Wasser treten, und dieses durch die kalte
Luft zusammengezogen wird.
Dampf entsteht durch Erhitzung, denn
diese lockt aus dem Wasser Dünste hervor.
§• 4.
Wässerige Lufterscheinungen.
Aus der Erde und ihren Gewächsen stei-
gen beständig viele Dünste auf in die Höhe
der Luft, sammeln und verbinden sich, und
erzeugen Regen, Schnee, Hagel, Thau, Reif,
15.
Welche nennt
man bes. Eig.
der Körpers
16.
Wie theilt man
dieKörp. nach ih-
ren bes.Eig. eins
17.
Wie erscheint das
Wasser ?
13.
Ist das Wasser
nothwendig flüs-
sig r
iy.
Wie entsteht
Eiös
20.
Wie Dampf?
Welche sind dke
wässerigen Luft-
erscheinungen?
1*
4 Naturlehre.
Nebel und andere Naturerscheinungen, die
man wässerige Lnfterscheinungen nennt.
Ausdünstungen der Erde, welche von der
Sonnenwarme hervorgelockt werden, sich aber
in der kältern Luft nicht mehr auflösen kön-
nen , sondern verdichten, werden sichtbar und
schweben in der Lnft. Sie heißen Nebel, sind
leichter als die Luft, und schwimmen daher
in ihr.
Ist die Luft kalt, so vereinigen sich die
feinen Wasserbläschen zu ganz feinen Tro-
pfen, und fallen zur Erde nieder; wird aber
die Luft wärmer, so wird der Nebel so stark
ausgedehnt, daß er in die Hohe steigt; daher
werden auch die Nebel durch die Sonnenstrah-
len bald zerstreut. Im ersten Falle wird ge-
wöhnlich schönes Wetter, im zweyten regne-
risches.
Die Nebel sind ungesund und können
nachtheilig werden. Gegen Nachtheil kann
man sich schützen, wenn man am Morgen
Wachholderbeeren genießt.
Dünste, welche sich hoch in der Luft
sammeln, heißt man Wolken. Sie sind Nebel.
Die Verschiedenfärbigkeit der Wolken
rührt theils von ihrer Dichtheit, theils von
den Sonnenstrahlen her.
Sobald die Dünste, die als Wolken in
der Luft schweben, in Tropfen zusammenflies-
sen, fallen sie wegen ihrer Schwere als Re-
gen herab. Dieses Zusammenfließen kann
durch Wärme, Kälte, Wind und durch Er-
schütterung des Donners befördert werden.
Der Regen ist sehr nützlich. Er erquickt
die Erde zur Zeit der Hitze; verschafft den
Quellen und Flüssen Nahrung; reiniget die
Luft von schädlichen Dünsten, erweicht und
befruchtet die Erde, und befördert den Wachs-
thum der Pflanzen.
22.
Was ist Nebel?
25.
Warum steigt
oder fällt der
Nebel?
24.
Was schützt ge-
gen Nachtheil
des Nebels?
25.
Was ist Wolke?
26.
Woher die Ver-
schiedenfarbigkeit
der Wolken?
27.
Was ist Regen?
28.
Welchen Nutzen
hat der Regen?
v
Naturlehre.
Wenn die Regentropfen in ihrem Nie-
derfallen durch kalte Luftschichten kommen,
gefrieren sie zu Eisklumpen und fallen dann
als sogenannter Hagel herab.
Auch der Hagel, wenn gleich er Saaten
zerschlägt, hat seinen Nutzen. Er mindert die
Hitze, erschlagt viel schädliches Ungeziefer,
dünget Wiesen und Felder, und verhindert
Wolkenbrüche und Ueberschwemmungen.
Der Schnee ist gleichfalls eine Menge
gefrorner Dünste, welche sich in weißen Flo-
cken an einander setzen, und aus der Luft
als Schneeflocken zu Boden fallen, bevor sie
sich in Tropfen zusammenziehen können, wor-
an sie die Kälte hindert.
Die unzählbare Menge Tropfen, die sich
des Abends und Morgens auf dem Laube der
Baume und den Blättern der Pflanzen zei-
gen, heißt Thau. Er ist theils Ausdünstung
von Pflanzen selbst, theils sind es wässerige
Dünste, welche Abends aus der Erde aufstei-
gen, und, durch die Kühle der Nacht verdich-
tet, am Morgen wieder herabfallen.
Die Pflanzen schwitzen auch einen kle-
berigen Saft aus, der süß ist, und dieser
heißt Honigthau.
Wird der Honkgthau nicht durch Wind
oder Regen weggeschafft, so verursacht er
rbthliche Flecken, Rost genannt, auf einigen
Pflanzen.
Er erzeugt auch unzählig kleine Insekten,
die wie feiner Staub die Pflanzen bedecken,
und er wird Mehlthau genannt.
Mehlthau schadet den Pflanzen und be-
sonders dem Getreide; auch Thiere erkranken,
wenn sie solche vom Mehlthau befallene
Pflanzen fressen; vergüte Thau aber befeuch-
tet zur Zeit der Hitze die Erde, und beför-
dert so den Wachsthum.
5
2Y.
Was ist Hagel?
50.
Welchen Nutzen
hat der Hagel?
31.
Was ist Schnee?
32.
Was ist Thau?
53.
Was ist Honi--
thau?
...Rost?
04*
...Mehlthau?
35.
Welchen Nutzen
oder Schaden
hak der Thau?
6 Naturlehro.
^ Weun die Thautropfen bey kalter Nacht
gefrieren, heißt es Reif.
Die Luft löset beständig eine Menge Wasser
auf, und je wärmer sie ist, desto mehr kann
sie auflösen. Sobald aber der Grad der Wär-
me geringer wird, kann sie das Wasser nicht
mehr aufgelöst in sich behalten, sondern es
scheidet sich wieder von der Luft, und wird
unsern Augen sichtbar. Darauf gründen sich
die wässerigen Lufterscheinungen. Salz löset
sich so im Wasser auf, daß seine Theile un-
sichtbar werden; sobald aber die Wassertheil-
chen durch die Hitze verdampfen, wird das
Salz wieder sichtbar.
§. 5.
Luft.
Unsere Erdkugel umgibt eine sehr feine
durchsichtige und überaus flüssige Materie;
diese heißt man Luft.
Die eingesperrte atmosphärische Luft wird
durch das Athmen der Menschen und Thiere
in kurzer Zeit verdorben und zum Athmen
untauglich; sie verwandelt sich zur sogenann-
ten Stickluft, in welcher kein athmendes
Geschöpf leben kann. In solcher Luft erlischt
auch der brennende Körper.
Um zu erfahren, ob in einem Luftraume
gesunde oder zum Athmen untaugliche Luft
ist, senke man auf einem Gestelle eine bren-
nende Kerze voran. Je reiner die Flamme
brennt, desto reiner ist die Luft; in unreiner
Luft wird die Flamme endlich gar erlöschen.
Hat man in einem Brunnen u. dgl. die
Luft verdorben gefunden, so ist rathsam, viel
süßes Wasser, und noch besser, frisch ge-
brannten in vielem Wasser aufgelösten Kalk
hinein zu gießen, oder Schießpulver oder
36.
Was ist Reif?
37.
Wie entstehen
die wässerigen
Lufterfcheinun-
gcn im Allge-
meinen ?
Was heißt Luft?
59.
Welche Wirkung
äußert einge-
sperrte Luft?
40.
Wie prüft man,
ob gesunde Luft
ancinemOrteist?
41.
Wie kann man
in Brunnen die
Luft reinigen?
7
Natmlehre.
Salpeter, auch Stroh anzuzünden. Dadurch
wird die Luft wieder rein.
Besonders schädlich ist der Kohlendampf.
Kohlendämpfe ersticken, daher weiß man
mehrere Beyspiele,' daß Leute, die sich in
kalten Zimmern durch hineingestellte Kohlen
erwärmten und einschliefen, erstickten, und
am Morgen todt im Bette gefunden worden
sind. So starben im verflossenen Jahrhunderte
einige junge Leute, welche thöricht genug
waren, Geister zu beschwören, und Schatze
zu suchen. Damals zweifelte man nicht, daß
die Geister sie erwürgt haben, weil man die
Wirkung der Kohlendämpfe noch nicht kannte.
Die Ausdünstungen der Leichen können
den nahen Bewohnern leicht schädlich werden
und nachtheiligen Einfluß auf die Gesundheit
haben. Man hat Beyspiele, daß bey Eröff-
nung von Grüften die eintretenden Personen
schnell durch die Ausdünstung gelödtet wur-
den. Mau soll daher die Kirchhöfe außer die
Orte verlegen, und zur Begrabuug der Tod-
ten einen geräumigen Platz km freyen Felde
erwählen.
§. 6.
Wind.
Die Lust ist nie ganz ln Ruhe, aber erst,
wenn sie stark bewegt wird, wird sie wahr-
genommen, und eine merkliche Bewegung der
Luft heißt Wind.
Heftig bewegte Luft oder sehr starker Wind,
welcher in einer Sekunde 40 bis 60 Fuß
weit geht, heißt Sturm; auf der Erde reißt
er Bäume und Häuser nieder, auf dem Meere
stürzt er Schiffe um.
Die Winde haben nach den Gegenden,
woher sie blasen, ihre Beschaffenheit und ihre
42.
Welche Wirkung
haben Kohlen-
dämpfe ?
42.
Welche Wirrung
haben Ausdün-
stungen der
Kirchhofe?
44.
Was heißt
Wind?
45.
Was ist Sturm?
46.
Welche Beschaf-
fenheit haben die
6 . ^ Naturlehre.
Namen. Der Ostwind weht von Morgen,
ist trocken und im Sommer heiß; der Süd-
wind kommt von Mittag und ist mehrentheils
warpi und feucht; der Westwind kommt von
Abend und bringt mehrentheils Regen; der
Nordwind von Mitternacht und ist kalt.
Die Winde können durch ihre Gewalt viel
Schaden anrichten, aber ihr Nutzen ist über-
wiegend.
Sie reinigen die Luft von schädlichen
Dunsten; mindern die Sonnenhitze; bewahren
stehende Gewässer vor Faulniß und trocknen
die Erde; befördern die Schiffahrt und bewe-
gen Mühlwerke; treiben Wolken zum Regen
herbey und führen sie fort; befruchten die
Pflanzen, indem sie den Blumenstaub aus-
streuen rc. rc.
Im Sturme werden Saaten verwüstet,!
Baume entwurzelt, Hauser und Schiffe gestürzt;?
doch ist der Nutzen, den Stürme schaffen, größer.
Winde km Mge-
meinen ?
47.
Welchen Nutzen
hat der Wind ?
48.
Welchen Scha-
den stiftet der
Wind ?
§. 7.
Schall.
Schall entsteht durch da§ Anschlagen eines
Körpers und die dadurch bewegte Luft, welche
auch den-Schall in die Weite fortpflanzt. Die
Luft wird nämlich durch das Anschlagen eines
Körpers schnell zusammengepreßt, sie dehnt sich
aber auch schnell wieder ans. Dadurch kommt
sie in eine zitternde Bewegung, und wird Schall.
Der Schall ist verschieden, hellklingend
oder dumpf u. dgl. Diese Verschiedenheit rührt
von der verschiedenen Harte oder Weichheit
der Körper her. Ein eiserner Hammer wird an
der metallenen Glocke hellen Schall erregen,
aber nicht ein hölzerner; auch verhindert Schnee,
als ein weicher Körper, den Schall.
49.
Wie entsteht der
Schall?
60.
Woher kommt
die Verschieden-
heit deLSchüll'es?
Naturlehre.
0
§. 8.
Feuer.
51.
In allen Körpern, selbst im Eise, befin-
det sich ein feines Wesen, welches sich uns
mit Wärme ankündigt, und in uns das Ge-
fühl der Wärme hervorbringt. Man nennt es
Wärmestoff, Wärmematerie , welche das Ele-
ment ist, das man Feuer nennt.
Wenn die Wärme in Glühen oder Flam-
men ausbricht, wird Feuer.
Der Nutzen des Feuers ist außerordentlich.
Es leuchtet und erwärmt; ohne Feuer wäre
weder Licht noch Tag, weder Leben noch
Wachsthum; alles wäre erstarrt, kalt und todt.
Wir haben es zum Kochen nöthig, da wir
manche Speise roh nicht essen können; die
Handwerker zum Schmelzen der Metalle, u. s. f.
Was ist Wärme-
stoff?
52.
Was ist Feuer?
55.
Welchen Nutzen
hat daS Feuer?
§. 9.
Elektricität.
Eö gibt Körper, welche, nachdem sie an
andern Körpern gerieben worden sind, die Kraft
besitzen, kleine Sachen an sich zu reißen, und
wieder fortzustossen, einen leuchtenden knistern-
den Funken zu zeigen, und süßlichen Geruch
zu verbreiten. Diese Kraft heißt man Elektri-
cität, oder elektrische Materie, elektrisches
Feuer.
Man entdeckte diese Kraft zuerst am Bern-
steine, der auf lateinisch Electrum heißt, und
daher stammt der Name.'
Um die elektrische Materie leicht erregen,
durch Spitzen auffangen und sichtbar machen
zu können, hat man eine eigene Maschine er-
funden, durch welche man wunderbare Erschei-
nungen hervorbringen kann; man nennt sie
Elektrisi'r- Maschine.
54.
WaS heißt Elek-
tricität?
55.
Woher der Na-
me Elektricität?
56.
WaS heißt Elck-
trisirmaschine?
10
Naturlehre.
57*
Auch hohe Stangen, welche aufgestellt Wie entstanden
waren, zogen bey Gewittern die elektrische Ma- die Blitzableiter?
terie an sich, so daß man die Funken sah.
Dieß brachte Franklin, einen der nordameri-
kanischen Weisen, auf den Gedanken, die
Wohnungen der Menschen auf diese Weise vor
den zerstörenden Wirkungen des Blitzes zu si-
chern, und so wurde der Blitzableiter erfunden.
§. io.
Magnet.
Es gibt ein gewisses Eisenerz, welches kn
Gestalt eines Steines erscheint und die Eigen-
schaft hat, Eisen, das ihm nahe genug kommt,
und noch drey andere erst spater entdeckte Mi-
neralien anzuziehen; — und welches sich auch
mit einer Seite stets nach Mitternacht, mit
der andern stets nach Mittag drehet, wenn es
an einem Faden frey hangt, oder im Wasser-
auf einem Bretchen schwimmt. Man nennt es
Magnet oder Magneteisenstein, von der Stadt
Magnesia, wo man es zuerst gefunden haben
will.
56.
Was heißtMag-
net, und woher
der Name?
§. li.
Licht.
Dasjenige Wesen, welches die Dinge aus-
ser uns erleuchtet, und wodurch wir sehen,
heißt Licht.
Einige Körper bringen das Licht aus sich
selbst hervor, z. B. die Sonne, viele bren-
nende Körper, einige Arten vom faulen Holze,
faule Fische re. — Solche heißen leuchtende.
An andern entsteht das Licht nur, wenn es
von andern Körpern auf sie fällt. Sie heißen
erleuchtete.
Der Gegensatz des Lichtes ist Dunkelheit,
59-
Was heißt Licht?
60.
Wie entsteht an
den Körpern das
Licht?
61.
Was ist dcr Gc-
11
Naturlehre.
und gänzliche Abwesenheit des Lichtes ist Fin-
sterniß.
Das Licht verbreitet Anmuth über die
ganze Schöpfung, bildet die verschiedenen Far-
ben, das sanfte Blau des Himmels, das
Grün des Erdreiches. Wenn der Schöpfer-
Nacht und Schatten eintreten laßt, bereiterer
uns nur wieder neues Vergnügen zu Licht und
Farbe vor.
Das Licht bewegt sich, so lange es auf
seinem Wege keine Hindernisse antrifft, auf
geradem Wege.
Die Lichtstrahlen behalten nicht immer
ihre gerade Richtung, sondern neigen sich
manchmal, und machen einen Winkel, z. B.
wenn sie aus der Luft in das Wasser, oder
Glas gehen, und so umgekehrt.
Können die Lichtstrahlen den Körper nicht
durchdringen, so werden sie zurückgeworfen und
dann gesehen. Dieß heißt Strahlenbrechung.
§. 12.
Glänzende Lufterscheinungen.
Die Höfe um die Sonne und den Mond sind
nur Dünste unserer Atmosphäre, bilden sich
durch Brechung der Lichtstrahlen, und sind nicht
von Mond und Sonne selbst. — Die Dünste
sind die Ursache eintretenden Regens, wenn
sich ein Hof zeigt.
Ein solches Bild können wir selbst ma-
chen, wenn wir auf einem Küchenherde hinter
einen Kessel, aus welchem Wasserdämpfe auf-
steigen, ein Licht stellen. Betrachten wir den
Mond durch gefrorne Fensterscheiben, so sehen
wir auch deutlich einen Hof, welcher aber ver-
schwindet, wenn wir das Fenster öffnen. Auch
in Zimmern mit wässerigen Dünsten erblickt
man ihn um das Licht.
geriscisi d. Lichts?
62.
Was wirkt das
Licht in der
Schöpfung?
65.
Wie bewegt steh
das Licht?
64.
Behalten die
Lichtstrahlen im-
mer ihre gerade
Richtung?
65.
Was ist Strah-
lenbrechung?
66.
Was sind die
Höfe nm Sonne
und Mond?
6?.
Kann man die
Höfe nachah-
men?
12
Naturlehre.
Durch eisige Dünste entstehen Neben-Son-
nen und, Neben-Monde; sie bilden sich in dem
Spiegel der in der Luft befindlichen Eisblatt-
chen ab.
Die prächtigste der glänzenden Lufterschei-
nungen ist der Regenbogen.
Er entsteht, indem sich die Mondes- und
Sonnenstrahlen in den gegenüber niederfallen-
den Regentropfen brechen und zurückgeworfen
werden.
68.
Wie entstehen
Neben-Monde
und -Sonnen?
6y.
Wie entsteht der
Regenbogen?
§. 15.
Feurige Lufterscheinungen.
70.
Wenn sich Blitze sehen und Donner hören
lassen, so heißt es Gewitter.
Ein Gewitter entsteht durch die in der
Luft befindliche elektrische Materie. Wenn ch'ch
nämlich die elektrischen Wolken nähern, fährt
ein großer Funke von einer Wolke in die an-
dere, fährt schnell durch die Luft, erschüttert
sie, und erzeugt so den Schall — den Donner.
Der Blitz nach gewissen Beobachtungen
und Versuchen ist nichts andres, als ein hef-
tiger elektrischer Funke zwischen den Wolken,
und der Donner ist der Knall, welcher mir
Ansbrechung des Blitzes verbunden ist, und
durch die heftige Erschütterung der Luft be-
wirkt wird.
Der Knall ist an sich einfach, wird aber
vielfacher und ein Rollen, wenn durch mehrere
auf einander folgende Blitze sich die Knalle
vervielfältigen, oder sich der Schall an Gegen-
stände» bricht.
Die Gewitter haben sehr großen Nutzen.
Sie kühlen die Luft ab, zerstreuen und verbren-
nen die schädlichen Dünste, befördern den
Wachsthum der Pflanzen und die Fruchtbarkeit
des Erdreiches, nicht nur durch den Regen, son-
Wenn ist Ge-
witter?
71.
Wie entsteht ein
Gewitter?
72.
Was ist Blitz
und Donner?
75.
Wie entsteht das
Rollen des Don-
ners?
74.
Welchen Nutzen
haben die Ge-
witter?
13
Nattirlehre.
dem auch durch dke Elektrisirung und durch die
Erschütterung des Donnerö.
Bey Gewittern hat man verschiedene Vor-
sichtsmaßregeln zn beobachten: ^
1) Man entferne sich von Wanden, Schorn-
steinen, Oefen u. dgl.; am sichersten ist man
in der Mitte eines geräumigen Zimmers im
untern Stocke.
2) Man öffne ein Fenster oder eine Thüre,
damit man nicht Gefahr laufe, von der schwef-
ligen erstickenden Luft überwältigt zn werden,
wenn der Blitz in das Zimmer fahren sollte.
5) Man lege alles Metall, also auch Geld,
von sich; denn Metall ist ein Leiter.
4) Nachts verlasse man das Bett, weil
es der Blitzstrahl schon manchmal entzündete;
auch ist man wachend geschickter, einer Ent-
zündung zu steuern, und unglücklichen Neben-
menschen zu Hülfe zu kommen.
5) Wenn der Blitz irgendwo eingeschlagen
hat, gehe man nicht sogleich an die getroffene
Stelle, denn es geschieht nicht selten, daß ein
zweyter Schlag nachfolgt.
6) Man entferne sich von Bäumen, Holz-
stößen, Getreidhanfen rc.
7) Man hüte sich vor schnellem Gehen,
Fahren, Reiten, und lege sich lieber der Länge
nach unter freyem Himmel von allen Gegen-
ständen entfernt auf die Erde nieder; man
steige vom Wagen und Pferde, und trete nicht
nahe an Gewässer; man stelle sich nicht unter
Hausthüren, sondern bleibe lieber mitten auf
der Gasse. Alles Feuer im Hanse lösche man
ans, und vermeide im Zimmer jede Zugluft.
8) Gefährlich ist es, wenn an Häusern
Klingeln sind, welche durch Eisendraht gezo-
gen werden, und wenn dieser durch Zim-
mer oder an der Mauer weiter geführt wird.
Statt desselben ist ein gut gespannter, in
75.
Welche Vorsicht
hat man bey Ge-
wittern zn beob-
achten?
a) in Wohnun-
gen?
b) Oeffnen der
Fenster rc.
c) an Metall? -
cl) wegen Schla-
fen?
c) beym Ein-
schlagen?
f) bey Gegen-
ständen?
g) beymFahren,
Reiten, bey Feu-
er, Zugluft rc.
b) Hansklin-
geln?
14
Naturlehre.
Pechfirnkß getränkter seidener Bindfaden räth-
l ich er.
Man vermeide das Lauten der Glocken
ans Kirchthürmen zur Zeit, da ein Gewitter
über unserm Scheitel schwebt. Viele tausend
Personen haben wegen dem Wetterlanten ihr
Leben eingebüßt, weil das Metall für sich
und besonders bey seiner Bewegung, wodurch
es erwärmt wird, die Gewittermaterie an sich
zieht. Im Jahre 1783 sind nur in Teutschland
und Frankreich i» Zeit von drey Monaren
96 Personen, die während der Wetter läu-
teren, vom Blitze erschlagen worden. Er be-
schädigte vier junge Leure, welche, ungeachtet
aller Gegenvorstellungen, sich zum Wetterläuren
begaben. In einem Zeitraume von 55 Jahren,
da das Wetterläuren noch nicht verboten war,
ereigneten sich in Teutschland allein 386 be-
kannte Fälle, daß der Blitz auf Glockenthürme
siel und 103 Personen todtere. Es ist daher
eine große Wohlthat der weisen Negierung,
daß sie das schädliche Wetterläuten verbot.
Gegen den Blitzstrahl schützen die söge
nannten Wetter- oder Blitzableiter, welche
aber mit Sorgfalt aufgestellt und unterhalten
werden müssen. Wenn ein Gewitter über einem
mit einem Blitzableiter versehenen Gebäude zu
stehen kommt, so fährt jeder Blitz gerade auf
den Ableiter, und gleitet an der Stange in
die Erde, ohne ein Gebäude zu beschädigen
Zur Zeit des Gewitters fällt manchmal
außerordentlich viel elektrische Materie in den
Regentropfen herab, wodurch diese hellglän-
zend werden. Diese Erscheinung nennt man
Feuerregen.
Abends und Nachts läßt sich oft plötzlich
ein Schein am klaren Himmel sehen, der
schnell wieder verschwindet. Man heißt dieses
Wetterleuchten oder Abkühlung des Himmels.
76.
Soll man bey
Gewitter läu-
ten 3
77.
Was schützt ge-
gen den Blitz-
strahl?
73.
Was ist Feuer-
regen?
79.'
Was heißt Wet-
terleuchten ?
Naturlehre.
Es ist entweder bloß der Wiederschein
entfernter Blitze, oder ein Blitz, dessen Don-
ner wegen großer Entfernung nicht gehört
wird, oder der keinen Knall verursacht hat.
Man kann nämlich einen Blitz, der nur eine
Viertelmeile hoch ist, über 22 Meilen weit
sehen, den Donner aber nur 3 Meilen weit
hören.
Manchmal läßt^sich an den Spitzen der
Thürme, auf Mastbaumen der Schiffe, auch
auf Bajouneten der Soldaten, an Spitzen der
Wetterableiter, an Pferdeohren:c., im Dunkeln
eine Erscheinung in Gestalt eines flimmern-
den Lichtes bemerken. Man heißt sie Wetter-
lichter oder St. Elmusfeuer. Auch die Wet-
terlichter sind nur eine elektrische Materie, die
sich an die Körper ansetzt.
Kleine Flämmchen, die vom gestirnten
Himmel zu fallen scheinen und Sternschnuppen
genannt werden, sind auch nur Dünste, die
sich entzünden. Wo sie niederfallen, findet man
einen schleimartigen Körper.
Das nämliche sind Feuerkugeln und Feuer-
saulen, die oft mit einem Knalle zerplatzen,
und da erstere manchmal einen langen feurigen
Schweif nach sich ziehen, werden sie auch feu-
rige Drachen genannt.
Der feurige fliegende Drache ist auch eine
Entzündung der brennbaren Luft, welche langer
anhält, weil die Luft mit schleimigen Dünsten
versehen ist.
Der Aberglaube hielt ihn für den Teufel,
weil er sich auch bisweilen den Schornsteinen
nähert. Dieses geht aber ganz natürlich zu,
denn die Luft am Schornsteine ist durch das
Feuer, welches den Tag hindurch auf dem
Herde unterhalten wurde, verdünnt worden,
und die Folge davon ist, daß die äußere Luft
in denselben hineinströmt. Kommt der Dra-
L5
60.
Was ist das
Wetterleuchten?
81.
Was sind Wet-
terlichter?
62.
Was heißt man
Sternschnuppen
und was sind sie?
63.
Was sind feurige
Kugeln u. dgl.?
64.
Was ist der flie-
gende Drache?
/
16
Naturlehre.
d)c in diesen Luftstrom, so folgt er ihm,
und wenn er gerade am Schornsteine erlischt,
hat cs den Anschein, als fahre er in den
Schornstein hinab. Auch das Erlöschen am
Schornsteine ist natürlich, weil in einer sehr
verdünnten Luft das Feuer nicht brennen kann.
An sumpfigen Orten, Richtftätten, Kirch-
höfen, Schlachtfeldern, wo Pflanzen und
Thiere in Fäulniß übergehen, bemerkt man oft
kleine Flämmchen, welche bald da, bald dort
sich zeigen, verschwinden und wieder entstehen,
und den Wanderer Nachts oft verleiten, ihrem
Scheine zu folgen, indem er sie für wirkliche
Lichter in menschlichen Wohnungen halt, wo-
durch er aber vom rechten Weg abgeleitet wird.
Auch laufen abergläubige Leute aus Furcht
und Angst fort, ohne zu wissen, wohin. Oie
Erscheinung heißt man Irrwische oder Irr-
lichter.
Sie sind nichts anders als leuchtende
Dunste, die'sich entzünden und hin und her
schweben, und werden von abergläubigen Leu-
ten für Gespenster gehalten, für böse Geister,
welche die Reisenden irre führen, oder für
Seelen der Verstorbenen. Man nennt sie auch
, Fuchtel- oder Feuermänner.
Wenn Wärme auf die Körper wirkt, bil-
den sich Dünste und Dämpfe und aus diesen
brennbare Luft, welche sich an der atmosphä-
rischen Luft mit bläulicher Farbe entzündet und
brennt, — und so bilden sich die sogenannten
Irrwische.
Das sogenannte Geldbrennen ist auch nur
entzündete brennbare Luft, und wird auch öf-
ter durch ein Stück faulendes Holz verursacht.
Alle solche Erscheinungen in der Luft oder
auf der Erde haben aber nichts besonderes und
kein Unglück zu bedeuten; denn sie sind ganz
natürliche, wenn auch seltene, Erscheinungen.
65.
Was heißt inan
Irrlichter?
86.
Was sind die
Irrlichter?
87.
Wie werden die
Irrwische gebil-
det?
88.
Wir entsteht das
Geldbrennen?
89.
Was bedenken
feurige Drachen, <
Irrwische, Ne- -
bensonnen u.dgl..
Naturlehre.
Unkundige Leute sehen sie für plötzliche Wun-
der an, und gerathen bey ihrem Anblicke in
Angst und Furcht, weil sie thörichter Weise
glauben, es werde Unglück oder wohl gar das
Ende der Welt angedeutet.
Glanzende und feurige Lufterscheinungen
unterscheiden sich im Allgemeinen in der Art,
daß Erstere nur von Brechung der Lichtstrah-
len, Letztere aber von wirklicher Entzündung
der Luft und von elektrischem Feuer herrühren.
§. 14. ;
E r d e.
Die Erde, als Element angenommen,
ist ein trockner, lockerer Körper, welcher keinen
Geschmack hat, nicht aufgelöst und nicht aus-
gedehnt werden kann, und den größten Theil
unsers Erdbodens ausmacht.
Es gibt viele Erdarten, z. B. Sand-,
Thon-, Kalk-, Kiesel-Erde; sie werden aber
nie ganz rein, sondern, immer vermischt ange-
troffen.
$. 15. *
Vom Weltgebäude im Allgemeinen *).
Unter Weltgebäude versteht man alle Kör-
per, welche sich im Himmelsraume befinden,
daher nicht bloß unsere Erde, sondern zugleich
auch die Sonne, rMond und das ganze
Heer von Sternen.
Die Gestirne werden eingetheilt in Fir-
*) Wenn man von Entfernung und Große der
Weltkörpcr spricht, belächelt es Mancher, oder
erklärt cs für Erdichtung. Aber der Unwissende
sollte lieber schweigen, als unwissend absprechen.
Die Astronomen oder Sternkundigen haben Hülfs-
mittel genug zu den genauesten Beobachtungen.
I
17
go.
Wie unterschei-
den sich glänzen-
de und feurige
Lufterscheinun-
gen ?
gi.
Was ist Erde
als Element?
gr.
Gibt es mehrere
Arten Erde?
gs.
Was versteht
man unter Welt-
gebäude?
g4.
Wie theilt man
die Gestirne ein?
2
18
Nctturlehre.
sterne und ln Wandelsterne, je nachdem man
sie immer in derselben Stellung erblickt, oder
sie ihre Stellung verändern. Erstere heißen Fix-
sterne, letztere Wandelsterne oder Planeten.
Einige Planeten bekommen wir nicht im-
mer, sondern nur sehr selten, zu sehen; sie sind
auch in ihrer Gestalt von den übrigen Sternen
sehr verschieden, gehen in langlichter Bahn
um die Sonne, und ziehen gewöhnlich einen
Schweif nach sich. Sie heißen Kometen oder
Schweifsterne.
Einige Planeten haben kleine Himmels-
körper, welche sie immerwährend begleiten.
Man heißt diese Begleiter Nebenplaneten, Tra-
banten oder Monde.
Nachts bey heiterer Luft bemerken wir am
Himmel einen weißen Streif, welcher wie ein
heller Bogen am Himmelsgewölbe ist, und
aus unzähligen kleinen Sternen besteht. Man
heißt ihn die Milchstraße.
Die Anzahl der Sterne ist unermeßlich.
Ein Beyspiel davon ist, daß man an einem
Theile der Milchstraße, welcher binnen einer
Viertelstunde an einem Fernrohre vorüberging,
116,000 Sterne zählte, und übrigens mit gro-
ßen Fernrohren schon 12 Millionen entdeckt hat.
Es zeigen sich auch der Milchstraße ähn-
liche Flecken, welche nur mit dem Sehrohre
zu sehen sind, und in welchen viele einzelne
Sterne unterschieden werden können; solche
heißt man Nebelsterne.
Unermeßlich ist die Entfernung der Ster-!......
ne von unserer Erde. Man berechnet, daß der Entfernung der
nächste Fixstern nach der Sonne, für welchen
man wegen seiner Größe und seinem Glanze^
den Sirius halt, viele hundert tausend Mil-I
lionen Meilen von der Erde entfernt ist. ) 101.
Die Fixsterne sinv Sterne mit eigenem Von welcherBe-
Lichte, sonst waren sie in ihrer ungeheuern^schaffenheck ftnö
95.
Was sind Komc
reu?
96.
Was sind Tra-
banten?
97.
Was heißt
Milchstraße?
93.
Wie groß ist die
Anzahl der
Sterne?
99.
Was heißen Ne-
bel sterne?
100.
Wie groß ist die
Naturlehre. 19
Entfernung nicht mehr sichtbar, und sie müs-
sen also lauter Sonnen seyn.
Die Planeten erhalten ihr Licht und ihre
Warme von einem Fixsterne, d.h. einer Sonne,
und sie wandern um sie in weiten langlichten
Bahnen; drehen sich aber auch zugleich um
ihre eigene Achse.
§. 16.
Sonne.
Der glänzendste und uns am nächsten ste-
hende Firstern ist die Sonne.
Ihre Entfernung von der Erde betragt
21 Millionen Meilen, so daß eine Kanonen-
kugel, wenn sie von der Erde abgeschossen in
gleicher Geschwindigkeit fortginge, 25 Jahre
zu fliegen hätte, bis sie zur Sonne käme, und
daß man 50,000 Jahre zu gehen hätte.
Da nun der Sirius über 400 tausendmal
weiter entfernt ist, so bedürfte eine Kanonen-
kugel in ihrem schnellsten Laufe über 10 Mil-
lionen Jahre.
Da die Sonne in ihrer erstaunnngswür-
digen Entfernung doch noch sichtbar ist, und so
groß erscheint, muß sie auch ein ungeheuer-
großer Körper seyn.
Sternkundige berechneten, daß sie 1,443,000
mal größer sey, als unsere Erde. — Ware
nun die Sonne hohl, so hätte die Erde und
der Mond bequem in derselben Raum, und
zwar so, daß der Mond, in seiner wirklichen
Entfernung von der Erde abstehend, ohne
Hinderniß um diese laufen, und der Rand
der Sonne doch noch 50,000 Meilen dick seyn
könnte.
Die Sonne bewegt sich um ihre Achse
von Westen gegen Osten, und geht nicht
wirklich auf und unter, wie es uns scheint.
Dieses ist eine Täuschung.
die Fixsterne?
102.
Welche Beschaf-
fenheit haben die
Planeten?
105.
Welcher Firstern
ist uns d. nächste?
104.
Wie weit ist die
Sonne von der
Erde entfernt?
105.
Wie groß ist die
Sonne?
106.
Welche Bewe-
gung hat die
Sonne?
2*
20
Naturlehre.
Wenn wir in einem fahrenden Wagen
oder schwimmenden Kahne sitzen, so glauben
wir auch, wenn wir nicht an die Bewegung
denken, welche das Schiff oder der Wagen mit
uns macht, daß die neben dem Wagen oder
Schiffe sich befindlichen Gegenstände sich bewe-
gen, obschon sie immer stehen bleiben. So steht
auch die Sonne still, und die Erde dreht sich
täglich einmal um sie herum, von Westen ge-
gen Osten, wodurch der sich annähernde Theil
stets mehr erleuchtet, der sich abwendende
verdunkelt wird.
§• 17.
Planeten der Sonne.
Unserer Sonne gehören eilf Planeten an,
die sich um sie bewegen, und von ihr Licht
und Leben und Warme, auch Jahreszeiten und
Tage erhalten.
Sie bewegen sich um die Sonne in ver-
schiedenen kleinern und größer« Bahnen.
Die merkwürdigern Planeten sind:
i) Merkur, 2) Venus, 5) Mars, 4) Ju-
piter, 5) Saturn, 6) Uranus, 7) Erde.
107.
Wieviele Plane-
ten gehören zur
Sonne, -und wo-
zu dient sie ih-
nen?
108.
Wie heißen eini-
ge Planeten?
§. 18.
Die Erde, als Planet.
Die Erde, unser Wohnplatz, ist der dritt-
nachste Planet der Sonne. Sie ist ein dunk-
ler Körper, der wie die übrigen Planeten von
der Sonne Licht und Warme erhalt. Sie
schwebt im unermeßlichen Welträume, und da
die Sonnenstrahlen von ihr zurückprallen, so
muß sie im Himmelsraume, wie die übrigen
Planeten, hell und glänzend erscheinen.
Sie ist von der Sonne 21 Millionen Mei-
len entfernt.
10Y.
Was ist die Erde
als Planet?
110.
Wie weit ist die
Erde von der
Sonne entfernt?
21
Naturlehre.
Ihre Bewegung ist zweifach. Sie lauft
in einer Zeit von 365 Tagen, 5 Stunden, 48
Minuten und 37 Sekunden um die Sonne,
und beschreibt dadurch eine fast kreisförmige
Bahn von i3i Millionen Meilen, und zugleich
lauft sie in 24 Stunden, also täglich, um ihre
Achse.
Bey.der Bewegung um die Sonne läuft
die Erde in einer Sekunde 4 Meilen, also
izomal schneller als eine Kanonenkugel.
Von ihrer schnellen Bewegung fühlen wir
nichts, weil die Luft, welche die Erde um-
gibt, sich zugleich mit bewegt, und weil die
Bewegung äußerst gleichförmig und ununter-
brochen ist. Schon auf einem Schiffe, das ru-
hig den stillen Fluß hinabschwimmt, merken
wir durch das Gefühl wenig oder gar nichts
von einer Bewegung, um wie viel weniger
können wir etwas von der Bewegung der Er-
de merken, da sie durch den feinen Himmels-
äther schwimmt. Die Bewegung des Schiffes
fühlen wir erst, wenn es auf einmal anhält,
oder am Ufer anstößt.
Die Bewegung der Erde um die Sonne
bringt das Jahr und die vier Jahreszeiten
hervor, so wie auch Tag- und Nachklängen.
Die Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst,
Winter entstehen, weil die Erde auf ihrer Bahn
um die Sonne dieser bald naher, bald entfern-
ter, gerade oder schief zu stehen kommt, da sie
sich länglicht oder eyförmig bewegt, und daher
auch die Sonnenstrahlen verschiedene Richtung
zur Erdfläche erhalten, wodurch Wärme und
Kälte entsteht; denn je schiefer die Strahlen
einfallen, desto weniger warmen sie (wie wir
an Sommerabenden erfahren), obgleich im
Winter die Erde um 662,000 Meilen der Son-
ne näher ist, als im Anfange des Sommers.
Man könnte deßwegen eine dritte Bewe-
in.
Wie vielfach ist
die Bewegung
der Erde?
112.
Wie schnell ist
ihre Bewegung?
113.
Warum fühlen
wir die Bewe-
gung der Erde
nicht?
114.
WaS erzeugt die
Bewegung der
Erde um die
Sonne?
22
Naturlehre.
gung der Erde annehmen; allein sie ist nur
eine Neigung der Erde auf einer und derselben
Laufbahn, auf welcher sie bald mit dem Süd-
pole, bald mit dem Nordpole naher zur Sonne
kommt.
Durch die Bewegung der Erde um ihre
eigene Achse wird Abwechslung von Tag und
Nacht hervorgebracht.
Unwiderlegliche Beobachtungen bewahren,
daß unsere Erde, wie die Sonne, der Mond
und alle Planeten, kugelförmig ist; sie ist
aber keine vollkommene Kugel, sondern gleicht
mehr einer Pomeranze.
Die Berge hindern die kugelförmige Ge-
stalt der Erde nicht; denn bey der ungeheuern
Größe der Erde machen diese Ungleichheiten
wenig aus, wie die kleinen Warzen an einem
Apfel.
Der Umfang der Erde beträgt 5400 Mei-
len, und ginge Jemand in gerader Richtung
täglich 5 Meilen um die Erde, wird er drey
Jahre zubringen. Der Durchmesser der Erde
betragt 1719 Meilen, die Oberflache über 9 Mil-
lionen Quadratmeilen, und ihr körperlicher In-
halt über 2000 Millionen Kubikmeilen.
Die Oberflache der Erde besteht aus fe-
119.
. . Wie ist die Ober-
stem Lande und aus Wasser; letzreres nimmtlstache der Erbe
rwen Drittheile ein. und ersteres ist ebenes l ^'schalst" ?
115.
Was entsteht
durch dieB.derE.
um ihre Achse?
116.
Welche Gestalt
hat die Erde?
117.
Die Berge neh-
men aber der Er-
de die runde Ge-
stalt?
119.
Wie groß ist die
Erde?
zwey Drittheile ein, und ersteres ist ebenes
oder bergiges Land.
Eine unermeßliche Wassermenge umgibt
das feste Land unserer Erde ringsum, bedeckt
etwa zwey Drittheile derselben, und ist an
manchen Stellen über 2000 Ellen tief. Sie
heißt Meer, Ocean, Weltmeer.
Das Meer hat die merkwürdige Erschei-
nung der Bewegung des regelmäßigen Stek-
gens und Fallens. Sechs Stunden hindurch
steigt es aus seiner ganzen Tiefe in die Höhe,
und bleibt eine ganze Viertelstunde lange ste-
120.
Was heißtMeer?
121.
Welche merk- _
würdige Erschei-
nung bietet das
Meer dar?
25
Naturlehre.
hen; dieses heißt Fluth. Dann fällt eö sechs
Stunden hindurch, und bleibt wieder stehen; —
dieses heißt Ebbe. Nach längerem Stillstände
beginnt wieder die Fluth.
$.
Mond.
Der Mond ist ein dunkler, runder Kör-
per und ein Nebenplanet der Erde, und ihr
beständiger Begleiter um die Sonne.
Er hat sein Licht von der Sonne.
Er ist 5omal kleiner als die Erde, und nur
51,000 Meilen weit von ihr entfernt, doch so,
daß man gegen 12 Jahre zu ihm zu gehen
hätte.
Er hat eine dreyfache Bewegung — um
seine Achse — um die Erde — und mit der
Erde um die Sonne. Die nämliche Bewegung
haben auch alle andern Nebenplaneten.
Seinen Umlauf um die Erde vollendet er
in 27 Tagen, 7 Stunden, 43 Minuten; und
in gleicher Zeit auch um seine Achse.
Durch seinen Umlauf um die Erde entste-
hen die Mondeswechsel, welche wir alle Mo-
nate gewahr werden, nämlich Neumond, erstes
Viertel, Vollmond, letztes Viertel; — indem
die Sonne immer nur eine halbe Seite des
Mondes beleuchten kann.
§. 20.
Kometen.
Die Kometen werden auch Schweifsterne
genannt. Ihren Schweif erklärt man auf ver-
schiedene Art.
Vorzüglich halt man dafür, daß sie
ihre Lichtstrahlen bey ihrem außerordentlich
schnellen Fluge wie eine schnell bewegte Fackel
122.
WaSistd.Mond,
und woher hat er
sein Licht?
123.
Wie groß u. wie
weit entfernt ist
der Mond?
124.
Welche Bewe-
gung bat er?
125.
Wie lang braucht
er zum Umlauf
um die Erde, und
seine Achse?
176.
Wie entstehen die
Mondeswechsel?
127.
Woher kommt
der Schweif der
Kometen?
24 Naturlehre.
nach sich ziehen, und so den Schweif verursa-
chen;— oder, daß er eine Art durchsichtigen
Lichtnebels ist, denn man kann mittelst eines
Fernrohres die Firsterne hinter ihm sehen; —
oder, daß vom Kometen Dünste aufsteigen, wel-
che die Sonne bescheint; es erscheint nämlich
der Schweif immer von der Sonne abgekehrt.
Der Kometen kennt man gegenwärtig 99,
deren Lauf und Eintreffen man berechnet hat.
Jener Komet, welcher im Jahre 1456 erschie-
nen war, kommt nur alle 75 Jahre; er zeigte
sich bisher fünfmal, und wird im Jahre 1354
wieder erscheinen. Der im Jahre 1759 er-
schienene, schon siebenmal beobachtete, wird
auch nach 75 bis 79 Jahren, also 1355 oder
1334 erscheinen..
Im Jahre 146 vor Christi Geburt soll sich
ein Komet gezeigt haben, der größer ausgese-
hen hat, als die Sonne. Dieser muß also weit
spater erscheinen, da er weit größere Umlaufs-
zeit braucht.
Merkwürdig ist der im Jahre 1300 gese-
hene Komet, der sieben Monate lang sichtbar
war. Nach Berechnung braucht er 1953 Jahre
zu seinem Umlaufe; er kann also erst im Jah-
re 3660 wieder erscheinen, und ist wohl jener
gewesen, welcher 146 Jahre vor Christi Geburt
gesehen worden seyn soll.
§. 21.
Sonnen- und Mondesfinsternisse.
Zwey merkwürdige Erscheinungen, welche
aus dem Laufe des Mondes um die Erde ent-
stehen, sind die Sonnen- und Mondesfinster-
nisse.
Wenn der Neumond zwischen die Sonne
und die Erde tritt, bedeckt er jene für unser
129.
Welche Erschei-
nungen entste-
hen ausdemLan-
fe des Mondes
um die Erde?
130.
Wie entsteht
128.
Was weiß man
vom Laufe der
Kometen?
25
Naturlehre.
Auge, und es erfolgt eine Verdunklung der
Sonne, die wir Sonnensi'nsterniß, oder besser
Sonnenbedeckung oder Erdfinsterniß nennen;
denn die Sonne behält ihr Licht, rnd es ver-
hindert nur der Mond, daß ihre Strahlen, auf
die Erde fallen. Der Mond, als rin dichter
Körper, laßt die Sonnenstrahlen nicht auf
die Erde durchbrechen, und wirft daher einen
Schatten auf dieselbe, und wir sehen we-
gen desselben am hellen Lage die Sinne nicht.
Kommt der Vollmond in der Schatten
der Erde, d. h. kommt die Erde zur Zeit des
Vollmondes gerade zwischen Sonne und Mond
zu stehen, so kann die Sonne nicht an den
Vollmond scheinen, weil die Erde Liren Strah-
len im Wege steht, und es entsteht also eine
Mondesfinsteruiß; denn der Schallen, welchen
die Erde, wie jeder andere drnkle Körper
wirft, fallt alsdann auf den Mond, und ver-
dunkelt ihn.
§. 22.
Landkarte. Planizlob.
Man hat künstliche Abbildungen der Erde,
indem man sie in verkleinertem Maßstabe auf-
nimmt. Solche Abbildungen, welche entweder
einzelne Länder der Erde, oder cuf einer Fläche
die ganze Erde darstellen, heißen überhaupt
Landkarten.
Ist die ganze Erde in zwey Halsten, der
östlichen und westlichen Halbkugel, auf einer
Fläche dargestellt, heißt es insbesondere Welt-
karte oder Planiglob.
Ist aber die Erde auf einer Kugel abge-
bildet, so heißt diese Abbildung Weltkugel,
Globus.
Sonnenfinster-
niß?
121.
Wie ei, steht
Mondesfinster-
niß?
152.
Was heißt
Landkarte?
155.
... Planiglob?
154.
. . . Globns?
26 Naturlehre.
§. 23.
Zeitrechnung.
Das Jahr wird in vier Zeiten getheilt:
Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Der Frühling fangt den 21. oder 22. Marz
an, wo wir Tag - und Nachtlange gleich ha-
ben; der Sommer den 21. oder 22. Juni, wo
wir die kürzeste Nacht und den längsten Tag,
der über 16 Stunden darert, haben; der Herbst
am 21. oder 22. September, wo Tag und
Nacht wieder gleich lanc sind; der Winter am
21. oder 22. Dezember, wo wir die längste
Nacht und den kürzesten Tag haben, der kaum
8 Stunden dauert.
Das Jahr wird auch nach zwölf Mona-
ten eingetheilt, und hat gewöhnlich 365 Tage.
Die Monate heißen:
1) Jänner oder Winternwnat, mit 51 Tagen.
2) Februar oder Hornung, vom altteut-
schen Worte Hör, welches K'oth bedeutet, weil
es in diesem Monate gewöhnlich thauet, und
alsdann viel Koth entsteht, mit 28 (29) Tagen.
3) Marz oder Lenz, oder Frühlingsmonat,
mit 31 Tagen.
4) April oder Ostermonat, mit 30 Tagen.
5) May oder Wonnemonat, weil er Won-
ne und Freude bringt, mit 31 Tagen.
6) Juni oder Brachmonat, weil die Brach-
acker zur Wintersaat zubereitet werden, mit
30 Tagen.
7) Juli oder Hcumonat, mit 31 Tagen.
8) August oder Erntemonat, nach dem
Namen des geehrten römischen Kaisers Augu-
sius genannt, mit 31 Tagen.
9) September oder Herbstmonat, mit 30
Tagen.
10) Oktober oder Weinmonat, mit 31
Tagen.
135.
In welche Zei-
ten wird daö> ■*
Jahr getheilt?
136.
Wann beginnen
die Jahreszei-
ten?
137.
Wie wird das
Jahr nach Mo-
naten und Ta-
gen abgetheilt?
Naturlehre.
27
11) November oder Wiutermonat, mit 30
Tagen. .
12) Dezember oder Christmonat, well in
diesem Monate das Christfest gefeyert wird,
mit 31 Tagen.
Ein Monat wird in vier Wochen getheilt,
und eine Woche hat sieben Tage, vom Mon-
deswechsel hergenommen, weil die Mondesver-
änderungen beynahe alle sieben Tage folgen.
Die Wochentage haben ihre besondern Na-
men. Die Benennungen stammen ans den Zei-
ten her, da unsere Vorfahren noch Heiden
waren, und sinnliche Gegenstände der Natur
und Menschen als Götter verehrten.
Der Sonntag erhielt seinen Namen von
der an diesem Tage bestimmten Verehrung
der Sonne; der Mondtag von der Verehrung
des Mondes; der Dienstag war dem Dienste
des Kriegsgottes Mars gewidmet; der Mitt-
woch ist der Tag in Mitte der Woche; der
Donnerstag war der Verehrung des Donner-
gottes Jupiter, welcher für den Erreger des
Gewitters gehalten wurde, besonders gewid-
met; der Freytag war der Verehrung der
Göttin Freya gewidmet; der Sonnabend (Sam-
stag) war das Ende der Woche und der Vor-
bereitungstag auf den Dienst der Sonnenfeyer
oder des Sonntages.
Zu einem Tage gehören 24 Stunden,
weil sich die Erde während dieser Zeit um ihre
Achse drehet.
Zwey Stunden machen eine Meile, oder
eine Strecke von 2400 gemeinen Schritten in
die Lange. Eine Strecke von einer Meile lang
und einer Meile breit, heißt Gevierrmcile —
Quadratmeile.
138.
Wie wird die
Zeit nach Wo-
chen eingetheilt?
13Y.
Welche Namen
haben die Wo-
chentage und
woher?
140.
Wie viele Stun-
den hat der Tag?
141.
Was ist eine
Meile — Qua-
dratmcile?
142.
Eine Stunde hat 60 Minuten, und eine
Minute ist also der tzoste Theil einer Stunde.
Eine Minute hat 60 Sekunden.
Wie wird die
Zeit nach Mi-
nuten und Se-
kunden getheilt?
23
Naturlehre.
Der Tag hat vier Zeiten, genannt Ta-
geszeiten: Morgen, Mittag, Abend und Mit-
ternacht. Morgen ist, wenn die Sonne auf-
geht ; — Mittag, wenn sie ober uns am höch-
sten steht; — Abend, wenn sie untergeht; —
Mitternacht, wenn sie am tiefsten unter uns
sieht.
143.
Was sind die
Tagszeiten?
Naturgeschichte.
§- l.
Begriff.
Naturgeschichte ist die Wissenschaft, welche
alle Naturkörper beschreibt, nach ihren Kenn-
zeichen unterscheiden, und ihren Nutzen oder
Schaden kennen lehrt.
§- 2.
Eintheilung der Naturkörper.
Sämmtliche Naturkörper theilt man nach
ihren Hauptunterschieden in drey Bereiche:
1) in Thiere, jene Körper, welche sich will-
kührlich bewegen können, durch einen Mund
nähren, und fortpflanzen;
2) in Pflanzen, welche sich nicht selbst
bewegen können, und durch Wurzeln ihre Nah-
rung empfangen;
3) in Mineralien, die keine Bewegung und
kein Leben haben, und nur durch Anhäufung
von Außen größer werden.
Man theilt die Natur diesem nach in drey
Reiche: in das Thierreich, Pflanzenreich und
Mineralreich.
Was versteht
man unter Na-
turgeschichte?
2.
Wie theilt man
sämmtliche Na-
turkörper nach
ihren Hauptun-
terschieden ein?
3.
In welche Rei-
che theilt man
die Natur?
i
Naturgeschichte.
29
§. s.
I. T h i e r r e i ch.
Nach dem Safte der Thiere, und in Er-
wägung, ob sie lebendige Junge gebären, oder
Eyer legen; ob sie durch Lungen athmen, ob sie
Füße haben, oder nicht, werden sie in sechs Klas-
sen eingetheilt.
i) In Säugethiere, 2) Vögel, 5) Amphi-
bien, 4) Fische, 5) Insekten, 6) Würmer.
Säugethiere sind jene Thiere, welche
rothes warmes Blut haben, lebendige Junge
zur Welt bringen, und dieselben eine Zeit lang
mit ihrer Milch an ihren Brüsten nähren.
Vögel sind Thiere mit rothem warmem
Blute, und mit Federn bedeckt, welche nie le-
bendige Junge hervorbringen, sondern Eyer
legen,' und dieselben ausbrüten, zwey Beine,
zwey Flügel und einen Schnabel haben. ,
Amphibien sind die Thiere mit rothem
kaltem Blute, welche durch Lungen athmen,
theils Eyer legen, theils lebendige Junge zur
Welt bringen, und nicht nur auf dem Lande,
sondern auch im Wasser leben, und keine Haa-
re haben.
Fische sind Thiere mit rothem kaltem Blute
und mit Floßfedern; Thiere, welche im Was-
ser leben, meistens durch Eyer sich fortpflan-
zen, und keine Lunge haben, sondern mittelst
der Kiefer Athem holen.
Insekten sind Thiere mit weißem kaltem
Safte und mit Fühlhörnern; sie haben Einschnit-
te im Körper, auch ein Herz und äußere Glied-
massen, viele Augen und wenigstens 6 Füße.
Würmer sind Thiere mit weißem kaltem
Safte und mit Fühlfäden; haben kein Herz,
keine Lunge, auch keine äußern Gliedmassen;
bewegen sich durch Ringe und Muskeln, mit
4.
Wie werden die
Thiere einge-
theilt?
5.
Was sind Sau-
gethiere?
6.
Was sindVögel?
7.
Was sind Am-
phibien?
8.
Was sind Fische?
9.
Was sind In-
sekten?
10.
Was sind Wür-
mer ?
30
Naturgeschichte.
welchen sie den Körper zusammenziehen und
wieder ausdehnen können.
In den sechs Klassen der Thiere herrscht
überdieß noch die größte Verschiedenheit, und
sie werden daher in Ordnungen, und die Ord-
nungen wieder in besondere Geschlechter abge-
theilt. So bilden z. B.^ die Raubthiere eine
ganze Ordnung der Saugethiere, und das
Hundegeschlecht wieder eine besondere Abthei-
lung der Raubthiere.
Die Thiere haben einen merkwürdigen
Trieb, welcher sie antreibt, etwas zu thun,
oder etwas zu fliehen, ohne Anweisung oder
Uebung erhalten zu haben. Dieser angeborne
Naturtrieb, etwas zu begehren oder zu ver-
meiden, überhaupt gewisse Handlungen zu ver-
richten, welche ihnen oder den ihrigen vor-
theilhaft sind, beißt Instinkt.
Der Instinkt veranlaßt die Thiere zu ver-
schiedenen Verrichtungen, z. B. die Biber und
Bienen zum Bau ihrer künstlichen Wohnun-
gen; — die Spinnen zur Ausbreitung ihrer
Netze, die Fliegen zu fangen; — die Vögel
zum Vau ihrer Nester, zur Wanderung in
wärmere Gegenden, zum Eyerlegen an solche
Orte, wo die Jungen sogleich ihre Nahrung
finden, zur Vermeidung schädlicher Nahrungs-
mittel, zum Sammeln ihrer Vorräthe für den
Winter, zur Flucht vor dem Feinde rc.— Die
junge Ente, von der Henne ausgebrütet, lauft
dem Wasser zu, und folgt nicht dem Locken
der Mutter. Das Hühnchen lauft sorglos dem
Ochsen unter den Füßen, flieht aber, sobald
es den Habicht erblickt. — Pferde und Ochsen
bilden Kreise, wenn sie ein Wolf angreifen
will; erstere schlagen aus, letztere vertheidigen
sich mit den Hörnern. Alle Thiere haben Mit-
tel zu ihrer Sicherheit und Vertheidigung, so
wie auch die geeigneten Werkzeuge zur Nah-
ii.
Wie werden die
sechs Klassen der
Thiere weiters
eingetheilt?
12.
Was heißt In-
stinkt?
13.
Welche sind
merkwürdige
Beyspiele des
Instinktes?
31
Naturgeschichte.
rurlg. Alle sorgen zärtlich für die Pflege ihrer
Jungen.
^Für einige Thiere bringt die Natur im
Winter keine Nahrung hervor. Solche sammeln
sich nun entweder einen Vorrath, wie der
Hamster, die Bienen; — oder sie verschlafen
den Winter, indem sie an einem sichern Orte
auf einem gut zubereiteten Lager in eine Art
von Erstarrung fallen.
§. 4.
S a u g e t h i e r e.
Die vorzüglich bekannten Säugethiere sind:
1) Menschenähnliche: der Affe.
2) Als reißende oder Raubthiere: der Lö-
we, Tieger, Leopard, Luchs, Hund, Wolf,
Bär, Jgl, Dachs, die Katze, das Wiesel rc.
5) Als Nagethiere: der Hamster, Hase,
Biber, die Maus, Ratte, das Eichhörnchen rc.
4) Wiederkäuende: der Ochs, Hirsch,
das Schaf, Reh, Kamee! rc.
5) Vehufce: der Esel, das Pferd rc.
6) Mit Klauen oder Zehen oder dicken
Häuten versehene: der Elephant, das Schwein,
Nilpferd, Nashorn, rc.
7) Mit Floßfedern versehene: der See-
hund, Seelöwe, Seebär, das Wallroß.
L) Zahnlose: der Ameisenfresser, das Faul-
thier.
9) Wallft'schartige: der Wallfisch, Delphin,
das Meerschwein.
Einige nennt man Hausthkere.
Sie sind jene, welche in Gesellschaft der
Menschen leben, und von ihnen gepflegt wer-
den , weil sie vor allen andern Thieren den
größten Nutzen bringen. In ihnen gehört das
Pferd, der Ochs, die Kuh, oas Schaf,- die
Ziege, das Schwein, das Huhn u. m. a.
14.
Wie versorgen
sich jene Thiere,
für welche die
Natur im Win-
ter keine Nah-
rung hervor-
bringt^
15.
Welche sind die
vorzüglich be-
kannten Säuge-
thiere?
16.
Was sind Haus-
thiere?
32 Naturgeschichte.
Die Hausthiere geben uns vielfältigen
Nutzen. Sie dienen zum Reiten, Ziehen, Fah-
ren, Lasttragen; zur Ausübung und Betrei
bung von Gewerben, Manufakturen und Fa-
briken; zur Speise mit Fleisch und Milch; zur
Bekleidung mit ihrer Haut und Wolle; zur
Bewachung des Hauses; zur Jagd und zur
Ausrottung anderer Thiere rc.
§. 5.
Vögel.
In Hinsicht der Gestalt der Vögel ist
merkwürdig, daß ihr Rumpf Aehulichkeit mit
einem Schiffe hat, um leicht die Luft zu
durchschiffen;— daß ihre Knochen leicht, dünne
und zum Theil hohl und mit Luft angefüllt
sind, um leichter zu 'fliegen und zu schwimmen;
— daß die Brust wie eine Pflugscharre ist,
um die Luft und das Wasser leicht zu durch-
schneiden, und — daß die Lunge fast im ganzen
Körper ausgebreitet ist.
Sie haben Federn von allen Farben, von
außerordentlicher Pracht und Dauer, welche
im Allgemeinen an dem Männchen schöner
sind, als an dem Weibchen. Im Herbste fal-
len die Federn aus, und es entstehen neue,
wo man alsdann sagt: Die Vögel mausen
oder federn sich, wobey sie gewöhnlich krank
sind.
Ihr Gesang ist sehr verschieden; manche
singen bezaubernd angenehm und melodisch;
manche haben unangenehmes Gekrächze ». dgl.
Sie können mit ihren Tönen verschiedene Em-
pfindungen ausdrücken, als Freude, Traurig-
keit, Furcht, Sehnsucht nach Gesellschaft,
Hunger, Wahrnehmung naher Gefahr. — Es
singt aber nur das Männchen.
17.
Welchen Nutzen
verschaffen die
Hausthiere?
18.
Was ist in Hin-
sicht der Gestalt
der Vögel merk-
würdig?
ly.
Was ist in Hin-
sicht der Federn
merkwürdig?
20.
Was ist von
dem Gesänge
der Vögel be-
kannt?
Naturgeschichte.
Am angenehmsten singen die Nachtigall
und die Grasmücke.
Einige Vögel besitzen eine dicke Zunge,
mittelst welcher sie befähiget sind, Wörter
nachschwätzen zu lernen. Sie sind: der Papa-
gep, die Amsel, der Staar, der Rabe, die Elster.
Die Vögel nützen durch ihr Fleisch, ihre
Eyer, ihr Fett, ihre Federn, welche letztere
insbesondere zu Betten, zum Schreiben, zu
Pinseln, Putz rc. dienen. Vorzüglich nützen sie
durch Aufzehrung schädlicher Insekten und des
Aases; letzteres würde durch Fäulung die Luft
vergiften, erstere würden durch Ueberhandnah-
me die Fruchtgewächse vertilgen, und Miß-
wachs erzeugen. Sie vertilgen Unkraut, und
leisten daher dem Menschen auch auf diese
Weise großen Dienst. Ihr Nutzen überwiegt
bey weitem ihre Schädlichkeit, wenn z. B.
Raubvögel Hausthiere tobten und verzehren;
Sperlinge oder Singvögel der Saat und dem
Obste schaden, oder Unkraut verpflanzen. Die
Vögel gewähren auch großes Vergnügen durch
ihren Gesang, ihre Federn, ihre Gelehrigkeit rc.
Unter den Vögeln nennt man einige Raub-
vögel, weil sie vorzüglich vom Raube leben.
Ihren Raub nehmen sie dadurch, daß sie
von großer Höhe auf Menschen und Thiere
herabschießen, sie lebendig forttragen, .oder,
wenn sie zu schwer sind, ihnen die Augen aus-
hacken, sie mit den Flügeln niederschlagen,
und endlich mit Schnabel und Kcallen vollends
tddten. — Wenn sie einen Vogel mit Federn
verschlungen haben, speyen sie die Federn als
einen runden Ballen wieder aus.
Unter allen Vögeln ist der größte der
Strauß, und der kleinste der Kolibri.
Die Sinne der Vögel sind außerordentlich
scharf, daher sieht der Adler aus den Wolken
einen Hasen in dem Lager liegen, und die
35
21.
Welchesingenam
angenehmsten?
22.
Welche können
nachschwatzen?
23.
Welchen. Nutzen
und welches
Vergnügen ge-
währen die
Vögel?
24.
Welche heiße»
Raubvögel?
25.
Wie finden die
Raubvögel ihren
Raub?
26.
Welcher ist der
kleinste, welcher
vergrößteVogcl?
27.
Was ist von den
3
r
34
Naturgeschichte.
Krähe vom höchsten Baume den Wurm auf
der Erde kriechen. — Geyer und Raben haben
einen weit spürenden Geruch, und mit dem
leisesten Hauche kann man einen Vogel aus
dem Schlafe wecken.
Die Vögel zeigen auch Seelenfähigkeiten.
Sie haben außerordentliches Gedächtniß, in-
dem die Zugvögel nach halbjähriger Entfer-
nung ihr voriges Nest wieder finden; — viel
Gelehrigkeit, da sie sich zu Künsten und zur
Jagd abrichten lassen; — viel List und Klug-
heit, denn Vögel, welche in der Nahe von
Menschen wohnen, weichen den Gefahren klug
aus, welche ihnen die Menschen bereiten,
während in unbewohnten Gegenden ein Vogel
sich auf den Flintenlauf des Jagers setzt, der
gegen ihn anlegen will.
An den Vögeln findet man die merkwür-
dige Erscheinung, daß viele Arten vor Eintritt
der kalten Jahreszeiten in wärmere Gegenden
wandern. — Man heißt sie Zugvögel. Sie lo
cken sich mit eigenen Tönen, und fliegen dann
in großen Gesellschaften nach Form eines
Dreyeckes.
Sinnen der Vö-
gel bekannt?
23.
Welche Seelen-
fähigkeiten zei-
gen sich bey Vö-
geln? .
29.
Welche merk-
würdige Erschei-
nung findet man
an den Vögeln?
§. 6.
Amphibien.
Von den Amphibien ist besonders merk-
würdig, daß einige die höchste Warme, und
die größte Kälte ertragen können, daher
man schon Frösche im Magen des Men-!
schen und in Eisschollen lebend gefunden hat.
Noch merkwürdiger ist ihre Kraft, verlorne
Theile ihres Körpers wieder zu ersetzen. So
wachst z. B. den Schlangen der abgeschnittene
Schweif wieder nach, und den Sumpf-Sala-
mandern wachsen neue Augen, wenn man sie
ihnen ausgestochen hat. Sie besitzen ein zähes
! 30,
Was ist von
den Amphibien
besonders merk-
würdig ?
Naturgeschichte.
Leben, und können sehr lange ohne Luft und
Nahrung seyn, auch sehr viele in und außer
dem Wasser leben.
Von Schlangen ist insbesondere merkwür-
dig, daß sie jährlich ihre alte Haut ablegen,
und eine neue bekommen.
Die Amphibien verschaffen auch Nutzen,
denn sie dienen den Menschen zur Speise: —
wie die Schildkröten, Frösche rc.; — auch den
Thieren, z. B. den Storchen. Sie dienen zu
Arzneyen und andern Dingen, und vertilgen
eine große Menge Insekten und Gewürme.
Ihre Schalen und Haute werden zu Kunstsa-
chen verarbeitet.
Manche sind aber auch Menschen und
Thieren durch ihr Gift tödtlich, auch Gebäu-
den , wo sie einnisten, sehr verderblich. Das
Krokodill in Egypten frißt selbst Menschen.
Die Amphibien theilt man in kriechende
und schleichende ein.
Zu den Kriechenden rechnet man: die
Frösche, Eidechsen, Schildkröten, Krokodille,
den Salamander, das Chamäleon und die
Drachen.
Zu den Schleichenden alle Arten von
Schlangen, von welchen schon über 200 Arten
bekannt sind.
Die giftigen Amphibien haben unter einem
hohlen beweglichen Zahne eine Giftblase, aus
welcher sogleich das Gift in die Wunde fließt,
sobald das Thier mit einem solchen Giftzahne
beißt.
§. 7.
Fische.
Ihre Größe ist außerordentlich verschieden,
denn es gibt Fische von der Größe eines Ha-
berkörnchens (die Pfrillen im Hallstädter See
35
31.
Was ist von
Schlangen merk-
würdig?
32.
Welchen Nutzen
haben die Am-
phibien?
Welchen Scha-
den machen sie?
34.
Wie theilt man
die Amphibien
ein?
35.
Wie bringen die
Amphibien ihr
Gist an?
36.
Was wissen wir
von der Größe
der Fische?
2*
36
Naturgeschichte.
Oesterreichs), und Fische, in deren Magen das
größte Pferd Platz hat, wie der Hay ist.
Ungeheuer groß ist die Zahl der Eyer,
welche die Fische von sich geben. Man findet
in manchem Häringe über 50,000, im Kar-
pfen über 200,000, in der Schleihe gegen
400,000, im Flunder über eine Million, und
in einem großen Kabeljau noch mehrere Eyer.
Die Vermehrung der Eyer ist so außer-
ordentlich groß, weil eine Menge Wasservögel
und Amphibien davon leben, — und viele
Raubvögel und Raubfische von kleinen Fischen.
§. 3.
Insekten.
Der Name Insekt kommt von dem latei-
nischen Worte insecare, d. h. einschneiden,
weil die meisten Insekten eingekerbt, oder ein-
geschnitten sind, und ihr Körper in drey Haupt-
theile, den Kopf, das Bruststück und den
Hinterleib abgetheilt ist.
An den Insekten bemerkt man eine unge-
heuere Anzahl von Augen. Sie haben große
Augen mit vielen Nebenaugen. Die ersten find
in lauter kleine Felder abgetheilt, wovon jedes
Feld ein Auge enthält. Wahrend z. B. der
Floh nur zwey Augen hat, und der Drehkafer
vier, hat die Spinne acht, die Stubenfliege
6000, und der Schmetterling auf jeder Seite
14,000 Augen.
Am merkwürdigsten ist an den geflügelten
Insekten ihre zwey - oder dreyfache Verwand-
lung als Raupen, Puppen und Schmetterlinge.
Zuerst ist das Ey; aus diesem wird ein
lebendiges Junges, eine Made, Raupe (Lar-
ve), die viel frißt, so daß ihr die alte Haut
zu enge wird, daher sie sich zweymal hautet;
alsdann spinnt sich die Made in eine Hülse
37.
Wie ßi'of. ist die
Zahl der Eyer
im Fische?
58.
Warum ist die
Vermehrung der
Fischeyer so
groß?
39.
Woher kommt
der Name In-
sekt?
40.
Welche Anzahl
von Augen be-
merkt man an
den Insekten?
41.
Was ist an den
Insekten am
merkwürdig-
sten ?
37
Naturgeschichte.
oder sogenannte Puppe, und bleibt zwey bis
vier Wochen ohne Nahrung und Bewegung;
endlich schlieft aus dieser Puppe daS Insekt,
z. B. der Schmetterling, die Spinne, der
Krebs rc.
Die Insekten haben Fühlhörner; sie dienen
ihnen zur Betastung der Gegenstände.
Man kennt gegenwärtig schon gegen 1600
Arten von Insekten.
Unter ihnen ist das kleinste die Milbe,
und das größte der Krebs.
Von dem kleinen Insekte, der Milbe, ist
merkwürdig, daß es ungeachtet der außeror-
dentlichen Kleinheit, da mehr als 1000 auf
einem einzigen Hirsekorn Platz haben, und
man es kaum mit den beßten Vergrößerungs-
gläsern sehen kann, doch Füße, einen Rüssel,
Eingeweide, Muskeln rc. hat.
Die Insekten nützen; sie dienen theils zur
Nahrung, z. B. Bienen und Krebse; theils
dienen sie zur Kleidung, wie die Seidenwür-
mer; theils zur Farbe, wie die Galläpfel zur
Tinte; theils zur Arzney, wie die spanischen
Fliegen und Ameisen; auch schaffen sie vieles
Aas im Thierreiche und vieles Unkraut im
Pflanzenreiche weg.
Sie bringen aber auch Schaden, denn
durch ihre starke Vermehrung können sie ganze
Waldungen zerstören, alle Gewächse und Pflan-
zen verzehren, und eine wahre Landplage
werden.
Unter die Insekten rechnet man die Kä-
fer, Schwaben, Heuschrecken, Grillen, Wan-
zen, Läuse, Flöhe, Schmetterlinge, Fliegen,
Wespen, Bienen, Ameisen, Bremsen, Mü-
cken, Spinnen, endlich, nebst andern, den
Vielfraß mit 200 Füßen, auch Tausendfuß
genannt.
42.
Wozu sind die
Fühlhörner?
42.
W. v.Art. v.I.?
44.
Welches ist-.kl.,
welcb.d. gr.Ins.?
45.
Was ist au der
Milbe merkwür-
dig?
46.
Welche» Nutzen
gewähren -ie
Insekten?
47.
Welchen Scha-
den stiften die
Insekten?
43.
Welche Thiere
rechnet man im
allgemeinen zu
den Insekten?
58 Naturgeschichte.
ö- 9»
Würmer.
Zu den Würmern rechnet man im Allge-
meinen, nebst den Gattungen, die man ohne-
hin mit dem Namen Wurm bezeichnet, als
Regenwurm, Bandwurm, Springwurm, auch
die Egel, Schnecken, Asseln, Austern, Koral-
len, Polypen, Maden, Perlmuschel rc.
Einige Würmer halten sich auch im mensch-
lichen Körper auf, wie der Bandwurm und
Spulwurm im Magen und in den dünnen Ge-
därmen; der Madeuwurm im Mastdarm, auch
im dicken Gedärme.
An ihnen ist besonders die Lebens- oder-
sogenannte Reproduktionskraft merkwürdig,
durch welche sie sich wieder ergänzen, wenn man
sie auch von einander schneidet, und den Schne-
cken, welchen der Kopf abgeschnitten wurde, ein
neuer wächst.
Die Würmer dienen theils zur Nahrung,
theils zu Farben und Schmuck. Man macht
aus ihren Schalen Kunstsachen; aus dem Ge-
spinnste Seidenzeug. Blutegel dienen zur Ge-
nesung. Die Würmer schaden aber auch in
Gärten, Wiesen und Feldern, und sind auch
oft der Gesundheit nachtheilig.
49.
Welche Thiere
zählt man zu
den Würmern?
50.
Welche Wür-
mer halten sich
im menschlichen
Körper ans?
51.
Was ist an den
Würmern beson-
ders merkwür-
dig?
52.
Welchen Nutzen
und Schaden ge-
ben die Wür-
mer?
§. 10.
II. G e w ä ch s r e i ch.
Das Gewächsreich begreift alle Pflanzen
in sich, d. h. alle Gewächse vom größten Bau-
me bis zum kleinsten Schimmel.
Zur leichtern Uebersicht theilt man sie ein
in Bäume, Sträuche, Stauden, Kräuter,
Gräser, Lilien, Farrnkräuter, Moose, Flech-
ten und Pilze.
55.
Was begreift
das Gewächs-
reich in sich?
54.
Wie theilt man
dieGewächse ein?
Naturgeschichte.
§. ii.
Baume.
Die Bäume werden eingetheilt:
1) In Gartenbäume, die um des Obstes
willen gezogen werden;
2) In Forst- oder Waldbäume, die zum
Brennen und Bauen benützt werden.
Die Forstbäume werden wieder eingetheilt
in Laub - und Nadelholz.
Unter Laubholz versteht man jene Bäu-
me, welche im Frühjahre neue Knospen trei-
ben, und Blätter bekommen, die im Herbste
abfallen.
Unter Nadelholz versteht man jene Wald-
bäume , deren Blätter die Gestalt einer Nadel
haben, die immer grün bleiben, und deren
Frucht in einem holzartigen Zapfen besteht.
Zum Laubholze rechnet man die Eiche,
Buche, Birke, Erle, Linde, Esche, Ulme,
Pappel ic.
Zum Nadelholze die Fichte, Tanne, Fer-
che, Lerche, Ceder, den Wachholder-, den
Lebensbaum rc.
§. 12.
Strauche und Stauden.
Diejenigen Gewächse, welche mehrere
Stämme aus einer Wurzel treiben, nennt
man Sträuche; — wenn aber die Stämme
klein und dünne sind, wie Ruthen, heißen sie
Stauden.
Die Gesträuche theilt man 2) nach ihren
Früchten, 2) nach ihrem Holze oder ihrer Sel-
tenheit, 5) nach ihren Blättern und Blüthen,
und 4) nach ihrer Heimath ein.
29
55.
Wie theilt man
die Bäume ein?
56.
Wie die Forst-
bäume?
57.
Was versteht
man unter Laub-
holz?
58.
Was versteht
man unter Na-
delholz?
59.
Welche Bäume
rechnet man zum
Laub- und wel-
che zum Nadel-
holze?
60.
Was nennt man
Sträuche und
Stauden?
61.
Wie theilt man
die Gesträuche
ein?
40 Naturgeschichte.
§. 13.
Kräuter.
Unter Kräutern versteht man solche Ge-
wächse, welche mehr einen grasartigen, als
holzigen Stamm haben, und meistenrheils auch
uur ein Jahr dauern.
Die Kräuter dienen verschiedenartig, theils
zum Vergnügen durch ihre Schönheit und durch
ihren Geruch, theils zur Speise, theils zu
Arzneyen, theils zu Gewürzen, theils zum
Färben.
ö- 14.
Gräser und Schwämme.
Unter die Gräser rechnet man die Getreid-
arten, die Futtergewächse, die Futter- und
Wiesengräser, Flachs, Hanf und andere.
Unter den übrigen Pflanzen sind noch be-
sonders die Schwamme zu betrachten.
Sie dienen vielen Thieren zur Wohnung
und Nahrung, auch den Menschen zur Speise.
Aber viele sind auch schädlich und tödtlich.
Ihre Schädlichkeit erkennt man an den
schwarzblauen, grünen oder bunten Farben,
am faulen Gerüche und hohlen Stiele, wel-
cher zähe ist, und im Kochen hart wird.
62.
Was nennt man
Kräuter?
63.
Wozu dienen die
Kräuter?
64.
Welche Ge-
wächse rechnet
man unter die
Gräser?
65.
Wozu dienen die
Schwämme?
66.
Woran erkennt
man die Schäd-
lichkeit der
Schwämme?
§. 15.
Giftige Kräuter.
Zn den Krautern werden auch die Gift-
gewächse , die sogenannten Giftpflanzen, ge-
zahlt. Solche sind:
i. Die Zeitlose, oder Herbstzeitlose.—
Sie hat eine knollichte, von außen rothe, in-
wendig weiße Wurzel, treibt im Herbste hohle
Stengel mit schön-rothen geruchlosen Blumen,
67.
Wie heißen di>
Gift-Pflanzen,
und wie sehen
sie aus?
1. Die Zeitlose?
Naturgeschichte. Al
erhält nach der Blüthe eine dreyeckige herzför-
mige Samenkapsel mit gelbem Samen, und
hat nur im Frühjahre große lanzetförmige
Blätter. Sie wächst auf nassen Wiesen, als
die letzte Wiesenblume, und hat als solche
keine Blätter mehr.
2. Der rothe Fingerhut. Er hat lan-
zenförmige Blätter, und glockenförmige, dem
Fingerhute ähnliche Blüthen; der mit purpur-
rother Blüthe ist am giftigsten.
5. Der Gifthahnenfuß. Seine Blu-
menblätter sind inwendig so glänzend, als
wenn sie lackirt wären, meistens gelb und
weiß. Ein besonders Kennzeichen ist das ge-
riefte Grübchen vorne unter dem schmalen
Theile eines jeden Blumenblattes. Die Frucht
ist ein cylindrischer Knopf, der über 100 Sa-
menkörner hat. Er wächst an Wassergräben.
4. Die Wolfsmilch. Sie enthält schar-
fen ätzenden Milchsaft, und die braungelbe
Blumenkrone hat zwey Hörner. Ihre Stengel
werden ungefähr einen Fuß hoch, und die
schmalen spitzigen Blätter stehen wechselweise
an denselben.
5. Das Bilsenkraut. Es hat blaßgelbe,
mit zarten purpurrothen Adern, wie mit einem
Netz, durchzogene Blumen, und ein Samen-
behältniß, welches den Haselnüssen ähnlich ist,
auch einem Topfe gleichet, der einen genau
passenden Deckel hat. Der oft zwey Fuß hohe
Stamm ist wollig und die Pflanze klebrig an-
zufüllen, wobey sie einen widrigen Geruch von
sich gibt. Es wächst vorzüglich an Rändern
von Wegen, Dunghaufen, Schutthaufen rc.
6. Der Stechapfel. Er hat eine lange
trichterförmige weiße Blume, und eine Samen-
kapsel, welche stachlicht und der wilden Ka-
stanie ähnlich ist. Die Blätter sind dunkelgrün.
2. Der rothe
Fingerhut?
z. Der Gifthah-
neufuß?
4. Die^ Wolfs-
milch?
5. Das Bilsen-
kraut?
6. Der Stech-
apfel?
42
Naturgeschichte.
eyrund, und am Rande halbmondförmig aus-
gezackt.
7. Der Nachtschatten. Er ranket sich
überall an, die Blatter sind eyförmig und
dunkelgrün, die untern herzförmig; vom Juli
bis August hat er radförmige Blümchen, auch
violette Blumentrauben, und im September
eyrunde rothe Beeren. Seine Blüthe gleichet
der Kartoffelblüthe.
8. Die Tollkirsche, Wolfskirsche oder
Velladona. Sie ist ein Kraut mit glockenförmi-
gen, bläulich schmutzig-rothen Blumen und mit
einer der Herzkirsche ähnlichen schwarzglanzen-
den Beere. Sie wächst 4 — 6 Schuh hoch
in schattigen Waldgegenden, besonders auf
Schlägen.
9. Der kleine Schierling. Ersieht der
Petersilie sehr ähnlich, und wächst besonders an
feuchten und schattigen Orten. Von der Pe-
tersilie, unter welcher er öfters wächst, wird er
aber dadurch unterschieden, daß er einen sehr-
widrigen Geruch und eine glänzende Unter-
seite der Blätter hat. Der Giftschierling,
auch Wasserschierling genannt, der Sellerie
ähnlich, hat gelblichten L>aft, und lanzetför-
mige scharfzahnige Blätter.
io. Die W a sser-P a st in ake. Sie hat haa-
rige Blätter, bald spindelförmige, bald kurze run-
de Wurzel mit einem dünnen Schwänzchen. In
Mitte der Wurzel ist ein hartes Korn. Sobald
die Wurzel im Frühjahre in Samen übergeht,
wird sie zähe und uuschmackhaft, und ihr Ge-
nuß erregt gefährliche Anfälle und Raserey.^
11. Der Eisen Hut, oder das Eisenhüt-
chen. Er hat eine schöne blaue, dem Rittersporn
ähnliche Blume, welche man oft in Gärten
findet.
12. Der S t u r m h u t (Eisenhütlein, Wolfs-
wurz). Er hat schöne, dunkelblaue Blüthenbüschel,
7. Der Nacht-
schatten?
3. Die Tollkir-
sche?
Der kleine
Schierling?
io. Die Wasser-
Pastinake?
n. Der Eisen-
hut?
12. Der Sturm-
hut?
Naturgeschichte.
A3
und jede Blume sieht einem Helme oder Sturm-
hute ähnlich, ist bald gelb, bald violet blau.
Die Wurzel gleichet einer Steckrübe. Wenn die
Blume verblüht ist, zeigen sich drey Samen-
schoten, in welchen eckige Körner liegen.
15. DerK ellerhals. Er ist eine strauchar- 13- Der Keller-
tige Pflanze mit Beeren, welche zuerst dunkel-
grün, dann roth werden, und von der Größe
einer Erbse am Stengel sitzen.
§. 16.
Giftige Schwämme.
Giftige Schwämme sind:
1. Der F l i e g e n sch w a m m. Er wächst auf
trocknen sandigen Wiesen, auch in Nadelwäl-
dern 4 bis 6 Zoll hoch mit einem 12 Zoll brei-
ten Hute von hochrother Farbe, und mit wei-
ßen Warzen in kreisförmigen Reihen besetzt;
der Rand spielt öfters in's Gelbe, und der
knollige und schuppige Stiel hat eine weiße
Farbe.
2. Der Pfeffer schwamm. Er ist weiß,
wird nach und nach gelblich und zuletzt braun.
Sein Hut ist anfangs flach, vertieft sich aber
allmahlig zu einem Trichter.
5. Der K r ö t e n sch w a m m. Er wächst auf
Dungstätten, hat einen hohlen Stiel, einen
glockenförmigen zerrissenen Hut und zarte
schwarze Blättchen.
4. Der B irken r e i zker. Er wächst an Bir-
kenwurzeln und verräth sich durch seinen am Rande
gestrichelten Hut, seine blasse Farbe und seinen
beißenden Geruch.
5. Der G i fttä ub ling. Die eßbaren und
schädlichen Täublinge sind sich so ähnlich, daß
man eher alle Täubling-Arten aus den eßba-
ren Schwämmen ansstreichen soll.
6. DerG i ftb rätling. Der Brätling ist,
63.
Welcbe sind gif-
tige Schwämme
und wie sehen
sie aus?
i.Der Fliegen-
schwamm ?
2. Der Pfeffer-
schwamm ?
3. Der Kröten-
schwamm?
4. Dcr.Birken-
reizker?
5. Der Gift-
täubling?
6. Der Gift-
bratling?
44 Naturgeschichte.
mit Ausnahme einiger schädlichen Abarten,
eßbar, hat süßen Milchsaft und angenehmen
Geruch und Geschmack. Die besten sind der
rothbraune, gvld- und silberfarbige. Nur durch
Geruch und Geschmack kann man die giftigen
Abarten unterscheiden.
§. 17.
111. Mineralreich.
Das Mineralreich theilt man in 4 Klas-
sen. i. In Erde und Steine, 2. Salze, 3. brenn-
bare Mineralien, 4. Metalle.
§. 13.
Von Erden und Steinen.
Die Haupt-Erdarten sind:
1. Die Thonerde, 2. die Kalkerde, 3. die
Kieselerde, 4. die Dammerde.
i.ZnrThonerde gehören insbesondere: der
gemeine Thon, aus welchem die Töpfergeschirre
gemacht werden;—der Lehm, der zum Bauen
und zu den Ziegeln dient; — der Pfcifenthon,
der Probierstein, der Porzellanthon: — der
Schiefer und Wetzstein; der Trippel und Rö-
thel.
2. Zur Kalkerde: die kalkartkgenSteine;
— der gemeine Kalkstein, Marmor, Kreide,
Gips, Alabaster, Tufstein, Mergel.
3. Zur K i e se l e r d e: der Sandstein, Feuer-
stein, Krystall, Quarz, Lasurstein, Bimsstein,
Jaspis, Porphyr, Serpentinstein und die Edel-
steine. v
4. Die Dammerde ist jene obere schwarze
oder fruchtbare Erde, welche aus verfaulten
Pstanzen und Thieren und Holz u. dgl. ent-
steht. Wenn die Pflanzentheile nur halb zer-
stört sind, so heißt die Erde Torf.
69.
Wie theilt man
dasMineralreich
ein?
70.
Welche sind die
Hanpt-Erdar-
ten?
71.
Welche beson-
dere Erden oder
Steine gehören
zu jeder Erdart?
Naturgeschichte.
Unter den Erden und Steinen findet der
Marmor seinen Platz. Er ist ein feiner und
fester Kalkstein von verschiedener Farbe, und
nimmt eine schone Politur an.
Man braucht den Marmor zu Zierathen,
Statuen, Tischen und verschiedenen Geräth-
schaften.
Der Pr obirste kn ist ein Thonschiefer, an
welchem man das Gold und Silber durch Rei-
ben prvbirt.
Die Edelsteine sind sehr harte, glän-
zende durchsichtige Steine von verschiedenen Far-
ben, und haben wegen ihrer Seltenheit und
Schönheit einen sehr hohen Werth.
§• iy.
Von den Salzen.
Salze sind jene Stoffe, welche einen
scharfen eigenthümlichen Geschmack haben, im
Wasser sich auflösen, aber nicht im Oehle, und
welche im Feuer nicht brennen.
Unter den Salzen ist uns wichtig das
Kuchen salz (Kochsalz), weil die Speisen da-
mit gesalzen und schmackhaft gemacht werden,
und weil es das Fleisch vor Fäulniß bewahret.
/ ' •
' . §. 20.
Von den brennbaren Mineralien.
Brennbare Mineralien nennt man jene
brennbaren Stoffe, die sich im Feuer entzün-
den, und wie Oehl brennen, sich aber nicht im
Wasser, sondern im Oehle auflösen lassen.
Zu den brennbaren Mineralien zählt man
Schwefel, Bernstein, Asphalt, Judenpech,
Naphtha- oder Bergbalsam,Steinkohlen, Torf,
Vergöhl, Reißbley, Ambra.
72.
Was ist der
Marmor?
75.
Wozu braucht
man ihn?
74.
Was ist der
Probirstein?
75.
Was sind Edel-
steine?
76.
Was sind Sal-
ze?
77.
Was sind brenn-
bare Minera-
lien?
73.
Wasrechnetman
zu den brennba-
ren Mineralien?
46
Mensch.
§. 21.
Von den Metallen.
Unter den Metallen sind die vorzüglichsten
die sogenannten edlen Metalle, welche im
Feuer keine andere Veränderung erleiden, als
daß sie schmelzen, und dahin zahlt man Gold,
Silber und Platina.
Die edlen Metalle zeichnen sich durch ihre
Schwere und durch ihren eigenthümlichen Glanz
aus; dann, daß sie sich im Feuer schmelzen,
und unter dem Hammer zu Blättchen schlau
gen lassen und nicht rosten.
Die übrigen sogenannten unedlen Me-
talle, als Kupfer, Zinn, Bley, Eisen und Queck-
si'lber,verlieren aber imSchmelzfeuer ihren Glanz.
79.
Welche und die
vorzüglichsten
Metalle?
80.
Wie zeichnen sich
die Metalle aus?
Mensch.
§. i-
Von dem Menschen überhaupt.
Unter den Wesen der Erde gebührt der
erste Rang dem Menschen, denn er erhebt sich
sowohl durch seinen Körper, als auch vorzüg-
lich durch seine Geistesgaben über alle übrigen
Thiere. Hätte er nicht so wesentliche körperli-
che Aehnlichkeit mit den Thieren, und wäre
er nicht doch ein Geschöpf der thierischen Na-
tur, man inusité ihn aus den Reichen der
Natur ausstreichen, da er seinem Geiste nach
über sie erhaben und Herr der Welt ist, der
jedem Wesen seinen Namen gibt, und sie alle
in Reiche und Klassen ordnet und nützet.
Sein Körper ist von dem Körper der übri-
gen Thiere wesentlich verschieden. Der Mensch
hat aufrechte Stellung, hervorragendes Kinn,
Welchem Wesen
gebührt der erste
Rang, und war-
um?
2.
Wodurch ist der
menschliche Kör-
per von dem Kör-
per der Thiere
verschieden?
47
Mensch.
' natürliche Bloße, spate Reife und Mannbar-
keit, künstliche Hände, zu jeder Bewegung
geschickt, Schönheit, und das Organ der
Sprache, durch Laut und Geberde. Sein Blick
ist himmelwärts, zur Heimath, gerichtet, wäh-
rend sich die Häupter der Thiere zur Erde
neigen. Er lebt in jeder Zone; das Thier
stirbt, wenn es in einen andern Himmelsstrich
kommt.
Der Mensch ist naher zu betrachten in
doppelter Hinsicht:
1) in Hinsicht auf seinen Körper, und
2) in Hinsicht auf seine Seele.
§. 2.
Körper des Menschen.
Der wundervoll künstliche Bau kann nicht
aufmerksam genug betrachtet werden, denn er
lehrt uns die Macht und Weisheit des Schö-
pfers abermals verehren.
Der Körper des Menschen wird durch die
Knochen gehalten und unterstützt, es befinden
sich 260 in einem erwachsenen Menschen und
sie sind inwendig hohl.
Am Ende der Knochen befinden sich wei-
che Theile, welche Knorpel heißen, und Bän-
der haben, welche die Knochen mit einander
verbinden, und durch feuchtende Drüsen ge-
schmeidig erhalten werden.
In den hohlen Knochen befindet sich eine
fette Materie, und diese nennt man Mark.
Im Fleische befinden sich die Muskeln,
über 400 an der Zahl. Sie sind wie Fäden,
und haben ungemeine Reitzbarkeit.
Sie dienen, die Glieder des Körpers nach
unserm Willen bewegen zu können; auch un-
willkührlich bewegen sich einige, insbesondere
die Herzmuskeln, welche der Schöpfer sogar
s.
In wie vielfacher
Hinsicht ist der
Mensch beson-
ders zu betrach-
ten?
4.
Wodurch wird
der Körper des
M. unterstützt?
5.
Was befindet sich
am Ende der
Knochen, und
wozu?
6.
Was heisst
Mark?
7.
Was ist im
Fleische?
6.
Wozu dienen die
Muskeln?
48
Mensch.
mit solcher Kraft versehen hat, daß sie bey
sieter Bewegung nicht erschlaffen.
Den ganzen Körper bedeckt die Haut,
welche durch ihre Schweißlocher die Ausdün-
stung, und durch kleine Wärzchen die Fühl-
barkeit möglich macht.
Den menschlichen Körper theilt man ge-
wöhnlich in Kopf, Rumpf und Gliedmassen.
§. s.
y.
Womit ist der
ganze Körper-
überzogen?
10.
Wie theilt man
den menschlichen
Körper gewöhn-
lich ein?
Kopf des Menschen.
Der äußere Theil des Kopfes besieht aus
der Hirnschale, dem Gesichre und den Ohren.
Das Auge ist beynahe das größte Kunst-
werk unsers Körpers.
Das Auge ohne dem Weißen heißt Aug-
apfel, hat die Gestalt einer Kugel, in der
Mitte den Augenstern oder die Pupille, und
ist mit fünf Hauten umgeben. Ein fester lin-
senförmiger Körper, Krystallinse genannt, liegt
gerade hinter dem Augenstern; dieser fangt die
Lichtstrahlen auf, und bildet uns die Gegen-
stände ab. — Der allweise Schöpfer hat für
die Erhaltung des Auges auch ungemein ge-
sorgt.
Im Munde befinden sich 32 Zähne; die
Zunge mit den Geschmack-Wärzchen, deren
schleimige Feuchtigkeit die Speisen auflöset, und
die jene Empfindung hervorbringen, welche man
Geschmack nennt; — hinter ihr die Speichel-
drüsen, der Gaumen, der Zapfen, die Mandeln.
Die Zunge dient auch zum Sprechen.
Das äußere Ohr ist der äußerlich sicht-
bare Theil.
Das innere Ohr besteht:
a. aus einem feinen Häutchen, dem Trom-
melfelle;
h. aus der Trommelhöhle;
Woraus besteht
der äußere Theil
des Kopfes?
12.
Was ist an dem
Auge zu bemer-
ken?
15.
Was ist vom
Munde zu be-
merken ?
14.
Was ist au dem
Ohre zu bemer-
ken?
49
Mensch.
c. ans den Gehörknochen, Kanälen und
Gängen;
ä. aus den Gehörnerven. Diese sind bey ihrer
Feinheit leicht verletzbar, und haben einen Schutz
mehr nöthig. Deßwegen ist der Zugang so
klein, und zugleich mit einer bittern klebrigen
Materie versehen, welche die Insekten und
Würmer durch ihren unangenehmen Geschmack
und ihre Klebrigkeit davon ausschließt.
Der innere Theil des Kopfes besteht aus
dem Gehirne und au§ Nerven.
Das Gehirn ist eine feine, weiche, mar-
kige Materie mit dreyfacher Haut umgeben,
befindet sich in der Hirnschale, und ist die
Hauvtguelle aller Bewegungen und Empfin-
dungen, daher es auch bey dem Menschen am
größten ist *).
Eine Verlängerung des Gehirnes durch
die Rückenwirbel hindurch bildet das Rücken-
mark.
Die Nerven sind doppelte Fasern, welche
in 12 Paaren aus dem Gehirne kommen, und
die fünf Sinne möglich machen, auch Gehirn-
nerven heißen; und in 50 Paaren aus dem
Rückgrade, welche deßwegen auch Rückgrads-
uerven heißen.
Durch die Nerven, welche im ganzen Kör-
per verbreitet sind, entsteht das Gefühl, das
aber nicht in allen Theilen des Körpers gleich
stark ist.
15.
Woraus besteht
der innere Theil
des Kopfes ?
16.
Was ist das Ge-
hirn ?
17.
Was ist das Rn-
ckenmark?
13.
Was sind Ner-
ven?
Wie entsteht das
Gefühl?
*) Die geringste Verletzung des Gehirnes kann au-
genblicklichen Tod nach sich ziehen. Wir müssen
daher auch hier die Weisheit des Schöpfers be-
wundern, welcher diese zarten Theile in eine
fcfre hart durchdringliche Schale gelegt hat.
50
Mensch.
§. 4.
Rumpf des Menschen.
20.
Woraus besteht
der Numpf?
21.
WaS gehört zum
Oberleibe?
Der Rumpf besteht aus dem Ober- und
Unterleibe.
Zum Oberleibe gehören: a. der Hals mir
der Kehle und dem Nacken; b. die Schultern;
c. die Brust; cl. der Rücken mit dem Rück-
grade von 24 Wirbeln, an welchen die Rippen
mir dem Brustbeine verbunden sind.
In der Brusthöhle befinden sich die wich-
tigsten und edelsten Eingeweide; links das
Herz, und auf seinen beyden Seiten die
Lungen.
Das Herz ist ein hohler kegelförmiger
Muskel, von dem Herzbeutel umgeben, mit
zwey Kammern, und oberhalb mit zwey Vor-
kammern, welche mau Herzohren nennt.
An ihm sind die Hauptstämme die Adern.
Die merkwürdigsten Adern sind:
1. Die Puls- oder Schlagadern, auch Ar-
terien genannt, welche das Blut aus dem Her-
zen in alle Theile des Körpers treiben;
2. Die Blutadern oder Venen, welche
das Blut wieder in das Herz zurückführen.
Der Kreislauf des Blutes wird durch die
Erweiterung und Zusammenziehung des Her-
zens (genannt Herzklopfen) veranlaßt, wodurch
in einer Minute 70 Pulsschlage geschehen. —
Der wunderbare Schlag des Herzens steht im
Menschen nie stille, so lange er lebt, und er-
müdet in Jahren nicht, obgleich alle übrigen
Glieder ermüden. Dieser Schlag gibt dem gan-
zen Körper Blut und Nahrung, und dem Blute
Warme. Bey einem gesunden Menschen wie-
derholt er sich in einer Minute auch gegen Lo> ^6.
anal, also in einer Stunde 48oo mal. ^ei*23iui
Im Körper des ausgewachsenen gesunden!befindet sich im
Menschen befinden sich 50 bis 60 Pfund Blut,Menscheii?
22.
Was ist in der
Brusthöhle?
22.
Was ist das
Herz?
24.
Welche sind die
merkwürdigsten
Adern?
25.
Wie geschieht der
Kreislauf des
Bluteö?
öl
I
Mensch.
welches in einer Viertelstunde durchs Herz
geht, und einen Weg von 150 Fuß macht.
Die Lungen bestehen aus zwey schwammi-
gen kegelförmigen Lappen oder Flügeln, wo-
von der rechte größer ist, als der linke, und
welche mit lauter Blaschen und Blutgefässen
versehen, und durch daS dazwischenliegende
Herz von einander getrennt sind.
Mit den Lungen ist die Luftröhre verbun-
den, welche in zwey Aesten einer jeden Lunge
die Luft zuführt.
Oben an der Luftröhre befindet sich ein
Deckel, welcher beym Essen von den Speisen
zngestossen wird, damit nichts in die Luftröhre
komme; er heißt der Kehldeckel.
Den obersten Theil der Luftröhre heißt
man Kehlkopf.
Am Kehlkopfe befindet sich eine Oeffnung,
welche die Figur eines Dreyeckes har, und
Stimmritze genannt wird. Vermittelst des Kehl-
kopfes und dieser Stimmritze wird das Spre-
chen befördert.
Das sogenannte Zwergfell trennt den
Oberleib von dem Unterleibe.
Die Eingeweide des Unterleibes sind: Le-
ber, Galle, Magen, Gedärme, Milz, Nieren
und Gekröse.
Die Leber liegt rechts unter dem Zwerg-
felle neben dem Magen, zieht sich mitten un-
ter demselben hin, und liegt unten auf der
rechten Niere.
Sie dient zur Erwarmung des Magens,
und zur Absonderung der Galle vom Blute.
Die Galle ist ein häutiges birnahnliches
Behältniß an der Leber, und ist unten mit ei-
nem engen Halse versehen, aus welchem im
Zorne zum großen Schaden des Menschen der
Gallensaft in den Magen kommen kann.
Der Magen ist ein länglicht runder Veu
27.
Woraus beste-
hen die Lungen?
23«
Was ist mit den
Lungen verbun-
den?
2Y.
Was ist der
Kehldeckel?
30.
Was heißt Kehl-
kopf?
31.
Wodurch wird
das Sprechen
befördert?
32.
Was trennt den
Oberleib v-Unt.?
33.
Welche sind die
Eingeweide d.U.
34.
Wo liegt die Le-
ber?
35.
Wozu dient die
Leder?
36.
Was ist die Gal-
le?
37.
Was ist der Ma-
gen?
4*
52'
Mensch.
tei, der links neben der Leber liegt, und eine
obere und eine untere Oeffnung hat, — jene
heißt der Magenmund, — diese der Pförtner.
Im Magen befindet sich der sogenannte
Mageuschleim oder Magensaft, und die Mus-
kelhaut des Magens reibet sich beständig. Da-
durch geschieht, daß die Speisen im Magen
erweicht und verdauet werden.
Im leeren Magen erregt der scharfe Ma-
gensaft, und das beständige Reiben der Hàrs-
kelhaut mit der wurmförmigen Bewegung den
Hunger, und die Trockenheit des Schlundes
erregt den Durst.
Die Speisen bleiben 2 bis 4 Stunden im
Magen, bis sie verdauet werden, und gehen
alsdann in die Gedärme über, welche weiche
Röhren von glatter schleimichter Haut, und
Lmal langer sind, als der Mensch.
Aus den feinsten Theilen der Speisen
bildet sich der Nahrungssaft, der zu Blut ver-
arbeitet wird; die gröberen Theile gehen aus
dem Körper wieder ab.
Das Milz liegt gegen den Rücken zu,
links am Zwergfelle und Magen, und ist ein
runder vier Zoll langer blaurother Körper.
Es dient zur Verdünnung des Blutes und
Absonderung der Galle (des Gallensaftes).
Die Nieren sind zwey Körper in Form
einer nach Lange geschnittenen Bohne.
Die rechte Niere liegt unter der Leber;
die linke unter dem Milze.
Die Nieren dienen zur Absonderung des
Urins aus dem Blute, und zur Abführung
durch die Harngange in die Urinblase.
Das Gekröse sind die Falten des Bauch-
felles und hantigen Sacke, in welchen die Ge-
därme liegen.
Die verkochten Speisen gehen als Brey
aus dem Magen in die Gedärme, und em-
38.
Wodurch werden
die Speisen per-
bauet?
39.
Wie entsteht
Hunger und
Durst?
40.
Wie lange brau-
chen die Speisen
zur Verdauung?
41.
Was bildet sich
aus den Speisen?
42.
Wo liegt das
Milz?
43.
Wozu dient es?
44.
Was sind die
Nieren?
45.
Wo liegen sie ?
46.
Wozu dienen sie?
47.
Was ist das
Gekröse?
48.
Was geht in den
Gedärmen vor?
53
Mensch.
pfangen beym Ausgange etwas Galle aus der
Gallenblase, welche die Säfte auflösen,- und
alle Oeffnungen rein erhalten muß. Sie stoffen
durch ihre wellenförmige Bewegung die Spei-
sen immer weiter, bringen die guten milchigen
Theile in die Gefäße, welche wie die feinsten
Seicher an der Stelle der Gedärme liegen, und
wälzen die gröber» fort, die durch Auswurf
aus dem Leibe gehen.
Die Eingeweide des Oberleibes haben im
Allgemeinen die Bestimmung, den Kreislauf
des Blutes und das Athemholen ununterbro-
chen zu beleben; die Eingeweide des Unterlei-
bes, den Nahrungssaft für den ganzen Körper
zu bearbeiten, und die unnützen Theile abzu-
sondern.
$• 5.
Gliedmassen des Menschen.
Die Gliedmassen des menschlichen Kör-
pers sind die Arme und Beine.
§. 6.
Seele des Menschen.
Außer den Körperkräften besitzt der Mensch
auch geistige Kräfte: die Kraft zu denken, zu
erkennen und zu wollen.
Das geistige unsichtbare Wesen in uns,
welches die Fähigkeit hat, zu erkennen, zu den-
ken und zu wollen, nennt man Seele. Sie be-
lebet alle Glieder und regieret den Leib nach ih-
rem Willen.
Wir haben wirklich eine Seele, denn un-
ser eigenes Bewußtseyn sagt uns, daß etwas
in uns ist, welches sich selbst fühlet, empfin-
det, denkt, sich zurückerinnert, urtheilet, und be-
gehret.
49.
Welche Verrich-
tungen haben im
Allgemeinen die
Eingeweide?
50.
Welche sind die
Gliedmassen?
/
51.
Welche Kräfte
besitzt der Men sch
außer seinenKör-
perkraften?
52.
Was heißt die
Seele?
55.
Haben wir denn
wirklich eine
Seele?
54
Mensch.
Die einzelnen geistigen Kräfte des Men-
schcn heißen: Erkenntniß-, Ermnerungs-,
Gefühls - und Begehrungsvermögen ; oder
Verstand, Vernunft, Gedächtniß, Wille, Ein-
bildungskraft.
Die Seele steht mit dem Körper in der
innigsten Verbindung, und besonders durch das
Gehirn, weil aus diesem die Nerven ausgehen,
durch welche wir äußere Eindrücke fühlen, an
uns aufnehmen, und uns davon auch Vorstel-
lungen machen können.
Die Fähigkeit, äußere Eindrücke zu fühlen,
aufzunehmen und sich dann Vorstellungen zu'
machen, nennt man den äußern Sinn.
Die Werkzeuge, wodurch die Seele mit
dem Körper in äußere Verbindung gesetzt ist,
und Eindrücke aufnimmt, nennt man die äus-
sern Sinnenwerkzeuge.
Der äußern Sinne sind fünf, und so auch
der äußern Sinnenwerkzeuge:
1. Das Gefühl, — dieses ist im ganzen
Körper verbreitet, aber am feinsten auf der
Zunge und den Fingerspitzen;
2. Der Geschmack, dessen Werkzeug die
Zunge;
3. Der Geruch, dessen Werkzeug die Nase;
4. Das Gehör, mit seinem Werkzeuge, dem
Ohre;
5. Das Gesicht, dessen Werkzeug das Au-
ge ist.
Oer Mensch erhält nicht blos Eindrücke,
welche ihm durch seine äußern Sinnenwerk-
zeuge zukommen, sondern er nimmt auch Ver-
änderungen in seinem Innern wahr, und kömmt
zu Anschauungen, d. h. zur Kenntniß seines
innern Zustandes; —• dieses Vermögen nennt
man seinen innern Sinn.
Das Vermögen, daß wir wissen, was in
unserm Innern vorgeht, heißt Bewußtseyn.
54.
Wie heißen die
geistigen Kräfte
des Menschen?
55.
In welcher Ver-
bindung steht die
Seele mit dem
Körper?
56.
Was nennt man
äußern Sinn?
57.
Was nennt man
Sinnenwerkzeu-
ge?
53.
.Welche sind die
äußern Sinne
und Sinnen-
werkzeuge?
60.
Was heißt inne-
rer Sinn des
Menschen?
6o.
Was heißt Be-
wußtseyn?
Mensch.
Da§ Gegentheil des Bewußtseyns ist der
Zustand der Ohnmacht, des Schlafes, des
Todes.
Wir haben auch das Vermögen, uns selbst
in Gedanken neue Bilder zu schaffen, und zu-
sammenzusetzen, oder schon gesehene Bilder, die
abwesend sind, als gegenwärtig vorzustellen,
und dieses heißt man die Einbildungskraft.
Das Vermögen der Seele, gehabte Vor-
stellungen und Gedanken zu behalten oder auf-
zubewahren, und sie willkührlich wieder zu er-
neuern und zurückzurufen, heißt Gedächtniß.
Das Vermögen, Vorstellungen als schon
gehabte anzuerkennen, und in das Gedächtniß
zurückzurufen, heißt Erinnerungskraft.
Der Mensch hat auch ein Vermögen, Ver-
stand genannt, nämlich er kann sich von einer
Sache einen Begriff machen, über sie urthei-
len, und weitere Schlüsse ziehen; — er kann
die unterscheidenden Merkmale angeben.
Dem Menschen ist auch die Kraft eigen,
unter mehreren Dingen zu wählen, etwas zu
verlangen oder zu verabscheuen; Willen und
eine Neigung, oder einen Widerwillen und
eine Abneigung zu haben. — Diese Kraft
nennt man das Begehrungs-Vermögen.
Das Begehrungsvermögen ist ein zweyfa-
ches, ein sinnliches und vernünftiges, je nach-
dem es auf einen Genuß mit dem körperlichen
Sinne abzielt, oder aus Sittlichkeit entspringt.
Die Vernunft fordert Liebe und Ausbil-
dung des sittlich Guten; die Sinnlichkeit hat
nur Liebe zum sinnlich Angenehmen.
Wir vernehmen eine Stimme in uns,
welche uns das sittlich Gute erkennen lehrt,
welche gebietet, das Gute zu wählen, und
alle Kräfte des Geistes und Körpers nur zum
Guten zu gebrauchen. — Diese innere Stim-
me heißt Vernunft.
bö
61.
Was ist das Ge-
gentheil des Be-
wußtseyns ?
62.
Was heißt Ein-
bildungskraft?
63.
Was heißt Ge-
dächtniß?
» 64.
Was heißt Erin-
nerungskraft?
65.
Was ist der Ver-
stand?
66.
Was ist das Ve-
gehrnngsvermö-
gen?
67.
Wie theilt man
dasBegehrungs-
verwogen ab?
63.
Was ist die Ver-
nunft?
56
Mensch.
Das Begehrungs - Vermögen artet aber
auch aus, und wird zur Begierde und Leiden-
schaft; erstere, wenn das Verlangen nach ei-
ner Sache groß ist; letztere, wenn das Ver-
langen heftig und wie angewohnt ist, ja das
vernünftige Wollen unterdrückt.
Dem Menschen ist von dem Schöpfer auch
ein Vermögen gegeben, sein ausgeartetes Be-
gehren zu bezähmen, seine Neigungen zu be-
herrschen, und dieses Vermögen heißt die
Freyheit des Willens, oder der freyeWille.
Der Mensch kann dadurch die Triebe seines
Körpers unterdrücken, um nur nach den For-
derungen der Sittlichkeit der Vernunft gemäß
zu leben.
Eine Stimme im Menschen regt sich, wel-
che ihn vor seinem Handeln vom Bösen war-
net, oder zum Guten ermuntert; — nach
dem Handeln über Unrecht tadelt, oder über
erfüllte Pflicht Beyfall gibt, und diese innere
Regung im Menschen heißt Gewissen.
Das Gewissen ist zweyfach, ein gutes und
ein böses. — Ein gutes Gewissen hat jener
Mensch, welcher seine Pflicht erfüllt, und ein
böses, der seine Pflicht verletzt.
Das gute Gewissen wirkt Seelenwohl,
Freudigkeit des Herzens, und im Unglücke Hoff-
nung und Muth; — das böse Gewissen Un-
ruhe und Vorwürfe, im Unglücke Verzagtheit
und Verzweiflung.
Die Geisteskräfte, welche der Mensch be-
sitzt, hat er zum Theil mit dem Thiere ge-
mein, nämlich die Erinnerung, das Gedächt-
niß, die Einbildungskraft, und zum Theil auch
den Verstand. — In einem vorzüglichern Grade
besitzt aber der Mensch den Verstand, und aus-
schließlich besitzt er Vernunft, Dichtungskraft
und die Gabe der Sprache.
Alle die mannigfaltigen Anlagen, welche
6Y.
Was heißt Be-
gierde und Lei-
denschaft?
70.
Was ist der freye
Wille?
71.
Was heißt Ge-
wissen?
72.
Wie vielfach ist
das Gewissen?
72.
Was wirkt das
Gewissen?
74.
Besitzen auch
Thiere die gei-
stigen Kräfte des
Menschen?
75.
Welchen End-
57
Mensch.
zweck haben alle
die mannigfalti-
gen Anlagen des
Menschen?
dem menschlichen Körper und Geiste von Gott
verliehen sind, haben vor Allem den Endzweck,
daß wir durch sie nur nach dem sittlich Guten,
und so zum Streben nach Seligkeit geleitet
werden.
Jum guten Handeln wird der Mensch nur
dann geleitet, wenn er sich den Willen eigen
gemacht hat, das Gute zu thun, weil es
gut ist, und das Bose zu meiden, weil es
böse ist; — nicht aber, weil ihm etwa das
Gute oder Böse gerade behaget oder nicht be-
haget.
Es sind auch Beweggründe vorhanden, wel-
che den Menschen leiten, nur das Gute zu
thun, weil es gut ist; nämlich die Bestim-
mung des Menschen und Gott.
1. Der zur Vernunft, gelangte Mensch
denkt über seine Bestimmung nach, und sindet
endlich nur im Gedanken an Gott seine
höchste Ruhe.
2. Im Gedanken an Gott aber wird er
sich stets zum Guten und zur Erfüllung seiner
Pflichten gestärkt fühlen, die ihm göttliche und
menschliche Gesetze auflegen.
5. So fühlt er endlich lebhaft seine Ver-
pflichtungen, und schreitet von selbst vor in
Liebe und Ausübung des Guten.
Das Wesen der Seele ist Unsterblichkeit;
sie har ewige Fortdauer, wenn gleich der Lei^WesenderSeele?
im Grabe vermodert.
76.
Auf welchem
Wege mag der
Mensch vorzüg-
lich zum guten
Handeln geleitet
werden?
77.
Welche Beweg-
gründe sollen den
Menschen znm
guten Handeln
leiten?
73.
Welches ist das
Allgemeine Erdbeschreibung
§-1.
W e l L t h e i l e.
Die Erde wird in fünf Theile, genannt
Welttheile, eingetheilt; in Europa, Asien, Afrika,
Amerika und Australien, welches auch Neuhol-
land, Südindien oder Polynesien heißt.
Man theilt sie auch in die alte und neue
Welt, zu jener gehören: Europa, Asien und
Afrika; zu diefer: Amerika und Australien; —
nicht aber, weil sie etwa erst neu entstanden
waren, sondern weil sie erst in neuerer Zeit
entdeckt wurden.
Wie wird die
Erde einge-
theilt?
§. 2.
Bestandtheile der Erde.
2.
Unsere Erdkugel besteht ganz aus Erdei ns besteht
oder festem Lande; es ist jedoch ein sehr gro- Erdku-
ßer, tiefliegender Theil derselben mit Wasser gel?
bedeckt.
§. 3.
Berge.
Das über" das Wasser sich erhebende Land
erreicht oft eine beträchtliche Höhe, und bildet
Berge und Thäler, also Unebenheiten der Ober-
fläche der Erde. Diese nehmen ihr aber nicht
die runde Gestalt, von welcher uns die Natur-
lehre sagt, denn der höchste bekannte Berg
von 26,862 Fuß Höhe, der weiße Berg (Dha-
3.
Ist die Oberflä-
che der Erde
eben?
Allstem. Erdbeschreibung.
walagiri) in Asien, obgleich er über eine teut-
sche Meile beträgt, verhält sich nur wie ein
Sandkorn gegen eine große Kugel.
§. 4.
Gewässer.
In den Vergklüften sammeln sich Dünste
und Regen, dringen in Tropfen abwärts, bis
sie auf einem festen Boden stehen bleiben, su-
chen endlich Ausgang, kommen in Bächen her-
vor, und diese bilden endlich, da sie zusam-
menströmen, die Flüsse.
Auch stillstehende Gewässer gibt es, wel-
che in keinem bekannten Zusammenhange mit
dem Meere stehen, und diese heißt man Seen.
Alle Flüsse gehen in das Meer, aus ihm
aber keiner zurück, und doch wird es nicht
überfüllt. Die Wassermeuge geht blos durch
Ausdünstungen wieder ab; die Dünste sam-
meln sich in Wolken, und diese werden von
den Winden in die verschiedenen Länder ge-
trieben , wo sie als Schnee und Regen den
Flüssen Nahrung geben, und mit ihnen wie-
der in das Meer zurückkehren.
§. 5.
K l i m a.
Jedes Land hat einen gewissen Grad von
Wärme und Kälte, Feuchtigkeit und Trocken-
heit der Luft, und daher auch eine eigene Be-
schaffenheit und Fruchtbarkeit des Bodens,
und alles dieses zusainmen versteht man unter
Klima.
Das Klima ist daher im Allgemeinen heiß
oder kalt, trocken oder feucht, oder gemischt.
LY
4.
Wie entstehen
die Gewässer?
5.
Was sind Se-
en? '
6.
Was ist vom
Kreisläufe des
Wassers zu er-
wähnen ?
7.
Was versteht
man unter Kli-
ma?
6.
Wie ist das
Klima im All-
gemeinen?
60
Allgem. Erdbeschreibung.
§. 6.
Produkte.
Produkt heißt Alles dasjenige, waS die
Natur, oder die Kunst der Menschen, hervor-
bringt.
Die Produkte werden daher eingetheilt kn
Natur- und Kunst-Produkte.
Naturprodukte nennt man jene Erzeug-
nisse der Erde in den drey Naturreichen, wel-
che ohne unmittelbare Einwirkung der Menschen
hervorkommen; — Kunstprodukte jene, welche
die Menschen durch ihre Arbeit und Kraft
erwirkt haben.
9.
Was heißt Pro-
dukt?
10.
Wie theilt mau
die Produkte
ein?
§. 7.
Europa.
Europa ist jener Erdtheil, kn welchem un-
ser Vaterland liegt. Es ist auf drey Seiten
vom Meere umgeben, auf der vierten hangt
es gegen Morgen mit Asten zusammen, und
liegt größtentheils in der gemäßigten Zone.
Es ist der kleinste, aber mächtigste, volkreich-
ste und kultivirteste Erdtheil, mit beyläufig
130 Millionen Menschen und 170,000 Geviert-
meilen.
Seine Fabriken und Manufakturen haben1
hohe Vollkommenheit, seine Landstraßen sind
gut, sein Handel ist ausgebreitet. Was die
Europäer aus ihren Landern ausführen, find
fast einzig nur Produkte ihrer Kunst; was sie
aus andern Welttheilen einführen, Produkte
der Natur.
11.
Was ist von
Europa im All-
gemeinen zu er-
wähnen?
§. 6.
Teutschland.
Die Gränzen Teutschlands sind:
1) Gegen Ost das Königreich Preußen,
12.
Welche sind
Teutschlands
Gränzen?
Allgem. Erdbeschreibung.
Herzogthum Posen, die Königreiche Polen, Un-
garn und Kroatien;
2) gegen Süd das adriatische Meer, das
lombardisch-venetianische Königreich und die
Schweiz;
5) gegen West das Königreich Frankreich
und die^Niederlande;
4) gegen Nord die Nordsee, das König-
reich Dänemark und die Ostsee.
Teutschland wird in das südliche und
nördliche Teutschland eingetheilt, und da der
südliche Theil größtentheils gebirgig, der nörd-
liche aber größtentheils eben ist, wird jener
Oberteutschland und dieser Niederteutschland
genannt. Es hat auf 11,600 Q. M. 32 Mill.
Menschen.
Teutschlands Staaten (Bundes-Staaten)
sind folgende:
1) Oesterreich mit seinen teutschen Ne-
benländern; 2) Preußen, mit Schlesien,
Pommern, Brandenburg und Niederrhein;
3) Bayern; 4) Sachsen mit Lausitz; 5)
Hannover; 6)Würtemberg; 7) H es
senkassel; 8) Baden und Hessen
Darmstadt; 9) Weimar; 10) Luxem-
burg; 11) Mecklenburg-Schwerin;
12) Nassau; 13) Holstein; 14) Braun-
schweig; 15) Oldenburg; 16) Meck-
lenburg - Strelitz; 17) Anhalt; 18)
Schwarzburg; 19)
mit ihren Zweigen re.;
Städte: Frankfurt,
und Hamburg.
Teutschlands merkwürdigste Flüsse sind:
1) die Donau, 2) der Rbein, 3) die Weser,
4) die Elbe, 5) der Main, 6) die Oder.
Uebrigens hat es im Ganzen 500 Flüsse, un-
ter welchen gegen 60 schiffbar sind.
61
15.
Wie wird
Teutschland ein-
getheilt, und wie
groß ist die Ein-
wohnerzahl?
14.
Welche sind
Teutschlands
Staaten?
Lippe; 20) Reuß
21) die vier freyen
Lübeck, Bremen
15.
Welche sind
Teutschlands
merkwürdigste
Flüße?
62
Alkgem. Erdbeschreibung.
Scine vorzìlglichsten Gebirge sind:
1) die Alpen, welche von St. Gotthard
in Hclvetien ostwàrts ziehen;
2) der Gebirgszug, welcher von St. Gott-
hard westlich durch Helvetien an das Jura-
gebirg geht;
5) der Gebirgszug, welcher von St. Gott-
hard nordostwàrts zum Schwarzwald und Ari-
de rg geht; '
4) das Fkchtelgebirge, in Mitte von
Teutschland, mit ansehnlichen Bergàsten: a)
dem Bohmerwalde; b) Riesengebirge; c) sàch-
sischem Erzgebirge; à) Sudettengebirge; e) mit
den Karpathen; f) dem Thuringerwalde re.
§. y.
16.
... Gebirge?
A s i e n.
Asien ist mehr als viermal so groß, als
Europa; es enthält bey 700,000 Quadratmei-
len und gegen 500 Millionen Einwohner, wel-
che in Ansehung der Religion, Kultur und
Sprache sehr verschieden sind.
Die Hauptflüsse sind: der Euphrat, Ti-
gris, Indus, Wolga, Ganges, Menon,
Amur re.
Asien hat theils ungeheure Sandwüsten,
theils die herrlichsten und fruchtbarsten Ge-
genden. Ueber den Süden ergoß die Natur ihr
ganzes Füllhorn, und der Boden tragt bep
leichter Bearbeitung die herrlichsten Früchte.
Es ist jener Welttheil, in welchem der
Erlöser geboren wurde, lehrte und für uns
den Tod litt. Da befindet sich der merkwürdige
Fluß Jordan, an welchem Johannes taufte;
der See Tiberius; die Stadt Jerusalem; die
Berge Sinai, Horeb, Carmel, Tabor, Zion;
das rothe und todte Meer.
In Asien waren die ersten Menschen, und
Asien bevölkerte die übrigen Welttheile.
17.
Wie groß ist Ast-
en , und wie vie-
le Menschen zählt
es?
13.
Welche sind Asi-
ens größte Fln-
ße?
19.
Wie ist Asiens
Loden beschaf-
fen ?
20.
Wie ist Asien in
der Religionsge-
schichte merkwür-
dig?
63
Allgem. Erdbeschreibung.
§. 10.
Afrika. 21>
Afrika ist eine sehr große Halbinsel der Was ist von Afri-
heißen Zone, in seinem innern Lande aber ka zu erwähnen?
noch größtentheils sehr unbekannt, weil die
Rohheit der Einwohner und die meilenlangen
Sandwüsten alle Reisen in das Innere den
Europäern erschweren.
In Nordafrika befindet sich die ungeheue-
re Wüste Sahara, deren Große auf 60,000
Meilen geschätzt wird. Durch die Ueberschwem-
mungen des Nilstusses werden Egypten und
alle Gegenden, die er durchfließt, sehr fruchtbar.
§. 11.
Amerika*).
Amerika liegt auf der westlichen Halbku-
gel der Erde, und wurde im Jahre 1492 von
Kolumbus Entdeckt. Es ist eine ungeheuere
Insel mir beyläufig 800,000 Quadratmeilen
und 500 Millionen Einwohnern. Amerika
schreitet in der Bildung mächtig vor.
22.
Was ist von
Amerika zu er-
wähnen?
§. 12.
Australien.
Australien, auch Neuholland genannt,
besteht aus einer großen Insel und aus einer
zahllosen Menge Eilande, welche Jnselhaufen
bilden, weßwegen man auch diesen Welttheil
Polynesien, d. h. Inselwelt, zu nennen pflegt.
Dieser Welttheil wurde nach und nach theil-
weise von den Schiffern entdeckt; die berühm-
teste dieser Inseln, Otaheite, wurde erst im
Jahre i?6? entdeckt.
23.
Was ist von
Australien zu er-
wähnen?
*) Die Entdeckung von Amerika mag vom Lehrer
in kurzen Umrissen vorgelesen werden.
64
Landeskunde von Bayern.
Die Bewohner Australiens sind noch Gö-
tzendiener, haben sogar auch Menschenopfer,
und viele gehen nackt. ]
Landeskunde von Bayern.
§. 1.
Gränzen.
Bayern besteht aus zwey getrennten Thei-
len. Beyde liegen in Europa, der größere im
südlichen Teutschland, der kleinere jenseits des
Rheins.
Die Gränzen Bayerns müssen daher dop-
pelt beschrieben werden.
Der größere Theil gränzt gegen Ost an
den österreichischen Kaiscrstaat, und zwar an
das Königreich Böhmen und Erzherzogthum
Oesterreich;—gegen Süd an denselben Staat,
und zwar an Tyrol, Salzburg und Vorarl-
berg; —- gegen West an das Königreich Wnr-
temberg und an die Großhcrzogrhümer Baden
und Hessen-Darmstadt; — gegen Nord an die
sächsischen Herzogthümer Meiningen, Hildburg-
hausen, Koburg und an das Königreich Sachsen.
Der jenseits gelegene kleinere Theil gränzt
gegen Ost an die Großherzogthümer Baden
und Hessen; — gegen West und Nord an die
preußische Provinz Niederrhein; — gegen Süd
an das Königreich Frankreich.
i.
Welchen Theil
des Erdbodens
nennt man Bay-
ern, oder welche
sind die Grän-
zen Bayerns?
§. 2.
Größe und Bevölkerung.
Die Größe Bayerns wird zu 1382 Qua-
dratmeilen angenommen, und da man auf
2.
Wie groß ist
Bayern nach
65
Landeskunde von Bayern
eine Quadratmeile 16,000 Tagwerke rechnet,
faßt der bayerische Staat 21,729,000 Tag-
werke.
Die Bevölkerung wird beyläufig auf
3,742,523 Seelen berechnet.
Der ganze bayerische Staat zahlt unge-
fähr 180 Städte, 400 Marktflecken, und über
50,000 Dörfer, Einöden und Weiler.
Die vorzüglichsten Städte mit ihrer
Bevölkerung sind:
Im Ober-Douaukreise: Augsburg mit
50.000, Kempten mit 5200, Memmingen mit
7000, Neuburg au der Donau mit 6000 Ein-
wohnern.
Im Unter-Donaukreise: Passau mit 10,500,
Straubing mit 9000, Deggendorf mit 2500,
Burghausen mit 5000 Einwohnern.
Im Jsarkreise: München über 70,000,
Landohut mit 7900, Freising mit 5600, Berch
tesgadeu mit 5000 Einw.
Im Regenkreise: Regensburg mit 20,000,
Amberg mit 7500, Eichstädt mit 6600, In-
golstadt mit 6000 Einw.
Im Rezatkreise: Nürnberg mit 40,000,
Fürth mit 15,000, Ansbach mit 14,000, Er-
langen mit 9500, Schwabach mit 7400, Nörd-
lingen mit 6100 Einw.
Im Ober-Mainkreise: Bamberg nrlt
20.000, Baireuth mit 12,100, Hof mit 6200,
Forchheim mit 5000 Einw.
Im Unter - Mainkreise: Würzburg mit
21,800, Aschaffenburg mit 6600, Schwein-
furth mit 6000, Kitzingen mir 4500 Einw.
Im Rheinkreise: Speyer mit 7300, Zwey-
brücken mit 7000, Landau mit 5200, Pirma
sens mit 4700, Kaiserslautern mit 5300 Ew.
IHM. u. nach
Tagwerkzahl?
5.
WelcheBevölkcr-
ung hat Bayern?
4.
Wie viele Orte?
5«
Welche sind die
vorzüglichsten
Städte Bay-
erns und mit
welcher Bevöl-
kerung?
6
öö Landeskunde von Bayern.
§. 5.
Religion.
Im Königreiche bestehen drey christliche
Religionsgesellschaften:
3) die Katholische,
b) Protestantische;
c) Reformirte.
Sie haben gleiche Rechte. In Gegenstän-
den des Glaubens und des Gewissens herrscht
durchaus kein Zwang, und frey ist die Wahl
des Glaubensbekenntnisses jedem Staatsein-
wohner.
Die nicht christlichen Glaubensgenossen
haben nicht ganz dieselben Rechte, aber ihre
Gewissensfreyheit bleibt unangetastet.
6.
Welche Religio-
nen bestehen in
Bayern und mit
welchen Rechten?
ö- 4.
E i n t h e i l u n g.
Bayern, welches im Jahre 1803 in 15
Kreise, 1310 in 9 Kreise eingetheilt wurde,
ist seit dem 20. Februar 131? in 8 Kreise ein-
getheilt, nämlich: Jsarkreis, Unter-Donau-
kreis, Regenkreis, Ober-Donaukreis, Rezat-
kreis, Ober-Mainkreis, Unter-Mainkreis, und
Rheinkreis.
Die Kreise haben ihre Namen von den
Flüssen, welche sie durchströmen.
Jeder Kreis hat eine Hauptstadt, in wel-
cher zugleich der Sitz der königlichen Kreis-
Regierung ist. Die Hauptstädte heißen:
München für den Jsarkreis, ist zugleich
die Haupt- und Residenzstadt für das ganze
Königreich.
Passau für den Unter-Donaukreis.
Regensburg » Regenkreis.
Augsburg » » Ober - Donaukreis.
Ansbach » » Rezatkreis.
Wie wird Bay-
ern eingetheilt?
6.
Woher haben die
Kreise ihre Na-
men?
9.
Welche jnid die
Hauptstädte
Bayerns?
Landeskunde von Bayern. 67
Baireuth » » Ober - Mainkreis.
Würzburg » » Unter-Mainkreis.
Speyer » » Rheinkreis *).
S. 5.
Gebirge.
Die Gebirge Bayerns sind bedeutend:
1) Das böhmisch-bayerische Gränzgebirge,
welches eine Fortsetzung der durch Tvrol lau-
fenden helvetischen Gebirge ist, — auf diesem -
bildet sich im Nordost des Reiches das Fich-
telgebirge.
2) Das Gebirg, welches an der östlichen
Gränze Bambergs von Nord nach Süd läuft.'
3) Ein Theil des Steigerwaldes im süd-
westlichen Theile Bambergs.
4) Die Reihe von Bergen, welche bey
dem Steigerwalde beginnt, und von Südwest
nach Nordost beynahe mitten durch das Land
fortzieht.
5) Westlicher das Rhöngebirge.
6) Das vogesi'sche Gebirg im Rheinkreise,
welches sich mit seinen Aesten über den halben
Rheinkreis ausbreitet.
10.
Welche Gebirge
hat Bayern und
welche Richtung
nehmen sie?
§. 6.
Gewässer.
Bayern hat zwey große Hauptflüsse:
1) die Donau, 2) den Main.
c Der Rhein fließt nur längs der östlichen
Gränze der Rheinprovinz vorüber; übrigens ist
dieser Landesstrich von einer Menge kleiner
Flüsse durchwässert, unter welchen die Speyer
zu nennen ist.
11.
Welche sind
Bayerns Haupt-
flüsse?
*) Es mögen die Landgerichte und Rentämter re. eines
jeden Kreises vom Lehrer selbst berücksichtiget
werden.
5*
68 Landeskunde von Bayern.
Die Donau entspringt bey Donaueschkngen
im Schwarzwalde, tritt bey Ulm in das Kö-
nigreich, lauft von West nach Ost, theilt das
Land in zwey etwas ungleiche Hälften, die
südliche und nördliche, und ergißt sich nach
einem Laufe von 400 Meilen in das schwarze
Meer.
Ihr strömen von Süden und-Norden Flüs-
se zu.
Von Süden: i) die Iller, welche der
Gränzfluß zwischen Bayern und Würtemberg
ist; sie macht die Donau schiffbar, und fällt
in diese bey Ulm;
2) der Lech. Er fallt bey Augsburg kn die
Donau, und wird wegen seinem reißenden Lau-
fe nur stromabwärts mit Flößen befahren;
5) die Isar, welche bey Deggendorf in
die Donau fallt;
4) Der Inn, welcher sich zu Passau in
die Donau ergießt.^
Von Norden: i)die große Lader zwischen
Sinzing und Bruck;
2) Die Naab, welche in 3 Quellen ent-
springt, und nach derer Vereinigung oberhalb
Regensburg in die Donau fallt;
5) der Regen, welcher bei Regensburg in
die Donau fallt;
4) die Jlz bey Passau, und 5) die Alt-
mühl unterhalb Kellheim.
Bayern hat auch beträchtliche Seen. Sie
sind:
1) Der Chimsee, wegen seines ungeheuern
Umfanges das bayerische Meer genannt, wie
der Bodensee das teutsche Meer. Er liegt west-
lich von Traunstein, ist 2% Meile lang und
1% breit, dann so Klafter rief. Aus ihm ra-
gen drey Inseln, genannt Herren-, Fraueu-
nnd Oekonomie-Insel, hervor.
2) Der Würm- oder Starnberger-See.
12.
-Wo entspring
und welchen Lauf
nimmt die Do-
nau?
15.
Welche bedeu-
tendere Flüsse
nimmt die Do-
nau wahrend ih-
rem Laufe durch
Bayern auf?
14.
Welche bedeu-
tende Seen hat
Bayern?
09
Landeskunde von Bayern.
Bemerkenswerth ist, daß sich dieser See immer
mehr Raum macht, und hie und da hat er
bey Mannesgedenken schon 50 bis 60 Schritte
Erdreich weggenommen.
5) Der Amersee. 4) Walchensee. 5) Ko-
chelsee. 6) Tegernsee. ?) Schliersee. 8) Staf-
felsee.
§. ?.
Boden und Erzeugnisse.
Bayerns Boden reihet sich nach seiner
Güte im Ganzen an die vorzüglichsten Teutsch-
lands. Die Strecke von Regensburg bis über
Osterhofen, welche 8 Meilen lang, und 5 bis
ö Meilen breit ist, hat außerordentliche Frucht-
barkeit an üppigen Wiesen, und 12- bis i5fa-
chen Samen. . Man nennt sie mit Recht die
Getreidkammer Bayerns. Feiner Sand mit
dünnen Thonlagen sind die Hauptbestandtheile
der Erdscholle.
Auch die Gegend von Vilshofen sichert
reichen Ertrag, und die Landstreckc von Lands-
hut bis Erding mit dem schwarzen fetten Bo-
den. Eben so auch die Bezirke von Landsbcrg,
Ingolstadt, Bamberg, Würzbnrg; von Schwa-
ben, z. Memmingen, Dillingen u. s. f.; — in
der von Lehm und Mergel gemischten Erdart,
oder in dem mit fettem Donanschlamme ge-
mischten Sandboden.
Einer der fruchtbarsten ist der Boden des
Rheinkreises mit seiner fetten schwarzen Gar-
tenerde.
Die außerordentliche Fruchtbarkeit verdankt
das Land in vielen Gegenden den Ueberschwem-
mungen schlammreicher Wassermassen.
Schlechte Gründe enthält dagegen der baye-
rische Wald; die gebirgige obere Pfalz ist.
15.
Wie ist Bayerns
Boden beschaf-
fen?
a. Von Regens-
burg?
b. Von Vilsho-
fen?
e.Landsberg dgl.
ll. Im Rhein -
kreist?
e. Ursache der
Fruchtbarkeit?
f. Im Wald
U. dgl.
70
Landeskunde von Bayern.
durchaus mager, auch hat Bayern noch un-
fruchtbares Sumpfland.
Das bekannte Donau- und Isarmoos, so
wie auch das Rosenheimermoos am Inn, er-
fordern noch angestrengte Kultur.
Die Getreidarten sind das Hauptprodukt
und der größte Reichthum des Landes, und
neben ihnen macht das gemeine Koch- und
Küchensalz, das in unermeßlichem Verrathe
vorhanden ist, noch vorzüglichen Reichthum
des Königreiches aus.
Es ist in dem Grade ergiebig, daß nicht
nur das ganze Königreich, sondern auch noch
einige Länder in und außer Teutschland damit
versehen werden können.
§. 8.
M a n u fa k t u r w e s e n.
Der Inbegriff alles dessen, was die na-
türlichen Erzeugnisse zur Veredlung und zu hö-
herem Werthe bringet, nennt man das Fabrik-
oder Manufakturwescn.
Die vorzüglichsten Fabrik- oder Manufak-
tur-Orte sind: Augsburg—Nürnberg—Ans-
bach — Bakreuth — Schwabach — Fürth —
München — Erlangen — Hof — Speyer —
Frankenthal — Zweybrücken.
Sie liefern Leder, Tuch, Kattun, Band,
Musselin, Messing, Eisen- und Stahlwaaren,
Tabak, Papier, Strümpfe, Spiegel, chirurgi-
sche und mathematische Instrumente rc.
Der Kuustfleiß erhielt in der neuesten Zeit
größere Regsamkeit, so daßBayern nunmehrden
größer« Theil seiner Kunstbedürfnisse selbst aus-
bringt, und der eine Kreis dem andern aus-
helfen kann. Manche Manufakturen und Fabri-
ken liefern sogar eine Menge ihrer Waaren
zur Ausfuhr.
16.
Welche sind die
vorzüglichsten
Erzeugnisse Bay-
erns ?
17.
Was versteht
man unter Fa-
brik- und Ma-
nufakturwescn ?
18.
Welche Städte
zeichnen sich als
Fabrik-vderMa-
nufaktnr-Orte
ans, und was
liefern sie?
19.
Wie ist das F
brik- und Mal
nnfaktiirwesen
Bayerns im Al
gemeinen be-
schaffen?
Landeskunde von Bayern. 71
Im vorzüglichen Aufblühen ist das Fabrik-
und Manufakrurwesen in den Strafarbeitshäu-
sern. Zum eigentlichen Manufaktnrlande aber
müßte der. bayerische Wald werden, wenn die
sonst so emsigen Bewohner dieses Landstriches
sich an ein Fortschreiten in ihrer Industrie ge-
wöhnen wollten.
Die wichtigsten Manufakturen und Fabri-
ken, welche ihre Stoffe
1. aus dem Pflanzenreiche nehmen, sind:
a. die Leinwebereyen, b. Tabakfabriken, c.
Bierbrauereycn, d. Branntweinbrennereyen, e.
Essigsiedereyen, f. Pech- und Pottaschsiedereyen.
2. Aus dem Thierreiche:
a. Die Wollenmanufakturen, b. Leder-
fabriken , c. Wachsbleichen, d. Kerzen - und
Seifenfabriken.
5. Aus dem Mineralreiche:
a. Die Eisen- und Stahlfabriken, b. Glas-
hütten, c. Steinarbeiten, d, Salzsiedereyen, e.
Anstalten zur Verarbeitung edler Metalle.
4. Aus den gemischten Naturreichen:
a. Papiermühlen, b. Strumpfmanufak-
turen.
20.
Welche sind die
wichtigsten Ma-
nufakturen. und
Fabriken?
tz. y.
Hände l.
Erst wenn das Land seine Natur- und
Kunsterzeugnisse mit Vortheil absetzen kann,
erhebt es sich durch den Handel zum höhern
Wohlstand.
Die vorzüglichsten Handelsstädte sind:
Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Würz-
burg, München, Landau, Memmingen, Kauf-
beuern, Passau, Ndrdlingen, u. a.
21.
Wie hebt sich ein
Land allster dem
Reichthumc von
Erzeugnissen
vorzüglich?
22.
Welche sindVay-
erns vorzüglichste
Handelsstädte?
72
Landeskunde von Bayern.
§. 10.
Verfassung und Verwaltung.
Bayerns Verfassung ist monarchisch, mit
einer Volks - Repräsentation. Der König re-
giert nach gegebenen Staatsgesetzen, die nur
mit Beyrath und Zustimmung der Stande
geändert werden können, daher auch die Ver-
fassung konstitutionell ist, und das Staars-
grundgesetz die Konstitution heißt.
Die Regentschaft ist erblich im Manns-
stamme des regierenden Hauses nach dem
Rechte der Erstgeburt.
Die Grundverfassung oder Konstitution
Bayerns sichert das Volk vor Willkühr, 'da
es nicht nach Willkühr der Richter und Be-
amten, sondern nach dem Gesetze regiert wird;
sie gibt ihm Gemeinde-Verwaltungen, damit
die Gemeinden an der Verwaltung der sie zu-
nächst betreffenden Angelegenheiten selbst Antheil
haben, und ihr Veßtes bewahren können; —
und eine Versammlung der Stande als Stell-
vertreter des Volkes, damit auch die öffentli-
chen Interessen allseitig und vom Volke selbst
berathen und entschieden werden.
Bayern hat eine Volks-Repräsentation,
und diese besteht:
1. aus Reichsrathen,
2. aus Abgeordneten des Volkes jeder
Klasse.
Ohne Beyrath und Zustimmung der Stan-
de kann kein allgemeines neues Gesetz, welches!
die Freyheit der Personen, oder das Eigen-
thum der Staatsangehörigen betrifft, erlassen,
noch ein schon bestehendes abgeändert oder auf-
gehoben werden.
Der König erholt ihre Zustimmung zur
Erhebung aller Stenern; den Standen werden
die Staats-Einnahmen und Ausgaben vvrge-
23.
Was hat Bay-
ern'für eine
Staatsverfas-
sung?
24.
Welche sind die
Hauptpunkte der
Grnndverfassung
oder Konstitution
Bayerns?
25.
Woraus besteht
Bayerns Reprä-
sentation ?
26.
Welchen Wir-
kungskreis haben
die Stande?
Lgnyeskunde von Bayern.
legt, und die Verwaltung nachgewiesen. Zu
jeder neuen Staatsschuld ist ihre Zustimmung
erforderlich, und ihrer Genehmigung wird der
Schuldentilgungsplan vorgelegt. Auch dürfen
sie Wünsche und Anträge stellen, und Be-
schwerden über Verletzung der Staatsverfassung
vor den König bringen.
Als echte Grundlage aller Volks-Aufklä-
rung, als wahres National-Institut, bestehen
über 5000 planmäßig eingerichtete Volks- und
Fepertagsschulen im Königreiche.
Uebrigens unterhalt der König zur Beförde-
rung der Wissenschaften eine Akademie der
Wissenschaften und der bildenden Künste, auch
bestehen drey Hochschulen, Lyceen, Gymnasien,
und einzelne Studien -Vorbereitungs - und hö-
here Bürgerschulen.
Bayern ordnet seine Angelegenheiten durch
verschiedene Stellen und Aemter.
Die oberste Leitung der acht Kreise haben
die königlichen Staats-Ministerien.
In jedem Kreise besorgt ein Appellations-
gericht die Rechtspflege, und eine Regierung
die übrige Verwaltung. Die Appellationsge-
richte sind einem höchsten Justiztribunale, dem
königlichen Oberappellationsgerichte untergeben.
In den Kreisen selbst sind wieder als un-
terste^ Aemter: Stadt-, Land-, Herrschafts-,
Patrimonial-Gerichte, Rentämter, Forstäm-
ter rc., zur Verwaltung der Justizsachen lind
polizeylichen Angelegenheiten rc. rc. aufge-
stellt. Der Landgerichte sind insbesondere 206
in den altern sieben Kreisen. Die geistli-
chen Angelegenheiten stehen unter der Leitung
des Ministeriums des Innern. Die katholi-
schen Angelegenheiten besorgen zunächst zwey
Erzbischöfe und sechs Bischöfe; die protestanti-
schen- ein General-Konsistorium und drey Kon-
sistorien.
27.
Wie sorgt der
Staat für das
moralische Wohl
seiner Bürger?
23.
Durch welche
Einrichtungen
wird Bayern
verwaltet?
74
Vaterlands; Geschichte.
Jeder Kreis hat ein eigenes Appcllations-
gerkcht, rmd solches befindet sich in Landshut,
Straubing, Amberg, Neuburg an der Donau,
Ansbach, Bamberg, Würzburg und Zweybrü-
cken. In München ist das Öberappellarious-
gericht.
29.
In welchen
Städten sind
Appellationsge-
richte?
Vater l an ds-Ge schichte.
§. 1.
Urgeschichte.
Das Volk der Bayern har ein ehrwür-
diges Daseyn. Es kam ursprünglich aus Asien
nach Gallien, in das heutige Frankreich, mit
Völkern, die man Gallier oder Celten nannte *).
Vor mehr als 2000 Jahren wohnte in
Gallien ein König von großer Macht; sein
Name ist Ambigat.
Ihm wuchs des Volkes soviel, daß es
sein Reich nicht fassen konnte. Da gebot er
den Söhnen seiner Schwester, mit Leuten aus-
zuziehen, und es zogen Bellowes und Sigo-
wes mit streitbaren Männern. Sie zogen nach
entgegengesetzten Richtungen.
Bellowes lagerte sich nach vielen Käm-
pfen an der Donau, Sigowes in Böhmen.
Sie waren 5 bis 600 Jahre getrennt. —
Sigowes Nachfolger wurden endlich von an-
dern heranziehenden Völkerstammen aus Böh-
rncn vertrieben, sie wandten sich zur Donau,
1.
Welche ist die
älteste Geschichte
Bayerns?
*) Ist die Landkarte damit zn verbinden.
Vaterlands; Geschichte.
75
und vereinigten sich mit ihrem stammverwand-
ren Volke.
So waren sie in das heutige Bayern ge-
kommen, welches auch zum Theil das alte
Stammland ist.
Die Vereinigung der beyden Urstämme
geschah um das Jahr vor Christi Geburt.
Sie uannten sich Bojer, und das Land
Vojenland.
Nachdem die Urstämme der Bojer sich
wieder vereinigt hatten, streiften sie über das
Gebirg, die Alpen genannt, und fielen öfter in
das jenseits liegende Land der Römer ein. Die-
sen war das Bojerland noch unbekannt. Nun
aber kamen auch sie über die Alpen, und nah-
men das Land in Besitz. Sie nannten es Bin-
de l i c i e n.
Sie bebauten es, und in beynahe 2oojah-
riger römischer Verwaltung erfreute es sich ho-
hen Wohlstandes.
Aber es begann die große Völkerwan-
derung, und Völker ans Norden nahmen auch
das Bojerland im 4ten Jahrhunderte nach
Christi Geburt in Besitz.
Dem Lande blieb der Name Vojenland,
doch hieß das Volk nach der Mundart des
Zeitalters der neuen Bewohner — Vojoaren.
Die Vojoaren hatten einen Adel, und der
bojoarischen Adelsgeschlechter waren fünf.
Am höchsten war das Haus der Agilol-
flnger geachtet, und aus ihm wurde zu Krieg
und Frieden des Volkes Herzog gewählt.
§. 2.
A g i l o l f i n g e r.
Das agilolfingische Regentenbaus ist das
erste bekannte, welches über Bojoarieu Herr-
schaft pflog, und Herzogthum besaß.
2.
Wann geschah
die Vereinigung
der getrennten
Urstämme der
Bayern?
3.
Welches Schiek-
j seit hatte das
!Bojerland bald
Rach Vereint-
jgnng seiner Vol-
kerstämme?
Hatten die Bo-
joaren einen
Adel?
5.
Welches Adclge-
schlecht der'Bo--
joaren war vor
allen geachtet?
6.
Welches ist das
erste Regenten-
hans zu Bojo-
aricn?
76
Vaterlands - Geschichte.
Als die Völkerwanderung Alles umge-
staltete, behauptete Niemand mit Nachdruck
die Herrschaft über die fernen Bojer. Sie er-
griffen daher die Herrschaft selbst und wähl-
ten ungefähr im Jahre 555 einen eigenen
König, auch Herzog genannt.
Die Herrscher zu Bojoarien verloren schon
bald zu Ende des 6ten Jahrhunderts ihre Un-
abhängigkeit, und mußten die Oberherrschaft
der Franken anerkennen. — Die Franken wa-
ren ein mächtiger teutscher Völkerstamm, wel-
cher schon im 5ten Jahrhunderte ein großes
Reich, besonders im heutigen Frankreich, ge-
stiftet hatte.
Mit diesen Franken schlossen die Bojoaren
Bnndniß, da ihr Land immer von gefährlichen
Nachbarn bedroht war; jene mischten sich aber
bald in alle Landes - Angelegenheiten, und
errangen die Oberherrschaft. — Ohne Einwil-
ligung der fränkischen Könige durften die Her-
zoge zu Bojoarien nicht Krieg und Frieden
schließen, und nicht mit Feinden des Franken-
landes halten.
Ausserdem waren sie unabhängig.
Als erster Herzog zu Bojoarien ist Gari-
bald I. bekannt. Von seinen Schicksalen aber
schweigt die Geschichte.
Ihm folgten sein Verwandter Tassilo I.;
dann dessen Sohn Garibald II.
Garibald dem II. folgten noch 5 Regenten
aus dem agilolft'ngischen Stamme,ohne daß jedoch
die Geschichte besonders Merkwürdiges erwähnt;
endlich als der letzte Sprosse, Herzog Tassilo II.
Wie andere benachbarte Völker, suchten
auch bald die Bojoaren das Joch der Franken
abzuschütteln, wurden aber überwunden, und
ihr Reich als fränkisches Land betrachtet.
Damals lebte mit Hofe des fränkischen
Königs Pipin der junge Agilvlsi'nger Tassilo,
7. . ,
Wie kamen die
Agilolf.znrHerr-
schaft über Boss?
3.
Regierten die
Herrscher zu Bo-
joarien unab-
hängig?
y.
Wer ist als erster
Herzog in Bo-
joarien bekannt?
10.
Welche zwey Re-
genten folgten
Garibald l. ?
11.
Wer war der
letzte Regent aus
dem agilolfingi-
schen Stamme?
12.
Wie stand es mit
der Unabhängig-
keit Dojoariens,
als Tassilo II. zur
Regierung kam?
77
Vaterlands; Geschichte.
und ihn belehnte nach erlangter Großjährigkeit
Pipin mir Bojoarien. Tassilo und die Ersten
Bojoariens mußten in Pipins und seiner Sohne
Hände den Eid der Lehentreue schworen.
Er war nun Herzog Tassilo der II.
Tassilo der II. brach schon gegen Pipin den
Leheneid, dessen Leistung er bcreuete; folgte
auf den Ruf des Königs nicht zum Heerbann,
und erklärte sich und seine edlen Bojoaren für
frey und unabhängig; Pipin verzieh, obgleich
schon Heerverlassung strafbar war.
Tassilo ergriff auch gegen Pipins Nach-
folger, König Karl, die Waffen, wurde über-
wunden, schwur wiederholten Leheneid, aber
brach ihn, da er mir Nachbar-Völkern Auf-
stand unterhandelte.
Er wurde verrathen, selbst von Bojoaren
des Meineides angeklagt und überwiesen, und
vom König Karl mit seiner Familie in ein
Kloster gesperrt.
Karl nahm das Land.
Der Eroberer Karl erschrack vor dem ver-
geltenden Schicksale, und er wollte noch Tas-
silos Verzicht auf das Reich, damit die Besitznah-
me nicht als Gewaltthat erscheine. Er berief nach
sechs Jahren eine große Kirchenversammlung, in
welche er auch Tassilo führen ließ. Hier gab
dieser unwiderruflich Anspruch und Eigenthum
hin, und wanderte wieder in das Kloster.
Bojoarien fiel unter die fremde Botmäs-
sigkeit der fränkischen Könige.
Seit der Völkerwanderung, dritthalb Jahr-
hunderte lang, hatte Bojoarien Fürsten aus
eigenem Volke, aus dem Herrschergeschlechts der
Agilolfinger.
Nach ihnen kamen die Regenten Bojo-
ariens aus dem Stamme der Karolinger, so
genannt vom fränkischen Könige Karl, dem
Großen.
15.
Welches Schick-
sal hatte Herzog
Tassilo II., und
mit ihm das
Land?
14.
Was that der
fränkische König
Karl, um Bojo-
arien ganz an
sich zu bringen?
15.
Wie lange hatte
Bojoarien F.ir-
sten ans eigenem
Volke?
16.
Aus welchemRe-
gentcnhause sind
nach den Agilol-
fingern Dojoari-
ens Herrscher?
Vaterlands - Geschichte.
§. 3.
Karolinger.
Unter den Karolingern wurde Bojoarien
ein Königreich.
Karl des Großen Sohn, Ludwig, theilte
sein Kaiserreich im Jahre 825 unrer seine drey
Söhne, und sein Sohn Ludwig erhielt Bo-
joarien als Königreich. Er bezog als König
Ludwig I. Regensburg zur Residenz.
Ihm war wenig Friede geworden.
Mit äußern Feinden kampfend, hatte er
auch 14jährigen Hader mit Vater und Brüdern.
Sein Vater, Ludwig der Kaiser, hatte sich
noch als Wirtwer vermahlt, bekam einen Sohn,
und ihn reucte nun die frühere Theilung
des Landes. Als Vater der Könige und Herr
des gesammten Reiches theilte er das Land
wieder, und darum entstand Krieg zwischen
Söhnen und Vater, und nach des Vaters
Tode zwischen den Brüdern.
Im Kampfe wegen Landertheilung siegte
Ludwig über seine Brüder, und es wurde der
Antrag gemacht, daß das teutsche Land zu allen
Zeiten ein unabhängiges mit eigenen Königen
seyn soll, und er wurde König in Tentschland.
Daher heißt er auch Ludwig der Teutsche.
Wie Ludwig der Teutsche gegen Vater
und Brüder seinen Söhnen das Beyspiel gab,
thaten auch diese gegen ihn. Sie verlangten
Theilung und begannen Krieg gegen den Va-
ter. Er erfüllte ihren Willen, und zeigte je-
den: sein künftiges Erbtheil aus.
Der Söhne Zwietracht erfüllte Ludwig
des Teutschen Alter mit Schmerz. Er war
ohne Ruhe und Lust.
Aber auch sein Vater sagte, als er ver-
blich, zu den Umstehenden: »Sagt meinem Soh-^
»ne Ludwig, daß ich ihm verzeihe, aber er
17.
Wie und wann
wurde Bojoarien
ein Königreich?
13.
Hatte Ludwig!.
König Bojoari-
ens friedliche Ne-
gierung ?
19.
Warum heißt der
König der Bojo-
aren Ludwig I.,
auch der Teut-
sche?
20.
Trat das Bey;
spiel eines Vat.
u. Brud.-Kriegs,
wie Ludwig d. T.
mit Vat. und B.
hatte,wieder ein?
21.
Wie wirkten auf
Ludwig den Kai-
ser und Ludwig
den Teutschen die
Vater- und Bru-
derkriege?
Vaterlands - Geschichte.
»habe mir das Leben entrissen." Und wirklich
mußte diesen Schmerz auch der König der
Teutschen noch fühlen.
Die Negentenreihe, welche aus karolin-
gischem Stamme über Bojoarken herrschte,
starb endlich mit Ludwig IV., genannt dem Kinde,
aus. Er wurde nämlich bey dem frühen Able-
ben seines Vaters schon im 7ten Lebensjahre
zum König der Teutschen gewählt, und starb
unvermählt im lyten Lebensjahre.
Des karolingischen Stammes Herrschaft
über Bayern dauerte 122 Jahre.
§. 4.
Die fremden Häuser.
Nachdem mit König Ludwig dem Kinde
der Stamm der Karolinger ausgestorben war,
hatten die teutschen Völker keinen gemeinsa-
men Herrn und König. In ^jeglichem Lande
gebot der Herzog, in Bayern Arnulf, des bay-
erischen Herzogs Luitpold Sohn.
Auch bey dem Stamme Luitpolds blieb die
Herrschaft über Bayern nicht, sondern sie wech-
selte unter mehreren Regentenhäusern, so daß
man diese Periode die Herrschaft der fremden
Häuser über Bayern nennt. Es kamen jedoch
fast gegen 100 Jahre die Regenten aus säch-
sischen Häusern.
Die fremden Häuser übten 252 Jahre
ihre Herrschaft über Bayern.
Aus ihnen regierte vor 700 Jahren Her-
zog Heinrich, genannt der Stolze. Er bekam
Krieg mit dem Grafen von Wolfertshausen.
Der Herzog sah sich hi Gefahr, gefangen zu
werden, da die Feinde sein Roß erkannten.
In diesem gefahrvollen Augenblicke nahte sich
ihm ein gemeiner bayerischer Reiter, und bot
ihm an, Pferde zu wechseln. Kaum war der
79
22.
Mit wem starb
der karolingische
Stamm aus?
25.
Wie lange dan-
erte des karolin-
gischenStammes
Herrschaft über
Bayern?
24.
An wen kam die
Herrschaft Bay-
erns nach Ans-
sterben des karo-
lingischen Stam-
mes ?
25.
Blieb die Negie-
rung bey dem
Lnitpold'scheu
Stamme?
26.
Wie lange re-
gierten die frem-
den Häuser über
Bayern?
27.
Welches Bey-
spiel von Edel-
muts) weiset uns
die Periode der
fremden Häuser
in der Fehde der
Hrn. v. Wol-
fertshauscn auf?
80
Vaterlands,' Geschichte.
Tausch vollzogen, durchbohrte im Gefechte der
Graf mit feiner Lanze den Reiter, welchen er
seines prächtigen Reitzeuges wegen für den
Herzog hielt, und der Herzog entkam.
Die Geschichte hat versäumt, den Namen
dieses edlen Bayern aufzuzeichnen,, aber seine
That wird keine Zeit aus dem Gedächtnisse
der Nachwelt vertilgen.
Der letzte aus den fremden Regentenhau-
sern war Heinrich XII., genannt der Löwe. Er
fiel in Kaiser Friedrich des Rothbärtigen Un-
gnade, und in Reichsacht; verlor auch sein
Land.
Pfalzgraf Otto von Wittelsbach war der
treue Wachengenosse Friedrichs. Auf dem Rück-
züge nach Teutschlaud und von dem Kriege,
welchen Friedrich gegen den Papst unternom-
men hatte, gedachten die feindseligen Verone-
sen, den Kaiser und das Volk in große Noth
zu bringen, und sperrten ihm die Schluchten.
Mit 500 Kriegsknechten und Rittern hatte
Alberich, ein Edler der Stadt Verona, die
Höhen besetzt. Große Felsenblöcke lagen be-
reit, Mann und Roß zu zerschmettern, und
jedem teutschen Ritter ward Harnisch und
Pferd abgefordert.
Solche Vermessenheit empörte den Kaiser.
Er rief: »Otto, es würde euerer Tapferkeit
»anstehen, solchen Schimpf zu rächen."
Otto rächte ihn. Mit 200 kühnen Teutschen
umzog er die Felsenwand, und tödtete die
Veronesen mit dem Schwerte, oder stürzte sie
in den Abgrund.
Ueberall erscholl nun der Ruf: »der Wit-
»telsbacher hat die Ehre des Kaisers und des
»teutschen Volkes gerettet."
Von nun au war der Wittelsbacher stets
an des Kaisers Seite erblickt, und aus^ Dank-
barkeit verlieh ihm dieser das vaterländische
28.
Wie kam nach
der Periode der
fremden Häuser
Bayern wieder
an eine bestimm-
te Herrscherfami-
lie, und an wel-
che? •
Vaterlands ; Geschichte.
Herzogthum. Im Jahre it8o erhielt Bayern'
wieder einen Herrscher aus bayerischem Ge-
schlechte der Schyren, und hat seitdem seine
Herrscher ans diesem Geschlechte, genannt das
wittelsbachische Geschlecht.
§. 5.
Die Wittelvbacher.
(Von Otto dem Größer« bis Ludwig dem Bayer.)
(rigo — 1315).
Otto, der erste Herzog aus dem wittels-
bachischen Hause, und genannt der Größere,
verwaltete das Land trefflich. Mit weiser Spar-
samkeit vermehrte er sein Eigenthum, und
legte so den Grund zu der Wittelsbacher dau-
ernden Herrschaft.
Das Vaterland liebte er über alles. Des
edlen Herzogs Leben endete aber zu früh, und
schon im dritten 'Jahre seiner Herrschaft. Er
wurde zu Scheyern begraben.
Otto erhielt den Beynamen des Größer»
durch seine weise Regierung, Geistesbildung,
seinen edlen Charakter und Muth.
Ihm folgte sein Sohn, Herzog Ludwig L,
auch genannt der Kellhekmer. Er ist zu Kell-^
heim geboren.
Er ist der Erste, welcher den Gewerben'
und Künsten Aufnahme in Bayern gab; er
beschränkte den räuberischen Fehdegeist und
Uebermuh der Großen; vergrößerte tugendvoll,
wie keiner vor ihm, seines Stammes Macht,
und begründete auch die Freyheit und Gesit-
tung seines Volkes für nachfolgende Jahrtau-
sende.
Auf Herzog Ludwig den Ersten folgte sein
Sohn Otto, genannt der Erlauchte, weil er
stets kluges und standhaftes Betragen in den
Kriegs u «ruhen bewies.
61
2Y.
Wie regierte Ot-
to der Größere?
30.
Wodurch erhielt
Otto de» Bey-
namen des Grö-
ßer« ?
51.
Wer folgte Otto
in d. Negierung?
52.
Wie regierte
Herzog Ludwig
der l.?
55.
Wer folgte Her-
zog Ludwig I. ?
6
/
82
Vaterlands; Geschichte.
Unter ihm ist der päpstliche Bannfluch,
genannt das Interdikt, merkwürdig, welches
W Jahre 124Y das Land traf.
Otto der Erlauchte hing nämlich dem
Kaiser an, mit welchem der Papst haderte,
und wich nicht von demselben, obgleich er vom
Papste in den Bann gethan war.
Otto trug den Bann 7 Jahre lang, und
starb auch in demselben, doch wurde er begra-
ben. Aber 10 Jahre nach seinem Tode wurde
noch auf Anregung des Papstes Klemens un-
tersucht, ob er Spuren bußfertiger Rene ge-
geben habe. Man erkannte dafür seine Stif-
tung der- Kraukenherberge zum heiligen Geist
in München.
Otto dem Erlauchten folgten seine beyden
Sohne, Ludwig II., genannt der Strenge; —
und Heinrich der XIII., denn sie theilten das
Reich.
Ludwig erhielt Oberbayern, Heinrich Nie-
derbayern; gegen Fremde aber soll daö Land
als nngetheiltes Ganze betrachtet seyn.
Ludwig dem Strengen folgte in der Re-
gierung zuerst sein Sohn Rudolph, dann auch
nach beschrittener Großjährigkeit gelangte sein
Sohn Ludwig zur Mitherrschaft. Später über-
ließ diesem Rudolph die Alleinherrschaft, und er
erscheint als Ludwig III. auch genannt der IV.
34.
Welche Kirchen-
strafe ist unter
Otto des Er-
lauchten Regie-
rung merkwür-
dig?
35.
Wie endete Otto
des Erlauchten
Bann?
oö*
Wer folgte Otto
dem Erlauchten
in des Landes
Regierung?
37.
Wer folgte Lud-
wig dem Stren-
gen in der Ne-
gierung ?
§. 6.
Von Ludwig dem Bayer.
(iZlZ 1347).
Es starb Otto III., damals Herzog zu
Nkederbayern. Als er seinem Hinscheiden nahe
war, -übertrug er Ludwigen die Pflegschaft sei-
ner drey unmündigen Sohne.
Herzog Friedrich von Oesterreich behaup-
tete aber gegen des Todten Willen als alte-
38.
Was ereignete
sich unter Lud-
wig Ul. in Be-
treff der Regent-
schaft Niederbay-
erns?
Vaterlands r Geschichte.
srer Schwager die Pflegschaft. Sie kamen zum
Kriege, aber Ludwig siegte bei Jsareck und
Gamelsdorf am y. November 1513, und sein
Siegesruhm flog durch ganz Tentschland.
In diesem Kampfe zeichnete sich das
schöne Fußvolk der Bürgerschaften von Ingol-
stadt, Landshut, Straubing und Moosburg
aus. Ludwig ehrte auch ihre Tapferkeit: In-
golstadt mir dem Schilde des blauen scuer-
speyenden Panther; Laudshut anstatt ihrer
drey Pickelhauben mit drey Helmen zum Anden-
ken des Tages, an welchem sie gleich Rittern für
ihre drey jungen Fürsten gestritten; auch Strau-
bing und Moosburg beehrte er durch Dankes-
Erklarungen.
Es starb damals Kaiser Heinrich VI. und
dem Herzog Friedrich von Oesterreich gelüstete
nach der Kaiserkrone. Er schloß wieder Freund-
schaft mit seinem Jugendgespielen Ludwig,
und gewann sein Herz vollkommen zurück.
Friedrich lauschte, ob dem Freunde nach
der Krone gelüste, und Ludwig erklärte seinen
Freund würdiger, und verhieß ihm brüderlichen
Beystand. Aber die Fürsten wählten Ludwig.
Er verweigerte, und sandte ihre Machtbolen
zu Friedrich. Erst nach langem Unterhandeln
gab er dem Schicksale nach, überzeugt, daß
die Ruhe seiner Tage unwiederbringlich verlo-
ren sey. Aber auch Friedrich wurde von einer
Parthey zum Kaiser gewählt.
Zwischen den Gegenkaisern kam es zum
Kriege. Nach siebenjährigen Kämpfen sammel-
ten endlich die Herrscher ihre Kräfte, und ihre
Kriegsheere breiteten sich vor Mühldorf aus.
Es war am 23. September 1322.
Ludwig hatte vorzüglich nur seine treuen
Bayern zu Beyständer. Wer von ihnen Waf-
fen zu führen im Stande war, sammelte sich
in so großer Landesnoth unter die Fahnen des
39.
Welche Städte
zeichneten sich im
Siege Ludwigs
III. gegen Her-
zog Friedrich von
Oesterreich bey
Zsareck nnd Ga-
me isdors ans?
40.
Was ergab sich
zn Ludwig III.
Zeit rneksichtlich
des teutschen
Kaiserthrones?
41.
Welcher der ley-
den Gegenkaiser,
Ludwig oder
Friedrich, ge-
wann die Ober-
hand ?
6'
84 Vaterlands - Geschichte,
geliebten Fürsten. Ihn begleiteten manche Bür-
ger und Handwerker, und 500 Bäckergesellen
aus? seiner Hauptstadt reiheren sich an. Auf
dem Zuge nach Mühldorf eilten alle Einwoh-
ner der Städte und Dörfer ihm zu, fest ent-
schlossen, für ihren Ludwig und das Vaterland
zu siegen oder zu sterben.
Da wurde Friedrich bey Ampfing geschla-
gen und gefangen, und in das Schloß Trauo-
uitz bey Landshut abgeführt.
Ganz Teutschland war von dem Ruhme
des Tages bey Ampfing erfüllt.
Die Schlacht leitete der Feldhauptmann
Siegfried Schweppermann. Nach der Schlacht
vertheilte Ludwig die wenigen Eyer, denn es
war im Lager Noth an Lebensmitteln, und
Ludwig ohne Geld. Mit lohnendem Zartgefühle
sprach er: »Gebr jedem Mann ein Ey, dem
»frommen Schweppermann zwey."
Ludwig behandelte seinen gefangenen Geg-
ner nicht als Feind. Er setzte Friedrich in Frey-
heit ohne Lbsegeld. Friedrich entsagte der Reichs-
krone und verhieß Ludwigen ewige Aussöhnung
rnit seinen Feinden zu erwirken. Gelange es
ihm nicht, wolle er wieder in sein Gefängniß
nach Trausnitz zurückkehren.
Ludwig LH. hatte sich, unter dem Namen
Ludwig der Bayer, weltberühmt gemacht. Seit
den 500 Jahren, als er den Thron sei-
ner Väter bestieg, lebte auf demselben kein
Fürst, der ihn an Regenten-Einsicht, Herzens-
gute und Tapferkeit übertraf. Er kann nur
das Musterbild für alle künftige seyn. Er be-
herrschte das teutsche Reich 25 Jahre, und
vergrößerte Bayern.
42.
Wer leitete die
Schlacht beyAm-
psing? ,
45.
'Wie behandelte
,Ludwig seinen
gefangenen Ge-
gen kaiser Fried-
rich?
44.
WieregiertcLud-
wig der Bayer?
Vaterlands - Geschichte.
35
45.
WaS stellt uns
ser Zeitraum
oon Ludwig des
Bayers Tode
i547bisMbrecht
IV. 1460 im All-
gemeinen dar?
§. 7.
Die A l b r e ch t e.
(1547 — 150Y).
Mit Ludwig des Bayers Tode sank Macht
und Glanz des Vaterlandes, und ein Jahrhun-
dert verstrich, ehe Bayern wieder seine Selbst-
ständigkeit und Würde rettete. Söhne und En-
kel zersplitterten durch Theilung, Krieg und
Zwietracht ihre Erbe, ungeachtet der Vater ge-
bot, daß 20 Jahre nach feinern Tode keine
Theilung des Erbe geschehen soll. Ungeachtet
des feyerlichen Hausvertrages zu Pavia, »daß
Wittelsbachs Gut unveräußerlich seyn soll,"
machten sie Veräußerungen. — Was des Vaters
weise Kraft gesammelt, zersplitterte der Söhne
Selbstsucht, und Ruhe und Friede war aus
dem heimischen Boden verschwunden, bis Al-
brecht der Weise die Einheit wieder herstellte.
Krieg und Unruhen dieser Periode brach-
ten das Land in Verwirrung. Was Ludwig
der Bayer dem Stammlande der Schyren er-
worben hatte, um es groß und mächtig zu
machen, ging gleichfalls verloren. Tyrol, auf
welches die Besitzerin, Gräfin Margaretha
Maultasche, schon zu Gunsten Bayerns verzich-
tcx hatte, fiel an Oesterreich; die Laude: Hen-
negau, Holland, Seeland und Friesland nahm
nach Absterben der Herzoge des Zweiges von
Bayern-Straubing — Philipp, Herzog von
Burgund, in Besitz.
In diesen Zeitraum fiel.auch der Hussi- 4Ö>
senfi’ieg. Wer regierte
Bald nach geendigtem Hussitenkriege kam nach dem Hussl-
im Jahre 1425 Albrecht KI., genannt der From-stenkriege? "
me, zur Regierung. 4?.
Gleichzeitig mit Albrecht dem HI. regierte W^r zur Zeit
zu Landshut Herzog Heinrich der XV1. ! Albrecht ui.
86 Vaterlands - Geschichte.
Dieser ließ seinen Sohn Ludwig im Schlosse
zu Burghausen erziehen, er mußte aber mehr
einem Gefangenen als einem künftigen Herr-
scher ähnlich leben, denn er hatte oft Mangel
an Geld und kaum das nothdürftige Gewand
und die Rosse zu ritterlichen Uebungen.
Ungeachtet des Druckes und der Kargheit
hatte Ludwig zärtliche Ehrfurcht gegen seinen
harren Vater. Er duldete noch im 30jährigen
Alter desselben unwürdige Behandlung. Man
rieth ihm seine Freyheit Zu suchen, und nach
Wien zu gehen. Er aber erwiederte: »Das sey
»ferne, daß rch meinen Vater verlasse, ich
»mochte ihm mit keinem Blicke meines Au-
»ges weh thun." Er hieß spater der Reiche.
Ein Fürst, der seinem harten Vater so
ergeben war und so zu gehorchen verstand,
verkündete, wie würdig er einst den Befehl
führen werde. Er täuschte auch nicht. Der
kriegerische Geist und die Rohheit der Ritter
konnten ihm kein Wohlgefallen abgewinnen,
er zerstörte daher ihre Burgen, und gründete
Recht und Ruhe.
Er hatte den vortrefflichen Grundsatz: »Ich
»bin nur dann reich, sobald meine Bürger und
»Bauern es seyn werden."
Da Erbtheilungen die Kraft des Vater-.
laudes schwächten, so verordnete Herzog Al->
brecht III. noch vor seinem Hinscheiden, daß
nie wieder das Erbe durch Theilung zersplit-
tert werde, sondern daß nach seinem Tode
immer nur die ältesten zwey Söhne gemein-
schaftlich regieren sollen. Er starb 1460.
Der väterlichen Anordnung gemäß führ-
ten anfangs die ältesten zwey Söhne die Re-
gierung. Die Brüder überließen aber endlich
dem Bruder Albrecht die Alleinherrschaft, unb.
da auch die Linie von Bayern-Landshut aus-!
43.
Wie behandelte
Heinrich XV!.
seinen Sohn
Ludwig?
4Y.
Wie benahm sich
Ludwig von
-Landshut gegen
seinen Vater
Heinrich XVI.?
50.
Wie regierte
Ludwig der Rei-
che?
51.
Welche wichtige 3
Anordnung traf ]
Albrecht HI. noch (
vor seinem Tod ? $
52.
Wie wurde Al-
brecht des III.
lehrwilliges Ver- ;•
both, das Erbe
zu theilen, ge-
halten?
Vaterlands; Geschichte.
starb, vereinigte er ganz Bayern unter seinem
Scepter, alsAlbrecht I V.. auch genannt der Weise.
Albrecht IV. erhob im Jahre i5oö das
Recht der Erstgeburt als ein Hauögesetz, und
laut diesem sollte nun künftig für ewige Zei-
ten nur der erstgeborne Prinz allein regieren.
§. 8.
Die Religionskriege
(1503 — 1651.)
Bald nach des ruhmreichen Albrechts des
IV. Tode traten die Tage der großen Kirchen-
trennung hervor.
Im Anfange des löten Jahrhunderts
sehnte sich alles nach reinerer Erkenntniß und
nach Kirchenverbesserung, und es bereitete sich
die Spaltung der allgemeinen Kirche vor.
Da traf es, daß der damalige Papst Leo
X. für den wunderreichen Ban der Peterskir-
che zu Rom aus allen Ländern, fern und nah,
Steuern sammeln, und Ablässe um Geld er
theilen ließ.
Dieses empörte manche Priester, und sie
griffen die Mißbräuche der Kirche an. Unter
allen am heftigsten that es Luther. Er brachte
mehrere von der Lehre der römischen Kirche
abweichende Meinungen in Umlauf, nach wel-
chen in den Ländern, wo sie Eingang fanden,
die ganze Kirchenverfassung eine andere Ge-
stalt annahm.
Die verschiedenen Meinungen und Lehren
in Religionssachen erzeugten Glaubensgahrnn-
gen, und diese brachen endlich im irten Jahr-
hunderte in Religionskriege aus.
So ging am Ende Verschiedenheit der
Religivns-Parteyen, und somit die Kirchen-
rrennung hervor.
53.
Welche merkwür-
dige Anordnung
machte Albrecht
der IV.
54.
Was heißt, und
wie entstand die
Kirchentren-
nnng?
55.
Die Feindseligkeiten der Religionspar-Welcher ist der
83
Vaterlands- Geschichte.
teyen wurden immer heftiger, und es begann
endlich im Jahre 1618 der Krieg, um gegen-
seitigen Glauben zu retten.
Auch Bayern wurde in diesen Krieg ver-
wickelt, und war plötzlich, nachdem es auf
seinem Boden 100 Jahre keinen Feind mehr
sah, von den Heeren des Schwedenkönigs Gu-
stav im Jahre 1651 überschwemmt.
Der Krieg dauerte 30 Jahre, und hat
daher auch seinen Namen, denn ihn endete
erst der zu Osnabrück und Münster in West-
phalen im Jahre 1648 geschlossene sogenannte
westphalische Friede.
Am Ende galt es aber schon nicht mehr
blos Glanbensdinge, sondern der Streit ging um
Lander und Titel, und jeder suchte mit Ge-
winn oder unbeschädigt zu entkommen.
Den Protestanten wurden gleiche Rechte
mit den Katholiken im teutschen Reiche zuge-
sichert, und das Hans Wittelsbach erhielt noch
eine 2te Churwürde, denn es wurde auch die
herzogliche Linie in Bayern damit belehnt.
Aber auch in der Zeit der Glaubens-
gahrungen und Religionskriege zeigte das Volk
der Bayern Biedersinn, Vaterlands- und Für-
stenliebe.
Da die Bauern an der schwäbischen Do-
nau von ihren Herren zu hart gedrückt wur-
den, so standen sic auf, um ihre unerträgli-
chen Leiden zu enden. Durch ganz Teutschlaud
ging schon die Empörung; aber Bayern stand
ruhig, und gab das schönste Beyspiel der
Treue.
Die Empörer forderten das bayerische
Volk zum Beytritt auf, aber dieses schwur
bey seinem Landesfürsten bis in den Tod zu
verharren.
Als die Empörer solche Treue sahen, zo-
gen sie von Bayern zurück.
Anfang des 30
jährigenKrieges?
66.
Welches ist das
Ende des Z0 jäh-
rigen Krieges?
67.
Wie zeigten sich
die Bayern in der
Zeit der Glau-
benskriege?
i.Jm Aufstande
der Bauern?
Vaterlands; Geschichte.
Ein zweytes Beyspiel der Bayern Treue ist::
Ein gewisser Johann von Wörth war von '
Churfürst Mar der Reirerey vorgesetzt. Er
versuchte abtrünnig zum Feinde überzugehen,
und hatte schon ^ Schaaren der Reiterey und
5 zu Fuß dem Feinde nahe geführt. Im
ger wurde endlich des Feldherrn wahre Absicht
bekannt, und die Kriegsleute geriethen in zor-
nige Bewegung, vor Allen aber zuerst die
treuen Bayern. Eine Schaar riefs der andern
zu: »Wer will an Mar Verrather seyn? Sie
griffen zu den Waffen, und schwuren Tod
über Worth. Er floh.
Ein drittes Beispiel von Treue und Hel-!
denmuth gab die Stadt Landsberg.
Die Schweden forderten Uebergabe. Da;
schwuren die Bürger, bis auf den letzten Mann
zu kämpfen, und heldenmüthig kämpften sie
im Kugelregen, der ihre Tempel und Hauser
zerstörte. Nach einigen Tagen waren sie ohne
Pulver, und dieses zwang sie, ehrenvolle Ue-
bergabe zu begehren. Aber der schwedische Feld-
herr forderte Ergebung auf Gnade und Un-
gnade. Das thaten die Landsberger nicht;
doch -Einer aus dem Rathe sprach zu den
Bürgern: »Wir haben gefochten, wie Bayern
»sollen, für Gott und Fürst und Vaterland.
»Trotz zur Unzeit vergrössert das Unglück. Fü-
»gen wir uns also in das Schicksal wie
»Christen."
Die Bürger waren dazu entschlossen, als
plötzlich bey Nacht die Feinde einbrachen. Kampf
entstand, und 4 Tage dauerte Raub und Mord.
Tugendhafte Jungfrauen flohen auf die Hohe
des Berges, und stürzten sich, um ehrlich zu
sterben, über den Felsen hinab.
Die Zeiten der Glaubenskriege, insbeson-
dere die Zeit des ganzen 50jährigen Krieges,
fallen in die Regierungs-Periode des Herzogs
6Y
.WegcnIohann
Worth?
5. Die Stadt
Lanbsöerg?
58.
In wessen Ne-
gierung fallen
die Zeiten der
Glaubenskriege?
o' ft 2 ÎEf'-îôs p- to to-
n îS’ ^ s p ^ TO éT; 0 2 2 2
si'® « 3 s-'s3 sïï - —, -
~. 3 H. O 2 "í n P--22 ? o <? «4 -ts r2
-r>« <®3 ^-«,22, e«, to ■S"S'C25 to o » cp
5' 'z'^.vo 2 ^'S' to »
“ o 2. ~ w 3 5 c* „ ^
■S1 13 cp' _, !2 'P' »4 to to
w o tí* <íi- o to 3
o _
o" cr re?!
p ^
'■»>. »
ê,JS 3 s r? = ~ o £ s - '
■? & r ^ £ 5 Ô- 2. o ^ ® 15 í=.
<£T *TO 0 Í2,CP i? O TO) CS TO O
To ZT ^ S TO ^ ^ TO ProJ ^ ~
S3 «*r t3 —, r_ ' *"• «-5 05 _» fr.
-G-? S 5aÄ = t*» " S.3 gS
to to xcbpo.ernQ.TOSsTO
x js» ^ •* o- o. 2 c? s to <y to cp
^2. «gag*«
^?2 3ÍS38Í0i^|,
_ ^ pÍSS'^^-toTOTO^^
To ’-roí ^TO> P X to pr toO) 3 n "O'
£ TT a ^ s' S' ° w 2Ç) b'b g.
iÿ-tt 33» TO CP CA P 3 3? ÇA
TO -CT' TO to TO TO ^
TO 4 0^ -.- ^
^ ^ S XT^S'I« —
TO ^ TO TO TO -g»
ftft-TO» » P CP
^ ~ -■ — TO P O- TO ¿
-, P „ - _
TO £,
Stl*^
#n s
^ CP
giö
er
o
S G
«8
Ci. >
g'g’Su fi
eu »-. TO — O
" Csgii
O»
«1
TO 2 TO
—. ^ S
»
p
o
£T~g
O" TO1 fro -tr
“ ^ TO
ëgf£
•5 "pi
¿to'
TO S’
eSo
»
■ é
■ &>
IX>
: SZ
3||.f
L^L §
S
»
<2
ra
î-r
rr
-TOh, ^ -
.«g S*
TO
^ S
?to B °"
1-5 cÀ —TO
^ o‘ 2 ^
IO
Cd
en
—“n
o
CÄ
TOS
<-î
c»
<Xo
>L->>
CP TO ™
-?3 ^
sep'îl §
-on
rr >?
« *
—t»
e*
«1
r>
S
t+
»i=n
«
r?
«'©«_
J2
■ p X
çy p
p cr »
, ° S S
<o> Cu—,
TO 2? TO1
to p.e:
TO TO TO
c CP ♦ __
c/cp ed
^3 3
n, » O
CP ^ 5
5 S p
S
ft
P Ö
O- a
o <r„
2^3 iA§
W> c
ca P
\0 CA
co
O'<3*.
5* «
C 'S c
p 3
p
<y
il
'I3
■See«
» TO
2é^r to
to' TO 33
p er o-
X3» » S
P
3 W C P
S' TO s.c£
C, TO0^
-e
<y to
e« n
§3
O 3
T? 3
P
3
TO* TOH
to' Co
Ó&I
TO 6- ^
'S* TO
GS-
TO TO 3
8
ft
-'8
Gß-TO
(Z
ca
.»Q
^2-
O
TO iL>S^ --
^,0 3 TO ^3
^ to' S.Z TO TOlO 8"
» 00 ^ S Ol
^ TO TO-' TO TO TO
o"^1—»>i>; ato_,cp S
TO cay. 3» TO C3Ï2TÎ -. toJ
CouttoPtoCUTOP
cp <■» 5«
«2Bp " 5
P P O <3 TO X
TO TO TO so) P TO
t- VJf î-r
a
O'
Cl
©
Z
ft
Vaterlands - Geschichte.
91
von England und Holland verlassen, focht auch
minder glücklich gegen Frankreich. Er mußte
auf die spanische Krone verzichten, und im
Jahre 1715 Bayern zurückgeben. Das getreue
Land war hoch erfreut, sich seinem Fürsten
wieder gegeben zusehen. Es knüpften sich auch
sogar in der Folge mit Oesterreich die altbestan-
deuen freundschaftlichen Verhältnisse wieder an.
Schon 20 Jahre nach dem spanischen Erb-
folgekrieg prangte auch das Land wieder in
Fülle und Glückseligkeit, als hatte es Jahr-
hunderte voll Frieden gehabt. Man suchte ver-
gebens die Spuren der Verheerungen. So
mächtig ist die Natur des Bayerlandes. Vieh-
zucht und Ackerbau sind der Grundstock des
Staatsvermögens, und geben, wenn schon mäs-
sigen, doch ewigen Zins.
Auch im spanischen Erbfolgekriege bewies
sich des bayerischen Volkes Treue.
Vaterländische Obrigkeit war ohne Macht,
und fremde Botmäßigkeit schwer drückend. E
lösten sich die Baude der Geduld und Langmut!).
Da ging der große Aufstand des bayeri->
scheu Volkes in den Jahren 1705 und 1706 her-
vor, und das Vaterland zu retten, trat der
Jüngling Plinganser an desselben Spitze. Es galt
für Fürst und Vaterland, darum stand das
bayerische Volk entschlossen im Kampfe. Sein
Aufstand ist gerechtfertigt, da er für die Rechte
des Fürstenhauses, und des Landes Bayern
geschah, und da das Kriegsvolk keinen Muth-
willen übte. Aber die Bayern unterlagen, und
Plinganser floh das unterjochte Vaterland, das
er nicht retten konnte.
Im spanischen Kriege wurde die churfürst-
liche Familie ganz von einander getrennt. Die
Churfürstin lebte in Venedig, die vier ältern
Prinzen wurden in Oesterreich in Gefangen
jährigen Ober-
herrschaft Oester-
reichs u. seiner
Zerstücklung?
63.
Wie erhob sich
Bayern nachdem
spanischen Erb-
folgekriege wie-
der?
64. '
Wie bewies sich
im spanischen
Erbfolgekriegedie
Treue des bayeri-
schen Volkes?
65.
Welches Loos
traf im spani-
schen Kriege die
churfürstliche
Familie?
92
Vaterlands - Geschichte.
schaft gehalten, und die jünger« fürstlichen
Kinder in München verwahrt, welche Trennung
und Behandlung den guten Eltern besonders
schmerzhaft^ fiel. Als nach hergestelltem Frie-
den die fürstliche Familie wieder zusammen
kam, erkannten kaum die Kinder ihre Eltern,
und die Eltern ihre Kinder mehr.
Die Freundschaftsbande, die zwischen Oester-
reich und Bayern erneuert wurden, zerriß bald
ein zweyter Erbfolgekrieg, der österreichische.
Auch im österreichischen Erbfolgekriege er-
neuerten sich die Unmenschlichkeiten des sojäh-
rigen Schwedenkrieges.
Darum schwuren die Bürger Mainburgs
zum Kampfe und hielten Wort, denn sie kampf-
ren, bis die Oesterreicher die Mauern erstürmt,
uud ihre Wohnungen in Brand gesteckt hatten.
Die Landleute bey Tölz nahmen dem Feinde
die Beute wieder ab.
Landsberg, das noch den Heldensi'nn der
Vorfahrer in sich bewahrte, schlug viermal
die Aufforderung der Oesterreicher, und einmal
den mörderischen Sturm ab.
Von Straubings Bürgern forderte der
Feind die Uebergabe der Stadt, aber sie selbst
brannten ihre Vorstädte nieder, und gelobten
bis auf den letzten Mann zu fechten. Uner-
schrocken standen die Bürger und die bayeri-
schen Krieger Tag und Nacht auf den Wallen,
wehrten Sturm auf Sturm ab, und jagten
den Feind durch ihre plötzlichen Ueberfälle in
Furcht.
Es erzählt die Geschichte von dem Strau-
binger-Bürger Einsiedler, der vom Wall
herab jeden, den er sich erkohr, mit der Ka-
none erschoß; und von dem Gerichtsdiener
Gschrey aus Monheim, welcher an der Spitze
der Freywilligen nicht selten unter dem Feinde
gräßliches Blutbad anrichtete.
66.
Welche Beyspiele
von Treue und
Heldenmuts) ga-
bendieBayern im
östr.Erbf. Krieg?
Mainbnrg?
Tölz?
Landsbcrg?
Straubing?
Einsiedler und
Gschrey?
93
Vaterlands-Geschichte.
Für die Treue in diesem Kriege beehrte
der Kaiser im Jahre 1744 die Stadt mit ei-
ner goldenen Schaumünze. *
Mit Churfürst Mar Joseph HI. starb die
bayerische Linie aus. Er starb an den Kinds-
pocken, die der Arzt nicht erkannte.
Selbst Fremdlinge weinten um den Hu-
ten Mar, welchen Reiche und Arme ihren ein-
zigen Freund hießen. So allgemein ist vielleicht
noch kein Fürst der Erde betrauert worden.
Bayern kam in den Besitz des damaligen
Churfürsten von der Pfalz, Karl Theodor;
aber schon im Anfange seiner Regierung trat
Oesterreich mit Ansprüchen auf Bayern hervor,
und besetzte sogleich Niederbayern. So brach
der bayerische Erbfolgekrieg aus.
Karl Theodor hatte allerdings im Ein-
verständnisse mit Oesterreich Bayern hingege-
ben und ausgetauscht, aber die Wittelsbach'sche
Nebenlinie, Pfalzzweybrücken, die Herzoge Karl
und Maximilian Joseph, nachmals König, ver-
weigerten ihre Zustimmung und suchten Preu-
ßens Beystand nach. Preußen rettete auch dem
Wittelsbach'scheu Hause das Land, bis auf
das Jnnviertl und Braunau, welche an Oester-
reich fielen.
§. 10.
Bayern als Königreich.
Maximilian Joseph IV., als König I.
1799 — 1825.
^ Im Jahre 1799 starb Churfürst Karl
Theodor, und Herzog Maximilian Joseph IV. von
Zweybrücken trat die Regierung an.
Damals hatte die französische Revolution
begonnen, welche viele Jahre dauerte. Die
Eroberung Frankreichs, dann die Verbannung
des französischen Kaisers Napoleon auf die
67.
Wie entstand
der bayerische
Erbfolgekrieg?
63.
Wrewurvc Bay-
ern im bayeri-
schen Erbfolge-
kriege gerettet?
Wann 11. unter
welchen Zeitvcr-
hältniffen trat
Churfürst Mari-
milian IV. die
Regierung au?
Q4
Vaterlands - Geschichte.
Insel Helena, und der Friede von Paris im
Jahre 1815 endeten die Zeiten des Krieges.
Maximilians Standhaftigkeit im Revo-
lutionskrkege, der treue Rath des großen
Staatsmannes Montgelas, und die Großtha-
ten des bayerischen Heeres unter Anführung
des tapfern Fürsten Wrede retteten Bayerns
70.
Wie trat Bayern
ans dem Nero-
lutionskriege
Frankreichs her-
vor?
Selbstständigkeit, und erwarben ihm wieder
die königliche Würde. 71.
Bayern wurde am 1. Jänner 1806 als Wann wurde
Königreich, und sein Fürst als König von Bay- Bayern ein Kö-
ern unter dem Namen Maximilian Joseph I. uigreich?
ausgerufen. 72,
Königs Mar Joseph I. Sorge ging uner- Wodurch 'glanzt
müdet dahin, aus Bayern einen beglückten Königs Marimi-
Staat zu bilden. lian/Joseph 1.
Er gab daher den verschiedenen Landes- Regierung?
theilen einerley Gesetze, sicherte Rechtspfle-
ge, beförderte Künste und Wissenschaften,
bildete durch eine durchgreifende Verbesse-
rung der Elementar- und höher« Schulen das
Volk, und schirmte in seinem Reiche das Recht,
daß jede der drey christlichen Hauptkirchen
Gott auf ihre Weise ungestört verehren könne.
Endlich als Krone seiner Verdienste gab
er dem Königreiche eine Grundverfassung. Er
wollte, daß seiner Nation die höchst mögliche
Freyheit gegeben werde, und damit sein könig-
liches Vaterwort also geehrt und gehalten
werde, setzte er die Staatsverfassung vom 26.
May 1318 seinen treuen Bayern zur heiligen
Bürgschaft ein.
Er gab der Erste unter allen Fürsten
Teutschlands dem Volke eine dem allgemei-
nen Wohle und den Forderungen der Zeit heil-
bringende Constitution. 73.
Der gute Vater Mar Joseph erlebte nicht>Erlebte König
mehr die Früchte aller seiner vortrefflichen Ein- Mar die Frua.te
richtungcn, uwb die Erfüllung seines Haupt-ft'"^ vortreffli-
Weltgeschichte.
Wunsches, sein treues Volk recht glücklich und
zufrieden zu sehen; denn durch Jeitverhaltnisse
verarmte, wie alle kleinen Staaten, so auch
Bayern.
Der unvergeßliche May endete am 15.
Oktober 1825 sein Leben äusserst sanft, denn
man fand ihn am frühen Morgen, sein von
Regeutensorgen müdes Haupt auf seine Hand
gestützt, im Bette todt liegen.
H. 11.
König Ludwig I.
Mar dem I. folgte sein Sohn, König Lud-
wig I., in der Regierung.
Seine erste Sorge, wodurch dem verarm-
ten Lande vor Allem aufgeholfen werden kann,
war, daß er die möglichste Sparsamkeit am
Hofe, bey der Armee, und bey allen Staats-
zweigen einführte.
Sein edles für Menschheit und wahren
Regentenruhm schlagendes Herz lassen auch
in ihm einen zweyten Vater des Vaterlandes
erblicken.
Welt- und Menschen-Geschichte.
§ 1.
Ursprung und Ausbreitung des Men/
schengefchlechtS.
Das erste Menschen-Paar lebte in dem
milden fruchtbaren Mittelasien zwischen dem
Euphrat und Tiger. Asien ist also die Wiege
Q5
chen Einrichtun-
gen?
74.
Wer folgte Kö-
nig Mar deml.?
75.
Womit bezeich-
nete König Lud-
wig den An-
tritt seiner Re-
gierung glor-
reich ?
1.
Wo entstand
das erste Men-
schenpaar? '
3Y84 Jahre vor
Ch. G.
9<3
Weltgeschichte.
der Menschheit, und von diesen Stammeltern
hat das ganze Menschengeschlecht seinen Ur-
sprung, nemlich von Adam und Eva.
Adam halte drey Söhne, Kain, Abel und
Seth. Kain erschlug seinen Bruder Abel aus
Neid, und entfloh nun mit einer der Töchter
Adams, die unter den übrigen Geschwisierten
seine Vertrauteste war, in ferne Gegenden.
Der unselige Brudermord veranlaßte die erste
Trennung der kaum entstandenen Menschen-
Familie, und bewirkte ihre weitere Ausbrei-
tung auf der Erde.
Die Menschen rückten zwar allmahlig in
ihrer Bildung vor, verschlimmerten aber auch
ihre Sitten. Gott ließ nun, sagt die Geschichte,
eine schreckliche Überschwemmung kommen,
genannt die Sündfluth, welche alles Lebendi-
ge vernichten sollte.
Es geschah, und nur Noe mit seiner Fa-
milie und mit vielen Thieren rettete sich durch
das große Schiff, die Arche genannt.
Als die Gewässer sich verlaufen hatten,
stieg Noe an das trockne Land, und brachte
als sein erstes Geschäft Gott ein Dankopfers
für seine wunderbare Rettung, und während
die heilige Flamme loderte, erschien wie ein
liebliches Bild der Versöhnung der buntfarbi-
ge Regenbogen.
Die Roahiden zogen in das weidenreiche
Babylon, vermehrten sich aber bald sehr, und
waren genöthigt auseinander zu gehen. Um
sich gegenseitig wieder zu finden, begannen
sie einen Thurmbau, der bis an den Himmel
reichen und unermeßlich weit gesehen werden
sollte. Aber Gott vereitelte das stolze Unter-
nehmen durch Sprachverwirrung, und zwang
sie dadurch, sich in alle Welt ZU zerstreuen.^
Die Nachkommen der Söhne Noes bevöl-'Welche sind die
kerten die verschiedenen Theile der Erde, undlaltesten und
2.
Wie entstand
die erste Aus-
breitung der
Menschen über
die Erde?
3.
Welche Vertil-
gung drohte dem
Menschenge-
schlechte schon
bald nach seiner
Entstehung?
2444 v. Ch. G.
4.
Wie bewies Noe
seinen Dank für
die Errettung?
5.
Was ist der ba-
bylonische
Thurmbau?
2185 v. CH.G.
6.
97
Weltgeschichte.
bey Vermehrung der Menschen entstanden die
Reiche und Völker; insbesondere sind die älte-
sten und merkwürdigsten: Babylonien, Assyrien,
Phönizien, Aegypten und Palästina.
§. 2.
Babylonien.
Babylonien, zwischen den Flüßen Euphrat und
Tiger mit der Hauptstadt Babylon, gründete
Nimrod, der nach der hl. Schrift ein Enkel
Chams, und ein gewaltiger Herr und Jä-
ger war; aber schon nach 100 Jahren unter-
jochte der assyrische König Ninus das babylo-
nische Reich, und machte es zu einer assyri-
schen Provinz.
§• 5.
Assyrien.
Assyrien, nördlich von Babylon, gründete
Assur, ein Sohn Sems.
Sein Nachfolger Ninus und seine Ge-
mahlin Semiramis bildeten das große assyri-
sche Kaiserthum, und erhoben die Hauptstadt
Babylon zu einem Weltwunder.
Das assyrische Reich dauerte 924 Jahre
und löste sich in drey Staaten auf: Neu-As-
syrien, Neu-Babylon und Neu-Medien.
Die Macht der neugestifteten drey Reiche
war auch nur vorübergehend, denn schon nach
526 Jahren wurden sie alle vom Perser König
Cyrus besiegt, und dem großen persischen Rei-
che einverleibt.
§. 4.
P h ö n i z i e n.
Die Armuth des Bodens zwang die Phö-
nizier sich dem Kunstfleiße zu widmen, und
merkwürdigsten
Reiche nud Völ-
ker 2
! ?-
Was ist von
Babylonien zu
sagen?
2100 v. CH. G.
2000 v. CH.G.
8.
Wie erhob sich
Assyrien?
y.
Wie lange dau-
erte das assyri-
sche Reich?
10.
Wie gingen die
dreyReiche Nen-
Babylon, Assy-
rien, Medien
unter?
555. I. v. CH.
Gb.
11.
Wie wurden die
Phönizier ein
Handelsvolk?
7
98
Weltgeschichte.
so erfanden sie bald mehrere Kunstprodukte,
z. V. Glas, Papier, Leinwand re. Ihre Lage
am Meere und am holzreichen Libanon leitete
sie zur Schiffahrt, und sie machten immer grö-
ßere Handelsunternehmungen, wodurch sie'sich
Reichthum und blühenden Wohlstand erwarben.
Die Hauptstädte Phöniziens waren Car-
thago und Tyrus; sie wurden weltberühmt, aber
gingen gleichfals unter.
12.
Welche waren
die Hauptstädte
Phöniziens?
§♦ 5.
Aegypten.
Aegypten liegt in Afrika, und wird vom
Nil durchströmt, und jährlich durch seine
Ueberschwemmungen gesegnet, daß man mehr-
mal erntet. Die Aegyptier waren schon früh
zur hohen Bildung gelangt, hatten gnte Ge-
setze, Künste und Wissenschaften, welche erst
durch Auswanderer nach Griechenland kamen.
Aegyptens Könige errichteten Wunderwerke der
Baukunst.
Nachdem spater einige rühmlose Fürsten
herrschten, erhob das Volk seinen Feldherrn
Amasis auf den Thron. Er wollte im Bunde
rnit Lydien die Uebermacht des persischen Kö-
nigs Cyrus brechen, wurde aber besiegt, un^
von Cyrus Nachfolger Kambyses wurde Aegyp-
ten zu einer persischen Provinz gemacht.
13.
Was ist im All-
gemeinen von
Aegypten zu sa-
gen?
i4.
Wie ging Aegyp-
ten unter.
§. 6.
Palästina.
Abraham war von Babylonien (Chaldäa)
nach Palästina als ein reicher Nomade gezo-
gen. Sein Sohn Jsak hinterließ zwey Söhne,
Jakob und Esau. Jakob hieß auch Israel, und
nach ihm erhielt später die Nachkommenschaft
den Namen israelitisches Volk. Er hatte 12
15.
Wie entsprangen
das israelitische
Volk und die
Inden?
2000.J.V.C.G.
Weltgeschichte.
Söhne, und so theilte sich auch das Volk in
12 Stamme, und da ein Sohn Judas hieß,
erhielt sein Stamm den Namen der Juden.
Joseph, einer der Söhne Jakobs und sein
Liebling, wurde von seinen neidischen Brüdern
an israelitische Kaufleute und von diesen nach
Aegypten verkauft. Da gelangte er zu hohen
Ehrenstellen, berief seine Familie und brachte
sie im Ländchen Gosen unter.
Jakobs Familie, welche bey ihrem Ein-
züge in Egypten nur 70 männliche Häupter
zählte, vermehrte sich bald ungemein, wurde
aber den Aegyptern immer verhaßter. Man
legte ihnen allen Druck auf, und Pharao ließ
sogar die Erstgebornen im Nil ersäufen.
Nachdem es über 200 Jahre in Aegyp-
ten wohnte, und sich auf 2 ^/2 Millionen Men-
schen vermehret hatte, zog es mit Moses über
das rothe Meer an den Berg Sinai, erhielt
da die 10 Gebothe Gottes, wurde von Moses 40
Jahre hindurch im wüstenArabien umhergeführt,
um es kriegerisch und abgehärtet zu machen, und
nahm sodann erst einen Theil Kanaans mit
Waffengewalt; unter Josua das ganze Land.
Zuerst herrschte ein Hohepriester über das
Volk im Namen Jehovas, der sein König war,
und zur Zeit des Krieges oder der Gefahr tra-
ten tapfere und kühne Männer unter dem Na-
men Richter auf.
Die unsichtbare Regierung Jehovas ent-
sprach aber dem Volke nicht, und es forderte
nach dem Beyspiele benachbarter Völker einen
sichtbaren König.
Saul war der Erste zum Könige der Is-
raeliten gewählt.
Ihm folgte David, ein Mann eben so
tapfer im Kriege als gottesfürchtig, und einge-
nommen für Künste und Wissenschaften.
Diesem der weise Salomon, der aber ge-
99
16.
Was geschah mit
Jakobs Sohn
Joseph? .
17.
Welches Loos
hatte das israe-
litische Volk in
Aegypten?
'18.
Wie kam das
israelitische
Volk nach Ka-
naan?
1500J.V.CH.G.
ly.
Wie war Kana-
ans erste Rcgic-
ruktgssorm?
20.
Wie entstand bey
den Israeliten
das Königthum?
21.
Welche Könige
folgten bey den
vereinigten israe-
litischen Stäm-
men?
7*
100
Weltgeschichte.
gen das Ende seines Lebens sich dee Ueppig-
keit und Ausschweifung ergab, und die Na-
tion zum Mißvergnügen und zur Empörung
brachte.
Ihm folgte sein Sohn Rehabeam.
Rehabeam war ein noch strengerer Ge-
bieter, als fein Vater, und seine Harte mach-
te, daß 10 Stamme ihm abfielen, und nur
Juda und Benjamin ihm treu blieben. Diese
gründeten das Reich Juda mit der Hauptstadt
Jerusalem; jene 10 das Reich Israel mit der
Hauptstadt Samaria, und wählten Jeroboam,
einen Feldherrn Davids, als ihren König.
Diese Trennung hatte schlimme Folgen;
denn während sie sich in gegenseitigen Kriegen
selbst schwächten, empörte sich auch Israel un-
ter seinem Könige Hvseas gegen die assyrische
Oberherrschaft und Hoseas kam in assyrische
Gefangenschaft. Zedekias, König von Juda
fiel von Babylon ab; Nebukadnezar aber zer-
störte Jerusalem sammt dem prächtigen Tem-
pel, und führte den König nebst dem größten
Theile des Volkes in die babylonische Gefan-
genschaft.
Erst nachdem auch Babylons Thron gefal-
len war, gab dessen Besieger Cyrus den gefan-
genen Juden die Erlaubniß, in das Land ih-
rer Väter zurückzukehren, und die heilige Stadt
und Salomons zerstörten Tempel wieder auf-
zubauen.
Siebenzig Jahre nach Eh. G. vernichte-
ten aber die Römer die Hauptstadt Jerusa-
lem und das jüdische Reich, und seitdem le-
ben die Juden in der ganzen Welt zerstreut.
22.
Wie entstand die
Trennung der
israelitischen
Stämme?
32.
Welche Felgen
hatte die Tren-
nung des israe-
litischen Volkes?
722I.V.CH.G.
5882-0. CH. G.
24.
Wann kamen die
Inden aus der
babylonischen
Gefangenschaft?
536 2-v. CH. G.
25.
Wie ging das
jüdische Volk
unter?
101
Weltgeschichte.
§• 7.
Griechenland.
Aegypter und Phönizier wanderten aus,
legten in Griechenland Kolonien an, und brach-
ten den rohen Bewohnern ein höheres Licht.
Ihr Wort und Beyspiel lud die rohen Wilden
zur Geselligkeit, Kultur und Götterverehrung,
und bewirkte so früher und rascher die Kün-
ste des Friedens, durch welche Griechenland
in der Folge alle Lander der Erde überstrahlte.
Griechenlands schöne Zeit dauerte kaum
5o Jahre.
§. 8.
Italien.
Italiens Hauptstadt ist Rom. Sie er-
bauten die beyden Enkel des Königs Numi-
tor, Romulus und Remus im Jahre 754 vor
Christi Geburt. Die Brüder regierten anfangs .. .
gemeinschaftlich, entzweyten sich aber bald über 9 1
Benennung und Beherrschung der neuen Stadt,
und im Streite wurde Remus von seinem
Bruder Romulus erschlagen, und nun nach des-
sen Namen die Stadt Rom genannt.
Die Römer wurden immer mächtiger durch
glückliche Kriege, und ungeachtet andere Für-
sten und Reiche, auf ihre Macht eifersüchtig,
ihnen öfter den Untergang schworen, trugen
die Kriege nur bey, den Ruhm der Römer zu
erhöhen, und ihr Staatsgebiet zu erweitern.
Es wuchs ihr Kriegsgcist, die Heere wurden
an Wiuterfeldzüge und Gebirgskriege gewöhnt,
und drangen endlich selbst erobernd weiter
vorwärts.
Rom vernichtete das nebenbuhlerische Car-
thago, und unterwarf sich hierauf die übrigen
Reiche und Völker in Europa, West-Asien
und Nord-Afrika.
26.
Wie gelangten
die Griechen zur
ersten Kultur?
27.
Wie lange dau-
erte Griechen-
lands schone
Jett?
23.
Welche ist Ita-
liens Haupt-
stadt, und wie
wurde sie ge-
2
29.
Wie erhob sich
Nom zu seiner
Macht?
102 Weltgeschichte,
Während die Heere Roms in Afrika,
Asien und Europa siegten, herrschten in Rom
selbst böse Unordnungen. Man theilte sich in
Reiche und Arme, und der Reiche konn-
te das Volk zu allem, was er wollte, durch
Gold erkaufen. Senat, Feldherrn und Volk
vergaffen ihre Pflichten, und an die Stelle
der altrömischen Rechtschaffenheit und einfa-
chen Sitten trat Prachtliebe, Weichlichkeit
und ein allgemeines Sittenverderbniß.
Rom wurde zuerst von Königen regiert,
dann eine Repnblick; endlich aber stritten
Mehrere um Oberherrschaft, bis endlich Octa-
vian Alleinherr wurde, und den Namen Kai-
ser Augustus erhielt.
Seine nächsten Nachfolger waren laster-
hafte oder schwachköpfige Regenten; vor Allen
Calignla und Nero.
Nach Nero aber kam bald Vespasian auf
den Kaiserthron, und ihm folgten viele gute
Regenten. Ihre 110 Jahre waren die glück-
lichsten der römischen Monarchie, und heißen
das goldene Zeitalter.
Es kamen wieder elende Fürsten, und nur
Constantin rettete das Reich noch von den
feindlichen Völkern. Auch Kaiser Theodosius
herrschte klug, aber er theilte das Reich unter
seine zwey Söhne, und schwächte so seine
Macht — und beyde Reiche gingen endlich
unter.'
Roms letzter Regent war Romulus Au-
gustulus.
§. 9.
30.
Wie war der
innere Zustand
des römischen
Reiches?
31.
Wie wirkte das
Sittenverderb-
uis; auf Roms
Verfassung?
32.
Was ist von
Augustus ersten
Nachfolgern zu
erzählen?
33.
Welche ist die
Periode des gol-
denen Zeital-
ters Noms?
34.
Wie war Roms
Lage nach dem
goldenen Zeital-
ter bis zu sei-
nem Ende?
180 — 400 J.'ii.
CH. G.
35.
Wer war Roms
letzter Regent?
T e n t s ch l a n d. 36.
lst IN das Jahr 115 vor Chrlstl Geburt ka- nelt Teut-
men germanische Völkerstämme — Cimbern und scheu zuerst in
,Teutonen genannt, gegen das Gebiet der Rö-jder Geschichte?
103
Weltgeschichte.
nter, um sich bessere Wohnsitze zu erkämpfen,
und NUN traten Teutsche zuerst in der Ge-
schichte auf.
Um das Jahr 400 n. CH. G. drangen aber die
germanischen Völker in Vereinigung vorwärts,
nämlich: Allemanen, Gothen, Franken, Sach-
sen, Vandalen, Burgunder und Alaunen. Es
trat die große Völkerwanderung ein.
Unter der Völkerwanderung versteht man
das gewaltsame Vordrangen barbarischer, mei-
stens teutscher Völker gegen Westen und Sü-
den. Sie heißt die große, weil viele Völker
Theil nahmen; weil sie vom 4ten bis in das ?te
Jahrhundert dauerte; und weil sie das weströ-
mische Reich zertrümmerte, und neue Staaken
gründete. Auch zertraten die wilden Barbaren
Ackerbau, Handel, Gesetze, Kunst und Wissen-
schaft, und setzten die vorangeschrittene Mensch-
heit um ein Jahrtausend zurück.
Die wandernden Völker gründeten sich
Staaten, und unter diesen erhob sich auch die
große fränkische Monarchie mit Karl dem Gro-
ßen. Die Söhne theilten sie im Jahre 645 in
5 Theile, Frankreich, Teutschland und Italien,
und so ist Teutschland seit Mitte des 9ten
Jahrhunderts ein eigener Staat.
57.
Was ist die gro-
ße Völkerwan-
derung?
58.
Wie und wann
wurde Teutsch-
land ein eigner
Staat?
tz. 10.
Kreuzz ü g e.
Am Ende des eilften Jahrhunderts began-
nen die sogenannten Kreuzzüge.
Die Kreuzzüge sind jene Kriege, welche
die christlichen Europäer fast 200 Jahre lang
(von 1096 bis 1248) in Asien gegen die Tür-
ken geführt haben, um diesen Feinden des
Christenthums das heilige Land und Grab zu
entreissen. Wie eine zweyte Völkerwanderung
zogen die Kriegsheere aus Teutschland, Frank-
59.
Was suii> die
Kreuzzüge, und
welchen Erfolg
hatten sie?
104
Weltgeschichte.
reich, Spanien, England, Italien und aus
Norden zu Land und zu Wasser nach Asien.
Die Züge fielen unglücklich aus, und in
der Heimath kam das Faustrecht empor.
§. li.
Faustrecht.
Wahrend der Kreuzzüge gewann das Faust-
recht Uebergewicht, und das Recht des Star-
tern galt.
Nach den Kreuzzügen waren endlich Für-
sten und Städte bemüht, den Ucbermuth der
Raubritter zu brechen, und die öffentliche Si-
cherheit wieder herzustellen. Es machten die
großen Städte Hamburg und Lübeck einen
Bund Hansa genannt, welchem 70 Städte bey-
traten. Kaiser Rudolph von Habsburg bän-
digte die Raubritter, und stellte die laug er-
sehnte öffentliche Ruhe, Ordnung und Recht
wieder her; endlich Kaiser Maximilian der I.
gründete den ewigen Landfrieden, der das
Faustrecht auf immer beendigte.
§. 12.
Buchdruckerkunst.
Gegen Ende des Faustrechts ereignete sich
eine wichtige Erfindung, nämlich die der Buch-
druckerkunst. Während bisher die Bücher ab-
geschrieben werden mußten, und höchst selten,
und theuer waren, kamen nun die beßten
Schriften in zahllosen Abdrücken um wohlfei-
len Preis mit größter Schnelligkeit in die
Hände Aller. Hiedurch gewann die Bildung
große Fortschritte, und es erwachte die Ver-
nunft.
40.
Was heißtFanst
recht, und wie
endete es?
1241.
12Y0.
1490.
41.
Was hatte ge-
gen das Ende
des Fanstrechts
auf die Bildung
der Menschen
besondern Ein-
fluß?
Weltgeschichte,
ß. 13.
Länderentdeckung.
Bald nach Erfindung der Buchdruckerkunst
trat die Entdeckung eines vierten Welttheiles,
Amerikas, durch den Genuesen Christoph Ko-
lumbus ein.
Die erste umständliche Beschreibung der
Lander, welche Kolumbus entdeckt hatte, gab
der Florentiner Amerikus heraus, und daher
bekam der neue Erdtheil, der noch keinen Na-
men hatte, den Namen Amerika.
Auch noch ein fünfter Erdtheil wurde
entdeckt. Vom Jahre 1768 bis 1778 machte
der englische Schiffskapitän James Koock drey
sehr wichtige Entdeckungsreisen, und entdeckte
die kleinen und großen Inseln im stillen Meere
zwischen Asien und Afrika, welche man zusam-
men Australien (ein Südland), auch Polynesien
(Inselwelt) — oder Südindien nennt.
§. 14.
Kurze Geschichte der letzten vier
Jahrhunderte.
Es drängte sich Krieg an Krieg. Nach
den Religions- und Erbfolgekriegen begann
im Jahre 1756 der siebenjährige preußische
Krieg, und 1789 brach die französische Revo-
lution^ aus, welche 23 Jahre hindurch Krieg
im größten Theile von Europa entzündete.
Sie brachte namenloses Elend und Grauel-
thaten aller Art für Frankreich und andere
kriegführende Länder, und zahllose Familien
wurden in's größte Unglück gestürzt. Die Für-
sten Europas suchten den wilden Ausschwei-
fungen des französischen Volkes Einhalt zu thun,
da sie auch ihre Thronen bedrohten, und so
begannen Preußen, Oesterreich, England, Spa-
205
42.
Welche Entde-
ckung folgte der
Buchdrucker-
kunst?
1492.
45.
Woher kommt
der Name Ame-
rika?
44.
Welche Länder-
Entdekung außer
Amerika geschah
noch?
43.
Welche Kriege
hatten in den
letzten 4 Jahr-
hunderten statt?
46.
Welche Folgen
hatte die fran-
zösische Neoolu-
tion?
106
Weltgeschichte.
tuen, Holland und Italien Krieg gegen Frank-
reich; aber sie waren unglücklich. Die Franzo-
sen jagten sie über die Gränzen des Reiches,
welches sie nun Republik nannten, und führ-
ten den Krieg in das fremde Gebiet. Der
Friede zu Lüneville 1802 gab Hoffnung zur
allgemeinen Wiederherstellung der Ruhe.
Die Hoffnungen der Ruhe wurden ge-
tauscht, denn bald warf sich Napoleon selbst
zum Kaiser auf, suchte sich immer mehr zu
erheben, und Frankreichs Uebermacht fest zu
gründen. Er bedrohte die Freyheit Europas.
Sie zu retten ergriff Oesterreich im Bündnisse
mit Großbrittanien und Rußland die Waffen,
aber mit unglücklichem Erfolge. Napoleon
siegte, und durch den Frieden zu Preßburg ver-
lor Oesterreich daö venetianische Tyrol, Vorarl-
berg und Vorderösterreich.
Teutschland hatte bisher ein allgemeines
Oberhaupt; Napoleon aber schloß mit mehrern
Reichsfürsten von Südteutschland und längs
deS Rheins zu Paris den sogenannten rhei-
nischen Bundes-Vertrag, und sie trennten sich
vom allgemeinen teutschen Verbände. Kaiser
Franz legte nun die teutsche Reichskrone nie-
der, und das heil, römische Reich zerfiel, nach-
dem es 1006 Jahre gedauert, und 56 Kaiser
gezahlt hatte; nämlich vom $strl dem Großen,
der im Jahre 800 nach CH. G. diese Würde
antrat, bis auf Franz II., der sie im Jah-
re 1306 niederlegte.
Napoleon eroberte die Hälfte der preußi-
schen Monarchie; entriß den Königen von
Portugal und Spanien ihre Kronen; führte den
Papst gefangen nach Frankreich; entriß im
fernern Kriege dem österreichischen Staate meh-
rere Länder, und vertheilte seine Eroberungen
an seine Verwandte. Endlich beschloß er auch
Rußlands Vernichtung. !
47.
Wie wurde die
durch den Lüne-
viller Frieden er-
haltene Ruhe
wieder zerstört?
43.
Welches Schick-
sal hatte nach
dein Preßburgcr-
frieden Teutsch-
land?
49.
Wie verfuhr Na-
poleon gegen du
Reiche und Herr-
scher?
1312.
Weltgeschichte.
. Im Jahre 1812 rückten die feindlichen
Heere gegen einander, aber Napoleons präch-
tiges Heer wurde fast gänzlich aufgerieben.
Oesterreich suchte durch Vermittlung den Welt-
frieden herzustellen, da aber Napoleon Hin-
dernisse machte, erklärte es ihm, als allgemei-
nem Feind der Ruhe, den Krieg. Alle Völker
wünschten von Frankreichs Joche frey zu seyn,
und auch Bayern trat nun gegen Frankreich
auf. Es geschah die entscheidende Völkerschlacht
bey Leipzig; Napoleon floh, wie noch nie, und
bey Hanau brachten ihm die heldenmüthigen
Bayern noch eine große Niederlage bey. Die
verbündeten Heere drangen bis Paris, Napo-
leon wurde des Thrones entsetzt, und das vo-
rige Königshaus der Bourbonen wieder auf
seinen Thron gehoben.
Napoleon erhielt die Insel Elba als ei-
genes Fürstenthum.
Zu Wien wurde einige Monate nachher
der teutsche Bund geschlossen, nach welchem
sich alle Staaten Teutschlands wieder mit ein-
ander vereinigten.
Napoleon verließ am 26. Februar 1315
Elba, landete in Frankreich, und dieses hing
ihm auch sogleich au, so daß König Ludwig
XVIII. fliehen mußte.
Die verbündeten Mächte aber traten aufdes
Königs Seite, Napoleon wurde geschlagen und
ergab sich selbst an die Engländer.
Er wurde nun auf die Felsektinsel St.
Helena im atlantischen Ozean, 1200 Meilen
von der englischen Küste entfernt, abgeführt,
und dort bewacht, wo er auch im Jahre
1821 starb.
Nach Napoleons Verbannung war der
vieljährige blutige Kampf ausgerungen, und die
Völker und ihre Fürsten waren vom Joche ge-
rettet, welches ihnen Napoleon für Jahrhuu-
107
50.
Welchen Gang
nahm Napoleons
Krieg gegeuNuß-
land?
1814.
51.
Welchen Bund
stifteten die Für-
sten nach Napo-
leons Enthro-
nnng?
52.
Mit welchem Er-
folge versuchte
Napoleon noch-
mals auf Frank-
reichs Thron zu
kommen?
55.
Wie steht es seit
Napoleons Ver-
bannung mit dem
Frieden?
108
Obstbaumzucht.
derte zu schmieden schien. Von nun an rühr-
ten beynahe von ganz Europa die Waffen.
Griechenland aber düngete vor Kurzem
noch Menschenblut. Seit dem Jahre 1321
kämpften die Griechen gegen ihre Unterdrücker,
die Türken, mit Muth; endlich kämpfte auch
Rußlands Macht gegen die Türkey, zwang
sie zum Frieden, und befreyte im Jahre 1622
Griechenland vom türkischen Joche.
Der Freund der Menschheit muß wün-
schen, daß alle Zerwürfnisse zwischen Völ-
ker und Fürsten auf immer beygelegt
werden.
O b st b a u m z u ch t *).
§- 1.
Kerne.
1.
Am leichtesten erhalt man eine Menge
.Obstbaume, wenn man die Kerne im Spät-
herbste, oder auch im Frühjahre in die Erde
und zwar ungefähr einen Zoll tief steckt.
Man heißt solche Anlage eine Obstbanmschule.
Zur Baumschule wähle man einen freyen,
sonnenreichen Platz gegen Morgen und Mit-
tag, oder wenigstens gegen Mittag und Albend;
auch ist vortheilhaft, wenn die mitternächtliche
Seite von einem Berge oder seiner Wand
Wie erhält man
am leichtesten
Obstbäiune?
2.
Welche Lagesol!
man zur- Obst-
baumschule wäh-
len?
*) Nachlese in Wilhelm Hinkert's »Unterricht iu
der praktischen Obstbanmzncht."
109
Obstbaumzucht.
Schutz hat, und die Baumschule an einem
mäßigen Abhang und hoch zu liegen kömmt.
Die Kerne der Aepfel, Birnen und Kir-
schen müssen aus heimischen Wäldern genom-
men werden, und zwar zu den Aepfelwildliu-
gen die Kerne des süßen Holzapfels, zu den
Birnenwildlingen Holzbirne von nicht steini-
ger Beschaffenheit. Auch die Kerne unserer
Pflaumen (Zwetschgen, Kriechen u. ^dgl.) geben
kräftige Wildlinge, und der hochstämmig gezo-
gene Iwetschgenwildling liefert ohne alle Ver-
edlung die schmackhaftesten Früchte des Mut-
terstammes. Pfirschen - und Aprikosenbäume
dürfen nicht aus ihren Steinen gezogen wer-
den, da man sie mit weit größerem Nutzen
auf Pflaumstämme veredelt.
Die Aepfel- und Birnen-Kerne werden so
gesäet, daß sie ungefähr il/2 bis 2 Zoll von
einander zu liegen kommen; für die Kerne des
Steinobstes, der Pflaumen und Kirschen,
sind beynahe doppelt so große Zwischenräume
erforderlich.
Die beste Zeit, die Kerne einzulegen, ist
der Herbst, und zwar Ende November. Die
Kerne von Steinobst darf man auch im Som-
mer einlegen.
§. 2.
Wildlinge.
Sobald die jungen Baumpflanzen sich zei-
gen, jäte man mit der Hand das Unkraut
aus, begieße sie bey Trockenheit durch einen
Spritzkolben, und bereite im nämlichen Herbste
zu ihrer Aufnahme für das nächste Frühjahr
ein Stück Land vor, das man zwey Fuß tief
umgrabe und eben reche.
Im Frühlinge des zweyten Jahres, und
zwar von Ende März bis Ende April, wer-
3.
Von welchen
Bäumen sind
die Kerne zu
nehmen ?
4.
Wie werd enAep-
fel- undBirnen-,
Pflaumen - und
Kirsch-Kerne ge-
säet?
5.
Um welche Zeit
müssen die Kerne
gesaet werden?
6.
Wie behandelt
man die Wild-
linge im ersten
Jahre?
7.
Wie behandelt
man die Wild-
lio Obstbaumzucht.
den die Wildlinge mit Ausnahme des Wall-
nußbäumchens ausgehoben, sobald sie wenig-
stens die Starke eines Federkieles erlangt ha-
ben. Man sondert sie nach gleicher Starke und
beschneidet sie, wornach man sie in die Bee-
ren und zwar in schaufelbreite Graben von 2 zu
2 Fuß versetzt, so tief sie früher standen. Sie
werden 1 bis 1% Fuß auseinander gesetzt, und
die Graben mit den Schaufeln eingeworfen.
Diese Versetzungsart befolgt man in gro-
ßen Baumschulen; in kleinern ist es aber bes-
ser, wenn man die jungen Bäumchen einzeln
m i t d e r H a n d in die Gräben pflanzt, die Erde
ohne Rütteln und Lupfen des Stammchens^an
die Wurzel bringt, und die Wurzeln ausbreitet.
Nach dem Versetzen werden die Wildlinge
tüchtig mit Wasser eiugeschlemmt, und nach
Versitzen des Wassers wird Erde an die Säm-
linge gebracht.
Bey dem Ausheben der Bäumchen fängt
man mit den Kirschenwildlingen, da sie am frühe-
sten in Saft kommen, an, geht dann zu den Pflau-
men-, später zu den Birnen-, und zuletzt zu
den Aepfel-Wildlingen über.
Sobald vom Mai anfangend sich an dem
Stammchen Blätter entwickeln, streife man
sie, unter den obersten drey Augen angefangen,
mit der Hand von oben nach unten zu ab.
Jene Wildlinge, welche die Stärke eines
Schwancnkicles erreicht haben, sind zur Ver-
edlung geeignet.
linge im zweyten
Jahre?
3.
In welcher Ord-
nung hebt man
die Baumpflan-
zen ans?
Y.
Was geschieht
mit den Blättern
der Stammchen?
10.
Welche Wildlin-
ge sind zum Ver-
edeln geeignet?
§. 5.
Veredlung.
Veredeln heißt. Bäume mit unschmack'haf-
ten Früchten durch Augen und Reiser guter
Fruchtbäume dahin bringen, daß sie eben so
11.
Was versteht
man unter Ver-
edeln der Odst-
bänme?
Obstbaumzucht.
gutes Obst tragen, wie der Mutterstamm des
ihm einverleibten Auges oder Reises hat.
Die vortheilhaftern Veredlungsarten sind:
1) das Oculiren oder Auäugeln;
2) das Kopuliren oder Zusammmenfngen;
0) das Pfropfen oder Pelzen.
4.
Oculiren.
Oculiren heißt jene Veredlungsart, bey
welcher aus den Sommertrieben eines veredel-
ten Baumes die Augen genommen, und in die
Rinde von Wildlingen verwandter Gattung
eingesetzt werden.
Das Oculiren ist zweyfach:
1) Oculiren in das treibende oder wa-
chende Auge;
2) Oculiren in das schlafende Auge.
Vierzehn Tage nach dem Oculiren sieht
man nach, ob die Augen noch grün sind, sich
gehörig umwolbt haben, und auch die Blatt-
stiele abgefallen sind, was für ein besonders
gutes Erkennuugsmittel gelungener Arbeit gel-
ten kann.
Die in das treibende Auge ocnlirten Wild-
linge werden 2 bis 5 Augen oberhalb dem
Edelauge und rückwärts desselben von unten
nach oben abgeschnitten, und har der Augen-
trieb die Länge eines halben Schuhes erreicht,
so schneidet man auch den am Wildlinge ste-
hen gelassenen Stumpf dicht und rein an der
Veredlungsstelle ab, und belegt die Wunde mit
etwas Baumwachs.
Die auf das schlafende Auge oculirten
Bäume aber bleiben bis zum nächsten Früh-
jahre unbelastet stehen, und werden erst Ende
März oder Anfang April in der Breite eines
Strohhalmes rückwärts ober dem Auge schräg
111
12.
Welche sind die
vorzüglichern
Veredlnngs-
arten?
15.
Was heißt Ocn-
liren?
14.
Wie vielfach ist
das Oenlircn?
15.
Wie beobachtet
man bey den
Veredlungsarten
die Angcntriebe?
112 ' Obstbaumzucht.
abgeschnitten und die Wunde mit Pelzwachs
belegt.
Zum Oculiren taugen nur Stamme von
Dicke eines Federkieles; Auge und Stamm müs-
sen aber voll Saft seyn.
16.
Welcher Stamm
Laugt zum Oeu-
liren?
§. 5.
Kopulieren.
Kopulieren heißt es, wenn das Edelreis
mit dem Wildlinge durch einen schrägen Län-
genschnitt in der Art zusammengefügt wird, daß
Holz ans Holz und Rinde auf Rinde möglichst
genau auf einander passen.
Am aufgesetzten Reise treiben manchmal
alle drey Augen, und unter ihnen wird Eines
kraftvoller. Dieses läßt man alsdann zum
Hauptstamme stehen, gibt ihm einen Pfahl,
und zwickt den übrigen jungen Trieben die
Spitzen ab. Ist die Zeit des ersten Safttrie-
bes vorüber, so kann man ohne Gefahr die
abgeknickten Nebenzweige dicht am Stamme
wegschneiden.
Bey Pfirschen und Aprikosen ist das Ko-
lieren nicht wohl anzurathen, weil sich bald
der verderbliche Gummifluß bey ihnen einstellt,
und das Anwachsen des Edelreises sehr selten
vollständig geschieht.
17.
Was heißt Ko-
pulieren oder Iu-
sammenfugen?
18.
Was geschieht
mit den Angen-
trieben des eopu-
lierten Wild-
lings ?
ly.
Bey welchem
Obst ist das Ko-
pulieren nicht
anzurathen?
§.6.
Pelzen.
Das Pfropfen ist zweyfach:
1) in den Spalt,
2) in die Rinde.
Das Erstere ist, indem man den Wild-
ling am Stamme oder bey Hochstämmigkeit an
den Kronästen mit der Handsäge quer durch-
sägt, und glatt zuschneidet, dann in die Platte
20.
Was heißt Pfro-
pfen oderPelzen?
Obstbaumzucht.
den Spalt macht, und das Ende eines zweyängi-
gen Pfropfreises nächst dem untern Auge einsetzt,
so daß dessen Rinde mit der Rinde des zu ver-
edelnden Stammes oder Astes genau zusammen
paßt. Hierauf geschieht der Verband, der auch
mit Baumwachs belegt wird.
Letzteres ist, indem am abgeplatteten
Stamme oder Aste das Reis nur zwischen
Holz und Rinde eingeschoben wird. — Man
macht in die Rinde einen Schnitt von oben
nach unten, und setzt zwischen die Flügel das
Reis ein.
Die Zeit des Pfropfens in den Spalt ist
nur Halste März bis Hälfte April; je nach-
dem der Saft früher oder später aufsteigt.
Die Zeit des Pfropfens in die Rinde ist April
oder Anfangs May.
Bey den Arten des Pfropfens muß insbe-
sondere beobachtet werden, daß jedem der zu
pfropfenden Bäume ein oder zwey Zweige ste-
hen gelassen werden, welche nicht allein den
überflüssigen Saft aufzunehmen, sondern auch
den Pfropfreisern mitzutheilen vermögen.
Der Pelzzweig muß ein Sommerzweig, und
zwar ein Holzzweig seyn, der aber nicht von
der Nordseite des Baumes genommen werden
darf. Es gibt nämlich dreyerley Zweige: Was-
sergeschosse, welche aus einem dicken Aste in
die Höhe hervorschießen, die Augen weit von
einander haben, und in einem Jahre höher als
andere Zweige und fingerdick wachsen; —
Fruchtzweige, welche aus allen Sommerzwei-
gen die kleinsten und zartesten sind, und die
Augen nahe beysammen haben;— Holzzweige,
jene nämlich, welche nicht so früh, wie die
Wassergeschosse, aber auch nicht so dünne, wie
die Fruchtzweige gewachsen sind.
113
21.
Wann soll das
Pfropfen gesche-
hen?
22.
Was muß bey
dem Pfropfen
insbesondere be-
obachtetwerden?
23.
Wie muß der
Zweig zum Pel-
zen seyn?
L
114
Obstbau'.nzucht.
§. 7.
Baumschnitt.
Im ersten Jahre werden bey den oculir-
ten Wildlingen die einjährigen Schosse aufge-
bunden ; bey den kopulirten werden am Edel-
reise die Nebenzweige rein hinweggeschnitten.
Im zweyten Jahre werden die veredelten
Wildlinge im Frühjahre vor Eintritt des Saf-
tes an ihren Trieben auf 10 oder 12 Augen
dicht am letztgelassenen Auge von unten nach
oben zurückgeschnitten, aber keine Nebenzweige
abgezwickt. Im Herbste wird ein Stück Land
zu ihrer Verflanzung im kommenden Frühjahre
hergerichtet.
Im dritten Jahre und zwar im Monate
Marz, ehe noch der Saft in Bewegung kommt,
werden die Bäume aus der Schule gehoben,
ihnen Wurzel und Triebe gehörig beschnitten,
und sie in das hergerichtete Stück Land auf 3
Fuß Weite gepflanzt. Es wird die Erde ein-
geschlemmt, neue Erde aufgefüllt, und die
Bäume werden mit einer Weidenruthe locker
an die Baumstange gebunden.
Kein Baum darf tiefer in die Erde gesetzt
werden, als er früher stand.
Im vierten Jahre werden mit Eintritt des
Frühlings die Nebentriebe am Stamme wegge-
schnitten, und der Sommertrieb auf die Kro-
nenhöhe von 7 Schuh eingekürzt.
Im fünften Jahre bereitet man durch
den Schnitt nur die Krone des Baumes vor,
ob er Buschform oder Pyramidenform erhal-
ten soll.
§. 6.
24.
Wie behandelt
man die ocnl.
Wildt. im ersten
Jahre; wie die
kopulirten?
25.
Wie im zweyten
Jahre?
26.
Wie im Prikten
Jahre?
27.
Wie im vierten
Jahre?
28.
Wie im fünften
Jahre?
Erdreich.
Das Erdreich, in welches man die Kerne
säet, darf eben nicht das beste, soll aber mehr.
2Y.
Wie umß das
Erdreich beschaf-
Obstbaumzucht.
schwer, als leicht, mehr trocken als naß seyn,
und nicht aus thonkg- sandigem oder moosi-
gem, oder schwerem Lehm bestehen. Es taugt
weder all zu magerer noch all zu üppiger
Boden.
Die Verpflanzung der gezogenen Bäum-
chen fordert eine sonnige luftige Lage, und ge-
hörige Tiefe guten Erdreiches.
Die allgemeine Regel ist, keinen Baum
aus einem guten in einen schlechten Boden zu
setzen, und seine bisherige Nordseite wieder
Norden zuzuwenden, ihn auch nicht tiefer als
vorher zu setzen.
Zu mageres oder ausgesaugtes Land be-
geile man stark; man muß aber solchen frisch-
gedüngten Boden vorerst mehrere Jahre hin-
durch als Ackerland behandeln, und darf ihn
von dem Jahre an, als man ihn zur Obst-
baumzucht nimmt, nicht mehr düngen.
§. y.
Verpflanzung der Baume und ihre Pflege.
Das Verpflanzen der gezogenen Obstbaume
geschieht im Frühlinge und Herbste; — im leich-
ten Sandboden ist die Herbstpflanzung, in mehr-
feuchtem Erdreiche die Frühlingspflanzung anzu-
rathen; in wärmern Gegenden werden beyde
Pflanzungen angewendet. Jedesmal muß man
aber die Baumscheiben schon einige Monate
früher geöffnet haben.
Nachdem die Bäume vorsichtig ausgehoben
und gehörig beschnitten worden sind, setzt man
sie um, schlemmt sie gehörig ein, und bindet
sie locker an starke Stangen. Erst nach drey
Monaten kann man sie fester nachbinden, muß
aber zur Verhinderung der Reibung Moos
zwischen Baum und Stange legen. Bey ansehn-
lichem Wurzelwerke lasse man die Kronaste
, ai5
fcn seyn, auf
welches man die
Kerne säet?
30.
In welches Erd-
reich müssen die
gezogenen Bäu-
me verpflanzt
werden?
31.
Welche Regel
beym Versehen
der Bäume?
32.
Was ist wegen
Düngen einer
Obstgarten-An«
läge zu beob-
achten ?
33.
Wann verpflanzt
man die Obst-
bäume?
54.
Wie geschieht
das Verpflanzen
der Bäume?
8*
lió
Obstbaumzucht.
länger, bey schwachem kurze man die Zweige
bis auf zwey oder drey Augen ein.
Bey dem Versetzen soll das Wurzelwerk
nicht beschädigt werden. Man darf die Stam-
me niemals ausziehen, sondern muß die Erde
behutsam ablösen. Die eine vorhandene soge-
nannte Stechwurzel schneidet man bis auf
Hand-Breite ab, und verstreicht den Schnitt
mir Baumwachs; auch die Wurzeln, welche
gar zu lange sind, und bey dem Ausgraben
beschädigt wurden, werden zugeschnitten. Die
Wurzeln werden gleich weit aus einander in
die Flache gebreitet.
Die verschiedenen Obstgattungen fordern
auch verschiedenes Erdreich.
Der Apfelbaum komme in einen mürben
fetten Boden, tief;— der Birnbaum in trocke-
nes Land bey warmer Lage; — der Pflaumen-
baum in leichte trockene Erde; — Kirsch - und
Weichsel-Bäume in trockene und sonnenreiche
Lage.
Die verpflanzten Baume müssen ferner
sorgfältig gepflegt werden, und zwar
1. indem man die Scheiben zweymal im
Jahre, im Frühlinge und Herbste vom Unkraut
reinige, und seicht auflockere;
2. die Bäume an starke Pfähle binde;
5. die sich entwickelnden Austriebe ihnen
wegschneide;
4. das Moos und die Flechten, auch auf-
gestandene Rinde abkratze, und zu ihrer
Verhütung im Herbste die Baumrinde mit einer
Mischung von 4 Theilen Kalk, i Theil Asche
und i Theil Lehm, in Wasser aufgelöst,
überstreiche; endlich
5. indem man die Raupen als Eyer oder
sogleich nach dem Ausbrüten vertilge.
35.
Was hat man
beym Versetzen
der Bäume rück-
sichtlich der Wur-
zeln zu beobach-
ten?
36.
WelchesErdreich
fordern die ein-
zelnen Obstgar-
tuugen?
37.
Wie pflegt man
die verpflanzten
Bäume?
117
Obstbaumzucht.
§. io.
Beschneiden der hochstämmigen Bäume,
nach der Auspflanzung.
Das Beschneiden der Obstbäume ist ein
Hauptgeschäft des Baumpflanzers, und be-
steht darin, daß der Pflanzer den Bäumen das
ihrer Fruchtbarkeit hinderliche, überflüssige oder
auch kranke widernatürliche Holz wegschneide.
Die Zeit des Obstbaumschnittes ist im
Allgemeinen in kalten Gegenden vom Ende
Februar bis Ende März, auch noch bis Ende
April.
Uebrigens wird der Schnitt des Kern-
obstes sowohl, als auch des Steinobstes nach
dem Auspflanzen noch fünf Jahre nach einan-
der und zwar jedesmal im Frühlinge vorge-
nommen.
Als allgemeine Regeln beym Baumschnei-
den gelten:
1. Wenn zwey Aeste nahe aneinander ste-
hen und einander hinderlich sind, wird der
schwächere weggeschnitten;
2. Wasserschosse und Wuchertriebe müssen
bey jungen Bäumen bald nach ihrem Entste-
hen weggeschafft werden; bey schon ausgetra-
genen alten Bäumen nimmt man die Wasser-
triebe nicht hinweg.
§. ii.
Krankheiten der Bäume.
Die Bäume sind innerlichen und äusser-
lichen Krankheiten unterworfen.
Innerliche sind:
i. die Unfruchtbarkeit; 2. Der Mißfall;
3. Der Mißwachs; 4. Die Wnrmkrankheit;
5. Schwache, Bleichsucht, Abzehrung; 6. Was-
sersucht.
33.
Was heißt Be-
schneit eit der
Bäume?
39.
Wann ist die Zeit
des Obstbaum-
schnittes?
40.
Welche sind all-
gemeine Regeln
beym Baum-
schneiden?
41.
Welchen Krank-
heiten sind die
Bäume nnter-
worsen?
118 Obstbaumzucht.
Aeusserliche Krankheiten sind:
i. Die Maser; 2. Der Rost; 3. DerHo-
nigthau; 4. der Mehlthau; 5. Wunden; 6.
das Geschwür; 7. der Krebs; 8. der Gummi-
fluß oder Harzfluß; 9. Schaden durch Regen;
10. Schaden durch Frost.
§. 12.
B a u m e-K ct u f.
Die Baume von herumziehenden Obst-
händlern zu kaufen, ist nicht rathsam,
a. theils, weil die Baume aus warmem
Gegenden und besserem Erdreiche kommen, und
daher in anderm Klima und anderer Erde nicht
so gedeihen;
b. theils, weil sie durch das lange Herum-
tragen verdorren;
c. theils, weil die Wenigsten gut veredelt sind.
§. 12.
Hindernisse der Obstkultur.
Irrige Ansichten, ererbte Vorurtheile und
Mangel an gründlicher Belehrung, dann Baum-
frevel und Obstdiebstahl sind noch die Hinder-
nisse der Obstkultur.
§. 14.
Vortheile der Obstkultur.
Die Obstkultur gewahrt dem Landmanne
außerordentliche Vortheile; denn wenn Miß-
wachs, Hagelschlag, Ueberschwemmung und
Mausefraß seine Feldfrüchte zerstören, deckt
Obstbaumpflanzung die Bedürfnisse seiner Fa-
milie, und nach Berechnung tragt ein Morgen
Acker jährlich hundert Thaler ein.
. Herbstobst soll weniger, Winterobst in be-
42.
Ist es gut,
sich die Bäume
von herumzie-
henden Baum-
händlern zu
kaufen?
45.
Welche sind noch
die Hindernisse
der Obstkultur?
I 44.
IWelche sind die
Vortheile der
Obstkultur?
Bienenzucht. 119
trächtlicher Menge gezogen werden, wenn man
die sehr bedeutenden Summen ersparen will,
die dem Auslande für Obst noch zufließen.
Bienenzucht.
Guter Erfolg'der Bienenzucht fordert war-
me und blüthenreiche Gegend, auch kleine
Bäche.
Die Vorderseite des Bienenstandes muß
allezeit halb gegen Aufgang und halb gegen
Mittag stehen. Der Eingang in die Bank soll
vom Rücken und in die Seite seyn; der Stand
selbst aber nicht zu hoch gestellt werden.
Es gibt mehrere Gattungen von Bienen-
stöcken. Einige nennt mau Klötze, andere Ma-
gazine ; die Magazinstöcke sind wieder Stän-
der oder Lagerstöcke.
Haben die Bienen ihr Kästchen bis auf einen
Zoll angebaut, so gibt man ihnen ein neues,
und so in guten Jahren ein zweytes, drittes
und viertes. Eine größere Bienenzucht soll die
Stöcke gemischt haben.
Jeder Stock hat dreyerley Gattungen Bie-
nen: Eine Königinn, mehrere Tausend von
Arbeitsbienen, und mehrere Hunderte von
Drohnen.
Wenn in einem Stocke mehrere Köni-
ginnen aufkommen, so theilen sich die Bienen
r.
Welche Lage for-
dert die Bienen-
zucht?
2.
Wie soll der
Bienenstand ge-
stellt seyn?
O*
Wie viele Gat-
tungen Bienen-
stöcke gibt es?
4.
Wie wendet man
die Lagcrstöcke
und Stander an?
5.
Wie viel Gat-
tungen Bienen
enthält jeder
Stock?
6.
Was geschieht,
wenn in einem
Stocke mehrere
Bienenkönigin-
nen entstehen?
120 Bienenzucht.
in Schwärme und ziehen fort, oder der mäch-
tigere Schwarm tddter den schwächer».
Ist keine Königinn mehr vorhanden, und
weiß der Bienenwirth dem Stocke keine aus
einem andern Stocke zu geben, oder ist keine
taugliche Brut mehr im Stocke, aus welcher
eine neue Königinn entstehen könnte, so ist der
verweisete Stock verloren; — er geht zu
Grunde.
Die Weisellosigkeit läßt sich heben. Ist
der Stock schwer, und ist er im Herbste wei-
sellos geworden, so nimmt man die Königinn
eines schwachen Nachschwarmes heraus, und
läßt sie in den weisellosen Stock hineinlaufen,
oder vereiniget einen Nachschwarm ; ist aber
der Stock schon früher weisellos, da man noch
keinen Nachschwarm bekommen hat, so schnei-
det man von dem weisellosen Stocke ein Stück
Waben heraus, und heftet von einem andern
Stocke ein eben so großes Stück junger Ar-
beitsbrut, oder wenn es seyn kann, eine ver-
bündete Weiselzelle hinein, und es werden sich
die Bienen bald eine Königinn verschaffen. Im
Frühlinge aber ist am sichersten, den weisello-
sen Stock auszuschneiden und die Bienen flie-
gen zu lassen; sie werden beym Nachbar ein-
ziehen und diesen verstärken.
Zur Besorgung seiner Bienenstöcke beobachte
man 8 bis 12 Tage hindurch den Flug der Bienen,
wechsle die Flugbreter, wie nach dem ersten Aus-
flnge, noch einmal, und nehme dann eineHaupt-
untersuchung vor, d. i. man treibe die Bienen
durch Rauch aufwärts, und habe Acht, ob die
Tafeln rein und ohne Schimmel sind, deßglei-
chen, ob keine todten Bienen zwischen denselben
stecken. Von all'solchem muß der Stock gereinigt
werden. Ist ein Stock sehr alt, welches man an
den schwarzen Tafeln und sehr magern Zellen er-
kennen kann, so schneidet man unten eine quere
7.
Was geschickt,
wenn keine Kö-
niginn mehr vor-
handen ist?
6.
Wie hebt man
die Wcisellostg-
keit?
y.
Wann nnd wie
ist eine Haupt-
untersuchnng
vorzunehmen?
121
Bienenzucht.
Hand hoch hinweg, was zur länger» Dauer des
Stockes sehr viel beytragt. Dergleichen schwarze
Tafeln kommen aber nur bey einfachen Stroh-
kdrben vor; bey Magazinstbcken nicht.
Schwache Bienenstöcke sind jene, welche
über Winter, oder auch im Sommer zufällig
durch Witterung, oder durch Räuber, Krankheit
und Vergiftung, auch durch Thiere am Volke
verarmt sind, aber doch noch eine gesunde Kö-
nigin haben; — oder welche erst zu spät als
Schwärme gekommen sind *).
Schwache Bienenstöcke können im Früh-
linge und im Sommer durch Versetzen oder
Verstellen erhalten werden. Man setzt nämlich
den schwachen Stock an die Stelle eines gu-
ten, und den guten Stock an die Stelle eines
schwachen. Das Ende des Monats Septem-
ber ist auch die rechte Zeit, schwache oder nolh-
leidende Stöcke mit andern zu vereinigen. Hat
nämlich ein Stock nicht 20 bis 22 Pfunde in-
neres Gut, so ist er kaum werth, auf dem
Stande gelassen zu werden. Hat er einen Nach-
bar, der Ueberfluß hat, so schneidet man ihm
alles Gewirke aus, und läßt die Bienen flie-
gen. Ist dieses aber nicht der Fall, und war
der Jahrgang überhaupt nicht von der Be-
schaffenheit, daß die Stöcke Ueberfluß einge-
tragen harten, so schwefelt man ihn todt.
Manchmal kommen benachbarte Bienen
und rauben den Stock aus.
Dieses geschieht:
1. Wenn das Flugloch zu weit offen ist,
oder der Stock nicht genug auf das Flugbret
paßt, oder sonst mehrere Oeffnungen hat. Es
10.
Welche nennt
man schwache
Bienenstöcke?
11.
Wie werden
schwache Bienen-
stöcke verbessert?
12.
Wann geschieht
das Rauben der
Bienen?
*) Vorräthigcr Honig vergifteter Bienen ist nicht oh-
ne Gefahr zu gebrauchen.
222
Bienenzucht.
dringen die fremden Bienen ein. Man ver-
schließe daher gehörig die Oeffnungen.
2. Wenn der Stock weiselloo ist; denn
die weisellosen Bienen sind muthlos, sich zu
vertheidigen. Man hebe daher die Weisellosigkeit.
3. Bey warmen Tagen riechen benach-
barte Bienen den Honig, der ausgeschüttet
wird, und sie kommen anfangs einzeln zum
Schlecken, dann in Haufen zum Rauben.
Man muß daher vorsichtig füttern, und nicht
bey Tag, außer mit Honigglasern.
4. Es rauben aber auch nicht selten die
Bienen von der Bank. Da verstelle man den
Räuber mit dem Beraubten, und gebe diesem
zugleich eine Brut hinein, weil etwa die Kö-
nigin nicht mehr am Leben ist.
Das Schwärmen der Bienen heißt so viel,
als vom Mutterstocke ausziehen, um anders-
wo eine besondere Haushaltung zu führen.
Der Mutterstock wird allzeit schwach. Der
Schwarm wird in einen Korb gefaßt.
Ob ein Schwarm noch am uemlichen Ta-
ge abgehe, läßt sich aus folgendem so ziem-
lich abnehmen.
Die Bienen stiegen wenig und nur ein-
zeln, werden aber mit steigender Sonne im-
mer unruhiger, und drehen sich in Kreisen;
es lassen sich auch Drohnen sehen; einige Bie-
nen schlüpfen wie auf dem Bauche zum Flug-
loche heraus, singen um den Korb, und be-
schreiben immer weitere Kreise. Endlich strömt i5.
alles aus. Was ist im All-
Mit dem Fassen der Schwarme eile manchmàm über
nicht zu sehr; sondern warte, bis die Bienen spänne
15.
Was ist vom
Schivarmeli 0er
Bienen zn er-
wähnen?
14.
Welche sind die
Kennzeichen des
Schwärincns?
ruhig auf einem Klumpen beysammen liegen;
an einige herumstiegende hat man sich aber nicht
zu kehren. Man fasse sie übrigens nicht in allzu
großen Wohnungen, denn sie verzagen leicht,
wenn sie den gegebenen Raum zu groß finden.
zu sag ul?
Bienenzucht.
Nachschwärme, welche einzeln gefaßt wer-
den, tragen nur in ausserordentlich honigrei-
chen Jahren ihren Ausstand ein, und deßwe-
gen muß man sie vereinigen.
Nachschwarme kann man verhüten, indem
man am Abend jenes Tages, an welchem ein
Korb den Vorschwarm ausgestossen hat, den Korb
umwendet, und mit einem scharfen Messer an
einigen Drshnentafeln die Deckel von den Zel-
len schneidet.
Kommen mehrere Schwärme schnell nach-
einander, so daß man nicht Zeit hat, sie zu
fassen, so umbinde man den ersten, der sich
angehängt hat, mit einem Tischtuche. Er wird
ruhig liegen bleiben, bis er gefaßt wird.
Ein Magazin-Bienenstock darf gar nicht
zum Schwärmen gelassen werden, und der
Korb-Bienenstock höchstens bis Johanni, wo-
nach ihm untergesetzt werden muß.
Den Bienen nimmt man ihren entbehr-
lichen Vorrath von Honig und Wachs ab,
läßt aber doch solchen Verrath, daß sie
den Winter über bis zur künftigen Ernte Nah-
rung haben; denn ein guter Stock hat gegen
15,000, einige 50 bis 40,000 Bienen. Dieses
heißt man Zeideln und es geschieht mittelst eines
krumm gebogenen Messers.
Tritt nach dem Beschneiden der Stöcke
strenge Kälte ein, so verstopft man demjenigen,
der an Volk nicht allzustark ist, am Abende das
Flugloch mit einigem Heu. Hat der Stock selbst
in dem Loche ein Vorwachs angesetzt, so lasse
man es, die Bienen räumen es schon von
selbst weg, wenn es nöthig ist.
Sobald die Bienen anfangen, Höschen
in zahlreicher Menge und von verschiedenen
Farben einzutragen, hört man mit dem Fut-
tern auf, und macht sich zum Zeideln der
Stöcke bereit. Es geschieht aber erst, wenn die
125
16.
Was geschieht
mit den Nach-
schwärmen?
17.
Wie können
Nachschwarme
verhütet werden?
13.
Wie verfährt
man, wenn
Schwärme schnell
folgen?
ly.
Soll man alle
Stöcke schwär-
men lassen, wann
sie wollen?
20.
Was heißt das
Zeideln der Bie-
nen?
21.
Wie schuht man
gezeidelteStöcke?
22.
Wann geschieht
das Zeideln?
124 Bienenzucht.
Bienen schon 8 bis 10 Tage lang eingetragen
haben.
Die beste Zelt zum Zeideln ist ein schö-
ner Oktobertag für Magazinstöcke. Gegen Ende
September hört die Nahrnng der Bienen im
Felde auf, und nun nimmt man eine Haupt-
untersnchnng in Betreff des eingetragenen Ho-
nigs vor. Strohklötze werden insbesondere im
Februar gezeidelt, weil sie sonst im Winter zu
viel Kalte leiden würden.
Die Bienenstöcke muß man ausstellen, und
den Bienen den Flug gestatten, sobald im Fe-
bruar oder Marz warme windstille Tage kom-
men, und der Schnee, wenn nicht ganz, doch
in der Nahe vor der Bank geschmolzen ist,
damit sie sich ihres Unrathes entledigen kön-
nen, welchen sie den ganzen Winter über in
sich behalten haben. Wenn die Luftwärme
langer anhält, bleibe die Bank Tag und Nacht
offen, und werde nur bey rauher Luft und
Nacht geschlossen.
Manchmal tritt bey den Bienen im Früh-
jahre der Hunger ein. Solche Stöcke muß
man gut füttern, bis man mit Grund glaubt,
daß sie bis zu ihrer Ernte mit ihrem Futter
auskommen. Man gebe Honig mit Wasser
verdünnt.
Erst wenn der Winter ernsthaft wird, ist
es nöthig, die Bienen in die Hauser zu stellen,
man stelle sie aber an einen trockenen wind-
freyeu ruhigen und finstern Ort; jedoch in kein
Zimmer, unter welchem geheitzt wird, weil sie
wegen Warme auszufliegen trachten; auch in
kein Gewölb, weil die Waben leicht naß und
schim mlicht werden. Gute volkreiche Stöcke kön-
nen aber den ganzen Winter über auf der
Bank stehen bleiben, und bedürfen auch
keiner' Bedeckung zu ihrer Erwarmung, wenn
nicht !die Kälte gar zu groß einfallt; sie müs-j
23.
Wann soll den
Bienen der Flug
gestattet werden?
24.
Was ist vom
Futtern hunger-
leidender Bienen
zu sagen?
25.
Wie werden die
Bienen überwin-
tert?
125
Bienenzucht.
seil aber gegen Feinde und Diebe verwahrt
werden. Das Flugloch muß nur verkleinert
werden, so wie es auch im Herbste nicht ganz
verschlossen werden soll.
Die Bienen sind auch Krankheiten unter-
worfen :
1. Der Ruhr. Diese sucht die Bienen heim,
wenn sie bey gefallenem Honigthau wenig
Blumenmehl einsammeln konnten, und daher
sich blos von Honigl nähren mußten; oder wenn
sie bey lange anhaltendem Winter nicht aus-
fliegen, und sich ihres Unrathes nicht entleeren
konnten.
2. Die Faulbrut. Sie entsteht bey schwa-
chen Stöcken, die nicht Volk genug haben, sich
zu erwärmen. Fallen im April oder May kalte
Tage ein, so zieht sich das Volk zur Wärme
zusammen, und verlaßt die Brut; diese aber
erkaltet, stirbt und fault. Bey dem Gestaute
entfernen sich die Bienen, wenn man die fau-
len Waben nicht ausschneidet. Auch stirbt die
Brut bey Mangel an Nahrung.
Für die mit der Ruhr behafteten Stöcke
ist folgendes Mittel vortrefflich: Man reibe
ein wenig Muskatnuß in Honig, mische ein
Paar Löffel voll guten spanischen Wein, und
setze es erwärmt dem Stocke unter. Er wird
wieder munter werden.
Spechte und Mause klopfen mit dem
Schnabel auf die Körbe, bis die Bienen her-
auskommen, die sie dann fressen. Schwalben
fangen sie in der Luft mit unglaublicher Schnel-
ligkeit; so auch Grasmücken, Bachstelzen,
Rothschweife, Störche. Hornisse und Wes-
pen beißen sie in Mitte ab, und saugen den
Honig aus. Marder, Ratten und Mäuse kön-
nen den Strohkörben viel schaden; auch Mot-
ten, Würmer, Käfer und selbst Tauben sind
den Bienen schädlich.
26.
Welchen Krank-
heiten sind die
Bienen nnter-
worfen?
a. Wie entsteht
die Ruhr?
d.DieFaulbrnt?
27.
Welches Mittel
gegen die Ruhr?
23.
Welche sind als
Feinde der Bie-
nen bekannt?
126
Bienenzucht.
cm 29*
Was har man
bey dem Ein-
kaufe der Bienen
zu beobachten?
a. über Güte?
b. über Zeit?
Bey dem Einkäufe der Bienen hat man
verschiedene Vorsichtsmaßregeln zu beobachten:
1. Man kaufe nur gute Stöcke, und habe
acht, ob sie nicht weisellos sind.
2. Man kaufe im Herbste oder Winter.
Die beste Zeit wäre der Frühling, aber zu die-
ser Zeit bekömmt man sie um vieles Geld
nicht, denn die Bienenwirthe verkaufen ihre
Bienen schon im Herbste an die Lebzelter und
andere Ankäufer. Im Sommer sind sie hart
zu behalten, da sie gewöhnlich wieder auf ih-
ren alten Stand zurückfliegen, wenn sie nicht
über eine Stunde weit zu stehen kommen. Im
Herbste kaufe man besonders heurige Schwarme.
5. Der Stock soll wenigstens 30 bis 40 Pfund c* Gewicht;
schwer seyn; auch müssen die Drohnen bereits
abgebissen seyn, sonst stirbt der Stock ab.
4. Man verfahre sie sanft auf Unterlager d. Verfahren;
von Stroh, auf die Krone gesetzt, und die
Oeffnung mit einem Tuche verbunden; hefte
auch die Stöcke leicht mit zwey Nägeln auf das
Bret, damit sie nicht abweichen. Wenn man
bey weiterm Transporte den bestimmten Ort
vor Tagesanbruch nicht erreicht, müssen die
Stöcke früh Morgens vom Wagen genommen,
und es muß den Bienen der Ausflug gestat-
tet werden.
5. Will man eine kleine Bienenzucht von e. Anzahl.
6 — 12 Stöcken errichten, so sind zwey Stö
cke zum Ankaufe hinlänglich; will man Eine
mit 30 — 40 — öo Stöcken haben, so müs-
sen 6 — 9 Stöcke den Anfang machen.
127
Feldbau.
§. 1. Eingang. Zum verbesserten Ackerbau gelangt man durch drey Hauptstücke: 1) Durch genaue Kenntniß und Veredlung des Erdbodens; 2) durch die Kenntniß der verschiedenen Pflanzen, ihrer Eigenschaften und Früchte, dann der nöthigen Pflege; 3) durch Kenntniß der vorzüglichsten Hilfs- und Beförderungsmittel. i. Wie gelangt man znm verbes- serten Ackerbau?
I. H a u p t st ü ck. §. 2. Vom Boden. Der Erdboden hat verschiedene Bestand- theile, und sollen in ihm die Pflanzen und Früchte wachsen, muß seine Oberfläche mit ei- ner schwärzlichen Rinde überzogen seyn, welche 2. Was nennt man einen frnchtba- ren, was einen magern Loben?
man Dammerde, oder auch Pflanzenerde nennt. Je tiefer diese Erdrinde ist, desto fruchtbarer und besser nennt man den Boden; im Gegen- theile, wo sie schmal ist, nennt man ihn magern, schlechten Boden. Wer daher einen Grund kauft, sieht sogleich auf diesen Umstand, näm- lich auf die stärkere oder schmälere Erdkrume, oder eigentlich auf die Tiefe der Dammerde. Den magern Boden kann man durch den Dünger veredeln; denn er vermehrt und ver- i 3. Wie kann man einen magern
123
Feldbau.
bessert die Dammerde, welche sich aus den ver-
faulenden Körpern des Thier- und Pflanzen-
reiches formt.
§. 5»
V o in Dünger.
Der Dünger ist ein Gemisch von Abfallen
und Moder aus dem Thier- und Pflanzenreiche.
Es gibt mehrere Arten Dünger, und zur
Unterscheidung theilt man sie
1) in Düngermaterialien,
2) in Düngungsmittel.
Die Düngermaterialien theilt man wieder:
1) in trockne, 2) flüssige, 5) grüne.
Düngermaterialien sind z.B. die Ercremente
oder der Koth aller Thiere, Abfalle von Schlacht-
häusern, Knochen, Mauerschntt, Spülwasser,
Pflanzen, verwesende Körper (Aeser), Wasser der
Flachs- und Hanfröstungen, Harn der Thiere rc.
Düngungsmittel sind eigentlich kein Dün-
ger, dienen aber zum Auflösen der Körper:
als z. B. Kalk, Gyps, Salz, Asche, Erd-Mi-
schungen, Wässerungen, Mergel.
Boden zu mehr
Fruchtbarkeit
bringen oder ver-
edeln?
4.
Was ist der
Dünger?
5.
Wie theilt man
die Dünger-Ar-
ten ein?
6.
Wie theilt man
Die Dünger-Ma-
terialien ein, und
was gehört z.B.
dazu?
7.
Was sind Dün-
gungs-Mittel,
z. B.?
§.4.
Düngermaterialien.
Das wesentliche Erforderniß zur Berei-
tung guten Düngers ist eine zweckmäßige Düng
stätte, welche so hergerichtet seyn muß, daß
das Zusammenwirken von Wärme und Wässe-
rigkeit gehörig vor sich geben kann, und wel-
che daher nach besondern bewährten Regeln
hergestellt werden muß.
Es haben aber nicht alle Düngerarten
gleiche Kraft und Wirkung und gleiche Güte,
daher sie auch nach Beschaffenheit des Bodens!
8.
Wie wird guter
Dünger bereitet?
verschieden angewendet werden müssen. jkuug?
Haben alle Dün-
gerarten gleiche
Kraft und Wir-
Feldbau.
Rücksichtlich der Mistgattungen der Thiere
bestehen die allgemeinen Regeln, daß gut ge-
füttertes fettes Vieh viel zahlreichern und bes-
sern Mist, als mageres und schlecht genährtes
gibt, und daß das gut gemästete Vieh noch
den allerbesten verschafft.
Die Masse des Mistes hängt auch von der
Masse des Futters ab, von der Einstreuung
und der weitern Behandlung.
Unter der grünen Düngung versteht man
alle umgestürzten Saaten, wenn man nämlich
Erbsen, Bohnen, Wicken, Reps, Klee, Rü-
ben und saftreiche Pflanzen, und vorzüglich
Korn in voller Blüthe umpflügt. Dabey muß
immer berücksichtiget werden, daß das Brachhal-
ten vermieden bleibe, sonst wäre der Nutze» nicht
groß, außer dem ist er aber außerordentlich
bedeutend. Noch mehr wird der Nutzen erhöht,
wenn man zur Beförderung des Zersetzens der
Pflanzen die Saaten vor dem Sturze mit Kalk,
Mergel, Kreide oder Gyps bestreut.
5.
Düngungsmittel.
Auch die Anwendung der Dünguugsmlttel,
wenn sie zweckdienlich und nützlich seyn soll,
fordert eigene Behandlung, über die man sich
vorerst belehren muß.
§. 6.
Behandlung des Düngers.
Auch das Ausführen, Ausbreiten und Un-
terbringen des Düngers muß sorgfältig gepflegt
werden, es hängt davon auch der Ertrag der
künftigen Ernte ab. Als Regeln dienen:
i. Der Dünger soll in gut geschlossenen
Wagen in gleicher Quantität ausgefahren wer-
den, damit kein Acker zu kurz komme.
129
io.
Was hat man
für allgemeine
Regeln bey den
Mistgattungen
der Thiere?
11.
Was versteht
man unter grü-
ner Düngung?
12.
Was ist rück-
stchtlich der Dün-
gungsmittel zu
^bemerken?
15.
Was ist beym
Ausführen, Aus-
breiten und beym
Unterbringen
.des Düngers zu
beobachten?
9
130
Feldbau.
2. Da bey einem großen Düngerhaufen
nicht alle Schichten von gleicher Güte sind,
soll man ihn nicht in horizontaler, sondern
vertikaler Richtung abstechen, damit die Schich-
ten durcheinander gemengt, auch das Stroh
abgestochen werde.
3. Der Dünger muß kurz vor dem Saat-
fahren auf das Feld kommen, damit er nicht
ohne Zweck daliege, ihm nicht Sonne und
Winde die besten Safte rauben, oder er nicht
unnütz in der Erde sich verzehre.
4. Der Dünger muß bald untergepflügt
werden. Es darf daher an heißen Sommerta-
gen nie mehr Mist ausgefahren werden, als
man noch am nämlichen Tage umackern kann.
Auch zu jeder andern Zeit soll die Unterpflü-
gung wenigstens am 2ten ober 3ten Tage vor
sich gehen.
5. Die Einpflügung muß so gut geschehen,
daß sich der Dünger mit der Ackerkrume ganz
vermenge.
11. Hauptstück.
§. 7.
Feldbau-Pflanzen.
Wir haben hier nur von den Pflanzen
zu sprechen, die zum Feldbau gehören.
Die zum Feldbau gehörigen Pflanzen theilt
man i. in Getreidpflanzen, 2. Futterpflanzen,
3. Handelspflanzen.
15.
Wie werben die
Getreidpflanzen
hauptsächlich un-
Die Getreidpflanzen theilt man unter sich rer sich wieder
wieder in Winter- und Sommer-Getreidar-jabgcthcilt?
§. 8.
Getreid-Pflanzen.
14.
Wie theilt man
die zum Feldbau
gehörigen Pflan-
zen ein?
131
Feldbau.
§. y.
Futterpflanzen.
Unter Futterpflanzen versteht man jene
Pflanzen, welche^ausschließlich oder doch größten-
teils zur Ernährung der Thiere gebaut und
gepflegt werden.
16.
Welche sindWin-
ter-, welcheSom-
mergetreide?
17.
zu beobachten?
ten; indem erstere Pflanzen die Gabe haben,
den Winter zu ertragen (versteht sich auch im
nördlichen Theile von Europa), die Andern nicht.
Die Wintergetreide sind: Warzen, Spelz,
Einkorn, Roggen, und zum Theil auch Gerste.
Sommergetreide: Waizen, Spelz, Em-
mer, Roggen, Gerste, Haber, Hirse, Mais,
und Haidekorn.
Man muß immer den schönsten und rein-!Was ist rücksicht-
sten Samen wählen, nie den selbst gebauten, lich des Samens
sondern einen fremden. Zweckmässig ist es auch,
den Samen eben vor der Einsaat zu waschen,
indem die unvollkommenen Körner dann auf
dem Wasser schwimmen, daher weggenommen
und dem Vieh gegeben werden können. Dieses
wiederholt man dreymal mit frischem Wasser,
trocknet dann die Samenkörner auf einem
Luche, und säet sie sogleich aus.
Es gibt eine dreyfache Art zu säen:
i. breitwürfig; 2. mit dem Drillpfluge
oder der Säemaschine; 3. durch das Legen oder
Stecken der Körner in Reihen.
Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Bee-
ten mehr Ernte bringen, und für die Bear-
beitung besser sind, als die Furchen oder Pi-
fange, und deßwegen ist das Anlegen von
Beeten vorzuziehen.
Eine jede Getreidart fordert mehr oder
minder besondere Pflege, und auch eigene Felder-
bestellung, eben so aber auch die Futterpflan-
zen, und die Handelspflanzen.
13.
Wie vielfach ist
die Art zu säen?
ly.
Was ist besser,
den Acker in Fur-
chen oder in Bee-
ten anzulegen,
und wie?
20.
Fordert jede Ge-
treidart beson-
dere Felderbestel-
lung?
21.
Was versteht
man unter Fut-
terpflanzen ?
132 Feldbau.
Auf Weiden erlangt man die Futterkrauter
nur durch Kultur. Die öden Weidestreckeu
bringen keinen Nutzen, denn: i) ist der Er-
trag, den das weidende Vieh herabfrißt, un-
bedeutend, und derselbe Raum wirft im kulti-
virten Zustande 6—iomal mehr ab; 2) ist das
Weiden dem Vieh schädlich, und führt Krank-
heiten und Viehseuchen herbey.
§. 10.
Wiesen - Anbau.
Da Feuchtigkeit das Element der Graser
ist, so muß die Pflege der natürlichen Wiesen
darin bestehen, daß man das Zuströmen und
Abfließen des Wassers in eine geeignete Ord-
nung bringt, den Boden in einem angemesse-
nen Zustande erhalt, durch Dünger-Materialien
und Dünger-Mittel den Wachsthum der Pflan-
zen befördert, sie schützt, und endlich den Bo-
den von schlechten und giftig?» Grasern befreyt.
Die sauern Wiesen müssen vorerst durch
gehörige Abzugsgräben geheilt werden, und
dann pflegt man sie, wie natürliche Wiesen.
Die eigentliche Wiesenwässerungszeit ist im
Frühlinge, eine andere im Herbste. Es soll die
Wasserung auch nach jedem Schnitt oder Ab-
mähen in etwas eintreten, um die Wurzeln zu
erfrischen, und zum neuen Austrieb von Sten-
geln und Blattern zu reitzen.
Die Oberfläche der Erde kommt durch Eb-
nen des Bodens, Zereggnen der Maulwurfs-
und Ameisen-Haufen und darauf folgendes Wal-
zen, wozu auch der sogenannte Wiesenhobel
und eine mit Reisig durchflochtene Egge noch
mit Nutzen anzuwenden ist, in den gehörigen
Zustand. 27.
Gut zu bewässernde Wiesen brauchen keine Ist auch eine
andere Düngung; ausserdem geschieht sie am Düngung der
22.
Wie erhält man
die Futterkrän-
ter auf Weiden,
und welchen Nu-
tzen bringen die
gewöhnlichen
Weidestreckeu,
oder Gemeiii-
weiden?
22.
Welche Pflege er-
heischen die na-
türlichen Wie-
sen?
24.
Welche Pflege
erheischen die
schlechten oder
sauern Wiesen?
25.
Wann ist die
eigentliche Wie-
senwässerungs-
zeit?
26.
Wie kommt die
Oberfläche der
Wiejeu in gehö-
rigen Zustand?
Feldbau.
135
vortheilhaftesten durch die Gülle oder flüßigen
Dünger, durch Ueberstreuung des Kompostdün-
gers, des Gypses, der Seifensieder-, Torf- und
Steinkohlen - Asche re.
Die Zeit dazu ist der Spätherbst, Winter,
und die ersten Wochen des Frühlings.
Die Wiesen haben meistens einen Schutz
nöthig gegen das Verdorren durch die versen-
genden Sonnenstrahlen und auszehrenden Winde.
Diesen Schutz verleihen mäßige Beschattungen
mittelst Obstbäumen, Maulbeerbäumen rc., in
schicklicher Entfernung gepflanzt.
Um die Wiesen von schlechten und gifti-
gen Grasern zu befreyen, muß man diese mit
aller Sorgfalt vor der Blüthe aufsuchen, aus-
ziehen oder ausschneiden.
Es gehört also die Kenntniß der guten und
süßen, wie nicht minder der schlechten und gif-
tigen Gräser dazu.
Zu künstlichen Wiesen wird das Feld
durch Umpflügen und Lockern, selten zugleich
auch mittelst Dünger zubereitet, und es wird
durch Anbau von Futterkrautern dem Mangel
des Wiesengrases abgeholfen.
Unter den eigentlichen Futterkräutern ver-
sieht man die Kleearten und den Spörgel.
Die Futterkräuter verlangen ebenfalls, wie
die Getreidartcn, ihren besonders geeigneten
Boden, und geeignete Behandlung, so wie auch
bey der Ernte verschiedenes zu beobachten ist;
nicht minder die sogenannten Hülsen - und
Knollengewächse, als: Rüben, Erdäpfel, Erb-
sen, Bohnen rc.
§. li.
Handelspflanzen.
Zu den Handelöpflanzen rechnet man:
i) Oelpflanzen, 2) Gespinnstpflanze», 5) Färbe-
Wiesen erforder-
lich?
28.
Wie schützt man
die Wiesen?
2Y.
Wie befreyt man
die Wiesen von
schlechten oder
giftigenGräscrn?
30.
Wie geschieht die
Zubereitung der
künstlichen Wie-
sen ?
21.
Was versteht
man unter Fut-
terkräutern?
32.
Verlangt auch
der Auban der
Futterkräuter be-
sonders geeignete
Behandlung?
33.
Welche rechnet
manzudenHan-
delspffanzen?
134
Feldbau.
pflanzen, 4) Gewürzpflanzen, 5) Fabrikpflan-
Zen; insbesondere z. B. Reps, Mohn, Lein,
Hanf, Saflor, Krapp, Hopfen, Safran, Senf,
Tabak.
Unter den Gespinnftpflanzen versteht man
Lein und Hanf.
Der gemeine Lein ist der vortheilhafteste;
besonders der aus 3 — 4jahrigem Rigaer-Sa-
men gezogene. Allein man muß nicht immer
Rigaer-Samen haben, man kann ihn auch
selbst erziehen.
Das Dörren des Leines in Backöfen ist über-
flüssig, und sehr nachtheilig. Es wird meistens
der Flachs und die Leinwand verdorben, und
man kann im 2ten Jahre die beste Zeit zum
Rösten und Trocknen aussuchen.
ui. H a u p t ft ü ck.
§. 12.
Hilft i und Beförderungsmittel.
Die vorzüglichsten Hülfs- und Beförde-
rungsmittel des Feldbaues sind:
1) Bebauung aller zuständigen Gründe;
2) Aufhebung der Dreyfelderwirthschaft;
3) Einführung des Früchtenwechsels;
4) Ablösung der Grund-, Scharwerks- und
Zehent-Rechte;
5) Arrondirung der Gründe;
6) Bestimmung des Flachenraumes eines
jeden Grundstückes;
7) Wahl des Samens und seines Wechsels;
8) Anschaffung nöthigen guten Arbeits-
viehes;
9) Anwendung der besten Feldwerkzeuge
und Maschinen;
10) Haltung eines ordentlichen Tagebuches
und genaue Rechnung;
54.
Was versteht
man unter Ge-
spinnstpflanzen?
55.
Was ist hinsicht-
lich des Flachs-
samens zu wis-
sen?
36. .
Was ist vom
Dörren des Lei-
nes in Backöfen
zu halten?
Welche sind die
vorzüglichsten
Hülfs - und Be-
förderungsmittel
beym Feldban?
1
Viehzucht. 135
11) ökonomische Spekulation, u nd
12) Vesuchung der Kulturscongreffe.
Viehzucht.
$• l.
Die Grundsätze, auf welchen die Verbes-
serung des Viehstandes beruht, sind kurz fol-
gende:
1. Sorgfältige Auswahl starken und ge-
sunden Viehes;
2. Reichliches und gutes Futter;
3. Behandlung des Viehes seiner Natur
gemäß.
Ein gutes Stück bringt ja so viel ein,
als drey bis vier schlechte; und doch braucht
natürlich ein Stück, wenn es auch auf das
Beste gepflegt wird, weniger Futter und we-
niger Bedienung.
§. 2.
Schaf.
Trockne, gewürzhafte und süße Kräuter
sind der Schafe liebstes Futter, dabey trin-
ken sie wenig und lecken gerne Salz. In un-
sern Gegenden, wo kräuterreiche Triften selten
sind, ersetzt man diesen Mangel durch Klee-
bau sehr zweckmäßig.
Nichts ist dem Schafvieh schädlicher als
Nässe und unreine Luft; auch gedeiht im Fin-
stern kein Vieh so gut, wie im Hellen.
Das Schaf ist mancherley Krankheiten
unterworfen. Sie sind: die Räude, die Schaf-
pocken, der Kreisel, die Würmer.
r.
Auf welchen
Grundsätzen be-
ruht die Verbes-
serung des Vieh-
standes?
2.
Welches soll des
Schafes Futter
seyn?
2.
Was ist dem
Schafe am schäd-
lichsten ?
4.
Welchen Krank-
heiten ist es
unterworfen?
136
Viehzucht.
Ein allgemeines Vorbeugungsmittel ge-
gen viele Krankheiten der Schafe ist roher
Gyps, den man gestossen unter Salz mengt,
und sie täglich davon lecken laßt.
§. 3.
Rind.
Der Rindstall muß luftig und trocken,
und gegen Hitze und Kälte gesichert seyn; Ord-
nung und Reinlichkeit trägt zum Gedeihen am
meisten bey. Federvieh und Schweine dürfen
nicht in den Rindstall kommen.
Krankheiten des Rindviehes sind:
1) Die sogenannte Viehseuche, 2) die Pest-
blattern, 5) die blaue und blutige Milch.
§. 4.
Pferd.
Die Krankheiten des Pferdes sind:
1) Die Drüse; 2) der Rotz,s 3) der Kol-
ler, stille und rasende, 4) die Räude.
§. 6.
, 5.
Welches ist ein
Vorbeugnngs-
mittel gegen
Krankheiten der
Schafe?
6.
Wie soll der
Rindstall gehal-
ten werden?
7.
Welchen Krank-
heiten ist das
Rindvieh unters
werfen?
8.
Welchen Krank-
heiten sind die
Pferde unter-
worfen ?
Schwein.
Die Finnen- und Bräune-Krankheit der
Schweine entsteht besonders durch kaltes
Saufen bey großer Hitze, oder durch zu hei-
ßes Getränk; auch wenn sie unordentlich, bald
viel, bald wenig, bald nichts zu fressen bekom-
men.
$. 6.
9.
Wie entsteht die
Finnen- und
Bräune-Krank-
heit der Schwei-
fn e?
H u h n.
10.
Was befördert
Warme und gutes Futter befördern die w|uivui
Fruchtbarkeit der Hühner. Außer Gerste und oie Frnchtbar-
Haber dienen als gutes Futter vorzüglichlkeit der Hühner?
Viehzucht.
Buchweitzen, gehackte Nesseln, Hanf und Heu-
samen, in lauem Wasser geweicht.
Die Eyer vor Fäulniß zu bewahren, muß
man ihre Ausdünstung hindern. Man tauche
sie daher, sobald sie gelegt sind, in Talg,
welches die Zwischenräume der Schaale ver-
schließt, und lege sie an trockene Orte. Auch
kann man sie in Asche, Mehl u. d. gl. lange
gut erhalten.
Die Krankheiten der Hühner sind:
i) Der Pips; 2) die Kröpfe; 5) das Zip-
perlein; 4) das Mausen.
Petersilie, bittere Mandeln, Kaffebohnen
und Kaffesatz sind für die Hühner tödtlich.
§. 7.
Gans.
Tabakasche nebst etwas Salz,^ täglich
auf das Futter gestreut, bewahrt die Gänse vor
manchen Krankheiten, wenn sie aber sonst gut
gefüttert werden, ist dergleichen nicht leicht
zu besorgen. Besonders sind die jungen Ganse
vielen Zufällen ausgesetzt, und vorzüglich von
Mücken und andern Insekten oft so geplagt,
daß sie sterben. Eine Lauge von Rauchtabak-
asche, womit man sie täglich wäscht, soll das
beste Mittel dagegen seyn.
Krankheiten der Gänse sind;
1) Der Pips; 2) die Läuse.
§. 8.
Ente.
Ihre Wartung ist wie die der Gänse; je-
doch verlangen die Enten alles Futter stark an-
gefeuchtet. Halt man sie nicht mit Gewalt zu-
rück, so führen sie ihre Jungen zu früh auf
das Wasser, was ihnen schädlich ist.
137
11.
Wie bewahrt
man Eyer vor
Fäulniß?
12.
Welche sind die
Krankheiten der
Hühner?
15.
Welche Früchte
sind den Hüh-
nern tödtlich?
14.
Welche sind Vor-
bcngnngsmittel
gegen Krankhei-
ten der Gänse?
15.
Welchen Krank-
heiten sind die
Gänse nnter-
worfen?
16.
Was ist von
der Ente zu
sagen?
loö
Viehzucht.
§. 9.
Tauben.
Die Tauben zu erhalten nehme man Eber-
wurz, Liebstbckl, Annis, Fenchel, stosse alles
klein zusammen, vermische es mit fein gesieb-
tem alten Lehm von Wellerwanden, mache es
mit Hariugslacke zu einem Teig, und stelle
es in den Taubenschlag. Fleißige Reinigung
ihres Aufenthaltes und reines Wasser be-
wahrt sie vor mancherley Krankheiten; übler
Geruch vertreibt sie aus ihrer Wohnung.
Krankheiten der Tauben sind:
17.
Welche Pflege
sollen die Tau
ben haben?
i) Die Dürrsucht; 2) Kratze und Pocken, heiter, ?
18.
Welche Krank-
F o r st b a u IN z u ch t.
§-1-
u e 5 e r h a tt p t.
Damit es nicht am nöthigen Holze mangle,
muß man seine Waldung in so viele Strecken
abtheilen, als das Holz Jahre zum Nachwüchse
braucht, und nur stets eine Strecke fällen.
Einen Forst von Laubholz z. B., welches bloß
zum Brennen benützt werden soll, theilt man
in 30 bis 40 Gehaue, und treibt alle Jahre
ein Gehau ab, so daß man nach 30 bis 40
Jahren wieder bey dem ersten anfangt. —
Ist die Strecke unbedeutend und das Holz von
verschiedenem Wüchse, so muß man den Baum
sein gehöriges Alter erreichen lassen.
Dunkle Schlage macht man bey Laub-,
! Wie benützt man
die Waldungen
zweckmäßig?
f 2.
Welche Schläge
sollen gemacht
werden?
Forstbaumzucht.
13Q
Förchen - und Tannenwaldungen; lichte nur bey
Fichtenwaldungen.
Die Nadelwaldungen müssen an der nörd-
lichen oder östlichen oder nordöstlichen Seite
angehauen werden; — die Laubwaldungen
dürfen nie an der südlichen oder westlichen Seite
augehauen werden.
Die Verbesserung der Waldungen geschieht
durch Saat und Anpflanzung von der Saat.
Die Samen reifen zu verschiedenen Zeiten.
Die Samen werden auf einem luftigen
Boden dünne aufgeschüttet und öfters umgewen-
det, um sie los zu machen. Am leichtesten ge-
schieht es durch wechselweises Anfeuchten und
Trocknen an Stubenöfen. Hierauf werden sie
durch Reiben mit Händen oder Dreschen in
Säcken abgeflügelt, und durch Siebe oder
Schwingen mit der Schaufel gesondert.
Die Aussaat der Samen geschieht am
besten im Frühjahre, wenn keine Fröste mehr
zu gewarten sind, aber weder zu dick noch z^u
dünne. Die Samen dürfen nur mäßig unter
die Erde gebrachtwerden. Die sehr feinen und
kleinen Samen kommen mit der Erde nur in
Berührung; die größern kommen tiefer als
die kleinern, oder jene, welche nicht gleich auf-
keimen.
Sollte die Saat nicht den gewünschten
Erfolg versprechen, so gebraucht man die An
Pflanzung, wozu man eine Samen- und eine
Baumschule nöthig hat. In ersterer werden
die Samen gesäet, in letztere die Saatpflan-
zen versetzt, erzogen und zur Auspflanzung vor-
bereitet. Der Same muß nach Verschi
denheit der Gattung auch in verschiedener Ent-
fernung gelegt werden; so wie auch dereinst
die Pflanzen in verschiedener Entfernung ge
steckt, und apch die Bäume selbst ausgepflanzt
werden.
Wo sollen die
Schläge begin-
nen?
4.
Wie geschieht
Verbesserung der
Waldungen?
5.
Wie werden die
Samen behan-
delt?
6.
Wann und wie
'geschieht das
Säen?
Wann und wie
geschieht die An-
pflanzung?
140 Forstbaumzucht.
Zur Pflege begieße man die Baumpflam
zen mit Wasser, und lege Reisig über sie, um
die Sonnenhitze zu mindern. Man reinige sie
von Unkraut, und sichere sie gegen Thiere. Ge-
gen die Winterkalte überstreue man sie quer
Hand hoch mit Laub, und bedecke sie mit Rei-
sig; das Reisig wird im Frühlinge abgenom-
men, die Laubdecke aber bis zum Austrieb der
Blatter gelassen. Hat der Frost mehrere Pflan-
zen ausgezogen, drücke man sie beym Thau-
wetter wieder behutsam in den Boden; im Win-
ter lasse inan den häufigen Schnee behutsam
wegschaufeln, und verschaffe im Frühjahre dem
Schneewaffer Abzug.
3.
Was hat man
zur Wart der
Baumpflanzen
zu thun?
§.2.
Von einzelnen Bäumen.
Eiche.
Die Eiche ist der größte und dauerhafteste
inländische Baum, der zu seiner Vollkommen-
heit 200 Jahre braucht, und über 500 Jahre
alt wird. Das Holz dient vorzüglich zu Was-
serbauten, Maschinen, verschiedenen Gerath-
schaften und Arbeiten.
Das stärkste Holz gibt die Eiche auf ei-
nem lockern, mehr trocknen als feuchten Bo-
den, und au der Mittagsseite eines Waldab-
hanges.
Versuche bewiesen, daß Eichenholz, im De-
zember und Jänner gefallt, am saftreicbsten
und schwersten; imJuly gefallt am leichtesten ist.
y.
Was ist von der
Eiche im allge-
meinen zu sa-
gen?
10.
Welche Lage ist
der Eiche vor-
theilhaft?
11.
Wann ist die
Zeit des Fäl-
leus der Eiche?
Buche. 12.
Die Buche liebt einen schwarzen, etwas ^ 'die Buche"
frischen Boden, und dient nicht blos zu Breun-huid wozu dient
und Kohlholz, sondern auch zum Bearbeiten. >sic besonders?
141
Technologie.
Linde.
Die Blüthen der Linde liefern den Bienen
reichliche Nahrung; die innere Rinde liefert
vortrefflichen Bast, und das Holz gibt vorzüg-
lich brauchbare Kohlen.
15.
Was ist von
der Linde im
Kurzem zu sa-
gen?
Technologie
oder
Kunst-Erze ugniß *)♦
Die Lehre, welche uns anweiset, die Na-
turprodukte zur Befriedigung unserer Bedürf-
nisse, unserer Bequemlichkeit und unsers Ver-
gnügens zu verarbeiten, heißt Technologie.
i.
Was heißt Tech-
nologie?
§. 1.
Blut und Fett der Thiere.
Das Blut verschiedener Thiere wird zwar
unter allerley Zubereitungen genossen, aber es
ist ungesund, und rathsamer, damit den Acker
zu düngen; mit Lehm und Kalk vermischt, gibt
es fetten Ofenkitt.
Das Fett der Thiere ist bald fest, bald
weich, bald siüßig, und es sind daher drey
Sorten: die erste heißt Talg, die zweyte
Schmeer, die dritte Thran.
Talg dient zur Verfertigung der Talg-
lichter.
2.
Wie ist das
Blut der Thiere
zu benützen?
5.
Welche Sorten
Fett gibt es?
4.
Wozu dient
Talg?
*)ZHier werden hauptsächlich nur jene Kunst-Erzeug-
nisse behandelt, welche dem Landmanne von Be-
deutung sind.
142
Technologie.
§. 2.
Milch.
Die Milch wird theils frisch gegessen, theils
zu Speisen verwendet, und aus ihr werden ins-
besondere Butter, Käse und Molken bereitet. Die
Milch scheidet sich nämlich in drey verschiedene
Theile; auf der Oberfläche bildet der fettere
öhlige Theil den Rahm (Sahne); — schöpft
man diesen ab, so sondert sich beym Sauerwer-
den der schleimige vom blos wässerigen Theile
(Gerinnen). Der öhlige Theil gibt bey gehöri-
ger Behandlung den Butter, der schleimige den
Käs, der wässerige die Molken.
Eine säuerlich gewordene Milch kann ver-
bessert werden. Man setze ihr reines Pflan-
zenlaugensalz zu, und sie laßt sich ohne Ge-
rinnen kochen. Das nämliche geschieht, wenn
sich die Milch auch über dem Feuer bereits in
griesartige Flocken geschieden hat.
6.
Wie wird die
Milch benützt^
6.
Wie wird säuer-
lich gewordene
Milch verbessert?
§. S.
Honig und Wachs.
Honig seimen, d. h. vom Wachs sondern,
geschehe so:
i) Man nehme zwey erdene Töpfe, 2'
weit und 2' hoch, von welchen einer tief in
den andern paßt und siebartig durchlöchert ist,
und lege obenauf einen Deckel von Thon oder
Kupfer. Auf den durchlöcherten Boden lege
man die durchgeschlitzten Wachstafeln schich-
tenweise, schütte glühende Kohlen über den De-
ckel, rühre das Wachs zuweilen um, und fahre
so lange fort, bis aller Honig durchgeseihet
ist. Was im obern Topfe noch zurück bleibt,
wird in einen Kessel mit Wasser gethan und
ausgekocht, und ist Honigwasscr.
7.
Wie seime mau
dm Honig?
(Honig Ausläs-
sen).
Technologie. 143
Das Auslassen des Honigs und Wachses
kann auch 2) auf folgende Art geschehen:
3) Ist des Honigs wenig, so lege man die
Tafeln in einen erdenen Hafen, der unten eine
Oeffnung hat, welche mit einem Zäpfchen ver-
schlossen werden kann, setze ihn in einen Back-
ofen, der schon meistens abgekühlt ist, oder auf
den Ofen, und rühre alles fleißig um. Hat
sich das Wachs obenauf gesetzt, so ziehe mau
den Zapfen heraus, und lasse den Honig ab-
fließen.
b) Ist des Honigs viel, so fülle man ei-
nen Kessel mit Wasser, mache es siedend, und
hänge einen kleinen Kessel mit den Honigtafeln
so in denselben, daß das kochende Wasser nicht
eindringen kann. Alles muß gehörig umge-
rührt werden.
In den Bienenstöcken findet sich Vorwachs
(Bienenkitt) und eigentliches Wachs. Letzteres
ist gelb, wenn es von alten Bienen kömmt;
weißlich, wenn es von jungen Bienen ist.
Die gewöhnliche Behandlung des Wachses
ist: Nach abgesondertem Honig legt man die
Wachstafeln in einen Kessel mit Wasser, und
läßt sie bey gelindem Feuer unter Umrühren
schmelzen. Die Masse ist erst im Kochen, wenn
sich oben ein leichter gelber Schaum zeigt. Das
geschmolzene Wachs schüttet man in einen rei-
nen Sack von Leinwand, bringt es unter die
Presse, unter welche ein Gefäß mit reinem
Wasser gesetzt ist, und preßt es durch den Sack
aus. Nun wird es hart. Was in der Presse
übrig blieb, wird noch einmal mit rohem
Wachse geschmolzen und wieder gepreßt, bis
die bloßen Hülsen zurückbleiben. Das gepreßte
Wachs schmelzt man abermals, damit sich die
Unreinigkeit zu Bodensenke, und alsdann gießt
man es behutsam in eine mit Fett ausge-
schmierte Pfanne, aus welcher es nach dem Er-
6.
Wie vielfach ist
das Wachs?
y.
Wie behandelt
man das eigent-
liche Wachs?
n. in gewöhn-
licher Art?
144
Technologie.
kalten leicht herausgenommen werden kann.
Nun ist es verkäufliches Wachs, das gelb ist.
Die verbesserte Behandlung des Wachses
ist: Man werfe das Wachs stückweise in einen
Kessel, in welchem etwas Wasser ist, und bringe
es ins Kochen. Aller im Wachs befindliche
Unrath steigt nun in die Höhe, und muß sorg-
fältig abgeschäumet werden. Zeigt sich kein
Schaum mehr, so hebt man den Kessel ab,
laßt ihn noch einige Minuten stehen, und gießt
das Wachs in Schüsseln, in welche man zu-
vor etwas kochendes Wasser schüttet.
Ein so behandeltes Wachs ist erst eigent-
liche Kaufmannswaare, und sollte es nicht so-
gleich verkauft werden können, so hebe man es
an einem feuchten Orte auf, und hat man sol-
chen nicht, so begieße man es von Zeit zu Zeit
mit reinem Wasser, weil es sonst durch die
Austrocknung zu viel von seinem Gewichte
verliert.
Das gelbe Wachs wird durch Bleichen
veredelt. Es sollen nämlich durch Hülfe der
Sonne und der Luft die fremden Theile, wel-j
che die gelbe Farbe des Wachses verursachen,,
und die meistens Honigtheile sind, heraus ge-I
bracht und das Wachs weiß gemacht werden.
b. in verbesser-
ter Art?
10.
Wie wird Wachs
veredelt?
§. 4.
Obst und Früchte. ±u
Das Obst genießt der Mensch theils in Wie wird Obst
natürlichem Zustande, theils mit Zuberei- getrocknet?
tung, insbesondere getrocknet; oder als Obst-
wein, Obstessig und sogenannten Geist.
Das Trocknen geschieht entweder an der
Luft und an der Sonne, oder auf einem Ofen,
auf Heerdplatten und in Backöfen.
Die Gewächse werden gereiniget und ge-
waschen, sodann zum Abtrocknen aufgeschüt-
Technologie.
tet und fleißig umgewendet. Nach dem Abtrock-
nen werden sie in einen mäßig warmen Ofen
gebracht, wo die Warme von unten kommt,
sich aber über den Gewächsen nicht aufhalten
kann. Am bequemsten ist ein mit Horizontal-
zügen versehener niedriger Ofen. Sie werden
öfters gewendet und bleiben so lange liegen,
bis alles so trocken ist, daß sich die Stengel
zerbrechen und die Blätter zu Pulver reiben
lassen.
An der Sonne werden nur Süß- und
Sauerkirschen gedörret. Sie müssen auf Bre-
tern ausgebreitet liegen, und öfter umgewen-
det, nie aber dem Regen oder Thau ausge-
setzt werden, wenn sie ihren guten Geschmack
unverändert behalten sollen.
Sind sie an der Sonne genug gedörrt,
so bringt man sie in einen Backofen, nachdem
das Brod bereits heraus genommen ist, und
läßt sie vollends austrocknen. Hiezu soll man
sich Horden von Weiden oder andern Ruthen
machen, sie mit Leisten umgeben, und so das
darauf ausgebreitete Obst in den Ofen brin-
gen, damit mäßige Hitze und Reinlichkeit be-
obachtet werde.
Das getrocknete Obst legt man an einen
nicht allzufeuchten Ort, und wenn die Früch-
te etwas zähe geworden sind, daß sie sich zu-
sammendrücken lassen, ohne zu zerbrechen,
stampft man sie in papierene Tuten zu 4 bis
8 Loth fest ein, und verwahrt sie in einer
feuchten Kammer. So halten sie sich über ein
Jahr lang.
Nicht blos Obst, auch alle Baumfrüchte
und alle Arten von Feldfrüchten und Küchen-
gewächsen, z. B. Kohl, Salat, Wurzeln rc.
können getrocknet werden, was in kleinen und
grossen Wirthschaften von ausnehmendem Nu-
tzen ist.
145
12.
Welche Früchte
werden an der
Senne gedörrt,
nnd wie?
13.
Wie behandelt
man getrockne-
tes Obst?
14.
Können außer
Obst noch an-
dere Früchte ge-
dörrt werden?
10
14t)
Technologie.
§. 5.
Holz.
Das wichtigste des Kohlenbrennens be-
steht darin, daß inan das Holz von einem
blossen Dampf-Feuer, ohne Flamme, ganz durch-
dringen laße, damit die wässerigen Feuchtig-
keiten herausgetrieben werden.
Man steckt auf einem ebenen gereinigten
Platze eine Stange auf, legt harzige Spanne um
sie und schichtet senkrecht die Scheiter um sie auf,
doch so, daß an einer Seite eine kleine Oeff-
nung von der Stange bis an den äußersten un-
tern Rand, wie ein Zündloch bleibt. Dieser
Haufen, genannt Meiler, wird sodann mit Ra-
sen, Moos und Erde bedeckt, damit das Feuer
nicht offen brennen kann, und wird mit der Zünd-
ftange angezündet, welche durch das Zündloch
bis an die Stange, wo die harzigen Späne
liegen, hingebracht werden muß.
Die Kohlen werden nach Verschiedenheit
des Holzes und des Brandes verschieden. Die
besten sind schwer, klingend, schwarzen wenig,
und haben hin und wieder glänzend stahlblaue
Flecken; so wie das Holz, ist auch die Kohle
hart oder weich; — wenn das Holz nicht ge-
hörig durchgebrannt ist, gibt es Ldschkohlen,
welche nocheinmal gebrannt werden müssen,
weil sie bey dem Gebrauche rauchen.
§. 6.
Flachs und Hanf.
Wenn Flachs und Hanf vom Felde kom-
men/ wird der Samen mit der Raufe abge-
streift und die Stengel werden in die Roste
gelegt, d. h. man legt sie zwischen eingeschla-
genen Pfählen in das Wasser, und beschwert
sie mit Steinen. Das Rösten ist vollendet.
1Ü.
Wie geht das
Kohlenbrennen
vor sich?
ah.
Was herrscht
rücksichtlich der
Kohlen für eine
^Verschiedenheit?
17.
Wie bereitet
man Flachs und
Hanf?
a. bey Rösten?
Technologie.
IV
wenn sich bey Umwicklung um die Finger die
Haut der Stengel am dicken Ende leicht auflöset.
Man läßt die Stengel an Luft und Son-
ne trocknen, und legt sie sodann zum Dörren
in Bündel. Das Dörren bey Feuer ist schäd-
lich. Man vollendet Dörren und Rösten am
Vortheilhaftesten im zweyten Jahre an Luft
und Sonne.
Der gedörrte Flachs kommt zum Brechen,
wird alsdann geschwungen, und durch die He-
chel gezogen, wodurch er um so feiner wird,
je öfter man ihn hechelt.
Der gearbeitete Flachs gibt als groben
Abgang das Werch, der übrige ist der eigent-
liche Flachs. Beyde werden gesponnen, und
der gesponnene Flachs heißt Garn, welches
noch weiter zugerichtet, und endlich zu Lein-
wand verarbeitet wird.
Die Leinwand wird durch gute Bleiche un-
gemein verbessert. Das Hauptsächliche bey dem
Bleichen besteht darin, daß man die harzigen
Theile, welche die graugelbliche Farbe der Lein-
wand verursachen, herausbringe, und den Fa-
sern die Weiße gebe. Dieses geschieht durch
Absechteln in Laugensalz, wonach Luft und
Sonne die vollkommenste Reinheit erzeugen.
Um unsere gewöhnliche Hausleinwand zu
höherer Güte zu bringen, behandle man sie
nach holländischer Art. Der unverdrossene Hol-
länder scheuet die mühsamen Arbeiten nicht,
um seiner Leinwand den ersten Rang zu vcre
schaffen.
Es geschieht so:
i. Zuerst wird die Leinwand eingeweicht.
Man schichtet sie in ein großes Faß,' schürtet
halb Lauge und halb Wasser darauf, oder noch
besser, warmes mit Roggenmehl vermischtes
Wasser, so daß sie vollkommen bedeckt ist. Sechs
bis zwölf Stunden nachher fängt es au zu
18.
b. bey Dorren?
19.
c. bey Brechen?
20.
Was wird an»
dem bearbeite-
ten Flachse?
21.
Wie wird Lein-
wand verbessert?
22.
Wie wird vor-
theilhaft ge-
bleicht?
Wie verfahrt
man
a. bey dem Ein-
weichen der Lein-
wand ?
10*
148 Technologie.
gähren und zu schäumen; die Leinwand schwillt
auf, und man muß sie mit einem Deckel nie-
derhalten. Nach 26 bis 48 Stunden sinkt
der Schaum zu Boden, und noch ehe dieses
geschieht, nimmt man die Leinwand heraus.
2. Nach dem Einweichen wird die Leinwand
gewalkt, in einer Walkmühle, oder blos durch
Klopfen und Stampfen.
3. Nach dem Walken geschieht das Bauchen.
Man trocknet nämlich die Leinwand auf der
Bleiche, schichtet sie dann wieder in ein Faß
und gießt die eigentliche Lauge darauf, welche
aus Weinsteinasche und Pottasche oder Soda-
holz gemacht wird. Man löset von beyden
gleichviel in kochendem Wasser auf, und wenn
sich alles gesetzt hat, klärt man die Lauge oben
ab. Zugleich läßt man schwarze Seife in heis-
sem Wasser zergehen, gießt den 2osten Theil
davon zu jener Lange hinzu, und laßt sie
ein wenig mit einander kochen. Diese Lange
schüttet man lauwarm in das Faß auf die
Leinwand, tritt sie mit reinen Holzschu-
hen, und laßt sie dann noch einige Zeit
weichen. Wenn die Lauge kalt geworden ist,
zapft man sie ab, wärmt sie, gießt sie wieder
auf, und fährt damit 6 bis 7 Stunden fort.
Zuletzt bleibt alles 5 bis 4 Stunden ruhig ste-
hen, worauf die Lange wieder abgezapft wird.
4. Den folgenden Morgen bringt man die
Leinwand auf die Bleiche, und begießt sie,
wenn die Sonne scheint, sechs Stunden nach-
einander unaufhörlich, nachher aber, so oft sie
trocken wird; Nachts aber gar nicht. Den an-
dern Morgen begießt man sie noch ein paar-
mal, und schichtet sie sodann wieder zum Bau-
chen in das Faß. So fährt man wechselweise
fort, indem man den einen Tag baucht, und
den andern bleicht; nach 4 bis 5 Wochen ist
24.
b. bey dem Wal-
ken?
25.
e. bey dem Bau-
chen?
26.
fl. bey dein Blei-
chen?
Technologie.
sie fertig. Die letzte Zeit macht man die Lan-
ge etwas schwacher.
5. Zuletzt schüttet man Buttermilch oder
saure Milch, mit einem Drittheil Wasser ver-
mischt, in das Faß, so viel als hinreichend ist,
eine Lage Leinwand zu bedecken, und tritt sie
mit blossen Füssen; hierauf wieder Buttermilch,
und wieder eine Lage Leinwand, und so fährt
man unter beständigem Treten fort, bis das
Faß voll ist, welches dann mit einem durchlö-
cherten Deckel beschwert wird. Bald darauf
entsteht eine Gährung, welche man fünf bis
sechs Tage dauern läßt. Nun spült man die
Leinwand im siießenden Wasser ab, wäscht sie
noch in Seifenwasser, legt sie wieder auf die
Bleiche, begießt sie einigemal, trocknet sie dann,
und zieht sie durch blaue Stärke.
Auch der Flachs selbst läßt sich verfeinern,
seidenartig und der Baumwolle ähnlich machen.
Es sind einige Methoden bekannt, den Flachs
zur künstlichen Baumwolle zu machen. Das
Wesentliche besteht in der Behandlung durch
Laugensalze.
Hanf wird eben so bearbeitet und benützt,
wie der Flachs, nur daß man ihn bisher nicht
zu ganz feinen Geweben brauchen konnte; er-
laßt sich aber ebenfalls veredeln.
140
27.
e. in letzter Be-
handlung?
23.
Läßt sich auch
Flachs verfei-
nern?
2Y.
Wie wird Hanf
behandelt?
150
Lehren
über Rettung der Gesundheit und des Lebens.
§. 1. Allgemeine Regeln. Den Körper gesund und stark zu erhal- ten, beobachte man: 1. Massigkeit im Essen und Trinken, 2. Bewegung und Arbeit, 2. gehörige Zeit des Schlafes, 4. reine Luft, 5. Reinlichkeit, 6. öfteres Baden, 7. Vermeidung schneller Erhitzung und Er- kaltung, des Schlagens an den Kopf, 6. ein heiteres Gemüth, y. zweckmäßige Bekleidung, 10. Vorsicht bey Krankenbesuch, 11. Vorsicht gegen Gifte. Aber nicht blos für das eigene Leben muß man besorgt seyn, sondern auch für das Le- ben Anderer und daher besonders für Rettung Scheintodter sorgen. ' l. Was soll man be- obachten, um den Körper gesund und stark zu er- halten? i ' •
§. 2. Vergiftungen. Bey Pflanzenvergiftungen muß man vor Allem den Arzt rufen, und nur wegen allen- falls zu svater Ankunft Mittel vorkehren. Man muß vor Allem durch Erbrechen das Gift aus dem Leibe zu schaffen suchen. Ist es noch nicht lange in demselben, so neh- 2. Welche Mittel hat man gegen die Pflanzengifte anzuwenden?
Gesundheitslehre.
me man 5 bis 6 Gran Brechweinstein, oder 5 bis
4 Gran Brechwurzel; bricht sich aber der Kranke
schon für sich stark, so reitze man ihn nicht noch
mehr; hat er Neigung zum Brechen ohne
Erfolg, so kitzle man ihn mit einer in Oel
getauchten Feder, oder wenn der Schlund von
der Schärfe des Giftes zusammen gezogen ist,
halte er Baumöl mit Eyerdotter vermischt im
Munde, welches endlich hinabgleitet, und die
Geschmeidigkeit des Schlundes wieder herstllet.
Ist das Gift schon langer im Körper, und
hat schon Entzündung des Magens und der
Gedärme begonnen, was man durch heftige
Schmerzen erkennet, so muß man vor Allem
das Gift einzuwickeln und zu verdünnen trach-
ten, und zwar
1. durch lauwarmes Wasser in Menge
getrunken, und besser, wenn es etwas schlei-
mig ist, z. B. von gerolter Gerste, von Reis rc.;
2. durch Butter in Wasser aufgelöst,
oder durch Oel in Menge getrunken;
5. durch süße Milch.
Die allgemeinen Kennzeichen einer mine-
ralischen Vergiftung sind heftige Schmerzen;
Brennen an Zunge, Schlund und Magen;
Würgen, auch Erbrechen, Aufschwellung der
Zunge, Auftreibung des Unterleibes, Starren
der Augen und convulsivische Zuckungen.
Man muß bey solchen Zufällen sogleich
um den Arzt schicken; hindert aber die zu gros-
se Entfernung seine baldige Ankunft, so su-
che man einstweilen durch Erbrechen das Gift
aus dem Körper zu bringen, gebe daher dem
Kranken viel Oel, oder lauwarmes Wasser,
in welchem viel Butter oder Seife aufgelöst
wurde, zu trinken, oder reitze mit dem Fin-
ger oder einer Feder Schlund und Magen zum
Erbrechen.
Bey einem vergifteten Natternbisse suche
151
3.
Welche sind im
Allgemeinen die
Kennzeichen ei-
nermineralischen
Vergiftung?
4.
Welche Vorkeb-
rungen muß man
gegen minerali-
scheVergiftun-
gen treffen?
5.
Welche Mittel
152 Gesundheitslehre.
man vor Allem, -bis der Arzt kommen kann,
das Gift durch Auswaschen aus der Wunde
zu schaffen, und verbinde sogleich fest das
Glied, damit der Blutlausgehemmet werde.
Ist ein Mensch von einem tollen Hunde
gebisserr worden, so mnß sogleich die Wunde
mit Seifenwasser oder Essig oder Aschenlauge
sorgfältig ausgewaschen und der Blutfluß
nicht gestillt, sondern erhalten werden, bis
der Arzt kommt.
§. 3.
Erstickte.
So wie jemand, wenn er Betäubung
und Schwindel durch unreine Dünste bemerkt,
stch schleunig in freye Luft zu begeben, und
das Gesicht mit kaltem Wasser oder Essig zu
waschen hat; eben so muß auch ein Mensch,
welcher aus Erstickung von Dampfen und Dün-
sten Bewußtseyn und Empfindung bereits ver-
loren hat, sogleich in reine Luft gebracht wer-
den. Man entkleide den Leblosscheiuenden, setze
ihn aufrecht auf einen Stuhl, und spritze ihm
aus einiger Entfernung sehr kaltes Wasser
mit Essig vermischt heftig und anhaltend in
das Gesicht, und über den ganzen Leib; zu-
gleich reibe man Brust, Arme, Füße mit ei-
ner in kaltes Wasser getauchten Bürste, und
fahre so etliche Stunden fort, bis der Arzt
kommt.
Ein vom Blitze getroffener Mensch wird
wie ein Erstickter behandelt, denn der Blitz
todtet nicht immer wirklich, sondern betäubt
oft nur. Auch hat man in diesem Falle von
einem sogenannten Erdbade gute Folgen wahr-
genommen. Mau gräbt ein Loch in frische Er-
de, stellt den Betälibten bis an den Hals hin-
ein, überschüttet ihn bis zum Kopf mit Erde,!
hat man bey ei-
lu'm Natternbiß
anzuwenden?
6.
Was soll man
bey dem Biß ei-
nes tollen Hun-
des anwenden?
7.
Wie sollen die
von schädlichen
Dünsten und
Dampfen Erstick-
ten behandelt
werden?
6.
Wie soll ein
vom Blitz getrof-
fener Mensch be-
handelt werden?
153
Gesundheitslehre.
und bespritzt sein Gesicht mit kaltem Wasser
und Essig.
§. 4.
Ertrunkene.
Wenn gleich ein im Wasser Verunglück-
ter kein Lebenszeichen mehr von sich gibt,
muß man ihn doch zu retten suchen, denn Men-
schen, welche schon mehrere Stunden im Was-
ser lagen, wurden noch gerettet.
Man ziehe ihm Kleider und Hemd schnell
ab, und hülle ihn in trockene rv-arme Decken
oder Kleidungsstücke, die jemand eben ausge-
zogen hat. Bey übler Witterung bringe man
ihn in das nächste Haus.
Kopf und Brust müssen etwas hoch lie-
gen, doch darf der Kopf in'cht auf die Seite
oder vorwärts auf die Brust niederhangen.
Eine kalte Stube, welche nach und nach
mäßig warm gemache wird, ist am zweckmäßig-
sten. Man reinige den Mund, erwärme den
Körper gelinde, und lege ihn dann ganz ent-
kleidet auf ein leicht erwärmtes Bett, oder
auf ein Lager von Heu, und decke alle Theile
seines Körpers genau mit trockenen, erwärmten
Decken, die stets von Neuem erwärmt werden; an
die Fußsohlen lege man warme Backsteine u.
dgl. Endlich bringe man den Körper in ein
lauwarmes Bad, welches durch Zuguß heißen
Wassers immer wärmer gemacht wird. In die-
sem Bade- lasse man ihn einige Stunden, wo-
bey man nichts weiters zu beobachten hat,
als daß man den ganzen Körper sanft mit
wollenen Tüchern reibe.
Längst ist bekannt, daß Ertrunkene nicht
auf den Kopf gestellt, nicht bey den Füßen aufge-
hangen, oder sonst gewaltsam bewegt und ge-
rüttelt werden dürfen.
Wie müssen im
Wasser Benin,
glückte behandelt
werden?
a. in Beklei-
dung ?
b. Lage?
c. Erwärmung?
(1. im Bade?
e. in Bewe-
gung?
154 Gesundheittzlehre.
Wäre der Ertrunkene zugleich erfroren,Js. bey Erfrie-
10.
Wie sind Erfror-
ne zn behandeln?
ñ. in erster Be-
handlung und
Anwendung von
Schnee?
oder sehr erkaltet, so darf er durchaus in kein eung'
erwärmtes Zimmer gebracht werden.
§• 5.
E r f r o r n e.
Erfrorne sind gewöhnlich leichter zum Le-
ben zn bringen, als Ertrunkene; denn es wur-
den Menschen wieder hergestellt, die schon ei-
nige Tage als Erfrorne im bewußtlosen Zu-
stande waren.
Man bringe den Erfrornen vor Allem in
ein kaltes Zimmer, entkleide ihn, lege ihn nacktauf
ein Lager von ein Paar Hände hohen Schnee,
und bedecke ihn eben so hoch mit Schnee, au-
ßer Mund und Nasenlöchern. Man drucke den
Schnee etwas fest an, und lege, wenn er schmilzt,
so lange frischen über, bis der Körper auf-
gethauet ist, der alsdann mit einer Eisrinde
überzogen erscheint, welche bald abschmilzt.
Hierauf trockne man ihn mit warmen
Tüchern, und bringe ihn in ein schwach er-
wärmtes Bett, aber nicht in eine geheitzte
Stube.
In Ermanglung des Schnees lege man
ihn in eiskaltes Wasser, oder wickle ihn in lang an Schnee?
Tücher, welche in kaltes Wasser getaucht sind.
Das kalte Wasser oder die kalten Umschläge
wiederhole man so lange, bis der Körper auf-
thauet.
Im Bette reibe man den Körper von al-
len Seiten mit Tüchern, und wenn das Athem-,à bey anv-
holen noch ausbleibt, so blase man vorsichtig ?im
Luft durch den Mund in die Lunge. Man kann!"
sich hiezu eines kleinen Blasbalges bedienen.|
Sind die Kinnbacken fest geschlossen, so muß
man sie unter den Ohren her mit kaltem Brannt-
wein und Oel stark reiben.
b. in Erinang-
c. im Bette
Gcstmdheirslehrc.
155
Sobald die Person wieder zu sich gekom-'ll. bey eingetre-
men ist, und schlucken kann, gibt man Hol- tenem Leben?
lunderthee mit etwas Weinessig und Jucker
vermischt, umwickelt die Füße mit warmen
Tüchern, und legt Säckchen mit warmer Asche
an den Unterleib.
Die gerettete Person darf aber noch nicht
in eine geheitzte Stube gebracht werden, auch
sind Wein, Branntwein oder andere hitzige Ge-
tränke sehr schädlich.
§. 6.
Erhängte.
Einem Erhängten oder Erwürgten lose
man sogleich das zuschnürende Band, und
bringe ihn an einen kühlen Ort.
Man lege ihn ausgestreckt, so daß Kopf
und Brust etwas hoch liegen, auf ein wei-
ches Lager, und entkleide ihn.
Nun ritze man ihm die Drosselader am
Halse auf, oder auch eine von den Schlafpuls-
adern, dicht vor der Mitte des äußern Ohres,
lasse einige Teller von Blut ausfließen, und
binde dann ein in Leinwand gewickeltes Stück-
chen Metall auf die Oeffnung.
Fließt kein Blut, so bindet man die Ader
nicht, sondern bläst Luft ein, gibt ein Kly-
stier aus warmem Wasser mit Hälfte Wein-
geist und^ einem Löffel Salz, und reibt den
ganzen Körper mit wollenen warmen Tüchern,
die Fußsohlen und Schenkeln mit starken Bür-
sten, die Füße setze man bis an das Knie in
warmes Wasser, spritze kaltes Wasser und
Weinessig in das Gesicht, und wehe viel fri-
sche Luft zu. —
Unter diesen vorläufigen Versuchen über-
gebe man ihn dem herbeigeholten Arzte.
Wie mus; an
Erhängten oder
Erwürgten der
Rettungs - Ver-
such gemacht wer-
den?
a. in Lage?
b. bei Blutlas-
sen?
c. wenn kein
Blut fließt?
156 Gesundheitslehre.
6. 7.
S ch e i n r o d t e.
Um Scheintodte zu retten, können auch
an Gestorbenen Rettungsversuche gemacht
werden. —
Es soll bey Schekntodten das Athemho-
len und die Bewegung des Blutes wieder in
Gang gebracht werden.
Man reibe den ganzen Körper mit Tü-
chern und Bürsten, tauche Arme und Füße in
warmes Wasser, begieße das Gesicht mit kal-
tem Wasser, drücke schnell und abwechselnd
Unterleib und Brust zusammen, blase Luft in
die Lunge, wende Essig, Nießmittel, reitzende
Klystiere re. an; aber alles in gemäßigter rei-
ner Luft. Man darf nicht ermüden,'wenn sich
auch in etlichen Stunden kein glücklicher Er-
folg zeigt.
Auf jeden Fall muß man unterlaßen, das
Kopfkissen dem erst Verblichenen wegzuziehen,
und ihn, da er kaum den letzten Athemzug ge-
than hat, sogleich aus dem Bette auf Stroh
in eine kalte Stube zu legen, ihm das Ge-
sicht zu bedecken, oder gar den Mund zuzubin-
dcn, die Hände zu schnüren, und so unbe-
wacht liegen zu lassen.
12.
Können auch an
Gestorbenen
Rettungsoersn-
che gemacht wer-
den?
" 15.
Wie behandelt
man Schein-
todte?
14.
Was soll man
nach dem Hin-
scheiden nntcr-
lassen.
Internationales'
§phyf£)uciiiiisüiut