17 bekennt seinem Meister, den er um Gotteswillen um Verzeihung bittet. Der Meister aber wird vom Zorn ergriffen, zieht das Schwert und ersticht den Jungen auf der Stelle. Dann eilt er hinaus, will sehen, was noch vom Werk zu retten sei und räumt nach der Verkühlung ab. Als er abgeräumt hatte, siehe, so war die ganze Glocke trefflich ausgegossen und ohne Fehl; voll Freuden kehrte der Meister in die Stube zurück und sah nun erst, was für Uebels er gethan hatte. Der Lehrjnnge war verblichen; der Meister wurde eingezogen und von den Richtern zum Schwert verurtheilt. Jnmittelst war auch die Glocke aufgezogen worden. Da bat der Glockengießer flehentlich: Ob sie nicht noch geläutet werden dürfte, er möchte ihren Klang auch wohl hören, da er sie doch zugerichtet hätte, wenn er die Ehre vor seinem letzten Ende von den Herrn haben könnte. Die Obrigkeit ließ ihm willsah- ren, nnd seit der Zeit wird mit dieser Glocke allen armen Sündern, wenn sie vom Rathhaus herunterkommen, geläutet. Dieselben. 42. Das Riesenspielzeug. Im Elsaß liegt die Burg Niedeck, welche von Riesen bewohnt wurde. Einmal kam das Riesenfräulein herab nnd ging im Thal spazieren. Sie sah bei Haslach einen Bauer mit seinen Pferden einen Acker pflügen. So Etwas hatte sie noch nie gesehen. Sie kniete nieder, breitete ihre Schürze ans und raffte Pferde, Mann nnd Pflug hinein. Mit einigen Schritten war sie wieder den Berg hinauf und packte vor ihrem Vater, der noch bei Tische saß, die gefundenen Spielsachen aus. Sie hatte große Freude an den zappeligen, kleinen Dingern, klatschte in die Hände und lies lachend um den Tlsch herum. Aber ihr Vater sagte ernst: Das ist kein Spielzeug, mein Kind; wenn die Bauern nicht das Feld bestellten, so müßten wir bald Hungers sterben. Darum nimm sogleich die kleinen Geschöpfe wieder in die Schürze und trage sie sachte an den Ort zurück, wo du sie genommen hast. Das Fräulein weinte und wollte nicht; aber es mußte gehorchen. Dasselbe soll auch beim Schlosse Lichtenberg vorgefallen sein, welches in der hessischen Provinz Starkenburg liegt, in der Nähe von Reinheim im Odenwald. Lauckhard's Sagen. 43. Der Mäusethurm. Es war, wie die Sage berichtet, im Jahre nach Christi Geburt 968, als Hatto II., der Ostfranken Herzog, ein Mann von großer Klughelt und überhaupt glänzenden Geistesgaben, ginn Erzbischöfe von Mainz erwählt ward. Er war aber ein hartherziger Mann und dem Geize sehr ergeben, häufte daher Schätze auf Schätze xutb verwahrte sie sorgfältig. Während seiner Regierung trat zu Mainz und in der umliegen¬ den Gegend eine so große Hnngersnoth ein, daß die Armen aus Mangel an Lebensmitteln dahin starben. Ein großer Haufe drang vor Hatto's Schloß und bestürmte ihn mit flehenden Bitten um Lin¬ derung ihrer Noth. Lesebuch in Lebensbildern. 4. Nnfl. 2