6o Erzählungen Zu Pferde, der gerade auf sie zuritt, um sie zu fragen, in welcher E rraffe ein gewisser Gasthof läge, wo er ein¬ kehren wollte. Als der Fremde nahe kam, liefen die andern Knaben, aus einer unartigen Blödigkeit, davon; Albert aber blieb stehen, nahm seinen Hut ab, und antwortete auf die Fragen'des Fremden höflich und bescheiden, bot sich auch freiwillig an, ihm cen Weg nach dem Gasthofe zu zeigen. Das gefiel dem Fremden sehr: er ließ sich unter¬ wegs mit ihm in ein Gespräch ein, fragte nach feinen Eltern, wie sie hießen, wo sie wohnten, und nach an¬ dern Umständen. Vor dem Gasthofe stieg der Fremde ab, dankte Alberten freundlich für seine Gefälligkeit, und wollte ihm ein Geschenk an Gelde machen; allein Albert nahm es nicht an, denn sein dienstfertiger Vater harte ihm oft gesagt: man muß sich nicht jeden kleinen Dienst, den man andern leistet, bezahlen lassen. Fröhlich gieng er nun zurück zu seinen Kameraden. Der Fremde hatte sich in der Stille nach Albert erkun¬ digt, und als er erfuhr, daß er nicht blos ein höflicher, sondern auch ein ehrlicher und verständiger Knabe sey, und sehr arme Eltern habe, so ließ er ihn auf seine Ko¬ sten neu kleiden, und nahm ihn nach einiger Zeit in seine Dienste, wo es rhm sehr wohl gieng. 26. Die Berläumdcrinn. '^^enriette wollte sich gern bei ihren Eltern und Lehrern beliebt machen; und weil es ihr zu schwer dünkte, und zu lange dauerte, sich durch Fleiß, Sitt- samkeit und Redlichkeit diese Liebe zu erwerben: jo legte sie sich aufs Verleumden, denn sie hatte bemerkt, daß man sich bei Vielen dadurch auch in Gunst setzen könne, wenn man ihnen von Andern allerlei Nachrich- ten bringt. Sie fleug also damit an, daß sie alle Kleinigkeiten, jeden unschuldigen Spaß, und jede Unvorsichtigkeit oder Uebereilung ihrer Geschwister bei den Eltern heimlich angab, und durch ihre Zusätze recht gehäßig vorstellte. Dqhtt bat sie immer, daß man sie nicht als An-