140 58. Der österreichische Erbfolgekrieg. Mit Karl VI. erlosch die männliche Linie des h a b s b u r g- österreichischen Hauses, aus welchem nach und nach 16 Kaiser über Deutschland regiert hatten. Durch das österreichische Erbfolge¬ gesetz hatte Karl seiner Tochter Maria Theresia, die mit dem Großherzog Franz von Toskana vermählt war, den Besitz seiner Länder zu sichern gesucht, und dieses Erbfolgegesetz war von fast allen europäischen Regenten anerkannt worden. Dessenungeachtet erhoben sogleich nach dem Tode des Kaisers die Kurfürsten von Bayern und Sachsen Ansprüche auf die Thronfolge. Zugleich forderte Friedrich II. von Preußen, unter Berufung auf alte Rechte, vier schlesische Fürstenthümer und rückte bewaffnet in Schlesien ein, und da auch noch Spanien und Sardinien Forderungen stellten, so . war es dem Könige von Preußen ein Leichtes, im Frieden von Breslau fast ganz Schlesien zu erhalten. Der Kurfürst von Bayern hatte Böhmen eingenommen, Oberösterreich hatte ihm gehuldigt und er war bereits zum Kaiser gekrönt worden. In dieser Noth wandte sich Maria Theresia an die Ungarn. Im Trauergewande, die apostolische Krone aus dem Haupte und mit dem königlichen Schwerte umgürtet, erschien sie aus dem unga¬ rischen Reichstage und schilderte auf's Eindringlichste ihre Noth. Ihre Rede und ihre bedrängte Lage ergriffen die Herzen aller An¬ wesenden. Wie zum Schwure zogen sie ihre Säbel, schwangen sie empor und riefen: „Wir wollen sterben für unsere Königin Maria Theresia!" Thränen erfüllten bei diesem Zurufe die Augen der Königin, und diese Thränen erhöhten noch mehr die Begeisterung der treuen Ungarn. Schon am folgenden Tage (d. 12. September 1741) wurde ein Aufgebot an die ganze Nation erlassen, und ehe zwei Monate vergangen, standen zwei beträchtliche Heere zum Dienste der Königin bereit. Mit Zustimmung der Stände hatte.Maria Theresia ihren Ge¬ mahl als Mitregenten angenommen. Dieser erschien daher ebenfalls vor dem Reichstage und leistete in Gegenwart der Königin und der Stände den Eid als Mitrcgcnt. Die Königin hatte ihr erst sechs Monate altes Söhnlein, den nachmaligen Kaiser Joseph, aus dem Arm, und als ihr Gemahl nach geleistetem Schwur ausrief: „Mein Blut und Leben für die Königin und das Königreich Ungarn!" hob Maria Theresia den lieblichen Knaben in die Höhe und zeigte ihn der Versammlung, gleichsam deren Schutz für ihn erflehend. Neu begeistert brachen bei diesem Anblick die Stände abermals in die Worte aus: „Wir wollen sterben für unsere Königin und ihre Fa¬ milie!" So stärkte der Anblick einer liebenswürdigen und hoch-